Scheiße sagt man nicht! - Ralph Caspers - E-Book

Scheiße sagt man nicht! E-Book

Ralph Caspers

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Beschreibung

«Vom Fernsehen bekommt man viereckige Augen», «Ein Indianer kennt keinen Schmerz» und «Von zu viel Cola bekommt man schwarze Füße». Eltern stellen gerne Regeln auf, aber was ist wirklich dran an ihren Weisheiten? Ralph Caspers – leidenschaftlicher Klugscheißer und Moderator von «Wissen macht Ah!» – hat sie erstmals überprüft und erklärt mit viel Witz, welche Elternregeln sinnvoll sind und welche nicht. Sodass man in Zukunft ruhig mal selbstbewusst antworten kann: «Stimmt nicht!»

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Ralph Caspers

mit Daniel Westland

Scheiße sagt man nicht!

Die 100 (un)beliebtesten Elternregeln

Mit Illustrationen von Eva von Platen

Inhaltsverzeichnis

Motto

Vorwort

1 Vom Fernsehen bekommt man viereckige Augen

2 Haare aus der Stirn kämmen, sonst verdirbt man sich die Augen

3 Wenn man schielt, bleiben die Augen so stehen

4 Möhren sind gut für die Augen

5 Im Auto nicht lesen, sonst wird einem schlecht

6 Vor dem Schlafengehen nichts Aufregendes mehr im Fernsehen schauen, sonst schläft man schlecht

7 Fernsehen macht dumm

8 Kaugummis verschlucken verklebt den Magen

9 Zu viel Fast Food ist ungesund

10 Wenn man zu Kaltes trinkt, bekommt man Läuse im Bauch

11 Mit vollem Magen darf man nicht schwimmen gehen

12 Dreck reinigt den Magen

13 Vor dem Schlafengehen nichts Schweres mehr essen, sonst schläft man nicht gut

14 Nicht auf den Haaren kauen, sonst kann es Haarknäuel im Bauch geben

15 Wenn man die Kerne vom Obst mitisst, wächst einem ein Baum auf dem Kopf

16 Von zu viel Cola bekommt man schwarze Füße

17 Immer die Schuhe zubinden, sonst stolpert man

18 Kinder müssen vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein

19 Nicht rennen, wenn man ein Messer oder eine Schere in der Hand hält

20 Im Schwimmbad nicht rennen

21 Nicht bei Rot über die Straße gehen

22 Man muss sich regelmäßig die Nägel schneiden, sonst wachsen sie ein

23 Nach dem Klo und vor dem Essen Hände waschen nicht vergessen

24 Was auf dem Boden liegt, nicht aufheben

25 Nicht die Finger in die Steckdose stecken

26 Keine toten Tiere anfassen

27 Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr

28 Der frühe Schlaf ist der gesündeste & Der Schlaf vor 12 zählt doppelt

29 Nicht heulen, sonst wird der Kopf immer größer, bis er irgendwann platzt

30 100 Bürstenstriche für glänzendes Haar

31 Keine Plastiktüten über den Kopf ziehen, sonst erstickt man

32 Ärger macht hässlich

33 Zahnpasta hilft gegen Pickel

34 Nicht die Bettdecke über den Kopf ziehen, sonst stirbt man & Hände über die Bett decke

35 Nicht zu schnell Ballons oder Schwimmreifen aufpusten, sonst fällt man in Ohnmacht

36 Nicht mit nassen Haaren rausgehen, sonst erkältet man sich

37 Jeden Tag duschen und Haare waschen

38 Ein Indianer kennt keinen Schmerz

39 Kaffee und Cola sind nichts für Kinder, weil da Koffein drin ist

40 Nicht die Blutkruste von der Haut abreißen – das gibt Narben

41 Wunden heilen besser an der Luft

42 Messer, Gabel, Schere, Licht sind für kleine Kinder nicht

43 Wenn man nicht aufisst, gibt es schlechtes Wetter

44 Nicht den Joghurtdeckel ablecken

45 Lippenpflege macht süchtig

46 Beim Husten die Hand vor den Mund nehmen

47 Gegen Schluckauf hilft Erschrecken / ein Löffel Zucker / der geht von alleine weg

48 Aus der Flasche darf man nicht trinken

49 Vogelbeeren und Muskatnüsse darf man nicht essen, sonst stirbt man

50 Vor dem Essen keine Süßigkeiten essen, sonst verdirbt man sich den Appetit

51 Keine Brombeeren oder Himbeeren im Wald pflücken und essen, sonst kann man einen Fuchsbandwurm bekommen

52 Iss morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein Edelmann und abends wie ein Bettler

53 Zahnpasta nicht runterschlucken, davon wird man krank und bekommt Fieber

54 Wein ist nichts für Kinder, weil da Alkohol drin ist

55 Sauer macht lustig

56 Beim Zähneputzen nicht das Wasser laufen lassen

57 Kinder reden nur, wenn sie gefragt werden & Wenn Erwachsene sich unterhalten, müssen Kinder still sein

58 Nicht rülpsen & Nicht furzen

59 Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus

60 Nicht aus Spaß um Hilfe schreien

61 Nicht aus Spaß die Feuerwehr rufen

62 Vom Schreien wird es nur noch schlimmer

63 Lügen haben kurze Beine

64 Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul

65 Nicht am Finger lutschen, sonst hat man später schiefe Zähne

66 Von Süßigkeiten bekommt man schlechte Zähne

67 Vom Schwindeln bekommt man eine lange Nase

68 Geld stinkt nicht

69 Nicht den Rotz in der Nase hochziehen

70 Keine Erbsen in die Nase stecken

71 Wer nicht hören will, muss fühlen

72 Zu laute Musik ist schlecht für die Ohren

73 Rockmusik macht dumm & Mozart macht schlau

74 Gerade sitzen, sonst bekommt man einen Buckel

75 Keine Umhängetasche tragen, sonst bekommt man einen krummen Rücken

76 Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss sehen, was übrig bleibt

77 Müßiggang ist aller Laster Anfang

78 Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

79 Bei Tisch erst anfangen mit dem Essen, wenn alle etwas haben & Nach dem Essen sitzen bleiben, bis alle fertig sind

80 Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu

81 Immer brav sein, der Nikolaus bzw. der Weihnachtsmann sieht alles

82 Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen & Übung macht den Meister

83 Nicht lachen, wenn anderen ein Missgeschick passiert

84 Immer machen, was die Eltern einem sagen

85 Übermut tut selten gut & Hochmut kommt vor dem Fall

86 Geschenkt ist geschenkt, und wiederholen ist gestohlen

87 Essensreste nicht ins Klo kippen

88 Ihr sollt nicht streiten

89 Nein heißt Nein

90 Nicht ins Schwimmbecken pinkeln

91 Wer schön sein will, muss leiden

92 Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht

93 Schuster, bleib bei deinem Leisten

94 Fragen kostet nichts

95 Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

96 Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein

97 Von Turnschuhen kriegt man Schweißfüße

98 Sport hilft gegen Muskelkater

99 Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen

100 Scheiße sagt man nicht

Danksagung

Alle in diesem Buch gemachten Angaben sind von Herzen gut gemeint, aber dennoch ohne Gewähr und gänzlich unverbindlich.

Vorwort

Es ist noch gar nicht so lange her, da dachten wir uns, ein paar Bekannte und ich: Wäre es nicht großartig, diese bösen Elternregeln zu untersuchen, mit denen wir jahrelang gequält worden sind? Und sie als das zu entlarven, was sie in Wahrheit sind – aus der Luft gegriffene, haltlose Behauptungen, die nur zum Ziel haben, uns zu gängeln und zu malträtieren, damit das bestehende Machtverhältnis zwischen Eltern und Kindern unangetastet bleibt?

O ja, wir waren sofort Feuer und Flamme. Das war ganz nach unserem Geschmack! Und außerdem wollte ich meiner Mutter endlich sagen können: «Siehst du! Heulen macht keinen großen Wasserkopf! Und er platzt auch nicht davon!»

Also erinnerten wir uns an all die Sprüche unserer Eltern und hatten schon bald einen stolzen Katalog zusammen. Das Dumme war: Nur der kleinere Teil der ganzen Regeln stimmte nicht. Die meisten Vorschriften hatten wenigstens teilweise oder unter bestimmten Voraussetzungen ihre Berechtigung. Und viele – o Horror – gehörten gar eindeutig zur Kategorie «Stimmt».

Davon ließen wir uns natürlich nicht beirren. Denn auch wenn viele Sprüche unserer Eltern ihren wahren Kern haben, so kann es doch nicht schaden, zu wissen, zu welcher Gruppe der jeweilige Spruch gehört. Deshalb haben wir alle Regeln in drei Kategorien eingeteilt: stimmt, stimmt nicht und stimmt nicht ganz. (Ich denke, diese Einteilung erklärt sich von selbst.)

So ist dieses Buch am Ende hoffentlich eine gute Argumentationshilfe, wenn man beispielsweise mal wieder den Teller leer essen soll, damit das Wetter morgen schön wird. Und auf der anderen Seite kann es nie schaden, mit Wissen über den Ursprung der ein oder anderen richtigen Regel zu prahlen, sei es auch nur, um zu zeigen, dass man ein vernünftiger junger Mensch ist, den man nicht in ein enges Regelkorsett stecken muss, damit er unbeschadet durch die Welt kommt.

In diesem Sinne: Lebe und lerne!

Ralph Caspers

September 2007

PS: Wurde eine wichtige, das Leben in der Kindheit schwermachende Regel vergessen? Über eine kurze Nachricht an [email protected] würde ich mich freuen.

1

Vom Fernsehen bekommt man viereckige Augen

Stimmt nicht. (Wenn man die Regel wörtlich nimmt.)

Kaum vorstellbar, aber wahr: Vor ungefähr 30Jahren gab es höchstens drei Fernsehprogramme. Und das auch nur, wenn man guten Empfang hatte. Und diese drei Programme, die sich pfiffigerweise erstes, zweites und drittes Programm nannten, hielten es nicht für nötig, den ganzen Tag auf Sendung zu sein. Oh, nein, das Fernsehen begann irgendwann nachmittags und endete um Mitternacht mit der Nationalhymne. In der programmfreien Zeit dazwischen gab es Schnee oder Testbilder oder kleine Kätzchen, die auf einem Gerüst herumturnten.

Man konnte also richtig froh sein, wenn man tatsächlich mal ein Kinderprogramm erwischte. (Nicht so wie heute – mit freundlichen Grüßen.) Das war dann so aufregend, dass einige Kinder am liebsten in den Fernseher reinkriechen wollten. Plötzlich saß ich so nah am Apparat, dass ich nur noch rote, grüne und blaue Punkte sah und eine entfernt vertraute Stimme hörte, die mir zuraunte: «Geh nicht so nah ran, du bekommst viereckige Augen.»

Eins ist sicher: Egal, wie viel und wie nah man fernsieht, alles, was am Auge einigermaßen rund ist – der Augapfel, die Iris, der blinde Fleck–, bleibt rund. Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Allerdings kann es passieren, dass die Augen Unterstützung in Form einer Brille benötigen. Und Brillen können auch schon mal sehr viereckig sein. Auch das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Versteht man die Regel eher im übertragenen Sinn, also meint man mit viereckigen Augen eine Brille, dann könnte an der Regel doch etwas dran sein. Verschiedene Studien haben tatsächlich einen Zusammenhang hergestellt zwischen einer Sehschwäche und übermäßigem Starren auf einen Bildschirm.

Wenn man aber von zu viel Fernsehen nur eine Brille bekommt, was lässt dann Eltern aller Generationen immer wieder dieses drastische Bild der viereckigen Augen hervorkramen? Eine Brille ist doch nicht so schlimm, sollte man meinen. Die Antwort lautet: Eitelkeit und Sparsamkeit.

Als Brillenträger hat man oft das Nachsehen. (Den billigen Witz bitte ich zu verzeihen, aber ich musste es einfach schreiben.) Wie oft bin ich zum Beispiel schon in einem engen Felsspalt hängengeblieben, weil mein Brillengestell zu breit war! Unzählige Male. Und wie oft habe ich morgens vergammelten Toast gegessen, weil ich ohne Brille den Schimmel nicht gesehen hatte! Ich kann die Scheiben gar nicht mehr zählen. Eltern wollen nicht, dass ihren Kindern das zustößt – verständlicherweise.

Außerdem kosten schicke Brillen eine Menge Geld.

Wenn man also viel fernsieht oder lange am Computer arbeitet, sollte man seinen Augen regelmäßig kleine Pausen gönnen, damit sie sich mal entspannen können. Das ist gut für die Augen. Kann sein, dass man trotzdem eine Brille braucht. Aber man muss es ja nicht darauf anlegen.

Wenn man also mit «viereckigen Augen» eine Brille meint, dann stimmt die Regel. Aber um der Klarheit willen sollte diese beliebte Regel eher lauten: «Von übermäßigem Fernsehkonsum kann man eine Sehschwäche bekommen, die am Ende zu einem viereckigen Kassengestell führen kann.» Diese Formulierung ist natürlich nicht ganz so griffig – entspricht aber eher der Wahrheit.

2

Haare aus der Stirn kämmen, sonst verdirbt man sich die Augen

Stimmt nicht.

Haare vor den Augen verursachen absolut keine Sehstörungen, verderben also auch nicht die Augen. Sie schränken höchstens das Blickfeld ein. Nur wenn einem eine Wimper oder ein Haar ins Auge gelangt, kann das zu Schmerzen und entzündlichen Veränderungen führen.

Lange Zeit (und bei vielen Eltern oder Großeltern auch heute noch) galt korrekt frisiertes Haar als Ausdruck von Anstand, Disziplin und Ordnung. Haar hingegen, das in die Stirn oder gar über die Augen hängt, wird verbunden mit aufmüpfigen, renitenten Kindern, die nie das tun, was ihnen gesagt wird. Und damit die Kinder sich «anständig» frisierten, hat wohl irgendwer irgendwann mal diesen Spruch erfunden.

Wirres, verfilztes Haar galt früher als Zeichen von Hexen. Wehendes, unordentliches Haar als Symbol für den Verzicht auf soziale Ordnung und die Abkehr vom gewöhnlichen Leben. Auch die Hippies und die Freiheitsbewegung bedienten sich des langen Haares, um gesellschaftliche Zwänge und Ansprüche in Frage zu stellen und sich gegen Autoritäten aufzubäumen. Dabei ist lang nicht gleich lang: Die «Pilzfrisur» der Beatles erschien in den Sechzigern als skandalös, heute wäre man damit im Konfirmationsunterricht der Bravste.

Andererseits: Samson in der Bibel verdankte seine unglaubliche Kraft seinem Haar, erst als es geschoren wurde, war er besiegbar.

Aller möglicher Aberglaube wurde um die Haare herumgeflochten: Menschen mit zwei Haarwirbeln sind wahlweise besonders geschickt oder klug oder Werwölfe, oder sie begehen leichter Selbstmord. Und abgeschnittene Haare soll man aufbewahren, weil sich sonst Vögel Nester daraus bauen, was beim Haarproduzenten zu Kopfschmerzen und Haarausfall führt. Das ist aber alles Unfug, ebenso wie die Sache mit den Haaren in der Stirn, die die Augen verderben.

3

Wenn man schielt, bleiben die Augen so stehen

Stimmt nicht.

«Unsinn, das ist noch nie passiert», sagt Augenarzt Dr.Dirk Wedemann aus Ochsenfurt. «Das Neuauftreten von Schielen jenseits des Kindesalters kann nur durch Nerven- oder Augenmuskelschäden bzw. durch langfristiges Abdecken eines Auges entstehen.»

Das Gerücht mag entstanden sein, weil jemand zum Beispiel im Überschwang einer Geburtstagsparty schöne Fratzen schnitt – und sich die Eltern hinterher erinnerten: «Das Kind schielt seit der Feier zum dritten Geburtstag.»

In allen derartigen Fällen haben Augenärzte aber feststellen können, dass der «Strabismus». (das Schielen) schon vorher bestand. Er fiel den Eltern nur halt zum ersten Mal beim wilden Wettschielen der überzuckerten Geburtstagsgäste auf.

Da fragt man sich natürlich: Wenn Schielen nicht gefährlich ist, wäre dann jetzt nicht eine gute Gelegenheit, es zu lernen? Auf jeden Fall! Am einfachsten ist es, die Arme auszustrecken, auf den Zeigefinger zu schauen und dann den Finger langsam in Richtung Nase zu führen. Die Augen bleiben auf den Finger gerichtet, und sobald der Finger auf der Nasenspitze liegt – und man ihn immer noch ansieht–, schielt man.

Schielen kann auch sehr nützlich sein – vor allem wenn man gerne Suchrätsel löst, in denen man bei zwei Bildern, die total gleich aussehen, die Unterschiede erkennen soll. Ich zum Beispiel habe das Schielen so perfektioniert, dass ich sofort die Unterschiede erkennen kann. Es funktioniert folgendermaßen: Die Augen schicken zwei leicht unterschiedliche Bilder an das Gehirn, das diese Bilder dann zu einem Bild zusammensetzt. Noch nie aufgefallen? Dann bitte jetzt noch einmal den Arm strecken und den Daumen gerade machen. Ein Auge schließen und mit dem anderen auf den Daumen sehen. Und? Verdeckt der Daumen irgendetwas in der Ferne? Zum Beispiel ein Bild an der Wand? Schön. Dann jetzt einfach mal hin- und herblinzeln. Also abwechselnd mit dem einen und dann mit dem anderen Auge auf den Daumen schauen. Und was passiert? Es scheint, als würde der Daumen hin- und herspringen. Das sind die zwei leicht unterschiedlichen Bilder, die die Augen ans Gehirn senden und die im Hirn zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt werden. Dreidimensional bedeutet, wir können dank unserer beiden Augen auch Entfernungen abschätzen.

Wieder zurück zu den Bilderrätseln, bei denen man die Unterschiede erkennen muss. Wenn man die beiden Bilder nicht normal ansieht, sondern schielend, und das Gehirn es schafft, diese beiden Bilder so übereinanderzulegen, als wäre es nur ein einziges Bild, dann erkennt man sofort die Unterschiede, kann sie schnell markieren und hat wieder mal gegen die kleine Schwester gewonnen – wenn man, so wie wir zu Hause, um die Wette rätselt. Wer schielen kann, ist klar im Vorteil.

4

Möhren sind gut für die Augen

Stimmt nicht ganz.

Ich weiß, es gibt diese großartige Erklärung: «Warum sorgen Möhren für gute Augen? Schon mal ein Kaninchen mit Brille gesehen?» Aber diese Erklärung ist, schwer zu glauben, nur ein Witz. Ein schlechter noch dazu.

Einerseits: Karotten, Wurzeln, Möhren, wie auch immer man sie nennt, enthalten Betakarotin, und das wandelt der Körper in Vitamin A um. Aus Vitamin A (auch «Retinol» genannt) entsteht «Retinal», das wiederum wichtig für die Netzhaut («Retina») im Auge ist. Betakarotinmangel kann zu Vitamin-A-Mangel führen, und der zu Nachtblindheit. Das heißt, man kann nachts noch weniger sehen als sonst. Auf alle anderen Augenkrankheiten sowie die Sehschärfe hat der Verzehr von Möhren ohnehin keine Auswirkung, nur auf das Unterscheiden von Hell und Dunkel.

Andererseits: Der Tagesbedarf an Vitamin A wird auf 2 bis 4Milligramm geschätzt. Eine Möhre pro Tag deckt diesen Bedarf, und die Leber ist in der Lage, Vitamin A für ein ganzes Jahr zu speichern. Also: Vitamin-A-Mangel ist praktisch ausgeschlossen, wenn man sich einigermaßen normal ernährt. Deshalb gilt: Möhren schaden der Sehkraft nicht, nützen aber auch nichts. Man kann sich also nicht die Brille wegfuttern.

Zu viel Vitamin A jedoch kann gefährlich werden, aber auch das ist hierzulande unwahrscheinlich. Es sind allerdings Fälle von Eskimos bekannt, die nach dem Verzehr von zu viel Eisbärenleber Vergiftungserscheinungen wie Erbrechen, Durchfall, Schleimhautblutungen und Knochenbrüchigkeit zeigten. Aber ich muss sagen: Als ich noch ein Kind war, gab’s bei uns nur ganz, ganz selten, eigentlich nie Eisbärenleber. Und das ist dann ungefährlich – solange die Beilage nicht auch noch Karotten sind.

Das Gerücht, dass Möhren gut für die Augen sind, haben angeblich die Briten im Zweiten Weltkrieg aufgebracht: Sie sollen ein raffiniertes Radarsystem entwickelt haben, mit dem sie erfolgreich deutsche Bomber abschossen. Um das geheim zu halten, behaupteten sie, ihre Kampfpiloten äßen Riesenmengen Möhren. Übrigens begann auch die britische Bevölkerung, an dieses Märchen zu glauben, und aß reichlich Karotten, um während der Verdunkelungen (wenn die deutschen Bomber angriffen) besser sehen zu können.

Also: Gesteigerter Möhrenverzehr, da ist man heute sicher, sorgt nicht dafür, dass man auf einmal keine Brille mehr braucht. Stattdessen regen Karotten die Verdauung an, wirken wurmabtötend, schützen (aber nicht so stark wie eine Sonnencreme) vor UV-Strahlen und – das Beste – tönen die Haut schön orange.

5

Im Auto nicht lesen, sonst wird einem schlecht

Stimmt nicht ganz.

Gilt übrigens auch für Videospiele spielen und kann bei jeder Form von Reise auftreten: am häufigsten im Auto und bei Schiffsfahrten, aber auch im Flugzeug und recht selten sogar in der Bahn. Die «Reisekrankheit» wird zu Wasser auch «Seekrankheit» genannt, der wissenschaftliche Begriff ist «Kinetose». Bei manchen Menschen ist die Kinetose so schlimm, dass sie kotzen müssen. Andere Menschen dagegen merken überhaupt nichts davon.

Der Körper spürt mit Hilfe des Gleichgewichtssinnes, der sich im Innenohr befindet, dass er sich bewegt. Wenn man nun im Auto liest, dann passt das, was die Augen ans Gehirn senden, nicht dazu: Sie nehmen keine Bewegung wahr, denn das Buch hält man ja still. Diese beiden widersprüchlichen Reize bringen den Körper durcheinander. Man empfindet ein Schwindelgefühl, das oft mit Übelkeit einhergeht. Das gilt vor allem bei ungleichmäßigen Bewegungen, also zum Beispiel Kurven oder hohen Wellen bei einer Schifffahrt.

Das Gleiche passiert auch auf der Schaukel, im Karussell oder in der Achterbahn, aber da ist das wilde Auf und Ab im Bauch gewollt.

Für alle, die sehr unter Reisekrankheit leiden, gibt es hier ein paar wertvolle Tipps, um die Sache nicht noch schlimmer zu machen:

Vor der Fahrt wenig essen, aber ausreichend trinken (allerdings keine Milch und keine Fruchtsäfte).

Im Auto den Kopf nicht an die Kopfstütze lehnen, sonst werden die Vibrationen direkt an die Gleichgewichtsorgane im Ohr übertragen.

Entspannt Richtung Horizont in die Ferne schauen (nicht die Bäume am Straßenrand fixieren), so decken sich die gesehene und die gefühlte Bewegung am ehesten.

Im Bus ist der beste Platz vorn, kurz vor der Vorderachse.

Bester Platz im Flugzeug: knapp hinter den Tragflächen. Hier treten die geringsten Vibrationen auf.

Vom Schiff aus nicht ins Wasser, sondern in die Ferne schauen.

Es gibt auch Medikamente gegen See-/​Reisekrankheit, Tabletten oder Kaugummis. Arzt oder Apotheker fragen!

Nur etwa 15Prozent aller Menschen sind völlig unempfindlich gegen die Reisekrankheit. Kinder sind besonders anfällig, mit 14 oder 15 verschwindet das Problem aber oft von allein, denn dann hat der Körper gelernt, was passiert und dass ihm keine Gefahr droht.

6

Vor dem Schlafengehen nichts Aufregendes mehr im Fernsehen schauen, sonst schläft man schlecht

Stimmt nicht ganz.

Albträume sind furchtbar. In der Kindheit, vor allem zwischen 6 und 10Jahren, kommen sie häufig vor, ermittelte eine Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim. Albträume treten meist in der zweiten Nachthälfte und nie im Tiefschlaf auf.

Neben Albträumen, an die man sich häufig erinnern kann, gibt es auch noch den Nachtschreck: Dieses Phänomen tritt oft im ersten Drittel der Nacht auf – nach kurzem Schlaf wacht man – vor allem als Kind – plötzlich auf, weint, schreit und sitzt mit weitaufgerissenen Augen im Bett. Nach fünf bis zehn Minuten ist der Spuk jedoch meist vorbei, man schläft wieder ein und kann sich am nächsten Morgen nicht einmal mehr an den nächtlichen Schrecken erinnern.

In solchen Fällen vermuten Eltern, ein gruseliger oder spannender Film, der kurz vor dem Schlafengehen noch gesehen wurde, könnte Ursache für den Nachtschreck gewesen sein. Doch wissenschaftlich gibt es dafür keine Beweise. Eine Studie an der Universität Mannheim belegte sogar, dass der TV-Konsum nicht für gute oder schlechte Träume sorgt und auch die Heftigkeit von Träumen nicht beeinflusst – und erstaunlicherweise auch, dass ausgerechnet Horrorfilmfans die positivsten Träume haben.

Die Studie ergab aber auch, dass Einzelheiten aus Filmen, die uns besonders berühren, häufiger auch in Träumen auftauchen. Die Erfahrung, schon einmal Filmdetails in einem eigenen Traum verarbeitet zu haben, zusammen mit einer zeitlichen Nähe zwischen Spätfilm und Nachtschreck ist wahrscheinlich die Ursache für diese Elternregel.

Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, vermutete, dass wir im Traum unsere Wünsche und Ängste verarbeiten. Das kann man bis heute nicht beweisen – aber auch nicht widerlegen. Und sicher ist es auch von Mensch zu Mensch verschieden, auf jeden Fall scheint es eine genetische (erbliche) Veranlagung für Albträume zu geben.

Daher gilt letzten Endes: Man muss es ausprobieren. Entweder man hat keine Schlafprobleme nach einem aufregenden Film, prima. Oder, wenn doch, dann nimmt man den nächsten Film auf und schaut ihn an einem anderen Tag. Und nicht direkt vor dem Schlafengehen. Versteht sich von selbst.

7

Fernsehen macht dumm

Stimmt nicht ganz.

Wie? Was? Ach so, zu viel Fernsehen… Okay, okay, da ist etwas dran. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen beispielsweise befragte 23000Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 15