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von Pete Hackett & Alfred Bekker image Dieser Band enthält: Alfred Bekker: Yarum, der Wanderer von Zaroon Pete Hackett & Alfred Bekker: Der Prinz des Unheils Pete Hackett & Alfred Bekker: König Ghaderich Pete Hackett & Alfred Bekker: Ein Seher für den Thron Pete Hackett & Alfred Bekker: Prinz Thorazan Pete Hackett & Alfred Bekker: Der Verräter von Cambalar Pete Hackett & Alfred Bekker: Das Heer von Cambalar Pete Hackett & Alfred Bekker: Der Krieg der Königsbrüder Pete Hackett & Alfred Bekker: Hochmeister der Unsterblichen Alfred Bekker: Feolorn und die Ewige Schlacht Alfred Bekker: Magier von Zaroon Als König Ghaderich Zwillinge geboren werden, von denen einer das Zeichen des Todesgottes auf der Stirn trägt, steht für ihn fest, dass die Kind geopfert werden muss. Dazu kommt es jedoch nicht, denn Prinz Carraq wird von Segol, einem Verfemten gefunden. Erfüllt von Hass und Rache zieht er den Jungen auf und erfüllt dessen Fühlen und Denken mit den eigenen Emotionen. Schließlich will Carraq selbst den Thron übernehmen, weil sein Bruder eine unverzichtbare Voraussetzung für den Thron nicht besitzt: Die Gabe der Voraussicht. Der Besitz des Throns muss in einer Schlacht entschieden werden.
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Seitenzahl: 875
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Schwertwanderer: 1000 Seiten Sword & Sorcery Fantasy
Copyright
Prolog
Yarum, der Wanderer von Zaroon
Der Prinz des Unheils
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König Ghaderich
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Ein Seher für den Thron
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Prinz Thorazan
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Der Verräter von Cambalar
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Das Heer von Cambalar
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6
Der Krieg der Königsbrüder
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Hochmeister der Unsterblichen
1
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Feolorn und die Ewige Schlacht
Magier von Zaroon
von Pete Hackett & Alfred Bekker
nach einem Exposé von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 685 Taschenbuchseiten.
––––––––
Dieser Band enthält:
Alfred Bekker: Yarum, der Wanderer von Zaroon
Pete Hackett & Alfred Bekker: Der Prinz des Unheils
Pete Hackett & Alfred Bekker: König Ghaderich
Pete Hackett & Alfred Bekker: Ein Seher für den Thron
Pete Hackett & Alfred Bekker: Prinz Thorazan
Pete Hackett & Alfred Bekker: Der Verräter von Cambalar
Pete Hackett & Alfred Bekker: Das Heer von Cambalar
Pete Hackett & Alfred Bekker: Der Krieg der Königsbrüder
Pete Hackett & Alfred Bekker: Hochmeister der Unsterblichen
Alfred Bekker: Feolorn und die Ewige Schlacht
Alfred Bekker: Magier von Zaroon
––––––––
Als König Ghaderich Zwillinge geboren werden, von denen einer das Zeichen des Todesgottes auf der Stirn trägt, steht für ihn fest, dass die Kind geopfert werden muss. Dazu kommt es jedoch nicht, denn Prinz Carraq wird von Segol, einem Verfemten gefunden. Erfüllt von Hass und Rache zieht er den Jungen auf und erfüllt dessen Fühlen und Denken mit den eigenen Emotionen. Schließlich will Carraq selbst den Thron übernehmen, weil sein Bruder eine unverzichtbare Voraussetzung für den Thron nicht besitzt: Die Gabe der Voraussicht. Der Besitz des Throns muss in einer Schlacht entschieden werden.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Die Welt von Cambalar ist sehr trocken und zu vier Fünfteln mit Land bedeckt. Es gibt zwei Binnenmeere, ein großes und ein kleines. Diese sind durch einen Fluss, den sogenannten Strom der Unendlichkeit miteinander verbunden. Er entspringt in einem für irdische Verhältnisse gewaltigen, unbesteigbaren und angeblich bis in die luftlose Dunkelheit des Kosmos emporragenden Gebirges, dessen Gipfel als Sitz der Götter der Unendlichkeit gilt. Von dort aus fließt der ‘Strom der Unendlichkeit’ zunächst in das Große Meer und anschließend in das Kleine Meer. Danach verliert er sich irgendwo in der Unendlichkeit einer steinigen Ödnis und Wüste. (Es gibt extreme Jahreszeiten und starke klimatische Schwankungen: Die Wüste darf man sich nicht wie die Sahara vorstellen, sondern eher wie die Gobi oder die Salzwüste von Utah, in der im Winter Schnee auf den Kakteen liegt.) Niemand weiß, wo der Strom der Unendlichkeit endet, denn die große Ödnis wird von nichtmenschlichen Kreaturen bewohnt, während sich die Menschen um die beiden Meere und die Flussverbindung dazwischen gruppieren.
Und niemand weiß, was jenseits des Gebirges ist. In den Höhenzügen unterhalb der Sphäre der Götter leben asketische Einsiedler-Mönche, die als Heilige gelten, sowie Kreaturen, die angeblich ohne Luft leben können: Geister, Dämonen und Gnome. Es hat diese Wesen aber kaum jemand je gesehen.
In der Wüste leben die Sandlinger - Menschen mit Echseneigenschaften, die offenbar sehr wenig Wasser brauchen. Sie kommen auch zum Handeltreiben in die Menschenreiche - oder zum Plündern. Man sieht nie ihre Gesichter, denn ihre Kleidung lässt kaum mehr als die Augen frei.
Das größte Reich auf dieser Welt ist das Reich von Cambalar. Cambalar ist der Name der Hauptstadt, die auf einer Insel mitten im Großen Meer liegt. Die gesamte Küste dieses Meeres wird von Cambalar beherrscht. Dieses Imperium muss nahezu ständig verteidigt werden: Gegen Barbaren am Rande der Ödnis, die sich manchmal mit den Sandlingern zusammentun oder auch gegen die Freien Städte am Kleinen Meer und das Königreich Tolvanea am Strom der Unendlichkeit. Die Bewohner Cambalars sind auf die Einfuhren aus ihren Kolonien rund um das Große Meer angewiesen.
Es wäre unmöglich für Cambalar, sich gegen alle Gegner an allen Grenzen auf einmal zu verteidigen. Aber erstens gehen die selten koordiniert vor (und sind untereinander fast immer verfeindet) und zweitens gehören die Könige Cambalars dem Geschlecht der Dwannuach an. Unter ihnen ist die Gabe der Voraussicht weit verbreitet. Die Grenze zwischen tatsächlicher seherischer Begabung und ausgeprägtem strategischen Denken ist dabei fließend. Manche Angehörige des Dwannuach-Adels vermögen zu sehen, was im nächsten Augenblick geschieht, andere sehen bis zu einem Monat weit in die Zukunft, wobei diese Zukunft kein unabänderliches Schicksal darstellt, sondern eher eine wahrscheinliche Möglichkeit.
Diese Fähigkeit ist Voraussetzung, um in Cambalar König sein zu können. Denn der König muss vorhersehen können, wo das Reich als nächstes angegriffen wird. Nur dann kann er seine Truppen rechtzeitig per Schiff an den richtigen Ort schicken und den Angriff abwehren.
Die Existenz des Reiches hängt davon ab, alle wissen dies.
Doch die Dwannuach-Könige von Cambalar regieren keineswegs nur aus eigener Herrlichkeit. Sie sind ihrerseits auf eine Truppe von Kriegern angewiesen, die als die Unsterblichen bezeichnet werden.
Und das sind sie tatsächlich! Durch eine magische Prozedur, die mit der Einnahme eines Tranks verbunden ist (die aber niemand genau kennt, der nicht dazugehört), verändern sich die aufgenommenen Neumitglieder. Sie werden unempfindlich gegen Schmerz und Verwundung. Ihre Kraft und ihre Schnelligkeit nimmt über menschliches Maß zu. Ihre Haut wird weiß und pergamentartig, die Haare schlohweiß oder grau. Nach einiger Zeit sind sie nur noch sehr schwer zu töten, denn ihre Selbstheilungskräfte lassen Verwundungen sofort heilen. Abgetrennte Arme und Beine wachsen innerhalb von Stunden nach. Man muss sie regelrecht zerstückeln oder köpfen, wenn man sie umbringen will.
Ihre Körper altern nicht, ihre Schwertarme kennen keine Müdigkeit.
Man nennt sie die Diener von Tason, dem Totengott - denn ihm opfern sie in einem Ritual ihre Seele, um Unsterblichkeit und (nahezu) Unverwundbarkeit für ihre Leiber zu bekommen. Dieser Schwur wird hoch oben im Gebirge abgelegt, nachdem bei den Neulingen (von denen es nicht viele gibt, da die Verluste bei den Unsterblichen gering sind) die Veränderung bereits so weit fortgeschritten ist, dass ihnen auch die dünne Luft nichts ausmacht.
Neulinge ersetzen bei den Unsterblichen die wenigen Gefallenen. Sie werden nach bestimmten, geheimen Merkmalen “erwählt”.
Die Unsterblichen werden von Hochmeister Damlak kommandiert, der enorme Macht ausübt. Auf Grund seines langen Lebens hatte er viel Zeit, ein Netzwerk zu knüpfen, das ihn nach dem König zum mächtigsten Mann des Reiches von Cambalar macht. Und doch ist er auf den König angewiesen, denn ohne dessen Fähigkeit zur Voraussicht wäre Cambalar verloren.
Der König wiederum weiß, dass er auf den Hochmeister angewiesen ist, der das Wissen um die Magie der Unsterblichkeit bewahrt.
Die Götter verbieten es allerdings, dass jemals ein König in den Genuss dieser Unsterblichkeit gelangt. Denn eigentlich sind die Eigenschaften göttlich, die damit verbunden sind. Und der Totengott Tason, der dieses Geheimnis offenbarte, wurde deswegen auch von den anderen Göttern vom Gipfel des Götterberges verbannt und muss dem Mythos nach seitdem im Inneren des Berges leben. Es gibt allerdings dunkle Legenden darüber, dass Dwannuach-Könige sich trotzdem in den Besitz der Unsterblichkeit bringen wollten - mit jeweils katastrophalen Folgen.
von ALFRED BEKKER
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Auf den weiten, wildwüchsigen Ebenen von Zaroon stiegen zwei Sonnen langsam über den Horizont – die gelbe, strahlend und warm, und die rote, blutrot und verheißungsvoll. Die ihre Strahlen warfen bizarre Schatten und bemalten die Landschaft in Farben, die zwischen Feuer und Saphir wechselten. Es war ein Anblick, der den tapferen Yarum, den Barbarenkrieger, stets aufs Neue faszinierte.
Yarum, ein Mann von imposanter Gestalt, mit Muskeln, die sich unter seiner sonnenbraunen Haut wie stählerne Drahtseile spannten, schritt durch die Ebenen. Seine eisblauen Augen hielten die Umgebung wachsam im Blick. Sein schwarzes Haar wehte im Wind, das Gesicht zeigte stolz die Narben vergangener Schlachten. Über seine breite Schulter hing das Runenschwert Galdrung, das sich von all seinen Waffen abhob. Es war nicht einfach ein Schwert, sondern eine magische Klinge, die in alten Sprachen von undurchschaubaren Kräften flüsterte.
Galdrung war mehr als eine Waffe in der Hand eines Kriegers. Jedes Mal, wenn Yarum es im Kampf schwang, pulsierte die Klinge mit einer Macht, die ihn selbst zu überwältigen schien. Es zog und zerrte an ihm, führte ihn, als wäre er das Mittel und nicht das Meisterstück, während blaue Runen unheilvolle Lichtspiele auf seine Gegner warfen.
Seine Beine trugen ihn unermüdlich durch die unbekannte Wildnis. Jede Aufgabe, die er übernahm, führte ihn tiefer in die Geheimnisse von Zaroon und die Rätsel seiner Vergangenheit. Ein Ruf als Söldner von unnachgiebiger Härte und Ehre eilte ihm voraus. Er nahm Aufträge entgegen, die seine Klinge stets blutrot färbten – ob Menschen, Ungeheuer oder magische Kreaturen, niemand konnte den wütenden Yarum stoppen.
An diesem Tag jedoch, während die Zwillinge-Sonnen nun ihren höchsten Punkt erklommen, verspürte er eine seltsame Unruhe. Sein nächstes Ziel war die Festung Tural-Gar. Ihm war von zwielichtigen Händlerzugen zu Ohren gekommen, dass dort ein mächtiger Zauberer herrschte, der in den letzten Monden immer verzweifeltere Schutzmaßnahmen ergriff.
Yarum verstärkte den Griff um den mit Leder umwickelten Griff seines Schwertes, als ein leises Summen in den Runen erklang. Er wusste, dass etwas Unheilvolles nah war. Galdrung sang nie ohne Grund.Mit ruhiger Stimme sprach er zu sich selbst, "Was für düstere Geheimnisse birgt Tural-Gar, dass selbst das Schwert beunruhigt ist?"
Er wusste, dass keine Herausforderung zu groß für ihn war. So bahnte er sich einen Weg durch die dichten Wälder jener namenlosen Region, das Grüne unter seinen Füßen knackend und brechend, während die Tiere vor seiner Wucht flohen.
Als er den Waldrand erreichte, offenbarte sich ihm ein Bild der Finsternis: Die schwarze Silhouette von Tural-Gar, die stolz und trotzig über der Ebene thronte. Doch was Yarum unvorbereitet traf, war nicht die Bedrohlichkeit der Festung – es war die Gestalt, die am Eingangstor auf ihn wartete.
Von der Ferne war sie nur eine dunkle Silhouette, doch bei näherem Hinsehen erkannte er die Anmut und den zierlichen Umriss einer Frau. Ihr langes, wallendes Haar spielte im Wind, und aus der Distanz konnte er das Funkeln in ihren Augen erahnen. Es war eine Schönheit, die ihm den Atem raubte und seinen Marsch für einen Herzschlag unterbrach.
Die Frau hob ihre Hand, ein verführerisches Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. "Willkommen, Yarum. Wir haben auf Euch gewartet."
Ein heißes Gefühl flammte in Yarums Brust auf, ein Mix aus Erwartung, Lust und Vorsicht. Egal, was ihn in Tural-Gar erwartete, er war bereit. Mit einem erwartungsvollen Lächeln und dem Griff seiner Klinge fest in der Hand, setzte er seine Schritte in Richtung der Festung. Hier in diesen unbekannten Ländern, mit den Geheimnissen und Magien des Planeten Zaroon, begann ein neues Kapitel seines nie endenden Abenteuers.
Die Frau, die ihn erwartet hatte, führte ihn durch das massive Tor der Festung Tural-Gar. Ihre Bewegungen waren elegant, fast katzenhaft, während sie sich durch die düsteren Hallen bewegte. Yarum spürte die verstärkte Schwingung seines Schwertes. Die Macht dieses Ortes und die Aura der Frau ließen ihn auf der Hut sein.
„Mein Name ist Alandra,“ stellte sie sich vor, ohne sich umzudrehen. Ihre Stimme war sanft, fast hypnotisierend. „Ich bin die Hohepriesterin dieses Ortes.“
Yarum nickte stumm, beobachtete aber jede Bewegung genau. Die Flammen der Fackeln entlang der Wände warfen tanzende Schatten, und er konnte den schwachen Geruch von Weihrauch in der Luft wahrnehmen.
Schließlich erreichten sie eine große Halle, deren Wände mit uralten Runen bedeckt waren. In der Mitte der Halle stand ein alter Mann, gekleidet in Priesterroben, deren Weiß einem grellen Kontrast zu den dunklen Steinen der Festung bot. Seine Augen waren geschlossen, seine Lippen bewegten sich in einem leisen Murmeln, als er in einem Kreis aus magischen Zeichen stand.
„Das ist Meister Zarador,“ erklärte Alandra. „Er ist der Bewahrer der Geheimnisse von Tural-Gar. Wir haben Euch rufen lassen, weil wir Eure Hilfe benötigen, Yarum.“
Yarum trat vor und betrachtete Zarador eingehend. Der alte Priester öffnete seine Augen, und eine unendliche Weisheit lag in seinem Blick. Es war, als könnte er direkt in Yarums Seele schauen.
„Yarum, der Träger von Galdrung,“ begann Zarador langsam. „Unser Land wird von einer finsteren Macht heimgesucht. Düsterlinge erheben sich aus den tiefen Schatten und drohen, ganz Zaroon in ewige Dunkelheit zu stürzen. Nur ein Krieger mit dem Mut und der Entschlossenheit wie der Deinen kann uns helfen, diesen Fluch zu brechen.“
Yarum grinste.
“Was bekomme ich dafür?”
“Eine Nacht mit mir.”
“Er musterte sie wohlwollend.
“Nur eine Nacht?”
“Ich verspreche dir, dass du sie nicht vergessen wirst!”
Yarum zuckte mit den Schultern. “Ich habe schon für weniger gekämpft!”
“Du wirst es nicht bereuen.”
“Woher wusstest du, dass ich hier auftauchen würde?”
“Die Götter haben es mir im Traum erzählt.”
Yarum spürte das Gewicht der Verantwortung auf seinen Schultern, aber auch ein stolzes Feuer in seiner Brust. „Was muss ich tun?“ fragte er fest.
„Der Ursprung dieser Dunkelheit liegt tief unterhalb der Festung,“ sagte Alandra leise und trat näher an Yarum heran. „Es gibt unterirdische Katakomben, die seit Jahrhunderten versiegelt sind. Dort ruht das Herz der Finsternis, ein uraltes Artefakt, das wir zerstören müssen. Aber nur ein Mann von außerordentlicher Stärke und Schicksalsmacht kann diese Aufgabe bewältigen.“
Yarum nickte entschlossen und nahm die Karte entgegen, die Alandra ihm reichte. „Führt mich zu den Katakomben,“ forderte er.
Zu zweit machten sich Yarum und Alandra auf den Weg durch das Labyrinth der alten Festung. Der Weg wurde von Lichtwesen erleuchtet, die sanft im Halbdunkel schwebten und Yarum an die alten Legenden der Sternenfahrer erinnerten, die vor langer Zeit Zaroon besiedelten. Mit jedem Schritt spürte Yarum die Macht des Runenschwertes stärker durch seine Adern pulsieren, als würde es ihn auf das kommende Unheil vorbereiten.
Schließlich erreichten sie einen verborgenen Eingang, eine altertümliche Tür, die mit Symbolen und Runen versiegelt war. „Hier beginnt dein wahrer Test, Yarum,“ sagte Alandra ernst. „Ich werde hier warten und die Rituale fortsetzen, um jenen Kräften Einhalt zu gebieten, die aufsteigen könnten. Geh und erfülle dein Schicksal.“
Yarum nickte abschließend, presste Galdrung fester in seine Hand und trat allein durch die Tür, die sich knarzend vor ihm öffnete. Der Abstieg in die Katakomben brachte eine Kälte mit sich, die sogar durch seine robuste, von Narben gezeichnete Haut kroch. Es war ein Reich des Schattens und der Geheimnisse, die einzige Begleitung das leise Flüstern der Runen auf seiner Klinge.
In der tieferen Dunkelheit sah er, was seine Aufgabe war: uralte Monster und Verlorene Seelen zu besiegen, magische Fallen zu überwinden und dem Ursprung des Bösen gegenüberzutreten, das Zaroon bedrohte. Denn nur ein Mann wie Yarum, ein Krieger mit Herz und Klinge, konnte das Licht in die Dunkelheit bringen und einer verfluchten Welt die Hoffnung zurückgeben.
Die Katakomben unter Tural-Gar waren ein Labyrinth aus engen, feuchtkalten Gängen und höhlenartigen Kammern, deren Wände von uralten Mysterien und Schrecken erzählten. Das ambientale Summen der Magie in seinem Schwert wurde lauter, als Yarum tiefer und tiefer in das Herz der Finsternis vordrang. Das blaue Leuchten der Runen erhellte den Weg vor ihm und bot einen schwachen Trost in dieser abgründigen Dunkelheit.
Plötzlich zog ihn ein mächtiger Ruf tiefer in die Tiefe der Katakomben. Galdrung zieh und zerrte, als ob es eine unsichtbare Kraft gegeben hätte, die es antrieb. Yarum folgte dem Ruf, denn im Inneren wusste er, dass sich die Quelle der Dunkelheit in seiner Nähe befand.
Er betrat eine riesige Halle, deren Mittelpunkt von einem massiven, schwarzen Kristall dominiert wurde. Schattenwesen – geisterhafte, verzerrte Entitäten von umhüllender Dunkelheit – umringten den Kristall, ihre flackernden Formen in einem unheimlichen Tanz verwoben. Die Luft war erfüllt von einem leisen, dämonischen Flüstern, das von jenseitigen Kräften kam.
Yarum stellte sich kampfbereit auf, holte tief Luft und fokussierte sich. Er spürte, wie Galdrung ihm Kraft verlieh. Die Runen leuchteten jetzt hell, fast blendend. Mit einem Kriegsschrei, der durch die Hallen hallte, stürzte er sich ins Gefecht.
Seine Klinge schnitt durch die Schattenwesen wie ein heißes Messer durch Butter. Doch jedes Mal, wenn eines der Wesen verschwand, tauchten zwei neue aus der Dunkelheit auf. Es war ein endloser, zermürbender Kampf. Der Schweiß rann ihm über die Stirn, seine Muskeln brannten vor Anstrengung, und doch tat er weiter, entschlossen und ungebrochen.
Eine besonders aggressive Welle der Schattenwesen zwang Yarum auf die Knie. Ihre kalten, griffigen Finger zerrten an ihm, zogen ihn tiefer in die Finsternis. Doch dann ereilte ihn eine plötzliche Erinnerung an Alandras Worte und die Bestimmung, die auf ihm lastete. Mit einem markerschütternden Schrei stand er wieder auf, schnitt durch die Reihen der Schatten mit einer neuen Welle der Entschlossenheit.
Inmitten des Chaos sah er plötzlich eine klarere Form, einen Anführer der Schattenwesen. Es war eine größere, finsterere Erscheinung als die anderen, mit glühenden, roten Augen und einem pulsierenden Kern reinster Bosheit. Yarum wusste sofort: Dies war das Herz der Finsternis, das Wesen, das all die Dunkelheit beherrschte.
Er rief die letzte vorhandene Kraft von Galdrung an und spürte, wie die Klinge ihm zu einem letzten, alles entscheidenden Schlag führte. Der Kampf eskalierte in einer Explosion von Licht und Schatten, als Yarum und das Wesen aufeinanderprallten. Die Magie des Runenschwertes durchbrach die Verteidigungen der Kreatur direkt am Kern und durchbohrte es mit einem blendenden Licht, das die Dunkelheit zerriss.
Ein ohrenbetäubender Schrei erfüllte die Halle, als die finstere Kreatur in einem Strudel aus Schatten und Qualen zerfiel. Der Kristall in der Mitte der Halle begann zu zerbröckeln, und mit jedem Splitter, der zu Boden fiel, schien die Dunkelheit zu schwinden. Galdrung leuchtete heller denn je, seine Runen in einem klaren, siegreichen Blau, während das Grauen um sie herum schwand.
Atemlos sank Yarum auf ein Knie und stützte sich mit Galdrung ab. Die Halle war nun seltsam ruhig, erfüllt von einem neuen, reinen Licht. Die Dunkelheit hatte sich zerstreut, und Zaroon konnte aufatmen.
Schwerfällig stand er auf, seine Muskeln vor Müdigkeit zitternd, doch sein Herz erfüllt von Stolz und Erleichterung.
Er hatte eine Vision: Als er den Weg zurück durch die Katakomben fand, wuchs der Triumph in seiner Brust. Alandra erwartete ihn am Eingang mit einem Lächeln, das sowohl Erleichterung als auch Bewunderung zeigte. „Ihr habt es geschafft, Yarum. Ihr habt Zaroon gerettet,“ sagte sie ehrfürchtig. „Es war Galdrung,“ antwortete er bescheiden, den Griff des Schwertes sanft streichelnd. Doch Alandra legte ihre Hand auf seine und schüttelte den Kopf. „Nein, es war Euer Herz, Euer Wille und Eure Stärke, die uns die Freiheit gebracht haben.“
Aber das war nur ein Tagtraum.
Vielleicht hatte Alandra ihm den gesandt.
Schließlich stand sie mit den Göttern in enger Verbindung.
Ein Tagtraum, um ihn zu ermutigen.
"Die Kreaturen der Dunkelheit sind noch nicht besiegt!”, flüsterte ihre Stimme in seinem Kopf.
Und während die Zwillinge-Sonnen erneut den Himmel von Zaroon erhellten, wusste Yarum, dass dies nur der Anfang seiner Abenteuer war. Denn in einer Welt, in der die Magie dicht unter der Oberfläche brodelte und dunkle Geheimnisse tiefer lagen als die tiefsten Höhlen, würde ein Krieger seines Kalibers immer neue Herausforderungen finden.
Der finale Kampf entbrannte mit unaufhaltsamer Wucht, als Yarum sich dem breitbeinigen Schattenlord gegenübersah, der nun klar erkennbar im Zentrum der riesigen Höhlenhalle thronte. Er war ein mächtiges Wesen von unheilvoller Präsenz, umhüllt von einem Mantel aus undurchdringlicher Schwärze, dessen rote Augen wie brennende Kohlen funkelten. Mit jedem ihrer flammenden Blitze spürte Yarum eine Kälte, die bis in sein Knochenmark drang.
Er zog Galdrung aus seiner Scheide, das Runenschwert vibrierte und leuchtete in unheimlicher Symbiose mit der aufgeladenen Atmosphäre. Blaue Runen strahlten ein helles Licht aus, das die Dunkelheit um ihn herum zerschnitt und leuchtende Streifen auf den Boden warf.
Die Kreatur erhob sich schwerfällig und schickte ein tiefes, grollendes Lachen durch die Katakomben. Sie sprach in einer uralten Sprache, die mehr wie das Knacken von Eis und das Grollen eines Vulkans klang, doch Yarum konnte die Drohungen darin spüren. Mit einem schnellen Ruck beschwor der Schattenlord eine Schar von Schattenwesen herbei, die in Wellen auf Yarum zurasten.
Mit einer geschmeidigen Bewegung schwang Yarum Galdrung und neutze im Kreis, so dass das Licht des Schwertes wie eine Schutzbarriere um ihn wirbelte. Die ersten Schattenwesen wurden von der Klinge durchtrennt und lösten sich in Nichts auf, aber noch mehr stürmten nach vorne, ihre verzerrten Gesichter im ständigen Surren und Kreischen.
„Kommt, dunkle Kreaturen. Euer Ende ist nah!“ rief Yarum mit einer donnernden Stimme, die von den Wänden widerhallte.
Der Schattenlord entfaltete sich nun von seiner Position aus, seine klauenartigen Hände wurden länger, seine Gestalt unförmig und monstros. Er bewegte sich mit überraschender Geschwindigkeit auf Yarum zu, die Luft wurde von der Dunkelheit dichter, als wollte sie Yarum erdrücken.
Yarum sprang mit einer akrobatischen Bewegung zur Seite, wich einem gnadenlosen Hieb der klauenartigen Hände aus und rollte sich elegant mach vorne. Schnell richtete er sich wieder auf, schwang Galdrung in einem aufsteigenden Bogen und traf die verlängerte Hand des Dämons, wodurch blaue Funken flogen und ein ohrenbetäubender Schrei aus der Kreatur drang.
Der Schattenlord warf ein Netz aus dunkler Energie, das wie lebendige Tentakel in die Luft hinabrieselte und sich an Yarums Beine klammerte, versuchte ihn niederzureißen. Mit einem gewaltigen Kraftaufwendung riss Yarum sich los und schwang die Klinge erneut, durchtrennte die schwarzen Schleier, die ihn binden wollten.
Yarum wusste, dass er nicht einfach nur mit roher Gewalt gewinnen konnte. Er musste den Kern des Wesens treffen, dort, wo die größte Schwäche lag. Mit einem gezielten Sprung schloss er die Distanz und baute Momentum durch die kreisenden Bewegungen seiner Klinge auf. Bei einem Durchhieb, der von blauen Energiestrahlen umgeben war, zielte er auf das Herzstück des Schattens.
Der Treffer war verheerend. Ein blendender Lichtblitz eng um Galdrung und Yarums Verbindungspunkt explodierte, als die Spitze des Runenschwertes den pulsierenden Kern des Schattenlords durchbohrte. Die Kreatur brüllte schmerzverzerrt, ihre Augen leuchteten in einem letzten Aufbäumen auf. Die Dunkelheit begann, sich aufzulösen wie Rauch im Wind, und das mächtige Wesen schmolz in den ätherischen Schatten zurück, aus denen es gekrochen war.
Die Halle wurde augenblicklich still, das echoende Flüstern der Magie verstummte. Yarum, schwer atmend und blutend von mehreren kleinen Schnitten, kniete nieder, hielt sich an seinem Schwert fest, das noch immer im leuchtenden Blau erstrahlte. Der Kristall in der Mitte der Halle begann zu zerfallen, Stück für Stück fallend und beim Aufprall in Lichtblitze sich auflösend.
Der finalen Siegesstimmung gewahrte Yarum einen Moment der inneren Ruhe. Er stand langsam auf, zog Galdrung aus dem Boden und richtete sich auf. Die Hallen füllten sich mit einem reinen Licht des Triumphs, erhellt durch das nur mehr existierende Feuer des Zeitalters.
Sein letzter Gedanke, bevor er die Katakomben wieder verließ, galt den Bewohnern von Zaroon, die nun ohne diese düstere Bedrohung leben könnten. Der Krieger wusste, dass sein Abenteuer weitergehen würde. Doch dieser Sieg, diese Schlacht, war ein Zeugnis seines Mutes und seiner schicksalhaften Verbindung zu Galdrung, dem magischen Runenschwert.
Yarum kehrte erhoben zu Alandra zurück, die ihn mit einer Mischung aus Erleichterung und Bewunderung empfing. Die Hohepriesterin konnte das Leuchten in seinen Augen und das sanft pulsierende Licht von Galdrung nicht übersehen.
„Ihr habt es geschafft,“ flüsterte sie ehrfürchtig und trat zu ihm, ihre Hand auf seine gepanzerte Brust legend. „Zaroon ist Euch für immer zu Dank verpflichtet.“
„Es war ein harter Kampf,“ erwiderte Yarum ruhig, obwohl seine Stimme immer noch von der Aufregung und dem Adrenalin vibrierte. „Aber die Dunkelheit ist besiegt.“
“Ich werde Euch die Nacht schenken, die ich Euch versprochen habe.”
Sie ließ ihr Kleid fallen.
Ihr atemberaubender Körper präsentierte sich ihm in seiner vollen Schönheit. Ihre Brüste schimmerten im Licht der Fackeln. Ihr Lächeln war eine Verheißung wie auch das dunkle DReieck zwischen ihren Schenkeln.
Yarum musste schlucken.
“Diesen Preis nehme ich gerne an”, sagte er.
“Bleibt, so viele Nächte Ihr wollt, Yarum!”
Er ging auf sie. Seine Hand berührte ihre Brust.
*
Die Nachricht von Yarums Sieg verbreitete sich rasch durch die Festung und darüber hinaus. Die Menschen, die in ständiger Angst vor der dunklen Macht gelebt hatten, ließen nun Freudenrufe durch die Gänge schallen, und eine neue Welle von Hoffnung und Freiheit ergriff die Herzen der Bewohner von Zaroon.
Yarum und Alandra kehrten zurück zur großen Halle der Festung, wo Meister Zarador bereits auf sie wartete. Der alte Priester stand stolz und erhaben, seine Augen voller Weisheit und Dankbarkeit.
„Ihr habt mehr getan, als wir je hoffen konnten, Yarum. Ihr habt den Pfad des Schicksals mit der Macht Eurer Tapferkeit und dem Licht Eurer Entschlossenheit begangen,“ sagte er mit einer tiefen Verbeugung. „Eure Tat wird in den Annalen von Zaroon eingraviert sein.“
Yarum nickte dankbar, aber bescheiden. „Die Dunkelheit war mehr als nur ein Feind. Sie war eine Prüfung, die mich gestärkt und mir gezeigt hat, wozu ich fähig bin.“
Die Tage vergingen, und Yarum erholte sich langsam von seinen Verletzungen. In der Zwischenzeit half er Alandra und Zarador, die Überreste der dunklen Bedrohung zu beseitigen und das Gleichgewicht auf Zaroon wiederherzustellen. Die Festung Tural-Gar wurde mit neuen Schildern und Schutzzaubern versehen, um zu verhindern, dass eine ähnliche Bedrohung jemals wieder auftreten konnte.
Eines Morgens, während die gelbe und die rote Sonne harmonisch am Himmel schienen und sich in einem Bild der vollkommenen Dualität vereinigten, traf Yarum eine Entscheidung. Er ging zu Alandra, die im inneren Heiligtum der Festung meditierte. Die Hohepriesterin öffnete ihre Augen und erkannte die Entschlossenheit in Yarums Blick.
„Es ist Zeit für mich, weiterzugehen,“ sagte er sanft, aber bestimmt.
Alandra nickte langsam, auch wenn ein Hauch von Bedauern in ihren Augen lag. „Ich verstehe. Eure Reise ist noch lange nicht zu Ende, und Zaroon bedarf Eurer Tapferkeit in vielen weiteren Kämpfen.“
„Meine Schicksalsreise hat mich hierher geführt, aber sie endet nicht hier,“ erklärte Yarum. „Zaroon ist ein riesiges Land mit vielen unerzählten Legenden. Ich muss jede von ihnen erfahren, jedes Geheimnis lüften und jede Dunkelheit erleuchten.“
Alandra trat einen Schritt näher, ihre Hand sanft auf seine Schulter legend. „Seid sicher, Yarum, dass Ihr immer einen Platz in Tural-Gar habt. Und denkt daran, dass Eure Klinge nicht allein kämpft – sie ist das Licht, das uns alle schützt.“
Mit diesen Worten verabschiedete sich Yarum von seinen neuen Freunden und Verbündeten. Mit Galdrung fest an seiner Seite und dem Geleucht der Zwillingssonnen über ihm, begann er seinen Marsch hinaus in die Weiten von Zaroon. Die Abenteuer, die vor ihm lagen, waren ungewiss, aber er wusste, dass jedes Ungeheuer, jede magische Kreatur und jede Bedrohung, die seine Wege kreuzen würden, ein Teil seines Schicksals waren.
Jeder Schritt auf seinem Weg war ein Echo seines unerschütterlichen Mutes. Galdrung pulsierte leise an seiner Seite, die Runen flüsternd von zukünftigen Kämpfen und Siegen. Die Zwei-Sonnen-Welt Zaroon erwartete ihn mit all ihren Geheimnissen, und Yarum, der unbesiegbare Barbarenkrieger, war bereit für alles, was weiterhin vor ihm lag.
So zog er weiter, durch dichte Wälder und weite Wüsten, über schroffe Gebirgsgipfel und durch düstere Täler. In den Geschichten der Menschen, denen er begegnete, und in den Gesängen der Barden, die sie erzählten, würde der Name Yarum widerhallen – der Krieger, der die Dunkelheit besiegte und das Licht der Hoffnung entzündete. Die Legende von Yarum und seinem magischen Runenschwert Galdrung sollte in den Annalen der Zeit eingraviert und als ewiger Leuchtfeuer der Hoffnung für die Völker von Zaroon geschrieben stehen.
Yarum schritt durch die sanften Hügel des Smaragdreichs, einer Region von Zaroon, die für ihre üppigen Wälder und klaren Seen bekannt war. Die Zwillingssonnen funkelten am wolkenlosen Himmel, tauchten die Natur in ein goldenes Licht. Der Wind trug den Duft von Blüten und die friedlichen Klänge der Natur zu ihm. Doch Yarum wusste, dass selbst in so einem idyllischen Ort Dunkelheit lauern konnte.
Eines Nachmittags, als die gelbe Sonne hoch am Himmel stand und die rote ihre wärmenden Strahlen über das Land warf, erreichte Yarum das kleine Dorf Elunara. Die Einwohner blickten ihm neugierig, aber mit Respekt entgegen. Sein Ruf als unerschütterlicher Krieger, der die Dunkelheit besiegt hatte, war ihm weit vorausgeeilt.
Eine bleiche Frau mit hochgesteckten, silbernen Haaren trat vor ihn und verneigte sich tief. „Ehrerbietung, werter Yarum,“ sagte sie in einer sanften, aber eindringlichen Stimme. „Wir haben Eure Ankunft erhofft. Unser Dorf wird von einer schweren Plage heimgesucht. Ein Drache, dessen Schuppen im Zwielicht glimmen, terrorisiert unsere Lande und raubt uns unsere Ernten und unser Vieh.“
Ein Drache. Yarums Augen wurden schmaler, und er fühlte das vertraute Summen von Galdrung an seiner Seite. „Wo finde ich dieses Biest?“ fragte er, seine Stimme scharf wie gehärteter Stahl.
„Es haust in der Kristallhöhle, eine Tagesreise von hier entfernt. Vielen Männern hat es schon das Leben gekostet,“ warnte die Frau leise. „Eure Hilfe ist unsere höchste Hoffnung.“
Ohne zu zögern nahm Yarum die Aufgabe an. Er verbrachte die Nacht im Dorf, nahm die Geschichten der Dorfbewohner auf und plante seine Strategie. Als die erste Morgensonne ihren strahlenden Bogen über den Horizont spannte, machte er sich auf den Weg zur Kristallhöhle.
Die Reise war beschwerlich, führte ihn durch dichte Wälder und über steile Klippen. Doch Yarum meisterte jede Hindernis mit der gleichen Entschlossenheit, die ihn schon durch zahlreiche Kämpfe getragen hatte. Schließlich erreichte er die dunkle, drohende Öffnung der Kristallhöhle, eine klaffende Mündung, die tief in den Berg führte.
Umgeben von den schimmernden und glitzernden Wänden der Höhle, in denen sich das Licht in tausendfachen Farben brach, bewegte er sich vorsichtig vorwärts. Das Rauschen des Blutes in seinen Ohren verschlang die Stille, und seine Schritte hallten tief und dröhnend wider.
Plötzlich erfüllte ein bedrohliches Grollen die Höhle, und die Luft wurde heißer. Yarum griff fester um Galdrung, dessen Runen jetzt vor innerer Macht leuchteten und ihn mit ihrer Energie durchdrangen. Eine gewaltige Silhouette bewegte sich im Schatten, und das Glimmen von Drachenaugen zwang die Dunkelheit zurück.
Das Monster war ein Bild reiner Gewalt und Majestät, seine Schuppen reflektierten in irisierenden Farben, die das Licht der Zwillingssonnen gefangen zu haben schienen. Der Drache erhob sich, entfaltete seine riesigen Flügel und stieß einen feurigen Atemstoß aus, der die Höhlenwände stark erhitzte und den Boden zu glühender Asche verwandelte.
Yarum wich geschickt aus, rollte zur Seite und sprang schnell auf die Füße. Dann stürzte er vorwärts, Galdrung vor sich her mit einem mächtigen Kriegsruf. Mit einem gezielten Hieb traf er auf die Schuppen des Drachen, aber seine Klinge prallte zunächst daran ab ohne eine Spur zu hinterlassen.
Der Drache brüllte vor Wut und schlug mit seinen massiven Klauen nach Yarum. Doch der Krieger war schneller, wich aus und fand mit jedem Schritt einen rhythmischen Takt, der ihn um das Biest herumführte. Er wusste, dass er nicht durch rohes Zupacken siegen konnte – er musste die Schwachstelle des Drachen finden.
Mit jedem Hieb, den er führte, lernte er etwas mehr über seinen Gegner. Er bemerkte eine kleine Stelle unter dem Flügelansatz, wo eine einzige Schuppe fehlte – die einzige verwundbare Stelle des Drachen. Es war eine winzige Öffnung in der sonst makellosen Rüstung der Kreatur.
Yarum bündelte all seine Kräfte. Mit einem mächtigen Sprung stieß er sich vom Boden ab, schwang Galdrung mit einer Präzision und Entschlossenheit, die nur ein wahrer Krieger besitzen konnte. Seine Klinge glühte jetzt mit einem unbändigen Licht, und die Runen sangen ihren alten, mächtigen Gesang.
Mit einem donnernden Schlag durchstieß Galdrung die verwundbare Stelle des Drachen. Der Schrei des besiegten Biests erfüllte die Höhle und ließ Staub und kleine Gesteinssplitter von den Wänden rieseln. Das Monster stürzte zu Boden, sein riesiger Körper zuckend, und dann lag es still.
Schwer atmend zog Yarum seine Klinge aus dem gefallenen Feind und betrachtete kurz das Werk seiner Mühe. Dann wandte er sich ab und verließ die Höhle, das triumphierende Leuchten von Galdrung ihm den Weg weisend.
Zurück in Elunara empfing man ihn mit Freudenschreien und Tränen der Dankbarkeit. Die Dorfbewohner umringten ihn, brachten ihm Geschenke und Anerkennung dar, doch Yarum nahm nur das Nötigste an. Es war ein weiteres Kapitel in seiner unendlichen Reise durch die Länder Zaroon.
Alandras Worte klangen ihm noch immer in den Ohren: „Eure Klinge kämpft nicht allein – sie ist das Licht, das uns alle schützt.“ Und so wusste er, solange Galdrung in seiner Hand leuchtete und er weiter aufrecht und unerschrocken durch die Welt schritt, würde er jede Dunkelheit bezwingen, die ihm auf seiner Reise begegnete.
Und so setzte Yarum seinen Weg fort, immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer, wissend, dass die Legenden von ihm, dem Krieger mit dem Runenschwert, weit über die Grenzen von Zaroon hinaus erzählt würden.
Mit dem Gefühl des Friedens und der Erfüllung, die ihm der Kampf gegen den Drachen gebracht hatte, kehrte Yarum nach Elunara zurück. Der Empfang im Dorf war herzlich und voller Dankbarkeit. Die Menschen bereiteten ein Fest zu Ehren des Kriegers, der sie von der drakonischen Bedrohung befreit hatte. Bei Sonnenuntergang, als die Zwillinge-Sonnen langsam hinter dem Horizont versanken und den Abendhimmel in ein warmes Gold getaucht hatten, traf Yarum auf eine Frau namens Lyanna.
Lyanna war eine Heilerin im Dorf, bekannt für ihre Kenntnisse der Kräuter und Heilmittel. Ihre Schönheit war beeindruckend – lange, kupferrote Locken fielen über ihre Schultern, und ihre smaragdgrünen Augen funkelten vor Lebendigkeit und Weisheit. An diesem Abend trug sie ein schlichtes, aber elegantes Kleid, das ihre sanften Rundungen betonte und ihre natürliche Anmut unterstrich.
„Yarum,“ sagte sie mit einer Stimme, die so sanft wie ein Sommerwind war, als sie auf ihn zutrat. „Ihr habt uns mehr gerettet als nur unser Leben. Ihr habt uns Hoffnung und Frieden gebracht.“
Yarum konnte die Dankbarkeit in ihren Augen erkennen, ebenso wie eine tiefergehende Bewunderung. Er legte seine schwerige Hand auf ihre zierliche Schulter. „Ich habe nur getan, was notwendig war,“ antwortete er mit seiner typischen Bescheidenheit.
Der Abend entwickelte sich in eine Nacht der Freude, des Tanzes und der Dankbarkeit. Und als die Sterne hoch über Zaroon funkelten, fand Yarum sich in Lyannas Nähe. Sie zogen sich zurück in ihre Hütte, die am Rande des Waldes lag, weit genug entfernt, um den Lärm des Festes hinter sich zu lassen, aber nah genug, um die Sicherheit des Dorfes zu spüren.
In der Stille dieser Nacht fanden Yarum und Lyanna zueinander. Ihre Liebkosungen waren sanft, ihre Küsse zärtlich und leidenschaftlich zugleich. In ihren Umarmungen verschmolzen Mut und Anmut zu einem einzigen Moment tiefer Verbindung und Vertrautheit. Für diese eine Nacht ließ Yarum die Last seiner Verantwortung hinter sich und fand Trost im körperlichen und emotionalen Trost von Lyanna.
Doch das Morgengrauen brachte die Realität zurück, als die Zwillingssonnen erneut den Horizont vergoldeten. Er wusste, dass seine Reise weitergehen musste. Es gab noch viele Länder zu durchstreifen, viele Geheimnisse zu lüften und viele Dunkelheiten zu durchdringen.
Sanft löste er sich aus Lyannas Armen, um sie nicht zu wecken. Er kleidete sich leise an und trat hinaus in die friedliche Frische des Morgens. Die Luft war klar und kühl, und die ersten Strahlen der Zwillingssonnen warfen lange Schatten über das Land. Er nahm einen letzten, tiefen Atemzug, ließ den Anblick der schlummernden Welt auf sich wirken und fühlte die vertraute Aufregung neuer Abenteuer in seiner Brust.
Lyanna, vom leichten Rascheln der Tür geweckt, trat heraus und sah ihn bereitstehen und in die Ferne blicken. Sie trat zu ihm und legte eine Hand auf seinen Arm. „Müsst Ihr schon gehen?“ fragte sie leise, auch wenn sie die Antwort bereits kannte.
„Ja,“ sagte er sanft, sie betrachtend mit einem Lächeln, das sowohl Zuneigung als auch Entschlossenheit ausdrückte. „Mein Weg ist noch nicht zu Ende. Es gibt immer neue Abenteuer, die auf mich warten.“
Lyanna nickte, Tränen in ihren Augen. „Möge euer Pfad immer von Licht erhellt sein, Yarum. Und möge Zaroon immer einen Helden wie Euch haben, wenn die Nacht schwer wird.“
Er küsste sanft ihre Stirn. „Das Licht ist immer mit uns, in unseren Herzen,“ murmelte er. „Und so lange ich meinen Weg gehe, werde ich es weitertragen.“
Mit einem letzten Blick auf das Dorf und seine Bewohner – und die Frau, die ihm eine Nacht des Trostes und der Zuneigung geschenkt hatte – machte Yarum sich auf den Weg. Galdrung summte leise an seiner Seite, als ob es seine Rastlosigkeit spürte und das Verlangen nach neuen Herausforderungen teilte.
Und so zog der Krieger weiter, bereit, jedem Ruf zur Hilfe zu folgen, immer weiter auf der Suche nach Abenteuer, Gerechtigkeit und der Erfüllung seines unermüdlichen Schicksals. Die Legende von Yarum lebte weiter, nicht geendet, sondern nur in einem weiteren Kapitel, das bereit war, geschrieben zu werden. Denn so lange es Dunkelheit gab, würde auch das Licht des Kriegers mit dem Runenschwert über Zaroon wachen.
Eine schreckliche Prophezeiung erfüllt sich: Einer der neugeborenen Zwillinge des Königs Ghaderich trägt das Mal des Todesgottes auf der Stirn. Er muss geopfert werden, um das Wohlwollen des Gottes zu erlangen und die Bedrohung durch die heranziehenden Feinde abzuwehren. Während der König dem feindlichen Heer entgegenzieht, ist sein Vertrauter mit dem Kind auf dem Weg zum Heiligen Berg, um die Opferung vorzunehmen.
Das Heer war gewaltig, Gesichtslose Sandlinger und Barbaren strömten zu Abertausenden aus der wüstenhaften Ödnis. Sie schwenkten ihre Waffen. Und hier und da waren Kampfschreie zuhören. Ein gewaltiger Zug des Schreckens war, der sich da formierte.
Und sein Ziel war Cambalar...
*
Zwischen zwei der mannshohen Zinnen des Burgfrieds hindurch schaute König Ghaderich angespannt nach Norden. Kein Muskel zuckte in dem von unzähligen Runzeln und Falten zerklüfteten Gesicht, der Blick des Regenten von Cambalar schien sich nach innen verkehrt zu haben. Seine Brust hob und senkte sich unter schweren Atemzügen.
Hochmeister Damlak, der halbrechts hinter dem König Stellung bezogen hatte, beobachtete seinen Herrn aufmerksam. Seine Stirn lag in Falten, sein Mund war verkniffen. Er wagte nicht, die Versunkenheit des Königs dadurch zu stören, indem er ihn einfach ansprach. Der Hochmeister verstand es meisterhaft, Ungeduld und Neugier im Zaum zu halten.
Plötzlich sanken die Schultern Ghaderichs nach unten, die Anspannung wich aus seinen Zügen, in seine Augen schlich sich ein unruhiges Flackern.
„Was habt Ihr gesehen, Herr?“, stellte Damlak nun die Frage, die ihm geradezu brennend auf der Zunge gelegen hatte.
Mit einer fahrigen Geste strich sich der König über die Augen. „Ein starkes Heer, Hochmeister, das von Norden, aus der großen Einöde, kommt und aus Kriegern der Sandlinger und Barbaren besteht. Es zieht in die Richtung meines Reiches.“
„Bei den Göttern!“, entfuhr es Damlak. Er war ein hochgewachsener, hagerer, geradezu asketisch wirkender Mann mit schwarzen, schulterlangen Haaren und dunklen Augen, die in tiefen Höhlen lagen und wie glühende Kohlestücke glitzerten. Der Mantel, den er trug, war von grüner Farbe und wies goldene Stickereien auf, die an geheimnisvolle Runen erinnerten. „Wir müssen es zurückschlagen, Majestät, ehe es die Grenze erreicht. Die Krieger der Sandlinger und die Barbaren morden, plündern und brandschatzen wahllos. Denkt an Euren ungeborenen Sohn, den Eure Gattin, die hochwohlgeborene Heres, unter dem Herzen trägt. Ihm müsst Ihr Euer Reich erhalten, für ihn müsst Ihr die Grenzen des Reiches sichern.“
„Wir können nur hoffen, dass es ein Sohn wird, Hochmeister Damlak“, erwiderte der König und trat nahe an die Mauer heran, die ihm zwischen den Zinnen bis zum Bauch reichte, stemmte sich mit beiden Armen ab, beugte sich weit nach draußen und ließ den Blick schweifen. Die Hauptstadt, die denselben Namen trug wie das Reich, nämlich Cambalar, war auf einer Insel inmitten des Großen Meeres errichtet worden. In ihrer Mitte erhob sich auf einer Anhöhe die Königsburg mit dem alles überragenden Burgfried. Hoch oben im Norden schienen das Meer und der Himmel in einem endlos anmutenden Grau miteinander zu verschmelzen. „Genauso gut ist es möglich, dass meine Gemahlin von einer Tochter entbunden wird.“
„Nur mit einem männlichen Nachkommen ist die Thronfolge gesichert, Herr“, gab Damlak zu bedenken.
Das Gesicht des Königs verschloss sich noch mehr. Dachte er an Jylan, seinen Sohn, der einen jämmerlichen Tod gestorben war? Ja, er war mit seinen Gedanken bei Jylan. Hass begann in seinen Augen zu glimmen und zu lodern wie ein mörderisches Feuer, als er auch des Mannes gedachte, dem er die Schuld am Tod seines Erben zuschob. Seine Zähne mahlten übereinander, seine Hände ballten sich zu Fäusten, weiß traten die Knöchel unter der Haut hervor. „Ich weiß. Ich habe zu den Göttern gebetet und ihnen Opfer dargebracht. Vielleicht haben sie mir vergeben und schenken mir einen Sohn, der mir irgendwann einmal, wenn er groß und stark ist, ich aber alt und krank und gebrechlich bin, auf den Thron folgen kann.“
„Die Götter sind Euch seit damals nicht freundlich gesinnt, mein König“, erklärte Damlak.
„Ich tue alles, um sie zu besänftigen“, erwiderte der Herrscher. Mit erhobener Stimme fuhr er fort: „Bin ich nicht gerecht zu meinen Untertanen? Bin ich meiner Gemahlin kein guter Gemahl? Ich lasse mein Volk nicht bluten, indem ich viel zu hohe Steuern eintreibe, schenke jedem Gehör und biete allen Menschen in den Provinzen Schutz und Sicherheit. Ich lasse die freien Städte am kleinen Meer in Frieden und lebe in Eintracht mit dem König von Tolvanea. Das muss den Göttern doch gefallen, und sie müssen mir endlich den Frevel von damals verzeihen. Schließlich war der Schuldige ein anderer.“
„Verzeihen ist nicht die Sache der Götter“, sagte Damlak. „Aber bringt ruhig weiterhin Opfer, mein König, huldigt den Göttern und fleht um Vergebung. Dann werden sie sich auch wieder mit Euch versöhnen. – Ihr habt das feindliche Heer dank Eurer seherischen Fähigkeiten nahen sehen, Herr. Wir dürfen nicht zulassen, dass es in Euer Reich einfällt und ganze Landstriche im Blut ihrer Bewohner ertränken.“
„Wir schicken dieser Allianz aus mordlüsternen Barbaren und beutegierigen Sandlingern eines unserer Heere entgegen“, entschied König Ghaderich. „Unsere Krieger werden die Angreifer mit aller Härte zurückschlagen. Vielleicht vergessen sie das Wiederkommen, wenn sie eine vernichtende Niederlage erleiden. Hochmeister, leitet das Erforderliche in die Wege. Ich habe etwa fünfhundert Feinde gesehen. Sie sind auf dem Marsch zur Küste, wo meine Untertanen leben. Wir schicken Ihnen genug Soldaten entgegen, die ihnen die Mord- und Raublust verleiden sollen. Wenn alles bereit ist, sagt mir Bescheid. Ich selbst will das Heer den Feinden entgegenführen.“
„Ihr, Herr? Wollt Ihr Euch tatsächlich einer solchen Gefahr aussetzen? Denkt daran, Ihr seid nicht unsterblich und könntet im Kampf getötet werden. Was dann? Cambalar steht dann möglicherweise ohne Thronfolger da. Eure Gemahlin kann nicht an Eure Stelle treten. Wie Ihr selbst bemerkt habt, ist es nicht auszuschließen, dass sie keinen Sohn, sondern eine Tochter gebiert. Mit Eurem Tod, mein König, würdet Ihr das Reich ins Chaos stürzen.“
„Es entspricht dem Ehrenkodex cambalarischer Herrscher, an der Spitze ihres Heeres, dessen oberster Befehlshaber sie schließlich sind, in den Kampf zu ziehen“, erklärte der König mit Nachdruck. „Aber sorgt euch nicht, mein guter Damlak. Ich werde nicht kämpfen.“ Der Blick Ghaderichs verlor sich wieder in der unendlich anmutenden Ferne. „Aber ich will den Einsatz unserer Krieger organisieren und koordinieren. Ich werde mit meiner Strategie die Feinde das Fürchten lehren, mir Respekt verschaffen und einen Ruf erwerben, der andere potentielle Angreifer vorsichtig werden lässt. Abschreckung ist manches Mal besser als blutiger Kampf, Hochmeister Damlak. Wenn sich die Barbaren und die Echsenmenschen nicht mehr in unser Land wagen, weil sie uns fürchten, ersparen wir meinen Untertanen viel Leid.“
„Ich verstehe Euren Entschluss, mein König“, gab Damlak zu verstehen. „Er zeugt von sehr viel Mut und Entschlossenheit, aber auch von Schläue und Erfahrung. Dennoch solltet Ihr Euer Leben keiner Gefahr aussetzen. Das Land braucht Euch, mein Herr.“
Plötzlich stutzte Damlak, schien einen Moment lang mit seinen Gedanken weit, weit weg zu sein, dann stieß er hervor: „Vielleicht ist es sogar beabsichtigt, Euch aus der Stadt hinaus und in eine Falle zu locken, mein König. Erinnert Euch des Schwurs des Mannes, dessen Name in Cambalar verpönt ist und nicht in den Mund genommen werden darf. Er hat damals geschworen, sich fürchterlich an Euch zu rächen.“
Sekundenlang presste der König die Lippen zusammen, sodass sie in seinem Gesicht nur noch einen dünnen, blutleeren Strich bildeten. War es Verbitterung, die diese Reaktion bei ihm hervorrief? Möglicherweise war es die Angst, dass es so sein könnte, wie Damlak es zum Ausdruck gebracht hatte. Es konnte aber ganz einfach nur die schlimme Erinnerung sein, die ihn für einige Augenblicke überwältigte.
Ghaderich schüttelte den Kopf. „Daran glaube ich nicht. Er ist wahrscheinlich längst tot. Draußen, in der Ödnis der Berge, hatte er kaum eine Chance. Sollte es ihm dennoch gelungen sein, meinen Kriegern zu entkommen, haben ihn die Gnome oder Dämonen, die dort hausen, getötet.“
„Er war listig, mit allen Wassern gewaschen, und – gehörte zu den Unsterblichen“, wandte Damlak ein.
„Auch ein Unsterblicher kann getötet werden“, widersprach der König. „Nein! Dieser Angriff der Barbaren und Sandlinger ist nicht inszeniert, um sich an mir zu rächen, Hochmeister. Es ist einer der Raubzüge, denen das Reich nicht zum ersten Mal ausgesetzt ist. Mobilisiert ein Heer, mit dem wir den Eindringlingen entgegenziehen. Mich wird meine Leibwache begleiten. Es sind die besten Krieger, über die wir verfügen, in ihrer Mitte bin ich so sicher wie in Tasons Schoß.“
„Bringt dem Totengott ein Opfer, ehe Ihr loszieht, Herr. Es wird ihn gnädig stimmen.“
„Das ist ein weiser Rat, mein Freund Damlak“, lobte König Ghaderich. „Ich werde darüber nachdenken. Ihr, mein guter Damlak, werdet nicht zögern, ein starkes Heer einzuschiffen und meine Leibgarde auf der königlichen Fregatte zu versammeln. Sagt mir Bescheid, wenn alles zum Auslaufen bereit ist. Ihr findet mich entweder in meinen Gemächern oder im Gemach meiner Gemahlin.“
„Ich werde Eure Befehle unverzüglich ausführen, mein König“, erklärte der Hochmeister und neigte ergeben den Kopf. „Es ist anzunehmen, dass während Eurer Abwesenheit ich die Geschicke der Hauptstadt lenken soll.“
„Bei Euch ist Cambalar in den besten Händen, Damlak.“
Jetzt legte der Hochmeister die rechte Hand flach gegen den Leib und deutete eine Verbeugung an. „Habt Dank für Euer Vertrauen, mein König. Ich werde es nicht enttäuschen.“ Ein unergründliches Lächeln ließ seine dunklen Augen funkeln.
„Dann lasst uns keine Zeit verlieren“, sagte Ghaderich und ging zu dem hölzernen Aufbau in der Mitte der Plattform, in den eine Tür führte, hinter der die Treppe begann.
Damlak wandte sich, ehe er dem König auf die Treppe folgte, an den Wachposten, der die ganze Zeit über stumm und fast regungslos in einer der Ecken gestanden hatte. „Richte den Blick nach Norden, Soldat. Falls die Feinde schon näher sind, als wir annehmen, wirst du vielleicht dort, wo das Meer und der Himmel zusammenwachsen, bald Feuer und Rauch sehen. Dann zögere nicht und melde es deinem Vorgesetzten. Denn dann tut Eile Not.“
Die Gestalt des Wächters straffte sich. Er gehörte nicht zur Kampftruppe des Königreichs, denn er trug nicht die äußerlichen Merkmale der Unsterblichen. „Ich habe verstanden, Herr“, schnarrte er.
Damlak folgte seinem König.
Es dauerte seine Zeit, bis sie unten ankamen. Im Burghof trennten sie sich. Der König begab sich in die Gemächer seiner Gemahlin Heres. Sie lag stöhnend und ächzend unter einem Baldachin aus goldfarbenem Stoff in ihrem riesigen Bett, bleich, mit dunklen Augenhöhlen und gequältem Gesichtsausdruck, umlagert von einem halben Dutzend Hebammen und Zofen und einem Mann im schwarzen Medizinerhabit; schwarze Jacke, schwarze, eng an den Beinen anliegende Hose, spitze, schwarze Schnabelschuhe, einen schwarzen Hut auf dem Kopf. Lediglich das Hemd war weiß.
Der Arzt sah den König kommen, trat sofort vom Bett weg, ging auf das rechte Knie nieder, senkte den Kopf und sagte: „Eure hochwohlgeborene Gemahlin liegt in den Wehen, Herr. Ich schließe nicht aus, dass sie heute noch gebiert.“
Ghaderich bedeutete dem Mediziner, sich zu erheben. „Tut alles, Medikus, um meiner Gattin so viele Schmerzen wie möglich zu ersparen, und seht zu, dass das Kind gesund das Licht der Welt erblickt. Lasst mich in Kenntnis setzen, sobald es da ist.“
Der Arzt verbeugte sich. „Euer Wunsch ist mir Befehl, mein König.“
Ghaderich trat an das Bett seiner Gattin heran. In ihren Augen und in ihrem Gesicht wühlten die Schmerzen. Soeben fuhr wieder eine Wehe durch ihren Leib, und ihr entrang sich ein langgezogenes, gequältes Röcheln. Sie presste beide Hände auf den Leib.
Die Wehe ging vorüber und ihre Gestalt erschlaffte. In ihren Augenhöhlen glitzerte der Schweiß. Mit geröteten, fiebrigen Augen schaute sie hoch zu Ghaderich. „Es tut so weh“, murmelte sie mit verlöschender Stimme. „Aber ich halte durch, mein geliebter Gemahl. Ich bin sicher, dass ich dir einen Sohn schenke. Nicht umsonst habe ich die Götter tausendmal und noch öfter angerufen. Es wird ein ...“
Eine neue Wehe ließ sie aufschreien. Der Schmerz weitete ihre Augen, der Schrei ging schließlich zu einem nicht enden wollenden Stöhnen über, und dann war es nur noch gequältes Gewimmer, das über die bebenden Lippen der Gebärenden brach.
„Die Götter werden mit dir sein, meine über alles geliebte Gemahlin“, sagte Ghaderich und nahm Heres‘ Hand. „Ich kann dir leider nicht beistehen, meine Liebe. Aber dir steht der beste Arzt, den Cambalar zu bieten hat, zur Seite, außerdem kümmern sich die besten Hebammen und deine treuen Zofen um dich. Ich bin davon überzeugt, dass ich der stolze Vater eines Sohnes und Thronerben sein werde, wenn ich zurückkomme.“
„Du gehst weg, mein König?“, ächzte Heres.
„Ich habe einen Blick in die Zukunft werfen dürfen, meine geliebte Gemahlin“, erwiderte Ghaderich, „und ein Heer von Barbaren und Sandlingern von Norden her auf das Küstengebiet meines Reiches zumarschieren sehen. Hochmeister Damlak wurde von mir angewiesen, ein Heer aus Unsterblichen einzuschiffen. Mit mir an der Spitze wird es den Friedensstörern entgegenziehen und sie vernichtend schlagen.“
Zum gepeinigten Ausdruck in den blauen Augen der Königin gesellte sich das Entsetzen. „Du willst in den Kampf ziehen? Bei den Göttern, mein geliebter Gemahl, das darfst du nicht. Deine Offiziere können die Krieger in den Kampf führen. Warum willst du dein Leben aufs Spiel setzen? Soll dein Sohn seinen Vater niemals kennenlernen, weil der auf irgendeinem Schlachtfeld sein Leben gelassen hat?“
„Ich bin der König, meine Liebe, der erste Diener seines Reichs. Ich kann nicht meine Krieger in den Kampf schicken, ohne als ihr Anführer zu fungieren. Sollen sie die Achtung vor mir verlieren? Sollen meine Feinde behaupten, dass König Ghaderich zu feige ist, an der Spitze seines Heeres sein Reich zu verteidigen? Nein, meine geliebte Gemahlin. Ich muss achtunggebietend auftreten, respekteinflößend vor den Gegner hintreten und ihn das Fürchten lehren. Unsere Feinde sollen künftig einen weiten Bogen um das Reich von Cambalar machen.“
„Ich habe Angst um dich“, jammerte Heres, „und möchte nicht mehr leben, wenn dir was geschieht.“
Im nächsten Moment bäumte sie sich wieder unter einer Wehe auf und gab unartikulierte Laute der grenzenlosen Qual von sich.
„Ich selbst werde nicht kämpfen“, erklärte Ghaderich, als die Wehe vorüber war und Heres keuchend atmend in den Kissen lag, „sondern lediglich unser strategisches Vorgehen koordinieren. Das ist das Zugeständnis, das ich dir und unserem noch ungeborenen Kind mache. Das verspreche ich dir, meine Liebe: Ich werde mich nicht der Gefahr aussetzen, von unseren Feinden erschlagen zu werden. Wenn die Eindringlinge besiegt und vertrieben sind, kehre ich im Triumphzug zu dir und unserem Kind zurück. Das verspreche ich dir in die Hand, geliebte Gemahlin.“
In der Stunde, in der das Wehgeschrei der Königsgemahlin durch die königlichen Gemächer der Burg hallte und Hochmeister Damlak dabei war, die Befehle König Ghaderichs umzusetzen, beobachteten zwei der Torwachen auf dem Markt der Stadt drei vermummte Männer, die an einen der Marktstände herangetreten waren und auf den Händler einredeten.
Die Torwachen trugen die Farben des Königs, grün und rot, sowie Harnische aus Leder und Helme aus Bronze. Die drei Vermummten erregten ihren Verdacht. Einer der Wächter war an den anderen herangetreten und sagte: „Sie sind gekleidet wie Sandlinger, ich sehe aber keine Ware, mit der sie bei uns Handel treiben wollen. Keine Feigen, keine Datteln und keine Schleudern, die sie aus der Haut der großen Echsen in der Wüste anfertigen.“
„Es stimmt“, pflichtete der andere bei. „Die drei erscheinen auch mir ziemlich verdächtig. Es könnten Spione sein. Vielleicht sind es gar keine Sandlinger, sondern Barbaren vom Rand der Wüste, die sich verkleidet haben und aus irgendeinem Grund herumschnüffeln. Wir sollten sie nicht aus den Augen lassen.“
Nach einer Weile verließen die drei Vermummten den Marktstand und drängten sich zwischen die kaum überschaubare Rotte der Menschen, die den Markt bevölkerten. In der Menge verschwanden sie.
„Sie nehmen die Richtung zum Hafen“, sagte einer der Wächter. „Sag dem Hauptmann Bescheid, Selak. Ich frage den Händler, was sie mit ihm besprochen haben.“
Der Soldat namens Selak zog sich durch das offenstehende Tor in die Burg zurück, wo sich an das Tor das flache Gebäude für den Wachhabenden, seinen Vertreter und die wachfreien Soldaten anschloss. Der andere Wachposten verließ seinen Platz am Tor und strebte dem Verkaufsstand zu, an dem der Händler verschiedenes Gemüse und frisches Obst feilbot.
Selak betrat die Wachbaracke. Ein fragender Blick des Hauptmannes, der an diesem Tag die Burgwache befehligte, traf ihn und er nahm Haltung an. „Hauptmann, ich habe eine Beobachtung zu melden, die unseren Verdacht erregte. Drei Vermummte, möglicherweise Sandlinger, die sich ohne Waren auf dem Markt herumgetrieben und Fragen gestellt haben, sind in Richtung Hafen gegangen.“
„Sandlinger dürfen die Stadt nur betreten, um Handel zu treiben“, konstatierte der Hauptmann. Der Helm auf seinem Kopf war mit einer Pfauenfeder verziert. Ein dicker Schnurrbart verdeckte seinen Mund. „Zum Hafen, sagst du. Habt ihr herausgefunden, was es für Fragen waren, die sie gestellt haben?“
„Hargon befragt den Händler, mit dem sie sprachen, als wir sie beobachteten. Sie haben nichts gekauft oder verkauft. Sie bewegten sich nicht wie die normalerweise sehr wendigen Sandlinger. Ihre Bewegungen war eher schwerfällig. Es könnten verkleidete Barbaren sein, die etwas ausspionieren.“
„Hochmeister Damlak ist dabei, das Heer der Unsterblichen zu mobilisieren“, murmelte der Hauptmann. „Das geschieht nur, wenn ein Angriff auf das Reich zu befürchten ist. Vielleicht sind es wirklich Spione, die herausfinden sollen, ob in Cambalar Truppenbewegungen stattfinden.“ Der Hauptmann wandte sich seinem Stellvertreter zu. „Malik, nimm dir fünf Soldaten und folge den drei Verdächtigen. Du hast es gehört, sie sind in die Richtung zum Hafen gegangen. Ebenfalls ein Indiz, das sie verdächtig macht. Bring sie her, damit wir sie der Befragung unterziehen können.“
„Verstanden, Hauptmann“, stieß Malik hervor, ging zur Tür, die in den Nebenraum führte, und stieß sie auf. Sofort wurde Stimmengemurmel hörbar. „Fünf Mann zu mir! Bewaffnet! Schnell, schnell!“
In dem Aufenthaltsraum der wachfreien Soldaten wurde es laut, und schon gleich darauf rannten nacheinander fünf der Soldaten, mit Schwertern und Spießen bewaffnet, durch das Wachlokal ins Freie.
„Folgt mir!“, befahl Malik und begann zu laufen. Das bewaffnete Quintett folgte. Ihre Schritte trappelten wie Pferdehufe auf dem Kopfsteinpflaster unter dem Tor und auf dem Marktplatz.
Hargon, der Soldat, der den Händler befragt hatte, kam ihnen entgegen. „Sie haben sich tatsächlich erkundigt, ob in Cambalar Truppen ausgehoben und Vorbereitungen getroffen werden, Truppenverbände einzuschiffen.“
„Weiter, Marsch!“, gebot Malik. Der Verdacht der beiden Torwächter schien sich zu bestätigen. Es handelte sich um Spione.
Ohne jede Rücksichtnahme drängten sich die sechs Soldaten durch die Menschenmenge. Flüche und Beschimpfungen wurden laut, aber die Bewaffneten ließen sich nicht beirren. So mancher, der nicht rechtzeitig zur Seite sprang, ging zu Boden. Schließlich endete der Marktplatz, die Soldaten rannten in eine dunkle Gasse, die zwischen den nahtlos stehenden Gebäuden zu beiden Seiten wie die Sohle einer tiefen Schlucht anmutete.
Im Hafen von Cambalar lagen fünf Dutzend Langboote mit jeweils vierzig Ruderplätzen vor Anker. Die Schiffe waren schnittig gebaut und leicht, sodass sie nur einen geringen Tiefgang hatten. Außer den Rudern war jedes der Schiffe mit einem riesigen Segel ausgestattet, das aber hier im Hafen eingeholt war.
Auf einem Dutzend der Boote tummelten sich Männer. Es waren die Bootsleute, die für die Instandhaltung und Instandsetzung zuständig waren, die nun die Festigkeit der Ruder und die Takelage prüften, sowie Knechte, die Trinkwasser- sowie Nahrungsmittelvorräte auf die Schiffe brachten. Auf jedem dieser Boote hatten neben den Ruderern gut und gerne fünfunddreißig Soldaten Platz.
Auf dem gesamten Hafengelände herrschte reges Treiben. Es waren keine Menschentrauben wie auf dem Marktplatz, aber dennoch sehr viele Personen, und jede schien eine Aufgabe oder einen Auftrag zu erfüllen.
Die drei Vermummten standen bei einem der Piers und sprachen mit einem Fischer.
Malik nahm sie wahr und rief, ohne sein Tempo zu verringern, über die Schulter: „Ausschwärmen! Sie dürfen auf keinen Fall entkommen.“
Die Soldaten hatten solche Aktionen zigmal geübt, und so waren sie erprobt und erfahren. Sie näherten sich dem Pier so, dass die drei Männer, denen ihr Interesse galt, keine Chance hatten, von der Landungsbrücke zur Stadt hin zu fliehen. Als Fluchtweg blieb ihnen nur das Hafenbecken, aber schwimmend würden sie nicht weit kommen.
Die Wachsoldaten legten die Spieße an, als sie sich den drei Vermummten, die ihnen den Rücken zuwandten, soweit genähert hatten, dass Malik nicht einmal schreien musste, damit sie ihn verstehen konnten. „Rührt euch nicht! Keine falsche Bewegung, wenn ihr nicht aufgespießt werden wollt.“
Die drei standen für die Spanne einiger Herzschläge wie erstarrt da und schienen den Worten hinterherzulauschen. Der Fischer, der die Soldaten zwar gesehen hatte, als sie sich annäherten, aber nicht gewagt hatte, die Vermummten zu warnen, zog sich rückwärtsgehend zurück.
Jetzt fiel die Erstarrung von den drei Männern ab, und sie drehten sich langsam um. Einer sagte: „Wir sind friedfertige Händler. Warum bedroht ihr uns?“
Ihrer Kleidung nach zu schließen waren sie Sandlinger. Eine zu den langen Mänteln gehörende Kapuze sowie Tücher, die sie sich so um die Köpfe geschlungen hatten, dass sie nur die Augen freiließen, verhüllten die Köpfe und ihre Gesichter. Niemand in Cambalar wusste genau zu sagen, wie sie lebten. Es ging das Gerücht um, dass sie in der Wüste hausten wie wilde Tiere, und man sagte ihnen nach, dass sie selbst dort noch überleben konnten, wo sogar Echsen, Schlangen und Skorpione keine Chance mehr hatten.
„Seid ihr tatsächlich Sandlinger?“, erkundigte sich Malik mit lauerndem Unterton.
„Ja“, antwortete der Mann, der eben schon das Wort geführt hatte. „Wir sind berechtigt, in Cambalar Handel zu treiben.“
Malik grinste faunisch. „Womit handelt ihr denn? Ich sehe weder Säcke noch Körbe bei euch. Tragt ihr eure Waren in den Taschen eurer Mäntel herum? Los, nehmt die Tücher von euren Gesichtern. Macht schon.“
„Wir müssen dir keinen Gehorsam leisten, Soldat.“ Die Hand des Sprechers schob sich langsam unter den zerschlissenen und verstaubten Mantel, der um die Taille von einer Kordel zusammengehalten wurde.
„Lass deine Hand, wo sie ist!“, fuhr ihn Malik an. „Falls du bewaffnet bist, dann rate ich dir, die Waffe stecken zu lassen. Wir dürften dich töten.“
Der Sprecher des vermummten Trios entspannte sich. „Wir wollten Waren kaufen“, sagte er.
„Und womit wolltet ihr sie transportieren?“
„Wir sind mit einem Boot gekommen.“
„Ich glaube dir kein Wort. Und nun nimm die Tücher von deinem Gesicht. Für deine Gefährten gilt dasselbe. Ich will eure Gesichter sehen.“
„Kommt nicht in Frage!“, zischte der Wortführer der drei, seine Rechte stieß unter den Mantel, und als sie wieder zum Vorschein kam, umklammerte sie den Griff eines Kurzschwerts.
„Nehmt sie fest!“, brüllte Malik mit sich überschlagender Stimme.
Auch die beiden anderen angeblichen Sandlinger hielten jetzt kurze Schwerter in den Fäusten. Geduckt und kampfbereit standen sie auf dem Pier, in den flackernden Augen den unumstößlichen Entschluss, sich den Weg zu ihrem Boot freizukämpfen.
Während Malik sich nicht rührte, rückten die fünf Wachsoldaten mit angeschlagenen Spießen auf die drei Vermummten zu. „Wir brauchen sie lebend!“, rief Malik. „Wenigstens einen von ihnen.“
Der Sprecher der Vermummten warf sich unvermittelt herum, war mit vier – fünf langen, kraftvollen Sätzen am Rand des Piers und stürzte sich ohne zu zögern in die schwarze, unergründlich anmutende Brühe. Sie schlug über ihm zusammen. Er schwamm ein ganzes Stück unter Wasser, wobei ihn das Schwert in der Hand ziemlich behinderte.
Auf dem Pier wehrten seine Gefährten mit ihren Schwertern die Stiche mit den Spießen ab. Sie kämpften Rücken an Rücken, waren von den fünf Wachsoldaten eingekreist, wichen den Stößen geschickt aus, schlugen mit ihren Klingen die Spieße zur Seite und ermöglichten so ihrem Gefährten im Wasser die Flucht.
Menschen liefen zusammen und beobachteten voll Interesse das Schauspiel, das sich ihnen bot.
Lange hielten die beiden Vermummten der Überzahl der Wachleute stand. Sie verstanden es meisterlich, mit dem Schwert umzugehen. Schließlich aber sank einer von ihnen von einem Spieß durchbohrt zu Boden, schrie seinen Schmerz hinaus und wand sich im Todeskampf. Der andere wurde für einen Augenblick abgelenkt, und ehe er sich versah, wurde er von den Wachleuten zu Boden gerungen, entwaffnet und festgehalten. Sie rissen ihm die Tücher vom Kopf und Malik beugte sich über ihn. Er sah ein zerfurchtes, eingefallenes Gesicht, dessen Haut von Wind, Regen und Sonne gegerbt war. Lange, schwarze Haare rahmten es ein. Unbändiger Hass verzerrte die Züge und loderte in den dunklen Augen. „Du bist kein Sandlinger“, stieß Malik hervor. „Du bist ein verfluchter Barbar vom Rand der Einöde.“
Der am Boden liegende Mann versuchte Malik ins Gesicht zu spucken, doch Malik wich aus, und der Speichel flog an seinem Kopf vorbei. „Stellt ihn auf die Beine und fesselt ihn“, kommandierte Malik. „Wir bringen ihn in die Burg. Dort wird man schon aus ihm herauskitzeln, was ihn und seine Begleiter nach Cambalar getrieben hat.“
Der Gefangene wurde in die Höhe gezerrt. Die Wachsoldaten fassten ihn dabei nicht mit Glacéhandschuhen an. Sein Gefährte, den ein Stich mit der Lanze gefällt hatte, war verblutet. Seine gebrochenen Augen, in denen nur noch die absolute Leere des Todes zu erkennen war, starrten hinauf zu den ziehenden Wolken, die den Himmel verdeckten. Nachdem die Soldaten dem Überwältigten die Hände auf den Rücken gefesselt hatten, führten sie ihn ab.
Die Neugierigen und Sensationslüsternen in der Runde renkten sich die Hälse aus, um alles mitzubekommen. Malik ging voraus, die Wachsoldaten trieben den Gefesselten hinter ihm her. Auch jetzt gingen sie nicht zimperlich mit ihm um. Er hatte die Lippen zusammengepresst und gab nicht einen Laut von sich.
Sie erreichten den Marktplatz. „Zur Seite!“, brüllte Malik, und eine Gasse bildete sich, durch die sie schritten. Schließlich verschwanden sie in der Burg. Malik übergab den Gefangenen dem Hauptmann der Wache, der anordnete, dass er ins Verlies im Keller des Wachlokals geworfen wurde.
Als der Gefangene abgeführt war, wandte sich der Hauptmann an Malik. „Warum nur einer?“, wollte er wissen. „War nicht von dreien die Rede?“
„Sie setzten sich zur Wehr“, antwortete Malik. „Einer sprang ins Wasser und konnte schwimmend entkommen. Einen mussten wir töten. Ich denke, einer reicht, um zu erfahren, in welcher Mission sie nach Cambalar gekommen sind.“
„Denke ich auch“, pflichtete der Hauptmann bei. „Wenn nötig, helfen wir nach. Es gibt genug Mittel und Wege, um ihm die Würmer aus der Nase zu ziehen.“
*
Der Gefangene wurde zwei Stunden später König Ghaderich vorgeführt. Ghaderich hatte im großen Saal der Burg auf seinem Thron Platz genommen und sich zum Zeichen seiner Herrscherwürde die goldene und mit Edelsteinen verzierte Krone aufgesetzt. Seitlich von ihm saßen auf kunstvoll verzierten Stühlen seine Berater, sechs an der Zahl. Sie waren alt und erfahren und standen dem König in jeder noch so kniffligen Situation mit Rat und Tat zur Seite.
Zu beiden Seiten des Thronsaales hatten Bewaffnete Stellung bezogen. Es handelte sich um die Leibwache des Königs, dreißig Mann stark – dreißig seltsam anzusehende, geradezu furchteinflößende Gestalten. Die Haut ihrer Gesichter erinnerte an altes, brüchiges Pergament, war aber im Gegensatz zu Pergament kalkig, fast weiß. Sie besaßen lange, dünne Haare von schlohweißer oder grauer Farbe. Obwohl sie von menschlicher Gestalt waren, war an ihnen nichts Menschliches. In ihren grauen Augen war kein Leben, ihre Körper waren entseelt, sie kannten weder Mitleid noch Gnade und Erbarmen. Es waren lebende Tote, die Diener Tasons, des Totengottes. Ihm hatten sie in einem Ritual ihre Seele geopfert und so Unsterblichkeit erlangt.
König Ghaderich waren sie treu ergeben. Diese bedingungslose Loyalität war ihnen bei dem Ritual, das sie zu Unsterblichen machte, eingeimpft worden.
Der Führer der Leibwache trug den Namen Shenan Gal. Seit vielen Generationen diente er treu ergeben den Königen von Cambalar.
Zwei Soldaten führten den gefesselten Barbaren vor den König hin, eine Gruppe von sechs weiteren Soldaten folgte ihnen ihm Gleichschritt. Auf einen schnarrenden Befehl hin hielt der Trupp an und der Gefangene wurde unsanft auf die Knie niedergezwungen. Jeder der Krieger neigte das Haupt zum Ausdruck seiner Ehrerbietung.
Das Gesicht des Gefangenen wies Blutergüsse sowie Platz- und Schürfwunden auf. Er war zu schwach, um den Kopf aufrecht zu halten. Sein Kinn war auf die Brust gesunken, sein Kopf pendelte hin und her. Von seinen Lippen tropfte Blut.
Ein ranghoher Offizier trat vor, nahm Haltung an und rief: „Das ist der Spion, mein König, von dem ich Euch berichten ließ. Er kommt vom Rand der Wüste und wurde zusammen mit zwei anderen Barbaren von dem Sandlingerführer Endrubal nach Cambalar gesandt. Sie sollten herausfinden, mein König, ob man in Cambalar über die Annäherung eines vereinten Heeres aus Sandlingern und Barbaren unter ihrem Führer Solo Hasradun informiert ist. Sie kommen, um zu morden, zu rauben und zu brandschatzen. Die drei Barbaren sollten ausspionieren, ob man sich hier zur Verteidigung, vielleicht sogar zum Gegenangriff rüstet. Ziel der gegnerischen Heerführer ist es, die eigene Strategie unseren Maßnahmen anzupassen und so bösen Überraschungen vorzubeugen.“
„Wer ist Endrubal, wer ist Solo Hasradun?“, fragte der König.