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«Es war höchste Zeit, dass die Welt die Wahrheit erfährt.» (Tageszeitung) Dieser knallharte Tatsachenroman ist ein Lebensbekenntnis, das den Leser trifft wie eine gefrorene Axt. Nur außergewöhnliche Komprimierung des Schicksals hat derartige Ereignisdichte überhaupt möglich gemacht: Der Autor war in seinem Leben schon Zirkuskünstler, Räuber im Wald, schwuler Seemann, Maler, Träumer und Poet; er war auf dem Drogenstrich und in der Wüste, in Paris, New York, Hamburg und in Saleika, dem Dorf mit der größten Kirmes am Unterlauf der Donau. Rocko Schamonis schockierende Memoiren – jetzt mit den bisher unterdrückten Kapiteln! «Dieses Buch ist ein Wegweiser aus der Sackgasse, eine Initialzündung für alle Geschichtenerzähler in diesem Land. Es sind riesige Mengen von Phantasie und Erotik, Humor und Weltgewandtheit, die das Naturtalent mühelos in Sätze bündelt. 'Risiko des Ruhms' kommt daher wie eine Erlösung.» (Süddeutsche Zeitung - Jetzt) «Rocko Schamoni hat bestimmt nie in den Sommerferien auf einem Müllwagen gearbeitet, aber er weiß, dass auch am unwirtlichsten Ort und im nichtigsten Ding die Glut des Glamours glimmt, eine Glut, die auch jede Zeile dieses Buches wärmt, so dass der Leser bisweilen das Gefühl hat, er lese gerade seine Heizdecke.» (Tagesanzeiger)
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Seitenzahl: 257
Veröffentlichungsjahr: 2009
Rocko Schamoni
Risiko des Ruhms
Director’s Cut
Widmung
Lieber Zuhörer.
Saleika
Ein denkwürdiger Ausflug
Die Sache mit dem Koksain
Der Pusztabaron
Magie der Manege
New York
LADY GULLIVER:
Ein erotischer Bericht aus dem Musikbusiness
Die Rückverzauberung der Welt
Knast
Was die Welt noch braucht
Der schwarze Hahn
Die Insel
DER GROSSE TOUCH
Asien
In der Wüste
MIT ALLER LEIDENSCHAFT
Paris
Expedition ins Reich des Wassers
Die Hamburger Schule – Eine deutsche Geschichte
FRAGMENTE DER ANGST
Die Hamburger Schule – Zweiter Teil
Epilog
Gewidmet meinen Freunden
Ich, als Autor, übernehme die volle Verantwortung für alle im Text enthaltenen inhaltlichen, grammatikalischen sowie rechtschreiberischen Absonderlichkeiten. Ich habe auf dem Abdruck des Textes in seiner jetzigen Form bestanden und entlasse somit die Lektorin wie den Verlag aus der Rechtfertigungspflicht.
Neue Techniken erfordern den Mut der ganzen Gesellschaft, sie auch wirklich auszuprobieren. Denn die Gesellschaft ist der Focus, ich kann es nicht oft genug sagen. Vor kurzem saß ich zu Hause und sinnierte mal wieder über Ideen. Ich denke sehr oft über Ideen nach, ich halte Ideen für eine der großen Möglichkeiten der Menschheit. Und da, auf einmal kam es wie ein Blitz über mich: die geniale Idee eines visuellen Hörbuchs. Eingangs hatte ich mir folgende Frage gestellt: Nachdem wir den Schritt vom «Buch» zum «Hörbuch» gegangen sind, warum sollten wir nicht noch einen Schritt weitergehen, und zwar einen Schritt zurück? Das Ganze kam mir vollkommen utopisch vor, ich wusste nicht, ob die Menschen das überhaupt begreifen würden, aber ich spürte intuitiv: Die Idee war zu genial, um sie nicht gehabt zu haben. Ich erkläre sie einmal: Ausgehend von einem normalen Buch wie «Risiko des Ruhms» macht man daraus im zweiten Schritt ein Hörbuch, indem man den Text vorliest und das Ganze aufnimmt. So weit, so gut. Was aber, wenn man das Gehörte einfach wieder abschreiben und in Buchform veröffentlichen würde? Ich schlug diese aberwitzige, zukunftsweisende Idee Freunden und Spezialisten vom Rowohlt Verlag vor. Sie mussten lange darüber nachdenken, aber alle kamen zu dem gleichen Schluss: Junge, das musst du machen, das ist der Kracher, das hat noch keiner gebracht! Ich wusste es doch gleich, sagte ich den Leuten sofort. Da begriffen sie, dass ich recht gehabt hatte. Die Idee ist so mutig, dass ich diesen Weg zunächst wohl alleine gehen werde; aber eins ist klar: dem visuellen Hörbuch gehört die Zukunft!
Ich habe dieser Ausgabe noch ein paar Geschichten beigefügt, die bei der ersten Veröffentlichung des Buches rausgeflogen waren, weil sie mehrere Leute als «zu schlecht» bezeichnet hatten. Erst im Nachhinein begriff ich, dass diese «Leute» es nur so gesagt hatten. Einfach so. Ich habe die betreffenden Personen natürlich sofort beseitigen lassen, damit es nicht noch einmal zu so einem Wahnsinn kommt. Somit biete ich Ihnen hiermit die unverfälschte Urfassung von «Risiko des Ruhms» an, nur ohne die Geschichten, die ich zu schlecht finde. Und das Ganze als visuelles Hörbuch.
Ich wünsche Ihnen beim Hören ganz viel Spaß:
Ihr Rocko Schamoni
Ich wuchs in einem kleinen Dorf an der Donau auf, das Saleika hieß. Es gab fünf Dutzend Häuser, allesamt aus dem Holz eines nahen Rotbuchenwaldes erbaut, eine kleine, alte steinerne Kirche und hinter dem Dorf ein riesiges Feld, auf dem sechs Monate des Jahres die größte Kirmes des ganzen Landstriches stand. Das gesamte Dorf arbeitete hier. Meine Mutter wusch tagtäglich die Gondeln des Riesenrades. Mein Vater arbeitete als Schlangenmensch in einem Kuriositätenzelt. Jeden Tag um 12Uhr hatte er dort seine große Show. Er nannte sich «Bollek – die lebende Schlange» und zog so immer eine große Schar von Zuschauern an. Man muss wissen: Mein Vater ist Inder, ein großer, stolzer und ungewöhnlich schöner Mensch. Frauen und Hunde wurden in seiner Gegenwart unwillkürlich nervös, die Frauen wegen dem Mann, die Hunde wegen der Schlange. Er war ein gefährliches Raubtier von tiefer, funkelnder Angriffslustigkeit und hatte den Gang eines prächtigen schwarzen Panthers.
Jeden Tag um Punkt 12Uhr stand unsere ganze Familie vor dem Zelt und wartete ungeduldig auf den Beginn der Show. Unruhig zappelten wir auf den engen Zeltbänken mit den Beinen, und was war das jedes Mal für ein Moment der Erlösung, wenn der Gong erklang und im dunklen Licht, nur spärlich bekleidet, Bappa endlich auf die Bühne kam. Ein leises Quietschen rang sich aus unseren kleinen Mündern, uns stockte der Atem.
Bappa, mit nichts bekleidet als einem großen Turban um den Kopf, schlich katzengleich in die Mitte der Manege, in der ein großes Himmelbett stand, das anstelle einer Matratze ein Nagelbrett als Liegefläche hatte. Mit verführerischen Gesten legte er sich danieder und begann, sich zu räkeln.
Spätestens jetzt war das Publikum völlig in seinem Bann. Ich und meine spanischen Brüder hielten uns an den Händen. Mein Vater drehte sich langsam auf dem Bett und zeigte alles an seinem wunderschönen Körper nach allen Seiten. Das Publikum war begeistert. Plötzlich, auf einmal, blitzschnell hatte Bappa eine Schlange in der Hand. Keiner wusste, wo die herkam, ich weiß es bis heute nicht. Langsam führte er ihren Kopf auf seinen Mund zu, wobei er sie geschickt mit den beiden Händen, die er links und rechts hatte, hielt. Unter einem Aufschrei des Publikums steckte er sie plötzlich in den Mund, lutschte kurz daran und nahm sie wieder heraus. Die Schlange dampfte vor Animalität. Wieder steckte er sie in den Mund und wieder und wieder, jedes Mal ein Stückchen tiefer. Meine Brüder und ich waren sehr aufgeregt und hielten uns eng umschlungen, wir waren schließlich nicht viel älter als achtzehn Jahre alt. Mein Vater hatte die Schlange fast ganz in seinem Schlund, nur das Schwanzende hielt er noch mit den Fingern fest. Wie sinnlich er aussah, die glänzenden Lippen wild aufgeworfen, der weiche Körper ein Ausdruck der Ekstase. Dann riss er sich mit einem gurgelnden Schrei das Reptil aus dem Hals und schmiss es in die schreiende Menge. Die Leute stoben auseinander, näherten sich aber sofort wieder: Die Schlange war tot. Tosender Applaus!
Bappa räkelte sich langsam vom Bett, das sofort von vier dänischen Lakaien aus der Manege getragen wurde. Langsam beruhigte sich das Publikum wieder, Stille trat ein. Allein stand Bappa in der Mitte des Zeltes, die Augen konzentriert geschlossen. Warmes Licht umspielte seine schmalen Schultern. Mit einer mysteriösen Geste griff er auf einmal in das Dunkel zwischen seinen mächtigen, dicken Beinen und hielt, wie aus dem Nichts, ein kleines Säckchen in der Hand. Mit diesem stellte er nun allerlei Schabernack an, er redete mit ihm, setzte ihm eine Nase auf und trieb jeden herrlichen Unsinn damit, den man sich vorstellen kann. Besonders wir Kinder waren begeistert, jubelten ausgelassen und machten uns vor Vergnügen fast in die Hosen. So war Bappa.
Nach der Show warteten wir hinter dem Zelt. Wenn Bappa herauskam, bestürmten wir ihn, umarmten und küssten ihn, wir waren wie junge Hunde. Oft roch Bappa unangenehm nach Schweiß und Ausdünstungen, da er sich sehr selten wusch, und ich weiß noch genau, wie ich mit der einen Hand meinen Bappa umarmt hielt und mir mit der anderen die Nase zukniff.
Wir waren im ganzen Dorf sehr angesehen. Wenn wir vorbeigingen, zeigten die Leute mit den Fingern auf uns und lachten. Wir fühlten uns immer sehr geschmeichelt und winkten oder zeigten zurück.
Am südlichen Ende des Dorfes, gleich hinter dem letzten schönen Rotbuchenhaus, wohnten wir. Bappa hatte dort ein großes Loch ausgehoben, das mit einer Plastikplane überdeckt war. Um das Loch herum hatten wir unsere alltäglichen Lebensgegenstände verteilt, Mama hatte dort eine Feuerstelle und wir unser Spielzeug. Abends, wenn es kalt wurde, krochen wir alle in das Loch und kuschelten uns eng aneinander. Wir waren eine Kuschelfamilie.
Einer der schönsten Tage meiner Jugend war der Tag, als Bappa auf mich zukam und sagte: «Komm, Junge, pack deine Sachen, ich will mit dir verreisen.» Als ich ihn fragte, wohin, sagte er nur: «Paris.»
Ich und Bappa in Paris, der Stadt der Liebe, das war mein schönster Traum. Juchzend packte ich die paar Dinge zusammen, die ich brauchte. Wir hatten einen alten Ochsenkarren, und der wurde hergerichtet. Mamutschka hatte den ganzen Karren mit einer Art Schmiere eingewichst, damit er glänzte und Diebe abschreckte. Ich war so stolz. Bappa hatte sich seinen gewaltigen ungarischen Schnurrbart mit Pferdedung steifgewachst und trug sogleich einen Heiligenschein aus Fliegen um den Kopf. Er hatte sich einen braunen Lappen um die Lenden gewickelt und sah sehr majestätisch aus. Vorne auf dem Kutschbock nahmen wir Platz, winkten unseren Lieben zum Abschied, und dann ließ Bappa die Peitsche knallen.
Na ja, was soll ich sagen, so ging es die ganze Reise, und ich war froh, als wir endlich wieder zu Hause waren.
Ein anderes Mal machten wir mit der ganzen Familie einen Ausflug.
Wir wollten zu einem See in der Nähe fahren, um dort zu baden. Der Karren wurde festlich hergerichtet, Mamutschka hatte lauter bunte Bänder und Fahnen in Form von Wimpeln an ihm befestigt. Sie hatte einen ausgesprochenen Sinn für das Dekorative. Uns Kinder hatte sie von Kopf bis Fuß mit einer Art Paste aus alten Essensresten eingeschmiert. Das sollte ihren Stolz und ihre Erregung ausdrücken, so glaubten wir. Wir waren uns aber nie ganz sicher, was sie wirklich dachte, da sie ja nicht sprechen konnte. Bevor wir irgendwohin fuhren, war es immer eine besondere Zeremonie, den guten alten Onkel Schoffo abzuholen, da der Weg zu ihm einmal durch das ganze Dorf führte und wir uns so in unserer Pracht herzeigen konnten. Schoffo wohnte direkt hinter der Kirmeslatrine. Das heißt, dorthin ging er nachts und wickelte sich in eine alte Eselshaut ein, um dann zu schlafen. An diesem Ort fühlte er sich irgendwie sicher. Bappa lenkte den Karren in gemächlichem Schritt durch Saleika. Er trug den Kopf hoch und stolz, und uns lief das Wasser im Munde zusammen, wenn wir ihn nur ansahen. Mein Gott, war dieser Mann schön. Bei jedem Steinchen auf dem Weg zitterten seine dicken, hängenden Schenkel, und die schmalen Schultern hatte er weit zurückgeworfen, als wenn er gegen einen gigantischen Fahrtwind zu kämpfen hätte. Meistens summte er irgendwelche indischen Volksweisen vor sich hin. Wenn wir an der Latrine ankamen, nahm Bappa die Peitsche und ließ sie kräftig schnalzen. Dann wühlte sich der Onkel aus seinem Esel, stand auf, reckte sich und wrang seine feuchte Kleidung aus. Er war stets gut gelaunt, soviel sein angeschwollenes Gesicht überhaupt erkennen ließ. Wir hievten ihn auf den Kutschbock neben Bappa, und weiter ging die schöne Fahrt. So auch dieses Mal.
Am Ortsausgang trafen wir auf einen weiteren Ausflugswagen. Dieser gehörte Kohlraab und seiner Familie. Kohlraab war der Tigerdompteur in Bappas Zirkus und sein erbitterter Rivale um die Gunst des Direktors. Die beiden hassten sich, und wir hassten Kohlraab. Er war ein hässlicher, spindeldürrer großer Kerl, der aussah wie ein Weberknecht. Ein Auge war ständig entzündet und lief, ich weiß nicht mehr genau, welches es war, entweder das rechte oder das linke. Er ließ keine Möglichkeit aus, Bappa beim Direktor anzuschwärzen. Seine Frau war eine schäbige alte Schabracke, die ihm an bösartiger Intriganz in nichts nachstand, und die Kinder waren wie ein Haufen aufgebrachter Hyänen, bereit, alles zu zerreißen, das ihnen in die Fänge kam. Sie erreichten den Ortsausgang vor uns, was sie mit angeberischer Manier quittierten. Bappas Gesicht wurde dunkel vor Zorn. Er schwang die Peitsche und begann, auf unseren Ochsen einzuprügeln. Das gepeinigte Tier verfiel in einen wilden Galopp, und dabei wurde Mamutschka vom Wagen geschleudert, und wir sollten sie erst viel später wiedersehen. Wir brüllten wie die Teufel und schmissen mit allem, was wir zur Hand hatten, auf die Kohlraab-Bande. Auch die hatten ihrem Ochsen die Peitsche gegeben und versuchten, die Führung zu behalten. Wir schafften es, seitlings zum Karren der Kontrahenten zu gelangen, und ich schnappte mir Schoffos Gehstock. Mit einem gezielten Hieb stach ich einem der Dompteurssöhne ein Auge aus. Der schrie wie am Spieß, aber seine Leute achteten nicht auf ihn. Ich lachte ihn gellend aus und versuchte auch noch, ihm Bröckchen von Ochsendreck in das neue Loch zu schmeißen.
Bappa kam auf die glorreiche Idee, den gegnerischen Streitwagen zu rammen. Mit einem Ruck zog er den Ochsenkarren nach rechts. Die Deichseln unserer Räder schlugen krachend aufeinander, Funken stoben, und das Wagengebälk ächzte. Onkel Schoffo wurde an seinem Sitz auf dem Kutschbock festgebunden. Dann setzten wir zum Entern an. Im gleichen Moment gab es ein splitterndes Donnern, und die Wagen rasten beide nach rechts in die Böschung. Kohlraabs Vorderachse war gebrochen, und er riss uns mit ins Verderben.
Es gab einen krachenden, klatschenden Aufprall, wir flogen meterweit, und dann umgab uns weiche, kalte Soße. Wir waren im Gülleteich des Dorfes gelandet.
Die meisten von unserem Clan tauchten nach ein paar Sekunden wieder auf, Onkel Schoffo aber blieb verschwunden. Kein Wunder – er war ja auch auf dem Kutschbock festgezurrt. Aber wo lag der Wagen nun genau? In einem Gülleteich kann man nichts sehen. Bappa war an Land gekrochen, das Gewicht seiner Beine war beim Schwimmen hinderlich. Dort stand er wie ein Dirigent und gab uns mit den Armen fuchtelnd Anweisungen, wo seiner Meinung nach der Wagen läge. Hinter ihm standen die Kohlraabs und äfften in gehässiger Manier seine Bewegungen nach. Sie merkten gar nicht, dass sie sich lächerlich machten, wenn sie mit so einem außergewöhnlichen Erotikum wie Bappa wetteifern wollten. Während sie wie graue Enten wirkten, hatte Bappa etwas von einem balzenden Schwan, und wir Söhne betrachteten ihn stolz. Fast keiner tauchte mehr, wir alle starrten Bappa mit offenen Mündern an. Das muss ihn beflügelt haben, denn er tänzelte wie eine Primaballerina am Ufer entlang, die Arme gespreizt, den Hals gereckt, ab und zu zeigte er auf eine beliebige Stelle im Tümpel und hauchte «…Da!…» Aber das war eher ein Alibiausruf, um die Kohlraabs nicht merken zu lassen, wie egal ihm der Onkel längst war. Die verdammten Aasgeier lagen hinter ihm auf dem Boden und johlten, sie mussten sich wohl einen ihrer primitiven Witze erzählt haben, so mutmaßte ich. Aus den Augenwinkeln und eher nebenbei registrierte ich, dass Schoffo aufgetaucht war, er hatte sich wohl selber befreit und kroch schwerfällig an Land.
Irgendwann wurde uns allen kalt – es war schließlich Winter–, und wir stiegen aus der Gülle. Das halbe Dorf hatte sich versammelt, und man lachte und zeigte mal wieder auf uns. Wir fühlten uns sehr geschmeichelt und lachten und zeigten vergnügt zurück. So eine Dorfgemeinschaft ist etwas sehr Schönes. Dann zockelten wir glücklich nach Hause, es war ein denkwürdiger Ausflug gewesen.
Ein paar Jahre waren vergangen, und wir hatten uns alle sehr verändert.
Wir waren ständig alle vollgepumpt mit irgendwelchen Drogen. Am härtesten war Bappa drauf. Er war oft derart zugeknallt, dass er einfach umkippte und wegsedierte. Das bedeutete für uns, dass wir noch mehr Kohle ranschaffen mussten, um das ganze verdammte Koksain zu besorgen, das wir verballerten. Wir gingen alle auf den Straßenstrich. Gleich hinter Saleika war der längste Ochsenkarrenstrich der Welt. Dort standen wir Tage und Nächte. Ich, meine kleinen stämmigen Brüder und Mamutschka. Der verdammte Bappa lag im Loch. Onkel Schoffo auch. Ab und zu hatten wir das Glück, dass ein Bauer die ganze Familie mitnahm. Dann hielt einer von uns den Arsch hin, und die anderen klauten ihm das Haus leer. Wir versetzten den geklauten Krempel auf dem Schwarzmarkt und kauften uns Koksain. Jeder von uns hatte einen Geheimplatz, an dem er seinen Stoff vor den anderen versteckte. Oft passierte es, dass wir, die Kinder, nach Hause kamen, und Bappa hatte das ganze Loch auf den Kopf gestellt, um unser Zeug zu finden. Das gelang ihm auch manchmal. Jedes Mal, wenn Bappa also so ein Depot von uns geplündert hatte, lag er total dicht in irgendeiner Ecke rum. Dann schlugen wir ihn brutal zusammen, aber das war ihm auch egal. Er sagte immer: «Du kannst alles machen, lass nur niemals deinen Hut auf einem Bett liegen, das bringt Unglück!» Das hatte er sich aus irgendeinem bescheuerten Film abgeguckt.
In den Wänden unseres Loches endeten diverse Maulwurfskanäle. In einem davon hatte ich einen kleinen Plastikbeutel mit ca. fünf Gramm feinstem Koksain versteckt. Das war meine Notreserve für schlechte Tage. Ich war echt süchtig. Ich kam so um zwei Uhr nachts nach Hause, die anderen lagen schon im Loch. Ich hatte einen wahnsinnigen Affen. Das quirlige Tier hörte auf den Namen «Tuto Fuzzi» und kreischte vor Freude, mich wiederzusehen. Der Affe war mir jetzt egal, ich stolperte zum Versteck und griff hinein. Es war leer. Ich bekam einen panischen Schweißausbruch. Mein Hirn rotierte. Ein Wort: BAPPA, ein Gefühl: HASS.
In irgendeiner Ecke entdeckte ich die Ratte. Er war augenscheinlich kollabiert, lag in einer grauen Pfütze. Ich sprang zu ihm hin und riss ihn an den Haaren hoch. Ich schlug ihm die Faust in die Fresse. «Bappa, du mieses Schwein, was hast du mit meinem Stoff gemacht?» Er schielte mich durch seine angeschwollenen Augen an. Er sagte: «Mein Sohn, wir müssen aufhören mit diesem Wahnsinn, wir machen uns ja gegenseitig fertig, lass uns zusammen entziehen!» Ich fing an zu weinen. Wie recht er hatte! Wo hatte uns dieses Teufelszeug bloß hingebracht? Bappa weinte auch, und wir umarmten uns in der Mitte. Wir sanken auf den Boden. Zufrieden schliefen wir ein.
Der Entzug war schrecklich. Wir hatten uns viele Kästen Alkohol und einige Gramm Koksain gekauft, damit die harte Zeit am Anfang nicht so schwerfiel. Wir wollten eine geschlagene Woche in dem verdammten Loch bleiben, bis wir wirklich clean waren. Eigentlich war die Zeit ganz geil. Also, ich meine, der körperliche Entzug war gar nicht so schwer. Wir waren ständig auf Bier, und wenn es hart wurde, dann nahmen wir einfach etwas Koksain, das half gegen das Schlimmste. Wir hatten einen Mordsgaudi, um ehrlich zu sein. So ’n Entzug ist ’ne prima Sache. Wenn man’s richtig macht. Nach einer Woche waren wir durch das Gröbste durch, wir waren clean, aber wir wussten, dass uns das Schwierigste noch bevorstand: der psychische Entzug. Aber der war eigentlich auch kein Problem. Mit dieser wunderbaren Mischung– Bier und Koksain – konnte man einfach alles überstehen, selbst einen Drogenentzug. Als wir mit dem psychischen Entzug fertig waren, fühlte ich mich wunderbar. Unglaublich frisch und energiegeladen. Auch den anderen ging es blendend. Mamutschka packte einen Korb mit Essen zusammen und schrieb auf einen Zettel: «Kommt, meine Söhne, wir wollen wieder anfangen zu arbeiten.» Gutgelaunt zogen wir raus. Es war ein herrlicher Frühlingstag, und wir waren die Ersten auf dem Strich.
Ich weiß noch, früher, also in der Zeit vor Saleika, waren wir eine richtige Räuberfamilie. Wir kommen ja aus dem Slowakischen her, und zwar aus einem kleinen Nest in den Südkarpaten. Ich habe noch viele lebhafte Erinnerungen an diese schöne Zeit. Es war eine Zeit voller Romantik und Abenteuer, mit Räubern und Piraten. Verschiedenste Gerüche konnte man riechen, und Tauben flogen herum. Wir lebten in einer alten Burgruine, und so vermute ich, dass wir von einem alten Raubrittergeschlecht abstammen. Auch unsere Kleidung ließ darauf schließen, denn wir trugen Schnabelschuhe und Samtmützen mit verschiedenen Zipfeln dran. Bappa, unser Anführer, wurde der «Pusztabaron» genannt und hatte einen Brustharnisch umgeschnallt. Ständig machte man voreinander Diener oder schlug sich mit dem eisernen Fehdehandschuh ins Gesicht. Degengefechte waren an der Tagesordnung.
Wenn wir in Geldnot waren, ritten wir einfach von unserem Hügel runter und überfielen irgendein Dorf. Meistens stürmten wir zuerst in den örtlichen Käseladen, und dann gab’s Käse satt. Wir waren alle totale Käsefans. Ich weiß noch genau, wie wir mal wieder in unserer Burg rumhingen und uns langweilten. Wir waren wirklich eine große Familie, und trotzdem konnten wir miteinander nichts anfangen. Ständig gab’s kleine Zankereien, die sofort in brutale Schwertkämpfe übergingen. Irgendwann wurde es Bappa zu viel, und er gab den Befehl, den Esel vor den Karren zu spannen. Er wollte mit uns einen richtig ausgiebigen Raubzug durch mehrere Städte bis hin zur Hohen Tatra und zurück machen. Wir waren begeistert. Bevor wir losfuhren, schlugen wir noch die Katzen tot, denn es war niemand da, der sie hätte füttern können.
Bappa hatte seinen eisernen Brustharnisch angelegt. Mamutschka hatte ihn mit Silberfolie überklebt, damit er glänzte und nach Metall aussah. Bappa setzte sich auf den Kutschbock, und während wir dazustiegen, kratzte er nachdenklich die Folie wieder ab. Mamutschka war meinem Vater schon damals ein Mysterium, sie war der trübe Weiher, in dem er fischte, er konnte sie einfach nicht verstehen. Das ging den meisten bei uns so. An diesem Tag hatte sie sich als Hexe verkleidet, mit einem Buckel und einer langen Pappnase im Gesicht. Warum nur, warum? Das machte doch gar keinen Sinn auf einer Räubertour. Wenn man sie fragte, bekam man keine sinnvolle Antwort, sie kicherte bloß nichtssagend. Wir anderen fanden das total albern und verloren rasch das Interesse.
Als alle auf dem Wagen waren, fuhren wir los. Hoppla heißa ging die Fahrt, und wir sangen schöne Räuberlieder. Etwa wie: «Rauben ist gut, Rauben, das bringt es, wir rauben viel, wenn es geht…» Das machte richtig Stimmung auf unserem Karren. Der erstbeste Reisende, der uns über den Weg lief, wurde erst mal gründlich ausgeraubt: Das war irgendein Edelmann aus Castrop-Rauxel, der mit seinem Benz eine Reifenpanne hatte. Nachdem wir ihm sein Geld und seine Turnschuhe weggenommen hatten, banden wir ihn an einen Baum. Um ihn zu demütigen, spielten wir Indianer mit ihm und beschossen ihn mit Saugpfeilen. Er war so wütend, dass er schrie und spuckte, aber wir machten nur Nachäffgeräusche und hüpften um ihn rum. Das brachte uns total Spaß. Irgendwann wurde uns langweilig, und wir hauten ab, ohne uns zu verabschieden.
Jetzt ging es in Richtung des ersten Dorfes, das wir einnehmen wollten. Das war ein Kaff mit Namen Filakovo, schon fast im Ungarischen. Wir fuhren mit dem Karren in den Ortskern und sahen uns um. Bald entdeckten wir einen Käseladen, und von da an waren wir nicht mehr zu halten.
Schreiend stürmten wir hinein und fesselten den Besitzer. Dann stopften wir uns mit Tilsiter voll, bis aber nichts mehr reinging. Der Tilsiter, den wir nicht mehr essen konnten, wurde auf den Karren geladen. Dann durfte jeder von uns dem Käseverkäufer in den Hintern treten, das brachte eine Mordsgaudi. Zufrieden und satt verließen wir den Laden. Es wurde Zeit, sich ein wenig im Ort umzusehen.
Filakovo war eine kleine Arbeiterstadt, es gab hier so gut wie nichts zu holen, in den Läden herrschte totale Ebbe. Wir waren schwer enttäuscht. Immerhin hatte man hier schon geteerte Straßen, witzelte einer meiner Brüder. Schließlich kam ein Polizist des Weges, und um die Stimmung ein wenig zu heben, beschloss Bappa, ihn zum Schwertkampf herauszufordern. Er zog sein Breitschwert und ging auf den Schutzmann los. Aber der rannte schreiend weg, das war eine weitere herbe Enttäuschung für uns. In einem kurzen Plenum beschlossen wir, nach einem Ort zu suchen, der mehr zu bieten hatte. Bappa berichtete von einem kleinen Fleckchen namens Nimzy, das ein wenig weiter nördlich in Richtung der Tatra lag, dort würden die slowakischen Politkader oft Urlaub machen, es gäbe dort alles im Überfluss. Das baute uns wieder auf, und wir freuten uns auf unser neues Ziel. Nimzy.
Wir fuhren auf der Stelle ab und verließen Filakovo durch einen Seitenweg, um eventuelle Verfolger abzuschütteln. Bappa lenkte den Eselskarren zwar langsam, aber im unberechenbaren Zickzackkurs über die Straße, so konnten uns auch Scharfschützen nicht treffen. Wir hatten einiges an tschechischem Pilsener geladen, um die Stimmung trotz des Fehlstarts zu heben. Funktionierte einwandfrei. Ein Motorrad, das uns entgegenkam, wurde angehalten und der Fahrer ordentlich verkloppt. Dann schnallten wir das Motorrad neben dem Esel vor den Karren, einer hat sich draufgesetzt und Gas gegeben, um dem Esel zu helfen. Da ist der Karren dann dem Esel voll von hinten in die Fersen gefahren. Der Esel hat erst wie blöd ausgeschlagen und wollte danach keinen Schritt weitergehen. Schließlich haben wir ein Lager hinter dem Knick aufgeschlagen und das Portemonnaiespiel gespielt. Vorne auf der Straße lagen ein Portemonnaie und ein paar Münzen, das Ganze an einem Band befestigt. Irgendwann kam ein wandernder Zimmermann vorbei, der bückte sich, um das Ding aufzuheben, und als wir es wegzogen, ist er auch noch hinterhergelaufen. Da hat er aber erst mal eine runtergekriegt. Na ja, es wurde doch noch ein schöner Abend, und alles klar.
Am nächsten Tag sind wir dann richtig losgefahren Richtung Nimzy. Die Reise über haben wir uns ziemlich zurückgehalten, um keine Spuren zu hinterlassen, ernährt haben wir uns von unseren großen Käsevorräten.
Nach drei Tagen kamen wir in Nimzy an. Es war tatsächlich ein herrliches, pittoreskes Örtchen mit einigen alten Gutshäusern und einem wunderschönen See, an dem große Badehäuser standen. Ein paar Nobelwagen standen an den Straßen herum. Wir fuhren ins Zentrum, dort gab es eine nette kleine Einkaufspassage und zwei Restaurants. Zuerst wollten wir die örtliche Polizeiwache aufsuchen, um sie zu annektieren, aber wir fanden keine. Erstaunlich, so viel Reichtum und gar keine Schutzinstanzen dafür. Umso besser. Wir kehrten in die Einkaufspassage zurück, schnallten unsere Waffen um und fielen schreiend in die Geschäfte ein. Wir schafften alles weg, was wir tragen konnten. Wer sich uns in den Weg stellte, bekam ein Ohrfeigenkonzert der Spitzenklasse zu hören. Nachdem wir die gesamte Einkaufszeile verwüstet hatten, stürmten wir brüllend in Richtung des Sees und der Villen. Die Erste, die wir erreichten, war eine große Prachtvilla aus dem 19.Jahrhundert mit einem penibel gepflegten Rosengarten davor. Wir schlugen uns mit den Schwertern einen Pfad durch die Rosen wie durch einen Dschungel, den Luxusdschungel der Privilegierten. Die mächtige Eingangstür beschlossen wir, direkt mit einem Bock zu rammen, was sollte das Anklopfen, man würde uns sowieso nicht öffnen. Es wurde ein Baum gefällt und geästet. Mit je vier Familienmitgliedern an jeder Seite brachten wir den Bock in Position und nahmen das Portal. Die Tür barst schon beim ersten Anlauf und gewährte uns freien Eintritt. Drinnen war es wunderschön. Zwar waren viele der ursprünglichen Luxusgegenstände nicht mehr da, aber viele waren noch da. An den Wänden hingen Bilder der Kader in den Rahmen der Ahnen dieses Hauses. Wir schauten uns erst mal kurz um. Als wir entdeckten, dass nichts Essbares zu holen war, erschien uns Vandalismus die angebrachteste Initiative, und wir machten uns eine vergnügliche Stunde durch das Zerhobeln der Inneneinrichtung. Als uns langweilig wurde, beschlossen wir weiterzuziehen.
Ca. hundert Meter weiter begann das nächste große Seegrundstück, in dessen Zentrum eine etwas kleinere schneeweiße Villa stand. Um die entstandene Leere in uns zu überwinden, drehten wir voll auf und stürmten auch dieses Grundstück schreiend. Vor dem klassizistischen Säulenportal stoppten wir kurz ab, um unsere Vorgehensweise zu überdenken. Wir kamen überein, dass es am besten wäre, mit aller Kraft gegen die Tür zu laufen, denn diese schien etwas leichter zu knacken als die letzte. Wie gesagt, so getan, bei der ersten Berührung öffnete sich die Tür fast wie von selber, und wir stolperten ins Innere des Gebäudes. Erneut standen wir in einem Treppensaal, aber dieser war etwas kleiner und schlichter als der letzte, es hingen auch keine Ölgemälde herum, sondern stattdessen Plakate. Beim näheren Hinsehen bemerkten wir, dass es Plakate von «Elektrik Kezy Mezy» und seinem Unterhaltungszirkus «Kurva» waren.
Zu der Zeit war Elektrik Kezy Mezy in der Slowakei der größte Unterhaltungsstar, er fuhr mit einem Zelt und einem großen Tross an Leuten durchs Land und bot den Menschen eine Show der superlativen Grotesken, eingebettet in einem normalen Zirkusprogramm. Er selber trat immer in einem Spezialkostüm auf, das über und über mit kleinen Glühbirnen benäht war, die in bestimmten Showmomenten aufleuchteten. Auch konnte man einen Stromschlag versetzt bekommen, wenn man ihn berührte. Er war ein wirkliches Showass und ein Ausbeuter der Sonderklasse. Alles, was den Voyeurismus des Publikums befriedigte, wurde gezeigt. Von den siamesischen Zwillingen Katja und Nadja, die sich immer stritten, weil sie nie das Gleiche wollten, über ein Kalb mit zwei Köpfen bis hin zu einem Einbeinigenballett, über das sich die Zuschauer fast totlachten. Der Höhepunkt jeder Show aber war immer der Moment, wenn der «Fleischrechner» auf die Bühne gerollt wurde. Dieser Mann war so fett, dass er nicht mehr alleine gehen konnte, sein Gesicht derart aufgeschwemmt, dass keine Augen mehr zu erkennen waren. Aber dafür hatte er eine herausragende Fähigkeit: Er war ein unschlagbarer Kopfrechner. Sobald ihm irgendjemand aus dem Publikum eine Rechenaufgabe zurief, dauerte es nie länger als zehn Minuten, und er spuckte das Ergebnis aus. Der Fleischrechner wurde auf einer Art fahrbarem Diwan durchs Zelt gerollt, sodass man seine gigantischen liegenden Massen aus der Nähe bewundern durfte.
Und nun standen wir vor diesen Showplakaten, die uns vermuten ließen, dass wir gerade in Kezy Mezys Villa standen. Wir waren begeistert und hofften, bei der nachfolgenden Inspektion des Hauses den Star persönlich anzutreffen. Wir fingen an, das gesamte Anwesen auf den Kopf zu stellen. Zu einem ersten Erfolgserlebnis gelangten wir beim Öffnen der Speisekammer, denn diese offenbarte uns ein kleines, gutsortiertes Schlemmerparadies. Überdies konnten wir darauf schließen, dass die Bewohner anwesend sein mussten, denn die Vorräte waren frisch wie Bolle. Wir legten also erst mal ein kleines Picknick ein und aßen die vorgefundenen Käsevorräte auf. Gestärkt machten wir uns erneut auf die Suche. Das ganze Haus machte einen belebten Eindruck, selbst die Betten waren frisch bezogen, aber nicht gemacht. Schließlich gab einer meiner spanischen Brüder aus dem Keller Alarm, und der Rest von uns stürmte herunter. Doch da war nichts zu entdecken bis auf eine schwere, verschlossene Holztür. Da der Gang für einen Rammbock zu kurz war, besorgten wir kurzerhand ein Beil, und Bappa fing an, das Schloss zu zerhacken. Nach ein paar Minuten gab es nach, und wir öffneten die Tür. In dem dahinterliegenden Raum war es stockfinster, es gab auch keine Lichtschalter. Ich rannte los, um Kerzen zu suchen, konnte aber keine finden. Schließlich bastelten wir aus einem Tischbein und einem Laken eine Fackel und zündeten sie an. Bappa schickte Mamutschka mit der Fackel voran. Sie hatte immer noch das dämliche Hexenkostüm an, und mit dieser Fackel sah sie ziemlich grotesk aus. Langsam stapfte sie in den Raum und leuchtete in das Dunkel. Wir hatten uns alle schwer bewaffnet, mit Knüppeln und Holzpflöcken, falls es hier unten Zombies oder Gools oder vielleicht sogar Alraunen geben sollte. Alraunen kriegt man ja nur mit geweihtem Eselsdreck tot, aber mit Knüppeln könnte man sie immerhin vertreiben. Auf einmal flog etwas durch die Luft, und die Fackel ging aus. Wir waren starr vor Schreck, doch dann flammte ein helles Licht auf, und vor uns stand gleißend «Elektrik Kezy Mezy» in vollem Kostüm.
Er schrie mit rollendem rr: «Zurrrück, Eindrringlinge, ich bin Elektrik Kezy Mezy, und ich bin mit Strrom geladen, wenn ihrr mich berrrührt, werdet ihr bei lebendigem Leibe