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In meinem bisherigen Leben hatte ich viele Erlebnisse, über welche ich berichten wollte. Dabei liegt es mir nicht so sehr, diese Erlebnisse so auszuschmücken und ausführlich zu beschreiben, dass aus ihnen ein Roman wird. Ich bevorzuge es, daraus jeweils eine Kurzgeschichte zu machen und als eBook zu veröffentlichen.. Um alle Kurzgeschichten aber auch denen zugänglich zu machen, die keine eBooks dort lesen, sondern lieber ein Buch in der Hand halten, habe ich mich im April 2021 dazu entschlossen, 25 Kurzgeschichten in einem ersten Sammelband, im Juni 2021 weitere 25 Kurzgeschichten in einem zweiten Sammelband, im Februar 2024 weitere 25 Kurzgeschichten in einem dritten Sammelband und nun 25 weitere Kurzgeschichten und Beiträge in einem vierten Sammelband zu veröffentlichen.
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Seitenzahl: 152
Veröffentlichungsjahr: 2025
Klaus-Rainer Martin
Schlaglichter
aus dem Leben
(Band 4)
25 Kurzgeschichten
und Beiträge
von Dezember 2023
bis April 2025
Impressum
veröffentlicht im April 2025
Text: © Copyright by Klaus-Rainer Martin
Umschlaggestaltung: © Copyright by Klaus-Rainer Martin
Verlag:
Klaus-Rainer Martin
Barkhorst 3
23860 Klein Wesenberg
www.epubli.com/autoren/klaus-rainer-martin
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Inhaltsangabe
Vorbemerkungen
1. Erzgebirgische Vorweihnacht und Weihnacht in Schleswig-Holstein
2. Unser Urlaub 1986 im slowakischen Paradies
3. Mein Vater war ein Nazi
4. Das ungewöhnliche Testament meines
Großonkels
5. Ein Diebstahl – und seine positiven Folgen
6. Meine persönliche Schuldenbremse
7. Lügen, um, einen anderen Menschen
nicht zu blamieren
8- Auf dem Wochenendgrundstück von
Helmut Schmidt am Brahmsee
9. Meine „Berufswahl“
10. Streiche
11. ausgewiesen
Eine ungewöhnliche Reise 1976 ans Nordkap
12. Was sind das für Menschen?
13. Unterschiedliche Sichtweisen auf Sexualität
14. Buckibuck
15. Fordern die Rechten bald einen
Ariernachweis?
16. Verhinderte Abwasserprüfung
17. Die Abschiebeproblematik
18. Was nun?
19. Pazifismus um jeden Preis?
20. Kriegstüchtig?!
21. Als die beiden Schuhfabriken
„volkseigen“ wurden
22. Ohrwurm
23. Schloss Wolfsbrunn
24. Woher kommt der Name „Dollar“?
25. Das Zusammenleben von Tschechen und
Deutschen im Erzgebirge
Die Kurzgeschichten der Bände 1, 2 und 3
Über den Autor
Weitere Veröffentlichungen des Autors
Vorbemerkungen
In meinem bisherigen Leben hatte ich viele Erlebnisse, über welche ich berichten wollte. Dabei liegt es mir nicht so sehr, diese Erlebnisse so auszuschmücken und ausführlich zu beschreiben, dass aus ihnen ein Roman wird. Ich bevorzuge es, daraus jeweils eine Kurzgeschichte zu machen.
So sind in der Zeit von November 2015 bis Mai 2025 über 100 Kurzgeschichten und Beiträge entstanden, welche ich als eBook geschrieben oder in Zeitschriften veröffentlicht habe. Doch davon wurden von den Online-Buchshops nur 29 gelistet und erhielten eine ISBN, denn 71 Kurzgeschichten oder Beiträge hatten weniger als 2.000 Worte. Doch die Buchshops listen solche Kurzgeschichten nicht. Und Amazon hat alle 100 Kurzgeschichten und Beiträge nicht ins Programm aufgenommen, da ich sie alle kostenlos ins Netz gestellt hatte. Amazon nimmt nur Produkte ins Programm auf, wo eine Gewinnbeteiligung möglich ist. So konnten nur die User des eBook-Verlages BookRix München oder Belletristica Wien auch diese Kurzgeschichten und Beiträge lesen, da ich sie dort veröffentlicht habe. Um alle Kurzgeschichten aber auch denen zugänglich zu machen, die keine eBooks dort lesen, sondern lieber ein Buch in der Hand halten, habe ich mich im April 2021 dazu entschlossen, 25 Kurzgeschichten in einem ersten Sammelband, im Juni 2021 weitere 25 Kurzgeschichten in einem zweiten Sammelband, im Februar 2024 weitere 25 Kurzgeschichten in einem dritten Sammelband und nun 25 weitere Kurzgeschichten und Beiträge in einem vierten Sammelband zu veröffentlichen.
Diese insgesamt 100 Kurzgeschichten sind sowohl in ihrem Inhalt als auch in ihrer Länge und im Schreibstil sehr unterschiedlich. Für die meisten von ihnen kam die Anregung dazu von Schreibwettbewerben der Gruppe „Biografisches“ des BookRix-Verlages München oder Belletristca Wien, andere wurden als Beiträge in Zeitschriften veröffentlicht oder entstammen meiner Fantasie oder meinem Erleben.
Klein Wesenberg, im April 2025
1. Erzgebirgische Vorweihnacht und Weihnacht in Schleswig-Holstein
veröffentlicht im Dezember 2023,
als kostenloses eBook nur über www.bookrix.de erhältlich
Vorbemerkungen
Meine Gedanken gehen seit über sechs Jahrzehnten stets in der Advents- und Weihnachtszeit zurück ins Erzgebirge, wo ich meine Kindheit und Jugendzeit verlebte, weil dort die Advents- und Weihnachtszeit sehr intensiv erlebt wird. Und ich denke daran, wie ich in späteren Jahren Weihnachten in anderen Regionen gefeiert habe. In diesem Beitrag will ich versuchen, einiges davon zu Papier zu bringen. Zugleich möchte ich die Leserin / den Leser dazu anregen, selbst etwas zu tun, um dem Weihnachtsfest eine ganz persönliche Note zu geben und in der Vorweihnachtszeit nicht nur einem Konsumrausch zu verfallen.
Dabei ist mir bewusst, dass nicht nur die Art, wie die Advents- und Weihnachtszeit im Erzgebirge gefeiert wird, bleibende Kindheitserinnerungen hinterlässt, sondern dass dies in anderen Regionen ebenso der Fall sein kann. So wird beispielsweise von dem Dichter und Schriftsteller Theodor Storm (1817 – 1888), der im schleswig-holsteinischen Husum an der Nordseeküste lebte, berichtet, dass er sehr darunter gelitten hat, als er 1853 seine schleswig-holsteinische Heimat verlassen musste, da er mit der Herrschaft der Dänen über Schleswig-Holstein nicht einverstanden war, und in Potsdam und später bis 1864 im thüringischen Heiligenstadt lebte. Dass er vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit sehr unter der Trennung von seiner Heimat gelitten hat. So entstand 1862 in Heiligenstatt das bekannte Gedicht vom „Knecht Ruprecht“
„Von drauß vom Walde komm‘ ich her,
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr.“
Nach dem Ende der dänischen Vorherrschaft 1864 kehrte er nach Husum zurück, wo er als Amtsrichter tätig war.
Die Weihnachtszeit im Erzgebirge in den 1950er Jahren
Wieder einmal musste ich in der Advents- und Weihnachtszeit zurückdenken an meine Kindertage vor über einem halben Jahrhundert, die ich im Erzgebirge verlebte. Das Erzgebirge gilt nicht nur wegen der Christstollen aus Dresden und anderen Orten, der vielen Kerzen auf den „Schwippbögen“ und den geschnitzten Räuchermännchen und Nussknackern wegen als das Weihnachtsland schlechthin, sondern auch wegen der vielen von Gegend zu Gegend unterschiedlichen Weihnachtsbräuche.
So war es beispielsweise in meiner Kindheit in meinem Heimatort Hartenstein Brauch, in der Advents- und Weihnachtszeit und über Silvester und Neujahr hinaus bis zum 6. Januar für jedes Mädchen im Haus einen Lichterengel mit zwei Kerzen und für jeden Jungen einen geschnitzten Bergmann mit zwei Kerzen ins Fenster zu stellen. Ein weiterer Brauch war es, an den vier Sonnabenden vor einem Adventssonntag abends mit Chor, Posaunenchor und einem Adventsstern von Haus zu Haus zu ziehen. Man nannte das nicht wie in den Alpenländern Sternsingen, sondern „Kurrende-Singen“. (Das Wort Kurrende kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Lauf-Chor). Wir begannen damit stets auf dem Marktplatz vor dem Denkmal des in unserem Ort geborenen Dichters Paul Fleming. – Obwohl die Gedichte Paul Flemings zumeist christlichen Inhalt haben, durfte sein Denkmal auch in der Zeit des Kommunismus auf dem Marktplatz stehen bleiben, denn er hatte unmittelbar nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges als Arzt eine Hamburger Delegation begleitet, welche in Russland wieder die während des Krieges abgebrochenen Handelsbeziehungen neu knüpfte. Damit galt er in der DDR als ein Vorbote der „deutsch-sowjetischen Freundschaft“. Die Stadtväter hatten auf sehr diplomatische Weise diese Konstruktion gewählt. Außerdem stammen aus seiner Feder Sätze wie
Denket, dass der Krieg zerstöret,
denket, dass der Frieden nähret.
Damit galt er zudem auch als ein mittelalterlicher Vorbote kommunistischen Denkens.
Außerdem aß man bei uns in der Advents- und Weihnachtszeit bis zum 6. Januar „Wildenfelser Pfefferkuchen“, ein Gebäck, das in unserem Nachbarort Wildenfels gebacken wurde und noch heute gebacken wird. – Dieser Lebkuchen wird nach einem besonderen mittelalterlichen Rezept gebacken. Sein Teig wird bereits im Sommer zubereitet und danach in einem Holzzuber bis zur Adventszeit im Erdreich vergraben. Erst dann werden daraus die Pfefferkuchen gebacken.
Doch nicht nur „Kurrende“ und „Wildenfelser Pfeffer-kuchen“ sind Erinnerungen der Advents- und Weihnachtszeit meiner Kindertage, sondern auch das Weihnachtsfest selbst. Die Bescherung findet nicht am Heiligabend statt, sondern nach dem Besuch der Christmette, die am 1. Weihnachtstag morgens um vier Uhr stattfindet. Das Besondere an dieser Christmette: Die Kirche wird nur durch die Laternen der Besucher erleuchtet. Und da ich ab meinem zehnten Lebensjahr Mitglied des zwanzigköpfigen Posaunenchors war, hatte ich in jedem Jahr ein besonderes Erlebnis. Der Posaunenchor spielte stets ab einer Stunde vor bis zum Beginn der Christmette hoch oben auf dem Kirchturm Weihnachtslieder. So konnten wir sehen, wie sich erst vereinzelt und ganz entfernt, dann immer dichter und immer mehr Lichtpunkte sternförmig auf die Kirche zubewegten. Und da es vor einem halben Jahrhundert dank des noch nicht zu beklagenden Klimawandels und der Erderwärmung in der Regel „weiße Weihnachten“ gab, war es besonders reizvoll, die Lichtpunkte auf dem Schnee zu beobachten, welche die Menschen mit ihren Laternen bildeten, wenn sie sich von fern und nah auf die Kirche zu bewegten. Dieses Bild hatten nur wir zwanzig Posaunenbläser hoch oben auf dem Kirchturm. Noch heute verbinde ich dieses Schauspiel mit der Heiligen Nacht und nehme es mit als Erinnerung in die Zeit nach Weihnachten.
Weihnachten in den 1960er Jahren in einem schles
wig-holsteinischen Kinderheim
Es hatte mich als Erzgebirgler in ein schleswig-holsteinisches Kinderheim verschlagen. Und als es auf die Weihnachtszeit zuging, trachtete ich danach, vieles von dem, was ich in meiner Kindheit im Erzgebirge erlebt habe, ins Schleswig-Holsteinische zu übertragen. So hängte ich im Treppenhaus des Heimes einen „Hartensteiner Adventsstern“ auf. Dieser unterscheidet sich vom allseits bekannten „Herrnhuter Adventsstern“ dadurch, dass er nicht aus viereckigen und dreieckigen Spitzen in unterschiedlicher Größe besteht, sondern aus zwölf fünfeckigen Spitzen von gleicher Größe. Und er ist nicht einfarbig, sondern reich verziert.
Auf das Fensterbrett meines Arbeitszimmers stellte ich den „Schneeberger Schwibbogen“, einen kunstvoll aus Holz gefertigten Lichterbogen. Auf Hochdeutsch würde man dazu „Schwebebogen“ sagen. Diesen hatte ich vor einigen Jahren zum ersten Weihnachtsfest „in der Fremde“ von meiner Schwägerin geschenkt bekommen. Sie stammt aus Schneeberg und vertritt die Meinung, dass in jede Weihnachtsstube ein Schwibbogen gehört.
Inzwischen werden Schwibbögen mit den verschiedensten Motiven angeboten, zumeist hergestellt in der Spielzeugstadt Seiffen im Erzgebirge. Doch der Schwibbogen mit zwei stehenden Bergleuten, einem Schnitzer und einer Frau, die vor ihrem Klöppelstock sitzt, ist der ursprüngliche „Schneeberger Schwibbogen“. Aber auch andere Orte, wie Johanngeorgenstadt oder Schwarzenberg beanspruchen, dass der erste Schwibbogen dort entstanden sei.
Doch in ein Kinderheim kann man nicht für jedes Mädchen einen Engel und für jeden Junge4n einen Bergmann mit Kerzen in jeder Hand ins Fenster stellen. Aber eine Adventsampel, wie sie mein Bruder Albrecht als Vierzehnjähriger für unsere heimische Weihnachtsstube gebastelt hatte, wollte ich nun auch basteln und bat ihn deshalb darum, Mir hierfür die Laubsägevorlagen zukommen zu lassen. Genaueres darüber soll im nächsten Kapitel erläutert werden. – Doch jetzt erst möchte ich davon berichten, wie wir mit den Kindern im Heim Weihnachten feierten.
Von den sechzig Kindern des Heimes fuhren ungefähr ein Drittel der Kinder nach Hause zu ihren Eltern, zu den Großeltern oder anderen Verwandten. So blieben etwa vierzig Kinder über Weihnachten im Heim. Die häufige Anfrage von Familien, über die Weihnachtstage ein Kind einzuladen, lehnten wir ab und schlugen ihnen vor, ein Kind ab Januar regelmäßig etwa alle vierzehn Tage übers Wochenende einzuladen. Dann hätte sich das Kind an die „Gasteltern“ gewöhnt und würde gerne auch die Weihnachtstage mit ihnen verleben. Doch auf diesen Vorschlag gingen nur wenige ein.
Am Heiligen Abend gingen die Erzieherinnen und Erzieher mit den Kindern ihrer Gruppe zum nachmittäglichen Weihnachtsgottesdienst. Anschließend versammelten sich alle nicht etwa zu einem festlichen Menü in ihren Gruppen oder im Festsaal des Kinderheimes, sondern in der zentralen Küche. Dort suchte sich jedes Kind und jeder Erwachsene einen Platz zwischen Kippbratpfanne, Kochkessel, Gashocker oder Spülmaschine. Und es gab für alle Kartoffelsalat und Würstchen. Dabei war es üblich, dass alle soviel Würstchen essen durften, wie sie wollten. Vor allem die größeren Jungen machten daraus einen sportlichen Wettbewerb und ermittelten unter sich den, der am meisten Würstchen vertilgte. An diesem zwanglosen Essen nahmen nicht nur die Kinder des Heimes, sondern auch viele Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern teil, die an diesem Tag Dienst hatten.
Nach diesem so gar nicht festlichen gemeinsamen Weihnachtsessen begaben sich alle zur Bescherung in ihre Gruppen im Heim oder in die Familien. – Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewohnten eine Dienstwohnung im Heim. – Viele Wünsche der Kinder des Heimes konnten wir dadurch erfüllen, dass wir über die Zuwendungen der Jugendämter für jedes „ihrer“ Kinder zum Weihnachtsfest hinaus noch Geldmittel durch eine Spendenaktion eingeworben hatten. Diese führten wir in jedem Jahr in der Vorweihnachtszeit bei den Handwerksfirmen und Lieferanten durch, welche wir im zu Ende gehenden Jahr in Anspruch genommen hatten.
Nach der Bescherung in den Gruppen und Familien begaben sich die meisten Kinder auf Erkundungstour in andere Gruppen und in die Familien, um zu sehen, was es dort für Weihnachtsgeschenke gegeben hat.
So wurde über viele Jahre im Kinderheim das Weihnachtsfest begangen und hatte sich zu einer Tradition entwickelt.
Adventliche Bräuche
Es gibt eine Vielzahl adventlicher Bräuche, nicht nur im Erzgebirge, sondern auch in anderen deutschen Regionen und in anderen Ländern. So wurde beispielsweise von Johann Hinrich Wichern etwa um 1833 im Rauhen Haus in Hamburg, einem Heim für bedürftige Kinder, der Adventskranz eingeführt; damals mit vier mal sechs roten Kerzen für jeden Wochentag bis Weihnachten im Dezember und vier weißen Kerzen für jeden Adventssonntag. – Heute finden wir überall in Deutschland den Adventskranz vor, zumeist mit vier roten Kerzen, für jeden Adventssonntag eine.
Ebenso finden wir den bereits erwähnten Schwibbogen nicht nur mit den bergmännischen Motiven aus dem erzgebirgischen Schneeberg, sondern mit unzähligen christlichen oder säkularen Motiven überall im Land vor.
Auch der Nussknacker und der Räuchermann haben landauf, landab ihren Einzug gehalten.
Dagegen sind die „Weihnachtsberge“ mit hand-geschnitzten Krippenfiguren seltener anzutreffen.
Ebenso die Weihnachtpyramiden. Im Erzgebirge werden sie in manchen Gegenden als „Laaflächter“ (Laufleuchter) bezeichnet.
Mein Bruder Albrecht, den es aus beruflichen Gründen ins damalige Ost-Berlin verschlagen hatte, hat, wie viele Erzgebirger, in vielen Stunden selbst in mühevoller Handarbeit eine dreigeschossige Weihnachtspyramide gebaut.
In den 1950er Jahren war im Erzgebirge der Adventskranz seltener anzutreffen. Dagegen wurden in vielen Häusern „Adventsampeln“ aufgehängt. Es handelt sich um viereckige Laternen mit weihnachtlichen Motiven auf allen vier Seiten. Diese werden abends mit einer Kerze im Inneren beuchtet. – Heute wird die Kerze zumeist durch eine Glühlampe ersetzt. Meinem Bruder Albrecht gefielen die vielerorts anzutreffenden Adventsampeln nicht, da zumeist die Figuren transparent und mit buntem Seidenpapier beklebt waren. Deshalb wollte er mit seiner Laubsäge vier Bilder aussägen, wo Figuren und Umgebung besser zur Geltung kommen. Im Posaunenchor, wo er Zugposaune spielte, fand er einen künstlerisch begabten Waldhornbläser, der bereit war, ihm entsprechende Vorlagen für das Bearbeiten mit der Laubsäge zu entwerfen. Dieser Mann, Hans Polster, war wie so viele Menschen kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges, nicht seiner Begabung entsprechend tätig, sondern pinselte, um seine Familie zu ernähren, in einer Spielzeugmanufaktur angefertigte Holzspielsachen bunt an. Er war dankbar, einmal etwas seiner Begabung Entsprechendes zu entwerfen. Die Adventsampel, die mein Bruder Albrecht 1949 mit gerade mal vierzehn Jahren mit seiner Laubsäge aussägte und kunstvoll zusammenbaute, war so beeindruckend, dass ich ihn zwei Jahrzehnte später bat, mir die Zeichnungen zu überlassen, damit ich mit meiner Laubsäge, die ich mir, inzwischen in Schleswig-Holstein lebend, angeschafft habe, auch eine erzgebirgische Adventsampel aussägen und zusammenbauen konnte. Seitdem, seit nunmehr über einem halben Jahrhundert, leuchtet nun die Adventsampel in jedem Jahr zur Adventszeit, zunächst in meinem Arbeitszimmer im Kinderheim und seit 1996 zu Hause in meinem Arbeitszimmer. Die Kerze, welche anfangs die Adventsampel erleuchtete, wurde inzwischen durch eine elektrische Glühbirne ersetzt. Und die Originalzeichnungen, die mir damals mein Bruder Albrecht zur Verfügung stellte, befinden sich nun im Besitz seines Enkelsohnes in Berlin.
2. Unser Urlaub 1986 im slowakischen Paradies (Slovensky Rai)
veröffentlicht im Januar 2024,
als kostenloses eBook nur über www.bookrix.de erhältlich
m Sommer 1986 begaben wir uns zu dritt (Ursula, unsere zehnjährige Tochter Ulrike und ich) ins Slowakische Paradies in der damaligen Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (CSSR), nachdem wir bereits im Sommer 1972 unseren Urlaub in der Hohen Tatra verlebt hatten. Unsere beiden älteren Töchter waren auf Ferienfahrt mit einer evangelischen Jugendgruppe. Wir mussten im Unterschied zu Bürgern der DDR als Westdeutsche für die Einreise in die CSSR ein Visum beantragen. Für Bürger der DDR war das damals das einzige Land, in welches sie ohne Visum einreisen durften. Die visumfreie Einreise nach Polen ab 1972 war nach Gründung der polnischen Gewerkschaft „Solidarnosch“ im Jahr 1980 wieder zurückgenommen worden.
Wir wollten mit meinem Bruder Ekkehard und seiner Familie aus der DDR einen gemeinsamen Campingurlaub im Ausland verbringen. Hierfür hatten wir uns das Slowakische Paradies (Slovensky Rai) in der Niederen Tatra ausgesucht. Das Slowakische Paradies wurde 1988, zwei Jahre nach unserem Besuch, zum Nationalpark erklärt. Es ist ein Gebirgszug im Zentrum der Slowakei am Rande der Karpaten, zwischen 800 und 1.100 Meter hoch gelegen. Dieser Gebirgszug ähnelt mit seinen steilen Wänden und einer flachen Hochebene einem riesigen Baumstumpf. Slovensky Rai ist geprägt durch zahlreiche Schluchten und Wasserfälle. In den Schluchten wurden spektakuläre Wanderwege (u.a. mit freistehenden Leitern und Drahtseilen gesichert) ange-legt. Auch zahlreiche Höhlen sind hier zu finden.
Mein Bruder Ekkehard hat während seines dreijährigen Theologiestudiums in Ostberlin einen tschechischen Theologiestudenten als Zimmerkollegen gehabt und beherrscht daher recht gut die tschechische Sprache. So kamen wir gut zurecht, obwohl man in dieser Gegend slowakisch spricht, eine eigenständige Sprache, welche mit dem Tschechischen verwandt ist. Seit 1. Januar 1993 ist die Slowakei mit ihren 5,5 Millionen Einwohnern ein souveräner Staat, der im März 2004 Mitglied der NATO und im Mai 2004 Mitglied der EU wurde. Seit dem 1. Januar 2009 gilt der Euro als Landeswährung.
Der Campingplatz liegt am Fuß des Gebirgszugs Slovensky Rai am Rande des kleinen Städtchens Podlesok. Im ADAC-Campingführer wurde und wird noch heute dieser Platz als landschaftlich sehr schön gelegen mit Blick auf den höchsten Berg der Hohe Tatra, die Gerlsdorfer Spitze (Gerlachovský štít oder umgangs-sprachlich Gerlachovka) mit 2655 Metern, jedoch mit sehr einfachen Sanitäranlagen beschrieben. Es gab keine Duschen, und waschen musste man sich überdacht im Freien. Aber damals war es noch erlaubt, vor seinem Zelt ein kleines Lagerfeuer zu entzünden. Und der Platzwart wies uns als gemeinsamer Gruppe aus Ost- und Westdeutschen ein entlegenes Plätzchen zu, wo wir uns ungestört austauschen konnten.
Schon am Morgen nach unserer Ankunft begaben wir uns auf Wanderschaft. Auf einem Klettersteig mit Leitern durch die Kysel-Schlucht begaben wir uns hinauf auf die Hochebene nach Klastorisko, einem ehemaligen Kloster, welches heute Touristenzentrum mit Restaurant ist. Dort kreuzen sich viele Wanderwege der Gegend. Und das Restaurant bot wie überall in der ehemaligen CSSR im Unterschied zur DDR ein reichhaltiges Angebot an Speisen und Getränken.
Wir erreichten Klastorisko genau richtig zum Mittagessen. Nachdem wir die Hochebene ein wenig erkundet hatten, begaben wir uns auf der einzigen Fahrstraße mit vielen Serpentinen wieder hinab zu unserem Campingplatz, den wir am Abend erreichten.
Um insbesondere unserer zehnjährigen Tochter Ulrike die Zeit auf der langen Wanderung etwas kurzweiliger zu gestalten, sangen wir viele lustige Lieder wie z.B.:
Ein Storch spazierte einst am Teiche,
da sah er eine blinde Schleiche.
Da sprach der Storch: „das ist ja wunderbar!“
und fraß sie auf mit Haut und Haar.
Die Schleiche lag in seinem Magen,
das konnten beide nicht ertragen.
Da sprach die blinde Schleich
„ O welch ein Graus!“
und ging zur Hintertür hinaus.
Der Storch sah solches mit Verdrusse,
dass ihm sowas passieren musste.
Drum fraß er ohne allzu lange Wahl
den Schleichenwurm zum zweiten Mal
Drauf stemmt er lächelnd mit Verstande
die Hintertüre an die Wande
und sprach nach innen zu dem blinden Schleich:
„Na, bitte, wenn du kannst, entweich.
Da tät mit List die schlaue Schleichen
zur Vordertür hinaus entweichen;
