Rote Karte für den inneren Kritiker - Jochen Peichl - E-Book

Rote Karte für den inneren Kritiker E-Book

Jochen Peichl

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Innere Kritiker, Fehlerzähler und andere Quälgeister sind oft anstrengend und machen uns das Leben schwer. Jochen Peichl zeigt mit vielen Beispielen, wie wir sie in die Schranken weisen und gleichzeitig ihre Stärken kennen- und nutzen lernen. Der Test »Ihre inneren Kritiker« hilft zudem, lästige Miesmacher in konstruktive und hilfreiche Selbstanteile zu verwandeln.

  • Schluss mit der Selbstverurteilung
  • Den inneren Kritiker als Ressource nutzen lernen
  • Mit vielen Übungen und ausführlichem Test

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Seitenzahl: 169

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Das Buch

Wir kennen alle den inneren Kritiker, der uns einflüstert, was wir wieder falsch gemacht haben. Auch die Fehlerzähler, Besserwisser und andere Miesmacher begleiten uns oft schon seit der Kindheit. Das ist manchmal durchaus hilfreich, doch meistens sind diese Quälgeister anstrengend, zehren an unseren Nerven und machen uns das Leben schwer.

Der erfahrene Psycho- und Traumatherapeut Jochen Peichl stellt typische innere Kritiker vor: den Kontrolleur, den Perfektionisten, den Antreiber, den Allen-Rechtmacher sowie den Be- und Verurteiler (Richter). Sie sind alle Teile unserer Persönlichkeit. Der Autor zeigt mit vielen Beispielen, wie wir sie in die Schranken weisen und gleichzeitig ihre Stärken und ihr Potenzial erkennen, um sie letztlich als Unterstützergruppe nutzen zu lernen. Der ausführliche Selbsttest »Ihre inneren Kritiker« hilft zudem, lästige Miesmacher in konstruktive und hilfreiche Selbstanteile umzuwandeln.

Die Neuausgabe dieses erfolgreichen Longsellers hat Jochen Peichl um ein zusätzliches Vorwort erweitert und mit neuen Informationen ergänzt, zum Beispiel zur Stimme der Kritiker und dem kritisierten Kind in uns.

Der Autor

Dr. med. Jochen Peichl, geboren 1950, ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik. Verschiedene psychotherapeutische Weiterbildungen, u. a. in Ego-State-Therapie. Der Autor vieler Fachbücher und populärer Publikationen für interessierte Laien war bis 2011 Oberarzt für Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Nürnberg. Heute ist er in eigener Praxis tätig und leitet das Institut für hypno-analytische Teilearbeit und Ego-State-Therapie (InHAT).

www.teiletherapie.de

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Copyright © 2014 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: FAVORITBUERO, München

Umschlagmotiv: DeShoff / Shutterstock.com Illustrationen: Jochen Peichl, Nürnberg

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-14317-6V004

www.koesel.de

Aus meinem Poesiealbum:

Mach dem Vater keine Sorgen,

mach der Mutter keinen Schmerz,

denn du weißt nicht, ob schon morgen

du verlierst ein Elternherz.

Deine Cousine Jacqueline

Inhalt

Geleitwort zur Neuausgabe

Vorwort

1 Unsere innere Vielfalt

2 Das Team der inneren Kritiker

Der Kontrolleur

Der Perfektionist

Der Antreiber

Der Allen-Rechtmacher

Der Be- und Verurteiler (Richter)

3 Privatvorlesung 1: Jedes Ich ist viele Teile

4 Privatvorlesung 2: Die Entstehung der Zunft der inneren Kritiker und Co.

5 Privatvorlesung 3: Der gnadenlose Blick des inneren Be- und Verurteilers

6 Mit wem redet eigentlich der innere Kritiker?

7 Die Stimme der Kritiker oder: Die Idee der guten Absicht

8 Das kritisierte Kind in uns

9 Was Ihr innerer Kritiker mit dem Zauberer von Oz zu tun hat

10 Das Kind hinter der Maske des Kritikers

11 Dis-Identifikation als Lösungsweg

12 Die inneren Protektoren oder: Die erweiterte »Innere Kritiker-Truppe«

13 Sich mit dem inneren Kritiker anfreunden

14 Das verletzte innere Kind in die Gegenwart bringen

Nachwort

Anhang

Der Wohlfühlort

Test: Ihre inneren Kritiker

Die Botschaften meiner inneren Kritiker

Anmerkungen

Literaturhinweise

Geleitwort zur Neuausgabe

Die Zeit vergeht und damit vergehen auch die eigenen Überzeugungen und Ideen darüber, was in der Psychotherapie für Klienten und Klientinnen hilfreich ist und was nicht. Ich frage mich: Bin ich heute ein anderer als früher? Was wird passieren, wenn ich ein Buch, einen Text, den mein jüngeres Ich vor zehn Jahren mit Überzeugung geschrieben hat, noch einmal zur Hand nehme und ihn mit meinem heutigen Denken und Handeln vergleiche? Ich will es Ihnen gerne verraten.

Zuerst einmal brauchte es etwas freundlichen Nachdruck meines Lektors vom Kösel-Verlag, Gerhard Plachta, dass ich mich mit der Idee, das Buch Rote Karte für den inneren Kritiker durchzusehen und gegebenenfalls zu ergänzen, überhaupt beschäftigen wollte – irgendetwas sträubte sich in mir wie ein Igel. Meine ganze Selbsterfahrung als Therapeut über viele Jahre hinweg wäre umsonst gewesen – und das viele Geld, sagte eine sparsame innere Stimme –, hätte nicht eine andere Stimme, die viel von Selbstreflexion hält, zu mir gesagt: »Was ist denn los, warum zickst du denn so rum?« Dadurch etwas eingeschüchtert, begann ich mir Gedanken zu machen und mein ungutes Bauchgefühl zu ergründen. Ich lauschte in mich hinein, während ich mir das Umschlagmotiv der Erstausgabe des Buches mit der Hand und der roten Karte anschaute. Aus den Untiefen meines Unbewussten förderte ich die Frage zutage: Was ist, wenn ich den Text über die fünf inneren Kritiker heute noch mal lese und ich bin dann ganz enttäuscht und würde am liebsten alles noch einmal neu schreiben? Ganz anders und natürlich viel besser. Um beim Thema zu bleiben: Der innere Perfektionist hätte es mal wieder geschafft, mir viele Vorwürfe zu machen – schrecklich.

Aus der Malerei weiß ich: Wann man den Pinsel weglegen sollte und das Gemälde als vollendet bezeichnet, ist eine Kunst für sich. Die Kunstgeschichte ist voll von Malern, deren Gemälde ununterbrochen bearbeitet wurden, ohne jemals wirklich fertiggestellt zu werden. Edgar Degas zum Beispiel war berüchtigt für die Überarbeitung von bereits ausgestellten Gemälden. Er war sogar dafür bekannt, dass er Werke von Käufern zurückverlangte, um sie zu korrigieren.

Nachdem ich über alles – auch über Herrn Degas – nachgedacht hatte, sich die verschiedenen inneren Stimmen wieder beruhigt hatten und ich wieder der Chef im Ring war, schrieb ich Herrn Plachta, ich möchte es wagen.

Mit diesem Buch möchte ich mich nicht in die Reihe der Autor*innen stellen, die mit einer Art Kampfmetapher den inneren Kritiker zum Schweigen bringen wollen. In meinem Konzept soll er auch nicht entmachtet, gezähmt und ich davon befreit werden. Heute denke ich, Sie als Leserin und Leser könnten die Metapher im Titel Rote Karte für den inneren Kritiker wie einen Platzverweis im Fußball bei groben Verstößen gegen die Regeln auffassen und der Spieler oder die Spielerin würde vom Platz gestellt und bestraft werden – so meine ich das aber ganz und gar nicht. Ich wollte mit der roten Karte »STOP« sagen und das ewige Spiel von Macht und Ohnmacht auf der inneren Bühne anhalten und zu verstehen beginnen, was da passiert, warum es passiert und wozu es passiert. Eigentlich geht es wertschätzend um die Botschaft des inneren Kritikers und die darin verborgenen Lösungsstrategien.

Das Ergebnis der Arbeit am Text von 2014 haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, nun vor

sich: das Buch Rote Karte für den inneren Kritiker mit neuer Umschlaggestaltung, von mir durchgesehen, korrigiert und ergänzt. Ich bin sehr zufrieden damit, und ich hoffe, es macht Ihnen so viel Spaß zu lesen, wie es mir Freude bereitet hat, es nach zehn Jahren zu überarbeiten und mit frischen Ideen zu ergänzen. Diese Arbeit war halb so schlimm als vorher befürchtet, aber die inneren Kritiker, vor allem die inneren Perfektionisten, brauchen halt immer etwas, worüber sie sich echauffieren können. Warum das bei mir und Ihnen so ist, werden Sie gleich näher erfahren.

Jochen Peichl

Nürnberg/Gleisweiler 2023

Vorwort

Schön, Sie hier auf dieser Seite zu treffen! Hat Sie das Titelbild zum Kauf dieses Buches angesprochen? Ja … nein … weiß nicht? Na, vielleicht haben Sie gerade überlegt, ob es das wert war, dieses Buch zu erwerben. Nein … aber war da nicht so eine kleine, feine Stimme, ganz weit hinten auf Ihrer inneren Bühne, kaum vernehmbar, die Ihnen eben vorrechnete, was Sie stattdessen hätten kaufen können? Okay, sei’s drum – gekauft ist gekauft, jetzt sollten wir unser Zusammensein nutzen. Ich zumindest verspreche Ihnen, dass ich mich mächtig ins Zeug legen werde … Sie müssen erst mal nichts weiter tun, als ruhig weiterzulesen, vielleicht mit einer schönen Tasse Tee und einer orangefarbenen Biomöhre zum Knabbern. Später habe ich noch ein Paar Übungen für Sie – falls Sie Lust darauf haben.

Wissen Sie eigentlich, dass ich Ihre Gedanken beeinflussen kann? Nein, das glauben Sie nicht? Na, dann passen Sie mal auf: Ich sage nur »Biomöhre« – haben Sie bemerkt, dass die Zeilen, die ich schreibe, die Bilder, die ich verwende, bei Ihnen im Kopf etwas auslösen? Und wenn es nur die Frage ist: »Gibt es auch andersfarbige Möhren als die orange-gelben vom Supermarkt um die Ecke?« Diese Zeilen, die Sie gerade lesen, sind die Schnittstelle zwischen Ihnen und mir – etwas moderner ausgedrückt: Dieses Buch ist das »Interface« zwischen meinem und Ihrem Gehirn. Ich sitze gerade – aus Ihrer Sicht in der Vergangenheit – in einem Zimmer, an einem Schreibtisch und versuche mich auf Sie zu konzentrieren, auf das, was Sie gerade brauchen, um Ihnen Lust zu machen, weiterzulesen – aus meiner Sicht wird das in der Zukunft sein. Ich überlege, was Sie erfahren und lernen wollen, und meine Gedanken, Gefühle, inneren Bilder und Körperempfindungen werden zu Worten, zu Sätzen und Seiten in diesem Buch, das Sie gerade lesen. In diesem – Ihrem Augenblicksmoment – treffen wir zusammen und Sie denken, ohne dass Sie es vielleicht bewusst wollen, meine Gedanken und lassen meine Bilder von der orangefarbenen Biomöhre in Ihrem Kopf entstehen. Sie kennen das doch: »Bitte denken Sie jetzt nicht an einen blauen Elefanten …« – so schlüpfe ich in Ihren Kopf und veranstalte dort ein Bilderkino.

Etwas einseitig, der Strom der »Beeinflussung«, werden Sie vielleicht sagen, aber Ihnen bleibt ja die Möglichkeit, das alles ganz anders zu sehen, zu denken und zu fühlen – für mich wäre das okay. Sie können mir auch eine E-Mail unter [email protected] schicken und mir etwas von Ihren Gedanken zurückgeben oder, falls ich Sie genervt habe, zurückpfeffern – so ’ne Art kleiner Shitstorm mit dem Betreff »Biomöhre«.

Dieses Buch ist ein Vorschlag, wie man die Dinge mit den inneren Quälgeistern und Kopfbewohnern sehen kann. Ich verspreche Ihnen, ich werde mich bemühen, meine Ideen dazu aus der Rolle eines sogenannten Teile- und Traumatherapeuten in kleine, genießbare Häppchen zu zerlegen und sie Ihnen mit einem freundlichen Lächeln und etwas Augenzwinkern anzubieten. Was Sie damit machen, ist Ihre Freiheit. Ich werde versuchen, das Buch sozusagen auf Augenhöhe mit Ihnen zu schreiben. Ich werde mit Ihnen über die in den letzten Jahren in Deutschland sehr populäre psychologische Idee der inneren Selbstanteile sprechen, Sie zur Selbsterfahrung damit einladen und Ihnen immer eine »Privatvorlesung« anbieten, wo Sie als Einzige oder Einziger wie bei ARD und ZDF in der ersten Reihe sitzen.

Um das, was es hier geht und was schon im Titel des Buches steht, das sind Ihre und meine inneren Kritiker, die Fehlerzähler, Besserwisser und Miesmacher, die uns seit der Kindheit begleiten und sich auch in uns Erwachsenen als innere Stimme zu Wort melden. Diese Kritiker sind manchmal gut und helfen uns, verschiedene Fettnäpfchen zu vermeiden, manchmal sind sie aber auch nervig, anstrengend und zehren an unserem Selbstwertgefühl. Ich werde Ihnen eine neue Sicht auf die inneren Quälgeister vorschlagen und eine Gebrauchsanweisung, wie Sie mit ihnen umgehen und ihre geheimen Stärken nutzen können. In meinem psychotherapeutischen Verständnis heißt die Devise: Aus einer Truppe von nervigen inneren Kritikern eine hilfreiche Unterstützergruppe machen. Packen wir es an!

Postskriptum:

Ich verzichte weitgehend auf die »genderpolitisch« korrekte Unterscheidung der Endungen von Nomen, wenn entweder Männer oder Frauen gemeint sind – das meiste, was ich schreibe, trifft auf beide Geschlechter zu. Herrje, … kaum hatte ich das letzte Wort geschrieben, ging innerlich das Gequassle los: »Das kannst du nicht machen, dass wird dir Ärger von den feministisch Gesinnten einbringen«, sagt der Allen-Rechtmacher. »Der Text sollte formal perfekt sein und sich keiner Kritik aussetzen«, sagt der innere Perfektionist in mir usw. Und wer siegt? Der Rebell mit dem Spruch des Tages: »Nö … I do it my way!« – super, hat er von Frank Sinatra geklaut.

Jochen Peichl

Nürnberg 2014

Unsere innere Vielfalt

Es ist sicher nicht zu abwegig von mir, wenn ich vermute, dass der Titel dieses Buches Rote Karte für den inneren Kritiker Ihnen gefallen hat – oder genauer gesagt, Sie konnten mit dem Thema etwas anfangen, sonst hätten Sie das Buch ja nicht gekauft. Ja, es geht um diese nervige, fiese Stimme in uns – diesen dauernden Besserwisser, der ständig etwas zu nörgeln hat. Sie kennen Ihre inneren Kritiker, Fehlerzähler, Miesmacher und Co. schon länger? Damit wir uns recht verstehen: Ich meine nicht die innere Stimme des Selbstzweifels in uns, die uns hilft, realistische Entscheidungen im Leben zu treffen, auch nicht das intuitive Bauchgefühl und schon gar nicht die meist ganz gesunde Selbstkritik. Ich meine die Stimme, die nie lobt, die auf uns herumhackt und uns das Gefühl gibt, wir seien für alles einfach zu doof, zu peinlich, zu unattraktiv usw.

Bei jedem von uns klingt die Melodie des Hintergrund-Chors im Kopf unterschiedlich. Mal laut, mal leise, mal schrill, mal sanft – aber meist unangenehm, als seien die inneren kritischen Stimmen ein Teil unserer Persönlichkeit, die den Fokus immer zielsicher auf unsere Schwächen, Fehler und Versäumnisse legen.

Bitte halten Sie jetzt einen Moment inne und stellen sich ein paar schwierige Situationen der letzten Wochen vor. Überlegen Sie: Wie waren die Kommentare meiner inneren Saboteure? Waren es hilfreiche Belehrungen oder unfreundliche Anschuldigungen? Wie lautet der Wortlaut der Lieblingstiraden meiner heimlichen Kopfbewohner?

Um Ihnen die Formulierung zu erleichtern, hier ein paar mögliche Kommentare der inneren Kritiker mit hoher Treffsicherheit und Durchschlagskraft für den Absturz unseres sonst so gesunden Selbstbewusstseins:

»Du taugst nichts.« – »Aus dir wird nie was werden.« –»Mit dir hat man immer Ärger!« –»Du bist einfach nur blöd!« –»Du bist nichts wert.« – »Dickerchen!« –»Bohnenstange! –»Du bist durch und durch schlecht.« –»Du hast zwei linke Hände.« –»Das schaffst du nicht, lass es sein.« –»Idiot!« – »Arschloch!« –»Du bist schuld, wenn … krank wird!« –»Dazu bist du nicht geeignet.« –»Du bist unmöglich!« –»Blöde Kuh!« –»Deinetwegen sind andere traurig.« –»Du redest nur dummes Zeug daher.« –»Rede nicht dazwischen!« –»Eigenlob stinkt« –»Lass es stehen, du lässt es nur fallen.« –»Mit dir muss man sich schämen!« –»Wie kann man nur so dumm sein!« –»Feigling!« –»Ruh dich nicht auf deinen Lorbeeren aus.« – »Warum kannst du nicht normal sein?« – Werde erst mal groß, dann …« – »Du bist böse.« – »Du bist das schwarze Schaf deiner Familie.« – »Das schaffst du doch nicht.« – »Du machst dich lächerlich.« – »Alles, was du anfasst, geht daneben!« – »Du bist ein Tollpatsch!« – »Du bist an allem schuld.« – »Du machst nur Mist!« – »Du machst allen Schande.« – »Du bist faul.« – »Du bist und bleibst ein Versager« ...1

Und – sind Sie an einer Formulierung hängen geblieben, war da was Bekanntes dabei? Überraschend ist die Vielfalt, mit der wir uns selbst fertigmachen können; es gibt nichts, was nicht besser, schneller, perfekter und klüger gemacht oder unterlassen werden könnte. Da fragt man sich schon, ob der innere Kritiker nicht eine zwar genaue, aber völlig überzogene, unrealistische Vorstellung davon hat, wie wir sein sollten, was wir dürfen, was wir nicht dürfen oder eben nicht, was und wer wir sein sollten. Es klingt, als wollte er (wo ich »er« schreibe, könnte auch immer »sie« gemeint sein) aus uns Supermänner und Superfrauen machen, damit ein für alle Mal Ruhe ist da im Oberstübchen: alle Vorgaben erfüllt, alle Macken beseitigt, eine glänzende Performance. Und wenn es auch noch so fies ist, was er uns ins Ohr träufelt, irgendwo, da ganz hinten im Kopf, befürchten wir, er könnte recht haben.

Der innere Kritiker diskutiert nicht, er lobt nicht – aber er will immer das letzte Wort haben, er ist von sich völlig überzeugt – ein Fiesling eben. Wäre er ein Arbeitskollege, würde es sich lohnen zu überlegen, ob es nicht nervenschonender wäre, den Typen oder die Tussi wegzumobben oder selbst den Arbeitsplatz zu wechseln. Diese Lösung wäre für das Problem »innerer Kritiker« durchaus bedenkenswert, sie lässt sich aber aus rein anatomischen Gründen leider nicht realisieren – wir leben halt alle mit unseren inneren Selbstanteilen unter einem (Schädel-)Dach und von Fällen eines gelungenen Exorzismus habe ich bisher noch nicht gehört.

Bevor wir uns Gedanken dazu machen, wie die inneren Kritiker und ihr Gefolge in uns entstanden sind, wie die Herrschaften den Moral- und Normenthron in unserem Dachstübchen besteigen konnten und warum wir das überhaupt alles zulassen und ertragen, ein gut gemeinter Vorschlag aus der Zauberkiste der Psychotherapie: Wir tun uns leichter mit den inneren Stimmen, wenn wir versuchen, sie zu personifizieren, das heißt anzunehmen, sie kämen von einer »Person«, einer »Gestalt« auf unserer inneren Bühne. Natürlich gibt es da keine »Mini-Persönlichkeiten« in uns und es gibt im Kopf auch keine echten »Kopfbewohner« und keine inneren Kinder, aber wir können uns unser Innenleben einfach mal als Theaterbühne vorstellen, bevölkert mit verschiedenen Selbstanteilen, in Form von Rollenpersonen. Das ist ein wesentliches Element der Teile-Therapie. (Wenn Sie sich dafür näher interessieren, dann empfehle ich Ihnen mein Buch Jedes Ich ist viele Teile, erschienen ebenfalls im Kösel-Verlag.)

Wenn ich im Titel dieses Buches von inneren Kritikern und Miesmachern spreche, dann können Sie sich jetzt spontan vorstellen, wie solche Personen auf einer Bühne aussehen würden, die diese Namen zu Recht tragen. Und wie lauten die Tiraden und ätzenden Bewertungssätze genau, die Sie wie von einer Schallplatte mit Sprung in Ihrem Kopf immer wieder hören?

Dazu schlage ich vor, dass Sie den Test »Ihre inneren Kritiker« am Ende des Buches machen und den Test laut der mitgelieferten Anleitung auswerten. Dann bitte nicht in tiefes Grübeln verfallen, sondern mit dem Ergebnis wieder hier auf die Seite zurückkehren.

Während Sie sich jetzt Kugelschreiber oder Bleistift holen und sich mit dem Test beschäftigen, mache ich einen Moment Pause.

Pause – Pause – Pause …

Sie sind wieder da!? Gut, dann kann’s weitergehen. 

Das Team der inneren Kritiker

So – jetzt wissen Sie schon mal, mit wem Sie es zentral auf Ihrer inneren Bühne zu tun haben und wie die Herrschaften heißen. »Herrschaften« scheint mir eine ganz gute Bezeichnung für diese inneren Quälgeister zu sein – für den Eindruck, den sie versuchen, uns zu vermitteln: Sie seien etwas ganz Besonderes, wüssten viel besser, was gut ist für uns, und seien uns immer eine Nasenlänge voraus. Die meisten von uns haben mehrere dieser inneren Kritiker – und jeden dieser Kritiker treibt eine andere Motivation und jeder benutzt eine andere Strategie, um unser ganz persönliches Tun und Lassen zu protokollieren und zu kommentieren. Wir haben da so eine Art inneren TÜV in uns – die einen Kritiker haben unseren Leistungsbereich im Auge, die anderen sind damit beschäftigt, uns zu ermahnen, doch gefälligst ein guter und vor allem unauffälliger Mensch zu sein, wieder andere sehen jeden kleinen Fleck auf dem Pullover und wieder anderen geht’s nicht schnell genug usw.

Ich bin davon überzeugt, dass es interessant und auch nützlich wäre, die einzelnen Innenteile vom Team »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser« einmal näher kennenzulernen. Machen Sie es sich bequem, ich stelle Ihnen die Herrschaften nachfolgend vor. Ich werde jetzt einen nach dem anderen bitten, auf die Bühne zu kommen, um uns etwas über seine Rolle, seine Funktion und seine Absichten zu erzählen. Wenn der Teil will, kann er ein paar Sprüche und Tiraden aus seinem Kritikerrepertoire zum Besten geben, und Sie prüfen, ob Sie davon etwas von den eigenen Innenstimmen wiedererkennen. Ich werde aber auch etwas über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Herrschaft sagen, sodass am Ende eine Art Steckbrief dieses Teiles entsteht, den Sie sich in Ihrem seelischen Innenraum an die Pinnwand heften können.

Fangen wir mit der Gegenüberstellung der üblichen Verdächtigen an. Ihnen würde ich raten, gut geschützt durch den Einwegspiegel zu schauen – Sie können sehen und hören, ich bin bei Ihnen, aber sie bleiben auf Distanz zu diesen Fieslingen.

Der Kontrolleur

Da steht die Person auf der Bühne: die Arme vor der Brust verschränkt, eine verkrampfte aufrechte Haltung, monotone Stimme – irgendwie ein cooler Typ, aber man merkt: Das oberste Ziel ist es, kontrolliert zu sein und vor allem zu bleiben.

Mr./Mrs. Be Strong! ist ein starker Typ, der nach der Devise denkt und lebt: »Du bist nur okay, wenn du immer stark und unangreifbar bist«. Nicht nur, dass jede Ungeschicklichkeit der Motorik kontrolliert werden muss, es kommt noch schlimmer: Gefühle in die Gefriertruhe, immer die Ruhe bewahren und emotionale Regungen und Stimmungsschwankungen nicht zeigen. Diese inneren »Sei-stark!«-Aktivisten versuchen uns mit Sätzen wie »Ein Junge weint nicht!« oder »Sei kein Warmduscher!« zu großer Selbstständigkeit, Abgeklärtheit und Autonomie zu erziehen, aber das hat seinen Preis: Dieser Aufruf zum Heldentum, zum Vorbild-Sein macht einsam und schneidet uns von unseren weichen und verletzlichen Seiten ab.

Die Aufgabe des inneren Kontrolleurs ist es, uns vor Scham und Zweifel zu schützen, Gefühle, die wir aus der Frühphase unserer Kindheit gut kennen, als wir noch sehr ungeschickt waren und erst lernen mussten, unsere Motorik und Ausscheidungsfunktionen (Blase und Darm) zu kontrollieren. Um alles genau zu sehen und um alles bis ins Detail kontrollieren zu können, benutzt er eine Vergrößerungslupe, der kein Fitzelchen entgeht.