Riskante Sehnsucht - Dirk Schröder - E-Book

Riskante Sehnsucht E-Book

Dirk Schröder

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Beschreibung

Viele Männer suchen Orientierung. Dirk Schröder hilft ihnen dabei, ihre Berufung zu finden und neue Perspektiven zu entwickeln. Seine Spezialität ist "Sail & Coach": eine Woche Segeln - mit zehn Männern auf einer Yacht im Mittelmeer. Der "Männer-Coach" nimmt Sie mit auf einen solchen Törn und beschreibt lebendig die Teilnehmer und ihre Fragen. Dabei geht er auf wichtige Themen wie Selbstbild, Motivation, Träume und Ziele ein - jeweils mit Tipps zur praktischen Umsetzung. Hier finden Männer die ersehnte Orientierung und Ermutigung.

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Seitenzahl: 328

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Der SCM Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7375-9 (E-Book) ISBN 978-3-7751-5788-9 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

Dieser Titel erschien zuvor mit der ISBN 978-3-7751-5569-4. 1. Auflage 2017 (2. Gesamtauflage)

© der deutschen Ausgabe 2014 SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co. KG ∙ 71088 Holzgerlingen Internet: www.scm-verlag.de ∙ E-Mail: [email protected]

Umschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, Weil im Schönbuch

Titelbild: Axel Nickolaus, www.axelnickolaus.de

Bilder im Innenteil: Axel Nickolaus, (S. 12, 36, 56, 74, 86, 110, 248, 270); Daniel Hiltebrand (S. 18); Christoph Leu (S. 100); Svend Kaiser (S. 124); Matthias Grimm (S. 142); Axel Rohne (S. 164, 228); Chris Keller (S. 184); Frank Simon (S. 206);Autorenbild: Steven Haberland, www.stevenhaberland.de Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Meiner größten Liebe und Inspiration –

meiner wunderbaren Frau Kirstin.

»Mit Dir würde ich immer wieder durchbrennen!«

Meinen wunderbaren Kindern Marvin, Micha und Marie

in tiefer Liebe, Dankbarkeit und mit einem Herzen

voll Begeisterung und väterlichem Stolz.

Es gibt für mich nichts Schöneres auf Erden

als meine Ehe und Familie.

INHALT

Danksagung

Wozu »Der Männer-Coach«?

1. Willkommen an Bord

2. Wer bist du?

Leo

Der General

Übung 1: Welches Schiff bist du?

Übung 2: Rund ums Schiff

Identität

Worüber definieren Sie sich?

3. Meine Geschichte

Der Skipper stellt sich vor

Die Geschichten von Pascal, Jan und Frank

Übung 3: Wer bin ich?

4. Das Boot kennenlernen

Unsere schöne Jacht

Was ist das Wichtigste an einem Segelboot?

Übung 4: Die Teile des Schiffs und ich

Tom und die Sicherheitseinweisung

Urs und die Sicherheit

Olivers Verlust

Clemens, der Arzt

Übung 5: Wer oder was hat Einfluss auf mein Leben?

5. Das Logbuch – Standort und Navigation

Auf Grund gefahren

Standortbestimmung

Alexander gibt nicht auf

Mein Platz in der großen Geschichte

Übung 6: Meine Lebenskurve

6. Die Weite des Meeres – Sehnsucht, Leidenschaft und Berufung

Lebensträume

Das MännerCamp

Der authentische Schwung

Die falsche Rolle

Sehnsucht – der Geruch des Meeres

Übung 7: Was macht mich lebendig?

7. Das Leck im Rumpf – die Wunde

Urs und seine Wunde

Die große Enttäuschung

Übung 8: Wo liegt meine Wunde?

8. Der Wind im Segel – Motivation

Voll motiviert?

Grundlagen einer gesunden Entwicklung

Übung 9: Beim Vorstellungsgespräch

9. Das Ziel der Reise – Lebensziele, Visionen, Träume

»Du bist der Steuermann!«

Im Hamsterrad ist kein Raum für Träume

Gibt es für mein Leben einen anderen Traum?

Den eigenen Träumen Raum lassen

Lebensbereiche und Prioritäten

Das Ziel – die Vision wird konkret

Übung 10: Visionsentwicklung

Übung 11: Aktionsschritte: Die drei Ms

10. Das Meer und die Stürme – Risiko und Herausforderung

Urs und seine besondere Herausforderung

Zwei Fragen, die jeder Junge im Herzen trägt

Die Stärke eines Mannes

Verantwortung übernehmen und Schuld zugeben können

Keine Angst vor dem Sturm

Alles eine Frage des Vertrauens

Auf unserer männlichen Reise brauchen wir Risiko

Übung 12: Herausforderungen annehmen

11. Die Reise – Training und Wachstum

Urs braucht Veränderung

Eine Berufung reift heran

Der wohlwollende Vater

Es geht an unsere Grenzen

Wie reagieren wir auf Krisen?

Chris und die Diamanten

Kann ich als Erwachsener ein Lernender sein?

Übung 13: Was wird bei mir trainiert?

12. Das Skipper-Team – Ehe und Partnerschaft

Sekretärin, Prinzessin oder Königin?

Bringst du deine Frau zum Strahlen?

Stärke ruft Schönheit hervor

Das Abenteuer, die Schlacht und die Prinzessin

Leo und Sandra

Übung 14: Die Übung für den mutigen Mann: Rückmeldung der Frau Ihres Lebens

Übung 15: Welchen Traum haben Sie für Ihre Ehe?

13. Der Kapitän – Vaterschaft

Leistung und Wettbewerb

Anerkennung und Vertrauen

Sein Umfeld fruchtbar machen

Ermutigung ist Wertschätzung

Wie ermutige ich?

Übung 16: Bin ich ein Ermutiger?

Der Segen des Vaters

Gut reden – wie begegne ich meinem Kind?

Übung 17: Vaterschaft erleben

14. Der Landgang – mit Gott unterwegs

Freundschaft mit Gott

Die neue Identität

Mein Freund Uwe

Nach Hause kommen

Ihr Gottesbild

Eine Frage des Vertrauens

Falsche Identität

Der Name eines Mannes

Übung 18: Zeit mit Gott, dem Vater

15. Die Crew – Freunde, Gefährten und Wegbegleiter

Hast du einen echten Freund?

Das Geheimnis einer Freundschaft

Herausforderungen in einer Freundschaft

Wie baue ich eine Freundschaft praktisch auf?

Sind wir selbst ein guter Freund für andere?

Übung 19: Freundschaften pflegen

Freunde fördern sich durch Korrektur

Übung 20: Mut zu ehrlichen Worten

16. Kielwasser – der dankbare Blick zurück

Ein letztes Mal anlegen

Schatzsuche

Der zufriedene Fischer

Gut für sich selbst sorgen

Übung 21: Auftanken

Was ist Ihnen wichtig?

Übung 22: Dankbarkeit

»Bleib auf Kurs!«

Wie geht es weiter?

Stimmen von Mitseglern

Anmerkungen

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Danksagung

Ich danke meinen Eltern, die mit mir tapfer durch Freud und Leid gegangen sind und immer hinter mir standen. Michael Garbe war der Mann, der mir eine Tür gezeigt hat, die mein Leben komplett verändert hat. Seine Eltern Friederike und Günter Garbe waren es, die uns bei unseren ersten Schritten auf neuem Land und dann über viele Jahre hinweg treu begleitet haben.

Christoph Leu, Adrian Nagel und Ruben Puleo haben mich auf meinem Weg durch Freundschaft, Inspiration und viel Ermutigung begleitet. Ihr habt mir Mut gemacht, an das zu glauben, was in mir ist, und das mutig einzusetzen, damit es sich multipliziert.

Viel Inspiration auf meinem Weg als »Der Männer-Coach« habe ich durch die Bücher und Seminare von John Eldredge bekommen. Ihm und seinem Team von Ransomed Heart, im Besonderen Craig McConnell, der unsere Free-at-heart-MännerCamps in der Schweiz väterlich begleitet hat, gilt mein Dank. Die Freizügigkeit, mit der dieses Team das teilte und weitergab, was Gott ihnen geschenkt wurde, hat mich sehr motiviert und absolut überzeugt.

Mein Dank gilt auch Christian Mörken, der mir als Autor geholfen hat, meine Erlebnisse, Gedanken und Geschichten in der Form dieses Buches zu Papier zu bringen. Er hat sich sogar auf das Abenteuer eines Segeltörns mit mir eingelassen, um das, was wir schreiben, einmal wirklich erlebt zu haben. Respekt!

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Wozu »Der Männer-Coach«?

Das Männerbild ist diffus geworden. Die Erwartungen, denen sich Männer heute gegenübersehen, ergeben kein eindeutiges Rollenbild mehr. Frauen haben die letzten vier Jahrzehnte dazu genutzt, ihre Rolle in der Gesellschaft neu zu definieren. Die Hausfrau und Mutter, die morgens ihrem Mann den Aktenkoffer reichte und ihm mit einem Kuss einen schönen Tag im Büro wünschte, ist weitgehend Geschichte. Ihr Leben dreht sich längst nicht mehr um die Versorgung von Haushalt, Ehemann und Kindern. Heute suchen Frauen oft genauso Erfüllung in Beruf und Karriere wie Männer.

Die Rolle von Männern hingegen wurde nicht neu definiert. Waren sie über Jahrhunderte vor allem Versorger, Oberhaupt der Familie und Vater, lautet die Stellenbeschreibung »Mann« heute: Einfühlsam, aber auch stark. Unabhängig, aber auch bindungsfähig. Beruflich erfolgreich, aber auch bereit, sich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Er soll gleichzeitig Heimwerker und modisch gepflegt sein. Für viele Männer steht am Ende das Bild eines Richard Löwenherz, der Elternzeit nimmt und nach dem Abendessen abwäscht. Eine Situation, die viele Männer überfordert.

Doch Mann wäre nicht Mann, wenn er nicht glaubte, das allein hinzubekommen. Wenn »Mann« ein Problem hat, dann löst er das natürlich selbst. Baron Münchhausen hat sich schließlich auch an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Männer brauchen folglich keinen Coach. Nur: So mancher, der oberhalb der Wasseroberfläche noch auf klarem Kurs unterwegs zu sein scheint, steuert unter Wasser bereits auf das Riff oder die Sandbank zu. Plötzlich ist der Job weg, die Frau hat einen anderen, der Arzt diagnostiziert eine schwere Krankheit oder das Burn-out steht vor der Tür. An wen wendet Mann sich dann?

Gerade Männern in Verantwortung fehlt dann ein Gegenüber. Sie müssen immer stark sein, dürfen keine Schwäche zeigen im täglichen Konkurrenz- und Überlebenskampf. Das kann nicht nur einsam machen, sondern auch krank. Zudem hängen Männer ihren Wert oft an das, was sie leisten. Doch wer bin ich, wenn ich nicht mehr leisten kann oder will? Hier braucht es eine speziell auf Männer abgestimmte Ansprache, wie mir meine Zeit als Ausbildungsleiter in der Schweiz schon früh verdeutlichte. Und da liegt der besondere Unterschied im Coaching für Männer und Frauen. Männer müssen anders abgeholt werden. Genau hier setzt meine Arbeit als der Männer-Coach an. Es liegt mir am Herzen, Männern zu zeigen, dass es ein Zeichen »Wer ein erfülltes Leben sucht, hat keine Wahl, als zu fragen, was sich durch ihn erfüllen soll.« (»Der Klang« – Martin Schleske) von Stärke ist, nicht allein durch Herausforderungen zu gehen, sondern sich Unterstützung zu holen. Als Coach bin ich weniger Therapeut, sondern vielmehr Trainer. Und kein Mann würde bestreiten, dass die beste Fußballmannschaft auch den besten Trainer braucht, der das Beste aus den Spielern hervorbringt. Dabei fällt es mir sehr leicht, Männern in Verantwortung auf Augenhöhe zu begegnen, sie zu ermutigen, herauszufordern und sie zielgerichtet zu fördern. Coaching ist eine sehr effektive Burn-out-Prophylaxe. Rechtzeitige Kurskorrekturen und das Erfassen der Großwetterlage eines Mannes können ihn davor bewahren, in den Sturm zu segeln oder auf ein Riff zu laufen.

Ich möchte das hervorbringen, was jedem Mann als sein ureigenes Talent mitgegeben wurde. Gemeinsam mit den Männern möchte ich ihre Bestimmung entdecken und sie ermutigen, sich auf den Weg zu machen, um das Leben zu leben, nach dem sie sich sehnen und für das sie geschaffen wurden.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

1. WILLKOMMEN AN BORD

Stahlblau überzieht der Himmel das Meer, in seiner Mitte die gleißende Sonne. Wie eine flammende Silberscheibe steht sie am höchsten Punkt und taucht alles in ein fast unwirkliches Licht. Ihre Strahlen scheinen auf dem Wasser zu tanzen wie kleine Perlen. Der seichte Sommerwind weht herüber und bläht die weißen Segel der Jacht auf. Elegant pflügt sie durch das türkisblaue Meer, die weiße Gischt vor sich herschiebend. Ich stehe vorn im Bug und schaue auf das Meer. Ich sehe die Jacht durch die Wellen schneiden. Ein Team von Männern, das ich zusammengestellt, während der letzten Tage geformt und angeleitet habe, steuert diese Jacht. Sie machen das mit großer Freude. Es ist eine großartige Gemeinschaft. Leben pur – Abenteuer und Leidenschaft. Ich spüre den Wind im Haar und blicke in Richtung des scheinbar endlosen Horizonts. Der warme Wind bläht mein Hemd auf und der Geruch des Meeres steigt mir in die Nase. Ich bin in meinem Element. Frei, erfüllt, glücklich. Genau hier möchte ich sein.

Ich bin am Meer aufgewachsen. Schon immer war ich begeistert von Wind, Wasser und Wellen. Vor 20 Jahren dann, als ich gerade ein Leiter-Seminar in Schottland absolvierte, passierte es: Ich ging allein am Strand spazieren und hatte plötzlich den Eindruck, dass Gott mich aufforderte, ja mich geradezu herausforderte, mit dem Segeln anzufangen. Er wollte mir seine Prinzipien und Wahrheiten durch das Segeln vermitteln. Kaum zurück in Deutschland, begann ich meine ersten Segelscheine zu machen. Zunächst segelte ich auf der Ostsee mit Freunden. Es machte Spaß. Doch wir merkten, dass etwas fehlt – Input und Tiefgang. Gemeinsam mit meinem Freund Christoph Leu entwickelte ich so die »Männer-in-Verantwortung«-Törns, eine Mischung aus Abenteuer, Erholung, Input und Herausforderung. Zunächst begannen wir auf der Ostsee, dann Holland – schlussendlich entdeckte ich das Mittelmeer für mich. Seit mehr als zehn Jahren segele ich nun regelmäßig mit Männern. Mich begeistert es, wenn Männer sich auf ein Abenteuer einlassen, sich neuen Herausforderungen stellen und den Mut haben, sich auf eine unbekannte Crew aus anderen Männern einzulassen. Oft wurde ich gefragt, ob ich auch Frauen auf so einen Törn mitnehmen würde. Darauf ein klares: »Nein«. Männer verhalten sich oft anders, wenn Frauen dabei sind. Das möchte ich vermeiden. Mein Ziel ist es, mit echten Männern in einem entspannten und abenteuerlichen Umfeld unterwegs zu sein, in dem sie ganz sie selbst sein können.

In kürzester Zeit entsteht in dieser Gemeinschaft eine tolle Atmosphäre in großer Vertrautheit. So schaffen die Törns einen Raum für echte Gemeinschaft, Abenteuer und auch Gott zu erleben. Genau das liebe ich. Ich möchte Männer ermutigen und herausfordern, führen und anleiten. Das ist meine Leidenschaft – gemeinsam mit echten Männern unterwegs zu sein.

Ich wünsche mir, dass Sie sich auf diese Reise einlassen und in der einen oder anderen Lebensgeschichte in diesem Buch – die auf realen Erfahrungen basieren, allerdings etwas verfremdet wurden – wiederfinden. Ich habe bewusst prägnante Geschichten der Männer ausgewählt, mit denen ich unterwegs war. Viele Männer, die mit mir auf See waren, finden Sie auf meiner Homepage www.DerMaennerCoach.de unter den Segelreferenzen bei Sail & Coach. Dort bekommen Sie auch in der Galerie einen schönen Eindruck von den Segelrevieren, in denen wir unterwegs sind. Ich persönlich liebe es, reale Gesichter der Handelnden und echte Fotos der Umgebung zu sehen.

Ich möchte Sie in Ihrer aktuellen Lebenssituation abholen und mit auf die Reise nehmen. Dabei kommt ein wichtiger Erfahrungswert aus meiner Arbeit als Männer-Coach ins Spiel: Für Männer muss es praktisch, erlebbar und inspirierend werden. Wenn es dabei kurzweilig zugeht und richtig Spaß macht, sind Männerherzen zu begeistern. Deshalb liebe ich es, mit Männern auf einem Segeltörn zu arbeiten. Damit auch die Lektüre des Buches wirklich konkret wird, habe ich praktische Anwendungen eingebaut, die sich thematisch etwa daran orientieren, wie ich auch die Segelwoche inhaltlich gestalte. Dieses Buch ist deshalb nicht zum schnellen Durchlesen gedacht.

So, nun lade ich Sie ein, mit anderen Männern und mir als Skipper ein Abenteuer zu erleben. Vielleicht wissen Sie noch nicht, wohin die Reise gehen soll? Vielleicht zögern Sie noch, ob Sie wirklich mitkommen wollen? Schließlich wissen Sie nicht, worauf Sie sich einlassen. Genauso geht es den Männern, die sich bei mir für ihren ersten Törn anmelden. Oder Sie fragen sich, was Ihnen passieren könnte? Letzteres kann ich Ihnen leicht beantworten: Es könnte sein, dass Sie mehr über sich erfahren und dabei Ihre wahre Bestimmung im Leben und neue Leidenschaften entdecken. Es ist möglich, dass Sie sich am Ende beruflich neu orientieren möchten oder einiges an Ihrem Privatleben verändern wollen. Vielleicht entdecken Sie auf der Reise aber auch ganz andere Seiten an sich, unbekannte Talente und neue Interessen oder schließen echte Männerfreundschaften? Es könnte auch passieren, dass Ihr Herz endlich wieder richtig durchatmen kann und Sie ein großes Maß an Freiheit verspüren. Wenn Sie also bereit sind, etwas zu erleben, sich weiterzuentwickeln und Herausforderungen zu stellen, freue ich mich, Sie als Teil der Mannschaft auf unserer Jacht im Mittelmeer zu begrüßen. Für fast alle Männer an Bord ist es das erste Mal, dass Sie einen Schritt vom Festland auf das Deck einer Segeljacht setzen. Vom festen Boden auf ein schwankendes Boot. Ein Schritt ins Ungewisse – ins Abenteuer.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

2. WER BIST DU?

Leo

Leo steht am Kai. Er hat seinen Seesack schon an Bord gebracht. Die anderen Männer richten sich noch in den Kojen ein. Leo wollte dem Gewusel auf der Jacht noch für ein paar Minuten entgehen. Deshalb ist er an den Kai zurückgekehrt. Er hat seine Hände in den Taschen seiner Hose vergraben und schaut über den Hafen. Schiff an Schiff liegen die weißen Jachten nebeneinander. Wie ein riesiges weißes Tuch, das man auf das ansonsten türkisblaue Meer gelegt hat und das nun mit den sanften Wellen auf- und niederschaukelt. Die Auswahl reicht von kleineren Segeljachten bis zu mehrgeschossigen Motorjachten, auf deren Dach sich große Radarantennen drehen. Der seichte Sommerwind, der vom Meer kommt, sorgt für Abkühlung. Hoch oben am Himmel steht die Sonne wie eine silbern gleißende Kugel, deren Strahlen auf seiner Sonnenbrille reflektieren. Leo atmet tief durch und wippt leicht vor und zurück. Es geht ihm gut – richtig gut. Vor gerade zwei Stunden ist er mit neun anderen Männern in Sardinien gelandet. Kaum hatte er seine Reisetasche vom Gepäckband genommen und durch die großen Fensterscheiben des Flughafens nach draußen gesehen, hatte das Urlaubsgefühl von ihm Besitz ergriffen. Draußen vor dem Flughafengebäude war er zum vereinbarten Treffpunkt gegangen und hatte sich auf den Rand eines Pflanzenkübels gesetzt. Nach und nach hatten sich andere Männer zu ihm gesellt. Man grüßte sich mit einem kurzen Kopfnicken. Hier und dort begannen einige der Männer erste vorsichtige Gespräche. Leo bemerkte das Schweizerdeutsch, das vier der Männer sprachen. Er sah sich um. Da war einer, schmächtig, irgendwo in den Vierzigern, mit blondem, schütterem Haar, er war Lehrer, wie Leo gehört hatte. Er unterhielt sich mit einem ebenfalls eher schmächtigen Mann in den Sechzigern, der sich als Arzt vorgestellt hatte. Dahinter stand ein blonder Wuschelkopf und mit ihm ein kleiner untersetzter Mann mit Bauchansatz. Leo meinte, dass er Frank hieße, war sich aber nicht sicher. Dann waren da noch ein Feinkosthändler und ein Schweizer Lokführer, wie Leo dem Gespräch entnommen hatte. Etwas Abseits der Gruppe stand zudem ein sportlich schlanker Mann mit schwarzem Haar, aber Leo hatte seinen Namen noch nicht gehört. Etwas weiter weg, an eine Säule gelehnt, wartete ein Hüne mit kurz rasiertem Haar. Leo fragte sich unwillkürlich, ob dieser wohl auch zur Gruppe dazugehören würde. Doch bevor Leo diese Frage klären konnte, kam ein schlanker, hochgewachsener Mann mit Dreitagebart und dunklem, lockigem Haar auf die Männer zu. Das musste Dirk Schröder, der Coach und Skipper, sein. Er begrüßte jeden der Männer sehr herzlich mit Namen und es entstand sofort ein Gefühl, als würden sich alle schon lange kennen. Daraufhin packten sie ihre Sachen und fuhren vom Flughafen zum Jachthafen.

Leo muss an Sandra denken, seine Frau. Was sie jetzt wohl macht? Wahrscheinlich holt sie gerade die Jungs von der Schule ab und fährt anschließend Jonas zum Fußball und Lucas zum Schlagzeugunterricht. Sie hat das schon unter Kontrolle. Ganz anders als er. Er ist nicht so der Organisator fürs Kleine. Das war ihm schnell klar. Nach Ausbildung und Studium hat er bei einer großen Bank angefangen. International sollte seine Karriere werden und große Budgets wollte er verwalten. Schnell bekam er das Angebot, ins Ausland zu gehen. Zwei Jahre Schanghai, danach würde er als Teamleiter im internationalen Immobiliengeschäft mitmischen. Für Sandra kam das zum falschen Zeitpunkt. Sie machte gerade ihr praktisches Jahr in der örtlichen Klinik. Noch ein paar Monate und sie wäre Ärztin. Nächtelang sprachen sie darüber. Dann willigte Sandra ein, ihr Studium zu unterbrechen. Leo sagte, dass sie ja nach der Rückkehr aus Schanghai weitermachen könnte. Doch dazu war es nicht mehr gekommen. Drei Monate vor ihrer Rückreise nach Deutschland wurde Sandra schwanger. Es waren Zwillinge. Nach einem weiteren Jahr war Leo Leiter des Immobiliengeschäfts für den Mittleren Osten. Zwei-, dreimal im Monat musste er auf Geschäftsreise. Sandra kümmerte sich derweil um die Kinder. Dann, im Frühjahr dieses Jahres, war es passiert. Sie hatten nach dem Abendessen zu Hause auf der Couch gesessen. Er hatte seinen Arm um sie gelegt und gesagt: »Wir zwei sind schon ein tolles Team. Ich verkaufe diesen Scheichs teure Immobilien und du schmeißt hier unser ›Familienunternehmen‹.« Sandra hatte nur geseufzt. Er fürchtete, dass sie wieder mit der Sache zu ihrem Studium anfangen würde. Seit Jonas und Lucas in die Schule gingen, hatte sie zwei-, dreimal angedeutet, dass sie ihr praktisches Jahr gern wiederholen würde. Sie wollte doch noch Ärztin werden. Sandra war nun 37 und Leo fand das albern. Was wollte sie jetzt noch als Ärztin? Eine Anstellung im Krankenhaus oder in einer Praxis kam ohnehin nicht infrage, weil er viel zu oft unterwegs war. Sie musste sich schließlich um die Kinder kümmern. An eine Promotion war gar nicht zu denken, das sagte er ihr auch so. »Das mit dem Abschluss des Studiums ist doch nur so eine Ego-Geschichte«, hatte er gesagt und ihr dann geraten, doch einmal auf das zu sehen, was sie hatte: einen erfolgreichen Ehemann, wunderbare Kinder, ein Haus, keine finanziellen Sorgen. Sandra war plötzlich aufgestanden und hatte das Wohnzimmer verlassen. Für einen Moment verharrte Leo auf dem Sofa, unsicher, ob er nun hinterherlaufen sollte. Dann beschloss er, die Sache auf sich beruhen zu lassen, und lehnte sich zurück. Als er später ins Schlafzimmer gekommen war, hatte Sandra sich nur zur Seite gedreht und das Licht ausgeknipst.

Wenige Monate später erzählte sie ihm dann von der Sache mit dem Segeltörn auf Sardinien. Eine Woche, nur er und ein paar andere Männer. Leo war begeistert und deutete die Reise als Versöhnungsgeschenk von Sandra an ihn. Klar, er musste einmal ausspannen. Er arbeitete wirklich zu viel. Es würde ihm guttun. Sonne, Wind und Meer. Dazu ein paar Männer, die sicherlich beruflich ebenso erfolgreich waren wie er. Tagsüber ergeben sie sich dem Kampf gegen die Naturgewalten, würden Wind und Wetter trotzen und abends, wenn das Schiff im Hafen lag, würden sie in kleinen Restaurants Meeresfrüchte oder frischen Fisch essen. Welcher Mann träumte nicht davon? Nur eines hatte ihn stutzig gemacht. Sandras seltsamer Blick, als er ins Taxi stieg, um zum Flughafen zu fahren. Es war eine Mischung aus Erleichterung und Erwartung gewesen. Aber er konnte es nicht recht deuten. Doch davon will er sich diesen Moment nicht verderben lassen.

Der General

»Ist es für Sie auch das erste Mal?«, hört er plötzlich eine Stimme von rechts und dreht sich um. Neben ihm steht der große, kräftig gebaute Mann mit kantigen Gesichtszügen. Er ist Leo schon vorhin am Flughafen aufgefallen. Es ist der Hüne mit den kurz rasierten Haaren. Er hält den Blick fest auf die Schiffe vor ihnen gerichtet. Der Mann wirkt auf Leo, als sei er Bodybuilder oder zumindest ein Handwerker, der körperlich schwer arbeiten muss.

»Ja, das erste Mal«, antwortet Leo vorsichtig.

»Ebenso«, sagt der Mann, immer noch ohne Leo anzusehen.

»Alles klar«, sagt Leo und beginnt sich über das Verhalten des Mannes zu wundern. Dann plötzlich dreht dieser sich abrupt um und reicht Leo die Hand: »Ich heiße Gerber!«

»Leo Baumann«, sagt Leo und ergreift die Hand des Mannes. Ein kräftiger Händedruck, wie er bemerkt.

»Sind Sie schon einmal gesegelt?«, fragt Gerber und Leo muss lachen.

»Nein, noch nie. Meine Frau sagt nur manchmal spöttisch, dass das einzige Gewässer, auf dem ich je zur See gefahren bin, die Erfolgswelle ist.«

Gerber verzieht keine Miene.

»Was machen Sie beruflich?«, fragt Gerber mit trockenem Tonfall.

»Immobilien«, antwortet Leo und wendet seinen Blick wieder auf das Wasser. Gerber nickt und Leo meint, etwas wie ein geflüstertes »gut« zu hören.

»Und Sie?«, fragt Leo und wendet sich Gerber wieder zu.

»Bin bei der Armee«, sagt Gerber. Passt, denkt sich Leo und nickt.

»General der Luftwaffe«, schiebt Gerber so teilnahmslos hinterher, als hätte er gerade gesagt: »Leutnant der Versorgung.«

»General?«, fragt Leo ungläubig. Gerber nickt. Leo saugt die Luft hörbar ein. »Das muss … hart sein?«, sagt er vorsichtig. Man hört, dass Leo sich nicht sicher ist, ob er es als Frage oder Feststellung gemeint hat. Gerber reagiert zunächst nicht, und gerade als Leo sich wieder abwendet, sagt Gerber plötzlich: »Sehr einsam!«

Leo weiß nicht, was er sagen soll, und ist deshalb dankbar, als Gerber plötzlich sagt: »Das sind schon sehr schöne Schiffe.«

Leo nickt.

»Sehen Sie das längliche dort drüben? Schnittig, schmal – ich weiß nicht, ich finde, all diese Schiffe scheinen eine Persönlichkeit zu haben.«

Leo ist überrascht ob dieser Einschätzung dieses Mannes, der bis eben überhaupt keine emotionale Reaktion gezeigt hat.

»Nehmen Sie die große Motorjacht dort drüben. Die protzt in jeder Hinsicht. Alles glänzt, viel Chrom, ist irgendwie zu groß. Sie scheint fast zu sagen: Seht mich an, ich bin die größte im Hafen!«

Leo nickt. Sein Blick fällt auf eines der großen Boote vor ihnen.

»Mir gefällt das dort«, sagt er und ist auf die Antwort des Generals gespannt.

»Ein Jollenkreuzer«, sagt der General und nickt anerkennend. »Schön, schnittig, sportlich, pflügt durch das Wasser und hat dennoch einen Anschein von Luxus – passt zu Ihnen.«

Leo ist über den letzten Satz irritiert. Was meint der General mit: »passt zu Ihnen?«.

Aber für einen Moment überlegt er. Es stimmt. Ihm gefällt das sportliche, edle Design der Jacht. Der lang gestreckte, kantige Rumpf in Verbindung mit den edlen Hölzern, die an Deck verbaut sind. Es verleiht dem Schiff das Aussehen eines ehrgeizigen Siegertypen, der es dennoch versteht zu genießen. Genau wie er.

»Welches Schiff ist Ihr Typ?«, fragt Leo und lässt den Blick schweifen.

»Das gibt es hier nicht«, seufzt der General.

»Und was wäre es?«, fragt Leo neugierig.

»Ein Flugzeugträger«, sagt der General, ohne zu zögern.

Passt zu einem General, denkt Leo, aber es wundert ihn auch. Sicher, ein Flugzeugträger verkörpert Stärke, Macht und Dominanz – aber ist das wirklich das, wovon man träumt, wenn man in einem Jachthafen steht?

»Warum ein Flugzeugträger?«, fragt Leo deshalb.

»Es ist das größte militärische Schiff, das es gibt. Gleichzeitig ist es die größte nicht atomare Waffe, die je von Menschen gebaut wurde. Es gibt nur 31 Flugzeugträger weltweit. Wenn ein Flugzeugträger in einer Region auftaucht, dann wissen die Länder rundherum, dass es ernst wird.«

»Bedrohlich«, sagt Leo, ohne den Blick vom Hafenbecken zu wenden.

Doch Gerber fährt fort: »Auf einem Flugzeugträger arbeiten bis zu 6300 Menschen, die sich um bis zu 85 Flugzeuge kümmern. Es gibt nichts Dominanteres auf See als einen Flugzeugträger. Es ist eine Angriffswaffe, aggressiv und schlagkräftig. Zudem ist er eine Basis. Flugzeuge landen und starten auf ihm, machen sich auf, um ihre Missionen zu erfüllen, und kommen zurück. Der Flugzeugträger muss dabei ruhig und sicher im Meer liegen und muss den Flugzeugen helfen, sicher zu starten und zu landen. 24 Stunden, sieben Tage lang. Ein Flugzeugträger schläft nie, immer wird auf ihm gearbeitet.«

»Sie meinen also, dass Sie diese Macht verkörpern?«, fragt Leo vorsichtig.

»Macht und Verantwortung«, antwortet Gerber. »Sehen Sie, die Verfügungsgewalt über alles, was auf einem Flugzeugträger passiert, liegt am Ende auf den Schultern eines Menschen. Dieser Mensch muss die Entscheidungen treffen. Im Einsatz trägt er die Verantwortung für das Leben der Schiffsbesatzung und der Piloten. Ein Mensch, der auf der Brücke eines gigantischen Schiffes, fernab der Heimat, steht und diese Streitmacht allein befehligt. Können Sie sich das vorstellen?«

Leo schweigt. Das kann er sich nicht vorstellen.

Gerber seufzt: »Ich fühle mich oft genauso. Deshalb denke ich, dass der Flugzeugträger zu mir passt. Auf der einen Seite die Macht zu entscheiden, auf der anderen Seite eine riesige Last, eine schier unvorstellbare Verantwortung und große Erwartungen, die man zu erfüllen hat – und niemanden, der einem etwas abnehmen kann.«

Leo nickt.

Wie unterschiedlich sind doch ihre beiden Lebenssituationen. Dort die schnittige, sportliche Jacht, die Ehrgeiz, Erfolg und Luxus verkörpert. Dort der Flugzeugträger, der für Dominanz, Aggressivität, aber auch für ein übermenschliches Maß an Verantwortung steht. Und doch stehen sie beide hier gemeinsam. Neugierig auf das, was sie die nächsten Tage zusammen erleben werden.

ÜBUNG 1: WELCHES SCHIFF BIST DU?

Vielleicht haben auch Sie sich beim Lesen der Geschichte schon gefragt, was Sie in der Situation gesagt hätten? Auf welches Schiff hätten Sie gezeigt? Vielleicht erscheint es Ihnen abstrakt, sich mit einem Schiff zu vergleichen, aber in meiner jahrelangen Arbeit habe ich gemerkt, dass die meisten Menschen sich sehr gut in dieses Bild hineinfühlen können. Dabei ist es nicht wichtig, genau zu wissen, wie die einzelnen Schiffstypen heißen, wie groß sie sind oder wozu sie eingesetzt werden. Nehmen Sie sich einfach ein paar Minuten Zeit. Überlegen Sie, welches Bild vor Ihrem geistigen Auge erscheint, wenn Sie an ein Schiff denken. Überlegen Sie, welche Eigenschaften zu Ihnen passen. Denken Sie dabei sowohl an die positiven als auch an die negativen Eigenschaften, die Ihnen einfallen. Um Ihnen die Überlegung ein wenig zu erleichtern, habe ich ein paar Schiffstypen aufgeführt und sie mit Attributen versehen. Diese dienen nur als Anregung. Fühlen Sie sich dadurch also nicht eingeschränkt, wenn von den Beispielen nichts zu passen scheint. Nehmen Sie sich hierfür bitte ein paar Minuten Zeit. Betrachten Sie alle Bereiche Ihres Lebens. Welches Bild schafft es am besten, Ihre Lebenssituation, ob privat oder beruflich, widerzuspiegeln?

Ein Optimist: Ein kleines Schulungssegelboot. Verspielt, einfach zu lenken. Für stille Gewässer geeignet.

Positiv: Ein Anfänger, verspielt, sorglos, einfach.

Negativ: Traut sich nicht aus der bekannten Umgebung heraus, besitzt wenig Lebenserfahrung, kentert leicht.

Ein Ruderboot: Einfach, unkompliziert, aber mit begrenzter Reichweite, anstrengend zu bewegen.

Positiv: Es geht gemütlich voran, im kleinen Maßstab. Sie genießen die Umgebung und das Schöne im Leben. Sie mögen es einfach und »handgemacht«.

Negativ: Sie mühen sich ab, Sie sitzen allein in Ihrem Boot. Niemand ist da, der Sie beim Rudern einmal ablöst.

Ein Frachtkahn: Langsam, schwerfällig, bewegt sich auf festgelegten Fahrrinnen.

Positiv: Sie sorgen dafür, dass andere versorgt werden. Sie sind zuverlässig, nicht zu schnell und nicht zu langsam. Sie bewegen sich auf ruhigen Gewässern, erfüllen Ihre Pflicht.

Negativ: Sie tragen die Ihnen auferlegten Lasten, beklagen sich nicht.

Ein Containerschiff: Stark, mächtig, eindrucksvoll, dominant, schwer beladen.

Positiv: Sie schaffen viel, leisten mehr als andere. Sie gehören zu den Größten Ihres Fachs. Sie sind weltgewandt.

Negativ: Sie tragen die Lasten anderer, sind überladen, schwerfällig. Durch Ihr Opfer verhelfen Sie anderen zum Wohlstand. Wenn Sie ausfallen, bedeutet das eine Katastrophe für Ihr Umfeld.

Eine Fähre: Bewegt sich verlässlich von A nach B, verlässt kaum die bekannten Routen.

Positiv: Sie haben Ihren Standort gefunden. Leben ein ruhiges Leben. Verlässlichkeit und routiniertes Handeln gehören zu Ihren Stärken.

Negativ: Sie kommen nicht wirklich weiter, pendeln zwischen zwei Punkten im Leben, kommen nicht dazu, Ihre gewohnte Umgebung zu verlassen.

Eine Luxusjacht: Glänzend, schön, teuer, steht für Erfolg und Genuss.

Positiv: Sie werden bewundert, sind etwas Besonderes. Sie stehen für das Teure und Edle. Repräsentieren einen gewissen Luxus. Sie umgeben sich mit Luxus, Marken, Symbolen von Macht und Wohlstand. Sie sind stark und erfolgreich.

Negativ: Sie stehen unter einem erheblichen Druck, Ihren Lebensstandard zu halten, sind zum Erfolg gezwungen. Sie müssen hohe Ansprüche erfüllen. Sie haben Angst davor, die Erwartungen nicht zu meistern oder überholt zu werden.

Ein Kreuzfahrtschiff: Verkörpert einen Traum vieler Menschen, steht für Erholung und Genuss.

Positiv: Sie sind weltgewandt, lieben die schönen Dinge und gehen das Leben eher entspannt an. Sie haben viel erreicht, haben Sicherheiten geschaffen.

Negativ: Ihnen fehlt oft die Tiefe im Leben. Sie fühlen sich nicht selten einsam. Sie haben Angst davor, das Erreichte doch noch zu verlieren. Sie haben Angst vor der Frage, wer Sie sind, wenn Sie das Erreichte nicht mehr haben.

Ein U-Boot: Fährt knapp unter der Wasseroberfläche, wird kaum wahrgenommen, kann sich bei Gefahr verstecken und greift nicht direkt an.

Positiv: Sie besitzen besondere Fähigkeiten, sind bei Ihren Unternehmungen sehr erfolgreich. Sie handeln schlagkräftig.

Negativ: Sie versuchen, nicht aufzufallen, und greifen nur aus der Deckung an. Sie versuchen, unsichtbar zu bleiben, und zeigen Ihre wahren Absichten nicht gern.

Ein Flugzeugträger: Stark, mächtig, dominant, aggressiv, trägt viel Verantwortung.

Positiv: Sie sind dominant, können viel ertragen, haben viel Durchlauf und Verantwortung. Sie sind es gewohnt, mit viel Macht umzugehen.

Negativ: Sie müssen viel ertragen, es werden höchste Ansprüche an Sie gestellt. Ihnen schlägt viel Ablehnung und Kritik entgegen. Sie fühlen sich mit großen Entscheidungen alleingelassen.

Ein Eisbrecher: Stark, geht dorthin, wo sonst keiner hinkommt, bricht sich seinen Weg frei.

Positiv: Sie trauen sich zu, Neuland zu erobern, Schwierigkeiten zu überwinden, Sie sind durchsetzungsstark und ausdauernd.

Negativ: Sie sind meist allein, agieren in einem Umfeld, das andere ablehnen. Sie stellen sich Problemen nicht durch Diskussion, sondern versuchen, Probleme kraft Ihrer Präsenz und Dominanz aus dem Weg zu räumen.

Ein anderes Schiff?

Wenn Sie Ihren Schiffstypen bestimmt haben, machen Sie sich bitte auch Gedanken zu folgenden Fragen:

ÜBUNG 2: RUND UMS SCHIFF

1. Welche Rolle würde ich auf dem Schiff verkörpern? Kapitän, Offizier, Mechaniker, Passagier oder eine ganz andere Rolle?

2. Wer ist mit mir an Bord? Ist es eine große Mannschaft, eine kleine Crew oder sind Sie allein auf Ihrem Schiff?

3. In welchem Verhältnis stehen die anderen Mitfahrer zu mir? Sind es Untergebene, Passagiere oder Führungskräfte über mir? Team oder Konkurrenz? Bedrohung oder Ergänzung?

4. Auf welchem Gewässer sind Sie unterwegs? (Z. B. offenes Meer, See, Fluss, Schleuse oder Trockendock?)

5. Auf welchem Kurs fährt Ihr Schiff? Haben Sie ein Ziel vor Augen? Welches Ziel ist das?

6. Wie ist die Großwetterlage? Sturm, Flaute oder guter Wind?

7. Was wird Ihnen selbst durch diese Metapher von »Ihrem« Schiff bewusst?

Halten Sie noch einen Moment inne. Entsprechen die Beschreibungen dem Bild, das Sie von sich haben? Fühlen Sie sich in Ihrer Lebenssituation gut beschrieben? Wenn ja – sehr gut. Behalten Sie dieses Bild im Hinterkopf und machen Sie sich dabei bitte bewusst, dass Schiffe umgebaut, Gewässer verändert und Kurse neu bestimmt werden können.

Identität

Das zweite Kapitel haben wir mit der Frage begonnen: »Wer bist du?« – nicht ohne Grund, denn unsere Identität ist das Grundgerüst, auf das wir uns in unserem Leben stützen. Die Identität ist das Fundament unseres Lebens. Doch nicht nur wir beeinflussen unsere Identität. Und was noch viel bedeutsamer ist: Unsere Identität kann verändert werden!

An diesem Punkt spiele ich den Männern in meinen Seminaren gern einen Filmausschnitt aus »Les Misérables« vor. Darin geht es um den ehemaligen Strafgefangenen Jean Valjean. 19 Jahre musste er in einem sogenannten Banjo, einem Zuchthaus, zubringen. Und das nur, weil er ein Brot gestohlen hatte und danach mehrfach versuchte auszubrechen. Innerlich verhärtet, kommt er frei und versucht ein neues Leben zu beginnen. Da trifft er auf den Bischof von Digne, einen gütigen Seelsorger, der ihm etwas zu essen und eine Stelle zum Schlafen anbietet. Zuvor hatte Jean den Bischof gewarnt und ihm seinen Pass gezeigt, in dem stand: Der Träger dieses Passes ist sehr gefährlich. Er selbst glaubt, was auf seinem Pass steht, und er verhält sich entsprechend. Obwohl er dem Bischof versprochen hat, sich zu bessern, wandelt er weiterhin in der Identität, die die Gesellschaft ihm gegeben hat, und bleibt ein Dieb. Anstatt also dem Bischof für seine Aufnahme zu danken, bestiehlt Valjean den Bischof und flüchtet aus der Unterkunft. Weit kommt er jedoch nicht. Schon bald nach seiner Flucht wird er von der Gendarmerie aufgegriffen. Die Polizisten meinen, er hätte die wertvollen Dinge in seiner Tasche gestohlen, und bringen ihn zurück zum Bischof. Seine Strafe erwartend, fügt sich Valjean. Doch was dann passiert, wird Valjeans Leben für immer verändern. Anstatt ihn der Gendarmerie zu überlassen, sagt der Bischof, dass er Valjean die Dinge geschenkt hätte, und legt noch nach, indem er Valjean fragt: »Warum haben Sie die wertvollen Leuchter nicht auch mitgenommen?« Valjean traut seinen Ohren nicht.

Als die Gendarmerie gegangen ist, erinnert der Bischof Jean an sein Versprechen, ein neuer Mensch zu werden, und begegnet ihm mit der überwältigenden Gnade Gottes. Dieses Erlebnis hat eine solche Wirkung auf den ehemaligen Sträfling, dass er fortan ein neues Leben führt. Er erreicht in den folgenden Jahren einen bescheidenen Wohlstand und wird ein respektierter Bürger, der es schließlich zum erfolgreichen Fabrikanten und Bürgermeister der kleinen Gemeinde Montreuil bringt. Wie gefestigt Jean in seiner neuen Identität lebt, zeigt eine spätere Szene, in der eine Prostituierte angegriffen wird. Sich seines neuen Lebens gänzlich bewusst, stellt sich Jean schützend vor die Prostituierte und widersteht in voller Autorität seinem Widersacher. Stark und bestimmt weist er diesen in seine Grenzen. Eine mächtige Szene, die zeigt, wie ein Mann in seiner gottgegebenen Autorität läuft und diese für andere Menschen einsetzt.

Diese Geschichte aus einem Roman von Victor Hugo zeigt, wie sehr andere Menschen, neue Lebensumstände und unsere Entscheidungen unsere Identität beeinflussen können. Wie leicht wäre es für den Bischof gewesen, Valjean anzuzeigen. Dieser wäre wieder für viele Jahre ins Gefängnis gewandert und hätte weiterhin das Leben eines Sträflings geführt. Er wäre in seiner Identität geblieben. Doch mit seiner Sicht der Dinge, dass auch Valjean im Grunde ein anständiger Mensch sein könne, hat der Bischof das Leben des Kriminellen in neue Bahnen gelenkt. Er hat ihm dadurch zu einer neuen Identität verholfen, so als hätte der Strafgefangene Valjean einen neuen Pass bekommen, in dem nichts von seinen bisherigen Taten stehen würde. Ein schönes Bild: der neue Pass, der uns eine neue Identität verleiht. Überlegen Sie doch einmal für einen Moment, was in Ihren Pass geschrieben wurde. Macher oder Gemachter? Gestalter oder Opfer? Gewinner oder Verlierer? Worauf ist Ihre Identität gegründet? Oft sind es Autoritätspersonen gewesen, die etwas in unseren Pass geschrieben haben. Eltern, Lehrer, der Chef – oder auch die Ehefrau. Nun stellt sich die Frage: Wer hat eigentlich das Recht dazu, Aussagen über Ihre Identität in Ihren Pass zu schreiben? Wem geben Sie diese Autorität? Wäre es nicht angemessen, dass dies nur Ihr Schöpfer tun darf? Er hat sein Urteil über Ihr Leben gefällt.

Und das heißt: »Sehr gut!«

Worüber definieren Sie sich?

Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie kommen auf ein Fest und beginnen dort ein Gespräch mit einem Menschen, den sie zuvor nicht kannten. Überlegen Sie für einen Moment, was wohl das erste Thema sein wird. In den meisten Fällen geht es zunächst darum, was wir beruflich machen. Das ist es, worüber wir uns definieren.

Vor einigen Jahren warb ein Staubsaugerhersteller mit einem Werbeclip, in dem eine Frau in einem Gespräch mit einem Bankberater angab, sie würde ein »sehr erfolgreiches kleines Familienunternehmen« managen. Das war ihre Definition von »Hausfrau und Mutter«. Sosehr der Spot uns auch zum Schmunzeln brachte, so entlarvend ist er. Er zeigt: Wir definieren uns über unsere Arbeit. Sie steht für das, was wir leisten, und daraus leiten nicht wenige Menschen ihre Identität ab. Man sagt meistens nicht »Ich arbeite als Berater in einer Agentur«, sondern »Ich bin Berater in einer Agentur«. Wir sagen nicht »Ich arbeite als Schreiner«, sondern »Ich bin Schreiner«.

In diesem Kapitel geht es darum, wer wir wirklich, sind. Nicht was wir tun. Denn bestimmt unser Beruf wirklich, wer wir sind? Bei längerem Überlegen würden die meisten Menschen das wahrscheinlich verneinen. Zu viele andere Einflüsse wirken auf unsere Persönlichkeit. Unsere Kindheit, Erfahrungen und Familie, Freunde und Partner prägen uns mindestens so sehr wie unsere Arbeit.

Die gute Nachricht ist: Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sein Leben aktiv zu gestalten und dadurch seine Identität zu entwickeln und positiv zu beeinflussen. Dies kann in kleinenJeder Mensch hat die Möglichkeit, sein Leben aktiv zu gestalten und dadurch seine Identität zu entwickeln und positiv zu beeinflussen. Nuancen geschehen oder sogar in wesentlichen Aspekten. Auf jeden Fall beginnt dies im Kopf. Es wird einen sehr positiven Einfluss auf das weitere Leben haben, wenn nicht mehr andere Menschen oder Umstände für die Dinge verantwortlich gemacht werden, die in unserem Leben geschehen. Aus diesem Grund heißen unsere Segeltörns:

»Männer in Verantwortung«.

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3.MEINE GESCHICHTE

Der Skipper stellt sich vor

Es ist der erste Abend an Bord unserer Jacht, die noch im Hafen von Portisco/Sardinien liegt. Über uns erstreckt sich der schwarzblaue Nachthimmel. Abermillionen Sterne funkeln in der Dunkelheit. Auch wir sind Teil eines Lichtermeeres aus Kerzen und Bordlichtern, die an unserer und den umliegenden Jachten leuchten. Von den Restaurants am Hafen klingt leise Musik zu uns herüber. Nachdem wir gekocht und gegessen haben, sitzen wir in großer Runde auf dem Achterdeck zusammen. Die Atmosphäre ist freundlich, aber abwartend. Während die Männer es sich gemütlich machen, sitzt Leo am Heck und übt Knoten. Es fällt ihm nicht leicht. An diesem Abend geht es darum, dass wir uns kennenlernen. Zu diesem Zweck ermuntere ich die Männer, sich gegenseitig vorzustellen. Ich stelle ihnen zwei Fragen: »Wenn du dich als Schiff beschreiben solltest, welches würdest du wählen?« Die zweite Frage lautet einfach: »Wer bist du?«