Schöne Seelen - Philipp Tingler - E-Book

Schöne Seelen E-Book

Philipp Tingler

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Beschreibung

Oskar will in eine Therapie. Allerdings nicht für sich selbst, sondern anstelle seines Freundes Viktor, der wiederum von seiner Ehefrau Mildred dazu genötigt wird. In »Schöne Seelen« begleitet Philipp Tingler aber nicht nur Oskar in das Behandlungszimmer von Doktor Leonid Hockstädder, Psychotherapeut der besseren Kreise, sondern seziert auch die gute Zürcher Gesellschaft, ein Milieu, wo man kaum ein Phänomen derart fürchtet wie Peinlichkeit und wo der Therapeut kleine Aufwallungen des Gemüts zu glätten hat wie der Schönheitschirurg die Haut.

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Seitenzahl: 375

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INHALT

» Über den Autor

» Über das Buch

» Buch lesen

» Impressum

» Weitere eBooks von Philipp Tingler

» Weitere eBooks von Kein & Aber

» www.keinundaber.ch

ÜBER DEN AUTOR

Philipp Tingler, geboren in Berlin (West), ist mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller und hat bei Kein & Aber u. a. die Romane Fischtal und DoktorPhilveröffentlicht.Er ist außerdem Kritiker im Literaturclub des Schweizer Fernsehens SRF und viel gelesener Kolumnist. Philipp Tingler lebt in Zürich.

ÜBER DAS BUCH

»Ich bin aufgewachsen in einer Sphäre, wo man nicht mal dann sagt, was man denkt, wenn das Haus in Flammen steht«, erklärt Lauren ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Oskar Canow. Denn Oskar will eine Therapie machen, für seinen Freund Viktor. Dort soll er stellvertretend dessen Eheprobleme vorbringen – und das in einem gesellschaftlichen Milieu, wo man nichts mehr fürchtet als Peinlichkeit, wo Schein und Einbildung so real sind wie Botox-Spritzen und Diätpillen, wo Partygeschwätz das Leben ersetzt und der Psychotherapeut kleine Aufwallungen des Gemüts zu glätten hat wie der Schönheitschirurg die Haut. »Es gibt einfach keine Version dieses Szenarios, die nicht katastrophal endet« – so bewertet Lauren Oskars Plan. Und sie hat recht. Oder doch nicht?

»Ich hatte mal ’ne Panikattacke, weil ich mit dem Kopfin einem Prada-Pullover steckengeblieben bin;und das hier ist schlimmer.«

1

Der letzte Zug nach oben

»Werde ich davon fett?«

Unzählige Male in ihrem Leben, dessen genaue Dauer nur sehr wenige Leute kannten, hatte Millvina Van Runkle diese Frage gestellt. Denn Millvina, zu ihrem Leidwesen eher von kräftiger Statur, bewegte sich innerhalb jener Kohorte von Damen der Gesellschaft, die einer ihrer Kritiker einst als »social skeletons« bezeichnet hatte. Jene Schar, deren Mantra seit Geburt das Motto gewesen, das der Herzogin von Windsor zugeschrieben wurde: Man kann niemals zu reich sein und niemals zu dünn. Niemals.

»Das ist eine Glukose-Infusion«, erwiderte Schwester Hildegard mit einem verächtlichen Schnauben, »das gibts noch nicht mit Aspartam, Herzchen. Abgesehen davon werden Sie sterben.«

Als die Schwester, äußerlich herb wie auch von Naturell, diesen Ausspruch tat, fiel Gwendolyne Rosenstock, die in einem Louis-XV-Sessel am Fußende von Millvinas Krankenlager saß, der Unterkiefer runter. Und weil bisher nur wenig Empfindungen Gwendolynes kunstvoll gelähmtes Gesicht beansprucht hatten, ward es einfach grau. Grau wie der Stuck in den teuren Klinikzimmern, der alle Arten von Staub und Rauch und Heuchelei und Elend aufgesogen hatte.

Aber so war es: In einer Suite der Privatklinik »Le Retrait« vor den Toren der lieblichen Stadt Genf hauchte, im Kreise ihrer engsten Freinde und umgeben von Diptyque-Duftkerzen, Millvina Van Runkle ihr Leben aus – eine große Dame der Zürcher Gesellschaft, bei deren letztem Facelift sich Komplikationen eingestellt hatten: eine Thrombose, verbunden mit einer Infektion der Lunge und einer Verletzung von größeren Ästen der Gesichtsnerven. Das war nicht das Verschulden der Ärzte, die Ärzte hier waren ausgezeichnet. Sie waren sogar so ausgezeichnet, dass sie Millvina von dem Eingriff dringend abgeraten hatten. Nicht unter Bezugnahme auf ihr Alter, so weit würde man nicht gehen. Sondern unter Verweis auf die zahlreichen vorangegangenen Prozeduren, von denen die letzte nicht lange zurücklag, was von vornherein das Risiko erhöhte. Es war ebenfalls nicht hilfreich gewesen, dass die Patientin im Anschluss an die Operation das Tragen von Antithrombosestrümpfen strikt verweigert hatte. Mit der Begründung, sie passten nicht zu ihren Massaro-Pantoffeln.

Schwester Hildegard hatte also vollkommen recht: Millvina würde abtreten, es konnte jeden Moment so weit sein. Sie würde den Folgen der dauernden Raffung und Straffung und forcierten Verjüngung erliegen. Im Übrigen wäre es hochwahrscheinlich gewesen, dass Millvina auch bei jedem anderen Eingriff an Komplikationen zu leiden gehabt hätte, denn sie war alt. Viel älter, als selbst die meisten derer dachten, die sie nicht leiden konnten. Seit Jahren litt sie an einem Emphysem, an Rheumatismus und Arthritis; sie hatte mehr Privatkliniken von innen gesehen als Christina Onassis – aber sie lebte. Sie füllte ein Dasein, dessen Emblem und Leitmotiv für einige Beobachter mit dem Siegelbild graziöser Langeweile beschlossen zu sein schien, doch derlei Urteile sind schnell gefällt und schwer zu begründen.

Millvina Van Runkle, die hier, wie immer viel zu bombastisch gekleidet, in dem Bett lag, das ihr Totenbett werden sollte, in einer schillernden Seidenrobe, deren gepuffte Ärmel die untere Hälfte ihrer inzwischen kalten und blutleeren Oberarme entblößten, Millvina Van Runkle hatte ein Leben für die Gesellschaft geführt. Und solche Existenzen sind, wiewohl scheinbar leicht zu fassen, doch im Grunde rätselhaft. Zum Beispiel ließ sich schwerlich sagen oder vermuten, ob sich nun ihre besten Freunde oder flüchtigsten Bekanntschaften hier zu Besuchen einfanden. Denn derartige Prädikate waren einigermaßen beliebig und auswechselbar in jener Sphäre, in der unsere Geschichte spielt, in jenen Kreisen, wo man Leute, denen man Pest und Cholera an den Hals wünscht, Mimi und Chessy nennt.

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