Riggs (Arizona Vengeance Team Teil 11) - Sawyer Bennett - E-Book

Riggs (Arizona Vengeance Team Teil 11) E-Book

Sawyer Bennett

0,0

Beschreibung

Riggs Nadeau ist der Einzelgänger des Arizona Vengeance-Teams und gibt auf dem Eis alles. Eine schöne Unbekannte wird jedoch bald Chaos in seiner strukturierten Welt zu stiften. Als professioneller Eishockeyspieler denken die Leute, dass ich ein aufregendes Leben führe. Oberflächlich betrachtet haben sie wohl recht. Aber sie kennen weder die Schrecken meiner Kindheit, noch den wahren Grund, warum ich das Sorgerecht für meine siebzehnjährige Schwester Janelle habe. Und genau so mag ich es. Sie halten mich vermutlich sogar für einen Mistkerl, aber das ist in Ordnung. Sie kennen mich nicht, und sie müssen mich auch nicht kennen. Um Janelle dabei zu helfen, sich in Phoenix einzuleben und Ärger in der Schule zu vermeiden, vermittele ich ihr einen Job in einer Buchhandlung, die der Lebensgefährtin eines Teamkollegen gehört. Dort freundet sie sich mit Veronica Woodley an, einer extrem nervigen, arroganten, geldhungrigen, geschiedenen Frau, die ich nicht in der Nähe meiner Schwester sehen möchte. Janelle besteht darauf, dass ich in Bezug auf Veronica völlig falsch liege, aber ich weigere mich, das zu akzeptieren. Veronica ist tabu für mich. Durch eine Reihe von Ereignissen beginne ich, Veronica als das zu sehen, was sie wirklich ist – eine erstaunliche Frau, die durch die Hölle gegangen ist, um noch stärker daraus hervorzugehen. Ich muss zugeben, wir sind uns mehr als ähnlich und die Anziehung zwischen uns brennt heiß. Vielleicht lag ich falsch, als ich mich für unfähig hielt, jemanden zu lieben - aber wenn die Vergangenheit mich heimsucht, kann ich dann der Mann sein, den Veronica und Janelle verdienen? Der Abschlussband der Reihe rund um das Eishockeyteam der Arizona Vengeance von New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 360

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.

Beliebtheit




Sawyer Bennett

Arizona Vengeance Teil 11: Riggs

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von L.O. Summers

© 2021 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Riggs (Arizona Vengeance, Book #11)“

© 2023 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-612-6

ISBN eBook: 978-3-86495-613-3

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig. 

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Autorin

Leseprobe aus „Baden“ (Pittsburgh Titans Teil 1)

Kapitel 1

Riggs

„Denkst du, du kannst dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern?“, raune ich meiner Schwester zu, als wir durch die riesige und fantastisch eingerichtete Villa gehen, in der Dominik Carlson seine Arizona-Vengeance-Weihnachtsfeier abhält.

Ich will genauso wenig hier sein wie Janelle, aber mir ist von meinen Mannschaftskameraden, Trainern und anderen Betreuern immer wieder gesagt worden, dass ich mich mehr anstrengen muss, um auch auf persönlicher Ebene Teil des Teams zu sein. Das bedeutet, dass ich an der jährlichen Weihnachtsfeier teilnehmen muss, und da Dominik die Kinder gern mit Geschenken überhäuft, müssen auch die Familienmitglieder mitkommen. Natürlich ist es ein Kampf gewesen, Janelle zu überreden.

Ich bin frustriert wegen ihr und weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll. Janelle, meine schöne, kluge, einst witzige und aufgeschlossene Schwester, ist heute nicht mehr dasselbe Mädchen, das ich kannte, bevor sie vor fast sechs Monaten bei mir eingezogen ist. Natürlich kann ich nicht behaupten, dass ich sie überhaupt gut kannte, denn unser Altersunterschied beträgt elf Jahre. Ich bin mit sechzehn von zu Hause weggegangen, da war sie fünf Jahre alt.

Aber wir sind im Laufe der Jahre immer in Kontakt geblieben. Zuerst waren es nur Telefonanrufe von mir zu ihr. Als sie älter wurde, waren es Briefe und mehr Telefonate. Und als sie alt genug war, kaufte ich ihr ein Handy, weil meine Mutter es sich nicht leisten konnte, und wir telefonierten und schrieben uns Kurznachrichten. Während meiner Teenagerzeit und auf dem College gab es sporadische Besuche, und als ich in die NHL gekommen bin, nahm ich sie jeden Sommer mit in den Urlaub. Wir haben nicht viel Zeit persönlich miteinander verbracht, aber jahrelang viel miteinander kommuniziert.

Ich fühlte mich ihr so nahe, wie es einem Bruder nur möglich ist, angesichts der Art, wie wir aufgewachsen sind, der Umstände, die uns auseinandergerissen haben und der Barrieren, als wir versuchten, eine Beziehung aufzubauen.

Vor ungefähr sechs Monaten half ich ihr, ohne zu zögern, aus einer gefährlichen Situation heraus und sie wollte mit mir kommen. Sie war dankbar dafür, und es ist klar, dass sie hätte sehr leiden müssen, wenn ich sie nicht aufgefangen hätte. Aber im Laufe der Monate, in denen sie versuchte, sich an das Leben mit mir zu gewöhnen – während ich mich an das neue Team, in das ich wechselte, angepasst habe –, ist sie mürrisch und verschlossen geworden. Manchmal sogar geradezu zickig. Eigentlich bin ich nicht sicher, ob „zickig“ das richtige Wort für eine siebzehn-, fast achtzehnjährige Frau ist, die ihre Unabhängigkeit beweisen will und mit großen Umbrüchen in ihrem Leben zu kämpfen hat, denn sie wird von ihren Gefühlen geleitet.

Deshalb bin ich normalerweise nachsichtig mit ihr und lasse sie alle Diskussionen gewinnen.

Aber nicht heute Abend. Wir sind wegen dieser Party extrem aneinandergeraten. Und es besteht kein Zweifel daran, dass wir verwandt sind, wenn auch nur Halbgeschwister. Wir sind beide jähzornig und haben nicht immer unter Kontrolle, was aus unserem Mund kommt. Sie hat nicht mitkommen wollen. Aber ich brauche sie, weil ich unter Druck stehe, mich persönlich mehr einzubringen. Das ist eine Familienveranstaltung, und ich würde zu sehr auffallen, wenn ich ohne sie auftauchen würde.

Irgendwann kam der Punkt, an dem sie gesagt hat: „Ich würde lieber zurückgehen und bei Mom leben. Ich war dort viel glücklicher.“

Am liebsten hätte ich sie erwürgt, aber ironischerweise – obwohl ich ein Defenseman bin, der es liebt, zu kämpfen – kann ich Gewalt außerhalb des Eises nicht ausstehen.

Natürlich würde ich niemals Hand an die einzige Person auf dieser Welt legen, die den größten Teil meines Herzens beschlagnahmt, aber das hat mich nicht daran gehindert, mich dicht vor sie zu stellen und zu knurren: „Das ist eine verfickte Lüge.“

Ich habe kein Problem damit, meiner siebzehnjährigen Schwester solche Worte entgegenzuschleudern. Wir sind in einem Haus aufgewachsen, in dem diese Ausdrucksweise zur normalen Konversation unter den Erwachsenen gehörte.

Obwohl sie unbeeindruckt von meiner Flucherei gewesen ist, hat Janelle schwer geschluckt, als ich sie auf ihre Unehrlichkeit angesprochen habe. Wir wissen beide, dass das Zusammenleben mit unserer Mutter und die unhaltbare Situation, in die sie Janelle gebracht hat, meiner kleinen Schwester ziemlich zugesetzt hat. Sie war kein bisschen glücklich, bis ich sie dort rausholte.

Um es kurz zu machen, ich habe ihr die Wahl gelassen. Entweder sie würde mit zu der Party kommen oder ich würde ihr das Taschengeld für die nächsten vier Wochen streichen.

Janelle hat sich für die Party entschieden und leise vor sich hin geflucht, aber angesichts unserer Erziehung und dessen, was sie in letzter Zeit durchgemacht hat, darf sie fluchen, so viel sie will. Sie hat sich ein hübsches rotes Kleid mit schwarzen Stiefeln ausgesucht. Ich habe mich für eine graue Hose und ein weißes Hemd entschieden, aber nur, weil ich sehr wenig Gespür für Mode habe und die meisten meiner Kleidungsstücke grau, schwarz oder weiß sind.

Janelle und ich finden schließlich einen relativ ruhigen Platz im Wohnzimmer und beobachten das Geschehen. Keiner von uns wagt es, sich zu den Leuten zu gesellen, die in Grüppchen herumstehen, extravagante Canapés essen und Champagner schlürfen. Es schmerzt, Teil dieses Teams zu sein und doch nicht dazuzugehören.

Das Schlimme, zumindest für mich, ist, dass ich nicht immer so gewesen bin. Als ich für die San Diego Renegades gespielt habe, hatte ich eine enge Kameradschaft mit meinen Teamkollegen. Ich hatte eine engere Verbindung zu meinen Line-Kameraden, und es war hart für mich, nach Arizona zu gehen. Aber ich wollte mir die Chance nicht entgehen lassen, in einem Team zu spielen, das hervorragende Chancen hat, wieder den Stanley Cup zu gewinnen.

Unglücklicherweise fiel der Einzug von Janelle in mein Zuhause mit meinem Wechsel zu den Arizona Vengeance zusammen. Ich hatte keine andere Wahl, als mich den gesellschaftlichen Regeln zu entziehen, die mit der Zugehörigkeit zu einem professionellen Eishockeyteam verbunden sind.

Es war rundum schwierig. Janelle wurde entwurzelt, um bei einem Bruder zu leben, den sie zwar kannte, aber nur oberflächlich. Sie verließ ihre Mutter – unsere Mutter –, die sie liebt, aber Mom konnte sie nicht beschützen. Und das alles geschah, nachdem ich in eine neue Stadt gezogen war und versucht hatte, mich in ein neues Team zu integrieren.

Wir waren beide nicht wir selbst, und offen gesagt war es einfacher, uns zurückzuhalten, bis wir uns zurechtgefunden hatten. Ich habe das Gefühl, dass ich mich langsam in das Team einlebe, aber Janelle ist manchmal immer noch verschlossen.

Obendrein habe ich keine Ahnung, wie man einen weiblichen Teenager an der Schwelle zum Erwachsensein erzieht. Ich improvisiere, denn unsere Situation ist einzigartig. Sie würde natürlich Fragen aufwerfen, aber unsere Angelegenheiten gehen nur uns etwas an. Ich will keine Fragen beantworten müssen. Ich will meinen Teamkollegen nicht sagen müssen, dass sie sich verpissen und aufhören sollen, neugierig zu sein. Es ist also einfacher, mich zurückzuziehen, um die Leute, die mehr über mich wissen wollen, abzuschrecken.

Und trotzdem … hier sind wir auf der Vengeance-Weihnachtsfeier, und ich kann es kaum erwarten, dass sie vorbei ist.

„Ich sehe Lucy da drüben“, sagt Janelle, ihr Tonfall ist tatsächlich leicht und nicht mürrisch. „Hast du etwas dagegen, wenn ich mit ihr abhänge?“

„Nein“, sage ich ein wenig erleichtert. Ich habe keine Lust, sie alle fünf Minuten daran zu erinnern, zu lächeln, wenn sie neben mir steht. „Nur zu.“

Janelle schenkt mir ein halbes Lächeln, das aber so schnell wieder verschwunden ist, wie es gekommen ist. Sie wendet sich ab, aber dann fällt mir etwas ein.

„Hey“, rufe ich und sie blickt zurück. „Was genau erzählst du deinen Freunden, warum du bei mir wohnst?“

Sie zuckt mit den Schultern. „Ich habe keine Freunde.“

Das kann nicht wahr sein. Ich weiß, dass sie in der Schule einige Freunde der zwielichtigen Sorte hat, wie mir ein Lehrer mitgeteilt hat.

Und Janelle kennt Lucy.

Aber ich verstehe, was sie sagen will. Sie kennt niemanden gut genug, als dass sich jemand für ihren Background interessieren würde.

„Nur aus Neugier“, bohre ich weiter und übergehe die Bemerkung, dass sie keine Freunde hat. „Was würdest du sagen, wenn dich jemand fragen würde?“

Sie legt den Kopf schief und lächelt. „Was würdest du antworten?“

„Mich hat auch noch keiner gefragt“, antworte ich.

„Da siehst du es.“ Ihr Grinsen verwandelt sich in ein breites Lächeln. „Wir haben beide keine Freunde.“

Da kann ich nicht widersprechen, und das weiß sie auch. Sie dreht sich um und verschwindet in der Menge, um mit Lucy, der Tochter von Jim und Ella, abzuhängen. Sie steht in einer Gruppe von anderen Kids, aber ich erkenne keins von ihnen. Kein Wunder, denn ich gehe nicht auf Veranstaltungen.

Jetzt, wo Janelle mich verlassen hat, stehe ich wie ein Trottel ganz allein in der Ecke da. Mein Blick schweift durch den Raum, der voller Menschen ist. Zu dieser alljährlichen Party ist nicht nur das Team mit Familienmitgliedern eingeladen, sondern auch jeder Mitarbeiter des Vengeance-Konzerns mit Familie. Das sind verdammt viele Leute, die mit teuren Speisen und Getränken sowie mit Geschenken für die Kinder verwöhnt werden müssen, aber Dominik Carlson ist milliardenschwer. Er kann es sich leisten, großzügiger zu sein als die meisten.

Ich schaue mich nach einem bekannten Gesicht um und finde hoffentlich einen meiner Line-Kameraden, mit dem ich im besten Fall ein bisschen Small-Talk machen, im schlimmsten Fall mich schweigend in dessen Gruppe stellen kann. Niemand wird viel mehr von mir erwarten als das.

Mein Blick streift zufällig einen Mann, den ich als einen der stellvertretenden Ausrüstungsmitarbeiter erkenne – ich glaube, sein Name ist John. Neben ihm steht eine sehr hübsche Frau.

Seine Schwester.

Ich kenne ihren Namen nicht, obwohl er ihn mir bei mehr als einer Gelegenheit gesagt hat. Er hat mich in der Umkleidekabine aufgehalten und mir erzählt, was für ein großer Fan seine Schwester ist, und er hat angedeutet, wie cool es wäre, wenn ich sie zu einem Date einladen würde.

Er versicherte mir, sie sei süß, lustig und wunderschön. Ich weiß nicht, wie es um das Süße und Lustige steht, aber er hat nicht gelogen, was ihre Schönheit angeht.

Fuck … er winkt mich zu sich, nachdem ich Blickkontakt hergestellt habe. Seine Schwester strahlt.

Ich habe keine Lust, mit ihm zu reden oder mich vor ihr gegen seine Anspielungen zu wehren, dass wir miteinander ausgehen sollten. Der Kerl ist taktlos genug, um das zu tun, und ich würde ihre Gefühle verletzen, wenn ich sie abweise. Denn obwohl ich sicher bin, dass sie innerlich so hübsch ist wie äußerlich, habe ich absolut kein verficktes Verlangen nach einem Date. Ich habe weder die Zeit noch die Energie dafür, denn ich gebe alles, was ich habe, Janelle.

Um ehrlich zu sein, selbst wenn Janelle nicht hier wäre, hätte ich kein Interesse. Ich habe gesehen, wie toxisch Beziehungen sein können. Ich habe das absolut Schlimmste erlebt und will nichts damit zu tun haben. Ich bin nicht der Typ Mann, der auf etwas Besseres hofft, denn ich habe noch nie einen Beweis dafür gesehen, dass es etwas Besseres gibt.

Widerwillig gebe ich zu, dass einige der Männer in diesem Team mit den Frauen in ihrem Leben glücklich zu sein scheinen. Schön für sie. Wahrscheinlich wird es nicht von Dauer sein.

John winkt wieder, und ich gerate in Panik, doch dann tippt mir jemand auf die Schulter. Ich drehe mich um und sehe Jim und seine Frau Ella vor mir stehen.

Gott sei Dank.

Jim Steele ist einer meiner Line-Kameraden und Ella scheint ziemlich cool zu sein. Es ist ihre Tochter Lucy, mit der Janelle im Moment zusammen ist. Zugegeben, Lucy ist vier Jahre jünger als Janelle, aber sie schienen sich sehr gut zu verstehen, als sie sich letzten Monat auf dem Fan Day trafen. Das war das einzige andere Mal, dass Janelle mich zu einer Teamveranstaltung begleitet hat.

„Wie ich sehe, hast du dein Date verloren“, sagt Ella mit einem strahlenden Lächeln und nickt zu den Kids hinüber.

Ich erwidere ihr Lächeln, obwohl meines momentan meistens gezwungen ist. „Ja … es ist anscheinend nicht cool, mit seinem Bruder auf Partys abzuhängen.“

Jim klopft mir auf die Schulter und scherzt: „Du hättest ein richtiges Date mitbringen können. Ich könnte dich auch verkuppeln, wenn du Interesse hast.“

Ich verziehe das Gesicht. „Definitiv kein Interesse. Ich habe alle Hände voll zu tun mit meiner Schwester.“

Ich zucke innerlich über meinen Ton zusammen, weil es so klingt, als wäre Janelle eine Last, und das ist sie ganz eindeutig nicht. Aber es gibt Enttäuschungen, während wir lernen, zusammenzuleben, und eine Menge Schuldgefühle meinerseits, weil ich sie nicht schon früher dort weggeholt habe.

Ella ist scharfsinnig, und sie merkt es, bevor ich etwas sagen kann, was mich wegen meines Tonfalls verraten könnte. Ihr Gesichtsausdruck wird mitfühlend. „Mit Teenagern kann es schwer sein.“

Und ich kann mir nicht verkneifen, zu sagen: „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob schwerdas richtige Wort ist. Es ist eher wie Kopfschmerzen, die kommen und gehen und mich dazu bringen, meinen Schädel gegen die Wand schlagen zu wollen, was sich vielleicht sogar besser anfühlt.“

Jim johlt vor Lachen. Ella schlägt leicht nach ihm, ihr Gesicht ist weise und verständnisvoll.

Sie stellt eine Frage, mit der sie sich auf ein Terrain begibt, auf das sich noch niemand bei mir gewagt hat. „Ist sie schon lange bei dir?“

Ich will nicht ins Detail gehen, aber ich schaffe es, zu erklären: „Sie kam, nachdem ich nach Arizona gezogen bin, Ende Juli. Es fällt ihr ein bisschen schwer, sich daran zu gewöhnen.“

Ella hat einfach Klasse. Sie nickt und stellt keine weiteren Fragen zu unseren Umständen, wofür ich ihr unendlich dankbar bin.

Stattdessen wendet sie sich wieder den Schrecken der Erziehung eines Teenagers zu. „Welche Art von Teenagerverhalten zeigt sie?“, erkundigt sich Ella. „Gibt sie sich geheimnisvoll? Redet sie respektlos? Ist sie mürrisch und verschlossen?“

„Alles davon“, murmle ich bedauernd. „Und ungefähr noch fünf andere Dinge.“

Ellen nickt weise, ebenso wie Jim, der verkündet: „Herzlichen Glückwunsch! Du hast definitiv ein Teenagermädchen im Haus.“

Eine Welle der Erleichterung durchfährt mich. Ich wurde darin bestätigt, dass Janelle sich so verhält, wie es ein normaler Teenager tun sollte, und das bedeutet, dass es vielleicht noch Hoffnung für mich gibt, herauszufinden, wie ich die Dinge für sie leichter machen kann.

Doch offenbar macht mich meine Erleichterung zu einem geschwätzigen Idioten, denn ich schieße einfach drauf los: „Janelle befindet sich in einer schwierigen Lage. Sie hat keine richtigen Freunde gefunden, und die, mit denen sie befreundet sein will, sind genau die, von denen ich nicht möchte, dass sie sich in ihrer Nähe aufhalten. Es fällt mir schwer, den Überblick zu behalten, weil wir die Hälfte der Saison unterwegs sind. Die Frau, die ich eingestellt habe, um auf sie aufzupassen, ist sehr streng, und Janelle reagiert nicht gut darauf, nachdem sie unter der Aufsicht meiner Mutter viel zu viele Freiheiten genossen hat. Ich habe keine Antworten, und Janelle ist so verschlossen, dass ich nicht einmal weiß, wie ich ihr die richtigen Fragen stellen soll. In einem Moment scheint sie glücklich zu sein, und im nächsten habe ich das Gefühl, dass sie mich hasst. Es ist sehr verwirrend.“

Ella verschränkt die Arme und neigt den Kopf, als wäre sie ganz in das Gespräch vertieft. „Was genau erwidert sie, wenn du sie danach fragst?“

Ich blinzle und dann gleich noch mal, als würde ich die Frage nicht ganz verstehen. Als ich ein drittes Mal blinzle, durchfährt mich eine Welle der Scham und ich gebe zu: „Ich habe sie nicht gefragt. Es ist nicht leicht, mit ihr zu reden.“

In diesem Moment wird mir klar, dass ich als Elternteil absolut versage, ohne dass man es mir sagen muss.

Ella und Jim runzeln beide die Stirn und zum ersten Mal meldet sich Jim zu Wort. „Du hast nicht mit ihr über ihr Verhalten gesprochen oder darüber, was sie bekümmert?“

Ich zucke hilflos mit den Schultern. Offensichtlich habe ich alles falsch gemacht.

„Du musst dich hinsetzen und mit ihr reden, Riggs“, sagt Ella sanft. Vielleicht sanfter, als ich es brauche, aber sie versucht, die Tatsache zu mildern, dass ich vermutlich ein Idiot in dieser Sache bin. „Sie wird dir vielleicht überhaupt nichts erzählen, aber du musst sie fragen. Und wenn sie dich wirklich an gar nichts teilhaben lässt, musst du immer wieder nachbohren.“

Ich nicke und komme mir wie ein Narr vor. „Verstanden“, murmle ich.

Ella legt ihre Hand auf meinen Arm und drückt ihn. „Vergiss nicht, sie ist ein Teenager, da ist die Kommunikation schwierig. Du musst weiter daran arbeiten und irgendwann wird es besser werden. Aber denk auch daran, dass manches einfach nicht in deiner Hand liegt, weil man Teenager manchmal überhaupt nicht verstehen kann.“

Ein Anflug von Zuneigung für Ella fegt über mich. Weil sie sich in meine mangelnde Erfahrung als Elternteil einfühlen kann und mir diese offen und ehrlich vermittelt. Ich kann nicht gut damit umgehen, wenn jemand etwas beschönigt.

Ich schätze es sogar, dass sie sich in meine Angelegenheiten einmischt.

Ein bisschen.

„Nimmt sie an irgendwelchen außerschulischen Aktivitäten teil?“, fragt Ella. „Manchmal ist ein beschäftigtes Kind ein glücklicheres Kind.“

Ich schüttele den Kopf. „Sie interessiert sich für nichts außer für Kunst, und das ist eine ziemlich einsame Aktivität. Sie weigert sich, Sport zu machen oder an einem anderen Angebot der Schule teilzunehmen, und ich weiß nicht, ob ich sie dazu drängen soll. Ich möchte sie nicht zu etwas zwingen, was sie nicht mag, aber ich denke, dass sie sich langweilt. Wie ich schon sagte, habe ich über einen Dienst eine ältere Frau eingestellt, die auf sie aufpasst, wenn ich weg bin, aber Janelle hat nicht viel mit ihr gemeinsam, und die Frau ist nicht sehr mütterlich. Eher wie eine strenge Babysitterin.“

Jim schnaubt und ich frage ihn, was so lustig ist. „Du musst mit Reagan reden“, sagt er mit einem wissenden Lächeln.

„Reagan? Die Frau von Dax?“

Jim nickt. „Ihr Bruder hat für die New York Vipers gespielt, und als ihre Eltern gestorben sind, ist sie zu ihm gezogen. Sie musste das durchmachen, was Janelle durchmacht, also hat sie sicher einen guten Rat für dich.“

Ich bezweifle ernsthaft, dass sie das durchgemacht hat, was Janelle durchgemacht hat. Aber ich bin dankbar für den Hinweis, dass Reagan Erfahrung hat. Ich werde mich über Dax an sie wenden.

Ellas Gesicht erhellt sich und sie sagt: „Ich habe da eine Idee. Du hast gesagt, Janelle würde sich langweilen. Nun, Clarke sucht nach jemandem, der in Teilzeit nachmittags in ihrem Buchladen arbeitet. Vielleicht wäre Janelle daran interessiert. So hätte sie etwas zu tun. Und es würde ihr helfen, Kontakte zu Leuten aus dem Team zu knüpfen. Sie wäre so ein bisschen von ihrem Babysitter abgelenkt, wenn du weg bist, nachdem die beiden sich ja nicht so gut verstehen.“

Ich habe gewusst, dass Aarons Freundin einen Buchladen in der Innenstadt besitzt, und mir sogar schon vorgenommen, mal mit Janelle dorthin zu gehen, da es nicht weit von unserem Zuhause entfernt ist. Ich hatte nur noch keine Gelegenheit dazu, und Janelle scheint sowieso nichts von dem machen zu wollen, was ich vorschlage. Aber meine Schwester liebt den Englischunterricht und liest gern Klassiker, die ihr in der Klasse zugeteilt werden. Arbeiten zu gehen ist ihr auch nicht fremd, da sie seit ihrem vierzehnten Lebensjahr immer irgendwo gejobbt hat. Eine Sache, die meine Schwester versteht, ist der Wert einer soliden Arbeitsmoral.

Bevor ich dieser Idee zustimmen kann, hat mich Ella am Handgelenk gepackt und zieht mich durch die Menge. Ich werfe einen Blick über die Schulter und sehe, dass Jim uns folgt. Er schüttelt amüsiert den Kopf, denn seine Frau ist zwar klein, aber ein Kraftpaket. Ich habe keine andere Wahl, als mit ihr mitzugehen.

Sie führt mich zu Aaron und seiner Freundin Clarke, die sich gerade mit Kane und seiner Verlobten Mollie unterhalten. Als wir uns nähern, höre ich Kane über die Verkostung von Hochzeitstorten plappern, während Mollie interessiert nickt. Seit seiner Verlobung ist es zu einem Running Gag geworden, dass er seine Männlichkeit verloren hat, weil er in jegliche Planungsschritte seiner Hochzeit involviert ist. Jeder – außer mir, denn sonst bin ich genötigt, weitere Scherze mitzumachen – macht ihm die Hölle heiß, weil er sich in dieser Sache wie ein Mädchen verhält.

Aber ein Teil von mir bewundert diesen Kerl, weil er sich einen Dreck darum schert, was alle anderen über ihn denken, und diese Art von Selbstvertrauen ist in meinen Augen etwas ganz Besonderes. Der Typ ist einfach so aufgeregt darüber, sein Leben mit Mollie zu verbringen, dass er anscheinend jeden Aspekt dieser Erfahrung auskosten will. Mehr Stärke für ihn.

Aus rein männlicher Sicht verstehe ich nicht, was das ganze Getue um Monogamie, Ehe und lebenslange Bindung soll. Wie ich schon sagte, irgendwann bricht alles zusammen und geht vermutlich zum Teufel. Solange es genügend Frauen gibt, die sich in meinem Bett wiederfinden und kapieren, dass das alles ist, was sie jemals bekommen werden, wüsste ich nicht, was ich noch mehr in meinem Leben benötige.

„Clarke“, ruft Ella und mischt sich in das Hochzeitsgespräch ein, als wir den kleinen Kreis der Gruppe betreten, der sich automatisch erweitert, um uns einzulassen. „Suchst du immer noch jemanden, der nachmittags in der Buchhandlung arbeitet?“

„Das tue ich“, antwortet sie und wendet sich an Ella. „Meine rechte Hand hat beschlossen, noch einmal zu studieren, um ihren Abschluss zu machen, also werde ich Hilfe brauchen.“

„Oh, wirklich?“, ruft Ella überrascht aus. „Wo wird Veronica ihren Abschluss machen?“

Die Ladys beginnen, über jemanden namens Veronica zu plaudern, und ich schalte sofort ab. Ich sehe mich nach Janelle um und entdecke sie immer noch an der gleichen Stelle bei den anderen Kids, aber sie spricht mit niemandem. Sie hört einfach nur zu.

Wie ich.

„Es wären vielleicht zwei bis drei Stunden pro Tag, Riggs.“

„Hm?“ Ich richte meine Aufmerksamkeit auf Clarke, die gerade etwas gesagt hat, aber ich habe nicht alles mitbekommen.

Clarke nickt Ella zu. „Sie sagte, deine Schwester hätte vielleicht Interesse, nach der Schule in der Buchhandlung zu arbeiten.“

„Ähm, ja“, antworte ich, obwohl ich keine Ahnung habe, ob das eine gute Idee ist. „Ich meine … ich muss erst mal fragen, ob sie daran interessiert ist.“

„Natürlich“, sagt sie fröhlich. „Gib mir einfach Bescheid, dann kann sie loslegen, sobald sie will. Vielleicht sogar über die Feiertage.“

Ich nicke, aber niemand beachtet mich, als Kane sagt: „Wir haben uns also auf drei Sorten Kuchen geeinigt …“

Desinteressiert an Kuchensorten schaue ich mich um, um einen Fluchtweg zu finden.

Jim klopft mir auf die Schulter. „Komm. Lass uns Bier und testosterongesteuerte Gespräche suchen.“

Ich kann mir mein Lachen und meine Dankbarkeit nicht verkneifen. Obwohl ich Kane als Teamkollegen verdammt respektiere und mich zähneknirschend für seine neu gefundene Liebe freue, kann ich keine weitere Sekunde mehr über die Hochzeit hören.

Jim und ich verschwinden, obwohl Aaron panisch aussieht, weil wir ihn zurücklassen. Leider hat Clarke ihren Arm fest um seinen gelegt, während sie Kane zuhört, wie er über Kuchen spricht. Ich lache in mich hinein, und Jim und ich gehen zur Bar.

„O. Mein. Gott.“

Die Stimme ist erschrocken und außer Kontrolle. Laut genug, um sie über die Geräuschkulisse der Menge und der Weihnachtsmusik im Hintergrund zu vernehmen, und wir drehen uns in die Richtung. „Jemand soll einen Krankenwagen rufen.“

Das ist Eriks Stimme.

Jim und ich bewegen uns zusammen mit einer Schar von Leuten auf den Grund für seine dringliche Bitte zu. Wir drängen uns, zusammen mit einigen anderen Vengeance-Spielern, durch die Menge – was uns gelingt, weil wir breitschultrig sind und jemanden bei Bedarf aus dem Weg schubsen könnten – und finden Erik, der bei Blue steht. Erik sieht blass aus, als würde er gleich ohnmächtig werden.

Blue hält ihre Hand unter ihren sehr großen Bauch. Sie ist leicht nach vorn gebeugt, als ob sie sich unwohl fühlen würde, hat eine Hand auf Eriks Arm. Im Gegensatz zum alarmierten Gesichtsausdruck ihres Mannes sieht sie völlig ruhig aus, und ich bin nicht sicher, ob sie ihn beruhigen will oder was auch immer, aber sie wirft ihm einen genervten Blick zu.

„Ich brauche keinen Krankenwagen“, schnauzt sie gereizt. „Nur eine ruhige, vernünftige Person, die mich ins Krankenhaus fährt. Ich habe Wehen.“

Alle Anwesenden rufen ihre Freude und Glückwünsche aus, dass Blue in den Wehen zu liegen scheint. Erik sieht aus, als müsste er sich übergeben, und es ist unmöglich, dass er sie sicher ins Krankenhaus bringt.

Jett erscheint an seiner Seite und ruft eindringlich: „Atme … atme einfach, Erik. Tief einatmen, lange ausatmen.“

Blue verdreht die Augen wegen Jett, aber Erik fängt an, tief zu atmen, was offen gesagt nicht schaden kann.

Jemand drängt sich gegen meinen Arm, und ich schaue nach unten und sehe Janelle, die ihren Kopf an mir vorbeistreckt. „Was geht hier ab?“

„Blue hat Wehen. Erik flippt aus.“

Janelles Gesichtsausdruck verändert sich nicht. Keine Freude. Keine Belustigung. Kein Interesse.

Ich trete aus der Menge heraus und ziehe meine Autoschlüssel aus der Tasche. „Komm“, sage ich zu Blue, mit einem Seitenblick auf Erik. „Ich fahre euch beide. Erik kann bei dir auf dem Rücksitz sitzen.“

Das ist ein Code für: „Erik ist zu durcheinander, um Auto zu fahren“, und wenn jemand nach einer tieferen Bedeutung in mir sucht, würde er folgende Stimmung vorfinden: „Ich habe genug von der Weihnachtsfeier und will gehen.“ Und noch ein bisschen tiefer: „Vielleicht kommt Janelle aus ihrem Tief heraus.“

Ich schaue über meine Schulter zu meiner Schwester. „Auf geht’s. Wir haben einen Auftrag.“

Sie blinzelt überrascht, weil sie weiß, dass ich mich nie mit dem Team abgebe. Und das ist der erste aufrichtige Gesichtsausdruck, den ich den ganzen Abend über an ihr entdecken konnte.

Kapitel 2

Riggs

„Das lief viel reibungsloser, als ich dachte“, sage ich beiläufig zu Janelle, als wir wieder in mein Auto steigen – einen mittelgroßen Lexus, der nach den Maßstäben der meisten Eishockeyprofis eher unauffällig ist. Ich gebe kein Geld für protzige Dinge aus. Ich lege es zur Seite, weil ich genau weiß, wie flüchtig bestimmte Situationen sein können und wie sich das Leben im Handumdrehen ändern kann.

Janelle antwortet nicht, sondern schnallt sich leise an. Sie scheint völlig ruhig zu sein, während mein Herz immer noch rast. Auch wenn auf dem Rücksitz meines Autos kein extremer Handlungsbedarf einer bevorstehenden Geburt geherrscht hat, ist es dennoch eine aufregende Fahrt durch den Phoenix-Verkehr gewesen, um zu Erik und Blues bevorzugtem Krankenhaus zu gelangen.

Blue ist ziemlich still gewesen und hat die meiste Zeit der Fahrt damit verbracht, Eric zu beruhigen, der zumindest nicht so sehr ausgeflippt ist, wie ich angenommen habe. Janelle hat jedes Mal fast ihren Hals verrenkt, nur um neugierig in den Fond schauen zu können, wenn Blue von einer neuen Wehe überrollt wurde. Ich habe mich unterdessen auf die Straße konzentriert und Eriks sanften Ermutigungen zugehört sowie Blues Schnaufen und Keuchen, um durch die Schmerzen zu kommen.

Von Zeit zu Zeit hat Erik seine Aufmerksamkeit von Blue auf mich gelenkt und gebrummt: „Kannst du nicht schneller fahren?“

Daraufhin hat Blue erwidert: „Schatz, wir haben noch viel Zeit, um ins Krankenhaus zu kommen.“

Eric hat gemurrt, sich halbherzig entschuldigt und dann wieder seiner Frau zugewandt, um sie zu beruhigen, wenn die nächste Wehe sie erfasst hat.

Wir haben direkt vor dem Eingang gehalten und ich wies Janelle an: „Geh rein und hol einen Rollstuhl.“

Sie hat mich erstaunt angeblickt, dass ich ihr eine so wichtige Aufgabe anvertraue, aber dann hat sie sich von ihrem Sicherheitsgurt befreit und ist im Nu verschwunden. Ich bin ausgestiegen und habe die Tür für Blue geöffnet. Janelle ist flugs wieder zurückgekommen, mit nicht nur einem Rollstuhl, sondern auch mit einer Krankenschwester im Schlepptau. Eric und ich haben Blue geholfen, sich in den Stuhl zu setzen.

Die Krankenschwester hat die Griffe des Rollstuhls übernommen und ist auf die Schiebetüren zugesteuert. Blue hat mir ihre Hand entgegengestreckt und mir den Kopf zugedreht. Ich habe realisiert, dass sie meine Hand will, also habe ich meine in ihre gelegt.

Sie hat sie gedrückt und gesagt: „Danke fürs Fahren.“

Ich habe genickt und gemurmelt: „Ich hoffe, du hast eine gute Geburt.“ Und dann bin ich zusammengezuckt, weil das so ein peinlicher Spruch gewesen ist.

Eric hat zum Abschied hastig gewunken und im nächsten Moment sind sie im Inneren des Krankenhauses verschwunden.

Und schon ist das ganze Drama vorbeigewesen.

Nun, nicht für Erik und Blue. Sie könnte stundenlang in den Wehen liegen, und ich fühle mit ihr angesichts des Leids, das sie zu ertragen hat.

Ich lege den Gang ein, als Janelle fragt: „Fahren wir zurück zur Weihnachtsfeier?“

Ich werfe ihr einen kurzen Blick zu, als ich auf die Straße hinausfahre. „Willst du das?“

„Nicht wirklich“, sagt sie und lässt sich tiefer in den Sitz fallen, um auf ihrem Handy zu surfen.

Manchmal möchte ich das verdammte Ding am liebsten aus dem Fenster werfen, aber es ist wichtig, dass ich eine Möglichkeit habe, mit ihr in Verbindung zu bleiben, vor allem, wenn ich für Auswärtsspiele unterwegs bin. Es scheint für sie zu einer Art Krücke geworden zu sein, um nicht mit mir reden zu müssen, und da unsere Gespräche die Hälfte der Zeit unbeholfen und gestelzt sind, habe ich ihr diese Krücke gelassen.

Aber nicht jetzt. „Kannst du das kurz weglegen, damit wir reden können?“

Janelle seufzt dramatisch und legt ihr Handy mit dem Display nach unten auf ihren Schoß.

Sie rutscht auf ihrem Sitz umher, und ich richte meinen Blick kurz von der Straße auf sie, um mich zu vergewissern, dass sie sich auf mich konzentriert. Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu und sage: „Ich habe auf der Party mit Clarke gesprochen …“

„Wer ist Clarke?“, unterbricht Janelle.

„Wyldes Freundin“, sage ich.

„Wer ist Wylde?“

Ich habe keine Ahnung, ob sie wirklich so begriffsstutzig ist. Ich werfe ihr einen kurzen Blick zu, und ihre Aufmerksamkeit ist jetzt auf das Beifahrerfenster gerichtet.

„Aaron Wylde. Er ist Defenseman in der First Line.“ Ich warte darauf, dass sie etwas sagt, aber sie schweigt. „Ehrlich, wie kann es sein, dass du nicht weißt, wer das ist? Du hast doch alle Spieler gekannt, als ich bei den Renegades war.“

Natürlich war das, als Janelle noch bei unserer Mutter wohnte und nicht unter meiner Fuchtel stand. Da war es cool, einen großen Bruder zu haben, der Profi-Eishockey spielt. Sie kannte die Namen aller Spieler, ihre Positionen und sogar ihre Statistiken. In unseren Telefongesprächen, E-Mails und Textnachrichten erzählte ich ihr alles über die Frauen und Freundinnen der Spieler und den anderen Klatsch und Tratsch aus dem Team. Ich ließ sie nach San Diego fliegen, und sie hing mit mir und meinen Mannschaftskameraden ab, die sie erbarmungslos neckten, wie es ältere Brüder mit kleinen Schwestern tun.

Janelle zeigt wenig Interesse an den Arizona Vengeance, und ich komme nicht dahinter, ob sie meine Vorgehensweise nachahmt oder ob sie sich wirklich nicht mehr für meine Karriere interessiert. Sie hat keine Ahnung, dass ich nur deshalb alle auf Abstand halte, damit unser Privatleben, vor allem ihres, keiner Überprüfung standhalten muss. Und das kann ich ihr nicht sagen, weil ich sie nicht in Verlegenheit bringen oder ihr das Gefühl geben will, dass ich mich für unsere Situation schäme.

Denn das tue ich nicht.

Ich bin stolz darauf, dass wir es geschafft haben, über uns hinauszuwachsen, aber ich möchte nicht, dass sie für irgendjemanden eine Außenseiterin ist.

Ich atme tief ein und langsam aus. „Wie auch immer, Clarke besitzt eine coole Buchhandlung …“

Ruckartig sieht Janelle mich an, und ich denke, ich habe ihr Interesse geweckt. Aber ihr Ton ist bissig. „Woher willst du das wissen? Warst du schon einmal dort?“

Ich ermahne mich, Geduld mit meiner Schwester zu haben, und bleibe ruhig. „Nein, ich war noch nicht dort. Aber ich habe gehört, wie Aaron darüber gesprochen hat, genau wie einige der anderen Spieler. Jedenfalls sucht sie jemanden, der nach der Schule für ein paar Stunden aushilft, und ich dachte, du hättest vielleicht Lust dazu.“

Janelle spottet: „Du meinst, du willst, dass ich mich mit etwas beschäftige, damit ich nicht in Schwierigkeiten gerate.“

Ich knirsche mit den Zähnen. Aber sie hat nicht ganz unrecht. Mein Gespräch mit ihrer Lehrerin ein paar Tage vor den Winterferien hat mir Sorgen gemacht. Sie hat gesagt, Janelle würde sich weigern, am Unterricht teilzunehmen oder sich zu engagieren.

„Sie ist eine unglaublich kluge junge Frau, wie Sie sicher wissen“, erzählte die Lehrerin mir.

Das habe ich bereits gewusst. Aber sie hat das nicht durch ihre Noten gezeigt, und das hatte sich zu einem furchtbaren Streit zwischen uns entwickelt.

Die Lehrerin hat mir weiterhin berichtet, dass sie Janelle mit einer Gruppe von Jugendlichen gesehen hat, die sie als fragwürdige Vorbilder betrachtete. Ich habe erwidert, dass sie mir genauer erklären müsse, was damit gemeint sei, weil ich als Kind auch mit allen möglichen fragwürdigen Gestalten rumgehangen hatte.

Die Lehrerin hat mir erklärt, dass einige der Kinder wegen Marihuanabesitzes verhaftet worden waren und häufig die Schule schwänzen.

Mehr hatte ich nicht hören müssen.

Seitdem versuche ich, herauszufinden, wie ich Janelle dazu bringen kann, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, damit sie sich nicht mit einem Haufen von Versagern einlässt.

Zum Glück habe ich die Winterferien, um ihr dabei auf die Sprünge zu helfen. Und noch besser ist es, dass diese Gelegenheit mit Clarke genau das sein könnte, was sie braucht.

„Hast du Lust darauf?“, frage ich.

Ihre Antwort ist mürrisch. „Eher nicht.“

„Warum nicht?“ Ich schaue zu ihr hinüber, und es ärgert mich maßlos, dass sie mir nicht einmal ihre volle Aufmerksamkeit schenkt, sondern ihren Blick wieder das Fenster hinauswirft. „Ich verstehe nicht, warum du hier so unglücklich wirkst. Du ziehst dich immer nur in dich selbst zurück und redest nicht mit mir. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hasst mich dafür, dass ich dich hierhergebracht habe.“

Anstatt zu verstehen, was ich sagen will und auch mal meine Gefühle anzuerkennen, gibt Janelle ein herablassendes Geräusch von sich und wendet ihren Blick endlich mir zu. Ich halte einen Moment inne und schaue ihr in die Augen, bevor ich mich wieder auf die Straße konzentriere.

„Hier ist es zum Kotzen“, spottet Janelle. „Ich musste alle meine Freunde zurücklassen und du bist die Hälfte der Zeit nicht mal da. Ich sitze bei Mrs. Blair fest, die sauer wird, wenn ich nur falsch niese. Zu Hause hatte ich wenigstens meine Freiheit.“

Meine Geduld ist erschöpft, und leider kocht meine Wut dann recht schnell hoch. Janelles auch, deswegen enden unsere Streitereien meist sehr hitzig.

Ich schlage mit der Hand auf das Lenkrad und knurre: „Verdammt noch mal, Janelle. Was verfickt soll ich denn tun? Du hast mich angefleht, dich von dort wegzubringen. Ich habe dich aus einer beschissenen Situation geholt, und anstatt dankbar zu sein, kritisierst du mich nur. Ist es hier wirklich so schlimm, dass du echt lieber zu Mom zurückgehen willst?“

Janelle antwortet nicht. Sie weiß, dass sie nicht sagen kann, dass sie zurückgehen möchte. Die Situation im Haus unserer Mutter war unzumutbar. So sehr, dass ich sie nicht zurückgehen lassen würde, selbst wenn sie es wollte. Ich habe jetzt das Sorgerecht für sie und ich werde sie auf keinen Fall in die Obhut unserer Mutter zurückkehren lassen.

Ich dränge sie nicht dazu, mir eine Antwort auf eine Frage zu geben, die sie in Verlegenheit bringen würde, weil sie zugeben müsste, dass ich recht habe und sie im Unrecht ist. Stattdessen lenke ich vom Thema ab. „Ich weiß, wie sehr du das Lesen und Bücher liebst. Clarke ist supercool, und ich bin mir sicher, dass es dir gefallen würde, dort zu arbeiten. Ich glaube, es würde Spaß machen und wäre interessant, aber ich werde dich nicht dazu zwingen.“

Janelle schweigt eine Minute, bevor sie murmelt: „Wie viel zahlt sie?“

„Genug, dass du anfangen kannst, Miete zu zahlen“, scherze ich.

Wieder sieht sie mich ruckartig an.

Ich zwinkere ihr zu. „War nur ein Scherz. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was sie bezahlt. Aber wenn du Interesse hast, werde ich mich heute Abend mit ihr in Verbindung setzen und die Details erfragen.“

„Da wir Winterferien haben“, beginnt Janelle zögernd, „kannst du sie fragen, ob ich mehr Stunden arbeiten kann, bis die Schule anfängt?“

„Wirklich?“, frage ich, erstaunt über ihr plötzliches Interesse.

„Dann muss ich nicht so oft bei Mrs. Blair bleiben, wenn du in den Ferien unterwegs bist.“

„Ich weiß, dass sie keine ideale Lösung ist“, sage ich. Janelle überrollt mich mit einer Tirade, die ich schon oft gehört habe, seit wir nach Phoenix gezogen sind und ich beschlossen habe, jemanden einzustellen, der auf sie aufpasst, wenn ich weg bin.

Ich muss mir einiges über Mrs. Blair anhören, die Ende fünfzig ist. Sie ist Witwe und ihre Kinder sind erwachsen und über die ganzen Vereinigten Staaten verstreut. Um sich die Zeit zu vertreiben, hat sie sich auf einer Website als Kindermädchen angemeldet, und von allen Bewerberinnen, die ich eingehend befragt habe, ist sie die beste Wahl gewesen. Auch wenn Janelle verärgert darüber ist, dass ich jemanden beauftragt habe, der auf sie aufpasst.

„Ich bin fast achtzehn, Riggs. Ich brauche keinen Babysitter mehr“, beschwert sie sich immer wieder.

Sie hat nicht ganz unrecht, aber ich sorge mich zu sehr darüber, wie sie sich in dieses neue Leben mit mir in Phoenix einlebt, als dass ich sie einfach allein lassen würde, während ich auf Reisen bin. Sie braucht jemanden, der sich um sie kümmert und der sie beschützt, wenn ich nicht da sein kann. Das ist für mich nicht verhandelbar.

Mrs. Blair macht ihre Arbeit gut. Sie sorgt dafür, dass Janelle von der Schule nach Hause kommt, einen Snack erhält und ihre Hausaufgaben macht. Sie kocht gesunde Mahlzeiten. Sie sorgt dafür, dass Janelle rechtzeitig in der Schule ist. Sie ist pünktlich und organisiert, wenn nicht sogar etwas militant.

Aber das ist alles, was sie ist. Für sie ist es ein Job, ein Weg, einen Gehaltsscheck zu bekommen. Janelle ist ihr egal und sie streiten sich ständig. Zugegeben, Janelle kann eine richtige Zicke sein, wenn sie will. Aber ich habe Janelles Klagen oft genug gehört, um zu wissen, dass, wenn Mrs. Blair ein wenig Freundlichkeit, Wärme und Interesse an meiner Schwester zeigen würde, es viel dazu beitragen würde, die Spannungen zwischen ihnen abzubauen.

Ich nehme mir zum hundertsten Mal vor, mich hinzusetzen und mit Mrs. Blair zu reden. Außerdem mache ich mir eine innere Notiz, dass ich mit Reagan sprechen werde. Vielleicht hat sie ein paar gute Ideen, wie ich Janelle versorgen kann, während ich weg bin, anstatt sie unter der Fuchtel von jemandem wie Mrs. Blair zu lassen.

„Wollen wir auf dem Heimweg einen Burger essen?“, frage ich.

„Sicher“, sagt sie leise und ich kann keinen Hauch von Ärger in ihrem Tonfall entdecken.

Das bedeutet wohl, dass die Aussicht, in Clarkes Buchhandlung zu arbeiten, für sie von Interesse sein könnte. Im Moment richtet sich ihre Verbitterung über all die beschissenen Dinge, die im letzten Jahr passiert sind, nicht auf mich.

 Selbst, wenn sie sich dafür entscheiden würde, würde ich trotzdem weiterhin die Last tragen. Janelle hat viel gelitten, und ein Teil von mir fühlt sich schuldig, weil ich meine Traumkarriere gelebt habe, während sie die Bürde eines Elternteils trug, das nicht erziehen kann.

Kapitel 3

Veronica

Der alte Herr, der vor mir steht, lächelt wehmütig, während er zur Seite blickt. Er trägt Kakihosen, die für seine schmale Figur ein wenig zu ausladend sind, aber von einem eng geschnürten braunen Ledergürtel gehalten werden, sowie ein weißes Hemd und eine Fliege mit blau-grünem Paisleymuster. Während ich ihm zuhöre, lächle ich innerlich darüber, dass die Zeiten, in denen man die wahre Liebe findet und für immer festhält, vorbei sind. Er hatte vielleicht die letzte große Liebesaffäre unserer Zeit.

„Und sie hat zu meinem Geburtstag die wunderbarsten Kuchen gebacken, alles von Grund auf frisch zubereitet. Heutzutage macht man das nicht mehr. Alles kommt aus einer Schachtel.“

Ich beuge mich vor und tätschle Mr. Beasley die Hand. „Diese Backmischungen sind für Leute wie mich, die leider kein bisschen backen können.“

Mr. Beasley gluckst, seine blauen Augen funkeln mich an. Seine Hand, trocken und papierartig, mit Altersflecken übersät, legt sich auf meine. „Lerne, wie man einen Kuchen komplett frisch backt, junge Veronica, und die Männer werden Schlange stehen.“

Ich lache, lege meine freie Hand auf seine und drücke sie. „Es ist lieb von Ihnen, dass Sie das vorschlagen, aber die Zeiten, in denen ich einen Mann gesucht habe, sind vorbei.“

Mr. Beasley spottet. „Blödsinn. Jeder braucht jemanden, den er liebt und auf den er sich verlassen kann.“

Ich nehme meine Hände weg und schnappe mir die Quittung aus der Kasse, die von seinen Einkäufen stammt, welche ich soeben abgerechnet habe. Ich lege sie zu den drei Büchern, die er gekauft hat, und schiebe ihm die Papiertüte mit den Schnurgriffen über den Tresen zu.

Mr. Beasley ist einer unserer besten Kunden und ich freue mich über seine Besuche. Deswegen spreche ich ganz offen, während ich meine Arme auf dem Tresen verschränke und mich nach vorn lehne. „Ich verlasse mich auf mich selbst. Auf diese Weise lässt mich niemand im Stich.“

Der alte Mann sieht mich an, seine Augen funkeln nicht länger amüsiert, sondern sind düster und von großer Weisheit geprägt. Er hat seine Frau vor etwa zehn Jahren verloren, und ich weiß, wie leer er sich ohne sie fühlen muss. Deshalb lebt er so sehr in seiner Vergangenheit.

Ich bin das Gegenteil davon.

Ich bin glücklich darüber, mein Liebesleben weit hinter mir gelassen zu haben, und ich blicke auch nicht mehr zurück.

„Gib die Hoffnung nicht auf, Ronnie“, sagt Mr. Beasley, der einzige Mensch in meinem Leben, der diesen Spitznamen je benutzt hat.

Es ist rührend, dass er einen Namen für mich hat, was meiner Meinung nach darauf hindeutet, dass wir im Laufe der Zeit, seit er den Buchladen frequentiert, gute Freunde geworden sind.

Er zeigt mit einem Finger auf mich. „Ich habe den leisen Verdacht, dass das Glück gleich um die Ecke auf dich wartet.“

Ich schüttele verneinend den Kopf und richte einen Finger auf ihn. „Ich habe keinen Platz für Ihre romantischen Vorstellungen, Mr. Beasley. Und jetzt ab mit Ihnen. Ich muss mich um andere Dinge kümmern.“