Schlaglichter aus dem Leben (Band 2) - Klaus-Rainer Martin - E-Book

Schlaglichter aus dem Leben (Band 2) E-Book

Klaus-Rainer Martin

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Beschreibung

In der Zeit von November 2015 bis März 2021 habe ich insgesamt 50 Kurzgeschichten als E-Book geschrieben. Doch davon wurden von den Online-Buchshops nur 29 gelistet und erhielten eine ISBN, denn 21 Kurzgeschichten hatten weniger als 2.000 Worte. Doch die Buchshops listen solche Kurzgeschichten nicht. So konnten nur die User des E-Book-Verlages BookRix, München, auch diese Kurzgeschichten lesen, da ich sie dort veröffentlicht habe. Um alle Kurzgeschichten aber auch denen zugänglich zu machen, die lieber ein Buch in der Hand halten, habe ich mich dazu entschlossen, 25 Kurzgeschichten in einem ersten Sammelband im April 2021 25 und weitere 25 Kurzgeschichten im Juni 2021 in einem zweiten Sammelband zu veröffentlichen und beide Sammelbände Anfang des Jahres 2024 auch als E-Book herauszugeben. Diese insgesamt 50 Kurzgeschichten sind sowohl in ihrem Inhalt als auch in ihrer Länge und im Schreibstil sehr unterschiedlich. Für einige von ihnen kam die Anregung dazu von Schreibwettbewerben der Gruppe "Biografisches" des BookRix-Verlages München, andere entstammen meiner Phantasie oder meinem Erleben.

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Seitenzahl: 247

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Klaus-Rainer Martin

Schlaglichter

aus dem Leben

(Band 2)

25 Kurzgeschichten

von Oktober 2019

bis Juni 2021

und andere

Veröffentlicht als Buch im Juni 2021

Text: © Copyright by Klaus-Rainer Martin

Umschlaggestaltung: © Copyright by Klaus-Rainer Martin

Verlag:

Klaus-Rainer Martin

Barkhorst 3

23860 Klein Wesenberg

[email protected]

Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Inhaltsangabe

Vorbemerkungen

1. Theodor und die Medaillen

2. Vielseitig begabt - aber auf keinem Gebiet ein Genie

3. Als ich zum ersten Mal in meinem Leben „Neger“ sah

4. Hören, horchen, lauschen

5. Kohlrouladen und Germknödel

6. Walken in der Corona-Krise

7. Stallgeruch

8. Blinde fühlen intensiver

9. Meine ersten beiden Schuljahre

10. Meine Schulzeit von 1946 bis 1952

11. Meine Zeit als Bergmann im Steinkohlenbergbau

12. Marcus

13. Meine Vorfahren

14. Gegen den Uhrzeigersinn

15. Pascal

16. Meine Eltern waren Nationalsozialisten

17. Onkel Franz – und sein Bauernhof

18. Benjamin

19. Woran denke ich, wenn ich über die Farbe GELB nachdenke?

20. Meine gedankliche Verknüpfung zwischen Aftershave und grünen Wiesen

21. Orangenpudding für den Bundespräsidenten

22. Braun wie Leder

23. Oliver

24. „Du läufst 4,2 Knoten“

25. Ljubomir

Über den Autor

Vorbemerkungen

In der Zeit von November 2015 bis März 2021 habe ich insgesamt 50 Kurzgeschichten als E-Book geschrieben. Doch davon wurden von den Online-Buchshops nur 29 gelistet und erhielten eine ISBN, denn 21 Kurzgeschichten hatten weniger als 2.000 Worte. Doch die Buchshops listen solche Kurzgeschichten nicht. So konnten nur die User des E-Book-Verlages BookRix, München, auch diese Kurzgeschichten lesen, da ich sie dort veröffentlicht habe. Um alle Kurzgeschichten aber auch denen zugänglich zu machen, die lieber ein Buch in der Hand halten, habe ich mich dazu entschlossen, 25 Kurzgeschichten in einem ersten Sammelband im April 2021 25 und weitere 25 Kurzgeschichten im Juni 2021 in einem zweiten Sammelband zu veröffentlichen und beide Sammelbände Anfang des Jahres 2024 auch als E-Book herauszugeben.

Diese insgesamt 50 Kurzgeschichten sind sowohl in ihrem Inhalt als auch in ihrer Länge und im Schreibstil sehr unterschiedlich. Für einige von ihnen kam die Anregung dazu von Schreibwettbewerben der Gruppe „Biografisches“ des BookRix-Verlages München, andere entstammen meiner Phantasie oder meinem Erleben.

1.Theodor und die Medaillen

veröffentlicht im Oktober 2019

alskostenloses eBook (ISBN: 978-3-7487-1916-8)

Während meiner Tätigkeit als Heilpädagoge in einer heilpädagogischen Einrichtung hatte ich eine denkwürdige Begegnung mit einem elfjährigen Jungen, den ich in meinem Bericht Theodor nennen möchte.

Kurz nach der Wende kam Theodor aus einer jugendpsychiatrischen Klinik der kurz zuvor zusammengebrochenen DDR in unsere Einrichtung. Er war nach einer fehlgeschlagenen Abtreibung zur Welt gekommen, kam sofort nach der Geburt zu Pflegeeltern, und als diese es mit ihm nicht mehr aushielten, in ein Heim. Dort zeigten sich bald so massive Schwierigkeiten, dass er in ein anderes Heim und von dort wegen seiner Verhaltensauffälligkeiten wieder in ein anderes Heim kam. So wechselte er in seinen fast zwölf Lebensjahren achtmal das Heim und landete schließlich in der Jugendpsychiatrie. Von dort kam er in unsere Einrichtung.

Unser erstes Ziel war es, diesen Teufelskreis „Theodors Verhaltensauffälligkeiten hält keiner aus, deshalb wird er in eine andere Einrichtung verlegt“, zu durchbrechen. Uns war klar, dass wir das nur schaffen können durch das Engagement vieler Kolleginnen und Kollegen; sind es zu wenige, geraten wir auch in die Gefahr, es mit ihm nicht mehr auszuhalten. Deshalb gestalteten wir die Dienstpläne der Gruppenerzieher so, dass zu keiner Zeit einer allein im Dienst war. Sein Verhalten beeinträchtigte auch die anderen Kinder in der Gruppe, in welcher er lebte. – Erst wenn Theodor die Erfahrung gemacht haben wird, dass er mit seinem Verhalten, ganz gleich, ob er seine Kleidung aus dem Fenster schmeißt oder sich auf den Boden wirft und schreit, als ob ihn jemand absticht, nicht erreicht, dass man ihn in eine andere Einrichtung verlegt, können wir damit beginnen, seine Fähigkeiten zu fördern.

Um die Kolleginnen und Kollegen in der Gruppe zu entlasten, kam Theodor, den wir inzwischen Theo nannten, um ihm damit eine Beziehungsanbahnung anzudeuten, an den Wochenenden, wo alle anderen Kinder der Gruppe zu ihren Familien beurlaubt wurden, zu uns in die Familie. So hatten alle Erzieherinnen und Erzieher des Gruppenteams mal ein zusammenhängendes Wochenende frei.

Da ich bereits seit mehr als einem Jahrzehnt ungefähr dreimal jährlich an Marathonläufen teilnahm, hatte ich alle mühsam erlaufenen Medaillen, es waren zu der Zeit etwa dreißig, im Flur unserer Wohnung fein säuberlich aufgehängt.

An einem Wochenende im März 1991 war Theo wieder einmal zu Gast in unserer Familie. Am Samstagnachmittag musste ich, als ich die Wohnung betrat, feststellen, dass drei der Medaillen fehlten. Es fiel sofort auf, denn die Tapete war an den Stellen, wo die Medaillen entfernt worden waren, sehr viel heller. Nachdem ich unsere drei Töchter als auch meine Frau befragte, ob sie aus irgendeinem Grund die Medaillen abgenommen hätten, und sie meine Frage verneinten, kam nur noch Theo infrage. Doch er stritt es vehement ab und beschuldigte mich, immer ein „Heimkind“ zu verdächtigen. Ich sei genauso voreingenommen, wie alle Erwachsenen. So bohrte ich nicht weiter, sondern fand ich mich damit ab, eine Medaille vom Berlin-Marathon, eine vom Hamburg-Marathon und die dritte von einem München-Marathon abschreiben zu müssen. – Doch am Sonntagmorgen, als es draußen gerade hell wurde und noch alles schlief, wurde ich wach und schaute aus dem Fenster. Im Garten sah ich Theo, der sich ganz leise aus dem Haus geschlichen hatte, wie er die in ein Papiertaschentuch eingewickelten und unter einem Busch vergrabenen drei Medaillen ausbuddelte, um sie an einer Hecke an der Grundstücksgrenze wieder einzubuddeln, um sie am Abend von dort heimlich beiseitezuschaffen, wenn er wieder ins Heim zurückkehrt, ohne unser Grundstück noch einmal betreten zu müssen. Als er sie dort eingebuddelt hatte, schlich er sich zurück ins Haus, ohne bemerkt zu haben, dass er bei seinem Tun von mir beobachtet worden war.

Das gemeinsame Sonntagsfrühstück verlief geradezu harmonisch. Theo benahm sich auffallend ruhig und gesittet. Nach dem Frühstück bat ich Theo, mit mir in den Garten zu kommen. Dort ging ich geradewegs auf die Hecke an der Grundstücksgrenze zu, bückte mich an der betreffenden Stelle und grub die drei vergrabenen Medaillen aus. Theo war sprachlos. Ich merkte ihm an, dass er weglaufen wollte und deutete ihm an, dass er gegen mich als durchtrainiertem Langstreckenläufer keine Chance habe, selbst dann nicht, wenn er auf den ersten fünfhundert Metern schneller sei als ich. So nahm er es auf sich, eine deftige Strafe erwartend wieder mit ins Haus zu kommen.

Ich bat Theo zu mir in mein Arbeitszimmer und bot ihm dort einen Stuhl zum Sitzen an. Doch statt ihm eine Strafe anzukündigen, erzählte ich ihm, mit wieviel Mühen und Schweiß ich nach intensivem täglichem Training in Berlin, Hamburg und München nach erfolgreichem Zieleinlauf die Medaillen bekommen habe. Deshalb seien sie mir auch so wichtig. Jede der über dreißig Medaillen erinnern mich an ein besonderes Lauferlebnis. Und ich schlug ihm vor, sich selbst auch so eine Medaille durch eigene Leistung zu verdienen. Dazu müsse man keinen Marathonlauf durchstehen. So eine Medaille bekommt man auch schon bei den meisten fünf Kilometer langen Volksläufen, so zum Beispiel in vier Wochen, am 1. Mai, beim Volkslauf im etwa dreißig Kilometer entfernten Kaltenkirchen. Wenn er daran interessiert sei, würde ich ab morgen vier Wochen lang täglich mit ihm trainieren und dann mit ihm gemeinsam nach Kaltenkirchen fahren.

Theo war von meinem Vorschlag geradezu begeistert. Wir verabredeten uns zum täglichen Training für eine Zeit am Spätnachmittag vor dem Abendessen. Eine Erzieherin, der ich von unserer Verabredung berichtete, kaufte am frühen Nachmittag mit ihm „Laufklamotten“, ein Läuerhemd, eine Laufhose und Laufschuhe ein. Gemeinsam mit Theo ging ich in den nahegelegenen Wald. Dort begannen wir zu laufen. In den ersten Tagen schaffte er nur etwa fünfhundert Meter am Stück. Er war darüber ganz zerknirscht und glaubte, es bis zum 1. Mai nicht zu schaffen, dass er fünf Kilometer durchhält. Dennoch war ich zuversichtlich und hatte uns beide bereits als Teilnehmer angemeldet. Täglich steigerten wir uns. Nach etwa drei Wochen liefen wir zum ersten Mal eine Distanz von fünf Kilometern. Nun bekam er Selbstvertrauen in seine Leistungsfähigkeit. Die letzte Woche verbrachten wir mit Lockerungsübungen und Konditionstraining und liefen natürlich jeweils ganz locker die fünf Kilometer.

Dann kam der 1. Mai 1991. Pünktlich um 7.00 Uhr kam Theo auf den Parkplatz, wo mein PKW stand. Er war schon mit seinen Laufsachen bekleidet und trug darüber einen Trainingsanzug. In einem Wäschebeutel von einem meiner früheren Läufe, den ich ihm geschenkt hatte, trug er Kleidung zum Umziehen nach dem Lauf, Duschzeug und Handtuch bei sich. -Ich hatte ihm vor einigen Tagen im Beisein einer Erzieherin aufgezählt und aufgeschrieben, was man am sinnvollsten alles zu so einer Veranstaltung mitnehmen sollte.

Nach einer halbstündigen Autofahrt erreichten wir unser Ziel, stellten das Auto auf einem für die Teilnehmenden an dieser Laufveranstaltung ausgewiesenen Parkplatz ab und begaben uns zum Startbüro, um dort unsere Starunterlagen zu holen. Theo bekam die Startnummer 125, ich die Nummer 126. Die Startnummer befestigten wir mit Sicherheitsnadeln vorn an unserem Laufhemd. Unsere Wäschebeutel ließen wir wie alle anderen einfach an einem Kleiderhaken im Umkleideraum zurück. Theo war erstaunt, dass es nichts zum Abschließen gab und offenbar alle davon ausgingen, dass hier keiner auf den Gedanken kommt, etwas zu klauen.

Da wir frühzeitig gekommen waren, hatten wir noch die Gelegenheit, den Start des Zehn-Kilometer-Laufes eine halbe Stunde vor unserem Start mitzuerleben. Danach nutzte ich die Zeit, Theo noch einmal zu versichern, dass wir während des Laufes zusammenbleiben wollen und ich mein Lauftempo nach seiner Leistungsfähigkeit ausrichten werde. Wichtig sei vor allem, nicht zu schnell anzufangen, sondern seine Kräfte gut einzuteilen, damit sie bis zum Ziel reichen. – Dann begaben wir uns mit den anderen Läuferinnen und Läufern an den Start. Wir stellten uns nicht in die erste, aber auch nicht in die letzte Reihe, sondern mitten in die Gruppe der über einhundert startenden Läuferinnen und Läufer.

Dann ertönte der Startschuss. Theo hielt sich an meinen Rat und ließ sich nicht davon beeindrucken, dass uns einige überholten. Wir kamen gut voran. Unterwegs machte ich ganz bewusst Theo auf einiges Sehenswerte links und rechts der Strecke aufmerksam, um ihn davon abzuhalten, nur verbissen auf die Laufstrecke zu achten. Ungefähr nach der Hälfte der Strecke befand sich eine Getränkestelle. Dort reichte man uns im Vorüberlaufen einen Becher Wasser. Nachdem wir ihn ausgetrunken hatten, warfen wir ihn wie alle anderen einfach weg. Ich erklärte Theo, dass man das hier darf, im Gegensatz von zu Hause. – Auf den letzten beiden Kilometern überholten wir einige, die den Lauf zu schnell angegangen waren. Nun begriff auch Theo, weshalb ich immer wieder betonte, den Lauf nicht zu schnell anzugehen.

Nach etwa 54 Minuten bogen wir auf die Zielgerade ein und sahen etwa einhundert Meter entfernt das Ziel. Auf einmal ertönte aus dem Lautsprecher: „Ins Ziel läuft jetzt der jüngste Läufer dieses Laufes mit der Startnummer 125 der zwölfjährige Theodor Koch“. Daraufhin war Theo nicht mehr zu halten. Ohne auf mich zu achten, lief er so schnell, wie er konnte ins Ziel. Ich konnte seinem Tempo nicht folgen und erreichte das Ziel wenige Sekunden nach ihm in genau 55 Minuten. – Im Ziel bekamen alle Läuferinnen und Läufer eine Medaille umgehängt, begaben uns dann zum Verpflegungs- und Getränkestand, wo wir eine Banane, einen Müsliriegel und ein Elektrolyt-Getränk zu uns nahmen. Dann gingen wir in den Umkleideraum, wo sich auch die Duschen befanden. – Frisch geduscht und umgezogen stellten wir uns draußen an einer langen Schlange an, die auf den Ausdruck ihrer Urkunden wartete.

Mit der Medaille um den Hals und der Urkunde in der Tasche begaben wir uns zum Parkplatz zu unserem Auto. Am frühen Nachmittag kamen wir wieder zu Hause an. Theo war so stolz auf seine Medaille, dass er sie wochenlang trug, gleichgültig ob in der Schule oder am Nachmittag draußen beim Spielen. Sogar nachts auf dem Schlafanzug trug Theo seine Medaille.

Nach diesem Erlebnis versuchte ich, Theo für unsere Laufgruppe mit sechs Jungen und Mädchen seines Alters zu interessieren, welche ich einmal wöchentlich trainierte. Ich brauchte keine größere Überzeugungsarbeit hierfür zu leisten. Nun nahm Teo regelmäßig einmal wöchentlich am gemeinsamen Lauftraining teil und fuhr auch gemeinsam mit der Laufgruppe zu einigen Volkslaufveranstaltungen. So erlief er sich im Laufe der Jahre einige Medaillen. Doch keine hat er wochenlang Tag und Nacht getragen, wie seine erste Medaille. Vielmehr hängte er sie alle in seinem Zimmer auf.

Unsere Hoffnung, dass die vielen positiven Erlebnisse rund ums Laufen auch positive Auswirkungen auf seine sonstige Entwicklung und sein Verhalten haben würden, erfüllten sich nicht. Er war weiterhin sehr schwierig und von jedem, der es mit ihm zu tun hatte, nur zeitlich begrenzt auszuhalten. Zwar war es uns gelungen, ihn allmählich an die Schule heranzuführen; jedoch nur in eine Kleinstklasse für Erziehungshilfe der hiesigen Sonderschule mit acht Schülern. Auch in der Gruppe wollte kein anderer Junge das Zimmer mit ihm teilen. So blieb er in einem Einzelzimmer wohnen, welches trotz aller Bemühungen und Angebote der Erzieherinnen und Erzieher kalt, ungemütlich und unpersönlich blieb. Kein Bild hing an den Wänden, nur seine Medaillen. Nichts Persönliches lag offen rum. Alle seine persönlichen Sachen schloss er im Schrank ein. – Nur wenn es zum Laufen ging, ganz gleich ob zum Training in der Laufgruppe oder bei einer Laufveranstaltung, verhielt er sich völlig unauffällig.

So gingen drei Jahre ins Land. Dann hatte er seine Schulpflicht beendet. Er war nicht dazu zu bewegen, die Schule weiter zu besuchen, um wenigstens ein Abschlusszeugnis der Sonderschule zu erhalten. So blieb uns nichts anderes übrig, als ihm eine Arbeitsstelle als ungelernten Lagerarbeiter in einem örtlichen metallverarbeitenden Betrieb zu verschaffen. Einmal pro Woche musste er die Klasse für Ungelernte in der Berufsschule besuchen. Das tat er auch. Aber er war nur anwesend, ohne sich am Unterricht zu beteiligen.

Im Sommer 1996 wurde er achtzehn Jahre alt und damit volljährig. Wir, d.h. alle Erzieherinnen und Erzieher und die Jugendlichen aus seiner Gruppe, hatten sich auf diesen besonderen Geburtstag vorbeireitet. Wir wollten gemeinsam mit Theo in diesen besonderen Geburtstag hineinfeiern. Deshalb trafen wir uns am Abend im feierlich gestalteten Wohnzimmer der Gruppe und nahmen dort ein festliches Abendessen ein. Danach vertrieben wir uns bis Mitternacht die Zeit mit verschiedenen Gesellschaftsspielen.

Als die Uhr um Mitternacht schlug, gratulierten wir ihm alle zu seinem achtzehnten Geburtstag. Er nahm die Glückwünsche ungerührt entgegen und verkündete dann: „Jetzt bin ich volljährig und darf alle Entscheidungen allein treffen, ohne dass mir jemand hineinreden darf. Ich habe entschieden, dass ich augenblicklich das Heim verlassen werde.“ Während wir alle noch sprachlos dastanden, verließ er das Wohnzimmer, holte aus seinem Zimmer den bereits gepackten Koffer und begab sich mit einem „Tschüss“ nach draußen vor die Tür. Dort wartete bereits ein Taxi auf ihn. – Und weg war er.

In seinem Zimmer befand sich nichts mehr, das an ihn erinnerte, Der Schrank und das kleine Schränkchen vor seinem Bett waren leergeräumt. Seine Medaillen, die an der Wand hingen, waren abgenommen. Die Tapete hatte helle Stellen, so wie vor über fünf Jahren, als er mir die Medaillen heimlich entwendet hatte.

Am nächsten Tag versuchten wir herauszufinden, wohin er gefahren sei. Vom Taxiunternehmen erfuhren wir, dass er sich zum Bahnhof hatte fahren lassen. Am Fahrkartenschalter des Bahnhofs, den es damals noch gab, erfuhren wir, dass er dort eine Fahrkarte nach Hamburg gelöst habe. – Einige Tage später erfuhren wir von seinem Arbeitgeber, dass er schriftlich mit einem Einschreibebrief aus Hamburg ohne genaue Absenderangaben gekündigt habe. Gleiches erfuhren wir auch aus der Berufsschule.

Inzwischen müsste Theodor über 40 Jahre alt sein. Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört und wissen nicht, ob er überhaupt noch lebt, und wenn ja, wo er lebt, und wie er lebt. Wir können für uns nur in Anspruch nehmen, dass er vorher nie in seinem Leben so lange an einer Stelle gelebt hat, wie in unserer Einrichtung. Ob es uns aber gelungen ist, ihm ein paar positive Kindheitserlebnisse zu vermitteln und positive Erfahrungen mitzugeben, die seinen späteren Lebensweg beeinflusst haben, wissen wir nicht.

2. Vielseitig begabt

- aber auf keinem Gebiet ein Genie

veröffentlicht November 2019 als kostenloses eBook

ISBN: 978-3-7487-2217-5

An meinem zehnten Geburtstag, am 22. August 1948 sagte meine Mutter zu mir: „Du bist zwar vielseitig begabt, aber auf keinem Gebiet ein Genie. Und das ist gut so, denn Genies haben es im Leben schwerer als Begabte. So gab es beispielsweise einen Kunstmaler, der sich ein Ohr abgeschnitten hat, weil er mit seiner Umwelt nicht klargekommen ist. Vincent van Gogh hieß der. Oder einen Dichter und Musiker, der im Irrenhaus landete. Robert Schumann hieß der. Ich könnte noch viele Dichter, Schauspieler und Künstler aufzählen, die ihrem Leben selbst ein Ende bereitet haben, weil sie damit nicht zurechtgekommen sind. Du wirst es mit einer deiner Begabungen niemals so weit bringen können, dass du davon leben kannst. Du musst einmal einen normalen Beruf erlernen und eine Familie gründen. Viele Genies dagegen tapsten von einem Beziehungsproblem ins andere. Das soll dir im Leben erspart bleiben.“

Die Feststellung meiner Mutter, dass ich zwar vielfältig begabt sei, es aber auf keinem Gebiet zum Genie reichen würde, hat mich ein Leben lang bewegt. Ich wollte das nicht glauben und ihr beweisen, dass man auch als Genie mit dem Leben zurechtkommt. Deshalb habe ich auf vielen Gebieten versucht, zu beweisen, dass ich hierin mehr als nur Begabung besitze, dass ich ein Genie bin.

Kirche in Hartenstein im Erzgebirge

Es begann damit, dass ich bereits mit zehn Jahren im Kinderchor unserer Kirchengemeinde mitsang. Und weil ich eine helle Knabenstimme hatte, durfte ich bei den Hochzeitsgottesdiensten in der Kirche das Liebeslied von Paul Fleming „Ein getreues Herze wissen, ist des höchsten Schatzes Preis“ mit Orgelbegleitung zur Erbauung der Hochzeitsgesellschaft singen. – Von da an habe ich bis zum heutigen Tage immer in Chören mitgesungen. Doch es hat nie dazu gereicht, dass man mich meiner Stimme wegen entdeckt hätte, so wie den Sohn des Pastors im Nachbardorf, der ein berühmter Opernsänger geworden ist. Ich dagegen bin Zeit meines Lebens nur ein begabter Chorsänger geblieben.

Auch beim Musizieren mit einem Musikinstrument erging es mir so. Den ersten Musikunterricht mit Notenlernen und auf der Blockflöte erhielt ich mit sieben Jahren. (Hierüber habe ich 2016 in der Kurzgeschichte „Immer wenn ich musiziere, muss ich an Kurt denken“ ausführlich geschrieben.) Mehrere Jahre habe ich mit meiner Blockflöte im Schülerorchester unseres Musiklehrers mitgespielt, das Spielen im Orchester erlernt und so manchen Auftritt des Orchesters in den umliegenden Dörfern miterlebt.

Jahrzehnte später brachte ich mir selbst das Spielen auf der Altflöte, auf der Tenorflöte und auf der Bassflöte bei. Mit der Tenorflöte habe ich sogar mehrere Jahre in einem Flöten-Ensemble mitgespielt. Doch ich bin nie ein Flöten-Virtuose geworden.

Ähnlich erging es mir mit meiner Trompete. Bereits als Zehnjähriger erlernte ich das Trompetenspiel und wurde Mitglied im Posaunenchor der Kirchengemeinde Hartenstein im Erzgebirge. Dieser Posaunenchor, und ich mit ihm, haben an vielen Posaunenfesten des Kreises und in jedem Jahr an einem Landesposaunenfest teilgenommen. 1952 fand diese Landesposaunenfest in Dresden statt. Im Verlaufe dieses Festes wurden bei einer Veranstaltung auf einem Platz die beiden jüngsten Mitglieder eines Posaunenchores der Öffentlichkeit vorgestellt. Der eine Knabe war, wenn ich mich richtig erinnere, Ludwig Güttler. Ein wahres Genie. Aus ihm wurde ein weltberühmter Musiker auf Blechblasinstrumenten, der sich heute kaum noch an diese Episode erinnern wird. Der andere Knabe war ich mit gerade mal dreizehn Jahren.

Dem Trompetenspiel bin ich bis heute treu geblieben. In den 1960er Jahren spielte ich in einem Posaunenchor mit, der für den Nordwestdeutschen Rundfunk in Köln, welcher Morgenchoräle für die im Rundfunk ausgesendeten Morgenandachten spielte.

Auf der Pilgertour 2005 nach Wittenberg.

Der Erste von links bin ich

Dem Trompete-Spielen bin ich bis heute treu geblieben. Selbst bei einigen mehrtägigen Pilgerwanderungen habe ich die Pilgerinnen und Pilger morgens mit morgendlicher Trompetenmusik geweckt. Und als ich, bereits im Rentenalter, beim gemeinsamen Aufräumen des Kirchenbodens mit unserem Pastor ein altes Tenorhorn fand, habe ich mir auch noch das Blasen auf dem Tenorhorn selbst beigebracht. So blase ich, je nachdem, was benötigt wird, Trompete oder Tenorhorn allein, oder gemeinsam mit anderen in unterschiedlicher Besetzung bei Kranzniederlegungen an Ehrenmälern an Volkstrauertagen, bei Waldgottesdiensten, Advents- und Weihnachtsgottesdiensten und manchmal auch bei Beerdigungen. Zu alledem reicht meine Begabung aus. Doch schon früh musste ich einsehen, dass ich auch auf diesem Gebiet kein Genie bin, sondern nur nach Noten das blasen kann, was ich vorher ausführlich geübt habe.

Mit der Schauspielerei erging es mir nicht anders. Schon als Siebenjähriger spielte ich beim Krippenspiel im Weihnachtsgottesdienst als Hirtenknabe mit – und seitdem bis zu meinem neunzehnten Lebensjahr an jedem Weihnachtsfest. Mein erstes großes Theaterstück, an welchem ich in unserer Schule als Zehnjähriger als Mitglied der Theater-AG unserer Schule mitspielte, war der tschechische Märchenklassiker „Die zwölf Monate“, den wir mehrmals im Ort und auch in den umliegenden Dörfern aufführen mussten. Ich spielte den Wolf.

Der Wolf bei den „Zwölf Monaten“ bin ich

Später beteiligte ich mich aktiv in der Laienspielgruppe unserer Jungen Gemeinde. Wir führten pro Jahr ein oder zwei „Verkündigungsspiele“ in unserer Kirche auf. Das war eine Art, die christliche Botschaft nicht nur über pastorale Predigten, sondern spielerisch zu verkündigen. Ich nahm sogar 1955 an einem einwöchigen Fortbildungslehrgang für Laienspieler in Verkündigungsspielen auf der Insel Rügen teil.

So fortgebildet, nahm ich zweimal als Darsteller an dem Freiluftschauspiel „Das Lied vom Prinzenraub“ teil, welches in den fünfziger Jahren in meinem Heimatort Hartenstein im Erzgebirge Publikumsmagnet war. Beide Male hatte ich den Kanzler des Fürsten vom Schloss Altenburg zu spielen, dessen beide Söhne entführt worden waren, „Kanzler Haukwitz“.

Links: ich als Kanzler Haukwitz

Als ich als Neunzehnjähriger über die Grenze nach Westdeutschland fliehen musste, wollte ich dort aus meiner schauspielerischen Begabung etwas mehr machen. So interessierte mich sehr der Aufruf irgendeiner Filmgesellschaft in Bochum, sich an einem Vorspieltermin zu beteiligen, wenn man an einer Laufbahn als Schauspieler interessiert sei. Heute sagt man dazu „Casting“. An besagtem Tag begab ich mich in die angegebene Gaststätte. Dort warteten etwa zwanzig junge Frauen und Männer darauf, einer Kommission in einem Nebenraum ihr schauspielerisches Talent vorzuführen. – Schließlich wurde ich als fünfter oder sechster Bewerber in den Nebenraum gebeten. Dort saß an einem langen Tisch eine fünfköpfige Kommission. Man bat mich, spontan vorzuspielen, was mir bei dem Satz einfällt: „Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende“. Offenbar war die Kommission mit meinem gespielten Nervenzusammenbruch nicht zufrieden, denn ich erhielt noch in der Gaststätte eine Absage. – Diese Absage war so überzeugend, dass ich seitdem nie mehr in meinem Leben versucht habe, mein schauspielerisches Können auch nur in der Rolle eines Laienspielers darzustellen.

Wenn es schon nicht mit der Schauspielerei klappt, dann will ich es auf dem sportlichen Sektor probieren. Deshalb fuhr ich mit meinem Motorrad auf den Nürburgring und drehte dort meine Runden so schnell ich konnte. Vielleicht mache ich damit einen „Rennstall“ auf mein Können aufmerksam. Um das zu erreichen, steigerte ich meine Geschwindigkeit Runde um Runde. Das führte nicht dazu, dass mich jemand entdeckt hat, sondern dass ich in der Kurve „Am Brünnchen“ aus der Fahrbahn flog und nach einer Operation sechs Wochen im Krankenhaus in Adenau in der Eifel zubringen musste. Damit war auch dieser Traum für mich beendet.

Die Kurve „Brünnchen“ auf dem Nürburgring

Nach meinem sechswöchigen Krankenhausaufenthalt war ich noch weitere sechs Wochen arbeitsunfähig. In dieser Zeit wendete ich mich wieder verstärkt der Malerei und anderen bildenden Techniken zu, welche ich schon vorher sporadisch betrieben hatte. Ich wollte feststellen, ob ich es mit meiner Malerei zu mehr, als nur zum Hobbymaler bringen kann. Ich begann, mit Bleistift Zeichnungen anzufertigen.

Dabei versuchte ich auch, mich mit dem Bleistift dem Stillleben zuzuwenden.

Und ich versuchte, ob ich bei Federzeichnungen meinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickeln kann.

Ich probierte es auch mit Porträts und Selbstporträts.

Und ich versuchte, mit einer Plattfeder meinen eigenen Stil zu finden.

Schließlich probierte ich es mit farbigen Zeichnungen. Dabei wählte ich vor allem Motive aus meinem Erleben als Bergmann unter Tage.

Später probierte ich es noch mit abstrakten Zeichnungen, welche von allen vier Seiten betrachtet, eine andere Bedeutung hatten:

Doch nichts führte dazu, Besonderes zu schaffen, mit dem ich die Öffentlichkeit auf mich aufmerksam machen könnte. Auch meine Linoldrucke, welche ich anhand von vor Ort angefertigten Bleistiftzeichnungen zu Hause anfertigte, brachten keinen Erfolg. Weder die mit grobem Werkzeug angefertigten, wie …

Schloss Burg an der Ruhr bei Bochum

… noch die mit etwas feinerem Werkzeug Angefertigten.

Die Zeche „Königsgrube“ in Bochum

Auch meine Drahtbiegearbeiten brachten mir keine öffentliche Beachtung ein, und wurden von mir nur im Bekanntenkreis verschenkt.

Eine Drahtbiegearbeit verschenkte ich an eine damals von mir angehimmelte junge Frau. Wir hatten uns auf einer Ski-Hütte eines Skiclubs im Hochsauerland kennengelernt.

Ergebnis war, dass ihr Vater, dem meine Drahtbiegearbeit gefiel, mich einlud, im Garten seines Wochenendhauses eine Mauer mit einer Drahtbiegearbeit zu verzieren. Es stellte sich heraus, dass er technischer Direktor der Abteilung Stahlguss in einem Essener Stahlwerk war. Er bewohnte mit seiner Familie eine Villa am Essener Baldeneysee und besaß ein Wochenendhaus in Bad Honnef am Rhein. – Seine Tochter hatte mir verschwiegen, aus welchem Hause sie kam. Wir verabredeten uns für eine Woche in Bad Honnef. Dem Vater schwebte eine Darstellung der Gestirne im Weltall auf elliptischen Bahnen vor. Ich fertigte eine Zeichnung darüber an, wie ich mir das vorstelle, fand damit sein Einverständnis und begab mich an die Arbeit.

Vormittags arbeitete ich an der Drahtbiegearbeit, nachmittags wanderten wir durch das Siebengebirge und abends wurde im Garten gegrillt. Grillen war zu der Zeit keineswegs üblich und für mich daher völlig neu.

Im Garten in Bad Honnef (links bin ich)

Am letzten Abend sagte er mir, dass ich unbedingt Kunst studieren müsse. Er hätte so viele Kontakte zur Ruhr-Universität, dass es ihm ein Leichtes wäre, mir auch ohne Abitur einen Studienplatz zu verschaffen. Und wenn ich später nicht in der Lage sei, seiner Tochter mit meiner Kunst den gewohnten Lebensstandard zu bieten, sei er schließlich auch noch da. Ich solle mir sein Angebot durch den Kopf gehen lassen und ihm spätestens am nächsten Morgen vor meiner Abreise meine Entscheidung mitteilen.

Beim Nachdenken über sein Angebot fand ich drei Gründe, dieses abzulehnen: Erstens wollte ich mich weder von ihm noch von einem anderen Menschen abhängig machen. Zum zweiten hatte ich bereits mehr als ein Jahr der Ausbildung zum Diakon und Sozialpädagogen im Rauhen Haus in Hamburg hinter mir und war davon überzeugt, dass das der richtige berufliche Weg sei. Drittens besann ich mich darauf, dass mir meine Mutter prophezeit hatte, dass ich niemals eine meiner Begabungen so weit entwickeln könne, dass ich damit meinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

Am nächsten Morgen vor meiner Abreise teilte ich das dem Vater mit. Und damit endete auch die Freundschaft zu seiner Tochter. Zugleich hatte diese Begebenheit dazu geführt, dass ich in all den darauffolgenden Jahren weder zeichnete noch Linoldrucke oder Drahtbiegearbeiten anfertigte.

Doch eines hatte ich als Erkenntnis mitgenommen: Meine Suche nach irgendetwas Genialem bei mir hatte ihr Ende gefunden. Von nun an wollte ich nur noch darum streben, etwas Ausgefallenes allein deshalb zu tun, weil es mir Spaß macht. So fand ich im Laufe meines Lebens Spaß daran, weite Wegstrecken zu bewältigen. So absolvierte ich von Oktober 1978 bis Juni 2006 insgesamt 38 Einhundert-Kilometer-Läufe, teilweise als Wanderer, teilweise als Läufer. Meine schnellste Zeit erreichte ich 1987 in Biel in der Schweiz mit 11 Stunden und 11 Minuten. Und um mich für die Einhundert-Kilometer-Distanz fit zu halten, absolvierte ich von 1985 bis 2011 dazu noch 78 Marathon-Läufe und 29 Ultra-Langläufe wie beispielsweise den 72 Kilometer langen Rennsteiglauf im Thüringer Wald. – Besondere Erlebnisse waren für mich 1987 der Lauf in 20 Tagesetappen über insgesamt 1.000 Kilometer von Timmendorf an der Ostsee bis nach Mittenwald in den Alpen und der ebenfalls 1.000 Kilometer lange Etappenlauf 2005 von Klein Wesenberg in Schleswig-Holstein über Worms nach Wittenberg. Doch nun, mit über 80 Lebensjahren, genieße ich als Nordic Walker die Atmosphäre von solchen Veranstaltungen auf Distanzen von höchstens zehn Kilometern. Dabei habe ich nie danach gestrebt, traumhafte Zeiten zu erreichen und als Laufgenie zu gelten, sondern es ging und geht mir nur darum, dabei zu sein und Freude an der Bewegung zu haben.

Mein erster Marathonlauf 1985 in Bremen

(ich trage die Startnummer 2298)

Große Freude – und vielleicht auch ein Bisschen Begabung – habe ich an handwerklichen Arbeiten. In den Jahren 1974, 1980 und 1990 baute ich je einen gebrauchten VW-Bus zum wintertauglichen Campingbus aus. Im Juli 1996 kauften Ursula und ich uns den Rohbau einer Doppelhaushälfte. Um diesen Rohbau bewohnbar zu machen, habe ich alle notwendigen Arbeiten in vielen Arbeitsstunden bis auf die Heizungsanlage, die Verlegung der Wasserleitungen und die Treppe über zwei Geschosse selbst erledigt. Dazu gehören das Fliesenlegen in Küche, Flur, Bad und Gäste-WC, Einbau von Waschbecken, WC-Becken, Dusch- und Badewanne nebst der erforderlichen Mischbatterien, Einbau einer Küche, Ausbau des Dachbodens, Einbau von Velux-Fenstern im Dach, Einbau aller Türen, Elektroarbeiten und draußen Carport, Terrasse, Kleinpflaster und ein wintertauglich isoliertes Gartenhäuschen als Werkstatt. Nach einem Vierteljahr, im September 1996 konnten wir einziehen.

Noch etwas bewegt mich schon seit meiner frühen Jugendzeit: das Schreiben von Geschichten und von Gedichten. Dabei sind meine ersten Geschichten und Gedichte, welche ich schon als Kind aufgeschrieben habe, irgendwie verloren gegangen. Meine erste, noch erhaltene Geschichte habe ich als 21jähriger im August / September 1959 als „Ostzonenflüchtling“ in Bochum geschrieben. Sie trägt den Titel „Im Banne des Silbers“ und erzählt aus dem erzgebirgischen Silberbergbaus des Mittelalters. Doch erst über ein halbes Jahrhundert später, 2013 habe ich sie als kleines Büchlein und im Juli 2016 als E-Book bei BookRix, München veröffentlicht, nachdem mein Buch „Expeditionen an die Grenzen des Ichs“ 2001 als 1. Auflage, 2005 als 2. Auflage und 2013 als 3. Auflage erschienen war. 2015 veröffentlichte ich diese Geschichte schließlich auch als E-Book. 2012 veröffent-lichte ich das Buch „Der Stiefelmacher“, welches 2015 unter dem Titel „Das ungewöhnliche Leben eines Stiefelmachers“ auch als E-Book veröffentlicht wurde. 2014 folgte das Buch „Ein Schieferdecker auf der Flucht“ als Buch und E-Book.

an meinem Schreibtisch