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Dieser Band enthält folgende Romane: Flucht vor dem Schwarzen Engel (Cedric Balmore) Sara und der Kult der Schlange (Alfred Bekker) Sara Norwood reist nach Irland, um den Tod ihres Bruders aufzuklären. Der Archäologe und Spezialist für alt-keltische Kulte starb unter mysteriösen Umständen. Welche Rolle spielte dabei ein mysteriöser Schlangenkult, der offenbar bis heute praktiziert wird? Sara begegnet einer Mauer des Schweigens und einem gleichermaßen faszinierenden wie zwielichtigen Mann, in den sie sich verliebt. Schließlich muss Sara erkennen, dass man auch sie töten will...
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Seitenzahl: 209
Veröffentlichungsjahr: 2021
Romantic Thriller Doppelband 1302
Copyright
Flucht vor dem schwarzen Engel
Copyright
Die Hauptpersonen des Romans:
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Sara und der Kult der Schlange
Dieser Band enthält folgende Romane:
Flucht vor dem Schwarzen Engel (Cedric Balmore)
Sara und der Kult der Schlange (Alfred Bekker)
Sara Norwood reist nach Irland, um den Tod ihres Bruders aufzuklären. Der Archäologe und Spezialist für alt-keltische Kulte starb unter mysteriösen Umständen. Welche Rolle spielte dabei ein mysteriöser Schlangenkult, der offenbar bis heute praktiziert wird? Sara begegnet einer Mauer des Schweigens und einem gleichermaßen faszinierenden wie zwielichtigen Mann, in den sie sich verliebt. Schließlich muss Sara erkennen, dass man auch sie töten will...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
von Cedric Balmore
Der Umfang dieses Buchs entspricht 105 Taschenbuchseiten.
Die Lektorin Cathy Ash ist von dem ersten Roman des Grafikers Lester Wright begeistert. Als sie den Mann kennenlernt, erfährt sie, dass die unheimliche Geschichte nicht erfunden ist: Eine tote Frau verfolgt Lester. Cathy Ash entschließt sich, dem Spuk auf den Grund zu gehen ...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author / Cover by Steve Mayer nach einem Motiv von pixabay, 2016
© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Lester Wright - wird das Opfer einer gespenstischen Begegnung.
Cathy Ash - stellt sich einem Spuk, der ihr Leben und ihre Liebe bedroht.
Gregg Kramer - glaubt einem unheimlichen Verbrechen auf die Spur gekommen zu sein.
Ken Hastings - verhilft einem schwarzen Engel dazu, flügge zu werden.
„Mr. Wright ist gekommen. Darf ich ihn rein schicken?“, fragte die Vorzimmerdame. Die leichte Röte auf ihren Wangen ließ erkennen, wie sehr der Besucher ihr gefiel.
Cathy Ashs Pulsschlag beschleunigte sich. „Einen Moment noch, bitte“, bat sie. „Nur eine Minute.“
Die Vorzimmerdame ging hinaus. Cathy klappte ihre Handtasche auf und überzeugte sich in deren Innenspiegel davon, dass mit ihrem Make up und ihrer modischen, kastanienbraunen Frisur alles in Ordnung war.
Prüfend und leicht amüsiert schaute sie sich dabei in die großen, graugrünen Augen. Sie zeigten eine erwartungsvolle Erregung, die sie bei ähnlichen Anlässen noch nie empfunden hatte. Cathy hatte gelernt, dass Autoren nur selten den respektvollen Vorstellungen entsprachen, die man sich von ihnen zu machen pflegte.
Aber in diesem Fall konnte Cathy ihre Ungeduld kaum zügeln. Sie war mehr als gespannt, den Autor von 'Priscilla' kennenzulernen. Die recht unheimliche, zarte Liebesgeschichte war sein Erstlingswerk.
Cathy arbeitete seit drei Jahren in dem Verlag. Als Lektorin hatte sie Hunderte von Manuskripten an oder durchgelesen, aber keines war ihr bislang so unter die Haut gegangen wie Lester Wrights Erzählung von dem jungen Mark, der sich in einem ererbten, alten Haus in ein Mädchen verliebt hatte, das es in Wahrheit gar nicht gab und das offenkundig nur ein Spuk war, eine Erscheinung- eben Priscilla.
Es klopfte. „Herein“, rief Cathy und legte rasch ihre Tasche beiseite.
Die Tür öffnete sich. Ein hochgewachsener, junger Mann betrat den Raum. Der Besucher hatte ein schmales, markantes Gesicht mit hellen Augen. Sein scheues, aber auch gewinnendes Lächeln war sympathisch, es berührte Cathy auf seltsame Weise, es war sogar imstande, sie zu verunsichern. Es schien, als käme der Besucher aus einer anderen Welt.
Auf Anhieb ließ sich kaum sagen, woher dieser Eindruck rührte. Lester Wright trug eine modische Sportkombination, seine Krawatte war untadelig gebunden, dennoch war etwas an und um ihn, das ihn ein wenig weltfremd erscheinen ließ.
Lester Wright trat an den Schreibtisch und musterte Cathy, als würde er mit einem Wunder konfrontiert. Cathy spürte, dass sie errötete. Sie ärgerte sich darüber. Lieber Himmel, schließlich war sie es gewöhnt, von Männern angestarrt zu werden. Das konnte und durfte sie nicht aus dem Gleichgewicht bringen.
„Hallo, Mr. Wright“, sagte sie und reichte ihm eine schmale Hand. „Ich freue mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen. Nehmen Sie Platz, bitte. Lassen Sie mich Ihnen vorab sagen, dass 'Priscilla' mich tief beeindruckt hat, bis auf das Romanende", schränkte sie ein. „Das ist zu abrupt, zu unmotiviert, da bleibt einfach alles in der Luft hängen. Daran müssen wir noch arbeiten“, schloss sie.
Lester Wright setzte sich. „Aber ich kann doch kein Ende erfinden“, meinte er lächelnd.
„Wie soll ich das verstehen?“, fragte Cathy verwirrt.
„Ich habe keinen Roman geschrieben, sondern eine Biographie“, erklärte der Besucher.
„Wessen Biographie?“
„Meine natürlich. Ich habe einfach zu Papier gebracht, was ich in dem Haus erlebte und immer noch ertragen muss, beinahe täglich. Nur die Namen habe ich verändert. Im Manuskript nenne ich mich Mark Sutton.“
„Der Held sind also Sie?“
„So sehe ich mich nicht.“
„Wenn zutrifft, was in Ihrem Manuskript geschildert wird, müssen Sie schreckliche Situationen durchlebt haben“, sagte Cathy.
Der Mann zuckte mit den Schultern. „Zuerst war es ein Schock“, gab er zu. „Die unerklärlichen Geräusche im Haus. Der merkwürdige Lichtschein. Ihr Gesicht. Priscillas Gesicht“, verbesserte er sich. „Die flüsternde Stimme...“
Er schüttelte sich, als wollte er die Erinnerung an das Erlebte abwerfen. „Als die mysteriösen Vorfälle begannen, kam mir der Gedanke, sie aufzuzeichnen. Ich führte Tagebuch. Später hatte ich den Einfall, daraus eine Geschichte zu machen. So gesehen ist 'Priscilla' ein Tatsachenbericht, aber ich fürchte, er wird sich als solcher nicht verkaufen lassen. Wer glaubt denn schon an Geister?“
„Tun Sie es denn?“, fragte Cathy.
Lester Wright senkte den Blick. Er überlegte ein paar Sekunden, dann schaute er Cathy erneut an. „Natürlich ist nicht auszuschließen, dass ich verrückt bin", sagte er. „Manchmal frage ich mich, ob es so ist. Es ist quälend, sich so etwas fragen zu müssen ..“
Cathy musterte Lester Wright prüfend. Er machte einen durchaus aufrichtigen Eindruck, dennoch musste sie sich mit dem Verdacht auseinandersetzen, ob der Besucher ihr nicht etwas vormachte, weil er glauben mochte, dass 'Priscilla' sich dann leichter verkaufen ließ.
„Und wer ist 'Priscilla'?“, fragte Cathy.
„Wer war sie, möchten Sie wissen? Ich habe versucht, die Geschichte des Hauses zu erforschen, aber ich konnte sie nur bis zum achtzehnten Jahrhundert zurückverfolgen. Von meinem verstorbenen Onkel, dem das Haus zuletzt gehörte, weiß ich jedoch, dass die Grundmauern aus dem zwölften Jahrhundert stammen. Ich habe keine Ahnung, wer das Haus einmal besaß. Ich weiß allerdings, dass es, bevor Onkel Robert es 1919 übernahm, einer Familie Riggins gehörte. Ob es einmal eine Priscilla Riggins gegeben hat, ist mir nicht bekannt. Sie kennen mein Manuskript. Zuweilen finde ich Bilder von Priscilla ... alte, verblichene Fotos mit Widmungen, die diesen Namen tragen.“
„Wem sind sie gewidmet?“
„Mir. Einem Mann namens Lester, um genau zu sein. Natürlich fühle ich mich von ihnen angesprochen.“
„Haben Sie ... haben Sie eines dieser Fotos dabei?“
„Nein.“
„Haben Sie sie mal untersuchen lassen?“
„Untersuchen? Wieso? Man kann mühelos erkennen, dass es sich um Fotos handelt, die vor der Jahrhundertwende aufgenommen wurden“, sagte Lester Wright.
„Ich sammle Antiquitäten", erklärte Cathy zögernd. „Ich lese Fachzeitschriften und weiß, dass es viele gefälschte Daguerreotypen gibt. Sie haben auf dem Markt für erhebliche Unruhe gesorgt. Was ich damit sagen will, ist dies: Ihre alten Fotos können getürkt sein. Es ist möglich, dass man Sie damit in Angst und Unruhe versetzen will.“
„Theoretisch lässt sich das nicht ausschließen, aber in der Praxis müsste sich dafür ein Motiv finden, und das ist nicht zu erkennen.“
„Vielleicht legt es jemand darauf an, Sie aus dem Haus zu vertreiben?“
„Indem er mich mit den Bildern eines schönen Mädchens konfrontiert, mit ihrer Stimme, ihrer Erscheinung?“, fragte Lester Wright. In seine Augen trat ein seltsamer Glanz. „Das ist absurd. Ich habe mich in Priscilla verliebt. Es gibt immer häufiger Momente, in denen ich nachts wachliege und darauf warte, sie wiederzusehen, sie zu hören, ihre Nähe zu spüren. Nein, Priscilla könnte mich nicht aus dem Haus verjagen. Im Gegenteil. Sie bindet mich daran.“
Cathy nickte und ärgerte sich darüber, dass sie plötzlich so etwas wie Eifersucht verspürte, Eifersucht gegenüber einem Mädchen, das es nicht gab, das es gar nicht geben konnte, dem es aber dennoch gelungen war, das Herz dieses Lester Wright zu erobern.
„Hat mal jemand versucht, das Haus käuflich zu erwerben?“, fragte Cathy.
„Ja“, erwiderte der Besucher. „Nach Onkel Roberts Tod stand es einige Zeit leer. Ich wusste nicht so recht, ob ich es beziehen sollte, es war mir einfach zu groß, ich hatte Angst vor der Arbeit, die sich damit verbindet. Mehrere Immobilienmakler bemühten sich seinerzeit um das Projekt. Damals spielte ich mit dem Gedanken, zu verkaufen, aber jetzt will ich nicht mehr.“
„Wovon leben Sie, Mr. Wright?“
„Mein Onkel hat mir neben dem Haus auch genug Geld hinterlassen“, erwiderte der Besucher. „Es reicht mir für ein paar Jahre, danach werde ich weitersehen ...“
„Haben Sie keinen Beruf?“
„Ich bin freischaffender Graphiker, Werbegraphiker, um genau zu sein, aber natürlich versuche ich auch, mich künstlerisch zu bewähren. Hin und wieder hole ich einen Auftrag herein, aber im Moment leiste ich mir eine schöpferische Pause. Ich lese viel, ich schreibe, und ich versuche an Priscilla heranzukommen ...“
„Lassen Sie uns essen gehen und dabei über das Manuskript sprechen“, schlug Cathy vor und stand auf. „Sie sind selbstverständlich Gast des Verlages.“
Das Restaurant, das sie zehn Minuten später betraten, war gut besucht. Sie fanden einen Platz am Fenster. Cathy schlug vor, das Tagesmenü zu nehmen. Lester Wright war damit einverstanden. Er blickte aus dem Fenster und zuckte plötzlich zusammen.
Cathy sah erstaunt die Veränderung, die mit ihm vorging. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ein leichtes Zittern durchlief seinen Körper, seine Augen waren weit aufgerissen, er wirkte wie gelähmt. In der nächsten Sekunde sprang er auf. Er stürmte ohne ein Wort der Erklärung zum Ausgang und auf die Straße.
„Was ist denn mit dem los?“, fragte eine weibliche Stimme über Cathy. Die junge Frau hob das Kinn. „Ach, du bist’s, Ruth“, begrüßte sie eine Kollegin aus dem Verlag. „Ein Autor. Er scheint auf der Straße einen Bekannten entdeckt zu haben.“
„Ich sah zufällig, wie er aufsprang. Sein Gesicht fiel buchstäblich auseinander.“
„Er ist ein bisschen ... merkwürdig“, sagte Cathy zögernd.
„Schade. Er sieht blendend aus.“
„Findest du?“
„Einfach Klasse", schwärmte das Mädchen. „Schade, dass du schon vergeben bist“, fügte sie spöttisch hinzu. „Mit einem wie dem könntest du dich sehen lassen.“
„Witzbold.“
Das Mädchen ging.
Lester Wright kehrte wenige Minuten später zurück. Der Ober hatte inzwischen die bestellten Biere gebracht. Lester Wright setzte sich. Er war außer Atem.
„Ist es Ihnen gelungen, Ihren Bekannten einzuholen?“, erkundigte sich Cathy.
Lester Wright schaute sie an. „Es war eine Bekannte“, sagte er.
„Oh“, machte Cathy nur. Irgendetwas in Lester Wrights Blick verursachte ihr Unbehagen.
„Es war Priscilla“, sagte er.
Cathy blinzelte. Sie wusste nicht, ob sie überrascht, erheitert oder einfach nur enttäuscht sein sollte. Sie entschied sich für letzteres.
Was sich im Habitus ihres Gastes bereits angedeutet hatte, verdichtete sich zur Gewissheit. Lester Wright war nicht ganz ernst zu nehmen. Er war entweder schizophren, oder er litt an einer überentwickelten Phantasie.
„Sie war es“, murmelte er. „Ganz eindeutig. Sie trug ein modernes Kostüm, eines aus blauem Flanell.“ Er strich sich mit der Hand über die Stirn.
„Sie sehen überall nur noch Priscilla“, stellte Cathy seufzend fest. „Wenn Sie damit nicht aufhören, laufen Sie Gefahr, eines Tages doch noch ihr Opfer zu werden.“
„Ich gehöre doch längst schon ihr“, sagte Lester Wright bitter. „Ich kann nichts dagegen tun. Sie hat mich verhext. Ich sehe sie sogar in Ihnen.“
„In mir?“
„Ja. Als ich vorhin Ihr Büro betrat, war ich wie verzaubert. Sie ähneln Priscilla“, sagte er beinahe scheu. „Sie sind so jung und schön wie sie.“
„Danke.“
„Natürlich gibt es Unterschiede. Priscillas Augen sind leicht geschrägt, nur andeutungsweise, sie haben etwas Lockendes und zugleich Mystisches, sie sind wie tiefe Zauberschächte, goldflirrend und dunkel, in die man einzutauchen wünscht, um sich für immer darin zu verlieren..
Er hielt inne, lächelte verloren und fuhr fort: „Ich wette, so oder ähnlich steht es irgendwo im Manuskript. Wahrscheinlich fangen Sie jetzt an, mich für einen Spinner zu halten. Das Dumme und Quälende ist, dass ich mir dieselbe Frage stelle. Bin ich das Opfer von Halluzinationen oder geschieht tatsächlich, was ich erlebe? Die Geschichte von eben zum Beispiel, Priscilla auf der Straße...“
Er führte den Satz nicht zu Ende und schüttelte fassungslos den Kopf.
„Das Haus gehört Ihnen allein?“
„Ja. Robert, der verstorbene Bruder meines Vaters, war mein Erbonkel. Ich habe meine Eltern durch einen Autounfall verloren“, erwiderte Lester Wright.
„Ich würde das Haus gern einmal sehen.“
„Keine Einwände. Ich zeige es Ihnen mit Vergnügen. Aber erwarten Sie nichts Besonderes, bitte. Es ist nur alt und groß. Wegen des verwilderten Gartens habe ich ein schlechtes Gewissen, die Nachbarn sind seinetwegen sauer auf mich, aber ich mache mir nun mal nichts aus Gartenarbeit, ich verstehe einfach nichts davon.“
„Wie gut kannten Sie Ihren verstorbenen Onkel?“, wollte Cathy wissen. „Hat er jemals davon gesprochen, dass es in dem Haus spukt, hat er am Ende gar einmal den Namen Priscilla erwähnt?“
Lester Wright schüttelte den Kopf. „Onkel Robert war ein skurriler Einzelgänger, der in jungen Jahren mit dem Import von Gewürzen reich wurde und nach einer unglücklichen Liebe zurückgezogen das Haus in der Suffolk Street bewohnte. Er beschäftigte eine Haushälterin, die ihn versorgte, und einen Diener-Gärtner, der den Rest der anfallenden Arbeiten erledigte. Aber als mein Onkel starb, war er ohne Personal, die beiden waren vor ihm gegangen, und er konnte oder wollte sich nicht mit neuen Gesichtern anfreunden. Ich hatte stets ein wenig Angst vor Onkel Robert. Er wirkte auf mich schroff, hart und abweisend. Ich konnte mit seiner Art nichts beginnen, dennoch besuchte ich ihn als junger Mann regelmäßig und ...“
„Wieso als junger Mann?“, fiel Cathy ihm belustigt ins Wort. „Sie sind auch jetzt kaum älter als achtundzwanzig.“
„Siebenundzwanzig“, bestätigte Lester Wright. „Ich musste schon als Junge zu Onkel Robert gehen, meine Eltern wollten es so. Schließlich handelte es sich um meinen Erbonkel. Meine Eltern hielten es für notwendig, dass ich die Verbindung zu ihm pflegte. Für mich war das eine Qual. Rückblickend frage ich mich, weshalb? Onkel Robert gab mir immer ein Taschengeld, er hat mich niemals gescholten oder gemaßregelt, trotzdem kam ich ihm nicht nahe, er blieb mir fremd bis zuletzt.“
„Enthält sein Testament irgendwelche Auflagen, die das Haus betreffen?“
„Nein.“
„Haben Sie seine Möbel übernommen?“
„Ja, und zwar ganz einfach deshalb, weil ich vor der Erbschaft kaum etwas besaß und in einem möblierten Zimmer wohnte. Inzwischen habe ich das Haus etwas umgekrempelt und ein paar Räume mit modernem Mobiliar eingerichtet, aber das Ergebnis befriedigt mich nicht. Das Ganze wirkt wie ein Anachronismus. Die alten Möbel von Onkel Robert sind zum großen Teil zwar ausgesprochene Scheußlichkeiten, aber sie passen nun mal in die Umgebung und sind, wie mir von einem Experten versichert wurde, zudem recht wertvoll. Ich fange an, sie zu lieben.“
Der Ober brachte das Essen. Cathy fand, dass es nicht viel taugte, aber ihr Gast schien das nicht zu bemerken, er nutzte die Gesprächspause offenbar dazu, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
„Denken Sie an Priscilla?“, hörte Cathy sich plötzlich fragen.
„Ja“, gab Lester Wright zögernd zu und blickte seinem Gegenüber in die Augen. „Das darf Sie nicht überraschen. Ich denke immer an sie. Ich frage mich, warum sie sich mir jetzt schon am hellichten Tag zeigt. Denn, dass sie es war, die ich gesehen habe, unterliegt nicht dem geringsten Zweifel.“
„Hör endlich auf davon“, sagte Gregg Kramer ärgerlich. „Du bist nicht länger im Büro. Warum kannst du die Probleme, die sich mit deiner Arbeit verbinden, nicht am Abend einfach vergessen und dich auf Vergnüglicheres konzentrieren?“ Er lachte. „Auf mich zum Beispiel? Ich habe gute Nachrichten. Wegen des schleppenden Geschäftsganges schließt der alte Raleigh für zwei Wochen den Betrieb. Bei voller Bezahlung. Was würdest du davon halten, wenn wir unsere Sachen packten und ein wenig Urlaub in Cornwall machten? Ich bin natürlich auch bereit, mit dir in die Bretagne zu reisen, so wie im vergangenen Jahr.“
„Wie stellst du dir das vor?“, fragte Cathy. Sie stand am Herd und beobachtete, wie die beiden Steaks in der Pfanne brutzelten. „Ich kann jetzt nicht weg. Vor August kriege ich keinen Urlaub, das weißt du. Im Büro gibt es wahnsinnig viel zu tun. Außerdem muss ich mich um diesen Lester kümmern. Ich gebe zu, dass er mich fasziniert.“
„Wieso musst du dich um ihn kümmern?“, fragte Gregg Kramer leicht gereizt. „Wenn ich dich richtig verstanden habe, tickt der Bursche nicht ganz sauber. Du bist weder sein Arzt noch seine Amme.“
Gregg Kramer war einunddreißig, obwohl er älter aussah. Sein faltiges, stets etwas verdrossen wirkendes Gesicht wurde von hübschen, blauen Augen aufgehellt. Er war hager, fast knochig, und trug eine Brille.
Er lehnte am Rahmen der Küchentür, mit vor der Brust verschränkten Armen, in Jeans und knallrotem Hemd, und sah zu, wie seine Verlobte das Abendessen zubereitete.
Er und Cathy wohnten nicht zusammen, aber sie trafen sich wöchentlich zweimal in Cathys Anderthalb-Zimmer-Apartment am Stadtrand. Bei diesen Gelegenheiten blieb Gregg auch über Nacht. Es hatte eine Zeit gegeben, in der Cathy seinen Besuchen förmlich entgegengefiebert hatte, sie war richtig verliebt in ihn gewesen, aber die Euphorie dieser ersten glücklichen Monate war längst verflogen und jetzt quälte Cathy die Erkenntnis, dass weder Gregg noch sie das Zeug hatten, der Verbindung neue Impulse zu geben.
Gregg war Personalchef in einem mittelständischen Betrieb. Er verdiente gut, musste jedoch für die kostenintensive Pflege seiner kranken Mutter aufkommen, so dass bislang an eine Heirat nicht zu denken gewesen war.
„Ich ziehe zu ihm“, erklärte Cathy und vermied es, Gregg anzusehen.
Sie wusste, dass es Krach geben würde. Es war ihr gleichgültig, schlimmer noch: sie sehnte ihn herbei. Es wurde Zeit, dass sie mit einer Sache aufräumten, die für beide nur noch Gewohnheit war und die es nicht verdiente, fortgesetzt zu werden.
„Moment mal, du willst zu diesem Verrückten ziehen, in seine Bude?“
„Er ist nicht verrückt“, widersprach Cathy. „Nicht so, wie man das sagt und meint. Natürlich ist er sonderbar, und ich habe hinsichtlich seiner Berechenbarkeit ein paar Zweifel, aber um die zu beheben, muss ich ihn näher kennenlernen. Das geht nur, wenn ich ihn beobachten kann. Es ist ein großes Haus. Das Gästezimmer hat ein Bad. Wir kommen uns dabei nicht in die Quere.“
„Wessen Idee ist das eigentlich?“
„Meine.“
„Du hast mit ihm darüber gesprochen?“
„Ja, er ist einverstanden, dass ich zu ihm ziehe.“
„Hast du dich in den Kerl verknallt?“
„Unsinn“, sagte Cathy, aber sie schaute Gregg auch jetzt nicht an und fragte sich, ob sie wirklich die Wahrheit gesagt hatte. „Ich habe dir erklärt, was er geschrieben hat und möchte herausfinden, ob es in dem Haus wirklich spukt.“ Sie holte die vorgewärmten Teller aus dem Backofen, legte die Steaks darauf und sagte: „Geh voran, bitte. Es kann losgehen.“
Als sie sich am Wohnzimmertisch gegenüber saßen, griff Gregg Kramer zwar nach dem Besteck, aber er traf keine Anstalten, mit dem Essen zu beginnen. „Das kommt überhaupt nicht in Frage“, sagte er.
Obwohl klar war, was er meinte, fragte Cathy: „Was kommt nicht in Frage?“
„Dass du zu ihm ziehst. Das lasse ich nicht zu.“
Cathy bemühte sich, gelassen zu bleiben. Sie aß betont langsam und sagte zunächst nur: „Dein Steak wird kalt“, dann äußerte sie: „Ich bin gern bereit, mir deine Meinung anzuhören, aber ich lasse mir von dir keine Vorschriften machen.“
„Dir geht es doch gar nicht um den angeblichen Spuk, sondern nur um diesen Wahnsinnigen. Was macht diesen Kerl bloß so sexy, dass du dich an seine Rockschöße hängst und zu ihm ziehen möchtest? Das ist fast schon schamlos, es passt nicht zu dir. Verdammt, so was hast du einfach nicht nötig!“, steigerte er sich immer mehr in kalte Wut hinein. „Wenn du dieses Vorhaben nicht aufgibst, sind wir geschiedene Leute.“
„Eine Trennung wäre für uns beide gewiss nicht von Nachteil“, sagte Cathy und sah Gregg an. „Machen wir uns nichts vor. Wir haben uns seit Monaten kaum noch etwas zu sagen. Ich leide unter der zunehmenden Inhaltslosigkeit unserer Beziehung und frage mich, was aus dem geworden ist, was uns einmal beflügelte.“ Gregg Kramer begann zu essen, er zerschnitt das Steak in schmale
Streifen und schaufelte sie buchstäblich in sich hinein. Es war zu merken, wie er um eine Erwiderung rang, die der Situation gerecht wurde, aber ihm fiel einfach nichts passendes ein. „Wir sind verlobt“, sagte er nur. „Das verpflichtet.“
„Wozu? Zum Glücklichsein? Glück lässt sich nicht reglementieren“, sagte Cathy.
Der Mann legte das Besteck aus der Hand, er säuberte sich den Mund mit einer Serviette, dann zwang er sich zu einem Lächeln und sagte überraschend sanft und friedfertig: „Du hast ja recht. Wir stecken in einer Krise. Wir müssen versuchen, einen neuen Standort zu finden. Ich bin durchaus dafür, dass wir einen neuen Anlauf nehmen, aber ich bin dagegen, dass du dich mit einem dummen Abenteuer betäubst. Darauf laufen deine Pläne doch hinaus! Dieser Lester ist verrückt, das weißt du selbst am besten. Du hast angedeutet, dass einfach nicht stimmen kann, was er schreibt, trotzdem bist du offenbar willens, ihn ernst zu nehmen. Das passt nicht zusammen.“
„Ich kenne sein Manuskript. Aus jeder Zeile spricht ein feinfühliger Mensch, ein sensibler, introvertierter Typ, der genau beobachtet und präzise beschreibt, was er sieht, fühlt und an Reaktionen erlebt. Wäre ich Psychoanalytiker, könnte ich aus dem Geschriebenen vielleicht gewisse Schlüsse ziehen, aber so wie die Dinge nun mal liegen, bin ich auf meine eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen angewiesen. Der Fall fesselt mich. Auch der Mann, wenn du so willst, aber zu behaupten, ich sei in ihn verknallt, geht an der Wirklichkeit vorbei. Ich finde ihn fraglos anziehend und interessant, mehr nicht.“
Das Telefon klingelte. Gregg Kramer runzelte die Augenbrauen und rückte seine Brille zurecht. „Ist er das?“, fragte er.
Cathy gab keine Antwort. Sie erhob sich, trat ans Telefon und griff nach dem Hörer. „Ash“, meldete sie sich.
Sie hörte am anderen Leitungsende das Atmen eines Menschen, sonst nichts.
„Ja, bitte?“, fragte sie ungeduldig.
Außer dem Atmen war nichts zu vernehmen. „Wer spricht da, bitte?“, fragte Cathy.
Stille. Cathy legte auf. „Ein Verrückter“, sagte sie ärgerlich und setzte sich.
Gregg Kramer stocherte in seiner Salatschüssel herum. „Warum so wütend?“, fragte er giftig. „Verrückten gehören doch deine Sympathien!“
„Du bist nicht fair“, warf sie ihm vor.
Er schob die Salatschüssel beiseite, stützte sein Kinn in die Hand und fragte: „Bist du dir eigentlich über die Risiken im klaren, die du auf dich nimmst, wenn du zu ihm in das alte Haus ziehst?“
Cathy zündete sich eine Zigarette an. Auf ihrem Teller lag noch das halbe Steak, aber der Appetit darauf war ihr vergangen. „Was für Risiken?“, spottete sie. „Hast du Angst, ich könnte mein Herz an ihn verlieren?“
„Nein“, erwiderte Gregg Kramer, „aber dein Leben.“
„Soll das ein Witz sein?“
„Hat er eine Freundin?“
„Warum fragst du mich? Ich habe keine Ahnung.“
„Sagtest du nicht, er sähe gut aus?“
„Ja, das tut er.“
„Jeder gutaussehende Mann hat ein Mädchen. Deiner scheint nur diese Priscilla zu haben. Findest du das normal?“
„Ich sage dir ja, dass ich zu ihm ziehe, um herauszubekommen, was es damit für eine Bewandtnis hat.“
„Ich wüsste eine Erklärung“, sagte ihr Verlobter langsam. „Ich stelle mir vor, dass es diese Priscilla wirklich gab. Sie lebte mit ihm zusammen. Sie zog eines Tages zu ihm, so wie du zu ihm ziehen willst. Irgendwann brachte er sie um. Um das vor sich nicht zugeben zu müssen, um das Verbrechen zu verdrängen, um es praktisch ungeschehen zu machen, erfand er die Geschichte, die er dir zu verkaufen versucht. Auf diese Weise erhält er Priscilla am Leben.“
„Willst du mir Angst machen?“
„Ich will dich davor bewahren, einen Riesenblödsinn anzustellen“, sagte er.
„Du stempelst ihn zu einem Mörder!“
„Ich sage nur, was ich denke. Ich suche nach einer Erklärung für diesen Priscilla-Unsinn. Okay, vielleicht ist sie falsch, aber sie führt dir vor Augen, welchen Gefahren du dich aussetzt, wenn ich recht haben sollte.“
Er erwachte mitten in der Nacht.
Starrte ins Dunkel und lauschte. Sein Herz klopfte hart, aber regelmäßig.
Es geschah nicht zum ersten Male, dass ihn etwas geweckt hatte, urplötzlich, ohne plausible Erklärung, und dass er sich den Kopf darüber zerbrach, was es gewesen sein konnte.
„Priscilla“, murmelte er.
Er hörte das leise, kaum wahrnehmbare Ticken des Reiseweckers neben sich auf dem Nachttisch, sonst nichts.
Lester Wright versuchte sich zu erinnern, ob er geträumt hatte, aber ihm fiel nichts ein. Er schob sich im Bett hoch, lehnte seinen Rücken gegen das Kopfende des Bettes und knipste das Licht an, um zu sehen, wie spät es war. Mitternacht.
Er war hellwach und verspürte Durst. Er stand auf, schlüpfte in die Mokassins, die er als Hausschuhe benutzte, und ging in die Küche. Da er im Obergeschoss schlief und die Küche im Erdgeschoss war, war er gezwungen, unterwegs mehrere Lampen anzuknipsen. Als er das Fußende der Treppe erreichte, hörte er etwas, das sich wie Gesang anhörte.
Er blieb stehen. Im Wohnzimmer standen ein Fernseher und eine HiFi-Anlage, aber keines der Geräte war eingeschaltet, das wusste er genau.
Er lauschte.
Da war es wieder. Eine Frauenstimme. Leise und klagend.
Lester Wright vermochte nicht genau auszumachen, woher sie kam, aber er hatte das Gefühl, dass die Sängerin sich im Wohnzimmer aufhielt. Er gab sich einen Ruck, riss die Tür zum Wohnzimmer auf und knipste das Licht an.
Die Stimme war verstummt. Der Mann überzeugte sich davon, dass der Fernsehapparat und das HiFi-Gerät nicht eingeschaltet waren, dann knipste er das Licht aus, ging in die Küche und holte sich eine Dose Orangensaft aus dem Kühlschrank.
Lester Wright presste sich mit dem Rücken an die Wand. Ein Mauervorsprung deckte ihn ab. Er atmete flach, mit offenem Mund, und bereute, nicht in seine Jeans geschlüpft zu sein, In Pyjamahose und Mokassins bot er einen recht merkwürdigen Anblick, aber schließlich hatte er niemanden gebeten, ihn zu besuchen und sich mit diesem Aufzug abzufinden.
Die Tür öffnete sich leise, kaum hörbar, aber Lester Wright wusste dennoch, was geschah, weil der kühle, von draußen hereinkommende Luftzug signalisierte, was sich ereignete.
„Ich habe Angst“, flüsterte eine Stimme.
Sie gehörte einem Mädchen.
„Quatsch“, erwiderte ein Mann. „Der hört uns nicht ... und wenn doch, wird er mehr Angst haben als wir."
Er füllte sich ein Glas, setzte sich damit an den Tisch und fragte sich, weshalb er so ruhig blieb.
Gewiss, er hatte in den letzten Wochen angefangen, sich mit den mysteriösen Ereignissen zu arrangieren, sie waren außerstande, ihn so zu entsetzen, wie das anfangs der Fall gewesen war, aber so gelassen wie in dieser Nacht war er mit noch keinem der rätselhaften Geschehnisse fertig geworden. Er glaubte zu wissen, woran das lag.
Er dachte an Cathy. Cathy Ash.
Sie war wundervoll. Vor allem aber war sie schön. Er fühlte, dass sie das Zeug hatte, ihn von diesem Alptraum Priscilla zu befreien.
Cathy Ash hatte sich bereiterklärt, zu ihm zu ziehen. Vorübergehend, wie sie gesagt hatte. Das konnte bedeuten, dass sie ein paar Tage zu bleiben gedachte, aber es war auch möglich, dass sie ihm über Monate hinaus Gesellschaft leisten würde. Alles hing davon ab, wie gut sie sich miteinander verstehen würden und wie das Haus mit seinen unerklärlichen Vorkommnissen auf sie wirkte.