Route 66 - Quer durch die Bibel - Ewald Keck - E-Book

Route 66 - Quer durch die Bibel E-Book

Ewald Keck

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Beschreibung

Die legendäre Route 66 verläuft quer durch acht amerikanische Bundesstaaten. Dieses Buch ist allerdings ein Reiseführer für eine andere "Route 66", die quer durch die 66 Bücher der Bibel führt. Der vorliegende Band umfasst das Neue Testament mit seinen 27 Büchern, ein weiterer das Alte Testament mit 39 Büchern. Dabei geht es wie bei jeder Tour zunächst um sachliche Informationen und Hintergründe wie z.B. wer das Buch verfasst hat, wann und warum. Eine grafische Übersicht fasst jedes einzelne Buch anschaulich zusammen. Dieses Nachschlagewerk will helfen, die großen Zusammenhänge beim Lesen der Bibel zu verstehen. Aber nicht nur das. Neben sachlichen Informationen finden sich immer wieder Impulse, die zum persönlichen Nachdenken anregen sollen. Letztlich geht es bei der gesamten Tour darum, Jesus Christus, den "King of the Road" zu entdecken und ihm persönlich zu begegnen.

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Für meine Frau Elisabeth, ohne deren ständige Ermutigung, Unterstützung und persönliches Vorbild ich weder die Route 66-Seminare noch dieses Buch zustande gebracht hätte.

Für meine Kinder Rebecca und Daniel, die mich mit Rat und Tat ermutigt haben.

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Einführung in das neue Testament

Einführung in die Evangelien

Das Evangelium nach Matthäus

Das Evangelium nach Markus

Exkurs: Besonderheiten bei Markus

Das Evangelium nach Lukas

Exkurs: Besonderheiten bei Lukas

Das Evangelium nach Johannes

Exkurs: Die Gottheit Jesu Christi

Die Apostelgeschichte

Exkurs: Der Heilige Geist in der Apostelgeschichte

Der Römerbrief

Exkurs: In Christus

Der 1. Korintherbrief

Exkurs: Gott verherrlichen

Der 2. Korintherbrief

Exkurs: Die Methoden Satans

Der Galaterbrief

Der Epheserbrief

Der Philipperbrief

Der Kolosserbrief

Exkurs: Christus genügt!

Die Thessalonicherbriefe

Exkurs: Entrückung der Gemeinde

Der 1. Timotheusbrief

Exkurs: Dürfen Frauen Lehren?

Der 2. Timotheusbrief

Der Titusbrief

Der Philemonbrief

Der Hebräerbrief

Der Jakobusbrief

Der 1. Petrusbrief

Exkurs: Mit Spannungen leben

Der 2. Petrusbrief

Der 1. Johannesbrief

Exkurs: Gemeinschaft mit Gott

Der 2. Johannesbrief

Exkurs: Die Menschwerdung Christi

Der3. Johannesbrief

Exkurs: Gastfreundschaft

Der Judasbrief

Die Offenbarung

Exkurs: Wann kommen die Gerichte?

VORWORT

Keine Straße in den Vereinigten Staaten ist so berühmt und von Mythen umgeben wie die Route 66. Die einen nennen sie „Main Street of America“, andere liebevoll „Mother Route“ und wieder andere „Straße der Sehnsucht“. Sie war wohl alles gleichermaßen.

Die Route 66 beginnt am Jackson Boulevard in Chicago und endet am Pier von Santa Monica in Kalifornien. Sie ist 2.450 Meilen (3.943 km) lang und verläuft durch acht Bundesstaaten. Die Mother Route wurde 1926 als erste durchgehende Verbindung zwischen Chicago und Los Angeles in Betrieb genommen. Zur Zeit der Weltwirtschaftskrise und der verheerenden Dürrezeiten in der 30er Jahren war sie die einzige Möglichkeit, aus den besonders betroffenen Midwest-Staaten in das „gelobte Land“ – nach Kalifornien – zu kommen. Man siedelte mit Sack und Pack vom im Winter lausig kalten Chicago in das warme Kalifornien über.

Wie die historische Route 66 quer durch die Vereinigten Staaten führt, so führt meine Route 66 quer durch die 66 Bücher der Bibel. Auch diese „Main Street“ ist eine „Straße der Hoffnung“, die den Leser in ein besseres, wärmeres Land führen soll.

Das Ziel dieser Tour ist, für das wichtigste Buch, das es auf dieser Welt gibt, Interesse zu wecken und zum selbständigen Lesen Lust zu machen. „Route 66 – Quer durch Bibel“ bietet deshalb einen Überblick über jedes Buch der Bibel durch Hintergrundinformationen, geistliche Impulse und durch viele Übersichten, die den Inhalt und die Botschaft veranschaulichen.

Das vorliegende Buch entstand aus einem Seminar über die ganze Bibel, das ich von Oktober 2000 bis April 2011 in der Christusgemeinde in Nagold durchgeführt habe. Der Band zum Alten Testament ist in Vorbereitung.

Die Lektüre der Bibel ist allerdings keine rein geistige Angelegenheit, sondern soll dazu führen, das Erkannte in die Praxis umzusetzen. Dazu soll dieses Buch helfen.

Deshalb: Get (more) than kicks – on Route 66!

Ebhausen, im November 2011

Ewald Keck

EINFÜHRUNG IN DAS NEUE TESTAMENT

Der zweite Tourabschnitt der Route 66 führt quer durch die 27 Bücher des Neuen Testaments und ist mit seinen 260 Kapiteln wesentlich kürzer als der erste mit 39 Büchern und 929 Kapiteln im Alten Testament. Auch bei dieser Tour geht es in erster Linie darum, einen Überblick über die einzelnen Bücher zu gewinnen. Bevor wir mit den Büchern beginnen, ist eine kurze Einführung in das Neue Testament notwendig.

1. Die Bezeichnung „Neues Testament“

Mit dem Neuen Testament ist eine Sammlung von Schriften des Urchristentums gemeint, die 27 Bücher umfasst. Woher kommt diese Bezeichnung?

Das Wort „Testament“ (lat. testamentum) ist die lateinische Übersetzung des griechischen und hebräischen Begriffes für „Bund“, der im Alten Testament die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel bezeichnet

1

(z.B. Gen 15,18; 17; Ex 24,1-11; 2Sam 23,5).

Schon im Alten Testament wird ein neuer Bund verheißen (Jer 31,31-34) und im Neuen Testament die Erfüllung dieser Verheißung durch Jesus Christus bestätigt (vgl. Lk 22,20; 1Kor 11,25). Alter und neuer Bund werden häufig miteinander verglichen (z.B. Hebr 8; 9,15; 12,24; 2Kor 3,6-18). Der neue Bund ist die Erfüllung des alten Bundes.

Mit der Bezeichnung „Neues Testament“ ist also zunächst „

ein heilvolles Tun Gottes an Menschen

2

bzw. ein „

umfassendes Heilsangebot Gottes in Jesus Christus

3

gemeint und keine Schriftensammlung.

Die Unterscheidung von Altem und Neuem Testament als Schriftensammlung taucht erst in der zweiten Hälfte des 2. Jh. n.Chr. bei Kirchenschriftstellern auf. „Als feste Bezeichnung in diesem Sinne ist der Ausdruck erst um die Wende vom 2./3. Jh. belegt.“4

2. Der Text des Neuen Testaments

Das Neue Testament wurde ursprünglich in griechischer Sprache verfasst. Koine, wie man den griechischen Dialekt damals nannte, wurde im 4. Jh. v.Chr. durch die Armeen Alexander des Großen verbreitet und zur Zeit des Neuen Testaments im ganzen römischen Reich gesprochen. Das war die beste Voraussetzung, damit alle Menschen mit dem Evangelium erreicht werden konnten.

Den Text des Neuen Testaments hat Gott aber nicht als fertiges Buch überreicht, sondern in einer Vielzahl von Fragmenten, wobei der Umfang vom Teil eines Verses bis zu einem kompletten Neuen Testament reicht. Diesen ursprünglichen Text des griechischen Grundtextes zu rekonstruieren, ist die Aufgabe der sog. „Textkritik“.

Damit das Neue Testament verstanden werden konnte, musste es zuerst aus dem griechischen Grundtext übersetzt werden. Das war keine einfache Aufgabe, da Grammatik und Satzbau unterschiedlich sind. Die herausragendste Übersetzungsarbeit im deutschen Sprachraum hat zweifellos Martin Luther geleistet, der vor der Herausforderung stand, nicht nur den Text zu übersetzen, sondern gleichzeitig eine einheitliche deutsche Schriftsprache, die es bis dahin nicht gab, zu schaffen. Sein Ziel war, dass jeder einfache Mensch die Bibel lesen konnte:

Ich habe mich beim Dolmetschen des befleißigt, reines und klares Deutsch zu geben. Es ist uns wohl oft begegnet, daß wir vierzehn Tage, drei, vier Wochen lang ein einziges Wort gesucht und danach gefragt haben, und haben es dennoch zuweilen nicht gefunden. (…) Man darf eben nicht die Buchstaben in der lateinischen Sprache fragen, wie man Deutsch reden soll, wie diese Esel tun, sondern muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markt darum fragen. Man muß diesen auf den Mund sehen, wie sie reden, und demgemäß dolmetschen. Dann verstehen sie es und merken, daß man deutsch mit ihnen redet.5

1522 erschien das Neue Testament, 1534 die komplette Bibel. Luther arbeitete bis zu seinem Lebensende an der Verbesserung seiner Übersetzung.

Heute gibt es eine reichhaltige Auswahl an deutschen Übersetzungen und Nachschlagewerken, so dass jeder die Möglichkeit hat, die Bibel zu lesen und zu verstehen, auch wenn er die Grundsprachen nicht beherrscht.

3. Die Entstehung des Neuen Testaments

Zum Kanon des Neuen Testaments zählen 27 Bücher, die im 1. Jh. n.Chr. verfasst wurden. Welche Bücher darin aufgenommen wurden und damit als Gottes Wort galten, erfolgte nach bestimmten Kriterien6:

Besitzt das Buch göttliche Autorität?

Wirkt es als Gottes Wort im Leben der Menschen? Hat es geistliche Kraft? (Hebr 4,12; 2Tim 3,15-17)

Ist der Verfasser ein Apostel oder wird das Buch von einem Apostel bestätigt?

Ist es historisch und dogmatisch genau?

Wie wurde es von den ursprünglichen Empfängern aufgenommen?

Im Lauf der Zeit bewiesen diese 27 Bücher des Neuen Testaments, die wir heute kennen, ihre göttliche Inspiration und damit ihre Zugehörigkeit zum Kanon. Die Synode von Hippo (397 n.Chr.) bestätigte dann schließlich nur die Bücher, die sich als Wort Gottes bereits erwiesen hatten.

Die Bücher des Neuen Testaments entstanden während eines Zeitraums von etwa 50 Jahren (ca. 45-95 n.Chr.). Die Evangelien wurden kurz nach Abfassung des Johannesevangeliums zu einem Band zusammengefasst. Diese vierbändige Sammlung war ursprünglich als „Das Evangelium“ bekannt. Wichtig ist hier der Singular: Es gab nicht mehrere Evangelien, sondern nur eines, das in vier Berichten verfasst wurde. Ignatius, der Bischof von Antiochien, erwähnt ungefähr um 115 n.Chr. „Das Evangelium“ als ein verbindliches Schriftstück.7

Die Zusammenfassung der vier Evangelien brachte die Trennung des Lukas-Berichtes in zwei Teile mit sich: Lukas-Evangelium und Apostelgeschichte. Die Sammlung der paulinischen Schriften (lat. corpus paulinum) wurde ungefähr zur gleichen Zeit zusammengestellt wie die Evangelien.

Die einzigen Bücher, über die noch Zweifel bestanden, waren Jakobus, Judas, 2. Petrus, 2. und 3. Johannesbrief. Diese Briefe erwähnt Eusebius (ca. 265-340 n.Chr.) als von einigen in der Echtheit angezweifelt, aber von der Mehrheit anerkannte Schriften.

Eine offizielle Festlegung des Kanons war aus mehreren Gründen unbedingt notwendig:

Es musste klar sein, welche Schriften die Grundlage der christlichen Lehre bildeten, insbesondere in der Auseinandersetzung mit Irrlehrern wie z.B. Marcion (140), der seinen eigenen Kanon aufgestellt hatte.

Es musste klar sein, welche Bücher in den Gottesdiensten als Gottes Wort vorgelesen werden konnten.

Es musste klar sein, welche Bücher in Verfolgungszeiten auf Verlangen der kaiserlichen Polizei ausgehändigt werden konnten.

Die neutestamentlichen Bücher sind nicht deshalb zur Autorität für die Kirche geworden, weil sie formal einem kanonischen Buche eingegliedert waren. Im Gegenteil: die Kirche nahm sie in ihren Kanon auf, weil sie sie bereits als göttlich inspiriert ansah, den ihnen innewohnenden Wert erkannt hatte und ihre apostolische Autorität, direkter oder indirekter Art, respektierte.8

Dieser ganze Entstehungsprozess wurde vom Heiligen Geist geleitet und überwacht. „Ohne diese proventia dei (göttliche Vorhersorge) kann man die Entstehung des Kanons nicht erklären.“9

4. Der Aufbau des Neuen Testaments

Das Neue Testament ist eine Bibliothek mit drei Hauptkategorien: Geschichtsbücher, Lehrbücher und einem prophetischen Buch. Der größte Teil sind Briefe, wobei die Mehrzahl von Paulus stammt und die restlichen unter der Rubrik „katholische“ (allgemeine) Briefe einsortiert werden. Eine Sonderstellung nimmt der Hebräerbrief ein, dessen Verfasser nicht eindeutig identifizierbar ist.

GeschichtsbücherLehrbücherProphetisches BuchEvangelien (4)

Matthäus

Markus

Lukas

Johannes

Paulusbriefe (13)

Hauptbriefe (4):

Römer

1./2. Korinther

Galater

Gefangenschaftsbriefe (4):

Epheser

Philipper

Kolosser

Philemon

Pastoralbriefe (3):

1./2. Timotheus

Titus

Sonstige (2):

1./2. Thessalonicher

OffenbarungApostelgeschichteHebräerbrief  Katholische Briefe (7)

Jakobus

1./2. Petrus,

1./2./3. Johannes

Judas

 

Unter missionarischen Gesichtspunkten ist eine weitere Einteilung möglich, die zum Ausdruck bringt, wozu das Neue Testament verfasst wurde: Jesus, das menschgewordene Wort Gottes (Joh 1,1.14), wurde vom Vater in die Welt gesandt, um sie zu retten. Diese Mission (Sendung) setzte sich fort in der Sendung der Gemeinde (vgl. Apg 1,8):

EinteilungBücherDie Sendung von JesusEvangelienDie Sendung der GemeindeApostelgeschichte bis OffenbarungWie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch! (Joh 20,21)

Dieser Missionsauftrag gilt nicht nur Pfarrern, Predigern oder Missionaren, die hauptberuflich das Evangelium verkündigen, sondern jedem Christen ohne Ausnahme. Jeder, der durch Jesus gerettet wurde, hat die Aufgabe, das Evangelium des Heils in Jesus weiterzugeben!

Literatur

Bruce, F.F.: Das Neue Testament. Glaubwürdig. Wahr. Verläßlich, Bad Liebenzell, VLM, 4. Aufl., 1997.

Kinker, Thomas: Die Bibel. Eine Einführung, Kursunterlagen Martin Bucer Seminar, 2004.

Luther, Martin: Ein Sendbrief vom Dolmetschen in: Martin Luthers Werke, Stuttgart/Leipzig, Deutsche Verlags-Anstalt, 1907.

Maier, Gerhard: Biblische Hermeneutik, Wuppertal, R. Brockhaus, 4. Aufl., 2003.

Mauerhofer, Erich: Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments Bd. 1: Matthäus-Apostelgeschichte, Holzgerlingen, Hänssler, 1997.

Niebuhr, K.-W. (Hg.): Grundinformation Neues Testament, Göttingen, V&R, 4. Aufl., 2011.

RGG 4: Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 4. Aufl., Tübingen, Mohr Siebeck, Ungekürzte Studienausgabe 2008.

Schick, Alexander: Das wahre Sakrileg. Die verborgenen Hintergründe des Da-Vinci-Codes, München, Knaur, 2006.

1 Vgl. Niebuhr, 2011, 28.

2 Niebuhr, 2011, 28.

3 Mauerhofer, 1997, 4.

4 Barbara Aland in RGG4: „Neues Testament“, Sp.218.

5 Luther, 1907, 440.

6 Vgl. Kinker, 2004, 21.

7 Vgl. Bruce, 1997, 27.

8 Bruce, 1997, 31.

9 Maier, 2003, 134.

EINFÜHRUNG IN DIE EVANGELIEN

Das Neue Testament beginnt mit den Evangelien, die in der Bibelbibliothek im Regal der Geschichtsbücher stehen. Dazu zählen vier Bücher: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Bevor wir unsere Tour durch die einzelnen Büchern beginnen, denken wir darüber nach, was das Besondere an den Evangelien ist und wie wir sie lesen sollten.

1. Der Begriff „Evangelium“

Der griechische Begriff Evangelium (griech. euangelion) meint eine gute, erfreuliche Nachricht, eine frohe Botschaft. Zur Zeit des Neuen Testaments wurde der Begriff hauptsächlich für das Überbringen einer Siegesbotschaft von einer gewonnenen Schlacht verwendet, aber auch für eine Vielzahl privater Nachrichten: z.B. Geburt eines Kindes, Eheschließung, glückliche Heimkehr. Im Kaiserkult gewann euangelion eine religiöse Bedeutung: Der Regierungsantritt des Kaisers, seine Erlasse und Taten und vor allem sein Geburtstag wurden als Evangelium vom göttlichen Weltbeherrscher angesehen. Eine Inschrift aus dem Jahr 9 v.Chr. rühmt den Geburtstag des Kaisers Augustus:

Dieser Tag hat der Welt einen anderen Anblick gegeben, sie wäre dem Untergang verfallen, hätte nicht in dem nun Geborenen für alle Menschen ein gemeinsames Glück sich gezeigt (...) Die Vorsehung hat diesen Mann mit solchen Gaben erfüllt, dass sie ihn uns und den kommenden Geschlechtern als Soter [Retter] gesandt hat (...) Der Geburtstag des Gottes hat für die Welt die mit ihm verbundenen Evangelia (Freudenbotschaften) heraufgeführt, von seiner Geburt [an] beginnt eine neue Zeitrechnung.

Bei der damaligen Verwendung des Begriffes in der Umgangssprache fällt auf, dass er häufig im Plural gebraucht wurde (Freudenbotschaften), während er im NT stets im Singular steht: z.B. Mt 4,23; 9,35; 11,5; 24,14; 26,13; Mk 1,1.14–15; 8,35; 10,29; Röm 1,1.9.15–16; 2,16; 10,16; 11,28; 15,16.19–20; 16,25; Phil 1,5.7.12.16.27; 2,22; 4,3.15. Das ist nicht verwunderlich, denn im NT gibt es nur das eine Evangelium von Jesus Christus, das seine Person und sein Werk umfasst. Diese Botschaft von Jesus verkündigten die Apostel (z.B. Apg 5,42; 8,35; 11,20; 17,18; Röm 1,9; 15,19).10

Das Evangelium hat jedoch seine Wurzeln im AT, wo der dem NT entsprechende hebräische Begriff für den kommenden Messias als Heilsbringer verwendet wird. Beispiel: Jesus bezieht die Schriftstelle Jes 61,1, in der das hebräische assar mit dem griech. Verb euangelizo übersetzt wird, auf sich und deutet damit die Erfüllung dieser Verheißung in seiner Person an (Lk 4,17-18). Die Evangelien bezeugen die Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen durch Jesus Christus. Das Evangelium von Jesus Christus ist die Freudenbotschaft für alle Menschen!

5. Die Literaturgattung der Evangelien

Zu welcher Art von Literatur gehören die Evangelien? Handelt es sich nur um eine Biografie in vier Bänden? Einerseits ja, denn die Person von Jesus steht im Mittelpunkt. Andererseits nein, wenn wir vom heutigen Verständnis einer Biografie ausgehen. Denn zwei Bücher (Markus, Johannes) berichten überhaupt nichts über seine Geburt und aus seiner Jugendzeit ist nur eine einzige kurze Begebenheit bekannt (Lk 2,41-52). Der größte Teil der Bücher umfasst die letzte Woche seines Lebens.

In der Antike waren Biografien anders. Griechisch-römische Biografen selektierten viel stärker den Stoff und waren viel ideologischer und künstlerischer, wenn sie die großen Ereignisse der Zeit oder die Lebensbilder von Schlüsselpersonen erzählten. Auch in dieses Schema passen die Evangelien nur teilweise. Man könnte daher die Evangelien als eigene Literaturgattung bezeichnen, als eine besondere Form der Biografie: Eine „theologische Biografie“11 oder als biografische Predigten, denn der missionarische Charakter ist unübersehbar (vgl. Joh 20,31). Die vier Evangelien sind wie vier Scheinwerfer, die aus unterschiedlichen Positionen Jesus beleuchten.

6. Die Entstehung der Evangelien

Die Evangelien sind wie die gesamte heilige Schrift Gottes unfehlbares, irrtumsloses Wort, das der Heilige Geist seinen Verfassern eingegeben hat (2Tim 3,16). Dieses Wort ist den Verfassern auf unterschiedliche Weise ihrer Persönlichkeit entsprechend geschenkt worden. Lukas beweist in der Vorrede seines Evangeliums, dass geistgewirkte Inspiration und historische Recherche kein Widerspruch sein müssen:

Lk 1,1-4 Da es nun schon viele unternommen haben, einen Bericht von den Ereignissen zu verfassen, die sich unter uns zugetragen haben, wie sie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nach zu schreiben, damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.

Lukas macht hier den Zusammenhang zwischen mündlicher und schriftlicher Überlieferung deutlich, der nicht nur für sein Evangelium gilt. Zunächst einmal müssen wir uns eine große Materialsammlung aus mündlichen und schriftlichen Überlieferungen vorstellen, die entstanden ist aus dem, was Menschen mit Jesus erlebt haben (Augenzeugen) und was Jesus sie gelehrt hat. Diese Informationen können aus verschiedenen Quellen stammen, denn auch Lukas hat gründlich recherchiert, bevor er seine zwei Bände von der Entstehung des Christentums verfasst hat (Lukasevangelium und Apostelgeschichte). Wir unterscheiden mündliche und schriftliche Überlieferung:

Die mündliche Überlieferung

Die Botschaft von Jesus wurde zunächst von Mund zu Mund verbreitet. Die Leute berichteten, was sie gesehen und gehört hatten und die Jünger Jesu prägten sich ein, was er sie lehrte und was sie mit ihm erlebten. Das Auswendiglernen war damals eine der gebräuchlichsten Lehr- und Lernmethoden. Als Petrus im Haus des Kornelius das Evangelium verkündigte, konnte er daran anknüpfen, was die Leute über Jesus schon gehört oder selbst miterlebt hatten (Apg 10,37: Ihr wisst). Er selbst war wie die anderen Jünger ein Augenzeuge (Apg 10,39) und gehörte außerdem zum engeren Jüngerkreis, so dass er mehr wusste über Jesus.

Aus dieser mündlich überlieferten Botschaft von Jesus entstand in der Urgemeinde ein Muster der Verkündigung des Evangeliums mit folgenden Schwerpunkten (vgl. Apg 2,16-36; 10,36-43; 13,23-41; 1Kor 15,1-8):

Das Kommen Jesu als erfüllte Prophetie

Leben und Dienst Jesu

Tod und Auferstehung Jesu

Erscheinen Jesu nach seiner Auferstehung und seine Himmelfahrt

Ruf zu Buße und Glauben angesichts des kommenden Gerichts

Diese Botschaft wurde sorgfältig weitergegeben und bildete die Grundlage für die geschriebenen Evangelien. Im Lauf der Zeit war es jedoch notwendig, die Erinnerungen an Jesus schriftlich festzuhalten.

Die schriftliche Überlieferung

Die Botschaft von Jesus wurde in den ersten zwei Jahrzehnten in erster Linie mündlich weitergegeben. Durch die schnelle Verbreitung des Evangeliums über die Grenzen Israels hinaus war es aber notwendig, die Überlieferungen schriftlich festzuhalten. Außerdem reduzierte sich naturgemäß im Lauf der Zeit die Anzahl der Augenzeugen. Das erste Evangelium entstand daher ca. 20 Jahre nach der Himmelfahrt Jesu und das zuletzt verfasste Evangelium des Johannes entstand erst 30 Jahre später (ca. 90-95 n.Chr.) nach den anderen Evangelien.

Woher hatten die Verfasser ihre Informationen?

Lukas

war ein Historiker, der sorgfältig recherchierte, um einen zuverlässigen Bericht zu verfassen (Lk 1,3-4). Als Reisebegleiter von Paulus und Barnabas standen ihm viele Informationsquellen zur Verfügung.

Markus

war ein enger Mitarbeiter des Apostels Petrus, dem er in Rom zur Seite stand (1Petr 5,13). Somit hatte er Zugang zu allen Informationen, die Petrus über Jesus hatte.

Matthäus

war ein Apostel und damit Augenzeuge. Als Jude kannte er sich im Gesetz aus und nach altkirchlicher Überlieferung (Papias, ca. 130 n.Chr.) schrieb er die Reden Jesu auf und übersetzte sie.

Johannes

war ein Augenzeuge, der zum engeren Jüngerkreis gehörte und der Lieblingsjünger von Jesus war. Keiner hatte Jesus so tief verstanden wie er.

Die Unterschiede bei den Synoptikern

Die mündliche Überlieferung bis zur Abfassung des ersten Evangeliums schließt nicht aus, dass einige der Apostel sich während der Verkündigung von Jesus Notizen gemacht hatten. Nach der Himmelfahrt haben sie diese dann abgeglichen und um Berichte weiterer Augenzeugen ergänzt, so dass im Lauf der Zeit längere Textstücke entstanden sind. So ist die Entwicklung durchaus denkbar, aber nicht historisch nachweisbar. Deshalb stellt sich die Frage:

Welche schriftlichen Quellen verwendeten die Verfasser bei der Zusammenstellung und Abfassung ihrer Evangelien? Hat der eine vom anderen abgeschrieben? Gab es außerbiblische Quellen, auf die einer oder mehrere zurückgegriffen haben?

Dazu ein Beispiel: Die Heilung eines Gelähmten berichten alle Synoptiker: Mt 9,1-8; Mk 2,1-12; Lk 5,17-26.12 Beim Vergleich der Texte fallen jedoch zwei Dinge auf:

Übereinstimmungen:

Alle drei Texte verwenden fast genau denselben Wortlaut und jeder fügt an derselben Stelle eine abrupte Unterbrechung der Worte Jesu ein: „

Damit ihr aber wisst

“ (2. Person Plural) – „

sprach er zu dem Gelähmten

“ (3. Person Singular).

Unterschiede:

Matthäus lässt „

ich sage dir

“ weg, bei Markus (2,11) und Lukas (5,24) steht es. Bei Matthäus fehlt auch, wie der Gelähmte durch das Loch im Dach zu Jesus gelangt ist.

Weitere Auffälligkeiten bei den Synoptikern:

Alle drei Evangelien folgen grob derselben Reihenfolge der Ereignisse, obwohl es dafür keinen eindeutigen chronologischen oder historischen Grund gibt.

Jeder Evangelist lässt Material aus, das sich bei anderen findet. Darüber hinaus hat jeder Evangelist ein „Sondergut“, das nur bei ihm zu finden ist.

Es gibt Ereignisse, die in einem der anderen Evangelien oder in beiden zu finden sind, aber in einer anderen Reihenfolge.

Für diese Logienquelle gibt es zwar einige Thesen, aber letztlich ist sie nur eine literarische Rekonstruktion, die als Quellenschrift nicht existiert, d.h. es ist nicht sicher, ob es sie überhaupt gab. Dieses Modell bietet zwar eine einfache Erklärung, ist aber wie alle anderen Modelle doch nur eine Hypothese. Sie steht und fällt mit der Datierung des Markus-Evangeliums. Die Frühdatierung ist keineswegs sicher. Im Gegenteil: Die frühesten Bemerkungen der Kirchenväter zu den Evangelien bestätigen, dass die in den Bibeln gebräuchliche Reihenfolge korrekt ist. Kirchenvater Irenäus von Lyon (ca. 130-200) schrieb:

Matthäus verfasste seine Evangelienschrift bei den Hebräern in hebräischer Sprache, als Petrus und Paulus in Rom das Evangelium verkündeten und die Gemeinde gründeten. Nach deren Tode zeichnete Markus, der Schüler und Dolmetscher Petri, dessen Predigt für uns auf. Ähnlich hat Lukas, der Begleiter von Paulus, das von diesem verkündete Evangelium in einem Buch niedergelegt. Zuletzt gab Johannes, der Jünger des Herrn, der an seiner Brust ruhte, während seines Aufenthaltes in Ephesus in Asien das Evangelium heraus.14

Ebenso ist die Behauptung, Matthäus sei von Markus abhängig, keineswegs nachweisbar. Es stellt sich die Frage, ob hinter den Gemeinsamkeiten und Unterschieden nicht andere Gründe zu suchen sind als historische. Diese können Teil der Verkündigung des Evangeliums sein. Nicht jedes Detail ist für jeden Zuhörer von Bedeutung. Ganz entscheidend bei der Auswahl des Stoffes scheint daher für die Verfasser die missionarische Zielsetzung der Evangelien gewesen zu sein.

7. Vergleich der Evangelien

Die einzelnen Bücher entstanden zu unterschiedlichen Zeiten. Um diese Berichte voneinander zu unterscheiden, wurde im 2. Jh. n.Chr. jedes Buch mit einer Überschrift versehen, die aber nicht zum inspirierten Text gehörte: Nach Matthäus, nach Markus, nach Lukas, nach Johannes. Die vorangestellte Präposition „nach o. gemäß“ (griech. kata) betont, dass hier das eine Evangelium von Jesus Christus aus der Sicht des jeweiligen Verfassers bezeugt wird.

Die individuelle Wahrnehmung ist kein Widerspruch zur göttlichen Inspiration. Worin besteht nun der besondere Charakter der einzelnen Evangelien?

Warum gibt es vier Evangelien?

Abgesehen davon, dass ein Verfasser die wichtigste Person des Neuen Testaments nicht umfassend darstellen konnte (vgl. Joh 21,25), war einer der Hauptgründe die Empfänger, für die sie geschrieben wurden. Einem Römer musste das Evangelium anders erklärt werden als einem Juden. Hier wird ganz besonders die Leitung des Heiligen Geistes deutlich.

Matthäus schrieb für die Juden. Er beschreibt Jesus als den verheißenen König und verweist deshalb sehr häufig auf die erfüllten Verheißungen des AT: „damit erfüllt würde ...“ vgl. Mt 1,22; 2,15.17.23; 3,15; 4,14; 5,17; 8,17; 12,17; 13,14.35; 21,4; 26,54.56; 27,9. Ein Hauptthema ist daher das Königreich Gottes und dessen Herrscher Christus.

Lukas, der gebildete Arzt, schrieb für die Griechen, d.h. die Gebildeten der damaligen Gesellschaft. Sein Augenmerk richtete sich auf das Zeugnis von Jesus als dem vollkommenen Menschen, dem „Menschensohn“ (z.B. Lk 5,24; 6,5; 7,34; 9,22; 11,30; 12,8.10.40; 17,24.30; 18,8.31; 19,10; 21,27.36; 22,22; 24,7), der gekommen ist, um alle Menschen zu erlösen (19,10).

Johannes schrieb an alle Gläubigen. Sein Evangelium ist für die christliche Gemeinde, die Insider. Er verwendet Begriffe, die nur Christen verstehen. Bei ihm steht Jesus als der Sohn Gottes im Mittelpunkt (Joh 1,14.34.45.49; 3,16–18.35–36; 5,19–23.25–26; 6,42; 8,35–36; 10,36; 11,4.27; 14,13; 17,1; 19,7; 20,31). Der größte Teil seiner Ausführungen besteht aus Sondergut, das sonst in keinem Evangelium zu finden ist. Johannes betont den vom Himmel gekommenen Sohn Gottes, der Mensch wurde, um das Heil für alle Menschen zu ermöglichen (vgl. Joh 3,16).

Es gibt vier Evangelienberichte, aber nur ein Evangelium. Es gibt vier Augenzeugen, aber nur einen, den sie gesehen haben: Jesus Christus. Es gibt vier verschiedene Empfänger als Repräsentanten für alle Menschen (Mk 16,15), denen das Evangelium von Jesus Christus verkündigt werden soll.

Literatur

Blomberg, Craig L.: Jesus und die Evangelien, Nürnberg, VTR, 2.Aufl., 2004.

Carson, D.A. & Moo, J. Douglas: Einleitung in das Neue Testament, Gießen, Brunnen, 2010.

Elwell, Walter A., Yarbrough, Robert W.: Studienbuch Neues Testament, Wuppertal, R. Brockhaus, 2001.

Hörster, Gerhard: Bibelkunde und Einleitung zum Neuen Testament, Wuppertal, R. Brockhaus, 1998.

Jensen, Irving: Jensen’s Survey of the New Testament, Chicago, Moody Press, 1981.

Mauerhofer, Erich: Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments Bd. 1: Matthäus-Apostelgeschichte, Holzgerlingen, Hänssler, 1997.

Mauerhofer, Erich: Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments Bd. 2: Römer-Offenbarung, Holzgerlingen, Hänssler, 1999.

Reifler, Hans Ulrich: Bibelkunde des Neuen Testaments. Die Bibel lieben, kennen und verstehen, Nürnberg, VTR, 2006.

Weißenborn, Thomas: Apostel, Lehrer und Propheten. Eine Einführung in das Neue Testament. Band 1: Evangelien und Apostelgeschichte, Marburg, Francke, 2004.

10 Mauerhofer, 1997, 42.

11 Blomberg, 2004, 106.

12 Vgl. Carson/Moo, 2010, 103-106.

13 Ausführlich in: Carson/Moo, 2010, 93-152, Weißenborn, 2004, 60-147.

14 Irenäus, Adversus haereses II/1/1 zit. bei Reifler, 2006, 30.

DAS EVANGELIUM NACH MATTHÄUS

Mit dem Matthäusevangelium beginnt das Neue Testament und damit die Geschichte von Jesus. Das vierbändige Werk der Evangelien porträtiert Jesus aus vier verschiedenen Perspektiven. Bei Matthäus liegt die Sicht auf Jesus als dem verheißenen König, der sein Volk erlösen wird. Sein Evangelium bildet die Brücke zwischen Altem und Neuem Testament und steht deshalb am Anfang. Matthäus ist ein interessantes Buch: Geschrieben von einem Juden für Juden über den König der Juden! Und doch betrifft es alle Menschen, denn es geht hier um die entscheidende Frage: Wer ist König in deinem Leben? Wer ist der „King of the road“?

1. Verfasser

Das Evangelium selbst enthält keinen direkten Hinweis auf den Verfasser. Und doch gibt es außerbiblische Argumente, die eindeutig auf Matthäus als Autor hinweisen:

Wer war Matthäus?

Zöllner und Sünder waren gleichbedeutende Begriffe (Mt 9,11; Lk 15,1 vgl. Lk 18,11). Und trotzdem berief Jesus diesen Matthäus direkt von seinem Zollhäuschen in seine Nachfolge (Mt 9,9-13).

Das brachte zwar die frommen Pharisäer zur Weißglut, entsprach aber genau dem Zweck, wozu Jesus in diese Welt gekommen war (9,13b). Der „Zöllner und Sünder“ Matthäus verstand mehr von Jesus als die gesetzestreuen Schriftgelehrten, denn er verließ alles und folgte Jesus nach. Nicht nur das: Er veranstaltete voller Freude darüber ein Fest und lud dazu seine alten Kollegen zusammen mit Jesus ein (Lk 5,28-29).

Matthäus war nicht irgendein Jünger unter vielen, sondern zählte zu den auserwählten 12 Aposteln, die Jesus berief, um das Evangelium zu verkündigen. Im NT verliert sich dann seine Spur, aber nach der Überlieferung der alten Kirche diente er seinen Landsleuten als treuer Zeuge Jesu Christi in Palästina und später auch in der Diaspora. In dieser Zeit verfasste er sein Evangelium, wobei ihm dabei sein alter Beruf von Vorteil war, denn die Zöllner waren gebildete Männer, die sich in Sprachen und Finanzen gut auskannten. So kann Jesus auch den „sündhaftesten“ Beruf zu seiner Ehre gebrauchen!

2. Zeit und Ort der Abfassung

Matthäus schrieb sein Evangelium für Juden. Vermutlich zu der Zeit, als er unter ihnen in Palästina wohnte. Nach dem Bischof Papias (ca. 125 n.Chr.) und Irenäus, dem Bischof von Lyon, schrieb er zunächst in hebräischer Sprache. Vermutlich verfasste Matthäus dann während der Diaspora das Evangelium noch einmal in Griechisch, da dies die Umgangssprache unter den Juden war.

Die Abfassungszeit liegt auf jeden Fall vor der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n.Chr. (vgl. Mt 24,1) und wenn wir den Hinweis von Irenäus „... während Petrus und Paulus in Rom predigten und die Gemeinde gründeten“16 ernst nehmen, dann muss sie vor 64 n.Chr. liegen, denn in diesem Jahr starb Petrus als Märtyrer und Paulus wirkte in Rom von 61-63 n.Chr. Möglich ist also eine Abfassungszeit um 60 n.Chr.

3. Empfänger

Matthäus schrieb als jüdischer Christ für Juden. Deshalb setzt er Insiderkenntnisse voraus, wenn er jüdische Sitten, Gebräuche und Redensarten anspricht: z.B. Mt 15,2: Hände waschen und Redensarten wie z.B. „Kamele verschlucken“ (Mt 23,24). Auch die vielen Zitate aus dem AT, die er mit der Redewendung „auf dass erfüllt werde“ (z.B. Mt 1,22) verbindet, muss er nicht näher erklären, sondern nur noch auf Christus beziehen, den König und Erlöser Israels. Das Matthäusevangelium war damals eine revolutionäre Schrift, eine Herausforderung für die Juden, sich dem Herrschaftsanspruch von Jesus, dem Messias, zu stellen!

4. Absicht

Matthäus wollte keine lückenlose Biografie von Jesus verfassen, sondern beweisen, dass Jesus wirklich der verheißene Messias und König Israels war und in ihm die Prophezeiungen des AT erfüllt sind. Deshalb überliefert er viel ausführlicher als die anderen Evangelisten die Lehre Jesu.

Dieses Ziel hat er tatsächlich erreicht, denn es wurde zum Hauptevangelium der christlichen Kirche. Im 2. Jh. n.Chr. war es überall unter den Christen verbreitet und bildete die Grundlage für die biblische Unterweisung der Gläubigen. Die Lehre über Jesus beruhte auf dem Matthäusevangelium, denn es enthält die Hauptthemen des christlichen Glaubens.17

Obwohl für Juden geschrieben, reicht doch der Horizont des Matthäus weit über das damalige Verständnis hinaus: Er schließt mit dem sog. Missionsbefehl, in dem Jesus deutlich macht, dass er nicht nur der Retter Israels ist, sondern aller Menschen und deshalb das Evangelium allen Menschen verkündigt werden soll (Mt 28,18-20). Die erste Lehrgrundlage für diesen Missionsauftrag lieferte Matthäus!

5. Aufbau

In den 28 Kapiteln des Evangeliums finden wir fünf große Reden von Jesus, die alle mit einer ähnlichen Formulierung enden: „Und es geschah, als Jesus diese Worte vollendet hatte ...“ (7,28; 11,1; 13,53; 19,1; 26,1).

Dadurch ergibt sich eine natürliche Gliederung in fünf Abschnitte, die jeweils aus einem Erzählteil und einem Redeteil bestehen. Umgeben sind diese von einer Einleitung und einem Schlussteil, der zum Höhepunkt des Evangeliums führt:

Auffallend sind zwei Formulierungen, die jeweils einen zeitlichen Einschnitt im Leben Jesu markieren: In Kap 4,17 betont Matthäus die Verkündigung Jesu: „Von da an begann Jesus zu predigen“ und in Kap 16,21 den Beginn seines Leidensweges: „Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er (...) vieles leiden (...) müsse.“ Das Leiden ist nicht eine Sache des Redens, sondern des Vorbilds („zu zeigen“). Lehre und Leiden gehören bei Jesus untrennbar zusammen. Das sollte bei seinen Jüngern auch nicht anders werden (vgl. 10,17ff.).

6. Überblick

Bei Matthäus stehen zwar die Reden Jesu im Mittelpunkt, aber es ist deshalb kein Predigtarchiv. Er übermittelt nicht nur das, was der König gesagt hat, sondern zeigt, wer er ist, was er tat und wie er lebte. Lehre und Leben gehören bei Matthäus untrennbar zusammen.

Die Vorstellung des Königs (Kap 1,1-4,11)

Matthäus beginnt sein Buch mit der Vorstellung des Königs. Dieser Teil umfasst im wesentlichen fünf Abschnitte: Sein Geschlechtsregister (1,1-17); seine Geburt (1,18-2,23); die Ankündigung seines Kommens (3,1-12); seine Taufe (3,13-17) und seine Versuchung (4,1-11).

Matthäus kommt direkt zur Sache. Schon beim Geschlechtsregister wird deutlich, dass es hier um das Königtum geht: Jesus ist der verheißene Sohn Davids, der wahre Salomo, dessen Königtum dauerhaft sein wird (Verheißung: 2Sam 7). Das Volk ahnte, dass durch Jesus diese Verheißung erfüllt war (Mt 12,23; 15,22; 21,9). Sie warteten sehnsüchtig auf den König Israels.

Ungewöhnlich für Geschlechtsregister des Vorderen Orients ist die Nennung von fünf Frauen, von denen vier „skandalöse“ Gestalten waren:

Tamar (1,3) trieb Hurerei mit ihrem Schwiegervater Juda (Gen 38,6-30).

Rahab (1,5) war eine Prostituierte (Jos 2,1).

Ruth war eine Moabiterin (Ruth 1,4 vgl. Dt 23,3-5).

Bathseba landete im Ehebruch mit König David (2Sam 11).

Schon dieser Stammbaum macht deutlich, dass Gott trotz allem Versagen und menschlicher Schuld seine Verheißungen erfüllt! Er erwählt und gebraucht unscheinbare Menschen, die vor der Welt nichts gelten!

Auch bei der Geburtsgeschichte macht Matthäus deutlich, dass es sich hier nicht um irgendein Kind handelt, sondern um die konkrete Erfüllung von Verheißungen des AT („damit erfüllt würde“):

EreignisErfüllungVerheißungJungfrauengeburtMt 1,22-23Jes 7,14GeburtsortMt 2,5-6Mi 5,1Aufenthalt in ÄgyptenMt 2,15Hos 11,1Ermordung der KinderMt 2,17-18Jer 31,15Wohnort NazarethMt 2,23kein direktes Zitat

Die ganzen Umstände seiner Geburt inklusive Flucht und Rückkehr sind nicht gerade eines Königs würdig. Von Anfang an macht Matthäus deutlich, dass Jesus kein willkommener König war, dass aber kein Mensch und kein Herrscher die Ankunft des Königs verhindern konnte. Mitten im Chaos behält Gott den Überblick und die widrigen Umstände dienen dazu, den Plan Gottes zu erfüllen!

Erstaunlich ist, dass die ersten Anbeter des neugeborenen Königs Nichtjuden waren (2,1-12), Wissenschaftler aus der Gegend des alten Babylon, dem Ort der leidvollen Gefangenschaft des Volkes Gottes.

Die Ankündigung des Königs durch einen Herold war ebenso im AT vorausgesagt (Mt 3,1 vgl. Jes 40,3). Johannes der Täufer wurde etwa zur gleichen Zeit wie Jesus unter ähnlich seltsamen Umständen geboren (vgl. Lk 1,39ff.) und war von Geburt an dazu bestimmt, Diener des Königs zu sein (Lk 1,76-80). Seine Botschaft der Buße bereitete dem König den Weg (Mt 3,1-12).

Zwischen Mt 2,23 und 3,1 liegen etwa 30 Jahre (Lk 3,23). Jesus hat also im Alter von 30 Jahren Nazareth verlassen und ist zu Johannes an den Jordan gereist (Mt 3,13), um dort seinen öffentlichen Dienst zu beginnen. Vor seinem öffentlichen Auftreten waren aber noch zwei Erfahrungen notwendig:

Seine Taufe (3,1-17) als ein Zeichen der Identifikation mit der Schuld des Volkes, denn er hatte keine Buße nötig (vgl. 3,11). Gleichzeitig war es ein Akt der Bevollmächtigung durch den Vater und den Heiligen Geist (3,16-17), eine Art Inthronisationszeremonie.

Die Versuchung durch den Teufel (4,1-11) markierte den Beginn seines Dienstes. Der Teufel erkannte die „Gefahr“, die von ihm ausging und versuchte deshalb, den König auf listige Art und Weise auszuschalten. Aber Jesus fiel nicht darauf herein, sondern entlarvte die Lügen Satans durch die Wahrheit des Wortes Gottes!

Satan hat drei Grundbereiche, in denen er es immer wieder versucht:

Versuchung JesuVersuchung EvasVersuchung der GläubigenMt 4,1-11Gen 3,61Joh 2,16Steine zu BrotLust für den GaumenBegierde des KörpersBlick über alle KönigreicheLust für die AugenBegierde der AugenÜberhebliche AktionÜberhebliche KlugheitÜberhebliches Leben

Auch bei Jesus hat er es auf diesen Ebenen versucht, denn er musste alle Anfechtungen durchleben wie die Gläubigen (Hebr 4,15). Bei der Versuchung zu der überheblichen Aktion, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen (4,6), benutzt der Teufel sogar das AT (Ps 91,11-12), missbraucht aber die zitierte Aussage.

Die Grundsätze des Königs (Kap 4,12-7,29)

Mit Kap 4,12 beginnt ein neuer Abschnitt im Matthäusevangelium. Jesus beginnt seine öffentliche Wirksamkeit in Galiläa, nachdem Johannes der Täufer im Gefängnis saß und damit sein Predigtauftrag beendet war.

Details dazu erfahren wir in 14,1-12. Auch dieser Umzug von Nazareth nach Kapernaum war kein Zufall, sondern eine Erfüllung alttestamentlicher Prophetie (4,13-16).

Die chronologische Einordnung der Ereignisse ist nicht ganz einfach, aber es ist vermutlich so, dass Matthäus das erste Jahr des Wirkens Jesu übergeht und erst im zweiten Jahr mit seinem Bericht einsteigt. Zwischen 4,11 und 4,12 müsste demnach das erste Jahr liegen, von dem nur Johannes berichtet (Joh 1-4). Er lernt z.B. im ersten Jahr die gleichen Jünger kennen (Joh 1,37-51), die er im zweiten Jahr zum Dienst beruft (4,18-22).

Im ersten Jahr trat Jesus allmählich aus der Verborgenheit heraus (Joh 1-4), im zweiten Jahr befand er sich auf dem Gipfel seiner Beliebtheit (Mt 4,12-14,36) und im dritten Jahr formierte sich der Widerstand gegen ihn (Mt 15,1-20,34). Das Kreuz warf seine Schatten voraus.

Der erste Erzählteil beginnt mit einer Zusammenfassung vom Wirken Jesu in Galiläa. Matthäus nennt drei Punkte:

Fortsetzung der Bußpredigt des Johannes (3,2; 4,17)

Berufung zweier Brüderpaare in die Nachfolge (4,18-22; vgl. Joh 1,37ff.)

Lehre und Heilungen in ganz Galiläa (4,23-25)

Auffallend im Bericht von Matthäus sind die Verben verkündigen (4,17.23), lehren (4,23) und heilen (4,23). Die mehrfache Betonung der Verkündigung deutet darauf hin, dass die Worte Jesu im Mittelpunkt standen und die Heilungen zur Bestätigung seiner Lehre dienten.

Der erste zusammenfassende Bericht (4,12-25) führt zur ersten großen Rede, der sog. Bergpredigt (Mt 5-7). Hier entfaltet der König sein Regierungsprogramm, d.h. die Grundsätze, die unter seiner Herrschaft gelten.

Die Bergpredigt (5,1-7,29)

Die Bergpredigt ist das Grundgesetz des Königs. Sie ist eigentlich gar keine Predigt, sondern Lehre (5,2) in komprimierter, einprägsamer Form. Man könnte sie als „Handbuch der Lehre Jesu“18 bezeichnen. Die Bergpredigt richtet sich an den erweiterten Jüngerkreis (5,1-2) und berührt die Grundthemen der Jüngerschaft. Dabei geht es nicht um christliche Moral, sondern um eine neue Lebensbeziehung zum König, eine neue Gerechtigkeit (5,20), die ein neues Leben ermöglicht. Kap 5 behandelt zwei Grundsatzthemen:

Das Wesen eines Jüngers (5,3-16)

In den sog. „Seligpreisungen“ (5,3-12) zählt Jesus auf, welche inneren Qualitäten Jünger haben, die zu seinem Reich gehören. Er deutet an, dass diese Wesensmerkmale einer neuen Gerechtigkeit bzw. einer neuen Natur bedürfen, die nur der König schenken kann. Die Selbstgerechtigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten reicht nicht aus, um in das Himmelreich zu gelangen (5,17-20). Die andere Perspektive, die Jesus zeigt, ist die Außenwirkung und damit die missionarische Position der Jünger: Sie sind Salz und Licht für die Welt (5,13-16)!

Die wahre Erfüllung des Gesetzes (5,17-48)

Jesus hebt das Gesetz nicht auf, sondern erfüllt es (5,17). Wie sieht das konkret aus? Jesus nennt fünf Bereiche, bei denen er seine Lehre („ich aber sage euch“) dem AT („ihr habt gehört„) gegenüberstellt:

Erfüllung des Gebotes über das Töten (5,21-26)

Erfüllung des Gebotes über den Ehebruch (5,27-32)

Erfüllung des Gebotes über das Schwören (5,33-37)

Erfüllung des Gebotes über das Vergelten (5,38-42)

Erfüllung des Gebotes über die Feindesliebe (5,43-48)

Der Schlussvers ist eine Zusammenfassung des gesamten Kapitels: Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist (5,48). Das ist ein radikaler Maßstab, der deutlich macht, dass Jesus über die Forderungen des AT hinausgeht und der für Jünger nur erfüllbar ist, wenn Jesus die Herrschaft in ihrem Leben einnimmt.

In Kap 6 lehrt Jesus über wahre und falsche Frömmigkeit. Die Selbstgerechtigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten kann nur zur Heuchelei führen, d.h. zu einer Scheinfrömmigkeit, die am Himmelreich vorbei führt. Jesus nennt die traditionellen Bereiche der jüdischen Frömmigkeit: Almosen (6,1-4), Gebet (6,5-15) und Fasten (6, 16-18).

Ein weiterer großer Bereich der Lehre Jesu betrifft die irdischen Bedürfnisse der Jünger (6,16-34). Das ist ein Lebensbereich, in dem es sich ganz praktisch zeigt, wer die Herrschaft hat. Starke Konkurrenten Jesu sind der Mammon (6,24) und die Sorge um das tägliche Leben (6,25-34). Das Reich Gottes soll jedoch in allen Lebensbereichen aufgerichtet, d.h. unter die Herrschaft des Königs gestellt werden (6,33). Der König steht im Zentrum der Jüngerexistenz!

In Kap 7 lehrt Jesus über verschiedene Themen des geistlichen Lebens:

Warnung vor dem Richtgeist gegenüber Brüdern (7,1-6)

Ermutigung zum zuversichtlichen Bitten im Gebet (7,7-11)

„Goldene Regel“ für das praktische Handeln (7,12)

Aufforderung, das Reich Gottes als Hauptziel anzustreben (7,13-14)

Warnung vor falschen Propheten (7,15-23)

Auch diese Themen zeigen deutlich, dass die Bergpredigt nur Jünger betreffen kann und nicht als Regierungsprogramm für einen irdischen Staat taugt. Ganz entscheidend wichtig ist die anschauliche Zusammenfassung am Schluss (7,24-29): Nur Hören und Tun der Lehre führt zum Erfolg! Das Hörerlebnis allein hält dem Druck des Alltags nicht stand.

Beachte: Was in der Bergpredigt nur angedeutet ist aus der heilsgeschichtlichen Perspektive vor dem Kreuzesgeschehen, entfalten insbesondere Paulus und Jakobus in ihren Briefen. „Christus in uns“ (Kol 1,27) ermöglicht das neue Leben, die Erfüllung des Gesetzes im doppelten Liebesgebot. Der Jakobusbrief ist eine Art Kommentar zur Bergpredigt und der Römerbrief in Verbindung mit dem Galaterbrief ist wiederum Voraussetzung zum Verständnis des Jakobusbriefes.

Die Taten des Königs (Kap 8,1-11,1)

Während Matthäus in Kap 5-7 die vollmächtige Lehre in göttlicher Weisheit betont, steht in Kap 8-9 das vollmächtige Handeln des Königs in göttlicher Kraft im Mittelpunkt. Matthäus folgt nicht dem chronologischen Ablauf, sondern berichtet beispielhaft und thematisch von einzelnen Ereignissen aus dem zweiten Jahr des öffentlichen Dienstes von Jesus.

Das gemeinsame Thema in Kap 8 ist die Souveränität des königlichen Willens und die Macht, ihn auszuführen:

Bei der Heilung eines Aussätzigen (8,1-4):

Wenn du willst, kannst du (8,2) – Jesus antwortet: Ich will (8,3).

Bei der Heilung des Knechtes eines Hauptmanns (8,5-13):

Ich will kommen und ihn heilen (8,7). Der Glaube des Hauptmanns (8,8: Sprich nur ein Wort) wird von Jesus gerühmt (8,10b).

Bei der Heilung der Schwiegermutter des Petrus und der Befreiung Besessener (8,14-17):

Jesus hat Macht über alle Krankheiten. Seiner Berührung muss das Fieber weichen (8,15) und seinem kraftvollen Wort (8,16: durch das Wort) alle Dämonen und Krankheiten (8,16-17).

Bei den Kosten der Nachfolge (8,18-22):

Nachfolge ist eine Willensentscheidung mit einschneidenden Konsequenzen. Begeisterung allein reicht nicht aus. Folge mir nach (8,22) ist der Anspruch des Königs, sich völlig seinem Willen zu unterwerfen.

Bei der Stillung des Sturmes (8,23-27):

Jesus ist König über die Schöpfung. Seinem Willen müssen sich auch die Naturgewalten beugen (8,26: stand auf (...) bedrohte den Wind und die See; 8,27: Wer ist dieser (...) dem Winde und See gehorsam sind? Glaube ist, mit dieser unbeschränkten Macht Jesu zu rechnen (vgl. dagegen 8,26: Kleingläubige).

Bei der Heilung von zwei Besessenen (8,28-34):

Die Dämonen kapitulieren vor Jesus. Sie wissen, wenn dieser König kommt, müssen wir weichen (8,29). Sie beugen sich seinem Willen (8,31). Warum sie in die Schweine fahren wollen, ist wahrscheinlich so zu erklären, dass Dämonen immer eine ihnen angemessene Leiblichkeit suchen (vgl. 12,43) und die Schweine im AT als unrein galten. Das Unreine strebt zum Unreinen.

Jesus hat die Macht über alle Menschen, alle Bereiche des menschlichen Lebens und auch über die Naturgewalten! Es gibt nichts, was dem König nicht untersteht!

In Kap 9 folgen weitere Heilungen, wobei Matthäus hier den Schwerpunkt auf die Barmherzigkeit des Königs legt, der Mitleid hat mit seinem Volk und deshalb in ihr Schicksal eingreift (vgl. 9,36):

Heilung eines Gelähmten (9,1-8)

Berufung von Matthäus (9,9-13)

Gleichnis vom neuen Wein in neuen Schläuchen (9,14-17)

Heilung einer kranken Frau und Auferweckung eines Kindes (9,18-26)

Heilung von zwei Blinden und einem Besessenen (9,27-34)

Durch diese spektakulären Ereignisse breitete sich der Ruf von Jesus in Windeseile aus (9,26.31), so dass die Menschen zu ihm strömten, um geheilt zu werden. Sie erlebten ihn als Erlöser und Befreier.

Der Schluss des Kapitels (9,35-38) ist wieder eine Zusammenfassung seines Wirkens, die den Übergang zu Kap 10 markiert: Die Not ist groß, aber es gibt wenige Mitarbeiter. Jesus nimmt die Jünger mit hinein in seinen königlichen Auftrag. Sie sollen nicht nur um Arbeiter für die Ernte beten (9,38), sondern selbst in die Erntearbeit einsteigen (Kap 10). Dieser Ruf zur Mitarbeit ist nicht zeitlich begrenzt, denn die „Ernte“ ist immer noch nicht eingebracht. Auch heute ist jeder Jünger zur Mitarbeit berufen!

In Kap 10 finden wir die zweite große Rede im Matthäusevangelium. Es geht um die Bevollmächtigung und Aussendung der 12 Jünger:

Die Namen der zwölf Apostel (10,1-4)

Der Auftrag der zwölf Apostel (10,5-16)

Das Risiko des Auftrags (10,17-39)

Der Segen des Auftrags (10,40-42)

Auffallend ist, wie ausführlich Jesus von den Risiken spricht. Er bereitet seine Jünger auf einen lebensgefährlichen Dienst vor. Das Schicksal des Königs ereilt auch seine Boten (10,24-25). Und doch erfahren sie in der höchsten Not die intensivste Gegenwart des Königs (10,20.27-28). Jesus nachfolgen bedeutet, den Weg des Kreuzes zu gehen (10,38-39).

Das Programm des Königs (Kap 11,2-13,53)

Die Bemerkung in 11,1 markiert den Übergang zum nächsten Hauptteil, der wieder mit einem Bericht beginnt (11,2-12,50) und mit einer Rede endet (13,1-53). In diesem Abschnitt wird der wachsende Widerstand gegen das Regierungsprogramm des Königs spürbar. Selbst Johannes der Täufer, der Wegbereiter des Königs, ringt im Gefängnis mit dem Zweifel (11,2-6). Kap 11 beinhaltet:

Die Antwort Jesu auf die Frage von Johannes dem Täufer (11,2-19)

Einen Weheruf über Städte in Galiläa, die nicht Buße taten (11,20-24)

Die große Einladung des Königs (11,25-30)

Dem Weheruf über die Einwohner verschiedener Städte folgt der Einladungsruf an alle Gebeugten und Gedemütigten, die sich nach Hilfe und Frieden sehnen. Die erste Gruppe lehnte Jesus als König ab, obwohl sie seine Wundertaten gesehen hatten. Die zweite Gruppe beugt sich vor ihm und empfängt seinen Segen.

In Kap 12 steigern sich die Spannungen um seine Person und seinen Anspruch als König. Seine Stellung zum Sabbat führt zur Konfrontation mit den Pharisäern (12,1-13), die schließlich die Entscheidung treffen, Jesus zu töten (12,14). Auch zwischen Jesus und seinen Verwandten kommt es zum Konflikt (12,46-50). Die Macht des Königs über alle dämonischen Mächte wird bei der Heilung eines taubstummen Besessenen deutlich, so dass das Volk darüber nachdenkt, ob Jesus der Sohn Davids, d.h. der versprochene König sein könnte (12,22-23). Dem Widerstand der Pharisäer begegnet Jesus mit klaren Worten (12,24-45).

Nach dem Erzählteil (Kap 12) folgt in Kap 13 eine programmatische Rede über das Reich Gottes in Form von sieben verschiedenen Gleichnissen. Jesus räumt hier mit allen falschen und enttäuschten Erwartungen auf, indem er die Grundprinzipien verständlich erklärt. Bei den ersten vier Gleichnissen steht das Wachstum des Reiches, d.h. die Quantität, im Mittelpunkt. Bei den weiteren drei Gleichnissen geht es um den unschätzbaren Wert, d.h. um die Qualität des Reiches.

GleichnisStelleBetonungVom Sämann13,3-9Das Wachstum des Reiches Gottes

Quantität

Vom Unkraut13,24-30.36-43Vom Senfkorn13,31-32Vom Sauerteig13,33Vom Schatz im Acker13,44Der Wert des Reiches Gottes

Qualität

Von der kostbaren Perle13,45-46Vom Fischernetz13,47-52

Während Jesus mit seinen Jüngern unverschlüsselt über das Reich Gottes redet (5,2), erklärt er dessen Grundsätze der großen Volksmenge (13,2 vgl. 13,10) in Gleichnissen. Wer ihm allerdings nicht nachfolgen will, dem nützt auch die verständlichste Rede nichts (vgl. 13,11-17). Dem Reich Gottes und seinem König gebührt höchste Priorität. Das war schon Thema der Bergpredigt (6,33). Wirklich verstehen kann Gottes Wort nur, wer bereit ist, dem König zu gehorchen! Das versprochene Heil erfährt nur der, der dem König die uneingeschränkte Herrschaft einräumt. Das Ego muss vom Thron.

Das Schicksal des Königs (Kap 13,54-19,1)

Der Erzählteil (13,54-17,27) umfasst eine Anzahl verschiedener Ereignisse mit einer zunehmenden Steigerung der Konfrontation:

Der Unglaube der Einwohner von Nazareth (13,54-58)

Die Ermordung Johannes des Täufers (14,1-12)

Die Kritik der Pharisäer am Verhalten der Jünger (15,1-9)

Die Zeichenforderung der Pharisäer und Sadduzäer (16,1-4)

Die zweite Leidensankündigung (17,22-23)

Gleichzeitig fährt Jesus fort, Wunder und Zeichen zu tun, um den Menschen seine königliche Macht zu zeigen und zu erklären. Doch selbst seinen Jüngern fehlt es an Glauben und geistlichem Durchblick, um wirklich zu verstehen, was Jesus meint (vgl. 14,31; 15,15-16.33; 16,8-11.22-23; 17,17). Brisant ist in diesem Abschnitt, dass Jesus der kanaanäischen Frau, die nicht zum Volk Gottes gehört, einen großen Glauben bescheinigt (16,28). Hier leuchtet die missionarische Perspektive des Matthäus wieder auf! Ein Höhepunkt dieses Abschnitts ist das Bekenntnis des Petrus (16,16-20), das ihm durch Gottes Geist geschenkt wurde und dessen prophetischen Charakter Jesus bestätigt!

Der Erzählteil führt hin zu der sog. „Gemeinderede“ in Kap 18. Das Besondere daran ist, dass Matthäus der einzige Evangelist ist, der die neutestamentliche Gemeinde erwähnt (16,18 und 18,15-20), obwohl er sein Evangelium für die Juden verfasst hat. Wir finden hier allerdings keine ausführliche Gemeindelehre, sondern nur das Thema Vergebung und Gemeindezucht. Das Geheimnis der Gemeinde aus Juden und Heiden ist heilsgeschichtlich erst bei Paulus geoffenbart und thematisiert. Anlass dieser Rede ist eine kühne Frage der Jünger: Wer ist der Größte im Himmelreich? Jesus nimmt dies als Stichwort auf, um das Leben unter der Herrschaft des Reiches Gottes zu beschreiben. Entscheidend wichtig sind:

Eine kindlich-demütige Haltung (18,2-5)

Eine radikale Haltung gegenüber der Sünde (18,6-9)

Eine missionarische Haltung, um Verlorene zu retten (18,10-14)

Ein seelsorgerlicher Umgang mit Sünde unter Gläubigen (18,15-18)

Eine Haltung der Vergebungsbereitschaft unter Gläubigen (18,19-35)

Diese Rede hat sicher den Jüngern die Sprache verschlagen, denn Jesus hat damit allen falschen Machtambitionen eine klare Absage erteilt. Der Größte im Reich Gottes kann nur der werden, der bereit ist, der Kleinste zu sein! Dieser Hauptteil schließt mit der üblichen Schlussbemerkung nach einer Rede, die zugleich überleitet zur Verkündigung Jesu in Judäa (19,1).

Die Probleme des Königs (Kap 19,2-26,2)

Der Erzählteil beginnt mit einer Zusammenfassung des Wirkens Jesu (19,2), das überschattet wird von zunehmendem Widerstand. Jesus führt eine Reihe von Gesprächen über verschiedene Themen, bei denen der Kontrast zwischen menschlichen Überlieferungen und königlichen Grundsätzen des Reiches Gottes deutlich wird: Ehescheidung (19,3-12); Umgang mit Kindern (19,13-15); Umgang mit Geld und Besitz (19,16-26).

Bevor Jesus mit seinen Jüngern in Jerusalem einzieht, wiederholt er zum dritten Mal seine Leidensankündigung (20,17-19). Jesus weiß, was ihn in Jerusalem erwartet. Mit Kap 21 beginnt die letzte Woche im irdischen Leben des Königs Jesus.

In dem folgenden Erzählteil (Kap 21-22) intensiviert sich der messianische Anspruch Jesu als verheißener König Israels. Die Ereignisse spitzen sich zu und eilen dem Höhepunkt entgegen:

Der Einzug des Königs (21,1-11; Erfüllung von Sach 9,9)

Die zweite Reinigung des Tempels (21,12-17)

Die Verfluchung des unfruchtbaren Feigenbaums (21,18-22)

Die Autorität des Königs (21,23-27)

Die Ablehnung des Königs (21,28-22,14: Drei Gleichnisse)

Die Gegner Jesu versuchten, ihm mit Fragen zu verschiedenen Themen eine Falle zu stellen, um einen Grund zur Anklage zu finden (22,15): Steuerpflicht (22,15-22); Auferstehung (22,23-33); Größtes Gebot (22,34-40).

Jesus kennt die wahren Motive der Fragesteller. Er dreht den Spieß einfach um und stellt den Pharisäern die entscheidende Frage nach der Identität des Sohnes Davids in Psalm 110 (22,41-45), die sie aus strategischen Gründen nicht beantworten, sich aber dann auch nicht mehr getrauen, weitere Fragen zu stellen (22,46).

Jesus klagt diese falsche Frömmigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten in Form eines 7-fachen Weherufs (23,13.15.16.23.25.27.29) schonungslos an. Diese Gerichtsandrohung ist verbunden mit einer schmerzlichen Klage über Jerusalem wegen den Folgen der Ablehnung des Königs (23,37-39).

Diese prophetische Klage bildet den Übergang zur letzten großen Lehrrede des Matthäusevangeliums, der sog. „Endzeitrede“ (Kap 24-25). Es ist eine Rede an die Adresse der Jünger, veranlasst durch eine Frage über die prophezeite Zerstörung des Tempels:

Mt 24,3 Wann wird dies geschehen und was wird das Zeichen deines Kommens und des Endes der Weltzeit sein?

Zentrales Thema der Endzeitrede ist die Wiederkunft des Königs:

Die Zeichen der Zeit vor seiner Wiederkunft (24,4-28)

Das Erscheinen des Königs (24,29-35)

Die Notwendigkeit, wachsam zu sein (24,36-25,30: Zwei Gleichnisse)

Das Gericht des Königs über die Völker (25,31-46)

Die Wiederkunft Jesu Christi und die Aufrichtung seiner Herrschaft ist ein zentrales Thema des Neuen Testaments, insbesondere der Offenbarung. Matthäus macht deutlich, dass die Lehre von der Endzeit (Eschatologie) kein Fachgebiet spezieller Theologen ist, sondern ein Thema, das für alle Nachfolger Jesu höchst wichtig und mit einschneidenden Konsequenzen für die Lebensgestaltung verbunden ist. Wachsam kann nur sein, wer weiß, worauf er wartet! Israel wartet auf den wiederkommenden König. Die Gemeinde Jesu Christi wartet auf den wiederkommenden Herrn! Diese Erwartungshaltung war und ist ein zentrales Merkmal lebendigen Christseins.

Die Schlussbemerkung der Endzeitrede (26,1-2) ist zugleich die Überleitung zum letzten Teil des Buches und enthält die vierte und letzte Leidensankündigung (26,2). Die Passionswoche geht ihrem Ende entgegen. Es sind nur noch zwei Tage bis zum Passah. Die Zeit des Todes naht.

Tod und Auferstehung des Königs (Kap 26,3-28,20)

Die Ereignisse spitzen sich zu. Der Plan der Gegner steht fest und duldet keinen Aufschub mehr (26,3-5). Jesus ist mit seinen Jüngern zusammen, die trotz mehrfacher Leidensankündigung den Ernst der Lage nicht begriffen haben (vgl. 26,9). Er weiß, dass der Zeitpunkt seines Todes naht.

Die Todessalbung Jesu in Bethanien (26,6-13)

Der Verrat des Judas (26,14-16)

Das letzte Abendmahl (26,17-30)

Die Ankündigung, dass seine Jünger ihn verlassen (26,31-35)

Der Todeskampf Jesu in Gethsemane (26,36-46)

Bei der Gefangennahme im Garten Gethsemane geschieht die Trennung von seinen Jüngern. Wie von Jesus angekündigt, fliehen sie alle (26,56) und die Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie über den leidenden Messias nimmt ihren Lauf (26,56a):

Das Verhör vor dem Hohen Rat (26,57-68)

Die Verleugnung des Petrus (26,69-75)

Das Urteil des Hohen Rates (27,1-2)

Der Tod des Verräters (27,3-10)

Das Verhör des Pilatus (27,11-26)

Die Verspottung durch die Kriegsknechte (27,27-31)

Die Kreuzigung und Verspottung Jesu (27,32-44)

Der Tod Jesu am Kreuz (27,45-56)

Die Grablegung Jesu und die Bewachung des Grabes (27,57-66)

Hätte Matthäus hier aufgehört zu schreiben, würde das Entscheidende fehlen: Die Auferstehung Jesu, d.h. das leere Grab, das die Frauen vorfanden (28,1-8). Die Freude der Jünger wird unbeschreiblich gewesen sein, als sie plötzlich dem auferstandenen Herrn und König begegneten (28,9-10).

Für die politischen und religiösen Gegner war die Auferstehung ein peinlicher Skandal und anstatt sich der Wahrheit zu stellen, griffen sie zu Mitteln, die bis zum heutigen Tag in solchen Situationen üblich sind: Lüge und Vertuschung (28,11-15).

Matthäus hört jedoch auch hier noch nicht auf, sondern eilt zum nächsten Höhepunkt, der zwar nur einige Verse umfasst, aber dessen Bedeutung und Gültigkeit bis heute noch aktuell ist:

Der Auftrag Jesu an seine Jünger, die Botschaft des Evangeliums allen Völkern zu verkündigen (28,16-20).

Jesus ermutigt sie dazu durch den Hinweis auf seine unbegrenzte Macht (28,18b) und durch die Zusage seiner Gegenwart (28,20b). Jesus weitet sogar ihren bisherigen Auftrag aus, sowohl lokal als auch vom Umfang her:

Lokal:

Von der Beschränkung auf die „verlorenen Schafe des Hauses Israels“ (28,5-6) zum Dienst an allen Völkern der Erde! Der auferstandene Christus verschiebt den Schwerpunkt vom Partikularismus zum Universalismus!

Umfang:

Den Auftrag, zu verkündigen und zu heilen erweitert Jesus um das Taufen auf den dreieinigen Gott und die Unterweisung der Jünger (28,19-20).

Kein Wunder, dass das Matthäusevangelium die erste „Dogmatik“ der christlichen Kirche war. Es lohnt sich, die Worte Jesu wie die Jünger auswendig zu lernen und sein Leben danach auszurichten. Dann wird die Tour durch das Matthäusevangelium unvergesslich bleiben!

Literatur

Aebi, Ernst: Kurze Einführung in die Bibel, Marienheide, Bibellesebund, 14. Aufl., 1993.

Carson, D.A. & Moo, J. Douglas: Einleitung in das Neue Testament, Gießen, Brunnen, 2010.

Genfer Studienbibel, Neuhausen, Hänssler, 1995.

Hörster, Gerhard: Bibelkunde und Einleitung zum Neuen Testament, Wuppertal, R. Brockhaus, 1998.

Jensen, Irving: Jensen’s Survey of the New Testament, Chicago, Moody Press, 1981.

Lasseigne, Jeff: Highway 66. A Unique Journey Through the 66 Books of the Bible, Santa Ana, Calvary Chapel Publ., 2005.

Maier, Gerhard: Matthäus-Evangelium 1. Teil, Neuhausen, Hänssler, 1979.

Maier, Gerhard: Matthäus-Evangelium 2. Teil, Neuhausen, Hänssler, 1980.

Mauerhofer, Erich: Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments Bd. 1: Matthäus-Apostelgeschichte, Holzgerlingen, Hänssler, 1997.

Reifler, Hans Ulrich: Bibelkunde des Neuen Testaments. Die Bibel lieben, kennen und verstehen, Nürnberg, VTR, 2006.

15 Irenäus, Adversus haereses II/1/1, zit. nach Reifler, 2006, 30.

16 Irenäus, Adversus haereses II/1/1, zit. nach Reifler, 2006, 30.

17 Vgl. Hörster, 1993, 59 und 65.

18 Maier, 1979, 100.

DAS EVANGELIUM NACH MARKUS

Das zweite Evangelium stammt von Markus. Es handelt sich nicht um eine Kurzversion von Matthäus, sondern besitzt einen eigenen Charakter. Markus sieht Jesus aus einer ganz anderen Perspektive, die vor allem für Nichtjuden reizvoll ist. Er verlangt keine Insiderkenntnisse des Alten Testaments und verpackt die Lehre von und über Jesus in spannende Berichte.

1. Verfasser

Wie bei Matthäus finden wir im Text keine Verfasserangabe und sind deshalb auf außerbiblische Quellen angewiesen:

Die Überschriften über die alten griechischen Handschriften aus dem 2. Jh. n.Chr.: „Nach Markus“ (

griech. kata markon

) oder „Evangelium nach Markus“ (

griech. euangelion kata markon

).

Aus den Schriften der Kirchenväter geht eindeutig hervor, dass Markus (Johannes Markus) der Verfasser des Evangeliums ist. Beispiele:

Eusebius (260-339 n.Chr.) erwähnt in seiner Kirchengeschichte ein Zitat von Bischof Papias von Hierapolis aus dem Jahr 125 n.Chr. Danach soll der Apostel Johannes über Markus gesagt haben:

Markus hat die Worte und Taten des Herrn, an die er sich als Dolmetscher des Petrus erinnerte, genau – allerdings nicht der Reihe nach – aufgeschrieben. Denn er hatte den Herrn nicht gehört und begleitet; wohl aber folgte er später, wie gesagt, dem Petrus, welcher seine Lehrvorträge nach den Bedürfnissen einrichtete, nicht aber so, dass er eine zusammenhängende Darstellung der Reden des Herrn gegeben hätte. Es ist daher keineswegs ein Fehler des Markus, wenn er einiges so aufzeichnete, wie es ihm das Gedächtnis eingab. Denn für eines trug er Sorge: nichts von dem was er gehört hatte, auszulassen oder sich im Berichte einer Lüge schuldig zu machen.19

Irenäus, der Bischof von Lyon, erwähnt 180 n.Chr. in seinem Werk gegen die Irrlehren, dass Markus, der Schüler und Dolmetscher des Petrus, dessen Predigt für uns aufgezeichnet hat.20

Nach Klemens von Alexandria (ca. 200 n.Chr.) sind die Evangelien, die ein Geschlechtsregister enthalten (Matthäus und Lukas), zuerst geschrieben worden. Erst danach schrieb Markus sein Evangelium in Rom aufgrund von Bitten aus dem Kreis der Zuhörer des Petrus.21

Origenes (ca. 254 n.Chr.) schrieb, dass „als zweites das Evangelium nach Markus, den Petrus hierfür unterwiesen hatte und den er in seinem katholischen Briefe als seinen Sohn bezeichnet ...“ entstanden ist.22

Wer war Markus?

Nach Apg 12,12 hieß Markus (markos