Schreiben mit allen Sinnen - Christiane Schünemann - E-Book

Schreiben mit allen Sinnen E-Book

Christiane Schünemann

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Beschreibung

Das Unbewusste teilt sich in Worten, Bildern und Gefühlen mit, die für das Schreiben genutzt werden können. Auch andere Faktoren bereichern den Schreibprozess. Eine Anleitung. – Das Taschenbuch ist 2010 unter dem Titel »Wie Schriftsteller in der Seele fischen« erschienen. »Wer nun aber denkt, er werde in diesem Büchlein von esoterischem Nebel umhüllt, dem sei klar gesagt: Es gibt selten einen Text in der weiten Ratgeberliteratur des Schreibens, der gleichzeitig so poetisch tiefsinnig wie praktisch daherkommt.« Frank Kaufmann, TextArt – Magazin für Kreatives Schreiben

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Seitenzahl: 89

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Christiane Schünemann

Schreiben mit allen Sinnen

Sachbuch

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Quelle

Sesam, öffne dich!

Hellsehen

Nachtgedanken

Tagideen

Innere Stimmen

Feinfühligkeit

Intuition

Das Bewusstsein ablenken

Kritiker

Rituale

Flucht in die Sucht

Kindheit

Diebesgut

Gott sei Dank!

Abschied

Die Quellen, in denen ich fischte

Impressum neobooks

Die Quelle

Von Kunst und Literatur hatte Michael Ende erwartet, dass sie Antworten auf die drei großen Fragen der Menschen anbieten:

Woher komme ich?

Wer bin ich?

Wohin gehe ich?

Märchen beantworten diese Fragen. Wir haben nur verlernt, ihre symbolträchtige Sprache zu verstehen.

Prof. Dr. Peter Heidrich hielt schon in den achtziger Jahren im zugemauerten Teil Deutschlands Vorlesungen über Märchen, wofür er zwar keinen Lohn, dafür aber volle Hörsäle bekam. Und wer zu spät kam, musste auf der Treppe sitzen.

In dem Buch Weg wird Weg im Gehen schreibt Professor Heidrich: »Unser Wort ›Märchen‹ wird auf eine sprachliche Wurzel me- oder mo- zurückgeführt, die ›groß, ansehnlich‹ bedeutet. Ein Märchen wäre dann eine kleine Geschichte von hohem Rang. Diese Geschichte handelt von den Problemen und Abenteuern der Seele. Damit spielt sich uns wiederum ein Bildwort zu, das der Geist unserer Sprache aus dem Wasser geschöpft hat: Seele, gotisch saiwala, ist das zur See gehörige. Erfahrungen mit dem Wasser, scheinbar Erfahrungen der Außenwelt, sind gleichzeitig Bildausdruck für Erfahrungen mit unserer inneren Tiefe: Die Spiegelung, im Wasser wie im Bewußtsein; das Wogende und Aufgewühltwerden, die lebensgefährliche Tiefe.«

Märchen sind keine Kinderliteratur, dafür gedacht, die Kinder in die Traumwelt zu begleiten, in der unsere Seele oft vergeblich versucht, mit uns zu kommunizieren.

»Die Richtung der Märchen: tiefer, immer zum Grund zu, irdischer, näher der Wurzel der Dinge, ins Wesen«, schreibt Franz Fühmann, dessen späte Themen »in einem solch zerbrochenen Leben« Märchen, Mythen und Träume waren, in einem Gedicht. Die Märchen spiegeln unsere Seele, darum können wir sie nicht mit dem Verstand erfassen, sondern müssen sie mit der Seele erfahren. Professor Heidrich empfahl die Meditation.

Alle Figuren eines Märchens sind Anteile unseres Wesens. Wir tragen das Sneewittchen, das sich auf seinem Lebensweg bewähren muss, genauso in uns wie die böse Stiefmutter.

Die Seele

Sie wird meist in einem Atemzug mit dem Körper und dem Geist genannt. Wie stellen Sie sich die Dreieinigkeit vor?

Ich stelle sie mir wie eine Matrjoschka vor. Wenn man eine solche Holzpuppe am Bauch auseinanderzieht, findet man darin eine kleinere Puppe, die man wiederum auseinanderziehen kann, um dann die nächst kleinere zu finden. Die erste Puppe ist unser Körper, grobstofflich, sichtbar und fühlbar. Öffnen wir diese Puppe, finden wir die nächste Puppe, feinstofflich und für unsere normalen Sinne nicht wahrnehmbar. Diese Puppe ist unsere Seele, die wiederum nur die Hülle ist für die dritte und letzte Puppe: unseren Geist. Allerdings ist der Geist nicht mit unserem Verstand zu verwechseln, dem Teil unseres Körpers, der Informationen und Erfahrungen verarbeiten kann. Unser Kern ist der von der Seele umkleidete Geist.

Die Seele wird auch das Unbewusste, die Psyche, das Wesen, das Kind in uns genannt. Alle Begriffe benennen die Unerklärbare. Unsere Vorstellungskraft endet hier.

In dem alttürkischen Märchen Der Schweigende will ein Jüngling ein dichterisches Werk erschaffen. Die Nächte verbringt er in den Schattenbereichen des zum reichen Hause gehörenden Gartens. Eine geheimnisvolle Quelle hatte dem Jüngling versprochen, ihm aus ihrem Rauschen allnächtlich neue Gedanken zu schenken, wenn er es vermag, sieben Jahre lang zu schweigen und kein Weib zu berühren.

Das Mädchen Kerimeh, die Barmherzige, erlöst den Jüngling. Auch sie liebt die Schriften. Kerimeh ist bereit, ihre Stimme zu geben, wenn der Jüngling dafür die seine zurückbekommt. Ihre Liebe und die Liebe zur Sprache können den Zauber brechen. (Die Frage, was aus dem angefangenen Manuskript des Jünglings geworden ist, beantwortet das Märchen nicht.)

Die Schweigeperiode bedeutet, dass der Jüngling sich in sein Inneres zurückgezogen hat. Die Kräfte jedes schöpferischen Berufes wachsen in dieser Zurückgezogenheit. Verausgaben Sie sich nicht vor der Zeit.

Joanne K. Rowling hatte mit sechs Jahren angefangen zu schreiben. Sie hat sich nicht vor der Zeit verausgabt, sondern viele Jahre lang geübt.

Ein Zauber ist Sprache in ihrer Urbedeutung: Worte werden Wirklichkeit. Achten Sie auf Ihre Gedanken!

Die geheimnisvolle Quelle in den Schattenbereichen des zum reichen Hause gehörenden Gartens ist die Seele, aus der Schriftsteller und andere Künstler schöpfen, das Beherrschen des jeweiligen Handwerks vorausgesetzt. Man muss die Regeln kennen, die man benutzen oder brechen möchte.

Sesam, öffne dich!

Diesen Garten mit der geheimnisvollen Quelle nannte der Psychologe Ira Progoff den »raumlosen Raum in der Tiefe der Psyche«.

Um in diesen Raum zu gelangen, reichen unsere bewussten fünf Sinne Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen nicht aus. Wir müssen unsere übersinnlichen Fähigkeiten nutzen, auch wenn zuweilen medial begabte Menschen immer noch als Spinner bezeichnet werden. Es gibt nicht nur den einen so genannten »sechsten Sinn«, sondern vier mediale Sinne:

Hellsehen,

Hören innerer Stimmen,

Intuition und

Feinfühligkeit.

Jeder Mensch verfügt über diese Sinne, jedoch nicht gleichermaßen gut. Meist ist nur ein medialer Sinn ausgeprägt und ein anderer weniger. Ich bin feinfühlig, und mitunter trifft mich ein Geistesblitz, der flüchtigste dieser vier Sinne.

Medial begabte Menschen empfangen Energien in Form von Bildern, Worten, Wissen oder Gefühlen. Wenn auch Sie Ihre medialen Sinne nutzen möchten, müssen Sie wissen, wo sich deren Wahrnehmungsbereiche befinden. Mit den vorgestellten Übungen können Sie diese Sinne wecken. Wie bei allen erworbenen Fähigkeiten müssen wir üben, um besser zu werden!

Begeben Sie sich für diese Übungen an einen Ort, an dem Sie ungestört sind und an dem Sie sich wohl fühlen. Sie können Musik spielen lassen, um störende Geräusche zu übertönen, und ein Räucherstäbchen anzünden, das reinigend wirkt. Sie können, müssen es aber nicht. (Den Seherinnen des Orakels in Delphi sagte man nach, dass sie vor ihren Weissagungen benommen machenden Weihrauch entzündeten und Lorbeerblätter kauten. Lorbeer wurde als »Hellsehkraut« bezeichnet.)

Halten Sie während der Übungen Ihren Rücken gerade. Das ist wichtig für den Energiefluss. Setzen oder legen Sie sich bequem hin. (Sind Sie erschöpft, werden Sie im Liegen wahrscheinlich einschlafen.)

Wer auch immer Shakespeare schrieb (es wird doch wohl keine Frau gewesen sein), muss das »Sesam, öffne dich!« zum raumlosen Raum gekannt haben, Goethe und andere Künstler auch.

Mit diesen vier Schlüsseln öffnen Sie den Berg:

Entspannung,

Vertrauen,

Spiel und

Nichtbegehren.

Blenden Sie den Alltagslärm aus. Nur im entspannten Zustand, oft, während Sie mit einfachen Tätigkeiten beschäftigt sind, braut sich in Ihrer Tiefe etwas zusammen, das über einen medialen Sinn in Ihr Bewusstsein dringt, wenn Sie es zulassen.

Vertrauen Sie Ihren Fähigkeiten.

Spielen Sie absichtslos und unbekümmert wie ein Kind.

Erzwingen Sie nichts. Cesare Pavese sagt: »Man erlangt die Dinge dann, wenn man sie nicht mehr begehrt.«

Hellsehen

Erinnern Sie sich an das Märchen Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein der Brüder Grimm? Zweiäuglein wird von ihrer Mutter und den beiden Schwestern wie ein Aschenputtel behandelt. Das Mädchen muss die Ziege hüten und beweint sein Schicksal. Eine weise Frau rät Zweiäuglein, zu der Ziege zu sprechen: »Zicklein, meck, Tischlein, deck.« Dann würde ein sauber gedecktes Tischlein mit den köstlichsten Speisen vor ihr stehen. Die Mutter und die Schwestern wollen herausfinden, warum Zweiäuglein die Brocken, die sie ihr hinwerfen, nicht mehr anrührt. Zuerst geht Einäuglein mit zum Ziegenhüten, aber Zweiäuglein singt die Schwester in den Schlaf: »Einäuglein, wachst du? Einäuglein, schläfst du?« Als Dreiäuglein mitgeht, singt Zweiäuglein ihre Schwester auch in den Schlaf. Unbedacht jedoch singt sie: »Dreiäuglein, wachst du? Zweiäuglein, schläfst du?« Mit dem wachen dritten Auge kann Dreiäuglein sehen, wie sich Zweiäuglein an den Speisen der Ziege labt.

Das dritte Auge, das mediale Sehfeld, finden wir auf der Mitte der Stirn, etwa ein bis zwei Zentimeter über den Augenbrauen. Die Inder schmücken es mit einem farbigen Punkt. Die Rituale der Taufe und des Segens schließen diesen Bereich ein.

Sie können das mediale Sehfeld wahrnehmen, wenn Sie sich mit geschlossenen Augen auf die Innenseite Ihrer Stirn konzentrieren, so als würden Sie auf einen kleinen Bildschirm schauen. Botschaften, die wir über das mediale Sehfeld empfangen können, erreichen uns sowohl am Tag als auch in der Nacht.

Nachtgedanken

Wenn wir schlafen, atmen wir ruhiger, unser Herz schlägt langsamer, und unser Blutdruck sinkt. Außerdem entspannen sich unsere Muskeln. Wir liegen schlaff auf der Matratze. Unser Körper muss erschlaffen, um träumen zu können. Das geht am besten im Liegen.

Die Schlafforscher haben noch nicht herausgefunden, warum wir schlafen müssen. Wohl aber, dass es vier Schlafphasen gibt, die sich zyklisch wiederholen. In einer dieser Phasen bewegen sich unsere Augäpfel unter den geschlossenen Lidern heftig. Diese Phase wird »REM-Phase« (Rapid Eye Movement) genannt. Schläfer, die im Schlaflabor in der REM-Phase geweckt worden sind, berichteten besonders häufig von Träumen. Sie dauert etwa fünfzehn Minuten. Die erste REM-Phase beginnt etwa neunzig Minuten nach dem Einschlafen. Schlafen wir in kühlen Räumen, erreichen wir diese Phase eher. Die nächste REM-Phase wird wiederum nach etwa neunzig Minuten erreicht.

Auch wenn sich unsere Augen unter den geschlossenen Lidern bewegen, ist unser physisches Sehfeld in dieser Zeit deaktiviert. Wir sehen mit unserem medialen Sehfeld, mit dem dritten Auge. Und wir können fühlen, klar hören und empfangen Wissen.

Der Rostocker Maler Falko Böttcher hat schon vier von sechs der Leben- und Todbilder gemalt, die er im Traum gesehen hatte. »Da wäre ich ja dumm, wenn ich es nicht täte.« Farb- und flächenkompositorisch sind die Bilder anders als im Traum geworden, jedoch sind die Empfindungen identisch.

Es gibt einige Komponisten, die ihre Werke zuvor im Traum gehört haben wie Guiseppe Tartini. Ihm träumte, dass der Teufel sein Sklave sei, dem er eine Geige überreichte. Der Teufel spielte geschickt eine so schöne Melodie, die Tartini verzauberte. Nach dem Aufwachen versuchte er, die Melodie nachzuspielen. Er komponierte die Teufelssonate, sein bestes Werk. Nur konnte sich seine Komposition nicht mit jener messen, die der Teufel gespielt hatte.

In den Träumen sind wir Reisende zwischen zwei Welten, immer versucht, die Botschaft der unsichtbaren Welt in die sichtbare Welt hinüber zu retten. Dabei gehen uns wichtige Daten verloren, wie Tartinis Beispiel lehrt.

Unsere medialen Sinne sind während des Schlafens deshalb so wach, weil sich die Grenzen unseres Ich-Bewusstseins aufheben. In den meisten Träumen wissen wir nicht, wie wir heißen, wo wir leben und wie alt wir sind. Wir fühlen weder Körper, Zeit noch Raum.

Die Franzosen nennen den Orgasmus auch »la petite mort«, »der kleine Tod«. (Der Tod ist im Französischen weiblich.) In der Ekstase ist das Ego genauso ausgeknipst wie beim Schlafen. Wenn unser Ego unsere Seele nicht länger bedrängt, kann sie sich von unserem physischen Körper lockern. Sie löst sich erst beim »großen Tod«.