Schreiben. - Christiane Schünemann - E-Book

Schreiben. E-Book

Christiane Schünemann

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Beschreibung

Kate Morton liebt Notizbücher. Autoren Schreiben.heute auch noch mit Tinte auf Papier. In seinen Romanen öffnet John Irving die Tür zu seinem Schreibzimmer. Karen Blixen war eine Meisterin des ersten Satzes. Der Rahmen von Boccaccios berühmten Novellenzyklus regt zu einer Schreibwerkstatt an. Es Schreiben.nicht nur Solisten, es geht auch im Duett. Goethes Bestseller dient noch als Modell für einen Briefroman. Edgar Allan Poe begründete die moderne Detektivgeschichte. Ein Lied auf die Stenografie. Und Charles Dickens schuf einen unvergesslichen Bösewicht. – »Da hat sich jemand dran gemacht, den Großen mit Witz und Esprit über die Schulter zu schauen und sie sich als Teil ihrer eigenen Geschichten und Charaktere vorzustellen.« Alexandra Ahrens, www.thalia.de

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Seitenzahl: 96

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Christiane Schünemann

Schreiben.

Essays

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kate Morton. Ins Notizbuch geschaut

Mit Tinte auf Papier. Handschriftliche Erfahrungen

John Irving. Und wie er schreibt

Karen Blixen. Eine Meisterin des ersten Satzes

Giovanni Boccaccio. Eine Schreibwerkstatt der Renaissance

Schreiben im Duett. Zusammen schreibt man weniger allein

Johann Wolfgang von Goethe. Von Klassikern lernen

Edgar Allan Poe. Der Begründer der Detektivgeschichte

Ein Lied auf die Stenografie. Im Sprechtempo schreiben

Charles Dickens. Sein Geizhals und die Geister

Impressum neobooks

Kate Morton. Ins Notizbuch geschaut

Faible fürs Notieren

Kate Morton, die bisher fünf Romane veröffentlicht hat, die sich weltweit bestens verkauft haben, entwickelt ihre Romane in Notizbüchern. »I am absolutely a notebook person.« Ein neues Buchprojekt beginnt sie immer mit dem Aussuchen eines neuen Notizbuches. Dabei müssen ihr das Cover, das Papier, die Linienführung und die Art der Bindung gefallen.

Für ihre Romane recherchiert sie aufwendig. Sie liest viele Bücher, Zeitungen, Briefe und Tagebücher. Sie sieht sich Filme aus der Zeit an, in der ihre Geschichte spielt. Und sie hört die Musik dieser Zeit. In ihren Notizbüchern sucht sie Antworten auf ihre eigenen Fragen, die da sind: »Was macht die Person?«, »Warum macht sie das?«, »Wie hängen verschiedene Sachen miteinander zusammen?« Auf diese Weise entsteht die Struktur eines Romans. »Für mich ist die Struktur, die Architektur des Buchs, Teil der Freude am Schreiben.« Diese teilweise unordentlichen Notizbücher, in die sie Zettel auch klebt und tackert, gehören nur ihr allein. Ein anderer könnte damit sowieso nichts anfangen.

In ihrem Roman Der verborgene Garten gibt es die Autorin Eliza Makepeace, die wie Kate Morton mit Notizbüchern arbeitet: »Zwölf Notizhefte hatte sie schon gefüllt und konnte nicht aufhören. Im Gegenteil, je mehr sie schrieb, desto lauter schwirrten die Geschichten ihr im Kopf herum und drängten darauf, freigelassen zu werden. Sie wusste nicht, ob sie etwas taugten, und eigentlich war ihr das auch egal. Sie gehörten ihr, und indem sie sie niederschrieb, wurden sie wirklich.«

Versuche und Erfolge

Bevor ihr erster Roman veröffentlicht wurde, hatte Kate Morton zwei Romanmanuskripte fertig gestellt, die kein Verlag haben wollte. Die ersten beiden Manuskripte hatte sie am Markt orientiert geschrieben. Dann hat sie sich damit abgefunden, eine »abgelehnte Autorin« zu sein. Das dritte Manuskript hat sie dann nur für sich geschrieben. Die ersten beiden Manuskripte waren jedoch nicht umsonst gewesen, denn damit hatte sie eine Agentin – später auch Freundin – gewonnen, der sie aus reiner Gewohnheit ein paar Kapitel geschickt hatte. Diese Agentin hat dann einen Verleger gefunden, der sich für Kate Mortons noch unvollendetes Manuskript interessiert hat. Ihr erster Sohn war zu dieser Zeit zehn Monate alt, und sie hatte schon einige Zeit nichts mehr geschrieben. Die Großmütter kümmerten sich um ihr Enkelkind, und Kate Morton beendete in gerade mal vier Wochen den Roman, der unter dem deutschsprachigen Titel Das geheime Spiel erschienen ist. Ihrer Agentin hat sie den Roman Die verlorenen Spuren gewidmet: »Für Selwa, Freundin, Agentin, Heldin«.

Vielleicht hat sich Kate Morton, als sie ein Buch ihres ersten veröffentlichten Romans in den Händen hielt, gefühlt wie Eliza Makepeace: »Es war ihre erste Geschichte, die sie auf Papier festgehalten hatte, und es war ganz eigenartig gewesen, ihre Gedanken und Ideen in schriftlicher Form vor sich zu sehen. Ihre Haut fühlte sich plötzlich ungewöhnlich empfindlich an, irgendwie entblößt und verletzlich. Der Wind kam ihr kühler vor, die Strahlen der Sonne wärmer. Sie wusste nicht recht, ob ihr das Gefühl angenehm war oder ob es sie störte.«

Themen und Figuren

Kate Mortons Hauptfiguren – sie schreibt gern aus verschiedenen Perspektiven und in mehreren Zeitebenen –, sind Frauen, denn sie selbst stammt aus einer Familie mit vielen Frauen. Sie ist die älteste von drei Schwestern. Ihre Mutter hat zwei Schwestern, und ihre Großmutter gar fünf. »Bei der Art von Büchern, die ich gerne schreibe, entstehen die Geheimnisse und Rätsel aus der Komplexität der Familienbeziehungen heraus. Schwestern zum Beispiel sind sehr wichtig in meinen Büchern, weil die Beziehung einerseits von absoluter Loyalität und Vertrauen geprägt ist, andererseits gibt es zwischen Schwestern aber auch sehr großes Potenzial an Verrat. Von solchen Geschichten träumen Schriftsteller.« Und sie schreibt gern über Geheimnisse: »Für meine Bücher fasziniert mich an Geheimnissen am meisten, dass sie ihre Ursprünge bereits in der Vergangenheit haben. Sie bleiben eine ganze Zeit lang verborgen, aber irgendwann kommen sie immer an die Oberfläche.«

Auf die Frage nach der Idee zu ihrem vierten Roman Die verlorenen Spuren antwortete Kate Morton in einem Video-Interview: »Der Roman basiert nicht auf einer einzigen Idee. Es sind vielmehr verschiedene kleine Ideen zusammengeflossen. 2008 haben meine Familie und ich für drei Monate in London gelebt. Als ich dort war, hatte ich plötzlich dieses Bild vor Augen: Eine Frau rennt durch die Straßen, will unbedingt jemand Bestimmtes treffen und muss dann feststellen, dass das Haus, wo sie hinwollte, zerbombt wurde. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, wer sie war oder was sie wollte, aber ich hatte eben dieses Bild vor Augen. Außerdem sah ich das Bild von einer jungen Frau in einem Baumhaus. Auch hier wusste ich, sie wird etwas Schreckliches mit ansehen, aber was, das war mir noch nicht klar. Diese Figur habe ich sehr lange mit mir rumgetragen. Ich habe versucht, sie in andere Geschichten einzubauen, aber sie wusste es besser als ich und weigerte sich, in einer der Geschichten zu bleiben. Zum Glück habe ich sie aufgehoben, denn was ich erst nicht wusste, die beiden Puzzleteile gehörten zusammen. Und als mir klar war, wie diese beiden Frauen zueinander stehen, war mein neuer Roman geboren.«

Sie kennt das Ende ihrer Geschichten, obwohl sie manchmal gar nicht weiß, wie sie dahin kommen wird. Aber sie hat Vertrauen, dass sie dafür die Ideen finden wird. Diese Erfahrung macht auch Eliza Makepeace: »Figuren, die in ihrem Kopf herumgespukt waren, wurden deutlicher, wenn sie sie zu Papier brachte. Sie bekamen Charakterzüge, die Eliza ihnen gar nicht gegeben hatte, sagten Dinge, von denen sie gar nicht wusste, dass sie sie dachten, benahmen sich unvorhersehbar.«

Schreiben ist eine WUNDERbare Erfahrung.

Plan und Freiheit des Erzählens

Am Computer arbeitend schreibt Kate Morton dann die Kapitel bis zu zehnmal ab oder neu. So lange, bis sie die nötige Tiefe haben. Ihre Notizbücher geht sie immer wieder durch, um wirklich alles in die Geschichte zu bringen, was ihr eingefallen ist.

Als sie ein Viertel des Romans Das geheime Spiel fertig hatte, hat sie ein Notizbuch verloren. Sie hatte es auf das Autodach gelegt, um ihren Sohn anzuschnallen, es dann aber vergessen! All ihre Bemühungen, das Buch wiederzubekommen, waren vergeblich. Sie fragt sich manchmal, wie anders der Roman geworden wäre, wenn sie das verlorene Notizbuch mit den geplanten Kapiteln wiedergefunden hätte. Diese schreckliche Erfahrung hat sie aber gelehrt, dass, wie wichtig und unentbehrlich ihr das Notizbuch in dieser Zeit auch erschienen ist, ein Roman lebt und atmet und wachsen wird, vielleicht sogar besser, als in dem verlorenen Notizbuch skizziert. Kate Morton meint, dass es für jede Geschichte mehr Ideen und Möglichkeiten gibt. Das Unbewusste ist mächtig. Es braucht kein Notizbuch, um die wirklich wichtigen Ideen festzuhalten!

Und »Eliza stellte fest, dass die Figuren ihrer Geschichten mutiger wurden, wenn sie allein in ihrem Haus war. Feen spielten in den Spinnweben, Insekten flüsterten einander auf den Fensterbänken Zaubersprüche zu, Feuerkobolde spuckten und zischten im Kamin. Manchmal saß Eliza ganze Nachmittage lang in ihrem Schaukelstuhl und lauschte all den Wesen. Und spätabends, wenn sie alle schliefen, spann sie das Gehörte in ihre Geschichten ein.«

*

Die Zitate stammen aus der Ausgabe:

Kate Morton:

Der verborgene Garten, Diana Verlag 2009

Aus dem Englischen von Charlotte Breuer, Norbert Möllemann

Mit Tinte auf Papier. Handschriftliche Erfahrungen

Merkwürdig – des Merkens würdig

Liebe Leserin, lieber Leser, geht es Ihnen genauso: Wenn ich mir etwas merken will, reicht ein Knoten im Taschentuch nicht aus. Irgendwann stehe ich da und überlege, was der Knoten wohl zu bedeuten hat. Nein! Wenn ich mir etwas merken will, dann muss ich es geschrieben haben: und zwar aus dem Kopf durch den Körper in die Hand auf das Papier! Meine Augen folgen der Hand und den im Fluss der Gedanken auf dem Papier ineinanderfließenden Buchstaben der Worte, die so verschieden wie Schneeflocken sind. Aus Sprache wird Schrift. Aus Schrift wird ein Bild, das zweidimensional vor unseren Augen entsteht. Die Bewegung der Hand, das gleichzeitige Tasten von Stift und Papier und das Sehen der ungleichen Buchstaben, die wir als Wortbilder erfassen, manifestieren die Erinnerung an das Bild im Gehirn.

Mir scheint, dass die Bewegung dabei die wichtigste HANDlung ist, genauso wie sich in der Bewegung durch das Laufen oder Gehen so manches Schreibproblem lösen lässt, andere Probleme natürlich auch.

Haben Sie auch schon im Supermarkt ohne Ihren handgeschriebenen Einkaufszettel gestanden, weil Sie ihn vergessen hatten? Vermutlich brauchten Sie den Zettel gar nicht mehr, denn Sie konnten sich Ihre Einkaufsliste bildhaft vorstellen, heißt es doch: »Von der Hand in den Verstand.« Mit einer getippten und dann ausgedruckten Liste wäre diese Erinnerungsleistung nicht möglich gewesen, da das Tippen nicht so viele Sinne beansprucht.

Tempo

Auf einer Tastatur bin ich viel schneller unterwegs als mit dem Füller auf dem Papier. Aber Schnelligkeit ist nicht immer erstrebenswert. John Irving zum Beispiel schreibt seine Manuskripte grundsätzlich mit der Hand, weil ihm die Langsamkeit wichtig ist. Durch das langsamere Arbeiten gewinnt das Gehirn die nötige Zeit, um neue Gedanken mit schon gespeicherten Informationen und Gefühlen zu vernetzen. Auf diese Weise kann ein Thema tiefer und emotionaler gestaltet werden. Das ist der wichtigste Effekt des handschriftlichen Arbeitens! Und wenn Stift und Papier unsere einzigen Werkzeuge sind, dann können wir auch längere Zeit konzentriert arbeiten, weil die Informationsflut, die via Internet über uns hereinbricht, unterbrochen ist.

Konzept

Mit diesem intuitiven Wissen ausgestattet, schreiben viele Autoren zumindest das Konzept für einen längeren Text mit der Hand, wie Kate Morton. In einem Interview mit LovelyBooks auf der Frankfurter Buchmesse 2012 sagte sie: »Ich schreibe auch am Computer, wenn es dann ans richtige Schreiben geht. Aber Monate davor verbringe ich ausschließlich mit einem Notizbuch. Dann schreibe ich absolut jede Idee auf, die ich habe. Ich habe das Gefühl, dass es eine Verbindung von meinem Gehirn über meinen Arm zu meiner Hand zum Papier gibt. Und das zwingt mich sozusagen dazu, in meiner Welt zu bleiben und mich nicht von anderen Dingen ablenken zu lassen. Am Ende habe ich dann mehr als zehn Notizbücher zusammen, die voller Texte, Kritzeleien, Pfeile und all meinen Ideen sind. All die Dinge, die ich brauche, um mich an den Ort im Buch zu versetzen.«

Auch der in Rostock lebende Autor und Journalist Frank Schlößer bereitet längere Artikel handschriftlich vor: