Schön langsam abgeben - Ingeborg Mistlberger - E-Book

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Ingeborg Mistlberger

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Beschreibung

Der Mord an einem Salzburger Unfallchirurgen während eines Pub-Quiz-Turniers in der Linzer Innenstadt beschäftigt nur allzu rasch Major Joschi Bernauer, den Leiter der Salzburger Mordkommission. Von seinem Linzer Kollegen um Amtshilfe gebeten, beginnt er im Umfeld des Toten in Salzburg zu ermitteln. Bei seinen Recherchen stößt er zunächst auf eine Mauer des Schweigens. So gut wie alle Freunde und Bekannten des Mordopfers halten sich verdächtig bedeckt. Bernauers Geduld wird auf eine harte Probe gestellt.

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Seitenzahl: 270

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Autorin:

Ingeborg Mistlberger ist Verfassungsjuristin und begeisterte Bridgespielerin. 2016 hat sie ihren ersten Kriminalroman veröffentlicht und im selben Jahr auf der Leipziger Buchmesse erfolgreich präsentiert. Ihr Erstlingswerk Mörderischer Kontrakt war Auftakt der mittlerweile auf neun Bände angewachsenen Krimireihe Die Fälle des Major Joschi Bernauer. Besonderen Wert legt die Autorin darauf, alle Vorgänge absolut authentisch abzuhandeln, wobei sie vorzüglich Schicksale aus ihrem reichen Erfahrungsschatz beschreibt, sodass sich die Spannung der Handlung immer aus dem echten Leben ergibt.

Alle in diesem Buch vorkommenden Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufällig bzw. in einigen Fällen erwünscht.

Personen der Handlung

Major Dr. Joschi Bernauer, Leiter der Mordkommission Salzburg

Hofrat Dr. Sassmann, Polizeidirektor Salzburg

Dr. Iris Adler, Primaria der Herzchirurgie im LKH Salzburg

Dr. Markovsky, Leiter der Mordkommission Linz

Dr. Walter Hoffmann, Primar der Unfallchirurgie im UKH Salzburg

Theresia Hoffmann, Mutter des Unfallchirurgen, Salzburg

Dr. Helmut Bäumler, Chirurg, Besitzer einer

Privatklinik in Salzburg

Robert Allacher, Quizmaster Pub Quiz Salzburg

Pablo Perez, Besitzer einer Tanzschule in Salzburg

Dr. Arnold Ternitz, Bankdirektor, Salzburg

Mag. Kandinsky, Besitzer einer Gärtnerei in Salzburg

Toni Gartner, Besitzer einer Boutique in Salzburg

Aldo Seger, Besitzer derselben Boutique

Josef Bogner, Buchmacher, Salzburg

Mag. Thomas Steinkellner, Quizmaster, Pub Quiz Linz

Michael „Michi“ Pallinger, Steinkellners Assistent beim Pub Quiz

Johanna Mausz, Steinkellners Assistentin beim Pub Quiz

Dr. Helmut Kreid, Teamkapitän Pub Quiz Linz, Jurist

Helmut Landl, Spediteur in Linz

Dr. Gruber, Anwalt und Notar, Linz

Mag. Giorgio di Angelo, Präsident des Bridgeverbandes Südtirol

Mag. Cristiano di Angelo, Gastprofessor an der

Universität Buenos Aires

Hermann Perez, Sohn von Pablo Perez, Buenos Aires

Manuel Perez, Vater von Pablo Perez, Buenos Aires

Die Kugel lief gegen die Drehrichtung. Dem rasch an den Tisch getretenen Mann gelang es gerade noch, seinen Einsatz zu machen, bevor das rien ne va plus des Croupiers kam.

Leider schwenkte Minuten später dessen Rateau auf Ziffer Siebzehn und die Jetons des Spielers verschwanden geräuschlos im unersättlichen Schlund der Bank. An den beiden anderen Tischen, wo er ebenfalls gesetzt hatte, war der Erfolg leider der gleiche gewesen.

Sein Gefühl hatte ihn betrogen und alles war fehlgeschlagen. In einem letzten trotzigen Versuch hatte er den Coup gewagt und die Auszahlungsquote 35 zu 1 gespielt, jedoch mit dem zweifelhaften Erfolg, dass den kontinuierlichen groben Verlusten, die er seit Tagen erlitten hatte, nur das adäquate Ende gefolgt war. Vielleicht, überlegte er, könnte durch eine kleine Ortsveränderung zumindest noch ein oder zwei Tage Aufschub gewonnen werden, während er sich schleunigst etwas einfallen lassen musste.

-----

An der Linzer Landstraße, neben den Schaufenstern des teuren Klamottenladens, drückte Dr. Walter Hoffmann gereizt seine Zigarette aus und strich mit der Hand über den rechten Ärmel seines Sakkos, auf dem sich etwas Asche abgesetzt hatte. Sein Gesprächspartner, Mag. Thomas Steinkellner, sah ihm schweigend zu. Dann drehte er sich abrupt um und verschwand im Lokal. Hoffmann sah ihm kurz ärgerlich nach und folgte Steinkellner daraufhin in das Restaurant.

Im sogenannten Sudhausraum des Restaurants Josef in Linz herrschte an den Tischen gespannte Aufmerksamkeit, denn jetzt gab Steinkellner, der Veranstalter und Leiter des Linzer Pub-Quiz-Turniers, die Frage zum Anagramm bekannt.

Mostorangen, ein fürchterliches Wort, und gerade jetzt wäre für eines der vorderen Teams die Anwesenheit Dr. Hoffmanns überaus wichtig gewesen, denn dieser hatte das bemerkenswerte Talent, meist auf den ersten Blick den ganzen Buchstabensalat zu entwirren.

Nachdem er nun knapp zuvor aufgestanden und den Tisch verlassen hatte, dann aber nicht rechtzeitig wieder zurückgekommen war, blieb der „Rosenmontag“ für das Team bis zur vorletzten Sekunde ungelöst. Besonders unbehaglich war die Tatsache, dass das Team Röders am Nebentisch das Anagramm offenbar ziemlich schnell gelöst hatte und jetzt unüberhörbar einige heitere Lösungen diskutierte.

Nach einer weiteren Viertelstunde begab sich Helmut Kreid, der Kapitän des Teams, auf die Suche nach Hoffmann, erschien nach fünf Minuten wieder, allerdings unverrichteter Dinge, denn der Mann war wie vom Erdboden verschluckt.

Kurz danach gab der Turnierleiter eine kurze Rauchpause, die Kreid dazu benutzte, sich am Turnierleitertisch zu erkundigen, ob Hoffmann nicht vielleicht dort eine Erklärung abgegeben hätte.

Das war zwar nicht der Fall, aber Steinkellners Assistent, Michi Pallinger, erinnerte sich gesehen zu haben, dass Hoffmann nicht, wie während des Turniers gelegentlich üblich, zu den Toiletten abgebogen, sondern Richtung Gastgarten weiter gegangen war. Darüber wäre er verwundert gewesen, denn immerhin mussten in einigen Minuten die Antworten zu dieser Quizrunde abgegeben werden. Bis Hoffmann dann außer Sichtweite gewesen sei, hätte er niemanden getroffen und mit keinem Menschen gesprochen.

Zur Beunruhigung seiner Kollegen erschien der Mann auch bis zum Ende des Turnierabends nicht mehr, am Handy gab es keinen Kontakt und ein Anruf in seinem Hotel ergab, dass er auch dort nicht wieder aufgetaucht war.

Man versprach aber, sofort Nachricht zu geben, sobald sich der Gast Hoffmann im Hotel eingefunden hätte.

Auch eine Anfrage bei seiner Mutter in Salzburg, mit der er zusammen ein Haus bewohnte, brachte kein Ergebnis, er war und blieb verschwunden.

Am Freitag derselben Woche erschien im Wachzimmer Bürgerstraße ein Mann, der eine Beobachtung mitzuteilen hatte, von der er meinte, dass sie wichtig sein könnte.

„Ich habe einen Dauerabstellplatz in der Garage an der Landstraße gemietet“, sagte er, „und seit einigen Tagen fällt mir auf, dass gegenüber meinem Fahrzeug ein BMW mit einer Salzburger Nummer parkt, der während dieser Zeit nie gefahren wurde und das Eigenartige daran ist, jedes Mal, wenn wir zu meinem Wagen gehen, spielt mein Hund verrückt. Er läuft sofort auf den BMW zu, bellt aufgeregt und schnüffelt am Kofferraum herum. Ich bin dann kaum noch in der Lage ihn zu beruhigen und dazu zu bringen, in meinen Wagen zu steigen.“

Was der Wachebeamte, mit dem der Mann sprach, davon hielt, war ihm deutlich anzusehen, aber da sich der Wagenbesitzer nicht abweisen ließ, fragte er: „Wie ist denn das Kennzeichen dieses Fahrzeugs?“

Dann, um doch noch sichtlich etwas in der Sache zu tun, trat er an den Computer und gab die genannte Wagennummer ein.

Gleich darauf fragte er, plötzlich interessiert geworden:

„Wo sagten Sie, steht dieser Wagen?“

Dann bot er dem Mann Platz an, nahm seine Personalien auf und ließ sich die Beschreibung des bewussten Stellplatzes geben. Das Fahrzeug, teilte er ihm in knappen Worten mit, stünde ohnedies auf der Fahndungsliste.

„Es könnte sein“, meinte er, „dass wir Sie noch einmal kontaktieren müssen.“

„Natürlich, Sie haben ja auch meine Handynummer.“

Das Rätsel des aufgeregten Hundes löste sich in dem Moment, als der Kofferraum geöffnet worden war, denn der Mann, der hier ziemlich merkwürdig zusammengepfercht lag, war tot.

Die Mutter des Fahrzeughalters in Salzburg hatte bereits eine Vermisstenanzeige aufgegeben und erklärte leichenblass, dass es sich bei dem Toten auf dem Foto um ihren Sohn Walter handle und bestand sofort darauf, ihn zu sehen.

Leider wurde es nun zur Gewissheit, Dr. Walter Hoffmann, ein Unfallchirurg aus Salzburg, war Opfer eines Verbrechens geworden.

Obwohl man sich größte Mühe gab die Mutter zu schonen, erlitt Frau Hoffmann beim Anblick der Leiche einen Nervenzusammenbruch und musste aus der Pathologie in ein Krankenzimmer gebracht werden.

Als nachträglich nützlich erwies es sich nun auch, dass sie nach Linz von ihrer tüchtig wirkenden Hausdame gefahren worden war, die sie jetzt zusätzlich betreuen konnte.

Am nächsten Morgen gelang es einer einfühlsamen Ärztin, Frau Hoffmann so weit ansprechbar zu machen, dass sie erklärte, ihr Sohn sei gelegentlich geschäftlich nach Linz gefahren und habe diese Termine auch gern dazu benützt, mit Linzer Freunden bei einem Pub Quiz mitzuspielen. Wer jedoch diese Freunde waren, wusste sie nicht, vermutete aber, dass es sich dabei um seinen Anwalt Dr. Gruber und möglicherweise Berufskollegen gehandelt habe.

Natürlich erregte die Leiche eines Salzburger Arztes, die in einer Linzer Tiefgarage im Kofferraum seines eigenen Wagens versteckt lag, beträchtliches öffentliches Aufsehen und Dr. Markovsky, der Leiter der Mordkommission in Linz, betrachtete mit Widerwillen beim Frühstück das Sensationsfoto in der Zeitung.

Er hatte sich über alle die Jahre hin nicht an Derartiges gewöhnen können und es überraschte ihn immer wieder, dass es den Journalisten gelang, solche Bilder zu schießen. Es schien fast, als würden sie prophylaktisch in allen Winkeln und Löchern der Stadt lauern, um erste Reihe fußfrei zu dokumentieren, was dem längst übersättigten Bürger als Beigabe zum Frühstück den Kick eines erfrischenden Hauchs frivolen Schauders verlieh und damit Schwung für den neuen Tag brachte.

Im Büro angekommen ließ er sich sämtliche Unterlagen des Falles bereitstellen und vertiefte sich eingehend in die merkwürdige Angelegenheit.

Der Mann war erstochen worden, aber warum? Vorerst gab es durch Tatort und die Todesart des Opfers keinen Hinweis darauf, wie es dazu gekommen sein konnte, stellte er verdrießlich fest. Handelte es sich um einen zufälligen Überfall oder einen kalkulierten Mord?

Spielraum für Vermutungen gab es wohl, aber reale Hintergründe leider keine und nur ein gefalteter Zettel in der Sakkotasche des Opfers wies einige Fragen auf, die im Zusammenhang mit einer in der Nähe stattgefundenen Pub-Quiz-Veranstaltung stehen konnten.

Daraufhin war der Quizmaster, Mag. Thomas Steinkellner, rasch ausgeforscht und zur Sache befragt worden.

Ja, der Arzt sei ihm zwar bekannt, sagte er, aber an dem Abend als Hoffmann verschwunden war, sei ihm nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Seine letzte Erinnerung an ein intensiveres Gespräch mit ihm wäre eine medizinische Debatte gewesen, die sein Assistent vor einigen Wochen mit Hoffmann zu einer Quizfrage geführt hatte.

„Wie ist denn der Name Ihres Assistenten?“, wollte Markovsky wissen.

„Michi Pallinger, Michael eigentlich“, verbesserte er sich, „aber er selbst und jeder nennt ihn Michi.“

„Die beiden hatten also näheren Kontakt?“

„Keine Ahnung, man unterhält sich eben gelegentlich zu einem Thema.“

Was er selbst zur Klärung der Sache beitragen könne, sei der Name des betreffenden Team-Kapitäns. Allerdings hätte auch der bei der Suche nach Hoffmann im Dunkeln getappt.

Auch der Assistent Steinkellners, Michi, konnte sich bei einer Protokollaufnahme nur vage an das von Steinkellner erwähnte Gespräch mit Hoffmann erinnern.

„Es dürfte um die Quizfrage über die jeweilige Bedeutung des Buchstabens T in MRT und CT gegangen sein“, erinnerte er sich, „es handelt sich dabei schließlich um zwei verschiedene Verfahren.“

„Und was ist da die besondere Bedeutung?“, meinte Markovsky neugierig.

„Wissenschaftlich ausgedrückt?“

Markovsky zuckte die Schultern und nickte dann.

„Dass es jeweils die gleiche ist“, antwortete Michi mit todernster Miene.

Der junge Mann war offenbar ein Scherzbold, der den Alten auflaufen lassen wollte.

Mit unheilverkündendem Gesicht erwiderte Markovsky daher, „dann muss ich Sie jetzt ersuchen, die nächste Zeit Linz nicht zu verlassen.“

„Mich?“, fragte Michi alarmiert, „wieso mich?“

„Das werden Sie noch zeitgerecht erfahren“, antwortete Markovsky unbeeindruckt und sah ihm grinsend nach, als er sichtlich beunruhigt den Raum verließ.

Markovsky gab nun den Auftrag, den erwähnten Kapitän des Teams vorzuladen.

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Dr. Helmut Kreid wirkte etwas unschlüssig, als ihm der Stuhl neben dem Schreibtisch des Beamten angeboten wurde. Er war ein sehr schlanker, freundlich wirkender Mann und Markovsky betrachtete amüsiert, wie er argwöhnisch die einfache Sitzgelegenheit abschätzte, sich dann vorsichtig niederließ und offenbar irgendwie erleichtert war, dass das Möbel nicht kippte.

„Ich fürchte, es hat sich noch nichts ergeben?“, meinte er fragend und fuhr dann wie entschuldigend fort „natürlich dauert alles seine Zeit, das weiß man ja, aber wir sind alle ziemlich ratlos.“

Markovsky nickte.

„Sie sind Jurist?“, fragte er.

Kreid kniff kurz die Augenbrauen zusammen und räusperte sich.

„Ja“, sagte er dann achselzuckend.

Irgendwie hatte Markovsky das Gefühl, dass Kreid nicht davon angetan war, über persönliche Dinge zu sprechen, aber dies ließ andererseits darauf hoffen, dass seine Schilderungen nicht zu unnötigen Ausuferungen führten.

Natürlich hatte Kreid seine damaligen Energien eher auf die Beantwortung der Quizfragen konzentriert, daher war seine Aufmerksamkeit auch nicht auf das Verhalten Hoffmanns gerichtet gewesen, zumindest nicht für die erste Zeit, nachdem dieser den Tisch verlassen hatte.

„Wie kommt es, dass ein Salzburger in Ihrem Team spielt“, fragte Markovsky, „hat er sich so häufig in Linz aufgehalten?“

„Das kann ich nicht sagen“, erklärte Kreid, „aber wenn er hier zu tun hatte und ein Quiz fand statt, beteiligte er sich eben. Eigentlich war es ja Dr. Gruber, Hoffmanns Anwalt, aus unserem Team, der ihn eingeführt hat und wir haben uns nicht nur gut verstanden, er war sogar eine ausgezeichnete fachliche Bereicherung, sein Wissen war ungeheuer. In Salzburg spielte er ohnehin in einem fixen eigenen Team.“

Außer der Tatsache, dass Hoffmann in Linz Wohnungen besaß, die vermietet waren und durch seinen Anwalt betreut wurden, wusste Kreid nichts über die privaten Angelegenheiten des Salzburgers zu sagen.

An dem Abend, an dem er aus dem Gasthof verschwand, sei nichts erkennbar Ungewöhnliches geschehen. Am Ende einer der ersten Runden war der Arzt aufgestanden und aus dem Raum gegangen.

Niemand hatte davon besondere Notiz genommen, aber nach etwa einer halben Stunde sei Kreid aufgestanden, um sich selbst nach Hoffmann umzusehen.

„Er hatte also während der kurzen Zeit vor und beim Verlassen des Raumes außer mit den Teamkollegen keinerlei Kontakt?“

Hier war Kreid ganz sicher, nichts wahrgenommen zu haben, außer vielleicht, dass Hoffmann nach dem Verlassen des Tisches kurz einen Satz mit einem Teamkollegen der Röders gewechselt habe. Vielleicht hatte er auch nur dafür gedankt, dass man zur Seite gerückt war und ihn vorbeiließ. Knapp vor Hoffmann war aber Johanna Mausz, von Hoffmann „Mäuschen“ genannt, hinausgegangen.

Da Kreid allerdings Hoffmanns Schwäche für „Mäuschen“, Steinkellners zweite Stütze, kannte, habe er erst angenommen, dass Hoffmann ihr unauffällig gefolgt wäre. Kreid gestattete sich ein kleines Lächeln.

„Ihr schwarzes Kleid hat es in sich, müssen Sie wissen, da sollte sich wohl mancher bemühen, schön seine Händchen im Zaum zu halten.“

„Und Johanna?“

„Die ist gleich darauf wieder zurück gewesen, Hoffmann allerdings nicht. Ich bin dann auch noch zum Turnierleitertisch gegangen und habe den Turnierleiter gefragt, ob Hoffmann bei dem Gespräch vor dem Lokal irgendeine Erwähnung gemacht hätte, aber Herr Steinkellner sagte, sie hätten sich lediglich über die politischen Zustände unterhalten. Michi, Steinkellners Assistent am Turnierleitertisch, wusste auch nicht mehr, als dass Hoffmann damals in die falsche Richtung gegangen war, und zwar allein.“

„Wieso die falsche Richtung?“

„Die einzig genehmigte Richtung während der Fragenbeantwortung ist die zur Toilette.“

In der nächsten Pause habe man dann leider vergeblich versucht Hoffmann am Handy anzurufen, später in seinem Hotel nach ihm gefragt und dann hätten die Teamkollegen, zumindest vorderhand, erfolglos aufgegeben, stellte er fest.

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Johanna Mausz schien überrascht von der Vorstellung zu sein, Dr. Hoffmann könnte ihr gefolgt sein, als sie seinerzeit, woran sie sich aber nicht mehr erinnerte, den Raum verlassen hätte.

„Wenn es so gewesen sein sollte, war er auf jeden Fall nicht hinter mir her.“

Sie grinste breit: „Schade, denn der Mann war einfach zum Knuddeln.“

Zum Knuddeln? Jetzt fragte sich Markovsky, blonder Hüne und Idol der Damenwelt, ob Johanna ihn wohl ebenso wohlwollend beschreiben würde.

„Sie beide hatten also keinen näheren Kontakt?“

„Nein, ich glaube, wir haben keine fünf Sätze miteinander gesprochen.“

„Dass er sie Mäuschen nannte und auffälliges Interesse an Ihnen zeigte, ist Ihnen auch unbekannt?“

Johanna erhob sich lächelnd.

„Wenn ich auf Derartiges achten würde, wäre ich ständig überlastet.“

Diese ersten Zeugenaussagen waren leider sehr mager verlaufen, aber Markovsky ließ sich Namen und Adressen der übrigen Team-Kollegen Hoffmanns geben. Dann griff er zum Telefon und rief seinen langjährigen Freund und Berufskollegen, den Leiter der Salzburger Mordkommission, Major Dr. Joschi Bernauer, an.

„Bridge oder Mord? Wie kann ich Dir dienlich sein?“, fragte Bernauer misstrauisch, „ich bin ganz Ohr.“

„Vorderhand leider Mord“, kam bedauernd die Antwort, „und das Ganze könnte leicht zu Deiner Sache werden, bei dem Toten handelt es sich nämlich zufällig um einen Salzburger Arzt.“

„Trotzdem wird der Täter, wenn das Opfer bei Euch umgekommen ist, wohl in Linz zu suchen sein, das sieht mir ganz und gar nicht nach meinem Zuständigkeitsbereich aus.“

„Ausnahmsweise doch“, widersprach Markovsky, „wenn ich Dir die Unterlagen sende, wirst Du es sofort erkennen. Für meinen Begriff kann es nämlich keine Zufallstat gewesen sein, nicht, nachdem ich jetzt mit allen uns zumindest bekannten Beteiligten gesprochen habe.“

Bereits nach der oberflächlichen Schilderung des Falles war Bernauer klar, dass die Klärung dieses Mordes auf ihn zukommen würde. Da Geld, Kreditkarten und einige Wertgegenstände noch vorhanden waren, schien ein Raubüberfall unwahrscheinlich, sogar die Wagenschlüssel lagen neben der Leiche im Kofferraum.

„Der gerichtsmedizinische Befund spricht von einem wuchtig gesetzten, tödlichen Stich. Der Körper des Toten weist keinerlei andere Spuren von Gewaltanwendung auf, also gehe ich davon aus, dass sich Opfer und Täter nicht fremd gewesen sind“, resümierte Markovsky, „allerdings sind die fünf Personen, mit denen Hoffmann in Linz Kontakt hatte, nachweislich mit ihm zusammen an einem Tisch gesessen, als er aufstand und verschwand.“

„Wieso verschwand? Kann man während eines solchen Bewerbs einfach aufstehen und hinausgehen?“

Markovsky überlegte.

„Na, ja“, meinte er dann, „die Leutchen sind doch keine Gefangenen.“

„Das nicht, aber Du brauchst außer Sichtweite lediglich einen Komplizen mit Handy und schon hast Du Deine Antworten.“

„Also, daran habe ich bei Gott noch nicht gedacht. Du vermutest doch nicht, dass die Turnierleitung dies nicht zu verhindern sucht?“

„Das wird vermutlich erst möglich sein, wenn öfter jemand aus demselben Team während einer Runde den Raum verlässt.“

„Es sei denn, der Turnierleiter toleriert dies.“

„Na, ich weiß nicht, in einem solchen Fall wäre es einfacher, der Begünstigte wüsste die Ergebnisse bereits vor dem Turnier, das fiele dann weniger auf. Wie liegt denn dieses Team überhaupt in der Gesamtwertung?“

„Es liefert sich relativ oft ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit zwei anderen Teams, insbesondere dem Team Röders, das dieses Pub Quiz seit Jahren dominiert.

Aber es geht dabei in erster Linie um die Ehre, dafür bringt man niemanden um.“

Bernauer erinnerte sich zwar an Fälle, da ging es um weit weniger und trotzdem war ein Mensch beseitigt worden.

„Du denkst also, dass die kriminellen Voraussetzungen für den Mord im Lebensbereich des Opfers und somit bei uns in Salzburg liegen?“

„Schlicht zusammengefasst, ja.“

Bernauer überlegte.

„Mann, Mann, Mann“, legte er sicherheitshalber einen missbilligenden Ton in seine Stimme, „lass mir die Unterlagen zukommen, aber ich sage Dir gleich, ich spüre keinen nicht unterdrückbaren Kitzel Eure Arbeit zu tun.“

„Du irritierst mich, Joschi“, gab Markovsky boshaft zurück, „ich habe Dich schließlich nicht darum gebeten, Deine eigenen Plattfüße in Gang zu setzen.“

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Weitere Recherchen in Linz hatten nichts weiter gebracht, als dass Hoffmann in erster Linie eingetroffen war, um mit Dr. Gruber den geplanten Ausbau einer esoterischen Praxis, die in einem seiner Häuser eingemietet war, zu besprechen und die notwendigen baulichen Gegebenheiten zu besichtigen. Zu diesem Gespräch war es allerdings noch nicht gekommen, denn Hoffmann war in Linz erst zum abendlichen Quiz eingetroffen.

Auch der Bericht der Pathologie hatte keine zusätzlichen Informationen mehr erbracht. Der Mann war ohne jede Gegenwehr erstochen worden und dies zu ungefähr dem Zeitpunkt, an dem er stillschweigend während des Quiz-Turniers verschwunden war.

Vereinbart wäre außerdem gewesen, dass sich Hoffmann mit seinem Anwalt Dr. Gruber für den nächsten Tag in seinem Hotel zum Frühstück treffen würde, und später war dann seine Heimfahrt nach Salzburg geplant. In der Annahme, das Verschwinden Hoffmanns habe sich inzwischen geklärt, kam der Anwalt am Morgen zur vereinbarten Zeit ins Hotel Marriott, allerdings umsonst.

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Bernauer hatte inzwischen sorgfältig den Akt Hoffmann studiert. Auf jeden Fall konnte auch seiner Meinung nach ausgeschlossen werden, dass es sich um einen zufälligen Raubüberfall gehandelt hätte, da zu viele Wertgegenstände noch vorhanden gewesen waren, die sonst geradezu zwingend verschwunden gewesen sein müssten.

Alles schien eher in die Richtung zu gehen, dass sich Opfer und Täter kannten und möglicherweise eine Meinungsverschiedenheit zu der Tat geführt hatte. Dafür sprach auch der Umstand, dass Hoffmann plötzlich den Tisch verließ und zu seinem Wagen gegangen war, wo ihn vermutlich eine ihm bekannte Person bereits erwartete oder ihn sogar schon hinbegleitet hatte.

Es musste aber im Lokal irgendeine Art der Verständigung gegeben haben, woher hätte der Mörder sonst wissen können, dass und wann Hoffmann zu seinem Fahrzeug kommen würde, respektive, wo sich sein Wagen überhaupt befand, oder andersherum: Hatte ihm jemand die Nachricht überbracht, dass er zu seinem Fahrzeug kommen sollte? Johanna war ziemlich gleichzeitig mit ihm aus dem Raum gegangen, und auch wenn sie sofort wieder zurückkam, für eine kurze Verständigung hätte die Zeit jedenfalls gereicht und wäre von einem zufällig Anwesenden auch kaum wahrzunehmen gewesen.

Warum, fragte sich Bernauer immer wieder, war der Mann in Linz getötet worden, wenn sein Lebenskreis doch in erster Linie in Salzburg lag, wo eine solche Tat eher den täglichen oder örtlichen Umständen entsprechen könnte? Seinen Hintergrund am Wohnsitz auszuloten, schien ihm daher auch die einzige Möglichkeit zu sein, sinnvolle Ansatzpunkte zu finden.

Die Mutter des ermordeten Arztes war im Moment nicht in der Lage das Präsidium aufzusuchen. Der Schock über den Tod ihres Sohnes hatte sie bettlägerig gemacht, aber es bestünde trotzdem die Möglichkeit ein Gespräch mit ihr zu führen, erklärte ihm eine weibliche Telefonstimme, falls ein Beamter sie in ihrem Haus aufsuchen könnte.

Das Grundstück, auf dem sich die Villa Hoffmann in der Nähe des Wasserturms am Rainberg befand, war von einer respektablen Thujenhecke gesäumt, die nur eingeschränkt den Blick auf den oberen Glasbau des modernen Architektenhauses zuließ.

Geöffnet wurde Bernauer von einer in schlichtes Schwarz gekleideten Hausdame, die ihn ohne Umschweife über einen Lift zu einem eleganten, aber auffällig spärlich möblierten Raum im ersten Stock brachte.

Frau Theresia Hoffmann begrüßte ihn mit müdem Lächeln sitzend auf einer mit Polstern vollgestopften Couch.

„Nehmen Sie bitte Platz und entschuldigen Sie, dass ich mich nicht erhebe“, sagte sie und wies auf einen Ohrenstuhl, der offensichtlich für ihn zurechtgerückt worden war. Aus ihrem Gesicht blickten ihm Trübsinn und Trauer entgegen.

„Sie ermitteln jetzt in der Sache meines Sohnes?“, fragte sie.

Bernauer nickte.

„Ich ermittle zusätzlich.“

Sie presste die Lippen aufeinander: „Ich kann es nicht fassen.“

Dann wandte sie den Blick auf ihre Hände.

„Das Unerträgliche zu glauben ist einfach ganz und gar unmöglich.“

Dies alles war Bernauer sattsam bekannt, viel zu oft musste er beruflich ähnliche, berührende Szenen miterleben. Auch diese Mutter hatte jetzt eine Tragödie durchzustehen, schien aber bei all dem Schmerz sehr ruhig und beherrscht, nur die Fingerknöchel traten weiß hervor, weil sie die Hände in die Felldecke auf dem Schoß verkrampfte.

Wohl oder übel, es war ihm jetzt dienstlich unmöglich, sie in der gegebenen Situation über Gebühr zu schonen, denn er benötigte einfach Fakten, die den Hintergrund ausleuchteten und dies so schnell wie möglich.

„Frau Hoffmann, fühlen Sie sich in der Lage mir einige Fragen zu beantworten?“

„Natürlich“, sagte sie mit fester Stimme, „dafür sind Sie ja schließlich hier.“

Bernauer schaltete sein Diktiergerät ein.

Was Frau Hoffmann nun über ihren Sohn zu berichten hatte, klang dann in keiner Weise abweichend von einem unaufgeregten bürgerlichen Privatleben eines Arztes.

Dr. Walter Hoffmann war geschieden, hatte keine Kinder und lebte mit seiner Mutter seit mehreren Jahren in dem Haus, das eigentlich für ihn und seine Frau gebaut worden war, bevor sie ihn nach zwanzigjähriger Ehe verließ. Zwei Ärzte, die sich auseinandergelebt hatten.

Hoffmann konnte dann einige Jahre später seine Mutter erfolgreich dazu überreden, ihre Wohnung in Linz zu verkaufen und zu ihm nach Salzburg zu ziehen.

„Mein verstorbener Mann war im Immobilienhandel tätig und wir besitzen noch einige Objekte in Linz, die vermietet sind“, sagte sie, „deshalb war ich auch im Zweifel, ob ich nach Salzburg übersiedeln sollte, aber dann hat ein Bekannter meines Sohnes meine Agenden in Linz übernommen und ich bin hierhergezogen.“

„Von welchen Agenden sprechen Sie da, Frau Hoffmann?“

„Ich habe mich um die Immobilien in Linz gekümmert, aber langsam wurde ich müde, so kam mir der Vorschlag meines Sohnes eigentlich sehr gelegen.“

Sie sprach dann noch über einige alltägliche Gewohnheiten ihres Sohnes und Bernauer versuchte sich daraus ein besseres Bild zu machen. Dass Walter Hoffmann als Chirurg am Salzburger Unfallkrankenhaus beschäftigt war, privat Golf und Bridge spielte, allerdings nicht in Bernauers Bridge-Club, klang nicht besonders aufregend.

„Mein Sohn hat kein ereignisreiches Leben geführt“, sagte sie verständnislos, „er war eher der Typ des Wissenschaftlers, hat seine Studien betrieben und bei einem Pub-Quiz-Team in Salzburg, das sehr erfolgreich gewesen ist, mitgespielt, manchmal auch in Linz.

Das war alles.“

„Mit wem hat er denn das Pub Quiz in Salzburg gespielt?“

„Ich kenne diese Leute nicht und die Lokalitäten wechseln, aber dass die Veranstaltung gelegentlich im PitterKeller stattgefunden hat, das weiß ich sicher.“

„Was meinen Bekanntenkreis anbelangt ist dieser in Linz, in Salzburg pflege ich nur mehr sehr wenige Kontakte. So ist das eben im Alter, man freundet sich nicht mehr so leicht an“, fügte sie dann wie entschuldigend hinzu.

Nun, die Identität der übrigen Spieler würde sich schon herausfinden lassen, aber auch sonst schien es im Leben des Arztes nichts gegeben zu haben, das beachtenswert oder außergewöhnlich gewesen wäre.

„Ist Ihr Sohn nach seiner Scheidung nicht wieder eine neue Beziehung eingegangen?“

„Dafür war er gar nicht mehr bereit, da bin ich sicher.“

So völlig sicher war sich Bernauer aber wieder nicht, wenn er an Markovskys Beschreibung von Johanna und ihrem schwarzen Kleid dachte.

„Gab es für ihn finanzielle Verpflichtungen gegenüber seiner geschiedenen Frau?“

„Nein, gab es nicht, außerdem war er ein eher sparsamer Mensch.“

Sie lächelte.

„Geld hat er nur für seinen Lamborghini hingelegt, es war seine einzige größere Ausgabe.“

„Zusammen mit seinem BMW?“

„Der BMW war das ständige Privat- und Dienstfahrzeug, den Sportwagen fuhr er ziemlich selten.“

Bernauer bedankte sich für das Gespräch und die Zeit, die sie ihm geopfert hatte, dann verabschiedete er sich.

Die Schwarzgekleidete war offenbar irgendwann geräuschlos in den Raum gekommen und brachte ihn nun wieder hinunter an das Tor in der Thujenhecke, wobei ein Mädchen mit Küchenschürze ihm aus einem Fenster neugierig nachsah.

Alles, das Haus, der Garten und seine Bewohnerin strahlten Eleganz und Wohlstand aus, sogar das Personal schien sich nahtlos in der vornehmen Atmosphäre zu verlieren. Trotzdem hatte Bernauer das Gefühl einem Tempel der Verzweiflung zu entkommen.

-----

Die nächsten Schritte schienen sich leider darin zu erschöpfen, dass man an Dr. Hoffmanns Arbeitsplatz im Krankenhaus recherchierte. Aber auch dort kam nichts Neues zu Tage. Als Primararzt hatte er einen Ruf als angenehmer Vorgesetzter, war mit Patienten und dem Personal freundlich umgegangen, hatte sich aber außerdienstlich kaum irgendwo beteiligt, noch über sein Privatleben gesprochen. Auch in seinem Golf-Club schien er eher ein Einzelgänger gewesen zu sein und dies traf auch für den Bridge-Club zu.

Es war schwer zu glauben, aber Dr. Hoffmann schien kaum Interesse für seine Umwelt aufgebracht zu haben und umgekehrt dürfte es ähnlich gewesen sein. Was Bernauer an der Sache überhaupt nicht gefiel, war, dass er womöglich Markovsky gegenüber zugeben musste, selbst nicht den geringsten Erfolg gehabt zu haben.

Seine schlechte Laune hielt bis zum Abend an und so erschien er zum abendlichen Bridge-Turnier im Club ohne sonderliches Interesse, aber Hubert von Haugsdorf, der Präsident des Clubs, konzentrierte sich sofort auf ihn.

„Hast Du eine Ahnung, was mit dem Hoffmann vom Bridge Club Salzburg geschehen ist?“, fragte er eilig.

Klatsch verbreitete sich wahrhaft schneller als Kaninchen.

„Hast Du ihn gekannt?“, kam die Gegenfrage.

„Aber natürlich“, sagte Haugsdorf, „wir spielen doch auch im selben Golfclub.“

Er zögerte einen Moment.

„Na ja, wir spielten, muss man jetzt sagen“, verbesserte er sich.

„Und wie ist er denn so gewesen?“, fragte Bernauer.

„Ein ruhiger Mensch, aber ein verdammt kluger Kopf.

Hatte immer wieder jede Menge Quizbewerbe gewonnen, auch internationale und einmal wurde eine solche Veranstaltung sogar im Fernsehen übertragen, da ist er mit Hunderttausend Euro Gewinn nach Hause gegangen.“

„Um solche Beträge geht es da?“, fragte Bernauer beeindruckt.

„Bei den Fernsehsendungen ist oft eine Menge Geld zu gewinnen und bei den großen Veranstaltungen im Pub Quiz vermutlich auch, aber nicht beim allgemeinen Quizzen, da gibt es für die ersten drei Teams Anerkennungspreise und ein Siegerfoto fürs Facebook. Ich habe es selbst einmal gesehen. Wenn ich mich recht erinnere, hat das ganze damals im PitterKeller stattgefunden.“

„Wie stand er denn zu weiblichen Wesen, immerhin war er ja schon länger geschieden?“

Haugsdorf grinste: „Im Allgemeinen zurückhaltend, aber vielleicht, wenn eine Dame sehr sexy gewesen wäre, wer weiß?“

„Vielleicht tut sich hier eine verborgene Schiene auf“, dachte Bernauer und gab den Auftrag, den Leiter der Salzburger Pub-Quiz-Veranstaltungen ausfindig zu machen.

Schon am nächsten Vormittag war der Quizmaster gefunden worden. Turnierleiter Robert Allacher hatte sich dann auch bereit erklärt sofort am Präsidium zu erscheinen.

„Es kann allerdings vorkommen, dass einmal das Handy läutet, da ich einen größeren Auftrag abzusegnen habe. Dauert aber nur kurz.“

„Das wird wohl zu verkraften sein“, antwortete Bernauer amüsiert.

„Eine unglaubliche Sache“, eröffnete Allacher das Gespräch, „so ein gebildeter Mensch, firm auf allen Gebieten, wird umgebracht und dann noch dazu in Linz.“

Er schüttelte angewidert den Kopf.

Einen Moment lang befiel Bernauer das Gefühl, es läge hier die Ungehörigkeit nicht in der Ermordung des Mannes, sondern in der Tatsache, dass dies in Linz geschehen war.

Als er nun etwas irritiert nickte, führte Allacher weiter aus: „Sein Team hier in Salzburg ist ziemlich einmalig, jeder einzelne eine Klasse für sich.“

„Wer sind denn die anderen Mitglieder dieses Teams?“, fragte Bernauer.

Der Quizmaster zog einen Zettel aus seiner Aktenmappe und reichte ihn Bernauer beflissen mit einer leicht komischen, theatralischen Geste.

„Hier habe ich sie aufgeschrieben.“

Er war also einer diesbezüglichen Frage bereits vorausgekommen und hatte die Namen für die Polizei notiert, was auf einen umsichtigen, mitdenkenden Menschen schließen ließ. Über das Privatleben der Einzelnen konnte oder wollte er ganz offensichtlich keine Auskunft geben.

„Die Herren sind echte Gentlemen aus der Creme der Salzburger Gesellschaft“, sagte er im Hinausgehen, „Einstein heißt übrigens das Team.“

Bernauer betrachtete die Namen auf dem vor ihm liegenden Blatt, wobei ihm sofort der Name des Besitzers einer Tanzschule ins Auge fiel.

Pablo Perez, geborener argentinischer Staatsbürger, der eine Salzburgerin geheiratet hatte, führte genau genommen eher eine Tangoschule. Bernauers Interesse war geweckt, da er den professionell ausgeübten Tango rein gefühlsmäßig Südamerika zuordnete, doch wie man sah, sogar mitten in Salzburg konnte man sich ganz bequem diesem Vergnügen hingeben.

Er beschloss also, die ebenfalls auf dem Zettel notierten Teamspieler, den Besitzer einiger Blumenläden und den Direktor einer Bankfiliale, vorerst zurückzustellen.

Aus purer Neugier begann er mit den Ermittlungen in der Tanzschule und vereinbarte noch am selben Tag einen Termin an Ort und Stelle.

Als Bernauer die Moosstraße entlanggefahren war, erkannte er anhand der Beschreibung, die man ihm gegeben hatte, schnell, dass er bereits zu weit gefahren sein musste. Er wendete den Wagen, hatte aber, obwohl er jetzt langsamer geworden war, auch beim zweiten Mal die Tanzschule nicht gefunden.

Also sah er sich um, blieb dann vor einem kleinen Reisebüro stehen und erkundigte sich nach der unauffindbaren Adresse.

„Da sind Sie schon richtig“, lächelte die Angestellte, „fahren Sie durch den Torbogen gleich hinter unserer Auslage, da kommen Sie in einen Hof, in dem wir unsere Parklätze haben, aber vorher rechts finden Sie den Eingang zur Tanzschule. Sie können dort direkt vor der Tür Ihren Wagen abstellen.“

In einem Schaukasten an der rechten Wand des Torbogens sah Bernauer nun auch das Schild der Tanzschule, Fotos aus den Tanzkursen und eine Menge Bilder attraktiver Tangotänzer.

Er parkte, wie von der freundlichen Verkäuferin vorgeschlagen, in dem kleinen hübschen Hof vor der Haustür und betrat das Gebäude.

Hier hatte man ihn offensichtlich bereits erwartet und eine elegante Blondine führte ihn ohne weitere Ankündigung in das Büro zu Pablo Perez.

Der überaus argentinisch aussehende Perez bot ihm höflich auf einer schweren barocken Sitzgarnitur Platz an und ein schöner alter Berberteppich in heller Farbe erzeugte, zusammen mit mehreren in kubistischer sowie einigen in figurativer Technik gemalten Bildern, einen gewissen pikanten, stilistischen Effekt.

„Sie haben ein wirklich beeindruckendes Büro“, sagte Bernauer.

„Danke“, kam die erfreute Antwort, „vorausgesetzt man mag Gegensätze.“

Auch die Einladung zu einem Kaffee nahm Bernauer gerne an.

Die blonde Frau von vorhin kam daraufhin beinahe sofort mit zwei Tassen auf einem Tablett zurück.

„Meine Frau Karin“, sagte Perez, „sie ist Tanzlehrerin, so wie ich auch.“

Jetzt wusste Bernauer, wen er auf den Bildern in der Durchfahrt betrachtet hatte, es handelte sich um das Ehepaar Perez.

„Ich habe Sie beide auf den Fotos bereits in Aktion gesehen, das stimmt doch?“

„Ja“, erklärte Perez erfreut, „sie wurden anlässlich einer Landesmeisterschaft gemacht, die unsere Tanzschule damals gewonnen hat.“

„Herzliche Gratulation“, sagte Bernauer beeindruckt.

„Aber deswegen sind Sie ja nicht gekommen“, steuerte Perez auf den Kern der Sache zu, „es geht um Dr. Hoffmann, nehme ich an?“

„So ist es, ich versuche mehr über ihn zu erfahren.

Irgendeine Spur muss es doch geben. Etwas, das zu dieser Gewalttat geführt hat.“

Perez wirkte nachdenklich.

„Haben Sie schon mit den anderen gesprochen, ich meine die Spieler in Linz?“

„Ja, das ist geschehen und es scheint keinerlei Zusammenhang zu geben.“

„Dazu kann ich dann leider auch nichts sagen, da ich so gut wie nie nach Linz komme. Aber Hoffmann war ein ruhiger, friedlicher Mensch, der absolut keine Eigenschaften hatte, die jemanden gegen ihn aufgebracht haben würden“, erwiderte der Argentinier.

„Es kann aber trotzdem kein Zufall sein“, behauptete er dann überzeugt, „wieso sollte er denn während der Veranstaltung zu seinem Wagen gegangen sein, ohne etwas dazu zu sagen?“