Sedieren ohne Medikamente - Elvira Lang - E-Book

Sedieren ohne Medikamente E-Book

Elvira Lang

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Beschreibung

Medizinische Behandlungen sind oftmals mit Stress verbunden – für die Patient:innen selbst wie für die Behandelnden. Von daher sind medikamentenfreie Methoden, die helfen, Patient:innen zu beruhigen, ein Segen für alle Beteiligten. Die Anwendung von Hypnosetechniken gilt als älteste und zugleich als innovativste Methode zur Unterstützung und Erleichterung von medizinischen Behandlungen. Ihre Vorteile sind vielfältig, und ihre Wirkung ist zum Teil verblüffend. Richtig angewandt hilft Hypnose, schnell Verbindung und Vertrauen aufzubauen, Ängste abzubauen und Schmerzen zu lindern und letzten Endes Zeit und Energie zu sparen – wiederum auf beiden Seiten. Die Ärztin Elvira Lang gilt als Pionierin und weltweit führende Expertin in der Anwendung von Hypnose bei medizinischen Eingriffen. Die klinische Psychologin Eleanor Laser hat umfangreiche Erfahrungen in der Anwendung von Hypnose u. a. in der Geburtshilfe gesammelt. In diesem Buch führen sie ihr Können zusammen.

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Seitenzahl: 301

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Elvira V. LangEleanor D. Laser

Sedieren ohne Medikamente

Schnelle Hypnosetechniken für Klinik und Praxis

2022

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin ✝ (Heidelberg)

Karsten Trebesch (Berlin)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Themenreihe »Hypnose und Hypnotherapie «

hrsg. von Bernhard Trenkle

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlaggestaltung: Heinrich Eiermann

Umschlagfoto: © Siwakorn/stock.adobe.com

Redaktion: Markus Pohlmann

Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Erste Auflage, 2022

ISBN 978-3-8497-0392-9 (Printversion)

ISBN 978-3-8497-8382-2 (ePUB)

© 2022 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. +49 6221 6438-0 • Fax +49 6221 6438-22

[email protected]

Inhalt

Einleitung

Zur Verantwortung des Anwenders

Teil I: Augenblicklich Rapport herstellen

1 Vertrauen aufbauen

1.1 Die Bedeutung von Vertrauen und Zuversicht

1.2 Erwartungen

1.3 Das Wissen und die Fähigkeiten anwenden, die Sie erworben haben

Merke

Gelegenheiten zum Üben

2 Die Balance zwischen Nähe und Distanz finden

2.1 Das Bedürfnis nach Abgrenzung beeinflussen

2.2 Persönliche Bedürfnisse nach Abstand respektieren

2.3 Höhen- und Größenunterschiede

2.4 Barrieren

Merke

Gelegenheiten zum Üben

3 Rapport durch Spiegeln der Körperhaltung herstellen

3.1 Intuitives Spiegeln

3.2 Spiegeln und (bewusst) nicht spiegeln

3.3 Wie man richtig spiegelt

Merke

Gelegenheiten zum Üben

4 Den eigenen Rhythmus anpassen – Matching

4.1 Anpassen als Führungsprinzip

Merke

Gelegenheiten zum Üben

5 Sinnespräferenzen identifizieren

5.1 Wahrnehmungsstrategien

5.2 Spiegeln der »Sinnessprache«

5.3 Wörter und ihr Wahrnehmungssystem

Merke

Gelegenheiten zum Üben

6 Die Blickrichtung interpretieren

6.1 Blickrichtung und Sinnespräferenzen

6.2 Bevorzugte Blickrichtungen erkennen und interpretieren, um Rapport herzustellen

6.3 Unbewusste Blickbewegungen und ihre zugehörigen Sinnespräferenzen

6.4 Unbewusste Blickbewegungen erkennen und interpretieren

6.5 Wann man die bewusste Wahrnehmung unbewusster Blickausrichtungen anwendet

Merke

Gelegenheiten zum Üben

7 Berührungen im medizinischen Umfeld

7.1 Gefahr von Berührungen

7.2 Berührungen im sozialen und medizinischen Kontext

7.3 Berührung als Anker

Merke

Gelegenheiten zum Üben

Teil II: Die Erfahrung des Patienten gestalten

8 Negative Suggestionen vermeiden

8.1 Mächtige negative Suggestionen

8.2 Bewertungen lindern den Schmerz nicht

8.3 Wenn ein »Tu es nicht!« in Wirklichkeit »Tu es!« bedeutet

8.4 Warum Menschen negative Suggestionen verwenden

8.5 Wie man negative Suggestionen vermeidet und Alternativen verwendet

Merke

Gelegenheiten zum Üben

9 Das Gefühl von Kontrolle vermitteln

9.1 Kontrolle zur Stressminderung

9.2 Bitten und Wünsche des Patienten als Mittel, um ein Gefühl von Kontrolle zu erhalten

Merke

Gelegenheiten zum Üben

10 Zu Handlungen ermutigen statt Handelnde zu loben

10.1 Ermutigung statt Lob

10.2 Eine Ermutigung aussprechen

Merke

Gelegenheiten zum Üben

Teil III: Patienten in selbsthypnotische Entspannung führen

11 Hypnose und ihre Elemente im Überblick

11.1 Ziele der Anwendung von Hypnose zur Patientensedierung

11.2 Überblick über die Hypnose

11.3 Ablauf der Kurzzeitbegleithypnose

11.4 Wie man Patienten Hypnose anbietet

Merke

Gelegenheiten zum Üben

12 Hypnose nach Skript

12.1 Gebrauch von Skripts

12.2 Kommentar zum Studienskript

Merke

Gelegenheiten zum Üben

13 Induktion durch Augenfixation oder Blickbewegungen

13.1 Bewegungssequenzen für die Augen zur Tranceinduktion

13.2 Blickbewegungen und hypnotische Trance

13.3 Blickbewegungen während der Induktion beobachten

Merke

Gelegenheiten zum Üben

14 Induktion durch Verwirrung

14.1 Widerstand gegen die Induktion aufgeben

14.2 Konfusionstechnik

14.3 Induktion durch bewusst-unbewusste Dissoziation

Merke

Gelegenheiten zum Üben

15 Ideomotorische Signale

15.1 Unwillkürliche motorische Signale

15.2 Einführung ideomotorischer Signale

15.3 Ideomotorische Signale zur Erforschung der Gedanken

Merke

Gelegenheiten zum Üben

16 Richtiger und falscher Gebrauch des Wortes »versuchen«

16.1 Die Ambivalenz des Wortes »versuchen«

16.2 Wie man das Wort »versuchen« beim Anleiten einer Hypnose verwendet

Merke

Gelegenheiten zum Üben

17 Direkte und indirekte Sprache

17.1 Direkte versus indirekte Suggestionen

17.2 Indirekte Suggestionen

17.3 Vergleich von Skripts mit direkten oder indirekten Suggestionen

Merke

Gelegenheiten zum Üben

18 Imaginationen

18.1 Imaginationen für alle Sinne

18.2 Zu Imaginationen einladen

18.3 Wo Patienten lieber wären

18.4 Angenehme Imaginationen

18.5 Unangenehme Imaginationen

Merke

Gelegenheiten zum Üben

19 Umgang mit Angst und Stress

19.1 Strategien zum Umgang mit Angstzuständen

19.2 Das Teilemodell

19.3 Der Sandhaufen

19.4 Die Methode des geteilten Bildschirms

Merke

Gelegenheiten zum Üben

20 Umgang mit Schmerzen

20.1 Wirkung von Hypnose auf Schmerzen

20.2 Vorgehensweise beim Schmerzmanagement mittels Hypnose

20.3 Gleichzeitige Verabreichung von Beruhigungsund Betäubungsmitteln

20.4 Kein Raum für Schuldgefühle

Merke

Gelegenheiten zum Üben

21 Stabilisierung vitaler Funktionen

21.1 Suggestionen müssen genau sein

21.2 Stabilisierung vitaler Funktionen mithilfe der Hypnose

21.3 »Immunisierung« gegen die Kälte

21.4 Vorbereitung auf das Hitzegefühl nach Kontrastmittelgabe

Merke

Gelegenheiten zum Üben

22 Reorientierung

22.1 Posthypnotische Amnesie

22.2 Zeitverzerrung

22.3 Reorientierung

22.4 Zeit, zum natürlichen Bewusstseinszustand zurückzukehren

22.5 Posthypnotische Suggestionen zur Genesung

Merke

Gelegenheiten zum Üben

Danksagung

Literatur

Über die Autorinnen

Einleitung

Damals, als ich meine Tätigkeit als interventionelle Radiologin antrat und Eingriffe an wachen Patienten1 durchführte, hätte ich, Elvira Lang, mir sehr gewünscht, ein Buch wie das vorliegende zur Hand zu haben. Konfrontiert mit den Risiken des Eingriffs und den Nöten der Patienten, kämpfte ich oft mit immer derselben Frage: Wie kann ich diesen Patienten sicher und wohlbehalten durch die medizinische Behandlung führen? Ich wünschte mir einen Zauberstab, der den Stress, die Ängste und Schmerzen wegzaubert, denen ich tagtäglich begegnete. Natürlich gab es Medikamente – doch Medikamente sind kein Zaubermittel. Sie haben Grenzen und bergen medizinische Risiken. Immer wieder habe ich beobachtet, wie leicht starke Ängste eines Patienten die Wirkung selbst hoher Dosen von Beruhigungsmitteln quasi außer Kraft setzen können. Unglücklicherweise entwickeln darauf erhöhte Dosen nach dem Ende der Behandlung ihre volle Wirkung, und dieser verzögerte Effekt erschwert in hohem Maße das Wachwerden von Patienten. Ich wollte etwas zur Hand haben, das Patienten dabei helfen konnte, das Gefühl von Selbstwirksamkeit und eigener persönlicher Ressourcen zu verstärken anstatt es zu verringern. Etwas, mit dem Patienten aus dem Eingriff wach und bereit zur Genesung entlassen werden können.

Um das Jahr 1990 beobachtete ich im Medizinischen Zentrum für Kriegsveteranen in Palo Alto, Kalifornien, wie ein sehr verängstigter Vietnamveteran sich ruhig einem medizinischen Eingriff unterzog, vor dem er bis dahin immer höllische Angst gehabt hatte. Es war hypnotische Imagination, die aus seiner angstbesetzten Erfahrung eine ruhige machte. Hier, so dachte ich damals, hatte ich vielleicht den besagten Zauberstab gefunden. Als Pragmatikerin war ich sofort fasziniert, als Wissenschaftlerin und Ärztin aber gleichzeitig vorsichtig. Ich wollte sichergehen, dass Hypnose bei einer großen Anzahl von Patienten wirksam und auch im modernen, oft hektischen medizinischen Alltag durchführbar war. Deshalb stellte ich ein intensives Forschungsprogramm auf die Beine, das durch staatliche Fördermittel unterstützt wurde.

Einige Jahre später, nachdem ich 1995 Leiterin der Abteilung für Interventionelle Radiologie an den Kliniken der Universität von Iowa geworden war, suchte ich nach einem erfahrenen Hypnotherapeuten, der mir dabei helfen konnte, mein neues Team weiterzubilden und zu trainieren. Ich hatte großes Glück, Eleanor Laser zu finden, und seitdem arbeiten wir zusammen.

Ich, Eleanor Laser, war damals sehr erfreut, einen Anruf von Elvira Lang zu erhalten, bei dem sie mich einlud, an die Kliniken der Universität von Iowa zu kommen, um für ihr radiologisches Team ein Training in Kurzzeitbegleithypnose2 abzuhalten. Ich war schon lange vom Potenzial der Hypnose im medizinischen Bereich überzeugt. Mein Vater hatte als Gynäkologe Hypnose erlernt und benutzte sie in seiner Praxis bis zu seinem vorzeitigen Tod. Er hatte das große Potenzial der Hypnose im Bereich der Medizin erkannt und teilte seine Begeisterung mit mir, was mich motivierte, diesen Weg weiterzuverfolgen. Ein weiterer Grund war der tragische Verlust meiner Mutter, deren Tod während eines chirurgischen Eingriffs mit der Narkose zusammenhing.

Als Elvira Lang anrief, spezialisierte ich mich gerade in meiner psychologischen Praxis auf dem Gebiet der Hypnotherapie und war sofort »an Bord«. Vielleicht war ich deshalb erstaunt, als ich sah, dass nicht alle in unserer Trainingsgruppe meinen Optimismus teilten. Hypnose im Krankenhaus war für das Pflegepersonal und medizinisch-technische Assistenten etwas ganz Neues, und einige schienen angesichts des Ablaufs verunsichert zu sein und ihre Fähigkeit, die Schritte zur Patientenbegleitung zu erlernen, infrage zu stellen. Gemeinsam mit Elvira Lang, die den Weg ebnete, begann ich, diese Bedenken zu bearbeiten und zu zerstreuen. Ich wollte diesen Fachkräften unbedingt dabei helfen, die Vorteile des neuen Verfahrens zu erkennen und Zuversicht zu entwickeln. Denn die brauchten sie, um das Bündel an Techniken zum Rapport3 und zur schnellen Hypnose zu erlernen und in die klinischen Abläufe zu integrieren mit dem Ziel, einen guten und vertrauensvollen Kontakt zu den Patienten aufzubauen und ihnen Erleichterung zu verschaffen.

Der Fokus meines Trainings beschränkte sich auf rasch erlernbare und anwendbare Fertigkeiten, die für den radiologischen Behandlungsraum als geeignet erschienen. Am Ende war es eine Lernerfahrung für beide Seiten. Ich half den Fachkräften dabei zu erfahren, dass die Methoden leicht und sehr effektiv waren. Meine Ideen für deren Anwendung wurden immer gewagter, als Elvira Lang mir erstmals die Gelegenheit bot, sie in einem Operationssaal anzuwenden. Diese Erfahrung lies mich erkennen, wie ich meine Vorgehensweise verfeinern konnte.

Die Zeit, während der ich die verschiedenen Fachkräfte ausbildete, inspirierte mich dazu, Elvira Langs Bemühungen zu unterstützen und alles zu tun, was in meiner Macht stand, damit Pflegepersonal, medizinisch-technische Assistenzkräfte wie MTRAs und anderes medizinisches Fachpersonal das große Potenzial der Hypnose erkennen, die Anwendung geeigneter Hypnosetechniken trainieren und von ihren entsprechenden Fachgesellschaften die offizielle Anerkennung erhalten, um Hypnose selbst professionell anzuwenden.

Mit dem vorliegenden Buch verbinden wir Autorinnen das Ziel, die Früchte unserer wissenschaftlichen Studien und klinischen Erfahrungen mit der Anwendung der Kurzzeitbegleithypnose mit sämtlichen medizinischen Fachkräften zu teilen. Hier haben wir alles zusammengestellt, was wir über die Jahre hinweg gelernt haben, während wir den Patienten halfen, Behandlungen, diagnostische Untersuchungen und medizinische Interventionen gut und erfolgreich zu bewältigen.

Die Wirksamkeit der in diesem Buch beschriebenen Methoden für schnellen Rapport und Hypnose erforschten wir in anspruchsvollen prospektiven, randomisierten klinischen (RCT-)Studien mit mehr als 700 Patienten. Wie die Ergebnisse eindeutig belegen, gestalten rascher Rapport und Hypnosetechniken die medizinischen Behandlungen einfacher, sicherer und schneller. In den Folgejahren haben wir die Methoden in weiteren medizinischen Anwendungsbereichen an mehr als 130.000 Patienten im Rahmen klinischer Studien getestet, einschließlich der Zahnmedizin, der Kernspin- oder Magnetresonanztomografie (MRT) mit ihrem hohen Anteil von klaustrophobischen (unter Platzangst leidenden) Patienten, des Mammografie-Screenings und Eingriffen bei Kindern. Als Resultat hat sich herauskristallisiert: Der Einsatz unserer Methoden ist nicht nur mit weniger Schmerzen, Ängsten und Komplikationen verbunden, sondern geht auch mit größerer Zufriedenheit der Patienten und besserem Arbeitsklima des Personals einher!

Wir betrieben kontinuierlich Feldforschung. Jedes Element unserer Methoden, die wir zusammengefasst als Comfort Talk® bezeichnen, wurde ausgiebig gewissermaßen im Feuer der medizinischen Alltagspraxis von Kliniken und in ärztlichen Praxen und Untersuchungseinrichtungen getestet. Über die Jahre hinweg haben wir die Präsentation und Lehrmittel klarer und verständlicher gestaltet und unsere Methoden und Techniken verfeinert und optimiert. So haben wir ein Set schneller Methoden für den Rapport und zur Hypnose herausdestilliert, das medizinische Fachkräfte leicht erlernen und sofort in ihre jeweilige Berufsroutine einbauen können. In diesem Buch zeigen wir Ihnen, mit welchen Methoden wir gute Erfahrungen gemacht haben – und mit welchen nicht. Sie müssen also nicht selbst von vorne anfangen und können unsere Misserfolge vermeiden.

Thema dieses Buches ist die Kurzzeitbegleithypnose. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Bewusstheit der in der Medizin tätigen Fachkräfte für mentale und emotionale Zustände ihrer Patienten zu erhöhen und ihnen rasche Hilfestellungen anzubieten, die für ihren auf Effizienz und Schnelligkeit getrimmten klinischen Alltag besonders geeignet sind. Die Betonung liegt hier auf rasch. Es geht uns in diesem Buch nicht um Hypnose, wie Sie sie vielleicht aus bestimmten Filmen mit einem hinterhältigen Schurken und stierendem Blick oder einer pendelnden Uhr kennen. Unsere Methoden haben auch keinerlei Gemeinsamkeiten mit den langen Sitzungen auf der Couch von Psychoanalytikern. Wir wissen, dass Sie keine Zeit zu verschwenden haben.

Jedes Kapitel im vorliegenden Buch baut auf den vorangegangenen auf. Wir empfehlen, dass Sie zunächst das ganze Buch Kapitel für Kapitel durchlesen, am Ende jedes Kapitels eigene Erfahrungen mit den praktischen Übungen sammeln und sich danach auf jene Kapitel konzentrieren, die für Sie persönlich am wichtigsten sind. Das Buch besteht aus drei Teilen:

Teil I

:

Augenblicklich Rapport herstellen

Teil II

:

Die Erfahrung des Patienten gestalten

Teil III

:

Patienten in selbsthypnotische Entspannung führen.

Besonders für Teil III ist es wichtig, dass Sie alle Kapitel dieses Teils gelesen haben, bevor Sie die einzelnen Methoden an Ihren Patienten anwenden.

Sedieren ohne Medikamente liefert Ihnen geeignete Informationen, um Sie darauf vorzubereiten, diese von uns eingehend getesteten Methoden für Rapport und Kurzzeitbegleithypnose klinisch anzuwenden. Dennoch möchten wir Sie darin bestärken, Ihr Wissen und Ihre Anwendungserfahrungen zu intensivieren und zu erweitern. Für zusätzliche Informationen und weiteres Training von Comfort Talk® vor Ort oder online besuchen Sie bitte unsere Webseite unter https://comforttalk.com.

Zur Verantwortung des Anwenders

Wir stellen die Techniken, Methoden, Strategien, Informationen und Ansichten in diesem Buch auf der Grundlage unseres Trainings, unserer umfassenden Erfahrung und der in 30 Jahren eigener Forschung gesammelten Erkenntnisse nach bestem Wissen und Ermessen dar. Wir teilen in diesem Buch unsere Erfahrungen und Forschungsergebnisse mit medizinischen Fachkräften, die daraus ihre persönliche Auswahl treffen können. Sie können einige oder alle der hier beschriebenen Techniken, Methoden und Strategien übernehmen, die sie für passende Ergänzungen ihres eigenen Arbeitsumfelds halten. Allerdings sollte keine Handlung nur aufgrund der Informationen durchgeführt oder unterlassen werden, die wir hier vorstellen.

Die in diesem Buch präsentierten Hypnosetechniken sind für die Anwendung durch das medizinische Fachpersonal gedacht, das seinen Patienten dabei helfen möchte, sich selbst zu helfen, um mit dem laufenden medizinischen Eingriff besser zurechtzukommen. Auf keinen Fall ist es unsere Absicht, den Leser auf irgendeine Weise zu anderen Anwendungen oder zur Erweiterung dieser Techniken zu ermutigen.

Wir sind von der Effektivität und Sicherheit unserer Techniken überzeugt, wenn sie nach Vorschrift angewandt werden. Wir lehnen jedoch jegliche Verantwortung für individuelle Anwendungen, den Gebrauch oder Missbrauch der Techniken, Methoden, Strategien, Informationen und Ansichten, die in diesem Buch vorgestellt werden, ab.

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir in diesem Buch darauf, geschlechterspezifische Formulierungen zu verwenden. Personenbezogene Bezeichnungen in der männlichen grammatischen Form beziehen sich auf alle Geschlechter.

2 Für den von uns verwendeten englischen Begriff procedure hypnosis gibt es noch keinen etablierten deutschen Terminus. Als Pionierinnen dieser Methode sprechen wir in diesem Buch von Verfahrenshypnose oder Kurzzeitbegleithypnose.

3 Rapport (frz. für »Beziehung, Verbindung«) bezeichnet eine aktuell vertrauensvolle, von wechselseitiger empathischer Aufmerksamkeit getragene Beziehung, d. h. »guten Kontakt« zwischen zwei Menschen (https://de.wikipedia.org/wiki/Rapport_(Psychologie) [Zugriff: 07.12.2021].

Teil I: Augenblicklich Rapport herstellen

1 Vertrauen aufbauen

Fallbeispiel 1: Vertrauen und Selbstvertrauen im Chaos

Frau B. hatte die Anwendung schneller Hypnosetechniken bei Patienten bei uns erlernt, als sie in Boston Medizin studiert und mit mir zusammengearbeitet hatte. Während einer späteren Phase ihres medizinischen Praktikums verbrachte Frau B. einige Monate auf einer kleinen Insel vor der südamerikanischen Küste. In ihrer ersten Woche im Inselkrankenhaus assistierte sie bei einer Kaiserschnittentbindung. Wegen medizinischer Komplikationen konnte die Patientin D. nicht wie gewohnt intubiert werden. Da es nicht gelang, den Tubus in ihre Atemwege einzuführen, konnte die Patientin keine Allgemeinanästhesie bekommen. Und für eine Periduralanästhesie (rückenmarknahe Regionalanästhesie) war es zu spät. Der Zustand der Patientin war kritisch – sie musste sofort per Kaiserschnitt entbunden werden – deshalb beschloss das medizinische Team, ohne Anästhesie zu operieren. Auf der Insel war die medizinische Ausstattung sehr limitiert. Das Ärzteteam hatte als Anästhetikum nur Lidocain zur Hand, das lokal die Haut betäubt. Davon injizierten sie der Mutter reichlich in die Bauchhaut.

Vorsichtig setzte der Chirurg den ersten Schnitt, den die Patientin, zur Erleichterung aller, duldete, ohne mit der Wimper zu zucken. Beim nächsten Schnitt begann sie jedoch wegen unerträglicher Schmerzen zu schreien, obwohl der Arzt so schnell wie nur möglich vorging. Als der Uterus geöffnet wurde, schlug die Patientin wild um sich, wehrte sich, biss und schrie vor Schmerz und versuchte, vom Operationstisch zu klettern. Es war unmöglich, das Baby zu holen, während die Patientin derart kämpfte und sehr stark blutete. Als alle erkannten, wie hoch der Blutverlust und die Gefahr für Mutter und Kind waren, schrien die Chirurgen die Anästhesisten an, sie sollten doch die Patientin beruhigen. Die Anästhesisten waren hilflos und hielten sich mit ihren Antworten nicht zurück. Obwohl sich drei Menschen über die Patientin beugten und versuchten, sie zu fixieren, war es den Chirurgen unmöglich, mit der Operation fortzufahren. Sie konnten weder das Kind holen noch den Blutverlust stoppen. Die Patientin schrie und kämpfte, die medizinischen Fachkräfte brüllten, versuchten mit aller Kraft, die Mutter zu halten, und das Blut spritzte in alle Himmelsrichtungen. Mit jeder Minute, die verstrich, wurde es offensichtlicher, dass das Leben von Mutter und Kind verloren war, wenn nicht bald etwas passierte.

Bis zu diesem Punkt hatte Frau B. nur ungläubig zugesehen und darauf gewartet, dass jemand eingreift und der schrecklichen Situation ein Ende bereitet. Sie hatte überlegt, eine Hypnose vorzuschlagen, zögerte aber. Denn sie hatte keine Ahnung, was das medizinische Team von Hypnose hielt oder wie die Beteiligten auf ihren Vorschlag reagieren würden. Die Minuten vergingen. Während im Operationssaal das Chaos um die Patientin tobte, kämpfte Frau B. mit ihren Selbstzweifeln, ob sie die schnellen Hypnosetechniken vorschlagen sollte, die sie in den Trainingsstunden bei uns gelernt hatte. Vielleicht würde ihr niemand zuhören. Würde sie die Patientin in einer Situation, die so weit außer Kontrolle geraten war, zur Mitarbeit anregen können? Frau B. wusste nur zu gut, dass sie ihr Gesicht und ihre Glaubwürdigkeit verlieren könnte, wenn sie eine Hypnose versuchen und dabei scheitern würde. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings klar, dass niemand sonst einen Schritt nach vorne wagen und die Krise beenden würde. Eine Hypnose ist vielleicht unsere letzte Hoffnung, dachte sie. Frau B. wusste, dass sie die Hypnosetechniken gut erlernt hatte. Als sie innerlich zu dem irgendwie tröstlichen Schluss gekommen war, dass alles wohl nicht schlimmer werden kann, fand sie das Selbstvertrauen zu handeln. Sie trat an den Operationstisch heran.

Frau B. sagte den Fachkräften mit fester Stimme, sie könne vielleicht helfen und müsse nur ein paar Minuten mit der Patientin reden. Alle schauten sie an, und zu ihrer Verwunderung ließen sie sie nach vorne, neben den Kopf der Patientin. Die war völlig außer sich, schrie, weinte und brüllte vor Angst und Schmerz. Frau B. atmete tief ein und fing an: »D., hören Sie mir zu, ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Wir werden beide zusammenarbeiten, und Sie werden das Ganze gut hinter sich bringen. Alles, was ich von Ihnen möchte, ist, dass Sie mir gut zuhören. Sind Sie bereit?« Die Patientin sah Frau B. ängstlich an. »Atmen Sie tief ein« – die Patientin wurde still und atmete ein – »und lassen Sie alles heraus, so ist es gut. Und noch ein tiefer Atemzug.« Die Patientin hörte Frau B. aufmerksam zu und folgte ihren Anweisungen. »Es ist alles in Ordnung, Sie sind jetzt in Sicherheit«, sagte sie, »ich werde Ihnen helfen, diese Geschichte zu überstehen, konzentrieren Sie sich nur auf Ihren Atem, atmen Sie ein … und aus …« Der Operationssaal füllte sich mit Stille. Alle schauten zu und warteten, was als Nächstes geschieht. Die Patientin atmete gleichmäßig, ihr Körper entspannte sich langsam, ihr Impuls, zu schreien und zu kämpfen, ließ vollständig nach, und ihr Blutdruck und Herzschlag normalisierten sich. Frau B. leitete die Patientin nun an, sich vorzustellen, sie ginge nach Hause zu ihrer Hängematte am Strand, an einen ihr vertrauten, angenehmen Ort. Sobald sich die Patientin vorstellte, zu Hause angekommen zu sein, sagte Frau B., sie solle sich auf die Wellen und den blauen Himmel an diesem Lieblingsort konzentrieren. Ganz einfach, nichts Besonderes, nur das Vertraute und Sichere.

Nach einigen Minuten auf dem Weg in die Hypnose nickte Frau B. den Chirurgen zu, nun weiterzumachen. Diese traten behutsam nach vorne, um die Operation zum Abschluss zu bringen. Jeder im medizinischen Team beobachtete still, wie der Arzt sich dem Bauchschnitt näherte, um endlich das Baby in Empfang zu nehmen. Die Patientin bewegte sich nicht und lauschte nur der Stimme von Frau B. Welch unfassbare Erleichterung! Innerhalb von 20 Minuten beendeten die Ärzte behände den Kaiserschnitt, während die Patientin in tiefer Hypnose förmlich durch die Operation »schwebte«. Der Eingriff verlief erfolgreich, und Mutter und Kind erholten sich beide rasch und vollständig. Das medizinische Team brachte seine Bewunderung und seinen tiefen Respekt für Frau B. und ihre Arbeit zum Ausdruck. Am nächsten Tag war die Mutter Frau B. für ihre heroische Intervention so dankbar, dass sie ihre neugeborene Tochter nach ihr benannte.

(Fallnotizen von E. Lang)

Was dieser Fall zeigt: Wissen und Fähigkeiten sind nötig und wichtig, reichen allein aber nicht aus, damit man effektiv arbeitet. Genauso wichtig ist es, das Vertrauen und die Zuversicht zu haben, das Wissen in die Tat umzusetzen. Es hilft niemandem zu wissen, was zu tun ist, wenn man Angst davor hat, dieses Wissen auch anzuwenden.

1.1 Die Bedeutung von Vertrauen und Zuversicht

Vertrauen oder Zuversicht ist die Erwartung eines positiven Ergebnisses. Von Ihrem ersten Fall an ist es wichtig, mit Vertrauen und Selbstvertrauen aufzutreten und entschlossen zu sein, das anzuwenden, was Sie über die Sedierung von Patienten ohne Medikamente gelernt haben. Zögern Sie Ihre erste Anwendung nicht heraus, bis der »perfekte« Fall daherkommt. Nutzen Sie vielmehr die erstbeste Gelegenheit, Ihre Fähigkeiten anzuwenden, egal ob der Patient relativ ruhig oder die Situation schon so kritisch ist, dass Sie fühlen, »dass sie gar nicht mehr schlimmer werden kann«. Allein die Tatsache, dass Sie nach vorne treten und handeln, weckt die Erwartungen eines positiven Resultats. Und diese positiven Erwartungen werden ausnahmslos zu selbsterfüllenden Prophezeiungen. Tritt man in einem Fall mit Vertrauen und Zuversicht auf, so verstärkt dies das (Selbst-)Vertrauen weiter; das wiederum vergrößert das Vertrauen beim nächsten Fall und so weiter. Dadurch wird im Verlauf das Vertrauen auf natürliche Weise gestärkt, und das führt zu immer größerem Erfolg.

Rosabeth Moss Kanter von der Harvard Business School hat die Wirkung des (Selbst-)Vertrauens auf Erfolgsserien von Sportteams, im Businessbereich und sogar von ganzen Nationen ausführlich erforscht (Moss Kanter 2004). Sie definiert (Selbst-)Vertrauen als »den optimalen Punkt zwischen Arroganz und Verzweiflung«, zwischen »der selbstgefälligen Annahme der eigenen Unverwundbarkeit« und der »Unfähigkeit, seine eigenen Stärken zu erkennen« (ebd., S. 8 Übers. d. Verf.). Begegnet man Patienten mit übermäßigem Vertrauen in den eigenen akademischen Titel und seine Zeugnisse und Zertifikate, macht aber keinen Versuch, wirklich Kontakt, eine echte Verbindung oder, fachsprachlich, Rapport zu ihm oder ihr herzustellen, ist das genauso kontraproduktiv, als wenn man sich so unsicher fühlt, dass man gar nicht handelt und deshalb Patienten die Hilfe vorenthält, die sie am nötigsten brauchen.

Moss Kanter postuliert, dass Vertrauen und Zuversicht einen festen Grundstock mit drei Ecksteinen erfordert:

Ein Eckstein ist die

Verantwortung

– Sie haben die Wissensbasis erworben, Fähigkeiten entwickelt und wissen, dass Sie in einer bestimmten Situation Verantwortung für Ihr Verhalten und Ihre Leistung übernehmen können.

Ein zweiter Eckstein ist

Zusammenarbeit

– Sie sind kein Einzelkämpfer, sondern helfen anderen, etwa Ihren Patienten, dabei, dass die ihr Bestes erreichen.

Der dritte Eckstein des Vertrauens ist

Initiative

– er kombiniert die Maßnahmen, die Sie in einer bestimmten Situation ergreifen, mit dem Gefühl der Verantwortung für und der Kontrolle über diese Maßnahmen.

Vertrauen und Zuversicht sind ansteckend. Wenn Sie mit Zuversicht handeln, kann das das Vertrauen anderer wecken. Roland Neumann und Fritz Strack von der Universität Würzburg haben in verschiedenen Experimenten gezeigt, dass im Zuhörenden automatisch eine identische emotionale Stimmung entsteht, wenn er oder sie dem Ausdruck der Gefühle einer anderen Person zuhört (Neumann a. Strack 2000).

Die Sache mit dem Vertrauen gilt auch für den Patienten. Es ist wichtig, dass Sie das Vertrauen Ihres Patienten durch Ihren eigenen Ausdruck von Vertrauen fördern; das schließt Ihre Körperhaltung, den Inhalt und die Stimmlage Ihrer Aussagen mit ein. Sie sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass ein Patient vielleicht noch keine Erfahrungen mit Hypnose gemacht hat oder diese bisher nur von Bühnenshows oder Mystery-Thrillern kennt. Nehmen Sie sich also Zeit, um Patienten zu helfen, realistische Erwartungen in Bezug auf den Ablauf der Hypnoseerfahrung zu entwickeln.

Schließlich führt Vertrauen auch zu mehr Vertrauen des medizinischen Teams. Medizinische Fachkräfte, denen die überzeugenden Ergebnisse der klinischen Studien über die Sedierung ohne Medikamente vertraut sind, können diese Techniken voller Vertrauen und Zuversicht anwenden. Wenn sie das tun, haben die Mitglieder ihres Teams ihrerseits Vertrauen in den Experten wie in die Anwendung der Hypnose.

1.2 Erwartungen

Das Vertrauen in die Techniken, die in diesem Buch gezeigt werden, beginnt mit dem Wissen darüber. In einer Pilotstudie und drei großen prospektiven, randomisierten Studien mit insgesamt über 700 Patienten konnten wir nachweisen, dass unsere Methoden im Behandlungsraum tatsächlich funktionieren (Lang et al. 2000; Lang et al. 2006; Lang et al. 2008). Diese randomisierten Studien belegten somit indirekt auch, wie viel mehr Patienten leiden, die keine Hypnose bekommen. Wir behaupten nicht, dass alle Patienten mithilfe unserer Techniken in eine tiefe Trance eintreten und überhaupt keine Schmerzen oder Ängste haben. Medikamente können das genauso wenig garantieren. Eines ist jedoch sicher: Die Patienten fühlen sich mit den Hypnosetechniken letztendlich besser als ohne sie. Patienten sollten deshalb definitiv die Möglichkeit bekommen, sich für das Angebot einer Hypnose zu entscheiden.

1.3 Das Wissen und die Fähigkeiten anwenden, die Sie erworben haben

Erlernt und praktiziert man neue Fähigkeiten, ist das lohnend und oft schön, aber man braucht auch eine Menge Mut. Das folgende Skript bietet Ihnen die Gelegenheit, Selbsthypnose und ein Gefühl des Vertrauens, der Zuversicht und der inneren Stärke zu erfahren. Machen Sie es sich dafür bequem:

Sie können Ihre Füße gerade auf den Boden stellen und Ihre Körperhaltung so anpassen, dass Sie bequem sitzen. Lesen Sie das Skript laut oder leise durch, ganz, wie Sie möchten. Sie können es auch selbst lesen und aufnehmen und sich Ihre Aufnahme vorspielen oder fertige Aufnahmen auf unserer englischsprachigen App Comfort Talk® Pro anhören (kostenlos erhältlich im Apple Store und Google Play Store). Selbstverständlich dürfen Sie das Skript aber nicht beim Autofahren oder anderen Aktivitäten hören oder lesen, bei denen Sie sich konzentrieren müssen.

Skript 1-1: Selbstvertrauen erfahren

Atmen Sie ein paar Mal langsam ein und aus. Vielleicht sprechen Sie innerlich mit jedem Einatmen das Wort »stark« und stellen sich mit jedem Ausatmen vor, wie Sie immer mehr Anspannung loslassen. Und vielleicht bemerken Sie, wie Sie mit jedem Einatmen mehr Stärke und Selbstvertrauen gewinnen und mit jedem Ausatmen mehr und mehr Anspannung gehen lassen. Atmen Sie so ein paar Mal in Ihrem eigenen Rhythmus, ganz natürlich und angenehm für Sie. Und während Sie sich ein paar Momente Zeit nehmen und diese befreienden Atemzüge genießen, können Sie bemerken, wie Sie sich fühlen, wenn sie in dieser Weise atmen.

Schweben Sie jetzt in Ihrer Fantasie hin zu einer Zeit oder einem Moment, in dem Ihnen alles gelungen ist, zu einem dieser »magischen« Augenblicke, in dem für Sie alles in Einklang ist und Sie vollkommene Freude und Wohlbefinden empfinden. Vielleicht beruht der Augenblick auf einem persönlichen Erlebnis oder einem beruflichen Erfolg, auf den Sie intensiv hingearbeitet haben. Vielleicht haben Sie enorm viel geleistet, um dies zu erreichen; vielleicht ist es aber auch einfach so passiert, ohne Ihr Zutun, wie ein Geschenk des Himmels. Vielleicht haben Sie etwas mühelos gelernt – einer dieser Augenblicke, in dem Sie genau wissen, wie die Situation bestens zu bewältigen ist. Und vielleicht haben Sie sich gesagt: Ja, genau! So soll es sein! Und Sie verspüren dieses Gefühl uneingeschränkter Freude. Wenn Sie sich nicht an solch eine Erfahrung erinnern können, stellen Sie sich einfach vor, wie es wäre, solch eine Erfahrung zu haben. Vielleicht haben Sie etwas Gleichartiges in einem Film gesehen oder haben gehört, wie jemand solch ein Erlebnis schildert. Versetzen Sie sich voll und ganz in diese Situation.

Gut. Jetzt schweben Sie weiter in diesen zauberhaften Augenblick, in dem alles in bestem Einklang ist. Genießen Sie diesen Augenblick, und nehmen Sie auf, was Sie um sich herum sehen und hören, hüllen Sie sich ein in die Gefühle des Erfolgs und der Freude.

Manche Leute bemerken, dass die Szene von einer bestimmten Farbe durchdrungen ist. Wenn das auch für Sie der Fall ist, können Sie diese Farbe zu »Ihrer« Farbe machen. Später, wann auch immer Sie im täglichen Leben oder bei der Arbeit diesen wunderbaren Zustand der Zuversicht, der Selbstsicherheit und des inneren Friedens wiedergewinnen möchten, brauchen Sie einfach nur an diese Farbe zu denken. Sie können ein Objekt in »Ihrer« Farbe bereithalten (vielleicht einen Kuli oder Socken oder was auch immer in dieser Farbe), um sich daran zu erinnern, wie Sie diesen Zustand der Zuversicht wiedergewinnen können; allein das Denken an die Farbe genügt schon als Signal. Oder vielleicht liegen besondere Klänge oder ein bestimmtes Lied in der Luft, das Sie an diesen Moment erinnert, und die Erinnerung an diese Klänge oder das Lied kann Sie sofort wieder in diesen Zustand der Stärke zurückversetzen, wenn Sie es wollen oder brauchen.

Alternativ können Sie Ihren Daumen und Zeigefinger jetzt zusammenbringen oder Ihre Zehen krümmen, solange Sie noch in dieses Erlebnis vertieft sind, und später können Sie dann das Berühren von Daumen und Zeigefinger oder das Krümmen Ihrer Zehen als Signal dafür benutzen, sich in diesen Zustand der Erfüllung, Zuversicht und des inneren Friedens, die Sie gerade empfinden, wieder hineinzuversetzen. Sie können eine oder mehrere dieser Techniken benutzen, wann auch immer Sie die Lust oder Notwendigkeit verspüren, diesen Zustand der Zuversicht wieder zu erreichen, selbst unter den schwierigsten Umständen.

Eine Sache noch. Ihr Unbewusstes hat einen Prozess vollzogen, in dem es sich erlaubt hat, die Information, die Sie brauchen, in einem Format zu organisieren, das Ihr Bewusstsein jederzeit leicht benutzen kann. Obwohl Sie sich nicht vollkommen bewusst sein mögen, was genau Ihr Bewusstsein verarbeitet hat, bringen Sie diese Information mit, wenn Sie nun wieder langsam zurück in das Hier und Jetzt einschweben.

Wenn Sie bereit sind, wieder zu Ihrem natürlichen Zustand des Bewusstseins zurückzukehren, zählen Sie bitte von drei bis eins zurück: Bei drei bereiten Sie sich vor, bei zwei blicken Sie mit geschlossenen Augen nach oben, und bei eins öffnen Sie Ihre Augen, atmen tief ein, lassen den Atem ausströmen und fühlen sich ganz wach, erfrischt und sind stolz darauf zu wissen, wie Sie sich selbst und anderen helfen können.

In den nächsten Kapiteln werden Sie neue Fähigkeiten lernen und diejenigen erweitern, über die Sie schon verfügen. Sie können hohe Erfolgserwartungen haben – alle Methoden, die in diesem Buch vorgestellt werden, sind ausgiebig in der Praxis getestet worden, um sicherzustellen, dass sie die gewünschten Resultate zeigen. Wenn Sie Ihren Patienten mit diesem Wissen gegenübertreten, wird Ihnen das helfen, ein Klima der Zuversicht zu schaffen, welches den Erfolg fördert. Die Patienten werden Ihre Zuversicht spüren und diese dann auch selbst entwickeln. In diesem Buch geht es darum, Patienten durch das eigene Beispiel anzuleiten und ihnen zu helfen, sich selbst zu helfen.

Merke

Es hilft niemandem zu wissen, was man machen muss, wenn man sich nicht traut, es zu tun.

Positive Erwartungen werden zu selbsterfüllenden Prophezeiungen.

Selbstvertrauen ist ansteckend. Wenn Sie mit Selbstvertrauen handeln, kann dies das Selbstvertrauen anderer Menschen stärken.

Es ist wichtig, Selbstvertrauen und Zuversicht des Patienten zu unterstützen, indem Sie beides selbst demonstrieren. Das geschieht durch Ihre Körperhaltung, Ihr Auftreten, den Tonfall Ihrer Stimme und natürlich auch durch das, was Sie sagen.

Dieses Buch möchte nicht den Eindruck vermitteln, dass alle Patienten, bei denen diese Techniken angewandt werden, in einen tiefen Trancezustand kommen und keinerlei Schmerz oder Angst fühlen. Es ist allerdings bewiesen, dass es Patienten mit diesen Hypnosetechniken letztendlich besser geht als ohne sie.

Sobald Sie sich die Fähigkeiten angeeignet haben und die klinisch-wissenschaftlichen Grundlagen verstehen, auf die sich dieses Buch stützt, werden Sie die Hypnosetechniken mit Erfolg, Selbstvertrauen und Überzeugung anwenden können.

Gelegenheiten zum Üben

Das nächste Mal, wenn Sie beispielsweise einen Artikel in einem Laden umtauschen wollen, die Hilfe eines Verkäufers in Anspruch nehmen, den Behandlungsraum betreten, um einem Patienten Blut abzunehmen, oder sonst etwas tun, was Sie normalerweise mit anderen Menschen machen: Gehen Sie die Sache bewusst mit Selbstvertrauen an. Experimentieren Sie mit den Techniken aus Skript 1-1, »Selbstvertrauen erfahren«: Atmen Sie Stärke ein, und atmen Sie Spannung aus. Gehen Sie in »Ihre Farbe«, stellen Sie sich vor, dass Sie »Ihren Klang« oder »Ihr Lied« hören, legen Sie Ihren Daumen und Zeigefinger aufeinander, oder krümmen Sie Ihre Zehen, damit sich Ihr Körper daran erinnert, wie es ist, wenn Sie Selbstvertrauen spüren und erfolgreich sind. Finden Sie heraus, welche dieser Methoden – einzeln oder in Kombination – für Sie am besten wirkt. Beobachten Sie Ihre eigenen Reaktionen und die der Person, mit der Sie gerade zu tun haben. Erkennen Sie bei dieser eine größere Bereitschaft, Ihren Vorschlägen zu folgen? Erledigen Sie Ihre Aufgaben mit mehr Leichtigkeit und Effizienz?

2 Die Balance zwischen Nähe und Distanz finden

Fallbeispiel 2: Persönlicher Raum

Das erst vor Kurzem eingestellte neue Mitglied des Behandlungsteams unseres Krankenhauses machte einen selbstsicheren und sympathischen Eindruck, bis es Zeit für die Teamsitzung war. Für diesen täglichen Termin versammelten sich die etwa zehn Teammitglieder vor einer Wandtafel, auf der die Namen der an diesem Tag behandelten Patienten aufgelistet waren. Als die Mitglieder unseres Teams zusammenkamen, um die Fälle des Tages zu besprechen, schien das neue Teammitglied C. angespannt zu sein und trat ständig einen Schritt zurück, weg von der Gruppe.

In den nächsten Wochen fiel mir auf, dass C. klar definierte Grenzen hatte. Kam ihm jemand näher als etwa 1,20 m verspannte sich C. sichtlich. Kam ihm jemand näher als etwa 1 m, trat C. zurück, selbst wenn er sich dazu in eine unsichere Position manövrierte. Einmal wich C. rückwärts in eine schmale Nische zwischen dem Computer und einer Wand aus und versuchte von diesem beengten, für ihn aber angenehmeren Ort aus das Gespräch fortzusetzen.

Dieses ausweichende Verhalten wiederholte sich regelmäßig. C. war sich offensichtlich seines Verhaltens gar nicht bewusst, und das Team schien ihm keinen zusätzlichen Raum geben zu wollen. Traf C. einen Patienten oder anderen Mitarbeiter allein, konnte man das gleiche Verhalten beobachten. Es kam vor, dass, wenn C. einen Schritt zurücktrat, sein Gesprächspartner einen Schritt nach vorne ging. C. trat dann noch einen Schritt zurück. Sein Gegenüber machte daraufhin noch einen Schritt auf ihn zu, bis C. quasi nicht mehr entkommen konnte. Leider erschwerte dieses starke Bedürfnis von C. nach Abstand die Kommunikation mit ihm sehr und ließ sie manchmal vollkommen entgleisen, besonders dann, wenn der Gesprächspartner seinem Bedürfnis nicht nachkam oder nachkommen konnte.

Immer, wenn ich C. begegnete, war mir sehr daran gelegen, die besonderen räumlichen Bedürfnisse von C. zu respektieren, und blieb immer wenigstens 1,20 m von ihm entfernt. Durch diese Anpassung an seine Bedürfnisse musste ich meinen bevorzugten persönlichen Abstand etwas vergrößern. Nachdem wir ein paar Jahre im Team zusammengearbeitet und gegenseitiges Vertrauen und Akzeptanz entwickelt hatten, konnte ich mit C. in ungefähr 1 m Abstand ein gutes Gespräch führen, ohne dass er rückwärts auswich oder eine Anspannung bemerkbar war. Allerdings sorgte ich immer dafür, ein Gespräch mit ihm nur anzufangen, wenn es genug Platz gab, um gegebenenfalls einen Schritt zurückzutreten und zusätzlichen Abstand zu schaffen.

(Fallnotizen von E. Lang)

Was dieser Fall zeigt: Menschen unterscheiden sich in ihren Bedürfnissen und Vorlieben, ihren persönlichen Raum betreffend – also bezüglich des Abstands, den sie im sozialen Kontakt mit einer anderen Person einzuhalten versuchen. Manche Menschen stehen gerne ziemlich nah bei ihrem Gesprächspartner. Andere brauchen einfach mehr Abstand. Viele Menschen können sich unbewusst auf einen bestimmten Abstand einigen, während sie sich unterhalten. Andere sind ziemlich rigide bezüglich ihrer Bedürfnisse und Vorlieben, besonders in stressigen Situationen. Werden die persönlichen Bedürfnisse nach Abstand missachtet oder ignoriert, beeinträchtigt dies die Kommunikation erheblich. Der Rapport wird behindert, und die Chancen einer Verständigung verringern sich.

2.1 Das Bedürfnis nach Abgrenzung beeinflussen