Schattengalaxis - Fragmente - Daniel Isberner - E-Book

Schattengalaxis - Fragmente E-Book

Daniel Isberner

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Beschreibung

Willkommen in der Schattengalaxis - welche die Menschheit immer wieder vor neue Herausforderungen stellt - immer getrieben vom Eroberungsdrang. Immer weiter in die Tiefen der Galaxis, nicht sehend, welche Chancen und Gefahren dort auf sie warten. Ob das Erkunden neuer Planeten, der Diebstahl von Waffen, Agentenmissionen, Sabotageakte oder die Bergung uralter Alientechnologie ... In fünf spannenden Geschichten verleihen Jörg Köster, Daniel Isberner, Francis Bergen, Peter Hohmann und Gloria H. Manderfeld der Schattengalaxis eine neue Tiefe.

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Inhaltsverzeichnis

Das Tor

Level 5

Die Saboteurin

Nur riesige Würmer, die Bäume fressen …

Die reichen Toten

Über die Autoren

Schattengalaxis

Fragmente

1. Auflage: November 2019

Alle Rechte vorbehalten.

www.danielisberner.de

© 2019 Daniel Isberner

Kreuzbergring 49

37075 Göttingen

Covergestaltung: Ken Coleman

http://www.artofkencoleman.com/

Coverlayout: Daniel Isberner, Gloria Mandernfeld, Jörg Köster

Lektorat: Roswitha Druschke

Das Tor

Jörg Köster

15. Januar 2296

Soncha II

Kaito

Das Schiff erreichte die andere Seite. Der pulsierende Alarm, der stets den Sprungvorgang begleitete, hielt an. Der auf und abschwellende Ton drängte sich in sein Bewusstsein und rotes Licht durchdrang immer wieder seine Augenlider. Kaito hielt die Augen einen Moment länger geschlossen. Er versuchte dieses Gefühl, dieses Wissen festzuhalten, das ihn - wie alle anderen auch - jedes Mal während der kurzen Reise durch ein Tor überkam. Wie immer glaubte er für den Bruchteil einer Sekunde die Antwort auf alle Fragen zu kennen, das Universum im wahrsten Sinne zu durchschauen.

Er fühlte sich eins mit allem und vollkommen. Allerdings hatte dieses denkwürdige Gefühl des einen kleinen Augenblicks einen seltsamen und ungewohnten Nachgeschmack. Er konnte es nicht ganz greifen und bevor er diesem Misston weiter nachspüren konnte, war der Moment schon wieder vorbei. Kaito öffnete die Augen und war wieder ganz im hier und jetzt. Er schüttelte diese Ahnung einer Erinnerung ab und vergaß auch den schalen Nachgeschmack.

Kaito blickte sich um. Er begann die üblichen Routinen nach erfolgreicher Ankunft, gab Befehle, holte Standortinformationen ein, um zu prüfen wie weit sie ihr eigentliches Ziel verfehlt hatten. Dann justierte er Analysetools und nahm Einstellungen der künstlichen Schwerkraft vor. Er ließ sich viel Zeit damit, wiederholte einige Überprüfungen mehrmals.

Dabei hielt er seine Kabinencrew auf Trab indem er penibelst auf jeden noch so lächerlichen Punkt im Protokoll bestand. Seine Leute könnten nach dieser Prozedur wirklich genervt sein, doch niemand würde seine Befehle in Frage stellen, das wusste er. Schließlich beendete er nach einer gefühlten Ewigkeit zur Erleichterung aller den roten Alarm.

Mit einem kurzen Befehl aktivierte er die optischen Sensoren und brachte so eine holographische Darstellung der Umgebung des Schiffes in die Mitte der Brücke. Das Soncha-System erstreckte sich über das gesamte Display. In der Mitte glühte dunkel der rote Zwergstern, in dessen Umlaufbahnen sich drei Planeten befanden.

Nach der Entfernung zu seinem Zentralgestirn lag Soncha II laut der Anzeigen in der habitablen Zone. Die Instrumente zeigten Kaito, dass die Masse des Planeten etwa 1,68 Erdmassen betrug. Soncha II umkreiste den Zwergstern in einer gebundenen Rotation, das heißt, eine Seite des Planeten war ununterbrochen vom Stern beschienen und eine Seite nie. Dazwischen lag die ringförmige Zone mit mittleren Temperaturen.

Von der derzeitigen Position aus hatten sie einen guten Blick auf die Dämmerungszone entlang des sogenannten Terminators, jenes Streifens zwischen Permafrost und Gluthitze. Schnell überprüfte er die Anzeigen der Sensoren und Schiffsüberwachung.

»Ripper, setz eine Nachricht ab. Sind angekommen. Beginnen mit dem Torbau.«, gab er einen knappen Befehl an die Long Range Com.

Das Signal würde Jahre brauchen, bis es die nächste Sonde der Neuen Republik erreichte, aber die Vorschriften sahen dennoch vor, dass sie die Meldung absetzen mussten. Während Ripper am Com und Auma an der Navigation noch mit Routineaufgaben beschäftigt waren, tippte Kaito schnell die Befehlszeile in sein Terminal, welche den geheimen Suchalgorithmus starten würde. Er hatte den Code gut genug verborgen, so dass ihn nur eine Tiefenanalyse zutage brächte. Er hoffte inständig, dass die zwangsläufig auftretenden Aussetzer der Sensoren seine Kollegen im Cockpit nicht zu neugierig werden ließen.

Anschließend erhob er sich und übergab die Brücke seiner ersten Offizierin Auma. »Ich zieh' mich zurück und bereite mich auf das Meeting mit den Ingenieuren vor.« Kurz nickend verabschiedete er sich und verließ das Cockpit in Richtung Besprechungsraum. Sein Flugteam vertraute ihm und so stutzte niemand, als er so kurz nach der Ankunft seinen Posten verließ. Kaito begab sich in den Hochgeschwindigkeitsaufzug neben dem Besprechungsraum und fuhr tief hinab in den Bauch des Schiffs.

Dale

Dale spürte sofort, dass sie die andere Seite erreicht hatten. Schnell schüttelte er die kurze Benommenheit ab, schnallte sich los und sprang von der Liege. Den leiernden Alarm ignorierte er und eilte zu seinem Spind. Die anderen Mannschaftsmitglieder würden auf die Abschaltung des Alarms warten und erst dann aufstehen und mit ihren Routinen beginnen. Diese Zeit mussten sie nutzen, wenn ihr kleines Unterfangen nicht auffallen sollte. Er holte die bereitliegende Tasche hervor und begab sich über den engen Flur zur Nachbarkabine. Tyler war ebenfalls bereits aufgestanden und schloss sich ihm mit einem lockeren militärischen Gruß an. Der Hüne hatte einen leichten Kampfpanzer angelegt und prüfte im Gehen die Funktion seiner kybernetischen Gliedmaßen. In seiner Tasche zeichnete sich das mehr schlecht als recht verborgene Mini-Sturmgewehr ab. Gemeinsam kamen sie an Sparks Tür an und öffneten sie. Die Wissenschaftlerin hielt sich an ihrer Spinttür fest und versuchte fluchend mit einer Hand einige Messgeräte in ihren Rucksack zu stopfen.

»Das passiert mir jedes Mal.« fauchte sie. »Nach jedem verfickten Sprung brauche ich ein paar Minuten, bis sich nicht mehr alles um mich dreht.«

Tyler grinste und legte einen Arm um sie. »Soll ich dir helfen, Schätzchen?«

Im nächsten Moment landete ihr Ellbogen auf seiner Nase und er taumelte zurück. Sparks wendete sich ihm zähnefletschend zu.

»Das würde ich an deiner Stelle schön sein lassen. Rühr mich noch einmal an und mein nächster Cocktail macht ein sabberndes Wrack aus dir.«

Um ihre Aussage zu bekräftigen ließ sie trotz wackeliger Beine die Schranktür los, griff in den Schrank und schnallte sich einen Gürtel mit einigen Ampullen und einem Injektor um. Die plötzliche Wut schien Sparks Benommenheit weggeblasen zu haben und sie fuhr fort, zornig murmelnd ihre Gerätschaften einzupacken. Dale ignorierte den ebenfalls grummelnden Tyler, der seine Nase hielt und sich in den Flur zurückzog.

»Hättest du das nicht vor Abflug vorbereiten können?« fuhr er sie an. Sie wandte sich ihm zwar nicht zu, wurde jedoch hektischer.

»Anders als Herr Muskelmann und Herr Schrauber hatte ich zu tun. Oder glaubst du, die haben mich zum Spaß mitgenommen? Nun lass mich schon machen.«

Dale lugte durch die Tür in den Flur, und bedeutete Tyler schon mal vorauszugehen. Der Sicherheitsexperte nickte und eilte in Richtung Shuttlehangar. Noch war niemand anderes zu sehen und der Alarm hielt weiter an. Dale drehte sich wieder um. Er wurde nervös.

»Ich gehöre zum Montageteam. Da musste ich mich auch vorbereiten. So ein Torbau ist nicht mit ein paar Knopfdrücken getan, wie du vielleicht glaubst. Nun mach schon.«

Sparks sah ihm direkt ins Gesicht, zog sich ungeniert vor seinen Augen ihre Wissenschaftler-Uniform aus und einen Pilotenoverall an. Der junge Dale wurde rot, unterdrückte jedoch seinen Impuls sich umzudrehen. Sparks zog ihren Reißverschluss hoch und nach ein paar letzten Handgriffen verschloss sie ihren Rucksack, warf ihn sich über die Schulter und schob Dale zur Tür.

»Genau. Montage. Keine Ahnung, warum ausgerechnet DU unser Bodenteam anführen sollst. Aber gut. Der Boss hat's befohlen. Also is es so. Lass uns gehen. Nach dir.« Sie betraten den Flur und eilten durch die Gänge, Tyler hinterher.

In dem Moment als sie den Hangar erreichten, verstummte der Alarm. Als sie die Shuttlebucht betraten, hatte Tyler bereits eines der zwei Shuttles geöffnet und die Startvorbereitung eingeleitet. Auch Sparks und Dale sprangen in den Gleiter und begaben sich ins kleine Cockpit. »Wusste nicht, dass du ein Shuttle fliegen kannst«, knurrte Sparks Tyler an. Der zuckte nur die Schultern und überließ ihr den Pilotensitz. Eine Stimme von der Tür her ließ sie alle drei gleichzeitig herumfahren.

»Bei einem kleinen Team ist es immer besser, wenn jeder mehrere Aufgaben beherrscht, nicht wahr?«

Es war Kaito, der sie mit ernstem Gesicht anblickte. Tyler ließ das Sturmgewehr wieder sinken, das er wie aus dem Nichts hochgerissen hatte. Kaito runzelte die Stirn. Doch Tyler murmelte nur »Betäubungsmunition.«

Kaito entspannte sich etwas. »Seht ihr. Ihr seid alle Profis. Darum habe ich euch ausgewählt. Ihr scheint alle etwas angespannt zu sein. Chillt euch und passt auf. Wir haben lange auf so eine Gelegenheit gewartet und uns gründlich auf diese Sache vorbereitet. Wird schon schiefgehen.« Seiner zittrigen Stimme nach zu urteilen war er sich da selbst nicht ganz sicher.

Dale und Sparks warfen sich besorgte Blicke zu. Tyler starrte stur geradeaus und seine Miene war undurchdringlich.

Kaito räusperte sich und fuhr fort. »Also. Die Suchroutine der Sensoren läuft. Sie wird mir in Kürze den Standort der Kuari-Anlage zeigen.«

Sparks murmelte: »Der vermeintlichen Kuari-Anlage.«

Kaito schien sie nicht gehört zu haben und fuhr fort. »Ihr startet schon in wenigen Minuten und schaltet die Com auf diesen Übertragungscode. Damit übergab er Dale einen Datenchip, den dieser sogleich in einen Slot am Com-Terminal schob. »Sobald ich den Standort habe,« erklärte Kaito weiter, »sende ich ihn euch und ihr landet auf den angegebenen Koordinaten. Nach meinen Informationen soll sich die Anlage nahe am Terminator befinden. Ihr werdet also weder gegrillt, noch tiefgefroren.«

Sparks inspizierte angestrengt die Decke und murmelte: »Dafür werden wir von Monster-Tornados zerfetzt.«

Kaito schien seine weiteren Worte allein an Dale zu richten, der ihm anscheinend als einziger an den Lippen hing.

»In der Zwischenzeit werde ich dafür sorgen, dass niemand unser kleines Unternehmen stört. Ihr werdet schon sehen, es wird ein Kinderspiel - und lukrativ obendrein.«

Sparks trat jetzt einen Schritt auf ihn zu. »Wenn jemand unsere Abwesenheit bemerkt, oder das Shuttle vermisst, sind wir am Arsch.«

Kaito hob beschwichtigend die Hände. »Keine Sorge, ich habe an alles gedacht. Ich habe euch im Dienstplan mit Sonderaufgaben betraut, die niemand außer mir überwachen wird. Und um die Shuttlebucht werde ich mich wie besprochen kümmern. Auf dem Chip, den ich euch gegeben habe, befinden sich übrigens auch die Codes für die Hangartore. Ihr braucht für die Öffnung also keine Hilfe von der Brücke. Wartet auf mein Signal bevor ihr startet. Dafür habt ihr eine Minute Zeit. Ihr wisst über eure Aufgaben danach Bescheid.«

Sie nickten. Er sah jedem einzelnen noch einmal fest in die Augen. Dann wünschte er ihnen viel Glück und eilte aus dem Hangar.

Kaito

Als Kaito im Besprechungsraum eintraf, warteten die Ingenieure bereits auf ihn. Eilig begann er die anstehenden Aufgaben zu besprechen. Es hatte ihn alle seine Kontakte und nicht wenige Ressourcen gekostet, nicht nur Kapitän des Schiffes, sondern auch Projektleiter dieses Torbaus zu werden. Meist fiel diese Aufgabe einem der Wissenschaftler zu. Doch er hatte mit unzähligen Missionen seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt, so dass nur wenige seine Kompetenz anzweifelten.

Nun ja, Neider gab es natürlich dennoch.

Gerade als Erikson, Astrophysiker und stellvertretender operativer Missionsleiter, wie zu erwarten einige seiner Anweisungen in Zweifel zog, drückte Kaito auf einen Knopf des kleinen Senders in seiner Tasche. Dale und sein Team bekamen das Signal und würden nun den Startvorgang einleiten.

Kaito ließ die beginnende Diskussion vor sich hin brodeln und zählte im Geiste langsam die Sekunden. Als er bei sechzig angelangt war, drückte er auf den zweiten Knopf und eine Detonation erschütterte das Schiff. Einige schrien erschrocken auf, manche brachen in Panik aus. Kaito setzte, um keinen Verdacht zu erregen, ebenfalls ein erschrockenes Gesicht auf.

Nachdem er seinen Leuten einen Augenblick der Kopflosigkeit gegönnt hatte, besann er sich auf den kühlen Befehlsgeber, der er war und sorgte für Ruhe im Raum. Augenblicklich versetzte er das Schiff erneut in Alarmbereitschaft.

Noch auf dem Weg zur Brücke organisierte er per Funk Sicherheitsteams, die für Ruhe auf dem Schiff sorgen sollten. An seinem Befehlsstand angekommen ließ er sich Bericht erstatten.

Auma hatte wie immer alles unter Kontrolle und informierte ihn kühl. »Es hat eine Explosion auf Deck drei gegeben. Der Detonationsradius scheint sich auf die Shuttlebucht beschränkt zu haben. Das Tor ist zerfetzt, die Shuttles vermutlich nur noch ein Haufen Trümmer im All. Laut Sensoren ist alles in der Bucht zerstört und hinaus in die Leere gezogen worden.«

Kaito unterbrach sie. »Ich übernehme persönlich die Sensoren. Stell du ein Team zusammen und untersuche den Explosionsort.«

Sie nickte knapp, antwortete »Verstanden« und verließ die Brücke. Nachdem sie die Brücke verlassen hatte, überprüfte Kaito die Ergebnisse seines Suchalgorithmus. Da waren sie: Die Koordinaten. Er sendete sie unter Verwendung des geheimen Codes an das Shuttle. Anschließend manipulierte er die Ergebnisse der Sensoren, so dass die Aufzeichnungen nichts außer Trümmern zeigen würden. Offiziell waren beide Shuttles zerstört.

Kaito koordinierte die Untersuchung des Vorfalls und ordnete Funkstille bis zu dessen Aufklärung an. Der Torbau würde mindestens einen Tag lang warten müssen. Plötzlich wurde ihm kurz schwarz vor Augen. Für einige Sekunden fühlte er sich zurückversetzt zu dem Augenblick, da sie das Tor passiert hatten. Nur war es diesmal kein Gefühl des umfassenden Wissens, sondern vielmehr eine dunkle Vorahnung. Doch auch die verging nach kurzer Zeit wieder. Kaito ließ sich in seinem Pilotensitz fallen und versank in Gedanken.

Dale

Sie hatten kaum den Shuttlehangar hinter sich gelassen, als sie die Druckwelle erfasste. Sparks hatte Mühe, das Schiff wieder unter Kontrolle zu bringen. Doch nach einigen heftigen Flüchen und Ausgleichsbewegungen waren sie wieder auf Kurs. In Höchstgeschwindigkeit näherten sie sich dem Planeten. Wenig später erklang ein »Heureka« von Dale, der die Com bediente.

»Ich habe die Koordinaten. Ich lege sie dir in die Navigation.«

Sparks änderte leicht den Kurs und sie glitten auf der Schattenseite weiter der Planetenoberfläche entgegen. Dabei näherten sie sich immer mehr der grellroten Linie am Horizont, welche die Grenze zur Tagseite kennzeichnete. Unter ihnen brodelten gigantische Stürme.

»Das wird kein Kinderspiel, Jungs« meldete sich Sparks mit hochrotem Kopf zu Wort. »Ihr solltet euch lieber anschnallen. Ach und Tyler, prüf noch einmal die Sicherungen der Frachtcontainer«, fügte sie hinzu.

Der breitschultrige Mann ging in den kleinen Frachtraum des Shuttles und prüfte die leeren Container. Alles in Ordnung. Als er zurück zu seinem Platz kam und sich anschnallte, begann das Shuttle bereits einen unruhigen Tanz in den Turbulenzen.

»Alle Sechs Container sind an ihrem Platz und gesichert.«

Sparks Finger flogen über die Armaturen. Trotz der Schweißperlen auf ihrer Stirn presste sie hervor »Sechs Container. Ne Menge Stauraum für Artefakte, die vielleicht gar nicht da sind. Aus einer Kuari-Anlage, die vielleicht gar nicht existiert.«

Dale zog seine Gurte noch etwas fester und klammerte sich an die Armlehnen. »Vertrauen wir Kaito. Er hat uns bis hierher gebracht. Das wird schon alles nicht umsonst gewesen sein.«

Nach mehreren Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, endeten die Turbulenzen plötzlich. Vor ihnen bildete sich wie von Zauberhand eine Lücke in den gigantischen wirbelnden Wolkenmassen und sie setzten zur Landung an.

Kaito

Zu seinem Glück hatte Kaito dem Prospektoren-Team die Information über die vermeintliche Kuari-Anlage abkaufen können - leider keine genauen Koordinaten, aber so viel, dass er wusste, wonach seine Sensoren suchen mussten. Was überhaupt nur möglich war, weil das Militär bei seiner vorangegangenen Aufklärungsmission gepfuscht hatte. Ganz sicher würden die Konzerne, welche nun den Planeten ausbeuten wollten, auch die Alien-Anlage und die enthaltenen Artefakte zu ihrem Nutzen einsetzen wollen.

Oder das Militär erklärte den Planeten zur Sperrzone, was weitaus wahrscheinlicher war.

Kaito allerdings wollte schneller sein und sich und seinen Leuten ein saftiges Stück von dem Kuchen abschneiden. Der Verkauf an seine Hehler würde ihn zu einem reichen Mann machen. Dass er damit seinen Posten aufs Spiel setzte, hatte er bisher gekonnt verdrängt.

Wenn die Technologie dort unten auch nur halb so hoch entwickelt war, wie die Waffen, mit denen die Kuari vor ein paar Monaten eine Schneise der Vernichtung durch die Republik gezogen hatten, würde er sich mit dem Gewinn dreimal zur Ruhe setzen können.

Die merkwürdigen Vorahnungen, die ihn jetzt überkamen, machten ihn jedoch nervös. War es die Angst vor der Entdeckung? Nein, so etwas passte gar nicht zu ihm. Er konnte sich den Ursprung nicht erklären.

Da er keinen Grund für seine innere Unruhe finden konnte, konzentrierte er sich lieber wieder auf ihr Vorhaben.

Kaito hatte alle Hände voll zu tun, die Untersuchung in die richtigen Bahnen zu lenken. Er hatte die Ladeliste manipuliert, so dass es so aussah, als wären in der Shuttlerampe verbotenerweise Container mit explosivem Treibstoff gelagert worden.

Das Untersuchungsteam schloss daraus, dass ein Defekt in der Elektronik der Ladeluke zu einem Feuer und zur Explosion der Container geführt hatte. So einfach hätte sich Kaito diesen Teil des Plans gar nicht vorgestellt. So kam es, dass die Crew zwar die außerplanmäßige Reparatur des Hangartors in Angriff nehmen konnte, sich aber die Pläne zur Errichtung des Tors nur unwesentlich verzögerten.

Aber das sollte ausreichen. Er hatte für Dale und sein Team sechsunddreißig Stunden zur Bergung der Artefakte eingeplant. In der Zeit würde der Torbau, verzögert durch die zwei fehlenden Shuttles, gerade erst begonnen haben.

In den ruhigen Minuten zwischen der Koordination von Untersuchung und Torbau hörte er Nachrichten ab, die ihm Dale auf einem geheimen und codierten Funkkanal übermittelte.

»Die Landung verlief erstaunlich unproblematisch. Es scheint, als wäre uns der Wettergott dieses Höllenlochs wohlgesonnen. Kein Orkan, kaum ein leichtes Lüftchen. Wir haben sogar einen gigantischen Felsendom entdeckt, in dem wir das Shuttle sicher unterbringen konnten. Sollten die Stürme wieder losgehen, ist es dort halbwegs sicher. Wir haben uns nun mit dem Buggy auf die Suche nach den Ruinen gemacht.«

»Die Cocktails unserer guten Sparks wirken tatsächlich wahre Wunder. Wir werden bis zum Abflug keinen Schlaf brauchen. Ich war vermutlich noch nie so wach wie gerade jetzt.«

»Von wegen Ruinen. Die äußeren Anlagen haben ziemlich unter den Witterungseinflüssen hier gelitten. Keine Ahnung, wie alt der Scheiß ist, aber ein Weilchen war das Material schon dem Wetter ausgesetzt, soviel ist sicher. Darunter aber - du wirst es nicht glauben - haben wir hinter einer versiegelten Tür einen gigantischen Komplex entdeckt. Alles ist voll mit diesen seltsamen Schriftzeichen. Die Architektur ist merkwürdig. Irgendwie asymmetrisch. Ich kann es nicht richtig beschreiben. Wir machen ein paar Videoaufnahmen für dich.«

»Das ist einfach irre. Wir haben jede Menge Technologie gefunden. Weiß der Henker, wofür der ganze Kram gut ist. Einige portable Artefakte haben wir bereits eingepackt. Aber hier sind ganze Schaltanlagen … oder so etwas Ähnliches. Wir werden versuchen, einiges mit den Schneidbrennern herauszutrennen und einzupacken.«

Alle seine Träume schienen in Erfüllung zu gehen und Kaito überlegte sich bereits, wie er sein späteres Leben im Reichtum verbringen würde. Hauptsache, der gefährlichste Teil seines Planes, nämlich die Rückkehr des Bodenteams zum Schiff, lief störungsfrei. Er wollte seiner Crew die überraschende Wiederkehr des Shuttles mit seiner kleinen Besatzung als Geheimmission unter höchster Sicherheitsstufe verkaufen.

In Gedanken ging er gerade noch einmal die Details dieses riskanten Plans durch, als ihm erneut schwarz vor Augen wurde. Die folgende Bewusstlosigkeit dauerte mehrere Minuten. Während dieser Zeit wurde er von Alpträumen regelrecht geschüttelt. Er sah Sterne in der Tiefe des Alls einfach verschwinden. Eine unfassbare Dunkelheit verschlang sie und bewegte sich dann auf das Schiff zu. Er hörte Schreie in der Tiefe der Schiffsgänge, Blut rann die Wände herab und dann barst das ganze Schiff auseinander. Schweißgebadet wachte er auf.

Dale

»Lass uns noch dieses … Gerät hier freischneiden. So eine Art Display habe ich noch nie gesehen. Das wird uns ein Vermögen einbringen.«

Sparks schwitzte in ihrem Raumanzug. Trotz der Servoverstärkung ihrer Gliedmaßen spürte sie deutlich, dass sie körperliche Arbeit dieser Art nicht gewohnt war. Sie riss einen rechteckigen Klotz aus einem fremdartigen Metall heraus, warf ihn in einen der Container und setzte den Schweißbrenner erneut an.

Währenddessen begutachtete Dale eine Konsole, an der statt Knöpfen so etwas wie Kristalle angebracht waren. Sie waren sich sicher, dass keinerlei Energie mehr durch den Komplex floss. Jedenfalls zeigten ihre Messgeräte nicht die kleinsten Anzeichen.

Dennoch leuchteten die Kristalle leicht auf, als Dale mit der behandschuhten Hand darüberfuhr. Tyler machte mit dem Gewehr im Anschlag gerade Pause und hielt die Umgebung im Auge, als erwarte er jeden Moment von einem Alienmonster angesprungen zu werden.

Als er Dales Hand über der Konsole sah, warnte er ihn. »Lass lieber die Finger davon. Wir sollten es bei den Artefakten belassen, bei denen wir sicher sind, dass sie ungefährlich sind.«

Dale lachte auf. »Sicher ungefährlich? Du machst wohl Witze. Wir können über gar nichts hier sicher sein. Aber das macht doch den Spaß aus, oder?« Er grinste Tyler durch sein Helmvisier an und legte die Rechte ohne hinzusehen, auf einen der Kristalle.

Im selben Moment fluchte Sparks und ein Funkenschauer ergoss sich aus dem Gerät, an dem sie gerade arbeitete. Plötzlich spürten sie alle ein leichtes Vibrieren im Boden. Erschrocken sahen sie sich um. Die Rückwand des großen Raumes, in dem sie sich befanden, war wie von Geisterhand einfach verschwunden. Es waren keine Anzeichen zu erkennen, dass es sich um eine Schiebetür oder ein Kraftfeld gehandelt hatte. Die zuvor solide erschienene Wand war einfach weg.

Dahinter öffnete sich eine gigantische Kaverne, anscheinend natürlichen Ursprungs. Im Zentrum dieser Höhle befand sich ein sicher fünf Meter hoher, zylinderförmiger Monolith, der übersät war mit Schriftzeichen und Kristallen. Die Decke des Raums war ganz und gar nicht natürlichen Ursprungs. Eine Art durchsichtiges Energiefeld, oder eine Projektion nahm nach oben hin den gesamten Bereich ein. So konnte man über dem Monolithen verschwommen den sternenübersäten Himmel sehen.

Um das Gebilde herum knisterte die Luft vor Energie. Das zeigten nicht nur ihre plötzlich zum Leben erwachten Messgeräte. Einige nicht verstaute Werkzeuge begannen, sich wie magnetisch angezogen in Richtung des fremdartigen Gebildes zu bewegen. Ungläubig starrte Dale ein elektrisches Multitool an, das sich, kurz bevor es den Monolithen erreichte, in die Luft erhob und zusammen mit etlichen anderen Gegenständen um das riesige Ding herum zu fliegen begann.

Dale machte einen Schritt auf den Monolith zu. Sparks schrie auf, Tyler versuchte Dale aufzuhalten, doch eine Sekunde später stand der junge Techniker schon direkt neben dem Monolithen. Energieblitze zuckten jetzt um das Gebilde und auch um Dale. Wie in Trance sah Dale zu seinen Gefährten und legte eine Hand auf einen der Kristalle.

Kaito

Kaito beobachtete an einem der großen Bildschirme auf der Brücke die Fortschritte beim Torbau. Seit acht Stunden hatte er nun keine Nachricht mehr von Dale und seinem Team erhalten und seine Nervosität nahm zu. Dass er sich nach wie vor keinen Reim auf seine dunklen Vorahnungen und Alpträume machen konnte, verschlimmerte die Situation zusätzlich.

Auf dem großen Display beobachtete er, wie gerade zwei Techniker mithilfe ferngesteuerter Greifarme und Düsen ein weiteres Bauteil an Ort und Stelle bugsierten. Weit im Hintergrund zeichnete sich ein roter Punkt, deutlich größer und heller als der Rest der Sterne, vor der Dunkelheit ab: Soncha III, der äußere Planet dieses Systems.

---ENDE DER LESEPROBE---