Leute von Welt - Philipp Tingler - E-Book

Leute von Welt E-Book

Philipp Tingler

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Beschreibung

Einsichten dieser Qualität haben einen Namen: Philipp Tingler. In seiner neuesten Sammlung essayistischer und satirischer Kurzprosa wird neben Problemen der Globalisierung unter anderem die Frage behandelt, ob Seelenfrieden überschätzt wird, wie man am geschicktesten mit seinen besten Feinden umgeht, und was man anziehen soll, wenn man von Louis Vuitton zum America’s Cup eingeladen wird. Mit der ihm eigenen (selbst-)ironischen Prägnanz widmet sich der Autor nicht nur Phänomenen der sogenannten besseren Gesellschaft, sondern auch Charakterstudien und Lokalkoloriten. Er ist ein Virtuose, der das psychologische Porträt und die literarische Kritik genauso beherrscht wie den Reisebericht. Sorgen mit dem Personal? Probleme in der Beziehung? Nicht sicher, ob Sie sich tätowieren lassen sollen? Lesen Sie Philipp Tingler.

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Seitenzahl: 353

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INHALT

» Über den Autor

» Über das Buch

» Buch lesen

» Inhaltsverzeichnis

» Impressum

» Weitere eBooks von Philipp Tingler

» www.keinundaber.ch

ÜBER DEN AUTOR

Philipp Tingler wurde 1970 in Berlin (West) geboren. Studium der Wirtschaftswissenschaften und Philosophie in St. Gallen, London und Zürich. Hochbegabten-Stipendium, Doktorarbeit über Thomas Mann und den transzendentalen Idealismus Immanuel Kants. Diverse Beiträge für Anthologien sowie für Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen, u. a. für den Westdeutschen Rundfunk, Schweizer Radio DRS, Vogue, Stern, Neon und NZZ am Sonntag. Kolumnen u. a. in GQ und Welt am Sonntag. 2001 Ehrengabe des Kantons Zürich für Literatur, 2008 Kasseler Literaturpreis für komische Literatur.

Weitere Titel von Philipp Tingler bei Kein & Aber: Juwelen des Schicksals (2005), Fischtal(2007),Stil zeigen! (2008), Doktor Phil (2010) und Leichter Reisen (2011) sowie die CD Das Abc des guten Benehmens (2008).

Der Autor lebt in Zürich.

www.philipptingler.com

ÜBER DAS BUCH

»Außerdem hilft ständiges Einkaufen, der Globalisierung ein menschliches Antlitz zu geben. Wenn ich mir heute eine neue haut-straffende Creme anschaffe, dann kann ich die Feuchtigkeitslotion von gestern an die Obdachlosen mit trockenen Ellbogen verschenken.« Einsichten solcher Qualität haben einen Namen: Philipp Tingler. In dieser neuesten Sammlung essayistischer und satirischer Kurzprosa wird neben Problemen der Globalisierung unter anderem die Frage behandelt, worin das Wesen des Glücks besteht. Oder was man anziehen soll, wenn man von Louis Vuitton zum America's Cup eingeladen wird.

Mit der für ihn typischen ironischen Prägnanz, die vor dem eigenen Ich niemals haltmacht, widmet sich der Autor nicht nur Phänomenen der sogenannten Besseren Gesellschaft, sondern auch Charakterstudien und Lokalkoloriten: von Thomas Mann bis Martha Stewart, von Zermatt bis Beverly Hills. Philipp Tingler ist ein Virtuose, der das psychologische Porträt und die literarische Kritik genauso beherrscht wie den Reisebericht; er hat einen sezierenden Blick und ist ständig in Bewegung, wenn er nicht gerade vor dem Fernseher liegt, The Girls of the Playboy Mansion schaut und dazu Mikrowellenmenüs aus PET-Verpackungen verschlingt. Und auch wie das richtig geht, erfährt die Leserschaft in diesem Buch.

»Ein Werk zwischen Shopping und Schopenhauer.«

Schweizer Illustrierte

You are cordially invited to Dick and Phillie’s for an evening of fun and games.

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT: ALLTAG UND SONNTAG

I. AMOR UND PSYCHE

Wird Seelenfrieden überschätzt?

Wo ist mein Messerbänkchen?

Langeweile und das Böse

Was ist Glück?

Richtig? Verkehrt?

II. GESCHLECHT UND CHARAKTER

Hanteln sind besser als Lava

Fag Hag (fies)

Fag Hag (supersüß)

Bitte sprechen Sie nach dem Signal

Die Kunst der Beleidigung

III. SZENEN UND EHE

Clueless

Das Gesetz der Party

Domestic Bliss

Im Himmel geschlossen?

Das sind ja schöne Freunde!

IV. BILDUNG UND GEFÜHL

Beste Feinde

Immaculadas schwerste Stunde

Süße Saumsal

Die Reklamation

Service inklusive

V. ANZIEHEN UND AUSZIEHEN

Geschlagen von Naomi

Bomber

Handwerk des Glücks

Hausschuhe

VI. GENIE UND EINFALT

Brooke Astor: Lass was auf dem Teller

Louis Auchincloss: Die Obersten Fünfhundert

Thomas Mann: Ironische Reserve

Martha Stewart: Martha macht das Beste draus

The Sugababes: Zucker fürs Gehirn

Oops! … I did it again

VII. IRONIE UND KRITIK

Fritz Raddatz: Der Stellvertreter

Jenny Erpenbeck: Folter

Ruth Schweikert: Blas nicht in die Glut, Ruth!

Amelie von Wulffen: Die Flucht vor der Gesellschaft

Oscar Wilde: Sankt Oscar beim Abendmahl

Paul Nizon: Gebärdenreiches Grün

VIII. BEL AIR UND DER REST DER WELT

Das Beverly-Hills-Experiment

Nerz und Schotbruch

Hautevolee und Pulverschnee

Blick auf Berlin

Wenn die Ober Trauer tragen

Großer Bahnhof, kleine Koffer

Schöne Geschäfte

IX. FRAGEN UND ANTWORTEN

Wie ruppig sind Sie wirklich?

Wie verwöhnt sind Sie wirklich?

Wie hypochondrisch sind Sie wirklich?

Neigen Sie zur Sünde?

X. ANSICHTEN UND AUSKÜNFTE

Was Sie schon immer über Homosexuelle wissen wollten oder vielleicht auch nicht

Wie wohnen Sie?

Fluchen Sie beim Autofahren?

Fragen ohne Antwort

Beziehungsknigge

Ist der gut geformte Bizeps ein Statussymbol?

Papier bleibt geduldig

NACHWORT: GESTALT UND WIRKLICHKEIT

VORWORT

Alltag und Sonntag

I will never understand people.

ELAINE BENES

Guten Tag! Ich freue mich, dass Sie dieses Buch gekauft haben. (Oder es auf sonst irgendeine legale Weise in Ihren Besitz gelangte. Oder Sie sich die Anschaffung wenigstens gerade überlegen.) Leider weiß ich nicht, wie das bei Ihnen aussieht, aber was mich betrifft, so verhält es sich folgendermaßen: Da ich keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgehe, kann ich nicht wirklich zwischen Alltag und Sonntag unterscheiden (von den geschlossenen Geschäften und dem katastrophalen Fernsehprogramm, die in Kontinentaleuropa einen Sonntag immer noch auszeichnen, mal abgesehen). Diese Unfähigkeit habe ich übrigens mit einigen Charakteren gemein, die in diesem Buch auftreten, zum Beispiel Suzanne Saperstein, Goldie Hawn, Thomas Mann oder Tante Gretel (jedenfalls zu ihren besten Zeiten). Und Martha Stewart, solange sie im Kittchen saß. Die Vermischung von Alltag und Sonntag, die sich eigentlich nach christlicher Überlieferung nicht gehört, bildet auch den atmosphärischen Hintergrund für einige der in diesem Büchlein versammelten Beiträge, etwa Das Beverly Hills Experiment oder Nerz und Schotbruch oder Haute Volee und Pulverschnee. All diese Geschichten befassen sich, absichtlich oder zwangsläufig, mit einer Abteilung der Gesellschaft, die man früher, als es noch kein Privatfernsehen gab, die Bessere zu nennen pflegte. Die Bessere Gesellschaft ist allerdings, man mag das beklagenswert finden oder nicht, heutzutage vom Aussterben bedroht, und mit ihr ihre Chronisten. (Louis Auchincloss, dessen Porträt Sie ebenfalls in diesem Buche finden, ist einer der letzten.)

Nun könnte man ja denken: »Na, das ist ja fein, wenns keinen Unterschied zwischen Alltag und Sonntag gibt – dann ist ja sozusagen immer Sonntag! Jupieh!« – aber so ist der Mensch nun auch wieder nicht. Der Mensch ist nicht happy, wenn immer Sonntag ist. Viele Leute halten das gar nicht aus und drehen dann durch oder sonst was, und auch davon ist in diesem Buch die Rede, zum Beispiel unter der Überschrift Langeweile und das Böse (aber auch an vielen anderen Stellen). Jedenfalls braucht man viel Disziplin für so ein Sonntagsleben. Mein eigenes Dasein beispielsweise ist furchtbar streng. Der Außenstehende versteht das vielleicht nicht immer und denkt gar, ich lebte in Saus und Braus und ließe ansonsten den lieben Gott einen guten Mann sein, bloß weil ich in der Kundenkartei bei Maxfield’s stehe (und unerklärlicherweise auch bei Chanel – lesen Sie dazu Clueless) oder mit einem riesigen Mercedes Hollywood Convertible von A nach B fahre (falls ich nicht die falsche Ausfahrt nehme und nie in B ankomme – lesen Sie dazu Fluchen Sie beim Autofahren?) oder regelmäßig meinen Personal Trainer treffe (lesen Sie dazu Das sind ja schöne Freunde! und Ist der gut geformte Bizeps ein Statussymbol? sowie Das Unbehagen in der Kultur, was allerdings gar nicht von mir verfasst wurde und daher auch nicht in diesem Band zu finden ist).

Und es ist ja auch vernünftigen Menschen kaum begreiflich zu machen, worin der zehrende Kasernendrill besteht, wenn einer gemütlich ausschläft und stundenlang mit der Konsulin im Heugümper beim Lunch sitzt (Tisch 10), wonach er noch Zeit findet, sich mit seiner sizilianischen Änderungsschneiderin (Bomber) oder unvollkommen arbeitendem Luftverkehrsgesellschaftspersonal auseinander zu setzen (Die Reklamation), von dem aus Costa Guetemexicarica stammenden Personal zuhause mal ganz abgesehen (Immaculadas schwerste Stunde). Oder sich da rumzutreiben, wo die Häppchen small sind und der Talk auch (Großer Bahnhof, kleine Koffer). Doch ich muss derlei oberflächliche Zerstreuungen ernst nehmen, weil sie ein inspirierendes Gleichgewicht bilden in der Balance mit meinen Zeiten zu Hause, vor dem Schreibtisch.

Übrigens haben auch meine Stunden daheim den Anschein ruhelosen Nichtstuns und könnten dem wenig unterwiesenen Betrachter nur schwerlich als mühsam errungene Arbeitszeit vorkommen. Es sieht einfach nicht sehr nach Arbeit aus, wenn man von einem übermöblierten Raum in den nächsten tappt, sich ab und zu auf entsetzliche Krankheiten überprüft (Wie hypochondrisch sind Sie wirklich?), zwischendurch bei Scotch und Maalox das Supersmile Accelerator Kit bei HQhair.com bestellt und anschließend, das Hochzeitsfoto seines Bruders betrachtend, Anything You Can Do, I Can Do Better in das schnurlose Telefon singt (habe ich wirklich aufgelegt?), um sich dann nach zwei, drei weiteren Stunden, die man pflichtschuldig mit Sortieren, Rumrascheln, Widerstreben, dem Sichten seiner T-Shirt-Sammlung (Geschlagen von Naomi) und dem Betrachten von 101 Incredible Celebrity Slimdowns sowie dem Verzehr von Proteinshakes verbracht hat, erneut zum Schreibtisch zu begeben (Süße Saumsal). Inzwischen ist es nachmittags um sechs oder vier Uhr früh, man könnte schon beinahe wieder irgendwohin gehen oder die Anrufe nach Palm Springs erledigen oder zum soundsovielten Mal eine seiner Lieblingsfolgen von Veronica’s Closet schauen (Veronica’s Office: Bigger, Longer and Cuter) – aber stattdessen gelingt es einem, unter weiterem erheblichen Proteinverbrauch und mit einem kleinen Schläfchen zwischendurch, erfolgreich ein paar Seiten zu füllen. Selig, einer toten Materie Form verliehen zu haben, zieht man sich anschließend um (wozu hat man die T-Shirt-Sammlung) und stürmt davon, befriedigt und gelöst, als ob man eine Kerkerstrafe verbüßt und nun für die nächsten Stunden Ausgang bekommen und für kurze Zeit ein Leben hätte wie alle anderen.

Und so ungefähr ist dieses Buch entstanden, das Sie jetzt in Händen halten und vielleicht sogar schon besitzen. Dieser Band enthält, neben manch schöner Stelle voll dichterischer Beredsamkeit, die sich jedem Leser von Empfindung selbst anpreisen wird, ein paar schüchterne Vorschläge zu Antworten auf allgemeine Daseinsfragen, wie wir alle sie schon manchmal gedreht und gewendet haben, in der Warteschlange beim Fleischer oder während wir darauf hofften, dass diese lärmende muselmanische Großfamilie endlich den Business-Class-Schalter freigibt, an dem sie hochwahrscheinlicherweise sowieso vollkommen unberechtigt verhandelt, Daseinsfragen wie: Wird Seelenfrieden überschätzt? oder Was ist Glück? oder Wo ist mein Messerbänkchen? (Beziehungsweise, in der allgemeineren Form: Sind wir alle Diebe? Und bevor dieses sozialpsychologische Rätsel geklärt ist, halten Sie lieber Ihre Wertsachen fest, wenn die Verwandtschaft zu Besuch kommt!)

Sie erfahren in vorliegendem Band außerdem, warum der Mensch zum Trödeln neigt und wie Sie es schaffen, endlich Ihren Schreibtisch aufzuräumen. Oder warum Sie sich davor hüten sollten, Ihren Gärtner zu Familienfeiern einzuladen oder mit Ihrer Aromatherapeutin in die Ferien zu fahren. Und falls dies nicht das erste Buch ist, das Sie von mir lesen, dann werden Sie einige Damen und Herren wieder treffen, die man einfach bei mir immer wieder trifft, entweder weil sie ganz hervorragende gesellschaftliche Referenzpunkte darstellen, wie der Duke und die Duchess of Windsor oder die einzigartige Joan Collins, oder weil sie ganz hervorragende persönliche Referenzpunkte verkörpern, und dies tut vor allen anderen Richie, mein treuer Lebenspartner. Sie treffen Richie zum Beispiel in Clueless, wo er mich für milde verrückt erklärt, als ich das dreiundzwanzigste Paar Cargo Pants kaufe, oder in Das Beverly Hills Experiment (beinahe wären wir im Beverly Wilshire Hotel über die Rapperin Eve gestolpert) oder in Das Gesetz der Party, wo er mich abführt mit dem Griff eines Eisenbahnbremsers, weil ich mal wieder was Furchtbares gesagt habe … mir fehlt es offenbar manchmal an Feingefühl … und schon geht alles kaputt, was ich nicht vorsichtig berühre … und schon tue oder sage ich etwas, das nie wieder gutzumachen ist … und schon geschieht es mir, dass ich anderer Leute Leben ruiniere. Passiert mir andauernd. Und schon gelte ich als schwierig. Dabei bin ich ein guter Mensch! Zum Beispiel zupfe ich nie an meinen Haaren im Kino! Und mit dem Kauf meines Supersmile-Accelarator-Dings unterstütze ich autistische Kinder, weil ein Teil des Verkaufserlöses an die Stiftung Autism Speaks geht, und ich nehme an, davon werden auch Kinder begünstigt (und nicht nur Leute wie Dustin Hoffman).

Im Vorwort zu meinem letzten Buch habe ich geschrieben, Rich und ich seien fated to be mated, und das ist natürlich immer noch wahrer als je zuvor. Meistens haben wir so viel Spaß wie die Taylor-Burtons zu ihren besten Zeiten (im Bungalow 5 im Beverly Hills Hotel), auch wenn Dick mich neulich vielmehr als Mischung aus Bud Spencer und Jocelyne Wildenstein charakterisiert hat, aber das geschah im Affekt, an einem unserer Taylor-Burton-George- & -Martha-Abende. Denn (da können Sie Tori Spelling fragen): in jeder langjährigen Beziehung gibt es ja krisenhafte Momente, so wie neulich, als ich von Berlin nach Hause kam und meine Fat Pants nicht fand.

»Wo sind meine Fat Pants?«, rief ich aus der Tiefe des Kleiderschranks, »die waren noch da, bevor ich ging. Wo sind sie? Ich meine, also, wenn meine Fat Pants weg sind, dann kann ich mich ebenso gut gleich umbringen, so wie damals, als der Fernseher plötzlich den Geist aufgab … Richie! Dickie? Dick! Where are my Fat Pants?«

Apropos Fernseher: Während meiner Abwesenheit war Rich auch noch die Fernbedienung runtergefallen, die hatte er dann mit Kreppklebeband geflickt, und das gehört zu den Sachen, die einen, auch wenn sonst alles in Ordnung scheint, irgendwie sofort zum Randständigen stempeln: Zahnlücken und geflickte Fernbedienung, das sieht immer sofort verwahrlost und sozial auffällig aus, finden Sie nicht auch? Na ja, wenigstens fanden sich die Fat Pants wieder (wenn Sie sich schon die ganze Zeit fragen, was Fat Pants eigentlich sind, werfen Sie einen Blick auf das Cover dieses Buches, ich habe extra für Sie welche angezogen – und lesen Sie zur semasiologischen Entschlüsselung des Begriffs »Fat Pants« unbedingt Domestic Bliss in diesem Band). Sie waren unter Richies Motorradsachen vergraben, und nur wenige Tage später nahm ich eine neue entscheidende Barriere. »Kleines«, sagte ich glücklich zu meinem Lebensgefährten am Telefon, »heute war ich zum ersten Mal mit den Fat Pants einkaufen im Pick Pay! Ich bin entweder auf dem Weg zu den Olsen-Twins oder Richtung Hartz IV, das habe ich noch nicht so genau herausgefunden – aber es ist ein herrliches Gefühl!«

Der nächste Höhepunkt folgte kurze Zeit später, als Denis, der Typ von den Hörkolumnen, bei uns vorbeikam, um mir zu erklären, wie ich MP3-Dateien erstellen und im Internet platzieren kann, das ist jetzt auch alles gar nicht so wichtig, wichtig ist nur, dass ich Denis die Tür öffnete (um etwa 18:00 Uhr), und Rich und ich trugen Fat Pants und so T-Shirts, wo vorne Paul Gascoigne drauf ist und auf dem Rücken steht TEARS OF A CLOWN. Der arme Denis kommt also rein und sagt: »Uh! Tut mir Leid, wenn ich euch geweckt habe!«

Ich bin etwas vom Wege abgekommen. Ich wollte Ihnen doch das Buch vorstellen. Manche, aber nicht alle Beiträge in dieser Sammlung sind übrigens bereits in Zeitungen, Zeitschriften und Hochglanzmagazinen veröffentlicht worden. Aber selbstverständlich gibt es eine Fülle von eigens für diesen Band verfertigten Stücken – und es gibt andererseits einige Beiträge, die für die Veröffentlichung in Zeitungen und Zeitschriften bestellt und geschrieben, aber dann doch nicht gedruckt wurden. Für so was sind unterschiedliche Gründe denkbar. Bei Sachen, die von mir verfasst werden, ist der Grund in der Regel der, dass Porträts oder Besprechungen zu kritisch ausfallen.

Das war zum Beispiel der Fall bei Amelie von Wulffen. Frau von Wulffen, die Bilder aus Resten anderer Bilder zusammenbastelt, gilt manchen Kunstsachverständigen als geradezu poetisches Talent. Ich traf sie und hatte nicht diesen Eindruck. Aber vielleicht hatte ich einfach zuvor noch niemanden getroffen, der ausschließlich aus rezessiven Genen besteht. Sie müssen verzeihen, aber im Grunde meiner Seele bin ich vermutlich ein zutiefst bürgerliches Individuum, und nur daher kommt es wohl, dass ich mich immer noch auf gute alte Art aufregen kann über Schmonzes, Schmu und Schnickschnack, den ein hervorragend institutionalisierter Deutungsbetrieb zur Kunst erklärt, seien das nun die wertlosen Machwerke von Frau von Wulffen oder irgendwelcher Postpopschnöselliteraten oder Fließbandwundereintagsfliegen aus der Schreibschule Leipzig. Und daher kommt es wohl auch, dass ich mich auf altmodische Art darüber aufregen kann, dass ein talentloser Feierabenddichter wie Peter Handke, der eine Rede auf der Beerdigung des Kriegsverbrechers Milosevic gehalten hat, ausgerechnet den Heinrich-Heine-Preis erhalten soll, worauf der Düsseldorfer Stadtrat dann plötzlich doch Bedenken hat, worauf Herr Handke, muksch und feige, den Preis vorsichtshalber ablehnt, worauf eine Knallcharge wie Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, sich nicht enblödet, den Nobelpreis für Handke zu fordern. Wenn ich im Namen aller auch nur halbwegs Nichtbekloppten auf diesem Planeten sprechen darf, was ich gelegentlich tue, so kann ich dazu nur sagen: Sonst geht’s danke, ja?

Ein gutes Beispiel für die wechselseitige Verstärkung von Ramsch und Raunen und damit das Funktionieren der sogenannten Verhunzungsspirale (ungefähr seit 1947) ist auch Fritz Raddatz. Meine von der Weltwoche bestellte Rezension von dessen Lebensrückblick wurde betrüblicherweise gleichfalls nicht veröffentlicht, obschon Herr Raddatz dort gerade als typischer Fall gewürdigt ward, und zwar typisch dafür, dass die meisten Probleme auf der Welt durch Minderwertigkeitskomplexe entstehen. (Die Ersatzrezension durfte dann, wenn ich mich richtig erinnere, Rolf Hochhuth schreiben, der lustigerweise auch ein Exempel dafür ist, dass die meisten Probleme auf der Welt durch Minderwertigkeitskomplexe entstehen.) Überhaupt geht es mir gerade bei der kritischen Betrachtung von Gestalten aus dem sogenannten Kultur- und Geistesleben immer vor allem um den Typus, der durch sie repräsentiert wird. Denn Erscheinungen wie etwa Jenny Erpenbeck oder Ruth Schweikert sind ja als Einzelfälle gewiss ärgerlich, aber doch völlig unbedeutend.

OK, das sage ich eigentlich immer nur, weil es sich so diskursiv und erwachsen anhört. In Wahrheit kriege ich auch schon beim Anblick mancher Einzelfälle eine aversionsbedingte Mundtrockenheit. Oder, wie ich zu Richie über die Erpenbeck sagte: »Alles an ihr passt mir nicht. Ihr Haar. Ihr Kleid. Ich mags nicht, wie sie atmet!«

Mein Lebenspartner erwiderte: »Du bist hart, aber gerecht, Kleines.«

Und nun genug davon. Sie haben sicher längst mitgekriegt, worums mir geht: Wenn ich einige meiner Schriftstellerkollegen und -kolleginnen betrachte, fällt mir eigentlich nur ein, was mein großes Vorbild Edie Britt zu dem Bauarbeiter sagte (mit dem sie sich dann allerdings trotzdem fürs Hotel verabredete): »Wir spielen in zwei so völlig verschiedenen Wettkampfklassen, dass es nicht mal mehr die gleiche Sportart ist!«

Man kann es auch mit Heine sagen: »Satire muss persönlich sein.« Das ist ein schönes Prinzip, und man braucht ja ein paar Prinzipien. Ich habe mir zum Beispiel bereits als ich klein war geschworen, dass ich für Interkontinentalflüge niemals Economy Class reise. Und das bringt uns zur nächsten Abteilung dieses Bandes: den Reiseberichten. Ich bin recht viel unterwegs. Jedenfalls hat mir neulich der freundliche junge Mann bei Starbucks am Flughafen Zürich-Kloten erklärt, dass ich von nun an den Airport Staff Discount erhalten würde, weil er mich so häufig sähe.

Wir werden unter anderem den Rodeo Drive hinunterspazieren und unter den Augen von Reese Witherspoon in der Polo Lounge des Beverly Hills Hotel eine riesige Portion Eggs Benedict verschlingen (Reese isst natürlich nur Salat). Wir werden auf Einladung eines ziemlich wählerischen französischen Koffermachers beim America’s Cup auf dem Öresund zuschauen und sieben verschiedenfarbige Sorten Champagner im Imperial Hotel in Wien hinunterstürzen (und ich werde außerdem nach Erscheinen des dazugehörigen Erlebnisberichtes Wenn die Ober Trauer tragen von einigen André-Heller-artigen Österreichern zur persona non grata erklärt – während der vernünftige Teil des Landes mich vernünftigerweise liebt). Außerdem werden wir im Grand Hôtel des Bains in St. Moritz andauernd die Zimmer wechseln. Und bei all diesen mehr oder weniger perfekt geführten Fünf-Sterne-Häusern mit ihren Heerscharen von dienstbaren Geistern werden Rich und ich gelegentlich an jene Curb-Your-Enthusiasm-Episode erinnert, in der Larry David das Trinkgeldproblem behandelt: Muss man jedem livrierten Geschöpf, das einem den Lichtschalter zeigt, was in die Hand drücken? Aufklärung darüber liefert der Beitrag Service inklusive.

Außerdem hat mir mein Lebensgefährte (ich glaube, es war angelegentlich der Wien-Reise), nachdem er im Flugzeug drei Mal mit mir die Sitzplätze wechseln musste, erklärt, dass meine deutsche Neigung zur situativen Optimierung und dem zwanghaften Bestreben, in jeder Schlange immer ganz vorne stehen zu müssen, immer extremer und allmählich unerträglich werde. Und dann sagte er: »Achtung, Kleines, da ist noch Zellophanfolie zwischen den Sandwiches! … Du weißt schon, dass das zwei Sandwiches sind?«

Doch Phänomene wie Maßlosigkeit, Habsucht und Geltungsdrang entspringen im Grunde einem lauteren Motiv, nämlich dem guten alten menschlichen (oder wenigstens protestantischen) Bestreben, mit dem Nachbarn mitzuhalten. Irgendwie ist heutzutage ein bisschen in Vergessenheit geraten, dass wir derartigen Antrieben auch viele bedeutende Kultur- und Zivilisationsleistungen zu verdanken haben (auch und gerade in Milieus, wo man den Nachbarn eigentlich nie zu Gesicht bekommt, weil man beispielsweise in Holmby Hills lebt). Ihre eigene Neigung zu diesen und anderen Charakterzügen können Sie in der Teste-Dich-selbst-Abteilung dieses Bandes abfragen, wo Sie beispielsweise die Antwort auf Fragen finden wie Wie ruppig sind Sie wirklich? oder Wie verwöhnt sind Sie wirklich? oder Neigen Sie zur Sünde? Und sollte der eine oder andere Test verheerend ausfallen, denken Sie daran: Die Bewertung ist reine gesellschaftliche Übereinkunft. Noch in der Antike galt etwa die Muße als erstrebenswertes Ideal. Und selbst wenn man ein bisschen prunksüchtig, drogensüchtig und geltungssüchtig ist, ist man noch lange nicht Hermann Göring! Und fest steht außerdem: Vulgarität ist keine Sünde – sonst sieh dich vor, Kimora!

Nachdem Sie auf diese Weise was über sich selbst erfahren haben, können Sie auch noch was über mich erfahren. Schließlich wissen Sie ja zum jetzigen Zeitpunkt eventuell noch nicht allzu viel über mich. Ich nehme mich ja auch immer sehr zurück, das liegt so in meinem Wesen. Gelegentlich aber werde ich gebeten, an Rundfragen oder Interviews teilzunehmen, und davon können Sie im Kapitel Ansichten und Auskünfte eine Auswahl derjenigen nachlesen, die Fragen von quasi allgemeinerem Charakter behandeln. Wenns nur um mich ginge, würde ich Ihnen das nicht auftischen. Ich nehme mich ja immer sehr zurück.

Und dann, wenn nicht schon jetzt, werden Sie merken: Der ästhetische Zustand ist kein Zuckerschlecken, sondern, wie Mike Skinner sagt: The hardest way to make an easy living. Das bedingte Glück der Fassung – das ist vielleicht das Höchste, was man erreichen kann; das Leben ist Arbeit, und die Arbeit ist schwer, oft genug ein freudloses und mühseliges Stochern, man stochert und hämmert und meißelt, mit soldatischer Zucht, energischem Wollen, zähem Streben, beständig nach dem Reinen, Geistigen, Göttlichen ringend, in olympischer Selbstverleugnung, an der schon Heroen und Heilige verblutet sind! Doch man hat sich nun einmal daran gewöhnt, und man kann auch gar nicht anders, denn nicht zu arbeiten – das ist die Hölle. Und alle, die mit und um einen herum leben, haben sich, jeder auf seine Art, daran gewöhnt.

Allen voran Richie.

»Ich mag Kendra am liebsten«, erklärte ich Richie neulich, als wir einen Trailer für The Girls of the Playboy Mansion auf E! sahen.

»Interessant!«, erwiderte mein Lebenspartner, »und weißt du auch, wie die anderen heißen?«

»Na klar«, antworte ich, »Holly und Bridget!«

»Machst du eigentlich auch noch was anderes?«, erkundigte sich mein Lebenspartner.

»Menno«, erwidere ich, »ich muss regelmäßig E! schauen. Ich muss sehen, wie aufgepumpt die Schlauchboot-Lippen von Melanie Griffith im Moment sind, und ich muss wissen, dass Pamela Anderson im Prinzip aus dem gleichen Material besteht wie eine Veranda in Illinois. Das sind alles wichtige Informationen für meinen Beruf, Richie! Oh – und nachher kommen die Holzfällermeisterschaften auf Eurosport!«

Ich wünsche gute Unterhaltung.

I.

Amor und Psyche

RICH:  

Gestern Nacht habe ich schlecht geschlafen. Ich habe wach gelegen und mich gefragt, wo stehen wir im Gefüge der Dinge, wo führt das alles hin, soll ich jetzt ein zweites Motorrad kaufen …

ME:  

Hast du ’n Knall? Wozu gibts Schlaftabletten?

RICH:  

Kein Wunder! Wieso bin ich nicht überrascht? Es ist ja wohl auch sinnlos, sich mit jemandem über das Gefüge der Dinge und den Sinn des Lebens auseinander setzen zu wollen, der mal seinen Schuh nach einem Schwan geworfen hat!

ME:  

Der Schwan wollte mein Sandwich fressen!

WIRD SEELENFRIEDEN BERSCHTZT?

Reizbar, deprimiert und unzufrieden? Kopfschmerzen, Schlafstrungen, Verdauungsprobleme? Fhlen Sie sich entnervt und energielos und mssen sich zu jeder Ttigkeit zwingen? Dann knnten Sie am Burnout-Syndrom (BOS) leiden. Mglicherweise natrlich auch an einem nervsen Erschpfungszustand (NEZ), einer depressiven Verstimmung (DV) beziehungsweise an einem unklaren Mdigkeitssyndrom (UMS). Ein bisschen unklar sind all diese Syndrome, gemeint ist aber immer was hnliches: der Zustand der inneren Leere und seelischen Verausgabung infolge von Stress und berlastung durch uere Aufgaben oder zwanghaft an sich gezogene Verpflichtungen. Verpflichtungen branden ja massenhaft an uns heran in unserer hochnervsen, gnadenlosen, turbokapitalistischen Nonstop-Gesellschaft, die an das arme erodierte moderne Subjekt immer hhere Ansprche stellt. Und was man in den achtziger Jahren noch als Managerkrankheit bezeichnete, kann heute jeden und jede treffen: Berufssportler, Krankenschwestern, Lehrer, Landtagsabgeordnete, sogar Ricky Martin.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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