Rote Karte für den Schmerz - Michael Dobe - E-Book

Rote Karte für den Schmerz E-Book

Michael Dobe

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Beschreibung

Paula ist 12 Jahre alt. Seit vier Jahren plagen sie chronische Bauchschmerzen. Die bisher angewandten Therapien haben ihr nicht geholfen. Paula ist von einem lebenslustigen Kind zu einem stillen, leidenden Mädchen geworden – und Paulas Eltern leiden mit. Für Kinder wie sie und deren Eltern haben Michael Dobe und Boris Zernikow dieses Buch geschrieben. Sie erklären darin in verständlicher Weise, wie Kinder, Jugendliche und Eltern den Schmerzen aktiv begegnen können. Auf der Basis ihrer Erfahrungen aus der ambulanten und stationären Kinderschmerztherapie zeigen die Autoren Reaktionsmöglichkeiten bei akuten Schmerzzuständen auf. Viele der Tricks und Verhaltensweisen sind einfach umzusetzen; sie erfordern manchmal ein wenig Mut und Geduld, aber keine aufwändigen Hilfsmittel oder Instrumente. Das Buch hilft Familien, trotz Schmerzen zu einem normalen Alltag zurückzufinden, in dem Lachen und ein positiver Blick in die Zukunft wieder Platz haben.

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»Den Schmerz verstehen – und was zu tun ist in 10 Minuten!«

Ein Film des Deutschen Kinderschmerzzentrums

www.carl-auer.de/rote-karte-fur-den-schmerz

Michael Dobe/Boris Zernikow

Rote Karte für denSchmerz Wie Kinderund ihre Eltern ausdem Teufelskreischronischer Schmerzenausbrechen

Mit einem Geleitwort von Marianne Koch

Sechste Auflage, 2021

Umschlaggestaltung: Uwe Göbel

Satz: Verlagsservice Hegele, Heiligkreuzsteinach

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Sechste Auflage, 2021

ISBN 978-3-8497-0130-7 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8021-0 (ePUB)

© 2009, 2021 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.

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[email protected]

Inhalt

Danksagung

Zum Geleit

Liebe Kinder und Jugendliche, liebe Eltern

Was ist Schmerz?

Akuter Schmerz

Chronischer Schmerz

Teufelskreis Schmerz: Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen

Potenzielle Auslöser

Wie sich chronischer Schmerz »entwickelt«

Das Schmerzgedächtnis

Schmerzen lernen und verlernen

Angst als Verstärker

Geht’s auch ein bisschen einfacher?

Schmerz als Alarmreaktion

Stress ist sinnvoll

Mit-Leiden

Die drei Denkfallen

Denkfalle 1: »Der Schmerz ist psychisch bedingt!«

Psychologische Beratung ist kein Allheilmittel

Denkfalle 2: »Der Schmerz ist organisch bedingt!«

Denkfalle 3: »Der Schmerz muss weg – für immer!«

Maßnahme 1: Denkfallen entschärfen

Günstige und ungünstige Verhaltensweisen bei Schmerzen

Kleiner psychologischer Exkurs

Ein Brief an Ihr Kind

Das Sprechen über Schmerzen

Maßnahme 2: Die 1-Euro-Regel

Maßnahme 3: Ablenkungsstrategien erarbeiten

Vermeiden vermeiden

Bloß kein Mitleid!

Maßnahme 4: Mut machen

Struktur versus Chaos

Maßnahme 5:Weniger Aktivität ist mehr Lebensqualität

Maßnahme 6:Mehr Aktivität ist mehr Lebensqualität

Maßnahme 7:Der Belohnungsplan

Schmerzen dürfen nicht zur Ausrede werden

Maßnahme 8:Wieder mehr am Alltag und am Leben teilnehmen

Schmerz und Schlaf

Maßnahme 9: Endlich wieder schlafen!

Doktor(s)hopping

Maßnahme 10: Irgendwann ist Schluss

Wenn der Schmerz zum Familienthema wird: Folgen für die Eltern

Maßnahme 11:Drei Schritte für einen gemeinsamen Weg

Wenn der Schmerz zum Familienthema wird: Folgen für die Geschwister

Maßnahme 12: Der Familienrat

Medikamente gegen chronische Schmerzen

Wann sind Schmerzmedikamente sinnvoll?

Nicht-Opioide

Opioide

Mittel gegen neuropathische Schmerzen

Wenn Schmerzmedikamente Schmerzen verursachen

Spezifische Hinweise bei Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen

Kopfschmerzen

Das sollte abgeklärt werden

Migräne

Spannungskopfschmerz

Chronischer täglicher Kopfschmerz

Maßnahme 13:Was tun bei chronischen Kopfschmerzen?

Bauchschmerzen

Das sollte abgeklärt werden

Der Einfluss der Ernährung

Das Reizdarm-Syndrom (Colon irritabile)

Maßnahme 14: Was tun bei Bauchschmerzen?

Rückenschmerzen

Mögliche Ursachen

Maßnahme 15:Was tun bei Rückenschmerzen?

Eltern und ihre Nöte: Häufige Fragen

»Schade ich meinem Kind, wenn es trotz Schmerzen seinen normalen Alltag beibehält?«

»Ich will mein Kind zu nichts zwingen. Warum sollte ich das tun?«

»Mein Kind hat Migräne. Muss es jetzt immer Medikamente nehmen?«

»Mein Partner und ich sind getrennt. Wie können wir unser Kind gemeinsam unterstützen?«

Umgang mit Verwandten, Lehrern und Ärzten

Umgang mit Verwandten

Maßnahme 16:Zusammen an einem Strang ziehen

Umgang mit Lehrern

Maßnahme 17: Weihen Sie die Lehrer ein

Umgang mit Ärzten

Maßnahme 18:So gelingt das Gespräch mit dem Arzt

Einfache und hilfreiche Techniken der Schmerzbewältigung

Strategien, die das Selbstwertgefühl Ihres Kindes steigern

Die Schmerzen malen

Schwarze und bunte Gedanken

Für Kinder bis 12 Jahre: Gedankenstopp und Gedankenboss

Für Jugendliche ab 12 Jahre: Schwarze und bunte Gedanken

Schmerztagebuch

Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Für Kinder bis 12 Jahre

Für Jugendliche ab 12 Jahre

Ablenkungstechniken

Die 54321-Ablenkungstechnik (ab 12 Jahre)

Bauchatmung

Eine schöne Zukunft

Alarmzeichen für eine schnelle Abklärung

Wann Sie sich an einen Kinderarzt wenden sollten

Wann Sie sich an einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten wenden sollten

Zu guter Letzt

Anhang

Weitere Therapiemethoden

Biofeedback

Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS)

Autogenes Training (AT)

Akupunktur

Homöopathie

Ernährung und Schmerz

Massage

Psychotherapie

Selbsthypnose

Andere Therapieverfahren

Informationsblätter zu chronischen Schmerzen

Zehn Tipps für Eltern im Umgang mit chronischen Schmerzen

Informationsblatt für Angehörige

Informationsblatt für Lehrer

Informationsblatt für Freunde

Anlaufstellen und Adressen

Literatur

Über die Autoren

Danksagung

Ein großer Dank gilt allen, die die Erstellung dieses Buchs tatkräftig unterstützt haben. Ein spezieller Dank geht an die Jugendlichen, die uns für dieses Buch ihre teils äußerst ausführlichen schriftlichen Aufzeichnungen während oder nach der Schmerztherapie zur Verfügung stellten. Zusätzlich haben wir von betroffenen Kindern, Jugendlichen und Eltern einige Kommentare und Bemerkungen zu den einzelnen Kapiteln gesammelt. Trotz aller Bemühungen sind es doch sehr häufig die betroffenen Kinder und Jugendlichen, aber auch ihre Eltern, die die Dinge auf den Punkt bringen.

Zum Geleit

Liebe Leserinnen und Leser,

zunächst möchte ich Ihnen zum Erwerb dieses Buches gratulieren. Ich finde es außerordentlich spannend und informativ, glänzend geschrieben, und ich bin sicher, dass es vielen schmerzgeplagten Kindern und Jugendlichen und damit auch ihren Eltern nachhaltig helfen wird.

Leider werden Schmerzen, gerade solche, unter denen Kinder leiden, immer noch nicht ernst genug genommen. Kopfweh, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen – »Es wird schon nicht so schlimm sein« oder »Stell dich nicht so an!«, heißt es nur allzu oft. Statt dass man die jungen Patienten einer wirksamen Therapie zuführt, schon um die Chronifizierung ihrer Schmerzen zu verhindern.

Das Verhältnis zum Phänomen Schmerz ist in unserer Gesellschaft von teilweise tragischen Missverständnissen geprägt. So wurden noch vor einigen Jahren Neugeborene ohne Narkose operiert, in der Annahme, ihr Nervensystem sei noch zu unreif für Schmerzempfindungen, oder Menschen sind der Überzeugung, dass Schmerz eben schicksalhaft und im Grunde nicht behandelbar sei. Diese Vorstellung müssen wir endlich aufgeben!

Schmerzen von Kindern mitzuerleben, zumal chronische oder immer wiederkehrende Schmerzen, ist für alle – Eltern, Geschwister, die ganze Familie – eine seelisch zutiefst belastende Situation, zweifellos auch für die betreuenden Krankenschwestern und Ärzte.

Wie gut, dass Dr. Michael Dobe und Prof. Dr. Boris Zernikow, die Autoren dieses Buches, es auf sich genommen haben, intensiv mit Kindern zu arbeiten, die unter Schmerzen leiden. Es sind äußerst erfahrene Therapeuten, die durch ihre wissenschaftliche Tätigkeit viel dazu beigetragen haben, dass wir heute das Wesen von Schmerz, besonders den chronischen Schmerz bei Kindern und Jugendlichen, besser verstehen und, vor allem, endlich kompetent behandeln können. Ihre Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen haben sie hier in einer großartigen und überzeugenden Weise dargestellt. Überzeugend deswegen, weil es ihnen zum einen gelungen ist, die komplexen Zusammenhänge zwischen Schmerzerleben und den Möglichkeiten von Schmerzbehandlung und -bewältigung in einer klaren und für jedermann verständlichen Weise zu beschreiben. Zum anderen aber, weil sie durch die vielen geschilderten Beispiele, die praktischen Vorschläge und die oft humorvollen Kommentare lebensnahe Informationen und Anleitungen für Eltern und die betroffenen Kinder geben.

Auch die Sprache mit ihren vielen kreativen Elementen – da gibt es »Denkfallen« und »Mutmach-Bilder«; witzige »Schildkröten«- und »Katzen«-Vergleiche bei den Entspannungsübungen – macht das Buch neben aller fachlichen Ernsthaftigkeit zu einem Lesevergnügen.

Vor allem aber wird es den Eltern, den Familien Mut machen. Es wird sie aus dem oft so quälenden Zustand der Hilflosigkeit befreien und ihnen und den jungen Patienten helfen, gemeinsam aus dem Teufelskreis chronischer Schmerzen auszubrechen.

Dr. med. Marianne Koch

Ehrenpräsidentin der Deutschen Schmerzliga e.V.

Liebe Kinder und Jugendliche, liebe Eltern,

wenn Schmerzen häufig kommen oder zum Dauerschmerz werden, wird das Leben für sehr viele Kinder und Jugendliche zur Qual. Und weil die Kinder leiden, leiden auch die Eltern. Dieses Buch soll eine Hilfe sein, trotz des Schmerzes zu einem normalen Alltag zurückzufinden, einem Alltag, in dem Lachen und das Denken an eine positive Zukunft wieder Platz haben.

Viele der in diesem Buch beschriebenen Tricks und Verhaltensweisen sind sehr einfach und erfordern nur ein wenig Mut und Geduld, aber keine aufwändigen Hilfsmittel oder Instrumente – ganz im Gegensatz zu den vielen Untersuchungen, Diagnosen, möglichen (und unmöglichen) Therapiemaßnahmen, denen wohl viele von Euch und Ihnen schon begegnet sind. Wie oft müssen sich Betroffene dazu noch ebenso gut gemeinte wie deplatzierte Ratschläge anhören wie »Das Kind trinkt doch zu wenig« oder »Der Junge simuliert und will einfach nicht zur Schule gehen«. Außerdem quälen sich viele von Ihnen, liebe Eltern, mit immer wiederkehrenden Selbstvorwürfen: »Ist nicht doch etwas übersehen worden? Was, wenn ich meinem Kind Unrecht tue? Was habe ich nur falsch gemacht? Wenn nichts Körperliches vorliegt, wie kann die Ursache dann psychisch sein – meinem Kind ging es doch gut? Oder etwa nicht?« Die Folgen sind – Sie werden es bereits erfahren haben – Verunsicherung, Verzweiflung und Hilflosigkeit. Der Schmerz nimmt einen immer größeren Raum im Denken und Fühlen ein und scheint sich in der Familie auszubreiten, fast wie ein neues Familienmitglied.

Obwohl chronischer Schmerz immer besser erforscht und auch verstanden wird, findet er leider bislang noch sehr wenig Berücksichtigung in der Ausbildung von Ärzten, Psychologen, Krankengymnasten, Heilpraktikern und sonstigen Therapeuten. Allzu oft wird chronischer Schmerz im Sinne von »Da stimmt etwas nicht« oder »Etwas ist im Ungleichgewicht, und das muss behoben werden!« verstanden. Schlimmer noch: Je nachdem, wen Sie mit Ihrem Problem ansprechen, bekommen Sie ganz unterschiedliche Diagnosen und Therapieempfehlungen zu hören. Das Verständnis von chronischem Schmerz als eigenständiger Schmerzerkrankung, bei welcher eine einzelne körperliche oder eine einzelne psychische Ursache nicht existiert, ist noch eher selten. Der Leidensweg eines zwölfjährigen Mädchens mit fortwährenden Bauchschmerzen soll dies verdeutlichen.

Paula, 12 Jahre

Seit vier Jahren klagte Paula immer häufiger über Bauchschmerzen, in letzter Zeit nahezu ständig. Paula war von einem lebenslustigen Kind zu einem stillen, ernst und manchmal leidend wirkenden, zurückgezogenen Mädchen geworden, das immer häufiger in der Schule fehlte. In ihrer zunehmenden Hilflosigkeit stellten die Eltern Paula in drei verschiedenen Krankenhäusern zur Untersuchung vor. Das Kind erhielt anschließend ambulant verschiedenste Schmerzmittel, eine homöopathische Behandlung, eine Akupunkturbehandlung, Antibiotika gegen eine diagnostizierte Magenschleimhautinfektion, verschiedene Psychotherapien und Unterweisung in Entspannungstechniken. Häufig wurde den Eltern und dem Kind gesagt, dass die Ursache nun gefunden sei. Mal war dies eine körperliche, mal eine psychische Ursache, je nachdem, welchen Beruf der angefragte Therapeut ausübte. Manchmal zeigte sich auch eine über wenige Tage anhaltende Besserung, die aber rasch wieder nachließ.

Wegen Kindern wie Paula haben wir uns entschlossen, dieses Buch zu schreiben, um Ihnen, den betroffenen Familien, auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und unserer eigenen Erfahrungen im Rahmen der ambulanten und stationären Kinderschmerztherapie eine erste Orientierung anzubieten.

Eine Bitte liegt uns am Herzen: Auch wenn viele von Ihnen durch Behandlungsmisserfolge wiederholt enttäuscht wurden oder möglicherweise den Glauben an eine Besserung der Situation schon ganz verloren haben – vermeiden Sie eine reine Selbstbehandlung. Besprechen Sie stattdessen Ihr Vorgehen mit dem Arzt oder Therapeuten Ihres Vertrauens. Er ist derjenige, der Sie an eine auf Schmerz spezialisierte Ambulanz oder Station überweisen muss, wenn die im Buch beschriebenen Verhaltensmaßnahmen und Tricks allein nicht mehr ausreichen. Leider passiert es immer wieder, dass dies der eine oder andere Arzt aus Mangel an Kenntnissen nicht tut. Wenden Sie sich dann an eine der im Anhang des Buches aufgeführten Adressen; von dort aus wird man Kontakt mit Ihrem Kinder- oder Hausarzt aufnehmen.

Wir wünschen Ihnen auf dem Weg zu weniger Schmerz und mehr Leben viel Kraft und den Mut, die in diesem Buch aufgeführten Ratschläge in Ihrem Alltag umzusetzen.

Dr. rer. medic. Michael Dobe und Prof. Dr. med. Boris Zernikow

Datteln, den 31. Mai 2012

Was ist Schmerz?

Klar weiß ich, was Schmerzen sind.

Sonst wäre ich wohl kaum hier auf der Station!

Sarah, 16 Jahre

In diesem Kapitel gehen wir darauf ein, dass Schmerzen zum einen ein Warnsignal darstellen können (akuter Schmerz); zum anderen gibt es jedoch Schmerzen, die diese Warnfunktion verloren haben (chronischer Schmerz). Anschließend erklären wir, wie es dazu kommt, dass ein Schmerz chronisch wird. Begriffe wie »Schmerzsensibilisierung« und »Schmerzgedächtnis« werden erläutert. Einige erklärende Hinweise darauf, wie Schmerzen im Gehirn verarbeitet werden, sowie viele Beispiele runden das Kapitel ab.

Akuter Schmerz

Autsch, blöder Tisch!

Julian, 8 Jahre

Jeder hat in seinem Leben schon Erfahrungen mit Schmerzen gesammelt. In den meisten Fällen ist der Schmerz vorübergehender Natur und tritt im Rahmen einer Prellung, Verletzung oder Entzündung auf. Solche Schmerzen nennt man übrigens »akut«: Der Schmerzauslöser ist hier also eine äußere oder innere Schädigung des Körpers.

Unser Gehirn ist dafür zuständig, dass wir bei einer Verletzung oder Erkrankung Schmerz empfinden. Verbrennt man sich die Hand auf einer heißen Herdplatte, wird das Verletzungssignal über die Nerven der Hand zum Rückenmark und von dort zum Gehirn weitergeleitet. Unser Gehirn versucht nun, das eintreffende Signal in das bewusste Wahrnehmen zu »übersetzen«.

Damit unser Gehirn den genauen Schmerzort bestimmen kann, hat es eine Art »Schmerzzentrum« ausgebildet, das unseren gesamten Körper wie eine Landkarte abbildet. Dieser Teil des Gehirns wird auch somato-sensorischer Kortex genannt. Er ist mit einem ganzen Netzwerk von verschiedenen Bereichen des Gehirns verbunden und selbst in viele kleine Bereiche unterteilt. Jeder Teilbereich in diesem Schmerzzentrum steht in Verbindung mit einem Teil unseres Körpers. Je wichtiger ein Körperteil für unseren Alltag ist und je komplexer die Aufgaben sind, die wir mit ihm erledigen, desto größer ist auch der Platz, den dieser Körperteil auf der »Landkarte« im Gehirn erhält. So wird ein Schmerzsignal von der Hand in denjenigen Teil des Schmerzzentrums geleitet, der für die Hand zuständig ist. Zusammen mit anderen Gehirnregionen löst der zuständige Teil des Schmerzzentrums dann das Schmerzgefühl und das Zurückziehen der Hand aus. Das wird über motorische Reflexe des Rückenmarks vermittelt, oft noch bevor unser Bewusstsein den Schmerz richtig realisiert hat.

Viele Kinder wünschen sich, dass ihre Schmerzen für immer verschwinden und sie überhaupt keine Schmerzen mehr fühlen müssen. Das wäre aber sehr ungünstig. Man würde sich z. B. mit einem Messer schneiden, es gar nicht merken und sich womöglich noch mehr verletzen. Oder mit einem verletzten Bein weiter Fußball spielen. Um uns davor zu schützen, gibt es den Schmerz. Er weist uns darauf hin, dass etwas nicht stimmt und wir besser überprüfen sollten, was genau die Ursache für den Schmerz ist. Auch bei unserem Herdplatten-Beispiel hat der Schmerz eine klare Warn- und Schutzfunktion. Er sagt uns: »Zieh die Hand von der Herdplatte weg, sonst fügst du dir schwere Schäden zu.«

Damit wir die Möglichkeit haben, der Ursache schnell auf den Grund zu gehen, sollten wir sehr genau bestimmen, wo und wie stark es wehtut. Normalerweise stellt sich dann bald heraus, dass die von uns wahrgenommene Schmerzstärke gut zu der Schmerzursache passt. So tut z. B. ein kleiner Nadelstich weniger weh als ein Tritt gegen das Schienbein. Zudem weiß die soziale Umgebung (also etwa Eltern, Verwandte, Freunde, Lehrer) in der Regel sehr genau, wie man am besten auf den Schmerz reagiert. Ein Beispiel aus der Zeit, als wir noch alle Jäger und Sammler waren und in Höhlen gelebt haben, soll dies verdeutlichen.

Der Jäger Uga und sein Freund Aga schultern ihre Speere und Äxte, um auf die Mammutjagd zu gehen. In den schneebedeckten Weiten der Steppe können sie schon von weitem die Geräusche der großen Tiere ausmachen. Als sie sich an ein Tier abseits der Herde heranschleichen, hören sie ein lautes Knurren. Ein Säbelzahntiger stürzt sich auf Uga und beißt ihn ins Bein, sie können ihn aber zur Strecke bringen. Aga stützt Uga auf dem Weg zurück ins Lager, damit die Wunde nicht weiter aufgeht. Im Lager wird Ugas Bein mit Wasser ausgespült, mit heilenden Kräutern bedeckt und notdürftig verbunden. Uga wird getröstet und muss bei der nächsten Jagd pausieren, weiß aber aus Erfahrung, dass die Verletzung heilen wird. Sorgen machen sich er und die anderen nicht. Die Schmerzen werden weitestgehend ignoriert, da der tägliche Überlebenskampf die volle Aufmerksamkeit der Frauen und Männer beansprucht.

Auch wir in der heutigen Zeit handeln bei akuten Schmerzen intuitiv und ohne zu überlegen meist richtig. Wir pusten dem Kind auf die Brandblase, nehmen es kurz in den Arm und sagen, dass es gleich besser werden wird. Wir ermahnen es, seine Hand für die Dauer der Verletzung zu schonen und verwöhnen es als Ausgleich für die Schmerzen und die empfundene Beeinträchtigung ein wenig. All das sind sinnvolle und richtige Verhaltensweisen im Umgang mit akuten Schmerzen.

Chronischer Schmerz

Dummes Gehirn, anstatt den Schmerz zu lernen,

sollte es mir lieber in der Schule helfen.

Jessica, 9 Jahre

In unabhängigen Untersuchungen wurde in verschiedenen Ländern festgestellt, dass etwa 15 bis 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen mindestens einmal pro Woche über Bauch-, Kopfoder Rückenschmerzen klagen. Wenn diese Schmerzen an mindestens 15 Tagen im Monat über drei Monate hinweg auftauchen, spricht man von chronischem Schmerz.

Bei den meisten betroffenen Kindern kann glücklicherweise im weiteren Verlauf eine schwerwiegende oder entzündliche Erkrankung (z. B. Rheuma, Bandscheibenvorfall, ein Tumor oder eine entzündliche Darmerkrankung) als Schmerzursache ausgeschlossen werden. Dennoch werden bei etwa drei bis vier Prozent der Kinder oder Jugendlichen die Schmerzen so schlimm, dass man von einer Schmerzerkrankung oder Schmerzstörung spricht. Diese Kinder und Jugendlichen haben fast dauernd Schmerzen.

Die meisten Kinder und Jugendlichen berichten zudem über Konzentrationsschwierigkeiten aufgrund der Schmerzen und über Probleme, sich im Alltag von den Schmerzen ablenken zu können. Meist gelingt das während der Lieblingsbeschäftigungen noch am besten. Die meisten haben Angst, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmen und es möglicherweise etwas »Schlimmes« sein könnte. Die Eltern sind häufig besorgt und genervt zugleich, wenden sich die Kinder in ihrer Hilflosigkeit doch meist an ihre Eltern. Es kommt vermehrt zu Schulfehlzeiten, Alltags-, Freizeit- sowie Familienaktivitäten werden vermieden. In der Folge wird ein Teil der knappen Familienzeit dafür aufgewandt, Ärzte oder andere Behandler aufzusuchen. Gibt es Geschwister, fühlen sich diese nicht selten vernachlässigt.

Kinder und Jugendliche mit chronischen Schmerzen sind mehr gefährdet, eine psychische Störung zu entwickeln, als Kinder und Jugendliche ohne chronische Schmerzen. Vor allem Ängste, Schulprobleme und Depressionen können die Folge von unzureichend behandelten chronischen Schmerzen sein. Andererseits gibt es Studien, die darauf verweisen, dass vorbestehende Ängste, Depressionen, familiäre Nöte und Streitigkeiten die Auftretenswahrscheinlichkeit von Schmerzen erhöhen. Auch Überängstlichkeit der Eltern oder das Vorkommen von chronischen Schmerzen bei mindestens einem Elternteil erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ebenfalls chronische Schmerzen entwickelt.

Was chronischen Schmerz von akutem Schmerz unterscheidet

Chronischer Schmerz klingt nicht wieder ab: Im Gegensatz dazu gehen akute Schmerzen erfahrungsgemäß meist schnell oder bei Entzündungen und Verletzungen wenigstens mit der Zeit wieder zurück.Selten lassen sich eindeutige Auslöser feststellen: Häufig scheint bei chronischem Schmerz Stress eine Rolle zu spielen, und wenn die Laune im Keller ist, klagen die Kinder und Jugendlichen meist über etwas stärkere Schmerzen. Aber ein Auslöser, den man sehen oder messen kann, wie bei akutem Schmerz, fehlt meist bei chronischem Schmerz.Der chronische Schmerz hat anscheinend keine Warn- oder Schutzfunktion: Wenn ein Schmerz immer (wieder) da ist, und das über einen längeren Zeitraum (und dies nicht in Verbindung mit einer sichtbaren oder messbaren Entzündung oder Verletzung steht), gibt es offenbar nichts, wovor er warnt. Abgesehen davon würden unbehandelte Entzündungen oder Verletzungen mit der Zeit entweder stärkere Schmerzen verursachen – oder abklingen, wenn sie von selbst ausgeheilt sind.Die wahrgenommene Schmerzstärke hat demzufolge meist wenig, häufig gar nichts mehr mit einer Verletzung oder Entzündung zu tun: Das, was das Kind oder der Jugendliche an Schmerzen empfindet, ist also losgelöst von einer körperlichen Ursache zu betrachten. Der Schmerz hat sich verselbstständigt und ist zu einer eigenständigen Erkrankung geworden.

Im Folgenden soll erläutert werden, wie es zu solch einem Schmerzphänomen kommen konnte und wieso weder ein ausschließlich organisches noch ein ausschließlich psychologisches Vorgehen sinnvoll ist.

Teufelskreis Schmerz: Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen

Also, Teufelskreis passt wirklich sehr gut!

Marius, 17 Jahre

Wenn Eltern zu uns in die ambulante oder stationäre Behandlung kommen, sind meist schon viele Monate vergangen und viele Behandlungsversuche unternommen worden. Im Schnitt vergehen über drei Jahre, bis Kinder in unsere stationäre schmerztherapeutische Einrichtung aufgenommen werden. Dies ist eine lange Zeit, und bei der Frage, ob etwas Besonderes zu Beginn der Schmerzen passiert sei, erinnern sich viele Eltern nicht mehr daran und verneinen gereizt. Wir stellen allerdings häufig im Verlauf der Behandlung fest, dass zu Beginn der Schmerzen durchaus ein akuter Schmerz stand. Dies muss kein schwerwiegendes Ereignis gewesen sein, z. B. kann es sich dabei um eine Infektion, eine Migräneattacke, eine Verletzung aufgrund eines Unfalls oder eine Grippe mit Schmerzen gehandelt haben.

Potenzielle Auslöser

Das verwundert nicht, muss doch auch ein chronischer Schmerz irgendwann einmal seinen Anfang genommen haben. Manchmal können aber auch belastende Lebensereignisse wie z. B. ein Todesfall in der Familie oder die Trennung der Eltern als so schlimm empfunden werden, dass es im wahrsten Sinne des Wortes weh tut. Anhand von Spezialaufnahmen des Gehirns konnten Forscher herausfinden, dass z. B. das Gefühl, sozial ausgegrenzt zu werden, tatsächlich einen Teil des Schmerznetzwerks im Gehirn aktivierte und die Versuchspersonen angaben, leichte Schmerzen zu haben.

Zudem wird eine genetische Veranlagung diskutiert. Schließlich entwickelt nicht jeder chronische Schmerzen. Es gibt Berichte von Menschen, bei denen eher zufällig ein Bandscheibenvorfall festgestellt wurde; Schmerzen hatten sie jedoch nicht. Leistungssportler gehen regelmäßig über ihre Schmerzgrenze und entwickeln trotzdem in der Regel keine Schmerzstörung. Umgekehrt gibt es Menschen, die schon bei geringeren organischen Auslösern längere und stärkere Schmerzen empfinden.

Häufig, aber nicht immer, können zudem psychische Stressoren eine Rolle spielen. Diese sind vielfältiger Natur. So spielen z. B. Paarkonflikte der Eltern, schulische Über- oder Unterforderung, langwierige Krankheitsfälle in der Familie, Termindruck, mangelnde Struktur im Alltag, elterliche Vernachlässigung oder Überfürsorglichkeit sowie ein geringes Selbstbewusstsein eine Rolle. Diese psychischen Stressoren erhöhen allerdings nur die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem akuten Schmerz mal ein chronischer Schmerz wird, die alleinige Ursache sind sie nicht. Sonst müssten ja fast alle Kinder und Jugendlichen unter chronischen Schmerzen leiden.

Ein weiterer Einflussfaktor sind sehr belastende (traumatische) Lebensereignisse. Neueste Studien konnten nachweisen, dass traumatische Lebensereignisse im weiteren Verlauf die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöhen, dass aus einem akuten Schmerz einmal ein chronischer Schmerz wird. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass nach einem solch traumatischen Lebensereignis die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, dauerhaft gestört ist. Die Verarbeitung in jenem Teil des Schmerznetzwerks, der für die Schmerzwahrnehmung zuständig ist, wird dauerhaft verändert. Die ohnehin schon belasteten Kinder und Jugendlichen werden tatsächlich schmerzempfindlicher. Das Risiko steigt, dass aus einem beliebigen akuten Schmerz ein chronischer Schmerz wird.

Wie sich chronischer Schmerz »entwickelt«

In der Regel finden Schmerzen nicht im Verborgenen statt und werden nicht verheimlicht. Damit hat es natürlich auch einen Einfluss auf das Schmerzempfinden, wie jemand aus der Familie des Kindes auf dessen Schmerz reagiert. Fragt z. B. die Mutter oder der Vater ständig nach, ob und wie schlimm es wehtut? Wird das Kind schon von der Schule nach Hause geschickt, wenn der Lehrer nur vermutet, dass es ihm nicht so gut geht? Muss das Kind seine Hausaufgaben nicht mehr machen, weil es Schmerzen hat?

Die folgende Abbildung zum »Teufelskreis der Schmerzen« illustriert, wie Schmerz, wenn er einmal da ist, nach und nach chronisch und schließlich zu einem Dauerschmerz werden kann.

Abbildung 1: Der Teufelskreis der Schmerzen

Der Teufelskreis der Schmerzen ist ein stark vereinfachtes Modell der sehr komplexen Vorgänge, die zwischen Gehirn und Körper ablaufen. Was passiert dabei? Zunächst gibt es ein Schmerzsignal (1a). Denn am Anfang ist es tatsächlich nur ein Signal, das wir möglicherweise gar nicht registrieren. Erst wenn unser Gehirn entscheidet, dass es wichtig genug ist, um wahrgenommen zu werden (Öffnen des Schmerztors (a)), können wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten (2).

Uns allen ist es schon öfter passiert, dass wir uns irgendwo aus Versehen geritzt oder gestoßen oder abends einen blauen Fleck entdeckt haben, ohne dass wir es im Augenblick der Verletzung bemerkt hätten – einfach weil etwas anderes gerade sehr viel wichtiger war. Ein Fußballer steht nach einem Foul in der Regel wieder auf und wird sich wieder auf den Ball und seinen Gegner konzentrieren und somit auch starke Schmerzen für den Augenblick gut in den Hintergrund verdrängen können. Es gibt genügend Beispiele aus dem Leistungssport, in denen Sportler trotz ihrer Verletzung das Spiel zu Ende spielten und sogar noch das Spiel für ihre Mannschaft entscheiden konnten. Wie ist das möglich?

Eine entscheidende Rolle dabei spielt unser Kopf. Entweder er entscheidet, dass ein dringender Termin jetzt gerade unsere ganze Aufmerksamkeit beansprucht und der kleine blaue Fleck, den wir uns in der Hektik beim Zusammenstoß von Bein und Tisch geholt haben, vernachlässigbar ist. Oder unser Kopf entscheidet, dass es gerade nichts Wichtigeres als diesen Zusammenstoß und diesen Schmerz gibt, sodass wir uns auf ihn konzentrieren. Es ist also von zentraler Bedeutung, wie wir den Schmerz bewerten.

Nun sind wir Menschen ungekrönte Meister im Bewerten, im Schubladendenken und im Grübeln über andere. Eigentlich bewerten wir Menschen alles, was gerade passiert. Auch das, was wir gerade in diesem Augenblick lesen, bewerten wir daraufhin, ob es zu unseren Erfahrungen und Überzeugungen passt (b). Kinder und Jugendliche sind da nicht anders. Normalerweise finden Kinder und Jugendliche Schmerzen doof und wollen, dass sie verschwinden. Wenn Schmerzen aber länger andauern, kommen viel negativere, »schwärzere« Gedanken dazu (3). So beschreiben viele Kinder und Jugendliche, dass sie in ein regelrechtes »Schmerzloch« fallen, aus dem sie aus eigener Kraft kaum herauskommen. Typische Gedanken sind dann: »Es hat doch sowieso alles keinen Sinn«, »Warum gerade ich?«, »Hört der Schmerz denn nie auf?«, »Verdammt, ich kann mich einfach nicht mehr konzentrieren«, »Ich kann nicht mehr«, »Ich drehe bald durch« usw.

Leider neigen wir automatisch dazu, Ähnliches mit Ähnlichem zu vergleichen. Das bedeutet, dass sich zu den ohnehin schon negativen Gedanken sehr wahrscheinlich auch noch negative Erinnerungen hinzugesellen, die mit den Schmerzen etwas zu tun haben können (z. B. an einen früheren schmerzhaften Unfall), aber nicht müssen: So fiel z. B. einem achtjährigen Mädchen immer dann, wenn es starke Kopfschmerzen hatte, ein, dass ihr Hund ein Jahr zuvor gestorben war. Wenn Kinder und Jugendliche schwerwiegende belastende Lebenserfahrungen gemacht haben, werden sie häufig genau in diesem Moment daran erinnert. Alles in allem sinkt die Stimmung nicht selten auf den Nullpunkt, und je nach Typ sind dann eher Frust, Trauer, Wut oder Angst vorherrschend (c).

Gefühle heißen Gefühle, weil man auch körperlich etwas fühlt. Ist man total entspannt und der Herzschlag ruhig und regelmäßig, kann man keine Angst haben. Umgekehrt ist es wahrscheinlich unmöglich, sich richtig glücklich zu fühlen, wenn man den Köper verspannt, die Stirn runzelt und böse dreinschaut. Letztendlich sind alle negativen Gefühle – ganz grob gesprochen – Ursache oder aber Ausdruck einer körperlichen Stressreaktion (4). Diese läuft ganz automatisch – unwillkürlich – immer dann ab, wenn etwas unser persönliches Wohlergehen bedroht. Da reicht es schon, dass man auf eine bestimmte Tätigkeit (wie z. B. Hausarbeit) keine Lust hat und sich dazu richtiggehend überwinden muss. Eine Stressreaktion tritt aber auch bei negativen Gedanken oder Erinnerungen auf, oder wenn man etwas negativ bewertet.

Kurz- und langfristige Stressreaktion

Man unterscheidet zwischen kurz- und langfristiger Stressreaktion. Die kurzfristige Stressreaktion lässt die Muskelspannung im Körper ansteigen. Dies führt dazu (unabhängig davon, ob man nun unter Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen leidet), dass die Schmerzen stärker werden: Die stärkere Muskelanspannung zieht stärkere Schmerzen nach sich.