Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben? - Siegfried Zimmer - E-Book

Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben? E-Book

Siegfried Zimmer

4,6

Beschreibung

Wie soll man die Bibel lesen und verstehen? Zahlreiche Christen lehnen die Bibelwissenschaft ab, weil sie aus ihr großen Schaden für ihren Glauben befürchten. Professionelle Theologen dagegen wollen den wissenschaftlichen Umgang mit der Bibel nicht mehr missen.Während es die christlichen Kirchen schon lange gelernt haben, aufeinander zuzugehen und sich trotz aller Unterschiede zu achten, begegnen sich die Christen der Aufklärung und die Christen evangelikaler Ausrichtung mit gegenseitigen Abwertungen.Zimmer spricht von zwei Lagern, die sich aus den gegensätzlichen Reaktionen auf die Bibelwissenschaft ergeben. Er warnt vor der Gefahr der gegenseitigen Abgrenzung, die zu Entfremdungen und Feindbildern führt. Als Vertreter der Wissenschaft möchte er den evangelikal orientierten Schwestern und Brüdern die Hand reichen und beginnt ein Gespräch sowohl über Entstehung und Inspiration der Bibel wie auch über ihre Stellung zu Gott und zu seinem Sohn Jesus Christus.

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Siegfried Zimmer

Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben?

Klärung eines Konflikts

4., durchgehend überarbeitete Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht

Umschlagabbildung: Ron Hill © 2006 www.RonHillArtist.com

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-525-57306-8ISBN 978-3-647-57306-9 (E-Book)

© 2012, 2007, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A.www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sindurheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen alsden gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigenschriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany.

Satz: textformart, GöttingenDruck und Bindung: Hubert & Co, Göttingen

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Vorwort

Vorwort zur zweiten Auflage, dritten und vierten Auflage

I. Grundsätzliche Aspekte

1.   Worin Christen sich in Bezug auf die Bibel einig sind

2.   An welcher Stelle trennen sich die Wege?

Exkurs: Zu den Begriffen »Fundamentalismus« und »evangelikal«

3.   Die Unterscheidung von Gott und Bibel

3.1 Was bedeutet »unterscheiden«?

3.2 Das Motiv der Unterscheidung

3.3 Gott als Herr der Heiligen Schrift

3.4 Gott als Bezugspunkt des Glaubens

3.5 Die Verborgenheit Gottes

3.6 Das Thema Vollkommenheit

3.7 Die Einheit der Heiligen Schrift

3.8 Bilanz

4.   Die Unterscheidung von Jesus Christus und Bibel

4.1 Die Zusammengehörigkeit von Jesus Christus und Bibel

4.2 Der Vorrang Jesu Christi vor der Bibel

4.3 Jesus Christus als Gottes entscheidende Offenbarung

4.4 Die Vermittlung der Offenbarung

4.5 Ein häufiger Einwand

4.6 Jesus Christus als Mitte und Maßstab der Bibel

4.7 Bilanz

Exkurs: Die »Chicagoer Erklärungen«

5.   Inwiefern ist die Bibel Gottes Wort?

6.   Was bedeutet »Inspiration«?

6.1 Biblische Aspekte

6.2 Die Entwicklung in der Alten Kirche

6.3 Die Sicht der protestantischen Orthodoxie

6.4 Die Sicht des christlichen Fundamentalismus

Exkurs: Die absolute Autorität der Heiligen Schrift im Judentum, Islam und in christlichen Sondergemeinschaften

7.   Literarische Erzählungen in der Bibel

8.   Die Entstehung und Entwicklung der modernen Bibelwissenschaft

8.1 Die Voraussetzungen

8.2 Die Entstehung der modernen Bibelwissenschaft

8.3 Die Entdeckung des alten Orients

8.4 Die weitere Entwicklung der modernen Bibelwissenschaft

8.5 Die Entwicklung in der katholischen Kirche

8.6 Zur Situation in Amerika

8.7 Bilanz

II. Ausgewählte Brennpunkte

9.   Ein alttestamentliches Beispiel: das Buch Hiob

9.1 Der nichthistorische Charakter des Buchs

9.2 Konsequenzen des Ergebnisses

10. Ein neutestamentliches Beispiel: die Besonderheit des Johannesevangeliums

Exkurs: Ist in der Bibel alles gleich wichtig?

11. Biographische Aspekte in der Auseinandersetzung um die Bibelwissenschaft

11.1 Konflikte im Studium

11.2 Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung

12. Wie wichtig ist das, was Christen im Blick auf die Bibel eint?

Literatur

Vorwort

Durch die Christenheit geht ein Riss. Er belastet und behindert die Christenheit in vielfacher Hinsicht. Der Grund für diesen Riss ist die moderne Bibelwissenschaft, die an den Universitäten seit etwa zweihundert Jahren üblich geworden ist.1 Der moderne wissenschaftliche Umgang mit der Bibel ruft unter den Christen gegensätzliche Reaktionen hervor. Zahlreiche Christen bejahen ihn, weil man auf diese Weise viel über die Bibel, ihre Botschaft und ihre Entstehung lernen kann. Dieser Auffassung sind auch die Kirchenleitungen der Evangelischen und der Katholischen Kirche. Deshalb gehören die entsprechenden bibelwissenschaftlichen Methoden seit längerer Zeit zum Ausbildungsprogramm der Pfarrer und Religionslehrer.2 Für die Mehrzahl von ihnen ist die moderne Bibelwissenschaft zu einer wertvollen Hilfe geworden, die sie nicht mehr missen wollen. Zahlreiche Christen lehnen diesen Umgang mit der Bibel jedoch ab. Er ist ihnen zu bibelkritisch. Sie sehen in ihm eine Gefahr für den Glauben und sind der Überzeugung, dass der Christenheit durch ihn ein großer Schaden entsteht.

Aus den gegensätzlichen Reaktionen ergeben sich in der Christenheit zwei »Lager«: Befürworter und Gegner der modernen Bibelwissenschaft. Diese beiden Lager grenzen sich voneinander ab und leben großenteils nebeneinander her. Das führt unter den Christen zu Entfremdungen, Vorbehalten und Feindbildern. Dabei sind wir Christen nach dem Neuen Testament ein Gottesvolk und eine Familie aus Schwestern und Brüdern. Das heißt natürlich nicht, dass wir in allen Fragen der gleichen Meinung sein müssen. Unterschiede in den Meinungen, Perspektiven und Gewohnheiten haben oft eine belebende und herausfordernde Wirkung. Deshalb geht es auch nicht darum, die Unterschiede zwischen den christlichen Kirchen und Konfessionen zu beseitigen. Das Ergebnis wäre eine große Verarmung. Was zu überwinden ist, sind die gegenseitigen Abwertungen und Verurteilungen. Die Kirchen haben es gelernt, aufeinander zuzugehen und sich in aller Unterschiedlichkeit gegenseitig zu achten. Im Blick auf die moderne Bibelwissenschaft stehen sich die genannten zwei »Lager« jedoch nach wie vor in schroffer Ablehnung gegenüber. Dieser Graben ist offensichtlich schwerer zu überbrücken, als mancher bisherige konfessionelle Graben.

Wie soll bei einem solchen Riss ein christliches Zusammengehörigkeitsgefühl gedeihen und eine gemeinsame Erneuerung der Christenheit möglich werden? Gibt es eine Chance, diese Spaltung der Christenheit zu überwinden? Oder sie soweit zu begrenzen, dass nicht mehr so viel Vertrauen und Zusammenarbeit verhindert und zerstört wird? Mit menschlichem Bemühen allein wird das nicht möglich sein. Es geht bei dieser Spaltung nicht nur um Informationslücken und Missverständnisse, die man rasch beheben kann. Es geht auch um tief verwurzelte Überzeugungen und Prägungen, die nicht ohne Weiteres in unserer Verfügung liegen. Eine umfassende Heilung kann deshalb nur von Gott ausgehen. Wir können Gott allerdings um eine solche Heilung bitten und auf sie hoffen. Die Liebe »hofft alles« (1Kor 13,7). Das bedeutet nicht, dass uns nur das Abwarten bleibt. Wir sollen unsere Verantwortung wahrnehmen und die Möglichkeiten nutzen, die uns gegeben sind.

Mit diesem Buch wende ich mich vor allem an Christinnen und Christen, die der modernen Bibelwissenschaft skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen. Ich nehme ihre Vorbehalte und Sorgen ernst und will ihnen eine Brücke bauen, um sie nach Möglichkeit für ein positiveres Urteil zu gewinnen. Ich fühle mich nicht in erster Linie einem bestimmten christlichen »Lager« zugehörig, sondern der Christenheit als ganzer. Mit den folgenden Darlegungen wende ich mich aber auch an alle Leserinnen und Leser, die sich für die Bibel und die Bibelwissenschaft interessieren. Ich denke auch speziell an junge Erwachsene, die eine theologische oder religionspädagogische Ausbildung beginnen wollen, oder begonnen haben. Ihnen möchte ich eine Orientierungshilfe geben. Schließlich denke ich an die Multiplikatoren und Seelsorger in den Kirchen und Freikirchen, die beim Thema »Bibel« selbst in einer Beratungsaufgabe stehen und für Anregungen dankbar sind. Da ich ein breites Leserpublikum ansprechen möchte, achte ich auf eine verständliche Sprache und setze keine Fachkenntnisse voraus. Ich stelle in diesem Buch die wesentlichen Motive und Voraussetzungen der modernen Bibelwissenschaft vor und erläutere sie. Dabei soll deutlich werden, dass diese Motive und Voraussetzungen ihr gutes Recht haben. Wenn wir die moderne Bibelwissenschaft verantwortungsbewusst betreiben, können alle Christen von ihr lernen und kann sie der Christenheit sehr nützlich sein. Ich setze dabei voraus, dass die moderne Bibelwissenschaft keine fertige Größe ist, sondern ständig verbessert werden kann und muss.

Die moderne Bibelwissenschaft ist auch keine einheitliche Größe. Es gibt in ihr viele Richtungen und Positionen. Diese unterschiedlichen Richtungen muss man als Christ nicht im Einzelnen kennen. Das kann man den Fachleuten überlassen. Ich werde deshalb diese Richtungen im vorliegenden Buch nicht zum Thema machen. Mir geht es um etwas Wichtigeres: um das grundsätzliche Existenzrecht der modernen Bibelwissenschaft. Ich konzentriere mich deshalb auf die Erkenntnisse, die in der modernen Bibelwissenschaft allgemein anerkannt sind.3 Auf den folgenden Seiten ist nicht von besonders gewagten und umstrittenen Thesen und Theorien die Rede, sondern von Einsichten, auf denen die moderne Bibelwissenschaft basiert. Außerdem gebe ich einen Überblick über die Entstehung und bisherige Entwicklung der modernen Bibelwissenschaft. Mit diesem Buch möchte ich dem Leser dabei behilflich sein, Respekt vor dem Existenzrecht der modernen Bibelschaft zu entwickeln, d. h. Respekt vor den Gründen ihrer Entstehung und ihren anerkannten Ergebnissen.

Man soll der modernen Bibelwissenschaft gegenüber durchaus auch kritisch und vorsichtig sein. Eine »Wissenschaftsgläubigkeit« ist weder in der Theologie noch sonstwo am Platz. Kritik an weltanschaulichen Einseitigkeiten der modernen Bibelwissenschaft, an überzogenen Geltungsansprüchen und an zu spekulativen Behauptungen ist berechtigt und notwendig. Sie wird heute auch innerhalb der Universitätstheologie deutlich geäußert. Entscheidend sind die Voraussetzungen und das Ziel dieser Kritik: Basiert sie auf der Anerkennung des Existenzrechts der modernen Bibelwissenschaft und dient ihrer Verbesserung? Oder basiert diese Kritik auf einer prinzipiellen Ablehnung der modernen Bibelwissenschaft und dient ihrer generellen Verdächtigung? Jeder Kritiker der modernen Bibelwissenschaft sollte offenlegen, wo er diesbezüglich steht. Sonst vernebelt er das Entscheidende.

Pauschalurteile sind kein Zeichen von Qualität, sondern meist Ausdruck der Voreingenommenheit und Hilflosigkeit. Wer ein Schwarz-Weiß-Denken und das Entstehen von Feindbildern fördert, der zementiert die Spaltung der Christenheit. Ohne das faire, sachliche Gespräch ist eine Verständigung nicht möglich. Es genügt nicht, sich auf die Schwachstellen des Anderen »einzuschießen«. Man muss die berechtigten Aspekte einer kritisierten Position würdigen. Paulus schreibt: »Prüft alles und das Gute behaltet« (1Thess 5,21). Damit ermahnt er uns: Schaut genau hin! Rechnet bei dem zu prüfenden Sachverhalt damit, dass er auch Gutes enthält. Macht es euch mit einer Ablehnung nicht zu leicht. Paulus hat sicher gewusst, warum er diese Mahnung so formuliert. Man denke aber auch an das Wort Jesu: »Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach dem Maß, mit dem ihr richtet, werdet ihr selbst gerichtet werden« (Mt 7,1 f).

Die Argumentation jener Theologen, die der modernen Bibelwissenschaft skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, ist mir aus ihren wichtigeren Veröffentlichungen bekannt (vgl. das Literaturverzeichnis).4 Ich gehe jedoch auf keinen dieser Theologen namentlich näher ein. Es geht mir nicht um Personen, sondern um Sachfragen. Das Personalisieren von Sachfragen dient selten dem Frieden.5 Ich betrachte die betreffenden Theologen nicht als »Gegner«, sondern als Mitchristen. Meine Kritik zielt nicht auf Personen, sondern auf Vorurteile und Feindbilder. Allerdings nehme ich zu den »Chicagoer Erklärungen« Stellung (vgl. den zweiten Exkurs). Bei ihnen handelt es sich um einen repräsentativen Gemeinschaftstext einer größeren Zahl von Theologen, die die moderne Bibelwissenschaft ablehnen.

Mit der großen Mehrheit meiner Hochschulkolleginnen und -kollegen bin ich der Auffassung, dass die wissenschaftliche Theologie nicht um ihrer selbst willen da ist, sondern um des christlichen Glaubens willen. Theologie ist keine neutrale Religionswissenschaft. Die Aufgabe der wissenschaftlichen Theologie ist es, auf wissenschaftlich redliche und qualifizierte Weise der Christenheit von Nutzen zu sein. Nur von einer solchen Theologie ist in diesem Buch die Rede. Die Bibelwissenschaft ist ein Teil der Theologie. Sie hat deshalb nicht nur eine historische, sondern auch eine theologische Verantwortung. Eine solche Bibelwissenschaft weiß die einzigartige Rolle der Bibel zu würdigen. Sie ist sich in aller Regel auch dessen bewusst, dass man Bibelwissenschaft nicht nur mit dem Kopf betreiben kann. Sie ist auch eine Sache des Herzens.

Bei Nuriet Dolo, Sonja Bauer, Christina Lauer und Melanie Schneider bedanke ich mich herzlich für das Anfertigen des Manuskripts. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und zahlreiche wertvolle Hinweise bedanke ich mich ebenso bei Dr. Uwe Böhm, Johannes Föll, Doktorand Ephraim Härer, Albrecht Huber, Christina Lauer, Prof. Dr. Manfred Pirner, Tobias Schmitt und Waldemar Wolf.

Ludwigsburg, Januar 2007/Februar 2010

Siegfried Zimmer

Vorwort zur zweiten Auflage

Ich freue mich, dass schon nach kurzer Zeit eine zweite Auflage dieses Buchs erforderlich geworden ist. Sie ist erweitert und durchgehend überarbeitet. Zwölf Seiten Text sind hinzugekommen. Es handelt sich dabei vor allem um die neuen Abschnitte 3.1 und 3.2. Im Interesse einer flüssigeren Lesbarkeit habe ich einige Textpassagen in ihrer Reihenfolge verändert und die Überschrift 8.3 neu eingefügt.

Ludwigsburg, November 2007

Siegfried Zimmer

Vorwort zur dritten und vierten Auflage

In dieser Auflage berücksichtige ich erstmals die zahlreichen Rückmeldungen auf das vorliegende Buch. Es hat viel Zustimmung gefunden, auch vonseiten evangelikaler Christen. Darüber freue ich mich sehr. Ich danke aber auch für die kritischen Hinweise. Sie haben es mir ermöglicht, Manches klarer zu formulieren und Missverständnisse auszuräumen. Ich habe sowohl Erweiterungen als auch Kürzungen und Textumstellungen vorgenommen. Mehrere Überschriften habe ich umformuliert. Hinzugekommen ist Kapitel 10 und Abschnitt 3.7. Kapitel 2 habe ich völlig und den ersten Exkurs großenteils neu geschrieben. In diesem Exkurs erläutere ich jetzt nicht nur den Begriff »Fundamentalismus«, sondern auch den Begriff »evangelikal«. Die Kapitelzählung wird jetzt im zweiten Teil des Buchs fortgeführt. Bei Matthias Meier, Marcus Stolz, Juliane Theil und Thomas Baumhakl bedanke ich mich herzlich für das Anfertigen des überarbeiteten Manuskripts. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Hinweise bedanke ich mich ebenso bei Doktorand Ephraim Härer und Christina Lauer. In der vierten Auflage habe ich lediglich mehrere kleinere Ergänzungen in Kapitel 10 vorgenommen.

Ludwigsburg, Februar 2010/Juli 2012

Siegfried Zimmer

 

1 Unter »Bibelwissenschaft« verstehe ich im vorliegenden Buch die moderne Bibelwissenschaft, d. h. den Umgang mit der Bibel, der an den Universitäten üblich und anerkannt ist.

2 Ich beschränke mich in den meisten Fällen auf die männliche Schreibweise. Selbstverständlich sind aber stets beide Geschlechter gemeint.

3 Natürlich vertrete auch ich innerhalb der Bibelwissenschaft und innerhalb der wissenschaftlichen Theologie eine bestimmte Position. Zum einen bin ich verbunden mit den neueren Bemühungen um eine »Biblische Theologie« (vgl. die Beiträge im »Jahrbuch der Biblischen Theologie«, das seit 1988 erscheint). Zum anderen komme ich von Martin Luthers reformatorischen Grunderkenntnissen her. Deshalb ist für mich die Lutherforschung des 20. Jahrhunderts wichtig, ebenso wie die im gleichen Jahrhundert entwickelte »Theologie des Wortes Gottes«. Es geht mir darum, Luthers Grunderkenntnisse im Kontext der heutigen Fragestellungen und Herausforderungen fruchtbar zu machen, erforderlichenfalls auch weiter zu entwickeln.

4 Dabei beschränke ich mich auf deutschsprachige Veröffentlichungen.

5 Im zweiten Teil des vorliegenden Buchs geht es nicht mehr um Grundsatzfragen, sondern um Beispiele. Hier nenne ich gelegentlich auch Namen.

I. Grundsätzliche Aspekte

1. Worin Christen sich in Bezug auf die Bibel einig sind

Für das Verständnis der Bibel ist eine Frage wichtiger als alle anderen. Diese Frage lautet: In welchem Verhältnis steht Gott zur Bibel? Da wir Gott nicht direkt befragen können, müssen wir diese Frage bescheidener formulieren: Von welchem Verhältnis zwischen Gott und Bibel können wir in unserem Glauben ausgehen? In der Antwort auf diese zentrale Frage sind wir Christen uns – das soll in diesem ersten Kapitel deutlich werden – im entscheidenden Punkt einig.

Um der Offenheit willen möchte ich zunächst mein eigenes Verständnis der Bibel skizzieren. Damit will ich die Voraussetzungen deutlich machen, die mich im Blick auf die Bibel leiten. Meiner Meinung nach geht es in der Bibel nicht nur um Erinnerungen an früher geschehene Offenbarungen Gottes. Ich bin davon überzeugt, dass Gott auch heute durch die Bibel zu uns Menschen – zu unserem Herz und Gewissen – spricht. Auf diese Weise schafft und erhält er unseren Glauben, beschenkt und leitet uns mit seinem Geist und lehrt uns alles, was für unser Heil wichtig ist.6 Zu dieser Überzeugung bin ich aus folgenden Gründen gekommen: Sie entspricht dem Verständnis, das sowohl Jesus als auch die Schreiber der neutestamentlichen Schriften von der Heiligen Schrift hatten. Sie entspricht der zweitausendjährigen Erfahrung der Christenheit. Und sie entspricht meiner eigenen Erfahrung. Ich vertraue darauf, dass Gott durch die Bibel zu uns redet, wann und wo er will. Er kennt die Zeiten und die Gelegenheiten und er versäumt sie nicht. Gottes Wirken durch die Bibel erweist die Bibel als »Gottes Wort«.7 Ich stimme Martin Luther zu, der die Erfahrung der Christenheit in die Worte zusammenfasst: »Der Heilige Geist redet nirgendwo kräftiger als in der Heiligen Schrift.«8 Die Bibel ist deshalb von unersetzbarer Bedeutung. Es gibt zu ihr keine Alternative. Wir Christen sind darauf angewiesen, dass Gott durch die Bibel zu uns spricht. Würde uns die Erfahrung lehren, dass Gott durch die Bibel nicht zu uns redet, dass unser Vertrauen auf ein solches Reden Gottes unberechtigt ist, dann würde der christliche Glaube zusammenbrechen. Wichtig ist, worauf sich unser Vertrauen bezieht. Es bezieht sich , auf seine Bereitschaft und seine unbegrenzten Möglichkeiten, durch die Bibel zu uns zu sprechen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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