Sea Change - Eindrücke einer bedrohten Schönheit - Craig Foster - E-Book

Sea Change - Eindrücke einer bedrohten Schönheit E-Book

Craig Foster

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  • Herausgeber: Mosaik
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Wenn Craig Foster ausgebrannt ist, tut er das, was er als Kind schon getan hat: Er schwimmt und taucht vor der Küste Südafrikas – ohne Tauchausrüstung, tief in den Unterwasserwäldern des Atlantiks. Bei seinen Ausflügen beginnt er, den Wald zu kartografieren und stößt auf eine Oktopusdame, die ihn mindestens so spannend findet, wie er sie. Von ihr lernt Foster nicht nur viel über Oktopusse und das fragile Ökosystem des Tangwalds, er lernt auch sehr viel über sich. In »Sea Change« zeigen uns Foster und sein Tauchfreund Ross Frylinck, weshalb es unser aller Rettung sein kann, wieder in eine echte Verbindung zur Natur zu treten. »Sea Change« beeindruckt mit atemberaubenden Bildern und klugen Texten über das Ökosystem unter Wasser, dessen Gesundheit unsere Rolle auf diesem Planeten bestimmt.

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Seitenzahl: 250

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Buch

Wenn Craig Foster ausgebrannt ist, tut er das, was er als Kind schon getan hat: Er schwimmt und taucht vor der Küste Südafrikas – ohne Tauchausrüstung, tief in den Unterwasserwäldern des Atlantiks. Bei seinen Ausflügen beginnt er, den Wald zu kartografieren, und stößt auf eine Oktopusdame, die ihn mindestens so spannend findet wie er sie. Von ihr lernt Foster nicht nur viel über Oktopusse und das fragile Ökosystem des Tangwalds, er lernt auch sehr viel über sich. In »Sea Change« zeigen uns Foster und sein Tauchfreund Ross Frylinck, weshalb es unser aller Rettung sein kann, wieder in eine echte Verbindung zur Natur zu treten. »Sea Change« ist ein atemberaubender Bildband mit klugen Texten über das Ökosystem unter Wasser, dessen Gesundheit unsere Rolle auf diesem Planeten bestimmt.

Autoren

Craig Foster ist Filmschaffender und begeisterter Naturforscher. Seine Filme sind vielfach preisgekrönt, zuletzt gewann »Mein Lehrer, der Krake« den Oscar 2021 als beste Dokumentation. Seit acht Jahren schwimmt er täglich im Tangwald vor der Küste Kapstadts und erforscht den Wald und seine Bewohner.

Ross Frylinck ist Initiator des Wavescape Ocean Festivals und ist an der südafrikanischen Küste als Surfer und Freitaucher unterwegs, seit er schwimmen kann. Beinahe genauso lang erzählt er die Geschichten der Meere als Autor.

Craig Foster & Ross Frylinck

SEACHANGE

EINDRÜCKE EINER BEDROHTEN SCHÖNHEIT

Von den Machern der Oscar-prämierten Netflix-Doku »Mein Lehrer, der Krake«

Mit einer Einführung von Jane GoodallAus dem Englischen von Thorsten SchmidtVorwort von Dr. Jannes Landschoff

Die englische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Sea Change« bei Quivertree Publications, Rondebosch, Südafrika.Copyright © in published edition Quivertree Publications 2018First published in South Africa in 2018 by Quivertree Publications. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe April 2022

Copyright © 2018 der Originalausgabe: Quivertree Publications

Copyright © 2022 der deutschsprachigen Ausgabe: Mosaik Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Fotos im Innenteil: Craig Foster;

Außer: Abb. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11: Ross Frylinck;

Abb. 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20: Pippa Ehrlich;

Abb. 21, 22, 23: Tom Foster

Umschlag: Sabine Kwauka nach einem Entwurf von Libby DoyleGestaltung Unterwasserkarte: Chris Lochner

Umschlagmotiv: Craig Foster

Redaktion: Eckard Schuster

Satz: Uhl + Massopust, Aalen basierend auf der Gestaltung von Libby Doyle

GS ∙ IH

ISBN 978-3-641-28618-7V001www.mosaik-verlag.de

Inhalt

Vorwort Dr. Jannes Landschoff

Einleitung Jane Goodall

Vorwort

KALT UND ANGSTEINFLÖSSEND

WANDERN OHNE ZIEL

ERWACHEN

FÜNF FADEN TIEF

SEA CHANGE

Nachwort

Dank

Register

Allgemein

Vorwort Dr. Jannes Landschoff

Die Kelp- oder Tangwälder der südafrikanischen Westküste, die sich um das Kap der Guten Hoffnung bis zum Kap Agulhas erstrecken, sind eines der letzten verbleibenden intakten Ökosysteme unserer Erde. In Sea Change erkunden meine Freunde und Kollegen Ross und Craig diese grandiose Unterwasserlandschaft auf einer einzigartigen Entdeckungsreise. Obwohl – oder vielleicht gerade weil – weder Ross noch Craig ausgebildete Biologen sind, eröffnen ihre persönlichen Erfahrungen im Kelpwald eine neue Perspektive auf dieses wissenschaftlich bedeutsame Ökosystem. Craigs neuer Ansatz, ohne Sauerstoffflaschen oder Neoprenanzug, sondern mit nur minimaler Taucherausrüstung die rauen, gefühlt eisigen Gewässer zu erkunden ist für beide eine Wallfahrt im Sinne von Heilung und Freundschaft. In erster Linie durchleben Craig und Ross aber, was es bedeutet, als Mensch auf unserer ozeanischen Erde in täglich engem Kontakt mit sich selbst in der Natur zu leben. In seiner essentiellen Form ist Sea Change daher eine Rückbesinnung auf die Grundlagen des Menschseins: nämlich sich als Teil eines Naturraums zu fühlen.

Acht Jahre ist es inzwischen her, dass ich Craig, und dann etwas später Ross, kennenlernte. Mein damaliger Professor und ich hatten Craig auf eine unserer biologischen Exkursionen in den Gezeitenbereich am Kap eingeladen. Diese Begegnung sollte ungeahnte, tiefgreifende Veränderungen für mein Leben nach sich ziehen.

Ein Jahr zuvor hatte ich mein Biologie-Grundstudium in Kiel und im Wattenmeer auf Sylt abgeschlossen, mein Leben in zwei Koffer gepackt und war nach Südafrika gezogen, um meine Passion zu vertiefen. Ich wollte Meeresbiologie leben, Arten und deren Anpassungsverhalten entdecken und wissenschaftlich erforschen. Unter der Leitung von Professor Charles Griffiths, einem der letzten ausgebildeten Naturforscher, fokussierte ich meine wissenschaftliche Arbeit auf die Taxonomie und die marine Artenvielfalt an der Universität Kapstadt.

Charles, Craig und mich einten das Interesse und die Passion für das Meer, sodass unsere regelmäßigen Exkursionen zum Höhepunkt der Woche wurden. Charles, der den Großteil seiner Karriere damit verbracht hatte, den Artenreichtum dieses Gebiets zu dokumentieren, gab uns dafür ständig neue Anregungen. Craig, der bis dato keinen akademischen Bezug zur Biologie hatte, brachte ganz andere Blickwinkel ein, erfrischend frei von wissenschaftlichen Filtern, Konzepten und Methoden.

In diesem Mix aus verschiedenen Zugängen entdeckten wir gemeinsam unzählige neue Verhaltensweisen und ein halbes Dutzend neuer, unbeschriebener Arten, die nie zuvor jemand gesehen oder zumindest nicht wissenschaftlich wahrgenommen hatte. Das alles – und das war erstaunlich – am Rande einer Großstadt, mit keinen wichtigeren Werkzeugen als unserer sich ständig schärfenden Beobachtungsgabe, unseren kleinen wasserdichten Kameras und ein paar Marmeladengläsern. Ein Großteil von Craigs Bildern in diesem Buch ist das Produkt dieser gemeinsamen Spurenlese. Die hier festgehaltenen Erinnerungen stehen beispielhaft für diese sehr besondere Anfangszeit meines ganz eigenen »Sea Changes«.

Nach einem gemeinsamen Picknick auf den Felsen blieben Craig und ich meist allein an der Küste zurück. Wir tauchten, manchmal mit Ross, hinab in die Tiefen des Kelpwaldes. Zwei Welten begannen sich anzunähern, die vielleicht darauf gewartet hatten, sich zu finden. Stark beeinflusst durch seine Arbeit mit indigenen Menschen wie den letzten San der Kalahari sah Craig die Natur vor allem durch die Brille seiner eigenen Erfahrungen in der Natur. Dem gegenüber stand meine westliche Weltsicht; ich war aufgewachsen in einer norddeutschen Kleinstadt mit einem bürgerlich-humanistischen Bildungsweg in Gymnasium und Universität, auch geprägt vom Wissen meines Vaters, eines Gymnasiallehrers für Biologie und Chemie. Meine weltlichen Konzepte, die ich als einzige Wahrheit empfand, begannen an ihren Rändern zu verschwimmen und ihre Unbiegsamkeit zu verlieren, und doch spielten sie gleichzeitig eine entscheidende Rolle dabei, unsere Entdeckungen im Kelpwald gemeinsam zu interpretieren.

Schnell stellte sich heraus, dass Craig und ich anfangs gegensätzliche Ausgangspunkte der Naturbetrachtung hatten: Während er sich als Teil der Natur verstehen wollte und sozusagen von innen auf sie blickte, war ich als Biologe eher der Beobachter von außen. Unser beider Leidenschaft für die lebendige Welt und die gemeinsamen Erfahrungen in der rohen Naturschönheit des Kelpwaldes ließen uns voneinander lernen, und unsere Ansichten vereinten sich in einer tiefen Freundschaft. Unsere Begegnung mit der Natur ließ uns ihre Prozesse sowohl durch Intuition erfühlen als auch wissenschaftlich erklärend deuten. Dieses Buch ist daher ein Zeugnis dieses Erfahrungsraums einer Gemeinschaft, welche die Spuren im Meer zu lesen vermag und in der klassische Naturkunde und moderne Biologie in eine Geschichte verschmelzen.

Nach der Verteidigung meiner Doktorarbeit kam der tiefe Wunsch auf, selbst wieder näher an der Natur zu sein. Ich fing an, jeden Tag ohne Neoprenanzug mit Craig, Ross, Pippa und der wachsenden Gemeinschaft von Sea Change im kühlen Kelpwald vor Kapstadt zu tauchen. Seit nunmehr vier Jahren habe ich kaum einen Tag verpasst. Dadurch lernte ich das Meer noch einmal auf eine ganz neue, ganz andere Art kennen und lieben. Die Erfahrungen in diesem Buch, die Bilder im Film My Octopus Teacher, sie leben in mir, denn ich war bei den Beobachtungen meist dabei oder wenigstens in der Nähe, um sie ausgiebig mit Craig zu diskutieren. Offiziell wurde ich so der wissenschaftliche Berater unserer Projekte. Genauso verkörpern sie aber auch meine ganz eigene Reise.

Mit jedem Tauchgang dehnt sich diese Verbundenheit zum Kelpwald aus, und sie wird tiefer und breiter. Nach meiner Erfahrung verändert eine solch innige Beziehung zur Natur die Sichtweise darauf, wie sensibel und kostbar jedes einzelne Wesen ist. Diese Erkenntnis beeinflusst auch die Qualität der Beziehungen zu unseren nächsten Menschen. Für diesen Wandel, für die vielen Lehrstunden im Kelpwald, bin ich unendlich dankbar. Ich bin der Überzeugung, dass jeder Mensch auf seine Weise diese tiefe Naturverbundenheit in sich trägt. Wenn wir sie wahrnehmen und lernen, der Natur zuzuhören, dann sind wir auch in der Lage, bessere Entscheidungen für uns und die Gemeinschaft zu treffen. Doch die Möglichkeit, diese Erfahrungen als Mensch machen zu können, sie ist vielleicht so bedroht wie der Kelpwald selbst. Denn die Wildnis, die Unterwasserlandschaften, die letzten intakten Ökosysteme unseres Planeten, die Artenvielfalt, sie alle schwinden. Die Wissenschaft ist sich darüber seit Jahren im Klaren, die Belege sind so eindeutig wie erschütternd und traurig.

Und doch bleibt die frohe Botschaft und Erinnerung daran, dass wir ein Teil der Natur und keine außenstehenden Zuschauer sind. Wir können also selber gegensteuern, beim Klimawandel, beim Verschwinden von Ökosystemen und beim Artensterben, um die Grundlage unserer eigenen Existenz zu bewahren. Wir wissen schon lange, wie das ginge, nur haben wir bisher (zu) wenig dafür getan. Es ist Eile geboten. Wir müssen uns erinnern: Was gut für die Umwelt ist, das ist grundsätzlich auch gut für uns! Gerade auf Länder wie Deutschland entfällt hier eine große Vorreiterrolle, der man unbedingt gerecht werden muss.

Im Rahmen des Sea Change Project ist es unser Ziel, die Menschen so nahe an die Natur zu bringen wie möglich. Denn als Menschen sollten wir verstehen, warum wir unsere Meere schützen müssen, aber vielleicht noch wichtiger ist es, fühlen zu können, warum wir es so dringlich tun sollten.

Nach My Octopus Teacher werden Craig und ich die Meeresbiologie und die Geschichten der Natur noch näher zusammenbringen. Wie bereits in diesem Buch werden wir weiter von Tieren und Pflanzen erzählen, während wir parallel unsere eigene Forschung ausbauen. Mithilfe der Save Our Seas Foundation wollen wir dafür »1001 Seaforest Species«, also 1001 Lebewesen des südafrikanischen Kelpwaldes, auf unsere eigene Art erkunden und dokumentieren. In diesem ersten Buch erscheinen etwa 80 Arten. Es liegt also noch viel vor uns. Ich kann mir keine spannendere Aufgabe vorstellen, um weiter öffentliche Aufmerksamkeit auf die Kelpwälder und ihre Bewahrung zu lenken.

Vor diesem Hintergrund freue ich mich von ganzem Herzen, die Einleitung der deutschen Ausgabe von Sea Change schreiben zu dürfen und mit dazu beizutragen, dass diese Geschichte nun auch in meine Heimat nach Deutschland kommt. Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß beim Lesen. Vielleicht ist dieses Buch ja Ansporn für Sie, Ihren eigenen Sea Change auf eine ganz eigene Weise zu erkunden. Das Meer, es steckt in uns allen. Mögen wir unseren Meeresplaneten in unserem Herzen leben lassen.

Im Januar 2022

Dr. Jannes Landschoff, Meeresbiologe,

Sea Change Project

Einleitung Jane Goodall

Ein Freund, der wusste, dass mich Kraken faszinieren, schickte mir einen Link zu dem Film Mein Lehrer, der Krake. Dass ich daran meine Freude haben würde, war mir von Anfang an klar – aber ich hätte niemals ein derart umwerfendes, bezauberndes Erlebnis erwartet.

Selbstverständlich war mir bekannt, dass Kraken hochintelligente Tiere sind. Nicht gefasst war ich jedoch auf die Emotionen, die mir Tränen in die Augen trieben, als ich sah, wie sich zwischen einem Menschen und einem Krakenweibchen eine echte Freundschaft entwickelte. Ebenso wenig war ich gefasst auf die Traurigkeit, die mich überkam, als ich ihr langsames Sterben und Craig Fosters Ergriffenheit sah, während er diese letzte Phase ihres kurzen Lebens aufzeichnete. Acht Monate lang war er tagtäglich in die eisigen Gewässer hinabgetaucht und hatte allmählich ihr Vertrauen gewonnen, bis er sie schließlich auf ihren Jagdausflügen begleiten konnte und die Herausforderungen kennenlernte, die sie tagtäglich in ihrem Zuhause, dem Great African Seaforest, bestehen musste.

Mit diesem Buch, das uns in die wunderschönen Tangwälder (auch Kelpwälder genannt) vor Kapstadt führt, tauchen wir jetzt noch viel tiefer ein. Tatsächlich blicken wir hier wie durch ein magisches Fenster in eine verwunschene Unterwasserwelt. Die atemberaubenden Fotografien mitsamt ihren bildhaften Legenden enthüllen einen weitgehend unbekannten und traumhaft schönen Ort. Das Buch bringt uns viele einzigartige, faszinierende Geschöpfe nahe, die Menschen kaum je zu Gesicht bekommen, und zeigt uns, wie intelligent und neugierig einige dieser Tiere sind. Und es beweist, dass Menschen – so sie es denn wollen – tiefe und starke Beziehungen zu vielen verschiedenen Lebensformen aufbauen können. Aber es ist auch eine sehr bewegende und zutiefst persönliche Familiengeschichte, die uns vor Augen führt, wie Zeit, die man in der Wildnis verbringt, seelische Wunden heilen und ein Leben von Grund auf verändern kann. Es feiert Freundschaft und zeigt uns, dass es immer noch etwas Neues zu entdecken gibt, wenn wir uns nur näher auf die Welt um uns herum einlassen.

Craig Foster und sein Koautor Ross Frylinck wuchsen in Kapstadt nahe am Meer auf und verbrachten als Kinder Stunden damit, die Gezeitentümpel zu erkunden. Bald darauf lernten sie, im Meer zu tauchen und die Kelpwälder zu erforschen. Ich habe als Kind die Klippen erforscht, die sanft über den gezähmten Strand in der Nähe meines Elternhauses aufragten. Hier gab es keine Gezeitentümpel, dafür fesselten mich Vögel und Eichhörnchen und Insekten. Dies erklärt vermutlich, warum es Craig und Ross später in den Unterwasserwald zog, während ich die Geheimnisse eines afrikanischen Regenwaldes ergründen wollte. Und doch haben uns diese verschiedenen Lebensräume auf ganz ähnliche Weise berührt; sie vermittelten uns das Gefühl, eng mit der Natur verbunden, mehr noch: eins mit ihr zu sein, und zugleich die Erkenntnis, dass wir Teil der Natur und letztlich von ihr abhängig sind. Auch waren wir bereit, von Lehrern zu lernen, die keine Menschen waren, und unseren Geist und unser Herz der Urweisheit jener Lebewesen, die wir erforschten, zu öffnen. Geduld ist entscheidend: In meinem Fall dauerte es Monate, bis der erste Schimpanse, David Greybeard, sein Misstrauen gegenüber dem seltsamen weißen Primaten verlor, der in seinen Wald eingedrungen war. Und es dauerte Wochen, bevor das Krakenweibchen seine Furcht vor Craig verlor. Der Moment in dem Film, in dem sie einen langen Arm neugierig nach ihm ausstreckte, um ihn sachte zu berühren, entsprach bei mir dem Augenblick, als sich mir ein vier Monate alter Schimpanse namens Flint näherte und mit weit aufgerissenen, unschuldigen Augen einen Finger neugierig nach mir ausstreckte, um sanft meine Nase zu berühren.

Es ist eine Illusion zu glauben, es gebe eine unüberwindliche Kluft zwischen Menschen und Tieren. Wir sind Teil des Tierreichs, nicht losgelöst davon. Bevor ich mit meinen Forschungen an Schimpansen begann, lehrte die westliche Wissenschaft, wir sollten im Zusammenhang mit Tieren nicht von Persönlichkeit, Intelligenz oder Gefühlen sprechen, denn dies seien Eigenschaften, die nur Menschen zukämen. Die Wissenschaftler beharrten auf einem qualitativen Unterschied zwischen uns und allen anderen Tieren. Zum Glück hatte ich nicht studiert, bevor ich mit meinen Freilandstudien begann. Außerdem hatte ich als Kind einen wunderbaren Lehrer, der mir klargemacht hatte, wie sehr die Professoren in dieser Frage danebenlagen – meinen Hund Rusty.

Weil Schimpansen unsere nächsten lebenden Verwandten sind, deren DNA zu fast 99 Prozent mit der unseren übereinstimmt, und weil meine Beschreibungen des Verhaltens von Schimpansen (zusammen mit filmischen Dokumentationen) so eindeutig bewiesen, dass Menschen nicht die einzigen Lebewesen sind, die Persönlichkeit, Intelligenz und Emotionen besitzen, begann sich diese bis dahin von der Wissenschaft gepflegte reduktionistische Auffassung allmählich zu wandeln. Wir verfügen heute über umfangreiche Belege dafür, dass viele Tiere hochintelligent sind, unterschiedliche Persönlichkeiten haben und ähnliche Gefühle wie wir kennen.

Dass Schimpansen, die uns biologisch so nahe stehen, so viel mit uns gemeinsam haben, verwundert nicht weiter. Aber auch der Krake, dessen Körperbau und Lebensweise so ganz anders sind, zeigt Neugierde, kennt Furcht und Schmerz, hat den gleichen Lebenswillen. Beide können sich auf neue Situationen einstellen, Gegenstände als Werkzeuge gebrauchen und sind hochintelligent.

Zweifellos werden einige Wissenschaftler die Vorstellung, dass es zwischen einem Menschen und einem Tier so etwas wie »Freundschaft« und Empathie geben könne, zurückweisen. Diese Einstellung ist sehr bedauerlich, denn es ist gerade der Mangel anEmpathie mit der Fauna und Flora unseres Planeten, der ein solches Maß an Grausamkeit und Zerstörung natürlicher Lebensräume hervorgebracht hat.

Und indem wir zusehen, wie die Weltbevölkerung wächst, während wir Land, Luft und Wasser verschmutzen und mit den begrenzten natürlichen Ressourcen des Planeten so umgehen, als wären sie unerschöpflich, legen wir gegenüber zukünftigen Generationen einen ähnlichen Mangel an Empathie an den Tag. Die durch Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzten riesigen Mengen an Kohlendioxid und die Abholzung von Wäldern sowie die Verschmutzung der Weltmeere sind die Hauptursachen des Klimawandels, der das Leben auf der Erde insgesamt bedroht, wenn wir so weitermachen wie bisher.

Tatsache ist, dass zwei der wichtigsten »Kohlenstoffsenken« – Habitate also, die Kohlendioxid aufnehmen und speichern können – die Tropenwälder an Land und die großen Kelpwälder unter Wasser sind, die weltweit etwa 25 Prozent aller Küsten säumen. Beide Ökosysteme mit ihrem enormen Artenreichtum sind durch menschliche Aktivitäten in ihrem Bestand bedroht. Werden Tropenwälder zerstört – und wir zerstören sie in einem erschreckenden Tempo –, wird der in ihnen gespeicherte Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre abgegeben. Wie wir wissen, stehen auch die Weltmeere an einem Kipppunkt. Der industrielle Fischfang hat kommerziell genutzte Fischarten an den Rand des Aussterbens gebracht, während vielen anderen Spezies als Beifang das gleiche Schicksal droht. Kunststoffmüll verschmutzt unsere Meere in einem unvorstellbaren Ausmaß, und der Klimawandel lässt, unter anderem, auch die Wassertemperaturen steigen. Kelp gedeiht in gemäßigten und polaren Gewässern, und je wärmer die Ozeane werden, desto düsterer werden die Aussichten für den Tang. Außerdem können Stürme, deren Stärke und Häufigkeit infolge des Klimawandels zunehmen, Seetang aus dem Meeresboden herausreißen, und auch Schadstoffe, die über Flüsse ins Meer gelangen, und der kommerzielle Abbau bedrohen den Kelp.

Die gute Nachricht ist, dass die Bedeutung dieser beiden sehr unterschiedlichen, doch zugleich einander unheimlich ähnlichen Waldtypen zunehmend erkannt wird und dass für ihren Schutz und ihre Wiederherstellung verstärkt Mittel bereitgestellt werden. Craig und Ross haben das Sea Change Project gegründet, eine kleine Meeresschutzorganisation, die sowohl für den Film als auch für dieses Buch verantwortlich zeichnet. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, vom Zauber der Kelpwälder zu erzählen, damit immer mehr Menschen sie wertschätzen und sich für ihren Schutz einsetzen – so, wie das Jane Goodall Institute von der Magie der Regenwälder erzählt.

Es gibt noch weitere gute Nachrichten: Wenn man der Natur eine Chance gibt, können sich selbst Biotope, die wir scheinbar vollständig zerstört haben, regenerieren und Tierarten, die am Rand des Aussterbens stehen, überleben. Und junge Menschen sind, sobald ihnen die Probleme bewusst sind und man ihnen die Möglichkeit gibt, etwas zu tun, voller Energie, Enthusiasmus und Ausdauer.

Die Natur ist so widerstandsfähig wie intelligent und erholt sich, wenn man ihr die Gelegenheit dazu gibt. Dieses Buch ist zugleich Mahnung und Ansporn für uns alle, einen Sea Change in unserer eigenen Einstellung vorzunehmen, Schluss zu machen mit unserer gnadenlosen Ausbeutung der Natur und unseren ökologischen Fußabdruck immer weiter zu verkleinern. Wir müssen lernen, mit der Natur – den Wäldern und den Meeren – in Harmonie zu leben, mit all den wunderbaren und faszinierenden Tieren, von denen wir so viel lernen können, wenn wir einfach nur unser Herz und unseren Geist für sie öffnen.

Vorwort

An der Südspitze Afrikas erstreckt sich ein ausgedehnter unterseeischer Wald voller Leben. Dieses Ökosystem, eines der artenreichsten der Erde, beheimatet zahllose fremdartige und wundersame Lebewesen. Doch weil das Wasser kalt und die See oft rau ist und Haie und Stachelrochen groß wie Autos an den Rändern ihre Streifzüge machen, wagen sich nur wenige Menschen hierher.

Als Kind lebte Craig Foster in einem Holzbungalow mit Blick auf den Ozean. Schon in sehr jungen Jahren lernte er tauchen, und bald schon erlag er dem Zauber seines »goldenen Waldes«, wie er ihn nennt.

Auch ich wuchs in der Nähe des Meeres auf, nicht weit weg von Craigs Haus, und ich ging oft im selben Kelpwald tauchen. Obgleich ich Bammel vor Weißen Haien, riesigen Seeelefanten, giftigen Quallen und starken Strömungen hatte, fühlte ich mich von den betörend schönen Wäldern in der Tiefe unwiderstehlich angezogen.

Als wir uns kennenlernten, war ich Ende dreißig. Craig war damals zum Great African Seaforest zurückgekehrt, in dem er jetzt ohne Neoprenanzug und Gerät allein tauchte – so wie er es einst als Kind getan hatte. Für ihn war dies die einzige Art und Weise, wirklich frei zu tauchen, und er ermunterte mich, es ihm gleichzutun. Ich hasste die Kälte und war zögerlich, aber Craigs Leidenschaft beflügelte mich, und so begann ich, gemeinsam mit ihm durch das wogende Kronendach des Unterwasserwaldes zu schwimmen.

Als die Jahre vergingen und unsere Freundschaft enger wurde, zog Craig mich ins Vertrauen und begann mich in den »Geist des Waldes«, wie er es nannte, einzuführen. Bei Meistern der San (früher auch »Buschmänner« oder »Buschleute« genannt, d. Ü.) in der Kalahari hatte er gelernt, Fährten zu lesen, und er sagte mir, er erprobe gerade eine neue Methode des Fährtenlesens unter Wasser. Er meinte, Fährten zu lesen sei eine Möglichkeit, tiefer ins Innere des lebendigen Geistes des Waldes vorzustoßen. Auch wenn mir dies zumindest ein wenig exzentrisch vorkam, ging ich weiterhin mit ihm tauchen.

Zu meiner Überraschung gelangen ihm eine Reihe bahnbrechender Entdeckungen, die ihm die Aufmerksamkeit einiger der bedeutendsten Wissenschaftler der Welt eintrugen. Er ließ mich weiterhin geduldig an seinen neuesten Erkenntnissen teilhaben, und schon bald erhielt ich Einblick in eine geheime Welt bizarrer und rätselhafter Tiere.

Ich war überwältigt, als ich Kreaturen entdeckte, die mit dem Geruchssinn sehen und mit Elektrizität jagen, und »solarbetriebene« Tiere, die ihre Nährstoffe in ihrem eigenen Körperinneren produzieren. Ich sah luftatmende Fische, die über der Wasseroberfläche auf Beutezug gehen, und Tiere, die auf meisterhafte Weise andere Spezies nachahmen und mit großem Geschick Werkzeuge gebrauchen. Ich wurde in die Geheimsprachen von Farben und Texturen eingeführt und Zeuge schier unglaublicher Verhaltensweisen.

Während dieser Zeit begann Craig auch mit dem Fotografieren und schuf die weltweit vielleicht eindrucksvollste Sammlung von Bildern aus dem Seaforest. Er hatte sich fest vorgenommen, jeden Tag zu tauchen, und er bemerkte, dass diese selbstauferlegte Verpflichtung, Fotos zu machen, die Biologie der Lebewesen zu erforschen und sich der Kälte auszusetzen, seinen Geist und seinen Körper veränderte. Auch ich begann zu fotografieren und machte es mir zur Gewohnheit, täglich tauchen zu gehen.

Und auch ich spürte, dass mich das Eintauchen in die Wildnis des Ozeans veränderte, aber auf eine sonderbare und verstörende Weise. Erinnerungen und Instinkte, die eingefroren gewesen waren und die ich während des größten Teils meines Lebens vergessen hatte, begannen aufzutauen, und Kräfte, die ich nicht verstand und nicht kontrollieren konnte, erwachten. Ich geriet an die Grenzen meines Durchhaltevermögens und wurde in eine fremdartige Welt hineingestoßen, die mich in Staunen und, offen gesagt, manchmal auch in Schrecken versetzte. Hier lösten sich viele meiner alten Überzeugungen auf, und Grenzen, die ich für selbstverständlich erachtet hatte, hörten auf zu existieren. Eindringliche Bilder von meinem verschwundenen Vater tauchten auf, und ich beschloss, nach ihm zu suchen. Diese Entscheidung gab den Anstoß zu einer wahnwitzigen Entdeckungsreise, die mich zusammen mit meinem Freund in ungebändigte Regionen des Meeres und meiner eigenen Psyche führte.

Ich habe mich bemüht, ehrlich über diese aufregenden Jahre zu berichten, und ich hoffe, dass Ihnen diese Geschichte gefällt. Es hat mir große Freude gemacht, mit Craig an diesem Buch zu arbeiten, und ich bin sicher, dass seine Bildtexte und Fotos Sie fesseln werden.

Zu guter Letzt hoffe ich, dass Sea Change Sie dazu animieren wird, Ihre eigene Beziehung zum Meer zu vertiefen, und dass auch Sie jenes Gefühl des Staunens und der Freiheit erleben werden, das meines Erachtens das Wesen der Wildnis ausmacht.

ROSS FRYLINCK

Am Kap der Guten Hoffnung, auch Sturmkap genannt, an der Küste Südafrikas fegte ein eisiger Wind über den Indischen Ozean. Er wehte so stark, dass Möwen von ihren Sitzwarten in den Felsen fortgerissen wurden. Ich stand in meiner Badehose am Ufer und schaute den Vögeln zu, wie sie ihre feingliedrigen grauen Flügel aufspannten und sich vom Luftstrom tragen ließen, um sich anschließend wieder mühelos niederzulassen und ihre Köpfe im Gefieder zu vergraben.

Etwa einen Meter vor mir stand Craig Foster knietief im tosenden Meer. Er kniff die Augen zusammen, spuckte in seine Tauchermaske und spülte sie im flachen Meerwasser aus. Das Glas seiner Maske sei auf seine Brillenstärke geschliffen, erklärte er mir – ohne könne er kaum sehen. Bei einem 1,90 Meter großen Mann markierte diese Schwäche einen frappierenden Kontrast zu seiner imposanten Statur. Unterstrichen wurde diese Verletzlichkeit von einer langen Operationsnarbe auf der linken Schulter. Die Verletzung, dachte ich mir, hatte er sich wohl beim Rugby zugezogen. Er musste etwa Mitte vierzig sein.

Draußen auf See braute sich am Horizont eine bedrohliche Bank von Sturmwolken zusammen. Die ersten Regentropfen spürte ich wie Nadelstiche auf meiner Haut; die feinen Härchen auf meinem Unterarm hatten sich aufgerichtet. Ein Schmerz durchzuckte meine Füße, und ich wurde mir mit einem jähen Anflug von schlechtem Gewissen bewusst, dass ich auf einem Bett scharfer kleiner Muscheln stand. Ich verlagerte mein Gewicht in der Hoffnung, sie nicht zu zerquetschen.

Was wollte ich denn überhaupt hier, fragte ich mich. Ich kannte diesen Typen doch kaum, aber hier stand ich nun mitten im Winter und war kurz davor, mit ihm in einen eiskalten Unterwasserwald abzutauchen, um nach Haien Ausschau zu halten. Am schlimmsten aber war, dass er darauf bestanden hatte, dass wir ohne Neoprenanzug tauchen. Ich fror schon jetzt, obwohl ich noch gar nicht ins Wasser gestiegen war. Dabei war ich den größten Teil meines Lebens in den eisigen Gewässern vor Kapstadt geschwommen, hatte dort gesurft und getaucht. Die Kälte war mir also keineswegs fremd, doch hielt ich stets meinen Körper einschließlich Kopf, Hände und Füße bedeckt, sodass nur Augen und Nase herausschauten. Ich hasste die Kälte, und auch auf Haie war ich nicht gerade scharf. Als Surfer wusste ich nur zu gut, dass Haie eine ständige Bedrohung darstellten; in diesen Gewässern verging kein Jahr ohne eine Attacke auf einen Menschen.

Craigs Schaffen als Naturfilmer war mir bekannt, und unsere Pfade hatten sich im Laufe der Jahre ab und zu gekreuzt. Dann trafen wir uns zufällig am Rande eines Filmfestivals. Inmitten des Gedränges im Kinosaal plauderten wir ein wenig, wobei Craig erwähnte, dass er jeden Tag allein in einem Kelpwald in der False Bay tauchen gehe. Es wunderte mich, dass jemand daran Gefallen fand, Tag für Tag alleine in eiskalten Unterwasserwäldern herumzutauchen. Ich konnte es überhaupt nicht nachvollziehen, doch gerade das stachelte nun meine Neugierde an.

Als ich ihn fragte, warum er dies tue, sah er mich seltsam durchdringend an. Er glaube, erklärte er mir, den »Ruf des Kelpwaldes« vernommen zu haben. Die Menschenmenge um uns herum löste sich allmählich auf, und in der anschließenden Stille fiel mir keine passende Erwiderung ein. Mit einem Gefühl der Verlegenheit blickte ich in Craigs blaue Augen und war erleichtert, als er das gespannte Schweigen mit einer Einladung zum Schwimmen durchbrach. Da mir immer noch nichts Besseres einfiel, willigte ich ein, und wir verabredeten uns.

Nun stand ich auf diesen Felsen und bereute meinen Entschluss, doch es gab kein Zurück mehr. Ich fasste mir also ein Herz, zuckte aber zusammen, als ich ins Meer zu Craig watete, der an seiner Taucheruhr fummelte. Was er denn mache, fragte ich ihn. Er erwiderte, dass er bei jedem Tauchgang die Tiefe, die Temperatur und die Dauer protokolliere. Beiläufig erwähnte er, das Wasser habe eine Temperatur von 13 Grad. Diese unangenehme Tatsache schien ihn nicht weiter zu stören, also behielt ich meine düsteren Gedanken für mich.

Gerade als wir abtauchen wollten, bemerkten wir eine blitzartige Bewegung im klaren Wasser zu unseren Füßen. Craig bückte sich und pflückte einen kleinen Fisch aus dem Meer. Er begutachtete ihn leicht verdutzt, als wunderte er sich selbst darüber, was er gerade getan hatte. Er hielt mir den kleinen Mops von einem Fisch hin, erklärte, dass es sich dabei um einen Großen Schildbauch (auch Rocksucker genannt) handle, und entließ ihn zurück ins Meer. Ich war völlig baff. War das gerade wirklich passiert? Hatte ich eben gesehen, wie jemand einen Fisch aus dem Wasser schnappte? Mir blieb keine Zeit, das Gesehene zu verarbeiten, denn Craig tauchte unter und war verschwunden. Da ich nicht zurückbleiben wollte, stürzte ich ihm nach.

In dem Augenblick, als ich vollständig eintauchte, schien mich die Kälte zu erdrücken. Während der ersten Minuten tobte in mir ein erbarmungsloser Krieg: Ich verspürte den rasenden, drängenden Wunsch, sofort ans Ufer zurückzuschwimmen, doch mein Stolz hielt mich davon ab. So folgte ich Craig immer weiter hinein in den Kelpwald. Ein Kältekopfschmerz hämmerte in meinen Schläfen. Ich biss auf das Gummimundstück meines Schnorchels, bis mir das Zahnfleisch blutete. Da ich direkt hinter Craig herschwamm, konzentrierte ich mich auf die Luftbläschen, die sich von den Sohlen seiner strampelnden Füße lösten. Meine Welt war auf vier karge Elemente zusammengeschrumpft: die Kälte, die Luftblasen, Craigs weiße Fußsohlen und das verstärkte Geräusch meiner eigenen Atmung.

Craig war schon seit einigen Wochen einem Schwarm Scharfzahn-Hundshaien auf der Spur und wollte sie mir unbedingt zeigen. Er vermutete, dass sie am Rand des Waldes zu finden sein würden. Also schwammen wir gut 300 Meter aufs Meer hinaus, wo das Kelp nur spärlich wuchs und das Wasser tief und dunkel war. Als ich mich nun einen Augenblick in einer Lichtung ausruhte, stellte ich zu meiner großen Überraschung fest, dass mir nicht mehr ganz so kalt war. Ich lauschte den Knallgeräuschen der Pistolenkrebse und sah in ein paar Metern Entfernung eine große Rote Meerbrasse vorbeischwimmen. Wir beäugten einander vorsichtig, dann verabschiedete sie sich mit einem herablassenden Blick ins Meeresdunkel.

Meine Welt war auf vier karge Elemente zusammengeschrumpft: die Kälte, die Luftblasen, Craigs weiße Fußsohlen und das verstärkte Geräusch meiner eigenen Atmung.