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Hans Oberleithner

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Beschreibung

Nur Frauen gebären Kinder, basta! Dieses Dogma beginnt um das Jahr 2084 zu schwanken. Die totale Emanzipation der Frau scheint in Reichweite. Jana, ausgebrannte Archäologiestudentin mit den egoistischen Genen verwegener Ahnen ausgestattet, nutzt den hedonistischen Zeitgeist für ihre bahnbrechenden Ideen. Sie entdeckt das Weib im Manne. Die von ihr gegründete Ex-Utero-Bewegung hebt die Geschlechterrollen auf. Am Ende gebären auch Männer. Doch die anfängliche Begeisterung der Spaßgesellschaft gerät mehr und mehr außer Kontrolle. Aber es wäre nicht die weltgewandte, skrupellose Jana, wenn sie die heraufdämmmernde Niederlage nicht in einen fulminanten Sieg verwandelte.

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Seitenzahl: 125

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Hans Oberleithner

Rollentausch

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Um das Jahr 2084

Jana

Kapab

BP-Kits

All inclusive

Jan & Jana

Paradigmenwechsel

Verwerfungen

Emanzipation

Wunschgene

Woodies

Turbowachstum

Presse

Revolte

Strategiewechsel

BP-Sterben

Male Birth

Aufschwung

Belly Zipper

Anpassung

Zippern

Jack the Zipper

Gewitterwolken

Bim kommt

Weihnachten

Krippenspiel

Babyboom

Salzprise

Salzpariser

Vermarktung

Reflexionen

Jahre später

Nobelpreis

Übrigens

Impressum neobooks

Um das Jahr 2084

Nur Frauen gebären Kinder, basta!

Dieses Dogma scheint plötzlich aus den Fugen zu geraten. Die Gleichheit von Mann und Frau rückt in greifbare Nähe. Jana nützt den hedonistischen Zeitgeist, gebiert eine Idee nach der anderen und kommt damit fast ans Ziel.

Wenn da nicht die kleinen Nickeligkeiten wären!

Jana

Rückblickend war alles Zufall.

Wer hätte gedacht, dass Salz, dieser unschuldige weiße Kristall, der entscheidende Schalter zur totalen Emanzipation sein würde. Dabei fing alles so beiläufig an. Jana besuchte die Abendvorlesung eines Paläografen namens Hal, der mit hoher Fistelstimme – sie erinnert sich noch mit einem gewissen Ekel an die grauen Haarbüschel, die aus seinen riesigen Ohren hervorquollen – über ein Schriftstück aus dem Mittelalter sprach, das angeblich zum ersten Mal Salz als wirksames Aphrodisiakum anpries. Dabei ging es im Wesentlichen um die Kunst der Entschlüsselung dieses handgeschriebenen Textes und weniger oder gar nicht um seinen Inhalt. Salzeinreibungen im Intimbereich des Mannes steigerten die Sinnesfreude, entzifferte Hal mit sichtlicher Befriedigung, dass es ihm gelungen war, die verwaschenen Zeichen auf einem Stück Ziegenhaut, in einen Holzrahmen eingespannt, zu einem sinnigen Ganzen zusammengefügt zu haben. Jana fand diese Vorstellung witzig und noch während der alte Herr mit den grauen Haarbüscheln in den Ohren die einzelnen Zeichen auf dem vergilbten Pergament im Detail analysierte, schickte sie diese amüsante Botschaft per Knopfdruck ins virtuelle Netz an ihre Bekannten, versehen mit dem lasziven Kommentar, es doch auszuprobieren.

Nach einiger Zeit registrierte Jana eine wachsende Zahl von Schwangerschaften unter ihren Freundinnen, die sie anfangs spöttisch, bald aber zunehmend ernsthaft mit ihrem damaligen Kommentar in Zusammenhang brachte. Das kam nicht von ungefähr, denn Jana schmiss nach zwei freudlosen Semestern ihr Archäologiestudium hin und nahm einen Hilfs-Job in einem drittklassigen Institut für Fortpflanzungsmedizin an, in der Hoffnung, mit wenig Arbeit soviel Geld zu verdienen, dass sie in der übrigen Zeit ihrer eigentlichen Leidenschaft, dem Nachspüren der Lebensgewohnheiten von Steinzeitmenschen frönen könne.

Im Wesentlichen beschränkte sich ihr Job im Verteilen kleiner Plastikröhrchen an Männer, deren Samen aus unbekannten Gründen nichts taugten und die diese kleinen Taugenichtse in möglichst großer Zahl unter Zuhilfenahme vulgärer Videos hinter verschlossenen Türen ans Licht brachten und zwecks medizinischer Diagnostik in eben jenen Röhrchen deponierten. Sie hatte sich an das morgendliche Stöhnen aus den Kabinen gewöhnt und sammelte täglich mit professioneller Miene die Röhrchen ein, die – mit milchig trübem Inhalt gefüllt, doch manchmal auch leer – ihr verschämt von den oft erschöpft wirkenden Männern ausgehändigt wurden. Da sich dieses Ritual zuweilen über viele Stunden hinzog, weil so mancher samenschwache Mann von soft auf hard PornoVideos wechseln musste, um ein einigermaßen brauchbares Ergebnis zu erzielen, blieb Jana viel Zeit zum Nachdenken.

Da, eines Tages, als sie wieder einmal bis in den späten Vormittag warten musste, bis auch das allerletzte Röhrchen bei ihr einlangte, erinnerte sie sich an die Vorlesung des Paläografen mit den behaarten Ohren. Was die heißesten Videos nicht schafften, das könnte doch mit Salz zu schaffen sein, überlegte sie. Wenn Salz müde Männer munter mache, so könnte man diese Erkenntnis aus dem Mittelalter vielleicht auf die Ebene der Samen herunterbrechen. Pars pro toto, dieser Spruch fiel ihr wieder ein, das Spermium ist dasTeil, der Mann dasGanze. Das Spermium ist die verkleinerte Kopie des Mannes, ein männliches Fraktal sozusagen. Mandelbrot kam ihr in den Sinn, jener Mann, der dieses kleinste sich ständig reproduzierende Ganze vor beinahe 100 Jahren als Fraktal bezeichnete, ein Begriff den sie zwar in seiner Bedeutung nie verstanden hatte, der aber ihre Phantasie auf merkwürdige Weise zu beflügeln schien.

Überhaupt verspürte Jana seit jeher eine besondere Vorliebe für Salz. Nicht, in dem Sinne, dass sie davon viel verzehren wollte, sondern eher so etwas wie eine haptische Leidenschaft. Sie liebte es, Salz zwischen ihren Fingern zu spüren und wohl seit Hal‘s denkwürdiger Vorlesung hatte sich eine gewissermaßen erotische Komponente hinzugesellt. Und so, aus diesem abstrusen Gemisch von überliefertem Halbwissen und geheimnisvollem Bauchgefühl entstand in Janas Kopf eine ziemlich naive Theorie, die schließlich die Welt auf den Kopf stellen sollte. So wie im Mittelalter müde Männer durch Salzeinreibungen munter gemacht worden waren, so gelang ihr im stillen Kämmerlein der Durchbruch. Das drittklassige Institut für Fortpflanzungsmedizin, dessen baldige Schließung die Leitung der Universität schon fest beschlossen hatte weil die Erfolgsquoten von in vitro Befruchtungen in eben jenem Institut über Jahre weit unter den Erwartungen lagen, dieses Institut wurde zum weltweiten Mekka für Männer müder Samen.

Das ist aber erst der Anfang einer geradezu atemberaubenden Erfolgsgeschichte.

Jana gelingt mit einer Prise Salz, um es salopp auszudrücken, die zeugungsmüden Samen aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Doch mehr noch. Janas fehlender akademischer Abschluss macht sie frei, nach ihrem Bauchgefühl zu handeln. Jedes Spermium ist ein Treffer und keine noch so versteckte Eizelle ist vor ihm sicher. Salz macht es möglich. Erst viel später entdecken akademisch ausgebildete Experten den zugrundeliegenden Mechanismus. Salz beseitige die schützende Gel-Kappe am Kopf des Spermiums, sodass dieses ungehindert in die Eizelle eindringen könne. Diese Weisheit wird zuerst in Future, dem weltweit einflussreichsten Wissenschaftsjournal publiziert und tritt anschließend ihren Siegeszug durch die Gazetten aller Länder der Erde an.

Kapab

Janas Leidenschaft für Salz hat alle Grenzen gesprengt und der Menschheit ein völlig neues Gesicht verliehen. Die Frau als Gebärende hat nun weltweit ausgedient, zumindest in den aufgeklärten Gesellschaften. Seit wenigen Jahren kann praktisch jeder Mensch sein Kind von der Stunde null an in seinem eigenen Heim nicht nur erschaffen sondern auch heranwachsen sehen, ein riesiger Fortschritt, meint nicht nur Jana. Sie ist eine der ersten, die ein Brüterprodukt, ein BP, wie diese Form des Nachwuchses landläufig bezeichnet wird, in ihrer Villa am See aufgezogen hat.

Nachdem sie mit ihren Salzversuchen Furore gemacht hatte und damit Tür und Tor für die Befruchtung im Reagenzglas öffnete, gab unter dem Druck der großen Konzerne die Politik nach und erlaubte per Gesetz nicht nur jede Art künstlicher Befruchtung sondern auch den ungehinderten Umgang mit dem daraus entstehenden Produkt. Zwar gab es anfangs noch vereinzelt Widerstände von Seiten der Kirchen, doch diese verschwanden rückstandslos wie der Tau in der Morgensonne. Jana witterte ihre Chance, ließ sich das Verfahren der Revitalisierung von Samen durch eine Prise Salz – das genaue Rezept ist nach wie vor der Öffentlichkeit verborgen – patentieren und gründete das Unternehmen Kapab (abgeleitet von Kappen ab, der biologischen Wirkung einer Salzprise auf den Samenkopf). Der Stardesigner Bobo entwarf dazu ein treffendes Logo, das ein dem Manne ähnelndes Spermium in aufrechter Haltung zeigt, mit einem haarlosen Wasserkopf am oberen Ende, der symbolisch eine Wand durchschlägt.

Kapab ist mittlerweile das führende Unternehmen weltweit in Sachen Nachwuchs. Es vertreibt alle möglichen Produkte zur in-vitro Zeugung und Aufzucht von Menschen. Das Angebot ist breitgefächert und berücksichtigt auch Gesellschaftsschichten mit kleinem Geldbeutel. Ein Starter Kit beispielsweise umfasst ein relativ einfaches Zwei-Komponenten-Set bestehend aus einem Mix unterschiedlichster Samen und einer Eizelle. Ähnlich wie beim Bleigießen zu Silvester ist damit die Überraschung vorprogrammiert, was dabei herauskommt, denn der Samenmix enthält Material aus aller Herren Länder. So kann es durchaus sein, dass das daraus entstandene BP zum Beispiel eine unerwartete Hautfarbe hat oder eine ausgeprägte Mongolenfalte.

Für mehr sicherheitsbetonte Menschen wird gegenwärtig das Advanced Kit angeboten, was natürlich bedeutet, dass man tiefer in die Tasche greifen muss. Es ist ein Samenmix aus garantiert nur einer Population (z.B. Irokesen, Älpler, Tuaregs, Inuits) und auch die Eizelle ist mit einer Art Gütesiegel versehen. Den gut betuchten Menschen ist schließlich das High-End Kit vorbehalten. Der Samenmix rekrutiert sich hier ausschließlich aus Nobelpreisträgern, wobei man zwischen den Sparten Naturwissenschaften, Medizin und Literatur wählen kann. Ursprünglich führte Kapab auch Samen von Friedensnobelpreisträgern, doch diese Sparte wurde später wegen mangelnden Nachschubs wieder aufgegeben.

Der eigentlich entscheidende Prozess, der diese Entwicklung begleitete, ist aber in den Köpfen der Menschen abgelaufen. In den Anfängen stand Janas technisch-biologischer Durchbruch im Vordergrund, nämlich die Revitalisierung müder Samen durch eine Prise Salz. Ein wahrer Babyboom war die Folge. Doch peu à peu gewann die Spiellust die Oberhand auf Kosten des Drangs, die ureigenen Gene weiterzugeben. Jana erinnert sich beinahe mit Wehmut an diesen schleichenden Prozess, der letztlich dazu geführt hat, dass sie ihr Geschäftsmodell entsprechend anpassen musste. Die Produktmanager von Kapab haben ihr eindringlich geraten, mehr auf den Spaßfaktor zu setzen und weniger auf die eher dröge Vorstellung, die eigenen Gene pflichtgemäß weiterzugeben. Spaß seien dabei die Überraschungsmomente, welche die Gene fremder Spender im Laufe der kindlichen Entwicklung generierten, im Gegensatz zu den körpereigenen Genen, die wenig Überraschendes böten und ohnehin nur zu meist negativen deja vu Erlebnissen führten.

Dann kommt noch eine entscheidende technische Errungenschaft hinzu, die den Vorgang des Kinderkriegens von Grund auf revolutioniert hat, die Entwicklung zum fertigen Produkt im hauseigenen Brüter. Jana muss schmunzeln wenn sie an die ersten naiven Ansätze denkt, mit denen man an diese Problematik herangegangen war. Es war ihre Idee, und darauf ist sie stolz, dass Menschen ihr Kinder vom Zeitpunkt Null an in den eigenen vier Wänden großziehen können, und zwar nicht zu Lasten der Frau, die sich bislang durch neun lange Monate quälen musste, unter Inkaufnahme massiver Veränderungen ihres Körpers und ihrer Psyche, sondern als munterer Zeitvertreib, ähnlich wie man Fische im Aquarium hält oder Hamster im Käfig. Das war anfänglich schwierig, weil es viele technische und emotionale Hürden zu überwinden gab. Das Problem der Befruchtung im Reagenzglas war ja schon seit langem gelöst, aber die Entwicklung vom Maulbeerkeimling zum ersten Schrei, alles außerhalb der Mutter – besser gesagt außerhalb der Gebärmutter, im Fachjargon Ex-Utero – war noch mit vielen Fragezeichen versehen. Der eigentliche Durchbruch kam durch die Bereitstellung öffentlicher Hallenbäder für die Massenzucht von Feten in fruchtwassergefüllten Schwimmbecken, letztendlich eine weise politische Entscheidung.

Über das letzte Jahrhundert, sinniert Jana, hat man über die Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft nur gefaselt, ohne sichtbare Erfolge. Das Kinderkriegen blieb an den Frauen hängen. Diese Zeiten sind gottseidank vorbei. Mit Schaudern denkt Jana, und mit ihr wahrscheinlich alle aufgeklärten Frauen, an die früheren Mühen des Kinderkriegens. Sie selbst hat ja ihre genetischen Eltern nie gekannt zumal sie von Anfang an in einem Kinderhort aufgewachsen war. Sie nimmt aber an, dass sie das Produkt einer traditionellen Zeugung ist. Fast ekelt ihr bei dieser Vorstellung. Noch in ihrer Grundschule hat sie gelernt, dass es unabdingbar sei, Samen im Mutterleib zu deponieren, um an ein Kind zu kommen. Sogar noch zur Zeit ihres Studiums war es gang und gäbe, sich einen Kinderwunsch mit traditionellen Methoden zu erfüllen. Das alles hat sich grundlegend geändert, stellt Jana erleichtert fest. Während in früheren Jahren der flüchtige Spaß an der Sache mit den quälenden Monaten einer Schwangerschaft ausschließlich von den Frauen bezahlt werden musste, so ist jetzt endlich Gerechtigkeit eingetreten.

BP-Kits

Die BP-Idee könnte so schön sein wenn da nicht die vielen kleinen Nickeligkeiten wären! So zumindest denkt Jana, wenn sie die plötzlich auftauchenden Hürden sieht, die oft nur mit größter Mühe und schmerzhaften Kompromissen überwunden werden können. Beginnen wir beim Positiven.

Dass eine Prise Salz – in diesem bewusst verschleiernden Begriff steckt wie zu erahnen ist weit mehr Knowhow als nur ein paar banale Salzkörner – eine Lawine von gesellschaftlichen Veränderungen unglaublichen Ausmaßes auszulösen imstande ist, lässt die Zukunft in einem gänzlich neuen, hoffnungsvollen Licht erscheinen. Jana hat diese Vision, wohl auch auf den eindringlichen Rat ihrer Werbepsychologen, auf die Nylonverpackung der BP-Kits drucken lassen. Es ist ein einfacher Spruch, der gegenwärtig - in viele Sprachen übersetzt - um die Welt geht und ein völlig neues Lebensgefühl vermitteln soll.

Ob Mann, ob Frau ist jetzt egal

Ein Kind zu kriegen ist banal

Ermöglicht durch das BP-Kit

Bleibst du dein ganzes Leben fit.

Kapab ist mittlerweile zu einem weltumspannenden Konzern angewachsen. Er vertreibt alles was zum Kinderkriegen Ex-Utero notwendig ist. Jedes Utensil kann bequem vom Küchentisch aus online bestellt werden. Das zentrale Element ist natürlich das BP-Kit selbst. Es wird tiefgekühlt verschickt und auch in die entlegensten Gegenden per Drohne verbracht. Die Lagerhaltung der Samen und Eizellen stellt nach wie vor eine echte logistische Herausforderung für den Konzern dar. Aufgrund der begrenzten Haltbarkeit besonders der Samen gibt es manchmal Engpässe bei den Lieferungen. Das betrifft weniger die Starter Kits, denn die männlichen Mitarbeiter von Kapab müssen schon bei ihrer Einstellung vorab eine Spezialklausel in ihren Arbeitsverträgen unterschreiben, dass sie bei besagten Engpässen vorübergehend einzuspringen hätten. Das ist auch mit ein Grund, warum in den großen Lagern der Kapab-Filialen fast ausschließlich junge Männer angestellt sind, die dann stundenweise abkommandiert werden können, um den Lieferengpass an Samen zu entschärfen. Hinter vorgehaltener Hand wird sogar gemunkelt, dass dieser Nebenjob für so manchen Lagerarbeiter eine willkommene Abwechslung sei zumal die ihm dargebotenen Filme durchaus auch eine Anregung für sein Privatleben darstellten und allemal der bessere Zeitvertreib sei als seiner drögen Lageristentätigkeit nachzugehen.

Auch die Lagerhaltung der Advanced Kits schafft noch keine Riesenprobleme, denn der Lageristenbestand der verschiedenen Kapab-Filialen ist meist multiethnischer Zusammensetzung, sodass bei plötzlich auftretenden Samenengpässen einer gewünschten Population fast immer ad-hoc Abhilfe geschaffen werden kann.

Da sich Kapab dem Kunden gegenüber verpflichtet hat, innerhalb von 24 Stunden zu liefern, kommt es manchmal in den einzelnen Filialen zu etwas grotesken Situationen. So wird berichtet, dass die Bestellung eines Kunden von Älplersamen zu einer fieberhaften Suche nach einem Alpenbewohner unter den Lageristen geführt hat, mit dem Ergebnis, dass ein junger Mann mit unverständlicher Sprache und in Lederhosen gekleidet aufgespürt und zur obligaten Samenspende abkommandiert wurde. Erst nach der Verschickung dieses Advanced Kit hat sich herausgestellt, dass der betreffende Lagerist Japaner war, der sich unmittelbar vorher am Münchner Oktoberfest aufhielt und in der Eile nicht mehr die Kleider wechseln konnte. Sein Japanisch habe man für einen alpenländischen Dialekt gehalten und sei deshalb nicht alarmiert gewesen. Der Kunde sei daraufhin sofort informiert worden. Doch zu aller Überraschung habe dieser die Option zur Rückgabe bzw. zum kostenlosen Ersatz nicht angenommen, mit dem Argument, dass für ihn Alpenbewohner und Japaner ohnehin die für seine Auswahl entscheidenden Eigenschaften gemeinsam hätten, nämlich klein, zäh und wortkarg zu sein.

Ernsthaft schwierig ist die Auf-Lager-Haltung der Samen von Nobelpreisträgern. Das hat mehrere Gründe, deren unglückliches Zusammentreffen Lieferverzögerungen von mehreren Monaten nach sich ziehen kann. Einmal ist das Gros der Nobelpreisträger meist schon höheren Lebensalters, sodass spontane Anfragen um ein paar Samen oft ins Leere laufen. Weiters kommt es häufig vor, dass Nobelpreisträger einer Samenspende skeptisch gegenüberstehen und zwar aus ethischen Gründen wie Kapab gegenüber formuliert wird. Im engeren Kreis des gehobenen Kapab-Managements wird allerdings gemunkelt, dass nicht ethische Bedenken der Grund für die häufigen Ablehnungen seien, sondern schlicht die Egozentrik dieser außergewöhnlichen Menschen. Nach den etwas sarkastischen Worten eines der Manager wolle ein typischer Nobelpreisträger seine Gene lieber ins Grab mitnehmen als sie im Warenkorb des Kapab