Schafft der Papst die Kirche ab? - Walter Tributsch - E-Book

Schafft der Papst die Kirche ab? E-Book

Walter Tributsch

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Beschreibung

Von den meisten Medien als Reformer gepriesen, geht Papst Franziskus seinen Weg. Ist es tatsächlich sein eigener Weg? Oder gibt es womöglich Strippenzieher im Hintergrund? Leben und Amtsführung des seit nunmehr neun Jahren regierenden Papstes werfen zahlreiche Fragen auf, die dieses Buch zu erhellen versucht. Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass Franziskus mit der Absicht, die zwei Jahrtausende alte Tradition der katholischen Kirche zu revolutionieren, "gemacht" wurde. Reformen hat es zwar immer wieder gegeben – dieses Mal jedoch nimmt der spirituelle Umsturz Dimensionen an, die der gesamten Kirche einen massiven Schaden bereiten könnten. Die Glaubenslehre soll sich wandeln, genauso wie die maßgebliche Rolle des Oberhauptes vom regierenden Papst selbst infrage gestellt wird. Dass dabei das Papsttum, das wesentliche Merkmal der katholischen Kirche gegenüber anderen Religionen und christlichen Konfessionen, herabgewürdigt wird, scheint nebensächlich. Oder sollte es sich dabei womöglich um einen gewollten Zustand handeln? Walter Tributsch erläutert anhand zahlreicher Indizien das Verhalten von Papst Franziskus und analysiert die Entwicklung, die die römisch-katholische Kirche zu nehmen droht. Der besorgniserregende Priestermangel und der Schwund an Gläubigen spielen unter diesem Gesichtspunkt ebenso eine Rolle wie die Auswirkungen des massiven islamischen Zuzuges nach Europa.

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WALTER TRIBUTSCH

SCHAFFTDER PAPSTDIE KIRCHE AB?

KATHOLISCHER GLAUBE UNDLIBERALE GEISTESHALTUNG

Umschlaggestaltung: DSR – Digitalstudio Rypka, 8143 Dobl/Graz, www.rypka.atUmschlagabb. Vorderseite: istockphoto.com / LeoPatrizi; uzhursky

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E-Mail: [email protected]

www.ares-verlag.com

ISBN 978-3-99081-095-8

eISBN 978-3-99081-113-9

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.

© Copyright by Ares Verlag, Graz 2022

Layout: Ecotext-Verlag Mag. G. Schneeweiß-Arnoldstein, Wien

Inhalt

Vorwort

Ein Jesuit verlässt den Vatikan und wird „Prophet“

Zweifel von allem Anfang an

Vom Peronisten zur Gesellschaft Jesu

Der „bekehrte“ Jesuit

Der gewählte Jesuit

Die Paten des Jorge Bergoglio

Benedikt muss weg!

Wie „Franziskus“ gemacht werden konnte

Roma locuta, causa confusa

Die Hauptstadt mit dem Symbolcharakter

Homosexualität und Pädophilie in der Kirche

Die katholische Kirche und die Freimaurerei

Satan und der Vatikan

Die Saat geht auf

Der Kreis schließt sich

Zeitgemäße „Modernisierung“ oder rückschrittliche „Abwrackung“

Erkenntnisse, Träume und Gedanken eines Messbesuchers

Personenregister

Quellenverzeichnis

Anmerkungen

Ich möchte dieses Buch meiner Mutter (1912–2007) widmen.

Als Tochter des Bischofsgärtners von Klagenfurt/Gurk hat sie als Kind und Jugendliche jeden Tag um sechs Uhr morgens mit einer Messe in der Klagenfurter Kapuzinerkirche begonnen.

Vorwort

Ich bin Optimist. Wie es diese halten, stehe auch ich Neuem fast immer positiv gegenüber. Ja, auch ganz offensichtlichen Unglücksfällen, großen wie kleinen, kann ich zumeist noch eine positive Seite abgewinnen. „Es wird schon auch sein Nützliches haben“, rede ich mir ein, und zumeist behalte ich auch recht. Dies stellt sich in vielen Fällen erst viel, viel später, manchmal sogar erst nach Jahren heraus.

Ich bin mit dieser Geisteshaltung nicht allein. Deutsche und britische Hirnforscher kamen in einer Studie zu dem Schluss, dass 80 % aller Menschen mit dieser Lebenseinstellung ausgestattet sind.

Unter der Leitung von Dr. Tali Sharot wurden die Probanden am University College in London durch Messung ihrer Gehirnströme untersucht. Demzufolge nimmt mit steigendem Grad des Optimismus die Bereitschaft ab, negative Informationen an uns heranzulassen und ihnen Einfluss auf unser Verhalten einzuräumen.

Diese selektive Informationsverarbeitung schützt uns vor negativen Einflüssen.

Das ist an sich ein großer Vorteil, kann aber auch verheerende Nachteile haben. Denken wir nur an die Spieler, die immer noch an ihre Glückssträhne glauben, wenn sie bereits Haus und Hof verspielt haben. Die Forscher sprechen in diesen Fällen von unrealistischem Optimismus. Welch fatale Folgen auch für unbeteiligte Dritte auf mangelnde Kritikfähigkeit und übertriebenen Optimismus zurückgeführt werden können, haben wir, nicht zum ersten Mal, durch eine weltweite Finanzkrise 2008 erfahren müssen. Nicht zu sprechen von der 2020 ausgebrochenen Corona-Krise. Die Politiker haben uns damals versprochen, dass der ganze Zauber im Sommer desselben Jahres überstanden sein würde. Wie es dann wirklich gelaufen ist, wissen wir alle. Eine Unzahl von Fehlentscheidungen wurde seitens der Politik und der sogenannten Experten getroffen, Geld verschwendet, das wir alle und auch unsere Nachkommen noch in Jahren zurückzahlen müssen werden. Auch in und an dieser Krise haben viele Geld verdient, unheimlich viel Geld.

Der deutsche Physiker und Theologe Frank Ochmann spricht es geradeheraus an: „Wenn es auch meist die Gier war, die den Verursachern der Finanzkrise nachträglich – und sicher zu Recht – zur Last gelegt wurde, so kommt ein weiterer Aspekt dazu: überzogener Optimismus. […] Was die Gier als erstrebenswert vorgaukelte, das hat der Optimismus in erreichbare Nähe geschoben.“ Weil einzelne Spekulanten die negativen Signale nicht wahrnehmen wollten, haben sie munter weitergezockt und schließlich die Immobilien- und Finanzblase nicht nur aufgebläht, sondern auch zum Platzen gebracht. Ein ähnlich falscher Optimismus hat die Welt im Falle von Corona im Bann gehalten.

Dieser „unrealistische Optimismus“ erstreckt sich für die meisten von uns auf fast alle Informationen, die an uns herangetragen werden. Gläubige Menschen leben in der Überzeugung, dass Gott stets nur das Beste für sie wolle. Was als „von Gott gegeben“ angesehen wird, kann nur gut für sie sein. Ganz egal, ob es auf den ersten Blick als gut oder schlecht für die jeweilige Person gesehen wird. Mit dieser positiven Aufnahmebereitschaft sind die Betroffenen ganz besonders empfänglich für jegliche Information, die von kirchlichen Stellen und Autoritäten kommt.

So sind auch die nahezu uneingeschränkte Bewunderung und das weltweite Lob für den jüngsten obersten Hirten der katholischen Kirche erklärbar. Mit seinen jovialen, volksnahen Gesten verstärkt er noch den Eindruck seiner Heil bringenden Mission. Das Empfinden der Volksnähe unterstreicht er noch durch Aussagen wie jene, wonach er den Schwerpunkt kirchlicher Politik auf die „Barmherzigkeit“ legen wolle.

Als bekennendem Optimisten ist es auch mir so gegangen, dass ich ohne Hinterfragen etwaiger Absichten einfach den „neuen Wind“ lobte, den der Italo-Argentinier in das scheinbar verstaubte Gebälk der katholischen Kirche zu bringen schien. Natürlich spielte für meine Unbefangenheit auch eine Rolle, dass ich mich mit kirchlichen Gepflogenheiten und Traditionen kaum beschäftigt hatte. Die mit der Glaubenslehre schwer vereinbaren Handlungen und Aussagen einzelner hochkarätiger Kleriker, auch in meinem Heimatland Österreich, gingen bei mir weitgehend ungeprüft beim einen Ohr herein und beim anderen wieder hinaus.

Ich fragte mich auch, was ein verstorbener Freund – Außenminister des Souveränen Malteserordens und profunder Kenner des Vatikans – wohl zu dem neuen Schwung sagen würde, den der „Neue“ in der Weltkirche zu verbreiten schien. Immerhin war der Malteser mit vier Päpsten persönlich bekannt gewesen, ebenso wie mit dem damaligen Leiter der Glaubenskongregation und späteren Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger.

Zu der Zeit des Konklaves, bei dem Bergoglio zum Papst gewählt wurde, nahm ein Bekannter – wir hatten einander das letzte Mal 2010 beim Begräbnis unseres eben genannten gemeinsamen Freundes gesehen – Kontakt mit mir auf. Der tiefgläubige Arzt konnte meine positive Einstellung zu dem neuen Oberhaupt der katholischen Kirche nicht teilen. Im Gegenteil, er pflanzte mit ein paar Hinweisen den Keim des Zweifels auch in mir.

In meinem Beruf bin ich schon sehr oft mit Verdachtsäußerungen gegenüber Personen oder Institutionen, ja mit Verschwörungstheorien aller Art konfrontiert gewesen. Das meiste ließ sich sehr rasch aufklären oder stellte sich als ein Gerücht heraus, das durch sein Forterzählen ins Kuriose angewachsen war. Bei dieser Geschichte des Arztes war allerdings mein Interesse geweckt:

„Es war in Rom, bereits Anfang Feber 2012. Ich hatte im *****, das stets voll mit Anhängern des AS Roma ist, einen befreundeten Ordensmann aus dem Vatikan getroffen. An sich ein Pflichttermin für mich auf meinen zahlreichen Besuchen der ‚Heiligen Stadt‘. Ganz beiläufig, auch das ist ein regelmäßiges Ritual, fragte ich nach Neuigkeiten im Vatikan. Im Besonderen waren es die aktuellen Zeitungsmeldungen zu einem möglichen Mordkomplott gegen Papst Benedikt XVI., die ich gern aus berufenem Munde kommentiert haben wollte. ‚Du wirst sehen, all diese Meldungen bedeuten nur eines: Es wird in Rom bald dramatische Änderungen geben, das ist sicher‘, lautete seine für mich äußerst unbefriedigende Antwort. Das geheimnisvolle Getue aus dem Munde eines absoluten Vatikaninsiders war für mich nicht das, mit dem im Gepäck ich nach Hause fahren wollte.“

Die Ankündigung umwälzender Ereignisse durch den hochrangigen Kleriker im Umfeld des Papstes war erfolgt, aber nichts geschah. Noch nichts, wird man heute sagen. Das Jahr verging mit den schon bekannten Angriffen auf Papst Benedikt XVI., welche dieser mit geduldigem Leiden ertrug.

Es ist Faschingsmontag, der 11. Februar 2013: „Papst zurückgetreten“, lauten die Meldungen. Wohl ein verfrühter Faschingsscherz. „Sonst noch was?“, so ungefähr ist meine erste Reaktion, doch der Anrufer bleibt hartnäckig: „Sie wissen das noch nicht? Es stimmt!“

Jetzt erinnere ich mich an ein Buch, das ich vor einigen Jahren nicht gekauft hatte – es war mir geschenkt worden. „Der letzte Papst“ ist der Titel. Geschrieben wurde es von Malachi Martin, einem nach dem Zweiten Vatikanum, wo er noch als Sekretär von Kardinal Bea gearbeitet hatte, aus dem Jesuitenorden ausgetretenen Kleriker. Es ist ein Roman mit 900 Seiten aus dem Jahr 1996 und handelt vom Rücktritt eines Papstes. So ein Unsinn, ich lese doch nicht 900 Seiten einer erfundenen Geschichte. Und schon gar nicht über etwas, das es gar nicht geben kann, den Rücktritt eines Papstes. Man kennt doch die römisch-katholische Kirche mit ihrer Tradition um ihren obersten Führer. Eine Position, die in einem Konklave von der elitären zweiten Führungsebene, den wahlberechtigten Kardinälen, auf Lebenszeit gewählt wird. In der nahezu 2000-jährigen Geschichte war erst ein Papst vorzeitig abgetreten, und der war Eremit gewesen und auch in Abwesenheit gewählt worden. Überdies hatte er Rom nie gesehen. Johannes Paul II. war zwar schon alt und auch krank gewesen, aber ein Rücktritt war undenkbar! Und Benedikt XVI. mit der jahrzehntelangen Erfahrung im Vatikan – völlig unvorstellbar. Malachi Martin, der Autor des Buches, war schon seit sechs Jahren tot, als dieser Deutsche zum Papst gewählt wurde. Das konnte also erst recht nicht sein, sind meine wohl nicht von der Hand zu weisenden Gedanken.

Und wieder tritt mein Freund, der Arzt, mit seiner Schilderung in Erscheinung:

„13. März 2013, das Konklave hat entschieden, der neue Papst tritt vor die ausharrende Menge. ‚Hm … Da stimmt was nicht!‘, höre ich hinter mir, drehe mich um und sehe das erstarrte Gesicht meiner Frau.

‚Sag einmal, bist du noch bei Trost? Er ist seit nicht einmal zwei Stunden Papst! Wie kannst du so etwas sagen?‘

‚Du wirst sehen, da stimmt was nicht‘, wiederholt sie ruhig und sicher.

‚Hast du gesehen, wie der Faymann und der Fischer gejubelt haben!?‘, fordert sie mich am nächsten Tag heraus.

‚Also jetzt reicht’s! Du hörst das Gras wachsen. Klar, dass die jubeln, sie müssen doch das ahnungslose Publikum glauben machen, dass EU-Befehlsempfänger auch katholisch sind oder zumindest so denken können.‘

‚Nein! Die Sache ist faul!‘

In vielen Ehejahren habe ich gelernt, dass meine Frau, wenn es darauf ankommt, ihr Wissen aus mir unzugänglichen Quellen schöpft, und auch, dass sie mit ihrem Instinkt meist recht hat. Vielleicht wird sie’s dereinst erklären …“

Es ist also tatsächlich geschehen. Der Papst ist zurückgetreten. Jetzt beginnt mich das nicht gekaufte Buch aber doch noch zu interessieren – und wie! War der Autor Dr. Dr. Dr. Malachi Martin – Sie lesen richtig, ein Dreifacher, so etwas gibt es nur in der Kirche – etwa ein Hellseher? Oder hat er sonst irgendwie „mehr“ gewusst? Hat dieser Roman vielleicht noch mehr Bezüge zur Realität als den Rücktritt? Ist Roman eigentlich gar nicht die richtige Bezeichnung? Fragen über Fragen, die plötzlich ganz aktuell sind, aber wo hab ich nur das weggelegte Exemplar? Besorg es doch im Handel, das geht schneller, sage ich mir.

Vergriffen! Na, das wird nicht mehr lange so sein. Immerhin gibt es mehr als eine Milliarde Katholiken. Viele Millionen müssen doch jetzt ein großes Fragezeichen im Kopf haben!

Zwei Verlage, die eigentlich schon aus ökonomischer Sicht Interesse haben müssten, machen mir keine Hoffnung, dieses Buch bald doch noch lesen zu können. Das gebrauchte Exemplar, das ich einige Zeit später in meinen Händen halte, sieht aus wie neu. Hat der Vorbesitzer sich nach dem Kauf wohl das Gleiche gedacht wie ich vor zehn Jahren? Zu dick zum Lesen?

Für mich nun nicht mehr! Schon nach einigen Seiten ist klar, dass das, was ich jetzt vor mir habe, kein normaler Roman sein kann. Es wird eine Kirche beschrieben, man glaubt es kaum, in der es eine Unmenge Verräter und nur wenige „Gute“ gibt.

Der Autor war ein Ex-Jesuit und in den 1960er-Jahren als ein fachkundiger Assistent eines hochrangigen Jesuiten-Kardinals am Konzil beteiligt. Bald danach ist er aber ausgetreten und hat bis 1999 als Buchautor gelebt.

Von einem Bekannten, einem Vatikan- und Kirchenkenner, erhalte ich eine Liste mit den Klarnamen der im „Roman“ beschriebenen Personen. Die scheinbar fiktiv gewählten Gestalten haben ganz konkrete lebende Vorbilder. Bei den meisten kann jemand, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelebt hat, unschwer ihr im Buch beschriebenes Handeln nachvollziehen.

Nach dieser Geschichte ist mir klar, dass ich dem „Unglaublichen“ nachgehen und mir weitere Informationen holen muss. Zuerst aus Malachi Martins „Windswept House“, dem englischsprachigen Original, und dann aus einem Buch des italienischen Journalisten Antonio Socci, das nach der Wahl Bergoglios erschienen ist. „Non é Francesco“ lautet der Titel, und auch in einem anderen Buch setzt er sich mit den Schwierigkeiten der Kirche auseinander, in „La Chiesa nella Grande Tempesta“ nämlich – auf Deutsch also: „Er ist nicht Franziskus“ und „Die Kirche in schweren Turbulenzen“. Diese klare Ablehnung einer Anerkennung wurde in unterschiedlicher Form auch vom Klerus selbst geltend gemacht. Der Widerstand des ehemaligen päpstlichen Nuntius Carlo Maria Viganò ging um die Welt: Er forderte Franziskus und auch einige Kardinäle ganz offiziell in einem Brief zum Rücktritt auf. Aber nicht nur hochrangige Kleriker als Einzelpersonen rieben sich an dem nunmehr regierenden Papst, sondern auch ganze Gruppierungen. So brachte der ORF 2015 in seiner Sendung „Orientierung“ das Thema zur Sprache und erläuterte, dass sich der polnische Klerus gegen den Papst stellen würde. In der beim ORF üblichen Art und Weise, konservative Standpunkte zu verteufeln, wurden die Kritiker zwar als rückwärtsgewandt und konservativ bezeichnet, nichtsdestotrotz wurde auch ganz offiziell von Ablehnung und Widerstand der polnischen Geistlichen gesprochen. Natürlich spielte dabei die Erinnerung an ihren Papst Johannes Paul II. eine Rolle, doch es wird auch ganz offen von Schwierigkeiten mit Papst Franziskus gesprochen. „Wir werden diese Zeit durchtauchen müssen …“, wird von den Polen ganz offen Kritik an dem gegenwärtigen Bischof von Rom laut.

Auch wenn wahrscheinlich zu jeder Zeit Kritik an dem frisch gewählten Oberhaupt der katholischen Kirche geübt wurde, trieb mich die Beschäftigung mit diesen geradezu revolutionären Gedanken schließlich dazu, vieles zu hinterfragen. Was ich nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitete, stimmte nicht immer mit dem überein, was ich bisher als gegeben hingenommen hatte. Das führte zu weiteren Recherchen. Das hiermit vorliegende Ergebnis ist gewiss nicht die in Stein gemeißelte Wahrheit, beinhaltet aber meine Schlussfolgerungen, die ich nach nun gut vier Jahren des Suchens und Nachforschens für mich gewonnen habe. Der Erkenntnisgewinn geschah unwillkürlich und manchmal auch ganz gewollt in Abstimmung mit meinem römisch-katholischen Religionsbekenntnis, das mich und meinen Zugang zu religiösen Themen zusammen mit dem zwölfjährigen Religionsunterricht und dem dreijährigen Ministrantentum nun immerhin seit einem halben Jahrhundert institutionell und auch unbewusst prägt. Auch wenn im vorliegenden Werk die Hinterfragung des Papstes nicht so eklatant negativ ausfällt wie beispielsweise bei Socci, Viganò oder den Polen, sind bei der Zusammenstellung des Buches doch ganz erstaunliche Blickwinkel zu dem neuen Papst und der alten, traditionellen Kirche aufgetaucht, die nicht unbedingt dem „Langzeitunternehmen Kirche“ zum Nutzen gereichen.

Es kam aber noch um ein Vielfaches schwerwiegender. Das Studium des Buches von Malachi Martin lieferte noch keine Information darüber, wie sich der neue Papst in dem traditionellen Amt verhalten würde. Immerhin ist das Amt des Papstes ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der katholischen Kirche gegenüber den anderen christlichen Konfessionen. Auf diesem „Felsen“ wollte Christus seine Kirche errichten. Eine Kirche ohne Papst ist keine katholische. Man muss auch dem Neuen die Chance geben, seine Führungsrolle wahrzunehmen und den Gläubigen dieser Welt zu zeigen, wie er sich die weitere Entwicklung dieses gigantischen Unternehmens mit mehr als einer Milliarde Mitgliedern vorstellt. Es hat in der zweitausendjährigen Geschichte des „Unternehmens Kirche“ immer wieder Päpste gegeben, die mehr an eigenen, persönlichen Vorteilen interessiert waren. Denken wir dabei nur an den manchmal geübten Nepotismus. Zumeist haben aber auch diese die Kirche zum Guten entwickelt. Ganz einfach, weil das persönliche Interesse eines Papstes immer auch das Gedeihen und die wachsende Pracht der katholischen Kirche zum Inhalt hatte. Glänzte die Kirche, so glänzte auch das Amt des obersten Chefs derselben.

Um Bergoglio beurteilen zu können, war es daher nur zuträglich, einige Jahre lang zu beobachten, was er aus der ihm übertragenen Macht machte. Das auch unabhängig davon, wie es zu seiner Wahl gekommen war. Die ungewöhnliche Situation mit einem emeritierten und einem regierenden Papst ist eine Sache, der Umgang mit dem Amt durch den argentinischen Kleriker eine andere. Oder musste man gar mit Strippenziehern im Hintergrund rechnen? Schließlich wird man nicht so ohne Weiteres Papst, auch dann nicht, wenn man aus Südamerika kommt. Jede Art von Werbung für eine Papstwahl ist verpönt, und Johannes Paul II. hat so etwas ausdrücklich verboten. Trotzdem war es stets auch die Frage von Absprachen und einer Richtungsentscheidung, wer die Sixtinische Kapelle schließlich als gewählter Papst verlassen durfte.

Diese gewonnenen, teils wirklich aufwühlend anmutenden Erkenntnisse möchte ich mit diesem Buch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Nicht zufällig, sondern ganz offenbar gottgewollt fällt die Veröffentlichung dieser Erkenntnisse in die Zeit der weltweiten Corona-Krise. Auch wenn wir im Augenblick wohl andere Sorgen ganz oben auf unseren Speiszetteln stehen haben, ist die katholische Kirche ein Faktor, der geeignet ist, uns und vor allem künftige Generationen zu beeinflussen. Wird die Kirche grundlegend verändert, um nicht zu sagen: in ihren Grundpfeilern erschüttert, so verändert sich letzten Endes auch das Leben in unserem von der christlichen Religion doch so stark geprägten Umfeld.

Die relevante Handlung ist in einzelne Kapitel unterteilt, die jedes für sich einen besonderen Aspekt beleuchten. Anmerkungen liefern einerseits Nachweise und weiterführende Erklärungen, andererseits erläutern sie Ereignisse, die nicht unmittelbar mit der Handlung in Zusammenhang stehen. Gleiches wird auch mit der ausführlichen Liste der vorkommenden Personen und der Kurzbeschreibung der Persönlichkeiten bezweckt, die im vorliegenden Buch Eingang ins Personenverzeichnis gefunden haben. Es ging bei den Beschreibungen nicht um Wichtigkeit und Bedeutung, sondern lediglich um die Relevanz der Daten für dieses Buch.

Allen, die daran mitgewirkt haben, dass dieses Buch entstehen konnte, sei mein verbindlicher Dank ausgesprochen. Allfällige Fehler, die nie ganz zu vermeiden sind, gehen selbstverständlich zu meinen Lasten. Trotzdem sei dem Leser weiterführende Erkenntnis bei der Lektüre gewünscht – und vielleicht die eine oder andere Überraschung. Es möge ihm ähnlich ergehen wie mir selbst, nachdem ich mit den Recherchen begonnen hatte: Erkenntnis und Erstaunen mit jedem Tag, den man mit den Vorkommnissen in der römischkatholischen Kirche zubringt.

Wien, im September 2021

Ein Jesuit verlässt den Vatikan und wird „Prophet“

New York am 27. Juli 1999.

In Manhattan stirbt ein Mann in seinem Apartment, vier Tage nach seinem 78. Geburtstag. Er stirbt an einer Gehirnblutung, wahrscheinlich verursacht durch einen Sturz. Bereits wenige Tage später findet die Bestattung am Friedhof „Gate of Heaven“ in New York statt. Eine Autopsie wurde nicht vorgenommen.

Warum auch sollte nicht alles mit „normalen Dingen“ zugegangen sein, würde man fragen. Leute in diesem Alter können durchaus auch zu Tode stürzen, selbst in ihrer eigenen Wohnung.

Obwohl – deren Einrichtung und infrage kommende Stolperhindernisse lernt man ja intuitiv, eigentlich gerade im fortgeschrittenen Alter und mit zunehmender Lebenserfahrung, in- und auswendig. Man erfasst sie gefühlsmäßig und lernt, praktisch schlafwandlerisch durch die Räume zu gehen. Jeder, der in der Nacht aufsteht, um auf die Toilette zu gehen, wird das bestätigen können.

In diesem Fall hätten die Behörden, die den Leichnam zur Bestattung freigaben, aber darüber hinaus noch ein wesentliches weiteres Faktum berücksichtigen müssen. Der Verunglückte war Dr. Dr. Dr. Malachi Martin. Und er hatte diesen Tod durch einen Sturz drei Jahre zuvor in einem seiner letzten Werke selbst geschildert.

In dem im Jahr 1996 erschienenen Roman „The Windswept House“1 stirbt Pater Aldo Carnesecca, ein Protagonist des Guten und eine von drei Figuren, durch die sich Malachi Martin mit seinem vatikanischen Hintergrund selbst in den Roman eingebracht hatte. Der Tod ereilt Carnesecca durch einen Treppensturz. In der Schilderung Martins gibt es allerdings keinerlei Zweifel: Dieser Sturz ist damals, literarisch, von gedungener Mörderhand herbeigeführt worden.2

Dass mit dem „Windswept House“, frei übersetzt heißt es „Das vom Sturm gebeutelte Haus“, Malachi Martin in einer Analogie die römisch-katholische Kirche anspricht, ist unschwer zu erraten. In der Handlung des Werkes ist es als Anwesen einer amerikanischen Familie beschrieben.

Dieser Roman hat vor allem in kirchlichen Kreisen viel Staub aufgewirbelt. Schließlich unterstellt Martin darin kirchlichen Würdenträgern nicht weniger als die Abhaltung satanistischer Rituale und die Öffnung des Vatikans für den Teufel. Involviert in diese für die Kirche so zerstörerischen Handlungen seien hochrangige Kleriker in den USA und sogar im Vatikan selbst. Er beschreibt in einer äußerst lebendig geschilderten Szene eine Zeremonie in der St. Paulskapelle der ehrwürdigen Peterskirche, die er äußerst bildreich „die Inthronisierung des gefallenen Engels Luzifer“ nennt.3

Und Martin belässt es nicht dabei. In einem Interview mit der Zeitschrift „The New American“4 versichert er, dass diese Zeremonie tatsächlich stattgefunden habe, dass er aber die einzige Möglichkeit, diese Ungeheuerlichkeit an die Öffentlichkeit weiterzugeben, darin gesehen habe, sie in Romanform zu fassen.5

Er hatte – wohl nicht ganz zu Unrecht – schlimme Konsequenzen befürchtet. Deshalb hatte er seine Erkenntnisse in eine, im Nachhinein betrachtet geradezu prophetische, Romanhandlung eingebunden. Wie der deutsche Titel es bereits vielsagend andeutet, handelt es sich bei dem „Letzten Papst“ um einen, der aufgrund des Drucks seiner Gegner von seinem Amt zurücktritt.

Man vergesse nicht: Das Buch wurde 1996 veröffentlicht. Es war dies eine Zeit, zu der ein päpstlicher Rücktritt völlig undenkbar war. Gerade der damals amtierende Papst Johannes Paul II., der selbst bereits von vielerlei Krankheiten heftig gebeutelt war, vertrat diesbezüglich eine besonders konsequente Linie. Niemals wäre es ihm eingefallen, die Führung der Kirche zu Lebzeiten aus der Hand zu geben. Die Institution Kirche stellt ja schon aufgrund ihrer gewachsenen Struktur die nötigen Personalreserven zur Verfügung, um auch einen kränkelnden Papst am Thron zu belassen. Ob Kurie, Kardinäle, Bischöfe, persönliche Berater und Sekretäre oder andere – offizielle und inoffizielle vatikanische Würdenträger und Vertraute stehen ja stets parat, um dem Heiligen Vater zur Hand zu gehen und ihn in seiner Führungsfunktion zu unterstützen. Zumindest ist dies im erprobten System so vorgesehen. Der Rücktritt des obersten Chefs ist in der beinahe 2000 Jahre alten Institution einfach nicht eingeplant. Gerade diese Wahl des obersten Führers auf Lebenszeit, wie sie die römisch-katholische Kirche im einzigartigen Konklave praktiziert, ist wohl auch ein klassisches Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Kirchen und selbstverständlich auch weltlichen Einrichtungen.

Es ist dabei nicht nur die eigentlich monarchistische, durch die autoritäre Führung seitens des Papstes gekennzeichnete Einrichtung zu berücksichtigen, sondern vor allem die göttliche Dimension. Die Entscheidungen der wählenden Kardinäle sind bekanntlich nicht nur streng geheim, sondern „von oben“ herbeigeführt. Die katholische Kirche ist eine Organisation mit einem Oberhaupt, das mit unglaublicher Vollmacht ausgestattet ist, und nach ihrem Selbstverständnis ein von Gott gewolltes und von ihm gestaltetes Gebilde. Ein Zuwiderhandeln dieser Entscheidung der Kardinäle im Konklave kann in krassen Ausnahmefällen aber dem Kirchenrecht entsprechen. Nämlich dann, wenn der Kirche durch den Verbleib des auf Lebenszeit gewählten Papstes irreparabler Schaden entstehen würde. In allen anderen Fällen, das heißt wenn keine „zwingenden Gründe“ ins Treffen geführt werden können, bedeutet ein Rücktritt nicht mehr und nicht weniger als ein klares Handeln gegen den Willen Gottes.

Ein derartiger Vorfall ist daher für einen Kirchenmann, der Malachi Martin auch 1996 ja immer noch war, etwas völlig Undenkbares. Und das auch, wenn es sich um einen Roman mit getarnten Personen handelt.

Es ist klar, dass der Ire mit dem „Letzten Papst“, der zurücktritt, eigentlich Johannes Paul II. gemeint hatte. Das legen schon allein die geografischen Schilderungen nahe. Dass es dann Benedikt XVI. wurde, ist wahrscheinlich der einzige erkennbare Fehler in Martins Schilderung. Sie bietet aber neben der damals völlig undenkbaren päpstlichen Abdankung auch noch und vor allem genauso für den Außenstehenden nicht vorstellbare satanistische Ereignisse in der Weltzentrale katholischer Glaubenslehre der Öffentlichkeit dar. Wie gesagt: in Romanform und mit Figuren, die mit falschem Namen zwar geschützt, für die interessierte Öffentlichkeit aber auch eindeutig identifizierbar sind. Jeder, der es wünscht, kann sich zu dem Buch eine Liste mit den echten Namen der handelnden Personen beschaffen.

Auch wenn Martin seine Schilderung tarnte, hinderte ihn das nicht, bei öffentlichen Auftritten immer wieder auf die Wirklichkeitsnähe dieser geschilderten Ungeheuerlichkeiten hinzuweisen. Aber nicht nur er tat dies zu Lebzeiten, sondern auch andere, mit denen Martin in Kontakt gestanden war.

So bestätigte im Juli 2000, also zwei Jahre nach Malachi Martins Tod, der amerikanische Radiojournalist John Loeffler, der die Sendung „Steel on Steel“6 moderiert, dass Martin seine Frage, ob die geschilderte Teufelsinthronisierung im Vatikan tatsächlich stattgefunden habe, ausdrücklich bejaht hätte.7 (Nichtsdestotrotz kann die Kirche nach katholischem Selbstverständnis niemals zerstört werden.)

Auch der erste Rezensent des „Windswept House“, Father Charles Fiore, beschreibt Martins Werk als einen Roman, in dem „tatsächliche Personen und Vorkommnisse als Fiktion getarnt sind“8. Viel deutlicher als mit dem Wort „getarnt“ kann man wohl nicht mehr werden.

Das Traditio Traditional Roman Catholic Network9 hat sich des Romans angenommen und ein „Who is Who im ‚Windswept House‘“ zusammengestellt. Da findet sich so ziemlich jeder wieder, der zum Zeitpunkt der Handlung in der römisch-katholischen Kirche Rang und Namen hatte – unter einem Decknamen selbstverständlich: Kardinal Ratzinger etwa oder der Wiener Kardinal König, Kardinal Lustiger oder der berüchtigte Kardinal Caseroli. Insgesamt werden 70 Personen identifiziert, eine Besetzung, mit der andere Autoren fünf und noch mehr Romane schreiben.

Wer aber war nun dieser prophetische Romanschreiber, woher hatte er seine „Eingebungen“, was macht die Einzigartigkeit dieses Ex-Jesuiten aus?

Malachi Brendan Martin wurde am 23. Juli 1921 in Bellylongford in Irland geboren. Er entstammte einer strenggläubigen Familie des Mittelstandes, die großen Wert auf ihre irische Identität legte. Die Familie war mit fünf Buben und fünf Mädchen äußerst kinderreich. Zu Hause wurde nicht Englisch, sondern das gälische Irisch gesprochen.

Letzten Endes ist diese religiöse, heimatbewusste Einstellung der Eltern auch an der Namensgebung erkennbar. Malachias, Malachi Martins Namenspatron, war irischer Heiliger und Erzbischof von Armagh. Wenn es etwas gibt, das ein Täufling von seinem Namenspatron empfängt, dann hat Malachi Martin die seherischen Fähigkeiten von Malachias in die Wiege gelegt bekommen. Malachias gilt nämlich als der Prophet, der bereits im 12. Jahrhundert die Päpste und ihre Schicksale vorausgesagt und damit auch das Ende des Papsttums und der römisch-katholischen Kirche mit dem am 13. März 2013 Gewählten prophezeit haben soll. Doch davon wird noch in weiterer Folge die Rede sein.

Malachi Martin, der in seinem letzten Buch selbst dieses mögliche Ende behandelte, wusste davon wahrscheinlich nicht viel, als er 18-jährig im September 1939 als Novize in den Jesuitenorden eintrat.10 Während des Zweiten Weltkrieges studierte er an der National University of Ireland und am Trinity College in Dublin. Er absolvierte in drei Studienrichtungen: semitische Sprachen, Archäologie und orientalische Geschichte. 1954 zum Priester geweiht, begann er auch noch postgraduale Studien in Oxford und Jerusalem.

Seine umfassende Ausbildung über die Kultur des Nahen Ostens und Kleinasiens qualifizierte ihn in der kirchlichen Hierarchie für besondere Aufgaben. So wurde er zur Erforschung der Schriftrollen vom Toten Meer eingesetzt11 und bekleidete eine Professur am päpstlichen Bibelinstitut, wo er aramäische Paläografie, Hebräisch und heiliges Schrifttum lehrte. 1958 schließlich berief ihn sein Ordensbruder, der deutsche Jesuit Augustin Kardinal Bea, zu seinem Sekretär. Bea war damals Mitglied der Kongregation für die Orientalische Kirche und Präsident des neu geschaffenen Sekretariats zur Förderung der Einheit der Christen. Johannes XXIII. betraute ihn darüber hinaus mit einer brisanten Aufgabe: Er sollte in Vorbereitung des zweiten Vatikanischen Konzils das heikle Thema der Beziehungen der Kirche zum Judentum aufbereiten. Darin kann man sehr gut einen Grund für Bea sehen, sich mit dem „Nahost-Experten“ und profunden Kenner der jüdischen Lehre Malachi Martin zu „verstärken“.

Martin setzte zu dieser Zeit gerade seine Studien in Jerusalem fort. Er war aber zur Stelle, als die Vorbereitung des zweiten Vatikanischen Konzils ins Haus stand. Und das war schon viele Jahre, bevor das Konzil einberufen wurde. Er stand dabei an der Seite eines der wichtigsten Kardinäle. Bea war nicht nur jesuitischer Mitbruder, er brauchte nicht zuletzt wegen seines fortgeschrittenen Alters einen fähigen Assistenten, an den er auch Aufgaben delegieren konnte, die schwierig und von großer Bedeutung waren. Es ist verständlich, dass er dafür profunde gebildeter Männer bedurfte. Und eines darf man in kirchlichen Fragen nie vergessen: Es mussten auch solche sein, denen er bedingungslos vertrauen konnte. Was lag näher, als einen weiteren hochgebildeten Jesuiten mit den anstehenden schwierigen Aufgaben zu betrauen?

Durch diese Tätigkeit geriet Martin, auch aufgrund seiner nahöstlich orientierten Ausbildung, in vorkonziliare Machenschaften, deren eigentliche Zwecke er wohl erst viel später erkennen sollte.

Augustin Kardinal Bea SJ hatte am 13. Juli 1963 ein Treffen mit Louis R. Caplan. Dieser war Professor für Neurologie an der Harvard Medical School in Boston und Gründer des Harvard Stroke Registry am Beth Israel Deaconess Medical Center. Caplan arbeitete darüber hinaus auch schriftstellerisch und war Autor oder Herausgeber von 51 Büchern und mehr als 700 Artikeln in medizinischen Fachzeitschriften. In dem Dankesbrief von Caplan an Kardinal Bea ist bereits jener Forderungskatalog der Zionisten enthalten, der später vom Konzil übernommen wurde. Berühmt-berüchtigt ist das Foto, auf dem Rabbi Abraham Joshua Heschel dem alten Kardinal Bea das Memorandum an das Sekretariat für die Einheit der Christen übergibt.12

Man bemerke: Die Gemeinschaft der Juden mit den Christen wird im Zweiten Vatikanum in der Abteilung der „Einheit der Christen“ behandelt. Die Überlegung im Hintergrund legt nahe, dass das Christentum nicht nur von den Juden wegen des jüdischen Hintergrundes von Jesus und seinen Aposteln lediglich als Abspaltung vom Judentum angesehen wird. Wir können auch getrost davon ausgehen, dass die Juden in den Anfängen das Christentum überhaupt nicht ernst genommen haben. Mit dem Drängen auf die Hinrichtung der Person Jesus als Staatsverräter am Kreuz durch die Römer wurde wohl angenommen, dass damit eine „endgültige Erledigung“ dieser unerfreulichen Angelegenheit erreicht sei. Niemand unter den damaligen jüdischen Schriftgelehrten, die ja eine Begnadigung Jesu abgelehnt hatten, ging von der unglaublichen Entwicklung dieser neuen Glaubenslehre aus. Nichtsdestotrotz haben die Juden die Entwicklung der Jerusalemer Urkirche durchaus ernst genommen und diese sogar verfolgt. So sollen die späteren Christenverfolgungen der römischen Kaiser in einigen Fällen von Juden angestiftet worden sein.

Das erwähnte Foto des Rabbi mit dem katholischen Kardinal wurde Papst Franziskus am 20. Mai 2015 von einem sephardischen Rabbi namens Marans13, dem Direktor für interreligiöse Beziehungen des American Jewish Committee, übergeben.

Malachi Martin lernte Rabbi Heschel im Jahr 1961 kennen und wurde ein Teil von dessen Strategie. Dazu ist wohl auch die Änderung der Liturgie nach langen Jahren der Subversion und Einflussnahme zu rechnen. Das war sicher ein in dieser Form wohl kaum dagewesenes Ereignis. Malachi Martin zeigte sich indes enttäuscht vom Zweiten Vatikanum. Bitter enttäuscht – oder war es vielleicht die Tatsache, dass er als Sekretär von Kardinal Bea SJ zu viel gesehen hatte? Möglicherweise fühlte er sich auch von seinem Rang her zu niedrig angesiedelt, als dass er nach eigenem Gutdünken wesentlich auf den Lauf der Dinge hätte Einfluss nehmen können. Er wurde jedenfalls 1965 aller jesuitischen Gelübde entbunden. Für ihn war in diesem Zusammenhang wohl die Entbindung von seinem Gelübde des unbedingten Gehorsams wichtig. Papst Paul VI., den Malachi Martin noch auf einer Pilgerreise in den Nahen Osten als Experte begleitet hatte, beließ ihm zwar die priesterlichen Weihen, eine Berufsausübung war daran mit Zustimmung des Papstes allerdings nicht gebunden.

Es müssen wohl einige gemeinsame Geheimnisse gewesen sein, die den Papst zu einer derart konzilianten Haltung bewogen. War es womöglich die Kenntnis des dritten Geheimnisses von Fatima, die Malachi Martin zugeschrieben wird? Bekanntlich hatte Johannes XXIII. gemäß dem Auftrag der Gottesmutter Maria das Kuvert mit dem dritten Geheimnis 1960 geöffnet. Und das im Beisein seines engen Vertrauten Kardinal Bea. Er hatte dann in der Folge verabsäumt, dieses Geheimnis zu veröffentlichen, wie es eigentlich vorgesehen gewesen war. Es blieb den jeweiligen Päpsten vorbehalten, bis die Veröffentlichung schließlich im Jahr 2000 im Auftrag von Johannes Paul II. durch den Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, erfolgte. Und zwar im handschriftlichen Original mit einer dazugehörigen Interpretation Ratzingers. Die Nichtveröffentlichung durch Johannes XXIII. hatte zu zahlreichen Spekulationen angeregt. Sie ist aber durchaus verständlich, zieht man die angekündigte Attacke auf den „Bischof in Weiß“ in Betracht. Angesichts des bevorstehenden Vatikanischen Konzils hätte die Bekanntgabe eines möglichen Papstattentates eine ganze Menge verrückter Wichtigtuer auf den Plan gerufen.

Von Rom aus ging es für Malachi Martin in die Vereinigten Staaten, nach New York City, wo der hochgebildete, immer noch priesterliche junge Mann einen neuen Lebensabschnitt begann und sich am amerikanischen Traum versuchte.

Er arbeitete als Tellerwäscher, Taxifahrer und Kellner, begründete einen Antiquitätenhandel und bekam schließlich auch zweimal ein Guggenheim-Stipendium. Daneben widmete er sich immer auch seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Bereits 1970 wurde er amerikanischer Staatsbürger. Medien, auch elektronische, waren von da an seine Welt, die er nicht nur für die Propagierung seiner schriftstellerischen Werke gebrauchte, sondern sich auch immer wieder als Gestalter einbrachte. Insgesamt verfasste Malachi Martin 17 Bücher, viele davon sind spirituelle Dokumentationen. Dort vermischte er geschickt seine Insiderkenntnisse aus dem Vatikan mit ausgezeichnetem erzählerischen Können. Seine persönliche Kenntnis von fünf Päpsten (Pius XII., Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I. und Johannes Paul II.) und Kardinal Ratzingers, den er allerdings nicht mehr als Papst erlebte, halfen ihm dabei, ebenso wie seine im Vatikan gemachten Erfahrungen sowie die zermürbenden und desillusionierenden Geschehnisse rund um das Zweite Vatikanum. Wenn diese Einblicke auch offensichtlich zum Bruch mit dem Orden der Jesuiten geführt hatten, so waren sie für seine schriftstellerische Arbeit doch Goldes wert.

Er hielt mit den gemachten Erfahrungen und Erkenntnissen nicht hinter dem Berg. Noch im März 1997, also gerade einmal zwei Jahre vor seinem mysteriösen Tod, hatte er in der Radiosendung „Steel on Steel“ öffentlich behauptet, dass im zu Ende gehenden Jahrhundert zwei Päpste ermordet worden seien.

Da war einmal Pius XI., der auf Veranlassung des italienischen Diktators Benito Mussolini ermordet worden sei. Als Grund wurde seine kritische Haltung zu den italienischen Faschisten genannt. Schenkte man Martin Glauben, war dies ein machtpolitischer, von externen politischen Veranlassern initiierter Mord. Der zweite Todesfall soll ebenfalls nicht auf kirchliche Kreise beschränkt gewesen sein. Laut Malachi Martin handelte es sich zwar weitgehend um kircheninterne Interessierte, die Johannes Paul I. nach nur wenigen Tagen des Pontifikats töteten. In diesem Zusammenhang wird über Jean-Marie Villot, der von Paul VI. zum Kardinalstaatssekretär ernannt worden war, spekuliert. Auftraggeber soll Martin zufolge, der die Szene auch in seinem Buch „Vatican. A Novel“14 geschildert hat, aber die Sowjetunion gewesen sein. Eine weitere Rolle für diesen tödlichen Auftrag sollen auch die Prophezeiungen von Fatima15gespielt haben. Laut Malachi Martin soll die zweite Prophezeiung aus dem Jahr 1917, die die Weihe Russlands auf das unbefleckte Herz Mariens zum Inhalt gehabt hatte, ein Auslöser gewesen sein.

Dies wollte Martin erfahren haben, als Johannes XXIII. mit Kardinal Bea und anderen darüber sprach. Von Johannes XXIII., der den Freimaurern nahestand16, war eine Erfüllung dieser gottesmütterlichen Weisung der Weihe Russlands nicht zu erwarten. Er verhielt sich neutral, wohl auch deswegen, weil er keine „Störung“ des von ihm einberufenen Vatikanums wollte. Das Gleiche galt auch für den folgenden Vatikanumspapst Paul VI. Bei dessen Nachfolger Johannes Paul I. dagegen konnte man in der UdSSR nicht mehr sicher sein. Darüber hinaus ließ sich ein wichtiges Signal setzen, indem man anschaulich vorführte, wie leicht man das Leben eines Papstes beenden konnte.

Malachi Martins Werke mit ihren für Katholiken oft äußerst provokanten Aussagen stießen im Vatikan und beim römischen Klerus immer wieder auf heftige Kritik und Ablehnung. Aber nicht nur den einzelnen katholischen Gläubigen und der Kirchenführung in Rom stieg Malachi Martin gehörig auf die Zehen, sondern auch – und das vor allem – seinem ehemaligen Orden, den Jesuiten. In seinem 1987 veröffentlichten Buch „The Jesuits. The Society of Jesus and the Betrayal of the Roman Catholic Church“17 warf er dem Orden nicht mehr und nicht weniger vor als die kirchlichen Lehren systematisch unterlaufen zu wollen. Hier finden wir eine weitere, späte, schriftliche Erklärung für seinen bereits nach dem Zweiten Vatikanum erfolgten Austritt aus dem Orden.

Der tiefreligiöse irische Mönch fühlte sich der Kirche weiterhin verbunden, wollte aber bereits damals von den Jesuiten nichts mehr wissen. Dieses Kapitel hat er offensichtlich auch mit dem damaligen Papst Paul VI. besprochen, der als Konzilspapst einen noch viel weiter reichenden Überblick über die Situation in der Kirche hatte. Und er dürfte, wie oben beschrieben, beim Papst auf Verständnis gestoßen sein, sonst hätte ihm dieser nicht ein derart großzügiges „Ausgedinge“ zugestanden.

Es ist klar, dass die Jesuiten sich dies nicht gänzlich ohne Reaktion bieten lassen wollten. Auf höchst unappetitliche Art beschuldigte der ehemalige Jesuit Robert Blair Kaiser in seinem Buch „Clerical Error. A True Story“ den immer noch katholischen Priester Martin, 1964 in Rom ein Verhältnis mit seiner Frau unterhalten zu haben.

Es gab aber auch noch ein weiteres Detail der katholischen Kirche, das von Malachi Martin ans Tageslicht gebracht wurde und geeignet war, ein schlimmes, verwirrendes Licht auf die Kirche und das Papsttum zu werfen. Es ging um die Wahl zum Papst, ganz konkret um die beiden Konklaven 196318 und 197819.

Bei diesen soll (auch anderen Autoren zufolge) in Wirklichkeit der konservative Kardinal Giuseppe Siri bereits zum Papst gewählt worden sein. In beiden Fällen wurde angeblich härtester Druck auf Siri ausgeübt, die Wahl nicht anzunehmen. Nicht nur er selbst, sondern auch seine Familie soll für den gegenteiligen Fall mit der Ermordung bedroht worden sein. Vor allem die Wahl 1963 ist höchst interessant. Schließlich ging es hier um den Fortgang des Zweiten Vatikanums. Gerade zu diesem Zeitpunkt wäre ein konservativ denkender Papst wie Siri als allgemein anerkannte Leitfigur an der Spitze der Kirche eine Katastrophe für die Revolutionäre in der Kirche und ihre Strippenzieher gewesen.

Zu der Art und Weise, in der das Zweite Vatikanum die Kirche letztlich verändert und umgestaltet hat, wäre es unter Siri wohl nie gekommen. Höchstwahrscheinlich hätte die Entwicklung der Kirche weltweit einen völlig anderen Verlauf genommen, etwa hinsichtlich der exorbitant hohen Anzahl an Kirchenaustritten, aber auch bei der noch viel verheerenderen Zahl jener, die in den letzten 60 Jahren geeignet gewesen wären, Priester zu werden. Eine Liturgie nach tridentinischem Ritus20 hätte mit Sicherheit keinen derartigen Rückgang der zum Priesterberuf tendierenden jungen Männer zur Folge gehabt. Der Abbau der klaren, eindeutigen Regelung, mit der die „alte“ Liturgie zelebriert wurde, hat gewiss zum Verlust von Priesteranwärtern geführt.

Abgesehen von Malachi Martins Aussagen gibt es auch noch die These, Kardinal Siri sei bereits beim Konzil 1958 gewählt worden. Im Wesentlichen beziehen sich die Quellen dabei auf die Tatsache, dass bereits zwei Tage vor der Wahl Roncallis zum Papst Johannes XXIII. weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufgestiegen sei. Ein Indikator zwar, aber einer, der auch einfach nur ein bedauerlicher Fehler beim Einheizen gewesen sein konnte.

Glaubt man Malachi Martin, standen noch dazu beide Konzilspäpste Johannes XXIII. und Paul VI. den Freimaurern zumindest nahe.21 Martin berief sich dabei auf Fotos, die im Archiv des vatikanischen Staatssekretariates aufbewahrt würden. Ein offizieller Widerruf zu diesen Dokumenten ist seitens des Vatikans oder der betroffenen Personen nicht erfolgt. Die Entwicklung der nächsten Jahre sollte allerdings zeigen, dass die Kirche ihre Haltung dem einstigen Erbfeind gegenüber grundlegend geändert hatte.

Mit seiner letzten Publikation, dem „Windswept House“, setzte Malachi Martin sich ein immerwährendes Denkmal, nicht zuletzt durch die weitgehende Bestätigung des Inhalts nach seinem Tod. Wer weiß, was wir von dem irischen Exjesuiten noch alles an gesprochenen und geschriebenen weitsichtigen Prophezeiungen hätten erwarten dürfen? Leider hat ihn das seltsame Schicksal aus dem Leben abberufen, oder wie immer man den Vorfall im New Yorker Apartment 1999 nennen mag.

Zweifel von allem Anfang an

Jorge Mario Bergoglio ist einzig. Er ist, auch wenn er italienische Wurzeln hat, der erste „Erwählte“, der aus Südamerika stammt, und er ist der erste aus dem Jesuitenorden, der allerdings bei der Namenwahl auf den Gründer eines anderen Ordens, auf Franz von Assisi, zurückgegriffen hat. Auch das als erster, dem eine Wahl des Namens zusteht, unter welchem er das höchste Amt der katholischen Kirche ausüben will.

Er ist wohl auch einzig als einer, der auf den Stuhl Petri gehoben wurde, jenen des „Felsens“, auf dem die Kirche Christi erbaut wurde, und der trotzdem, aus welchen Gründen auch immer, einen weiten Bogen um diesen herum macht. Er lässt die Würden des Papstes links liegen und nennt sich selbst viel lieber Bischof von Rom.

Er hat es darüber hinaus auch als erster Vertreter jener Generation an Klerikern, die nach der Zäsur des zweiten Vatikanischen Konzils zum Priester geweiht wurden, an die Spitze der Kirche geschafft.22

Jorge Mario Bergoglio ist der erste Papst aus einem nichteuropäischen Land seit fast 1300 Jahren. Damals war in einer politisch äußerst schwierigen Situation Gregor III. aus Syrien zum Papst erkoren worden.23

Seine ersten Handlungen als Nachfolger Petri zeigten schnell, dass er letzten Endes vom Geist des zweiten Vatikanums, dieser reformatorischen Richtungswende der katholischen Kirche am Beginn der 1960er-Jahre, geprägt ist, auch wenn seine kirchliche Laufbahn bei den Jesuiten in Südamerika ursprünglich begann, weil er die „scheinbar intellektuelle“ Welle der dortigen Befreiungstheologie24