Seelenlos Band 05 - Leandra Low - E-Book

Seelenlos Band 05 E-Book

Leandra Low

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Beschreibung

Wie leicht man sich von Äußerlichkeiten täuschen lassen kann; ein seelenloses Herz, welches urplötzlich nie zuvor empfundene Gefühle entwickelt; Missverständnisse, die zu heroische Handlungen führen; verfressene Werwölfe, die man trotzdem streicheln möchte; ehrenvolle Retter, die allerdings auch aus Eigennutz handeln und ein Teenager, der alles riskiert um seinen Vater zu finden. Auch in Band Fünf der 9-teiligen Buchreihe SEELENLOS ist wieder jede Menge los, rund um die facettenreichen Helden aus den verfeindeten Lagern "Licht & Dunkelheit". Insbesondere der inzwischen sechzehnjährige Galimar hat es in diesem Teil der Reihe alles andere als leicht. Zumal er instinktiv spürt, dass er nicht nur mit einem gefährlichen "Teufel" tanzt, sondern im Begriff ist, weitaus mehr als nur seine Freiheit zu verlieren. Enthält: Verbotene Geschwisterliebe; stolze Elfenkrieger; ungewollte Homoerotik und ebenso ungewollte Gefährten; mörderische Peitschenattacken; dämonische Beschützer und unverhofftes Glück bis hin zur Verzweiflung. Warnung: Nichts für Zartbesaitete, da auch hier wieder Gewalt- und Sexszenen explizit beschrieben werden.

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Seitenzahl: 447

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Engel &Dämonen:

Carolines große Liebe Teil 2

Der See der Wahrheit!

Silberstrahlen!

Verabredungen!

Der Hort der Waldelfen!

Wiedergeburt …

Entscheidungen!

Die Verführung!

Vaterliebe!

Flucht ins Ungewisse!

Gefährliche Gefährten!

Akzeptanz!

Aufbrüche!

Altersberechnung…

Protagonisten

Völker & Orte!

Danksagungen & Infos…

Was bisher geschah...

Leseproben!

Die Dämonen sind nun endlich vollzählig. Auch wenn Luziverons anfängliche Begeisterung sich schnell legt, da der »Neue« nun so gar nicht nach seiner Pfeife tanzen möchte.

Dessen Opfer Caroline konnte indessen aus den Fängen der dunklen Krieger fliehen und befindet sich derweil in einem bunten Liebesreigen aus »paarungswilligen« Engelskriegern. Die allerdings nicht grundlos um ihre Gunst buhlen, ihr jedoch auch die Sicht auf ihre wahre Liebe versperren.

Derweil hat Galimar sich mit seinem Leben im Internat arrangiert. Jedoch findet er etwas heraus, was ihn eine folgenschwere Entscheidung treffen lässt. Zumal ihm Luziveron und seine Mannen bereits gefährlich nahe sind. …

Warnung:

Diese Buchserie ist nichts für Zartbesaitete. Wer sich Themen wie Folter, sowie sexuelle und körperliche Gewalt nicht zumuten möchte, sollte daher von der Lektüre dieses Buches Abstand nehmen!

SEELENLOS

Band 05

Flucht ins Ungewisse

LEANDRA LOW

Dark Fantasy

Leandra Low schreibt seit frühster Jugend. Sie selbst ist eine bekennende Leseratte und liebt es anderen aus ihren Werken vorzulesen. Dadurch entstand auch ihre Lesegruppe »Das Dämonische Lesestübchen«, die sich regelmäßig trifft.

Die freischaffende Künstlerin lebt mit ihrem Mann Christoph in Hannover, wo sie sich neben dem Schreiben mit Malerei, Illustration, darstellender Kunst und Musik beschäftigt.

Alle Rechte vorbehalten!

Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind von der Autorin frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufällig, oder so gewollt.

Kein Teil dieses Buches darf reproduziert, gescannt oder in gedruckter oder elektronischer Form ohne vorherige Erlaubnis der Autorin verbreitet werden. Ausnahme ist die Benutzung von Auszügen in einer Buchbesprechung.

Copyright 2022 Leandra Low / ZAUSEL–VERLAG

[email protected]

Website: https://leandralow.de

Cover und Illustrationen* by Leandra Low.

2. Auflage; überarbeitet

ISBN: 978–3– 96799–045–4

Bisher erschienen:

Seelenlos - Band 01 - Die Engelssuche

SL01 (Print 380 Seiten - Feb. 2019) nur über Autorenwebsite erhältlich*

ISBN: 978-3-95849-376-6 (E-Book - Feb. 2019)

Seelenlos Band 02 – Zeitreisen

SL02 (Print 352 Seiten - März 2019) nur über Autorenwebsite erhältlich*

ISBN: 978–3–96544–157–6 (E-Book - Feb. 2019)

Seelenlos Band 03 – Die Rückkehr

SL03 (Print 350 Seiten - Juni 2019) nur über Autorenwebsite erhältlich*

ISBN: 978–3–96661–126–8 (E-Book - April 2019)

Seelenlos Band 04 – Dämonische Spiele

SL04-SW oder SL04-FD (SW oder Farbdruck - 428 Seiten - März 2023) *

ISBN: 978–3–96858–067–8 (E-Book - April 2020)

 

*Lediglich die Printbücher enthalten zahlreiche Illustrationen, in S/W & Farbe, und sind NUR über die Website der Autorin erhältlich.

https://leandralow.de

Zu Beginn möchte ich allen Lesern danken, die dieses Buch auf legale Weise erworben, oder ausgeliehen haben. Daher vielen Dank für eure Unterstützung!

Leider kommt es immer häufiger vor, dass Bücher von uns Kleinautoren der Piraterie zum Opfer fallen, was bedeutet sie werden kopiert und zu Dumpingpreisen illegal angeboten, von denen der Autor nicht einen einzigen Cent sieht.

Sicher freut sich jede Leseratte, wenn sie ihren Hunger mit möglichst günstig ergattertem Lesestoff füttern kann, aber bitte vergesst dabei nicht diejenigen, die viele Stunden damit zugebracht haben, um sich Geschichten auszudenken und damit zu eurer Unterhaltung beizutragen. Ich denke niemand arbeitet gern umsonst …

Zwar fallen auch die Werke von Autoren der großen Verlage dieser Piraterie zum Opfer, aber diese sind zumeist durch ihren Verlag abgesichert, während wir Kleinautoren uns überhaupt nicht wehren können, sondern dem Ganzen einfach nur hilflos gegenüberstehen. Ich für meinen Teil habe jedenfalls nicht die Möglichkeit, jeden Monat pro Buch (!) rund 30 Euro locker zu machen, um Firmen zu beauftragen, die das Internet nach diesen Piratenseiten durchforsten, die ohnehin gleich, nachdem sie aufgeflogen sind, unter anderem Namen weitermachen. Allein der Vertrieb, der Druck und alles andere sprengt zumeist schon mein Budget.

Daher bitte ich euch dringend, bleibt fair und erweist uns Autoren auf diese Weise euren Respekt für unsere Arbeit, indem ihr diese Piraterie nicht unterstützt.

Vielen Dank, eure Leandra Low.

»Für alle, die an die Einzigartigkeit der wahren Liebe glauben!«.

Engel &Dämonen:

Der Seher

Geschichtenerzähler Demar Julosrow aus Kroatien (geb. Januar 1798; 1820 bei Rettung zweier Kinder verbrannt) wird zum Engel SHYNTALL – Fantasie; Rufname: Demar

Der Formwandler

Farmertochter Lane Barrington aus Colorado (geb. Februar 1883; 1904 zu Tode gefoltert) wird zur Angelina

LOGANO – Regenbogen; Rufname: Loo

Der Lichtengel

Millionärssohn Jamain Erikson aus Schweden (geb. März 1957; 1974 erwürgt aus Habgier) wird zum Engel

HALDOR – Licht; Rufname: Hal

Der Wetterengel

Der 17-jährige Senatorensohn Antonio Lepidos (geboren im Rom der Antike; im Circus durch die Löwen getötet) wird zum Engel RAVETH – Regen; Rufname: Rain

Der Heiler

Bauernsohn Cristoff Kilian aus Deutschland (geb. Mai 1660; 1681 als Hexer verbrannt) wird zum Engel

SERENADE – Mondlicht; Rufname: Moon

Der Liebesengel

Der 16-jährige Fischer Lamuell Koradis (geboren im Griechenland der Antike; bei Rettung einer Frau erstochen) wird zum Engel JALIMARA – Liebe; Rufname: Jali

Der Sonnenengel

Gutbetuchter Bürger Angelo Petrell aus Österreich (geb. Juli 1968; 1995 durch Auftragsmord, der seiner Freundin galt, getötet) wird zum Engel SAJO – Sonne; Rufname: Jojo

Herr der Pflanzen / Sprecher der Tiere

Einzelgänger Ronald O´Cloude aus Irland (geb. August 1938; 1961 in den Tod getrieben – erhängte sich) wird zum Engel RUBIO – blutroter Rubin; Rufname: Red

Der Anführer

Elfenkaiser Albian van DeBeladore vertritt den Platz des zwölften Kriegers.

Der Seelenlose

Elfenprinz Silvano van DeBeladore ist der Auserwählte JALAY – Seltenheit, Silber. Spitzname: Silver

Herr der Gezeiten

Piratensohn Marco Lecourse aus England (geb. Oktober 1689; 1719 im Kampf gegen Dämon Jesebell getötet) wird zum Engel WAROLL – Gold, wertvoll; Rufname: Waro

Der Vampirische Meister des Schwertes

Edelmann Renaldo D´Arbo aus Frankreich (geb. 20. November 1767; 1789 von seiner eifersüchtigen Schwester erstochen) wird zum Engel MIRAGELL – Mitternacht; Rufname: Rage

Der Felsformer & Wandler

Der etwa 26-jährige Indianer White Eagle (Geburtstag unbekannt; starb im Kampf gegen Monsterbären) begegnet den Suchenden im Jahre 1993 in Kanada und wird zum Engel SHALARR – Schnee, Erstarrung; Rufname: Snow

Bisher gefundene Dämonenkrieger in der Reihenfolge ihres Auftauchens, Band 01 – 03:

Luziveron

Anführer der Dämonen und begabter Gestaltenwandler. Benutzt auf der Erde beim Opferfang überwiegend den Decknamen Damian Daniel Natas und betreibt zwielichtige Geschäfte.

Maiden

Stolzer Wasserelf und Kampftalent. Benutzt auf der Erde beim Opferfang den Decknamen Joshua Draven und arbeitet dort als Surflehrer und Model.

Lorendos

Sohn von Luziveron und ein wahrer Feuerteufel. Benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt. War auf der erfolglosen Suche nach dem Kind der Prophezeiung.

Xanthos

Werwolf – benutzt auf der Erde den Decknamen Romeo Savage, tritt als Rocksänger auf und heizt mit seinem Motorrad durch die Gegend.

Alessio

Hermaphrodit und Meister des Fleisches. Benutzt auf der Erde den Decknamen Sergio Fernandez, arbeitet als Sänger und Tänzer. Er und der Engel Jalimara hatten sich bereits gegenseitig als Gegner erkannt.

Rhamsis

Ägyptische Teufelskatze und ältester der Dämonen. Benutzt auf der Erde den Decknamen Donevan Somerville und arbeitet als Forscher der Archäologie. Wurde bereits von Engel Raveth als Gegner erkannt.

Santanas

Durchgeknallter Sadist und zweitältester der Dämonen. Benutzt auf der Erde den Decknamen Orlando Dela Lothring und frönt seiner Neigung als Snuff-Film-Regisseur. Wurde von Engel Shyntall bereits als Gegner erkannt.

Karamirr

Dunkelhäutige Todeskralle. Benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt.

Varungar

Vogeldämon. Benutzt auf der Erde den Decknamen Nicolai Lombardi und arbeitet als Kunstdozent.

Jesebell

Die Spinne des Todes. Luziverons Mann fürs Grobe. Hält sich überwiegend an dessen Seite auf, wie eine Art Leibwächter.

Shandarr

Das Gift. Benutzt auf der Erde den Decknamen Francesco Ylang und arbeitete als Mensch als Dolmetscher.

Jeemahl

Der Vampir / benutzt auf der Erde den Decknamen Julian und arbeitete vor seinem Beitritt in Luziverons Truppe auf Errah als Edelcallboy.

Carolines große Liebe Teil 2

Wenn es einen Glauben gibt,

der Berge versetzen kann,

so ist es der Glaube

an die eigene Kraft!

(Marie von Ebner-Eschenbach)

Der See der Wahrheit!

»Die spinnen doch total. Wieso sollte ich mich auf so eine doofe Kuppelaktion einlassen? Da kommt man sich ja vor wie eine Milchkuh auf einer Viehauktion. Ehrlich gesagt habe ich momentan eh die Schnauze voll von Kerlen. Ich habe ja wohl ganz andere Problem, oder?«, wütete Caroline, nachdem sie mit Melinda in ihre zugewiesenen Gemächer zurückgekehrt war.

Die Elfe konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, angesichts der impulsiven Art ihrer neuen Freundin.

Im weiteren Gesprächsverlauf ließ Melinda sich von Caroline die Bedeutung des Wortes Viehauktion erklären und hatte dann auch die passende Anmerkung parat.

»Nun Caro, ich würde es eher so ausdrücken, dass da mehrere hochprämierte Zuchtbullen für die ausgewählte Kuh zur Verfügung stehen«, kicherte die Elfe. Mit ihrer Aussage schaffte sie es, dass Caroline nach kurzer Zeit in haltloses Gelächter ausbrach, in welches Melinda mit einstimmte.

Nachdem sich beide wieder beruhigt hatten, setzten sie sich gemütlich beisammen und berieten bei Tee und Gebäck, Carolines derzeitige Situation und wie diese weiterhin vorgehen sollte. Schon allein, um sich von dem zuvor negativ Erlebten endgültig abzulenken.

»Du meinst also wirklich, ich soll das durchziehen?« Carolines skeptischer Blick sprach Bände.

»Es würde Euch sicherlich auf andere Gedanken bringen. Und ganz ehrlich, jede Frau im Schloss wäre auf der Stelle bereit, mit Euch zu tauschen«, ereiferte sich Melinda.

»Du auch?«, grinste Caroline und die Elfe errötete allerliebst.

»Ich würde lügen, wenn ich Eure Frage mit einem Nein beantworte«, gab sie wahrheitsgemäß zu.

»Aber ist dies Vorgehen bei euch nicht üblich?« Caroline war erstaunt. Hatte sie doch angenommen, dass solcherlei Art der Partnerwahl bei den Elfen durchaus normal war.

Melinda schüttelte den Kopf: »Bei den Hohen, das gäbe ein heilloses Chaos. Unsere Krieger kämen dann gar nicht mehr zur Ruhe. Allein schon bei Prinz Silvano hätte die Schlange kein Ende … obwohl es ihm wahrscheinlich gefällt, wenn sich seine Interessentinnen um ihn streiten. Zumal ohnehin fortwährend ein ständiger Kampf um seine Gunst stattfindet. Jedoch, um auf Eure Frage zurückzukommen … diese Art von Wahl steht nur jemanden zu, der in unserer Mitte lebt und keinerlei Angehörige mehr hat. Wobei auch das in erster Linie lediglich für Frauen … es sei denn, sie sind selbst Kriegerinnen … und Kinder gilt.«

»Aber meine Eltern leben noch«, warf Caroline ein.

»Sicherlich … allerdings nicht in unserer Welt«, widersprach Melinda sanft.

Caroline sagte dazu nichts, sondern wechselte vorerst das Thema. »Der Prinz erscheint mir enorm selbstverliebt. … Was ja, ehrlich gesagt, kein Wunder ist. Erst recht, bei seinem Aussehen. Allerdings hege ich Zweifel daran, ob es allein sein Äußeres ist, weswegen alle ihn anhimmeln. Oder ist das für Elfenfrauen am wichtigsten?«

Melinda lachte auf. »Also wirklich, ich muss schon sagen, Eure Meinung von meinem Volk ist ja nicht gerade schmeichelhaft. Denkt Ihr wirklich, wir sind derart oberflächlich?«

Erschrocken wiegelte Caroline ab: »Nein … nein, natürlich denke ich das nicht. Es ist doch nur so, dass mir bisher hier kaum jemand begegnet ist, der nicht gut aussah. Dazu diese feinen Kleider und aufwendigen Frisuren. Ich meine, klar wir sind hier in einem Schloss, aber uneingeschränkt alle sind so gepflegt und … ach, quatsch. Ich rede mich hier noch um Kopf und Kragen. Entschuldige bitte, Melinda. Ich wollte dich, oder dein Volk, nicht kränken.«

Die Elfe lächelte beschwichtigend: »Ich bin Euch nicht böse, Caro. Ihr habt nicht unrecht. Wir Elfen sind schon ein eitles Volk. Aber glaubt mir, auch bei uns gibt es Ausnahmen. Wobei, was Prinz Silvano angeht, da gebe ich Euch Recht. Er ist wahrlich mehr, als nur von sich überzeugt. Er … aber lassen wir das. Ich denke, wir haben außer ihm einige ansehnliche Männer am Hofe und die bilden sich auch nichts auf ihr Äußeres ein. Daher würde mich persönlich interessieren, ob es bereits jemanden gibt, mal abgesehen vom Kronprinzen, bei dem Euer Herz schneller schlägt. Immerhin müsst Ihr doch nach dem heutigen Dinner einen ersten Eindruck gewonnen haben?«

Neugierig strahlte Melinda Caroline an.

Diese wand sich. Sie befürchtete, dass ihre neue Freundin die Frage in erster Linie stellte, um auszuloten, inwiefern auch Red Chancen bei ihr hatte. Aber bei aller Liebe, an ihn verschwendete sie keinen weiteren Gedanken, bei der Aussicht aus dem Vollen zu schöpfen. Und zum ersten Mal, seit Albian die Anordnung zur freien Wahl ihres zukünftigen Gefährten in den Raum gestellt hatte, fand sie Gefallen daran.

»Also diesen Hal werde ich jedenfalls nicht in Betracht ziehen«, verkündete sie rigoros.

Melinda grinste: »Ja, mit der direkten Art unseres Engels des Lichts kommt nicht jeder zurecht. Andererseits schätzen viele ihn gerade deswegen. Bei ihm weiß jedermann, woran er ist. Hal beschönigt nichts, lügt nicht und sagt immer offen und ehrlich, was er denkt!«

»Okay … zugegeben, das mag durchaus von Vorteil sein. Aber ich denke mir, dass es beizeiten auch ganz nett ist, wenn ein Mann ein bisschen geheimnisvoll tut, als einem seine Meinung um die Ohren zu peitschen. Was mich an diesen Engel ganz in Weiß denken lässt, diesen … Mist, ich habe seinen Namen vergessen?«

»Ihr meint vermutlich Snow. Nun, wenn Ihr auf der Suche nach einem geheimnisumwobenen Mann seid, so währet Ihr bei ihm genau richtig. Bisher ist noch niemand so recht schlau aus ihm geworden. Er ist ein schweigsamer Einzelgänger und lässt lediglich die anderen Engel an sich heran. Obwohl es etliche Frauen am Hofe gibt, die nichts gegen ein näheres Kennenlernen mit unserem Schneeengel hätten«, berichtete Melinda.

»Also zu schweigsam und geheimnisvoll finde ich dann doch wieder zu anstrengend«, lachte Caroline auf.

»Ich sehe schon Caro, es wird nicht leicht sein, für Euch den passenden Gefährten zu finden. Obwohl ich denke, dass Ihr es Euch unnötig schwermacht, da Ihr ihn eigentlich längst gefunden habt«, orakelte Melinda.

Caroline verdrehte die Augen. »Also, wenn du jetzt wieder mit Red anfängst, schrei ich!«

Als sie daraufhin Melindas verschlossenes Gesicht sah, fuhr sie fort: »Entschuldige. … Ich bin überzeugt, dass Red ein Superkerl ist. Aber eben nicht jemand, den ich mir an meiner Seite vorstelle. Bitte versteh das nicht falsch, aber-«

»Ich verstehe Euch Caro. Dennoch hoffe ich, dass Ihr nicht den Fehler begeht und nur nach dem Aussehen bewertet. Red mag vielleicht äußerlich nicht mit unserem Prinzen mithalten können und allein schon wegen seiner Größe geht er neben den meisten Kriegern unter. … Andererseits urteilt nicht voreilig und gebt ihm wenigstens die Chance, Euch näher kennen zu lernen. Und somit auch Ihr ihn!« Als Melinda sie mit fragenden Augen ansah, seufzte Caroline ergeben auf.

»Gut, du hast gewonnen. Er kommt mit auf die Liste und sollte ich nicht bereits vorher fündig werden, werde ich mit ihm einen Tag verbringen. Zufrieden?«

Melinda strahlte: »Sehr zufrieden. So, und nun sollten wir wahrhaftig überlegen, wem Ihr als Erstes die Ehre erweist, den Tag mit Euch verleben zu dürfen!«

»Oh man, wenn man dich so reden hört, könnte man meinen, ein Date mit mir wäre ein Privileg«, grinste Caroline gebauchpinselt. »Der Meckerengel Hal schien das jedenfalls nicht so zu sehen!«

»Das mag man sehen, wie man will. Aber ich bin davon überzeugt, dass es den einen oder anderen Krieger geben wird, der das genauso sieht!«, lächelte Melinda und griff nach einem Bogen Pergament, Tinte und Feder. »Also lasst uns jetzt die Liste erstellen und dann möge das Los entscheiden, wer der Auserwählte ist!«

Am nächsten Morgen startete Caroline daher ihr erstes Rendezvous, zusammen mit Miragell, der ihr unter dem Namen Rage geläufig war.

Sie hatte wie vereinbart, das Los entscheiden lassen, nachdem sie sich – auf Melindas Rat hin – eine Liste gemacht hatte, auf der sie alle Namen derjenigen, die sie interessierten, aufschrieb. In Miragells Fall verließ sie sich allerdings nicht allein auf ihr Glück, sondern half ein wenig nach, so dass ihre erste Wahl auf ihn fiel. Denn neben Silvano war es speziell dieser Engel, der ihre Neugier geweckt hatte. Zumal der Schöne mit der geheimnisvollen Ausstrahlung nicht nur Herzrasen bei ihr verursachte, was das Aussehen anging. Ihn umgab, ihrer Meinung nach, ein dunkles Geheimnis, und sie hatte geschworen, es zu lüften.

Außerdem war er beim gestrigen Abendessen nicht dabei gewesen und Caroline lieferte das einen Grund, sich am vergangenen Abend bei Melinda nach ihm zu erkundigen.

Ihre Elfenfreundin hatte ihr erklärt, dass Miragell einen Spezialauftrag von Albian erhalten habe und daher erst am späten Abend zurück sein würde.

»Was ist Rage eigentlich für ein Mensch … äh, ich meine natürlich, Engel, oder so?« Caroline kam sich reichlich blöd vor, wenn sie sich so merkwürdig ausdrücken sollte. Noch immer kam ihr alles vor wie ein Traum. Allerdings einer, bei dem man nicht verfrüht aufwachen wollte, weil man viel zu neugierig darauf war, wie er weiterging.

Melinda schmunzelte wissend, während sie Caroline das lange Blondhaar durchbürstete.

Man hatte Caroline nicht nur eigene Räumlichkeiten gegeben, sondern ihr Melinda als ihre persönliche Zofe zugewiesen. Darüber war sie mehr als glücklich. Auch wenn es für sie befremdlich war, von jemandem so umsorgt zu werden, wie die Elfe es tat. Erst recht, weil sie Melinda als Freundin, nicht als Bedienstete betrachtete. Jedoch es schien der Elfe weder etwas auszumachen, noch hatte Caroline den Eindruck, als würde ihr die Anweisung missfallen. Es bereitete ihr viel mehr Freude, sich um den irdischen Gast zu kümmern.

»Rage!« Melinda ließ sich den Namen förmlich auf der Zunge zergehen und Caroline hatte das sichere Gefühl, dass die hübsche Elfe dem dunklen Engel mehr als Sympathie entgegenbrachte.

Dieser Aspekt verunsicherte sie ein wenig. Sollte sie vielleicht besser die Finger von ihm lassen, aus Rücksichtnahme auf Melinda?

Jedoch diese Bedenken wurden von der Elfe höchstpersönlich weggewischt, als sie Carolines zweifelnden Blick im Spiegel auffing.

»Oh, macht Euch keine Sorgen, Caro. Ich hege keinerlei Hoffnungen auf unseren reizvollen Engelsanführer«, versicherte sie ihr glaubhaft, gleichwohl eine Spur zu hektisch, wie Caroline empfand.

»Er ist ihr Anführer?« Caroline war zu Recht erstaunt. Bisher hatte sie angenommen, diese Rolle sei Albian vorbehalten.

»Nicht unmittelbar. Wenn es allerdings neben unserem Herrscher einen Hauptmann geben würde, so wäre es Rage. Er ist ein fantastischer Kämpfer. Stark und voll Leidenschaft!« Bei den letzten Worten sah sie Caroline direkt an, so als erwarte sie von deren Seite eine Reaktion.

Als diese ausblieb, fuhr sie fort: »Die Wahrheit ist, dass es bei den Engeln keinen direkten Anführer gibt. Außer unserem Kaiser selbstverständlich. Es verhält sich allerdings so, dass Albian seine persönlichen Vertrauten hat. Und einer davon ist Rage. Aber er ist viel zu aufbrausend und ungestüm, daher zieht Albian zumeist Demar oder Snow vor, wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Jedoch Rage ist hier bei uns eine angesehene Persönlichkeit, wenn er auch niemals ganz zu uns gehören wird.«

»Warum das denn?«

»Nun, das ist eine lange Geschichte und vor allem eine, die soll er Euch selbst erzählen, wenn er mag. Nur seid gewiss, es ist nichts, was Ihr auch nur im Entferntesten vermutet. Also seid bitte nicht beunruhigt. Hingegen sollte er es Euch sagen, so seid Euch versichert, dass er niemals … für keinen von uns … eine Gefahr darstellt. Sein Herz ist nicht nur groß, sondern zudem randvoll von Liebe. Auch wenn ihr Euch das bei seinem doch sehr männlichen Gehabe kaum vorstellen könnt.« Sie lachte hell auf und Caroline fiel mit ein.

»Ja, so etwas wie den temperamentvollen Rage, würde man in unserer Welt ohne Zweifel als Macho bezeichnen. Obwohl mich gerade das an ihm reizt«, gab Caroline bereitwillig zu.

»Na dann, worauf wartet Ihr noch. Greift zu. Er wird Euch mit seinem Leben beschützen, wenn es sein muss. Also schnappt Ihn Euch«, frohlockte Melinda und umarmte ihre Freundin spontan von hinten.

»Darauf kannst du dich verlassen«, orakelte Caroline und schmiegte sich an sie. Somit war ihre Entscheidung, dank der Elfenfreundin, für den folgenden Tag besiegelt.

Melinda war es dann auch, die dem dunkeläugigen Engel die Botschaft überbrachte, dass er sozusagen Carolines erste Wahl sei, um den kommenden Tag zusammen mit ihr zu verbringen.

Miragell war zuvor von seinen Gefährten darüber aufgeklärt worden, weshalb ein derartiger Wirbel um Findelkind Caroline veranstaltet wurde.

Er stimmte daraufhin mit Lichtengel Haldor überein, dass dies Unterfangen unnötig sei und man Wichtigeres zu tun hätte, fügte sich jedoch dem Wunsch Albian. Wobei er im Gegensatz zu Hal das Ganze eher erheiternd fand und achselzuckend kundgab, kein Problem damit zu haben, das Mädchen einen Tag lang zu bespaßen.

Daher hatte er Caroline auf ihre Einladung hin seine Zustimmung in Form einer langstieligen dunkelroten, beinah schwarzen Rose überbringen lassen. Sowie der Ankündigung, dass er gedächte, ihr gemeinsames Date außerhalb des Schlosses zu gestalten.

Caroline hatte die wunderschöne Blume mit klopfendem Herzen freudig von der verheißungsvoll lächelnden Melinda entgegengenommen und war voller Erwartungen, den nächsten Tag betreffend.

Bevor es indessen losging, wurden sie und Miragell von Albian in den Thronsaal, einen prachtvollen unvergleichlichen Raum aus weißgoldenem Marmor, beordert. Dort legte der Kaiser dem Engel nahe, gut auf seinen »Schützling« Caroline aufzupassen.

Miragell neigte leicht das Haupt, und sein wimpernverschleierter Blick wanderte zu Caroline, mit dem er ihr fest in die Augen sah.

Sie schauderte, als sie der Blick aus diesem unergründlichen, dunkelblauen Augenpaar traf, die ihr bis ins Herz zu sehen schienen. Oder gar noch tiefer, bis in den geheimsten Winkel ihrer Seele. Der durchdringende Ausdruck sagte ihr mehr als alle Worte, dass er sich seiner Wirkung auf Frauen sehr wohl bewusst war.

Gleichwohl erschien er Caroline so erwachsen und erhaben, so dass sie sich klein und unreif in seiner Nähe vorkam.

Nun ja, er ist auch aufgrund seines Alters mir gegenüber im Vorteil.

Ob ich ihm wohl zu jung bin?

Wie alt ist er eigentlich genau?, rätselte sie.

Sie meinte, sich zu erinnern, dass Melinda erwähnte, er wäre im Alter von 22 Jahren in Frankreich des 18. Jahrhunderts gestorben. Nun, berücksichtigte man die Zeit, die zwischen seinem Tod und der Jetztzeit als Engel lagen, bedeutete es wahrhaftig ein paar Jährchen mehr Altersunterschied als die läppischen drei Jahre. Allerdings war Caroline unsicher, ob sie ihn nicht mit einem der anderen Engelkrieger verwechselte, zumal sie bei ihm keinerlei französischen Akzent vernommen hatte.

Ach, ich frage ihn einfach bei Gelegenheit.

Erneut trafen sich ihre Blicke und abermals erschauerte Caroline und bekam Gänsehaut.

Zwar fühlte sie sich auch unter Silvanos Musterung nicht wohl in ihrer Haut, aber das Kribbeln, welches jedes Mal über ihren Körper jagte, wenn der Kronprinz sie, wie zuletzt heute Morgen beim Frühstück, mit Blicken förmlich auszog, war angenehmer Natur.

Miragell hingegen rief weiterhin eher zwiespältige Gefühle in ihr wach. Er verunsicherte sie. Machte ihr sogar ein wenig Angst und sie wusste nicht mehr, ob es wirklich eine gute Idee war, sich ihm anzuvertrauen. Immerhin wäre sie gleich mit dem undurchschaubaren Krieger allein und der Gedanke behagte ihr nun so ganz und gar nicht mehr.

Albian riss sie aus ihren beklemmenden Grübeleien, als er mahnte: »Wir wünschen Euch viel Spaß und gebt Acht. Haltet Euch dicht an der Seite Unseres Recken, so kann Euch nichts passieren. Hört Ihr, Caroline?«

Sie war noch so benommen von Miragells Röntgenblick, so dass sie nur nicken konnte.

Albian schien ihre Furcht zu spüren und fügte im väterlichen Tonfall hinzu: »Vertraut Uns, Caroline. Rage ist einer Unserer besten Kämpfer und in seiner Nähe wird Euch kein Leid geschehen. Darauf habt Ihr Unser Ehrenwort. Kein Dämon würde es wagen, ihn anzugreifen!«

Ob sie ihm gegenüber vielleicht eine Andeutung machen sollte, dass es momentan nicht unbedingt die Dämonenkrieger waren, die sie beunruhigten?

Sie musste jedoch zugeben, dass sie sich dank seiner Worte besser fühlte. Außerdem war Rage schließlich einer der Engelskrieger.

Die dürfen doch nicht böse sein, oder etwa doch?

Somit stand sie kurz darauf mit Miragell auf einem Balkon aus weißem Marmor. Von dem aus man einen fantastischen Ausblick auf das unendlich weite Land hatte, welches sich vor ihr erstreckte und sie schier überwältigte.

Miragell hob eine Hand, an der ein silberner Armreif funkelte. Er hielt ihn ins Licht und durch das Glitzern des Schmuckstücks gab er anscheinend eine Art Zeichen. Woraufhin zu Carolines grenzenlosem Erstaunen ein gigantischer Raubvogel, ähnlich einem Adler, wie aus dem Nichts auftauchte und Sekundenbruchteile später vom Himmel herabstieß. Direkt auf sie beide zu.

Mit graziöser Leichtigkeit sprang der Engelskrieger auf den Rücken des vorbeigleitenden Adlers und rief ihr zu: »Na komm, spring! Ich fang dich auf.«

Caroline war noch total versunken in den Anblick des majestätischen Vogels, der mit kräftigen Flügelschlägen durch die Lüfte sauste und immer wieder Kreise drehte. Wobei er den einen oder anderen Schrei ausstieß, der ihr durch Mark und Bein ging.

»Na, was ist? Willst du da Wurzeln schlagen? Spring endlich, ansonsten kriegen Bathyllus und ich noch einen Drehwurm bei dem Rumgekreisel«, riss Miragells ungeduldige Stimme sie aus ihrer Versunkenheit.

Springen? Niemals!, war alles, was Caroline derweil denken konnte.

»Bist du irre, wenn ich daneben springe, bin ich platt wie Apfelmus!«, rief sie daher zurück und schluckte den Kloß herunter, der sich im Hals gebildet hatte, nachdem sie realisierte, in welcher Höhe sie sich befanden.

Sofern ich jemals unten ankommen sollte!, fügte sie daher in Gedanken hinzu, denn nicht einmal der Boden ließ sich von hier oben aus erkennen. Zumal das Schloss der Engel regelrecht in die Wolken gebaut worden war.

»Feigling«, feixte Miragell und stellte sich aufrecht hin, während der Raubvogel in halsbrecherischer Geschwindigkeit erneut durch die Lüfte zischte.

»Von wegen feige, ich bin nur nicht so lebensmüde wie du. Wenn du meinst, dass du einen Adrenalinstoß brauchst, bitte schön. Ich hingegen hänge am Leben«, fauchte Caroline. Erbost darüber, dass er sich über sie lustig machte.

Oder zumindest an dem, was davon noch übrig ist!, fügte sie grummelnd im Stillen hinzu.

»Na los, komm schon Carolinchen, vertrau mir einfach. Glaub mir, ich würde dich nicht auffordern, wenn ich es nicht schaffe, dich aufzufangen. Sollte dir nämlich etwas passieren, wird Albian mich vierteilen lassen«, rief er diesmal freundlicher zurück. Wobei die Verniedlichung ihres Namens sie aufschnauben ließ.

Eingebildeter Affe!

Ihr schlug das Herz bis zum Halse, aber jetzt wollte sie dem Macho zeigen, dass sie kein Angsthase war. Daher sammelte sie all ihren Mut, kletterte auf die Balkonbrüstung, und nachdem der Adler erneut Kurs in ihre Richtung nahm, schloss sie die Augen und sprang.

Mit einem spitzen Schrei landete sie auf dem Rücken des Tieres, wo sie sogleich von kräftigen Armen umfasst wurde. Miragell hatte den Vogel so gelenkt, dass er Caroline im Flug auffangen konnte.

Zunächst getraute sie sich nicht, die Augen aufzumachen, bis warmer Atem ihr Ohr kitzelte, der ihr eine angenehme Entenpelle bescherte. Allein schon, weil Miragells Nähe sie nervös machte und überhaupt … die einschmeichelnde Stimme, der erotisierende Duft, den er verströmte. So stellte Caroline sich den Geruch des Abenteuers und des aufregenden Geheimnisses vor, welches der düster wirkende Krieger vor ihr verbarg.

»Hey petite colombe*, was hältst du davon, wenn du den Ausblick genießt? Glaub mir, es ist fantastisch. Also komm, mach die Guckerchen auf«, raunte er ihr zu, wobei er anscheinend nicht bemerkte, wie sehr seine Nähe sie verwirrte.

Vorsichtig öffnete Caroline zuallererst nur ein, dann jedoch schlagartig beide Augen.

Alle Zurückhaltung war mit einem Schlag vergessen. Er hatte Recht, es war überwältigend.

Der Wind pfiff ihr um die Nase und ein Gefühl von berauschender Freiheit breitete sich in ihr aus. Daher überkam sie direkt Wehmut, als sie wenig später wieder festen Boden unter den Füßen hatte.

(*Kleines Täubchen)

Sie waren auf einem idyllischen Fleckchen Erde in der Nähe eines Sees gelandet. Und Caroline war inzwischen davon überzeugt, dass es doch kein Fehler gewesen war, sich auf den Ausflug mit dem aufregenden Engel einzulassen. Zumal er ihr immer besser gefiel und das lag zuallerletzt am Äußeren. Was das anbelangte, so hatte sie sich mittlerweile eingestanden, brauchte sich keiner der Engelskrieger verstecken. Selbst der unscheinbare Red war auf seine Art ein ansehnliches Kerlchen, fand sie. Wenn er auch absolut nicht ihrem Geschmack entsprach.

Andererseits Rage kann mir durchaus gefährlich werden. … Aber abwarten, was sich noch so alles ergeben wird!, entschied sie und ließ den Blick über die dunkle Wasseroberfläche des Sees gleiten.

»Was ist das für ein merkwürdiges Gewässer? Es sieht unheimlich aus«, fragte sie und versuchte gleichzeitig mit dem attraktiven Engel zu flirten.

»Das ist Laros de Laboure Elay, der See der Wahrheit«, klärte Miragell Caroline auf und schien ihren schmachtenden Gesichtsausdruck nicht wahrzunehmen.

»Wenn man Sehnsucht nach einer bestimmten Person hat, lässt sich in der Wasseroberfläche erkennen, was diese derzeit macht. Oder, wenn du dir bei irgendetwas unsicher bist, oder du glaubst, jemand ist unehrlich zu dir, so zeigt dir der See die Wahrheit. Aber es ist nicht ungefährlich. Also bleib ihm besser fern!«

Nachdem er ihr diese knappe Erklärung geliefert hatte, sah er sich suchend um.

Noch bevor Caroline ihn fragen konnte, wonach er Ausschau hielt, ertönte Pferdegewieher und im Galopp preschte ein Einhorn heran, dessen Fell golden schimmerte. Die tizianrote Mähne und der gleichfarbige Schweif waren so lang, dass sie beim Laufen wie eine Fahne hinter ihm her wehten. Und als es aufgeregt tänzelnd dicht vor Miragell stehen blieb, wallten sowohl Schweif als auch Mähne bis fast auf den Boden.

Caroline blieb kaum Zeit, den Anblick des Fabelwesens zu genießen, denn Miragells Gebaren forderte ihre gesamte Aufmerksamkeit.

Er strahlte, schlang die Arme um den edel gebogenen Hals des Tieres und küsste es nicht etwa freundschaftlich, sondern eher fordernd auf das seidige Maul.

»Oh man, ich meine, das mit der freien Liebe bei euch habe ich ja bereits kapiert, aber dass das auf solcherlei Beziehungen gleichfalls zutrifft, darauf war ich nicht vorbereitet!« Schockiert verzog sie leicht angewidert den Mund.

Jedoch nur für einen Moment konnten sie das Gebaren des Engels schockieren. Denn noch während Miragell sich, trotz ihrer spitzen Bemerkung, bei seiner Tätigkeit, keineswegs stören ließ, verwandelte sich das Einhorn.

Schlagartig stand ein zartes, elfengleiches Mädchen da. Mit goldschimmernder Haut und hüftlangen, roten Locken, die sich wie ein Kleidungsstück um den ansonsten splitternackten Körper schmiegten. Verlangend presste sich das glitzernde Girl an Miragell, flüsterte ihm kichernd etwas ins Ohr und griff nach seiner Hand, um ihn fortzuziehen.

Er wandte sich an seine Begleitung, bevor er dem Drängen nur zu gern nachgab. »Petite colombe, wenn es dich nicht stört, verschwinde ich mal kurz mit Savah. Hau dich ein bisschen in die Sonne, und wenn was ist, brauchst du nur zu rufen. Wir bleiben in deiner Nähe.« Mit den Worten verschwand er, zusammen mit besagter Savah, im Gebüsch.

Caroline blickte ihm fassungslos hinterher.

Na, klasse!, dachte sie säuerlich. Da soll ich den Typen näher kennen lernen und kaum bin ich mit ihm allein, verzieht er sich mit so `ner Pferdebraut ins nächstgelegene Gestrüpp zum gemeinsamen Schäferstündchen! Was bildete der sich der Blödmann ein?

Eifersucht machte sich in ihr breit und am liebsten wäre sie hinter ihm hergerannt, um ihm ordentlich die Meinung zu geigen. Sie entschied jedoch anders, da sie sich blöd vorgekommen wäre, wenn sie ihm jetzt eine Szene machte. Andererseits hätte sie wohl kaum ein Date an ihn verschwendet, wenn sie gewusst hätte, dass er so ein unsensibler Draufgänger war.

Nun gut, dann scheidet dies männliche Prachtexemplar eben aus dem Sortiment der verfügbaren Engelskrieger aus!, entschied sie. Wobei sie zugeben musste, dass sie enttäuscht war.

Tja, dann muss ich halt den Nachmittag irgendwie allein totschlagen. Bloß, wie?

Zunächst setzte sie sich genervt ins Gras. Wenn sie wenigstens Badezeug dabeihätte, könnte sie im See schwimmen gehen. Denn nackt traute sie sich nicht. Aus Angst, jemand könnte sie heimlich beobachten.

Aber warte mal, was hat Rage vorhin über den See erzählt? Man kann darin Menschen sehen, nach denen man Sehnsucht hat. Vielleicht kann ich darin meine Mutter sehen. Am besten probiere ich es gleich mal aus!

Sie ging auf das dunkle Gewässer zu, kniete am Ufer nieder und beobachtete erwartungsvoll die Wasseroberfläche. Diese lag wie ein Spiegel vor ihr und man konnte den Grund nicht erkennen.

PLOPS!, machte ein Stein, den sie mit dem Finger hinein stupste.

Sie sah versonnen zu, wie sich Ringe und Wellen im Wasser bildeten.

Seufzend ließ sie einen größeren Stein ins Wasser plumpsen und die Ringe und Wellen wurden ebenfalls größer.

Braune Augen blickten sie zwischen den Ringen hindurch an. Sie seufzte abermals. … Aber halt, was war das eben … Augen? Sie zwinkerte. Tatsächlich. Warmherzige, braune Augen sahen sie traurig an. Das Bild um die Augen nahm Formen an. Es waren die Augen ihres Vaters. Er saß am Bett ihrer Mutter. Sie schien krank zu sein. Caroline beugte sich weiter vor. Ihr Vater weinte.

Sie hatte das Gefühl, als umklammerte eine eiskalte Hand ihr Herz. Was war mit ihrer Mutter? Caroline machte sich große Sorgen und wünschte sich nichts so sehr, als jetzt bei ihren Eltern zu sein. Der einzige Trost für sie war, dass die beiden durch ihren Verlust anscheinend wieder zueinander gefunden hatten.

Tränen verschleierten ihren Blick, als das Bild plötzlich verschwamm und ein grünliches Licht unter der Oberfläche auftauchte.

Caroline blinzelte die Tränen fort. Was ist das nun wieder?

Doch, noch ehe sie es sich versah, tauchte ein schleimiges, Kraken-ähnliches Untier aus dem Wasser empor, welches gierig imposante Fangarme nach ihr ausstreckte.

Die Tentakel des Monsters hatten sie längst erreicht, als Caroline aus ihrer Schreckensstarre erwachte und entsetzt aufschrie.

***

Im Hort der Dämonen

»Und? Ist es besser geworden?« Maidens Stimme ließ Yulomea zusammenfahren. Sie war so in Gedanken gewesen, so dass sie gar nicht mitbekommen hatte, dass er hereingekommen war.

»Ja, danke! Viel besser. Diese Salbe von eurem Heiler ist wahrlich eine Wunderwaffe«, lächelte die Wasserelfe den weißhaarigen Dämon an. »Und danke, dass du nochmals nach mir schaust!«

»Das hatte ich dir versprochen. Und ich pflege mein Wort einzuhalten«, wehrte Maiden ab. »Im Übrigen brauchst du dir vorerst keine Sorgen zu machen. Lorendos wird noch einige Wochen auf Errah verweilen.«

Eigentlich wunderte er sich selbst, dass er ihr solche Informationen überbrachte. Andererseits hatte sie sich sicherlich bereits gefragt, wie lange ihre Schonfrist noch anhielt.

»Was macht er überhaupt dort unten? Oder darfst du mir das nicht verraten?«, fragte sie daraufhin und Maidens Blick umwölkte sich.

»Ich wüsste nicht, was dich das angeht? Außerdem steht mir wahrlich nicht der Sinn danach, hier zum Waschweib zu mutieren. Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Daher werde ich jetzt besser wieder gehen!«

»MAIDEN«, rief sie erschreckt aus, als er Anstalten machte, das Zimmer zu verlassen.

Er drehte sich um. Wobei ihr auffiel, dass sein Gesichtsausdruck wieder freundlicher war, als er sie nun fragend ansah.

»Danke«, hauchte sie und meinte es auch wirklich so. »Seit ich hier bin, bist du der Erste, dem es anscheinend nicht egal ist, was aus mir wird!«

»Ich sagte doch schon …«, setzte er an, wurde jedoch hastig von ihr unterbrochen.

»Ja, ich weiß, du kannst es nicht leiden, wenn jemand unordentlich mit seinem … äh, Eigentum umgeht. Aber ich glaube dir dennoch nicht, dass dies der einzige Grund ist, weshalb du zurückgekommen bist«, fuhr sie selbstsicher fort.

Er zog skeptisch eine Augenbraue hoch: »Ach ja, und was bitte für Beweggründe sollte ich deiner Meinung nach noch haben?«

»Du bist, ebenso wie ich, ein Opfer von Siri«, mutmaßte Yulomea und sah ihm direkt ins edel geschnittene Gesicht, aus dem keinerlei Emotion, ihre Feststellung betreffend, abzulesen war.

»Ach, und daher mutiere ich zum barmherzigen Samariter? Weil ich in dir eine Art verwandte Seele sehe? Denkst du das?« Er schien belustigt. Aber sie sah ihn weiterhin selbstbewusst an.

»Ja, genau das denke ich!«

»Yulomea, dass du hier bist, lässt vermuten, dass du nicht zum ersten Mal die falschen Schlüsse ziehst«, antwortete er. »Ich glaube, Siri hat dir nie verziehen, dass du sie damals vor dem Elfenkaiser der Lächerlichkeit preisgegeben hast. Und da Vergebung nicht unbedingt die herausragendste Stärke dieser widerwärtigen Wasserhexe ist, bist du hier. Wobei, zuvor hat sie dich bestimmt auf jede erdenkliche Art und Weise büßen lassen, bevor sie dir den endgültigen Todesstoß verabreicht hat, nicht wahr?«

Yulomeas Schweigen sagte mehr als Worte.

Er kehrte zurück in den Raum und setzte sich zu ihr aufs Bett.

Er wies in Richtung ihrer ehemaligen Wunde. »Darf ich mal einen Blick drauf werfen? Oder ist dir das unangenehm?«

»Du kannst doch tun und lassen, was du willst. Ich bin schließlich nur eine nichtswürdige Sklavin und muss ausführen, was man mir befiehlt. Oder würde es dich tatsächlich davon abhalten, wenn es mir nicht recht wäre, wenn du dich, mit Blicken auf meine intimste Stelle, in Erregung versetzt?«, fragte sie mit herausfordernder Miene.

Der Ausdruck, mit dem er sie nun bedachte, ließ sie erschauern.

»Entschuldige bitte. Das war äußerst respektlos!« Sie senkte mit tränenschweren Augen den Kopf.

»Weißt du Yulomea, ich muss mir das hier nicht antun. Es kann mir eigentlich am Allerwertesten vorbeigehen, ob Lorendos dich weiterhin, wie Dreck behandelt, oder letztendlich gar in Häppchen schneidet, um dich an unser Haustier Storm zu verfüttern. Ich weiß also nicht, warum du mich hier herausfordern willst?«

Sie schluckte, atmete dann tief durch und sagte mit entschlossener Stimme: »Es geht dir aber nicht am Arsch vorbei, Maiden. Du magst mich, das spüre ich deutlich. Und damit du es weißt, ich bin schon in dich verliebt, seitdem wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Du warst der einzige Grund, warum ich, anstatt mich zur Kriegerin ausbilden zu lassen, Siris Hofstaat beigetreten bin. Nur, um in deiner Nähe zu bleiben. Erinnerst du dich nicht mehr an unsere erste Begegnung?«

Ihr hoffnungsvoller Augenaufschlag ging ihm durch und durch.

Alte Erinnerungen krochen in ihm hoch. Natürlich erinnerte er sich daran, als wäre es erst gestern gewesen. …

Es war kurz, nachdem er von seinen Eltern erfahren hatte, dass er von nun an einer der Bettgespielen der Königin sein würde. Damals war er gerade einmal elf Sommerwechsel alt und der festen Überzeugung, der beste Krieger seines Volkes zu werden. Schon allein, um auf eigenen Beinen zu stehen und nicht zum Sklaven degradiert zu werden.

Er hatte wie ein Besessener jeden Tag seine Kampfkunst geübt. So lange, bis ihm jeder einzelne Knochen weh tat, und die Hände von Schwielen und Blutergüsse gezeichnet waren, da er die Griffe der schweren Waffen zu kräftig umklammerte. Seine Bemühungen wurden von den Eltern zunächst stillschweigend geduldet, gefielen ihnen aber nicht sonderlich.

Am entscheidenden Abend war er damit beschäftigt, aufgeplatzte Blutblasen zu verarzten, als seine Mutter die Kammer betrat, die er sich mit den jüngeren Brüdern Faryll und Galadrin teilte.

»Maiden, ich muss dir etwas sagen, was dich mit Stolz erfüllen wird«, frohlockte sie.

Maiden sah auf … Hoffnung im Blick. War sein Traum in greifbare Nähe gerückt? Würden die Eltern ihm endlich die Erlaubnis geben, sich den Kriegern des Volkes anzuschließen? Als seine Mutter jedoch fortfuhr, war ihm, als habe man ihm soeben sein Todesurteil überbracht.

»Unserer Königin ist nicht entgangen, zu welch ansehnlichem Recken du dich entwickeln wirst und daher äußerte sie den Wunsch, dich in den Kreis ihres Hofstaates aufzunehmen. Schon morgen wirst du in ihre Heimstätte einziehen und uns hoffentlich keinerlei Schande bereiten, sondern ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen.«

Maiden wurde blass: »Nein Mutter, bitte, dass könnt ihr mir nicht antun. Ich …«

»Schweig! Du hast zu tun, was man dir sagt. Spar dir also jede weitere Diskussion. Dein Vater und ich haben es so entschieden. Oder denkst du etwa, wir sehen weiterhin tatenlos zu, wie du dich und somit auch uns mit diesem Waffenrumgefuchtel der Lächerlichkeit preisgibst?«

Maiden sprang auf: »Ich will ein Krieger werden. Kein Sexspielzeug einer selbstverliebten Hexe!«

Der harte Schlag der Mutter schleuderte ihn zurück aufs Lager: »Ich verbiete dir, so von der Herrscherin zu sprechen. … Jetzt pack deine Sachen zusammen und sei froh, wenn ich dich morgen nicht in Ketten lege und persönlich zu Königin Siri schleife. Sei stolz, dass sie dich erwählt hat!« Nach den Worten ergriff sie das Schwert, welches neben der Bettstatt lehnte, und war im Begriff es mit sich zu nehmen.

Schon war Maiden wieder auf den Beinen und klammerte sich am Arm der Mutter fest. »Bitte Mutter, bitte nimm es mir nicht weg. Ich mache auch, was du willst. Aber bitte lass mir mein Schwert!«

Seine Mutter schüttelte ihn ab: »Du brauchst keine Waffen, wenn du im Dienst der Königin stehst. Deine Waffe ist dein Körper und dein Verstand. Nutze beides, um Siris Gunst zu erhalten. Und jetzt tu endlich, was ich dir gesagt habe!«

Gleich am nächsten Tag wurde er von seiner Familie geradezu feierlich Siri übergeben und von dem Tag an begann das Martyrium seiner Umerziehung zum Sklaven. Dessen einziger Lebensinhalt es sein sollte, der Königin zu dienen und ihr jeden noch so perversen Wunsch von den Augen abzulesen.

Nach außen hin tat Maiden auch alles, was von ihm verlangt wurde. Innerlich indessen verhärtete sich sein Herz und er schwor, dass er sich bei der ersten, sich bietenden Gelegenheit aus dieser Zwangslage befreien würde. Die kam jedoch erst vierzehn Jahre später, als Vladimahr Greeween Mitstreiter für Luziverons Reihen suchte. Bis dahin nutzte Maiden jede Chance, um heimlich seine Kampfkunst weiter auszuüben. Zunächst mit selbst gebauten Waffen. Später mit dem Schwert eines der Krieger, für das der keine Verwendung mehr hatte.

Was er für den Erhalt der Waffe tun musste, verschloss er ebenso im Herzen, wie vieles andere.

Und bei einer der klammheimlichen Übungsstunden, die er vorzugsweise an einem einsamen Bachlauf ausübte, traf er dann auf Yulomea.

Wobei er nicht ahnte, dass diese ihn schon seit Monaten bespitzelte.

Nicht, um ihn zu verraten, sondern weil sie rettungslos in den bildschönen Wasserelfen verliebt war.

An sich war Yulomea eine Meisterin darin, wenn es hieß, unentdeckt zu bleiben. An diesem Tag allerdings wurde sie unvorsichtig, denn Maidens Anblick verwirrte sie mehr als sonst. So hatte sie ihn zuvor nie gesehen. Er war komplett nackt!

Sie keuchte auf, denn für seine damals sechzehn Sommerwechsel war er besser gebaut als manch ausgewachsener Elf. Ihr Aufkeuchen indessen verriet sie.

Maiden wirbelte herum und starrte genau in ihr Versteck, während die Schwertspitze drohend in die gleiche Richtung wies.

»Komm heraus, wer immer du bist, oder ich mache mit dir kurzen Prozess«, knurrte er. Yulomea war überzeugt, dass sie die Drohung ernstnehmen sollte und sie daher gut daran tat, dem Befehl Folge zu leisten.

Zögernd trat sie hervor und die beiden fixierten sich sekundenlang bewegungslos.

Maiden schien es nicht übermäßig zu stören, dass er hierbei splitterfasernackt vor Yulomea stand. Stattdessen verursachte er bei ihr mit seinem durchdringenden Augenausdruck eher das Gefühl, sie selbst sei unbekleidet.

»Wieso beobachtest du mich? Bist du ein Spitzel von Siri?«, fragte er bedrohlich.

Sie schüttelte hastig den Kopf: »Nein auf keinen Fall! Ich … äh, ich kam rein zufällig vorbei und war neugierig, was du hier machst!«

»Ich glaube dir nicht. Zumindest nicht den Teil, dass du zufällig vorbeigekommen bist. … Also, warum schleichst du mir hinterher?«, war die felsenfeste Antwort.

»Ich schleiche…«, setzte sie an, sah aber, wie er eine Augenbraue skeptisch anhob und die Arme verschränkte. »Wie kommst du darauf, ich würde dir hinterherspionieren?«, murrte sie daher verstimmt, weil sie sich ertappt fühlte.

»Weil du mir seit Tagen wie ein Geschwader Kampfkobolde auf den Fersen bist. Oder denkst du etwa, ich hätte es nicht bemerkt?«, grinste er plötzlich und Yulomea spürte Hitze hochsteigen.

»Du scheinst ein vortreffliches Gehör zu haben. Bisher hat mich noch nie jemand entdeckt, wenn ich es nicht wollte.«

»Dann hast du dich anscheinend noch nie an einen Krieger herangeschlichen«, lächelte er und sie war so gefangen von diesem sanften Lächeln, so dass sie, ohne darüber nachzudenken herausplatzte: »Nun gut, aber du bist ja auch kein Krieger, sondern-«

Sie stoppte erschrocken, zumal sein Blick sich schlagartig verfinsterte.

»Sondern das Lustobjekt unserer anbetungswürdigen Herrscherin«, beendete er mit triefender Ironie ihren Satz. »Danke, dass du mich daran erinnerst! … Wer bist du überhaupt?«

»Yulomea. Und du heißt Maiden, nicht wahr?«

»Ja! Eigentlich. Wobei, momentan heiße ich wohl eher Sexsklave, mein Schöner oder unwürdiger Fleischsack … je nach Stimmung unserer Königin. Zumindest habe ich meinen Geburtsnamen schon seit vielen Jahren nicht mehr gehört«, antwortete er bitter.

»Das tut mir leid. Dabei ist Maiden so ein hübscher Name. Er passt zu dir«, versuchte Yulomea erneut, sein Lächeln zurückzuholen.

Er ging nicht darauf ein. Seufzte resigniert und fragte: »Wirst du Siri verraten, was du beobachtet hast?«

Beiden war klar, dass es eine empfindliche Strafe nach sich ziehen würde, wenn Yulomea dies tat.

Sie sah ihn provozierend an: »Wenn ich dir die Wahl ließe, was sollte ich ihr denn erzählen? Das ich dich hier schwertschwingend entdeckt habe, oder dass ich dein anderes Schwert klar und deutlich sehen kann?«

Er zuckte mit den Schultern: »Ist mir gleich. Ihre Bestrafung wird so oder so identisch bleiben. Du weißt selbst, wie drastisch sie reagiert, wenn es darum geht, dass ihr Eigentum sich nicht an ihre Regeln hält. Allerdings würde ich an deiner Stelle lieber nicht erwähnen, dass du mich nackt gesehen hast. Die letzte Elfe, die mich durch einen dummen Zufall beim Baden erwischte, hat Siri blenden lassen, da dieser Anblick lediglich ihr vorbehalten sei!«

»Ja aber, sie staffiert dich und die anderen Sklaven doch dermaßen aufreizend aus, so dass man nicht viel Fantasie braucht, um sich euch nackt vorzustellen«, warf Yulomea ein.

»Natürlich tut sie das. Hingegen hast du schon einmal erlebt, dass auch nur einer, der bei klarem Verstand ist, mehr als einen Blick riskiert, wenn wir derart ausstaffiert in Siris Beisein aufgetaucht sind?«

»Stimmt, jetzt, wo du es sagst. Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde mit keiner Silbe verraten, dass ich auf dich getroffen bin. Und das tue ich nicht allein aus Selbstschutz, das kannst du mir ruhig glauben. Ich möchte nicht schuld daran sein, wenn unsere Herrscherin an diesem anbetungswürdigen Körper ihre Wut auslässt. … Ich denke allerdings, wenn du weiterhin so ungehorsam bleibst, wirst du dich letztendlich ganz allein in diese Lage manövrieren. Du solltest wirklich vorsichtiger werden, Maiden«, riet Yulomea ihm eindringlich.

»Danke für deine Fürsorge, aber ich passe schon auf, dass mich niemand erwischt!«

»Ach? So, wie du bei mir aufgepasst hast?«, grinste sie süffisant.

»Wer sagt denn, das dem nicht genauso war? Vielleicht wollte ich ja, dass du mir zusiehst?«, war die kecke Antwort. Wobei er ihr erneut ein Lächeln schenkte, bevor er sich abwandte, um sich zu der Stelle zu begeben, wo er seine Kleidung abgelegt hatte. Vermutlich genau zu dem Zweck, damit er die heimliche Beobachterin mit seinem Anblick reizen konnte.

Yulomea starrte ihm daher nur sprachlos hinterher. Entschied aber zeitgleich, dass es ratsamer war, wenn sie jetzt von der Bildfläche verschwand, bevor sie doch noch irgendjemand zusammen überraschte. …

Daran dachten anscheinend beide, denn sowohl Maidens, als auch Yulomeas Blicke waren in weite Ferne gerichtet.

Maiden kehrte jedoch schneller in die Wirklichkeit zurück als die Sklavin. Er räusperte sich und straffte die Schultern. »Nun gut, ich werde nun aber wirklich gehen!«

»Ja aber … aber wolltest du dir nicht noch den Heilungsfortschritt anschauen?«, hielt Yulomea ihn hektisch zurück. Und noch ehe er Einwände erheben konnte, ließ sie sich auf den Rücken fallen, nestelte ihren Lendenschurz beiseite und spreizte die Beine. So, dass nicht nur die tatsächlich vortrefflich verheilte Wunde, sondern auch das Zentrum ihrer Weiblichkeit offen vor ihm lag.

Maiden zog abermals in seiner unverkennbaren Art skeptisch eine Augenbraue hoch, bevor er ihr antwortete: »Sag mal, willst du mich provozieren, oder weshalb bietest du dich hier an wie eine billige Dirne?«

»Aber … aber du wolltest doch einen Blick darauf werfen?«

»Sicher, aber bestimmt nicht so, als wollte ich dir durch dein Loch bis aufwärts zur Speiseröhre starren. Mein Interesse galt einzig deiner Verletzung und die ist meines Wissens äußerlich, oder liege ich da falsch?«

»Maiden, ich-«

»WAS?«, genervt verdrehte er die Augen.

»Ich sagte dir doch schon, dass ich dich liebe und darum … Bitte Maiden, schlaf mit mir. Ich brauche dich!«

Nun sah er sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Daher fuhr sie schnell fort: »Ich bin so einsam und ich sehne mich so sehr nach jemandem, der zärtlich zu mir ist und mich nicht behandelt wie ein williges Stück Fleisch!«

»Und warum denkst du, dass ich dich nicht genauso ansehe? Wer sagt dir, dass ich dich nicht ebenso grausam behandeln werde, wie Lorendos es tut?«

»Weil du mir dann nicht geholfen hättest. … Außerdem bin ich davon überzeugt, dass du aufgrund deiner Vorgeschichte sexuelle Gewalt ablehnst. Es wäre paradox, wenn du nur dann Lust empfinden könntest, indem du eine Frau gegen ihren Willen nimmst.«

»Hörst du dir eigentlich manchmal selbst zu, was für einen Blödsinn du da von dir gibst?«

»Das ist kein Blödsinn und du-«, setzte sie an.

»Ich … will dich nicht besteigen! Ganz einfach«, fuhr er dazwischen.

Sie ließ sich dennoch nicht abschütteln. Zumal sie spürte, dass er log.

Eindringlich und mit betont sanfter Stimme sagte sie deshalb: »Ich könnte akzeptieren, dass du mich nicht willst, weil ich dich äußerlich abstoße. Aber bitte lehne mich nicht ab, nur weil du unbedingt beweisen willst, dass ich unrecht habe.«

Deutlich spürte sie, dass sie sich auf verdammt dünnes Eis wagte und der weißblonde Dämon nur noch schwer seine Wut zügeln konnte. Daher kniete sie sich vor ihn und beugte demütig ihr Haupt. »Bitte verzeih, meine erneute Unverfrorenheit. Du kannst mich strafen, wenn du möchtest, aber du wirst damit nicht meine Gefühle für dich abtöten. Oder gar meine positive Meinung über dich schmälern.«

»Du bist unglaublich«, entfuhr es Maiden. Und er konnte dabei nicht verhindern, dass er dem Mut der Elfe heimlich Beifall zollte.

Auch täuschte sie sich, wenn sie dachte, er würde sie nicht attraktiv finden. Schon damals hatte sie ihm gefallen und das hatte sich bis heute nicht geändert. Einzig die Tatsache, dass sie Lorendos gehörte, hielt ihn davon ab, ihr Angebot anzunehmen. Dennoch spürte er deutlich ihre Macht. Die Magie, die lediglich weiblichen Individuen seines Volkes zu eigen war. Nur sein unerschütterlicher Wille bewahrte ihn noch davor, eine Dummheit zu begehen.

Dann jedoch blickte sie auf und die magische Kraft ihrer Augen umhüllte Maiden, so dass er unbewusst aufkeuchte und wie von unsichtbaren Fäden gezogen, nähertrat. …

***

Am Laros de Laboure Elay

Miragells Augen verfinsterten sich von Dunkelblauschattierungen ins Schwarze.

Seine Vorahnung, dass es Probleme mit der Kleinen geben könnte, hatte sich schneller bewahrheitet, als er zuvor vermutete.

Umso besser, dass er sich gleich nach dem gestrigen Gespräch mit seinen Mitstreitern dafür entschied, dass die Rolle des künftigen Beschützers für Caroline einem der anderen Engel zufallen sollte. Er selbst konnte für solch zusätzliche Aufgaben keine Zeit erübrigen. Zumal dies einer der Gründe war, warum er noch keine feste Gefährtin an seiner Seite duldete. Er musste den Kopf frei behalten, um sich wichtigeren Aufgaben zu widmen und die Sorge um eine Liebste könnten ihn dazu verleiten Fehler zu begehen.

Um Caroline so schnell wie möglich loszuwerden, war ihm daher die Idee gekommen, sich vor ihren Augen mit einer Anderen zu vergnügen. Denn solch ein unverschämtes Verhalten konnte keine Frau ertragen. Und so ganz nebenbei, wäre es wie Selbstkasteiung, ein Techtelmechtel mit Savah zu verschmähen. Immerhin hatte die süße Pferdebraut ein paar durchaus raffinierte Tricks drauf.

Solche amourösen Gelegenheiten waren ein weiterer Grund für den Freiheitsliebenden Engel, sich aus der Verantwortung zu stehlen, Babysitter für Caroline zu spielen. Sie war zwar hübsch, aber absolut nicht sein Beuteschema und vor allem vermittelte sie ihm den Eindruck, sie sei viel zu unerfahren, was seine persönlichen Vorlieben anging. Wenn überhaupt, dann wollte er eine ebenbürtige Partnerin an seiner Seite haben. Nicht eine, auf die er ständig ein Auge haben müsste … so, wie jetzt zum Beispiel.

Carolines gellende Hilfeschreie zerschnitten erneut die Luft.

»Merdé!*«, zischte er, bevor er sich aufrappelte und eilig in seine Beinkleider stieg. »Die kann man anscheinend wirklich nicht eine Sekunde alleine lassen.«

Auch Savah rappelte sich auf, und während ihr Liebhaber nach dem Schwert griff, verwandelte sie sich zurück in ein Einhorn, wobei das goldglänzende Horn eine tödliche Waffe darstellte. Hiernach schwang Miragell sich, um Zeit zu sparen, auf Savahs Rücken und gemeinsam stürmten sie zum See. Diesen erreichten sie gerade noch rechtzeitig, um das Schlimmste zu verhindern.

(*Scheiße)

Ein Fangarm des Kraken begann sich bereits um Carolines Hüften zu wickeln und setzte dazu an, dass sich verzweifelt wehrende Mädchen ins Wasser zu ziehen. Dieser war es gerade noch so gelungen, sich an einem schlanken Baumstamm festzuklammern, der nahe des Uferrandes wuchs. Jedoch verfügte sie nicht über genügend Kraft, um sich noch länger gegen ihren Angreifer zur Wehr zu setzen.

Miragell überkam das schlechte Gewissen, Caroline sich selbst überlassen, zu haben, ohne sie intensiver über die lauernden Gefahren Altanias aufzuklären. Er beeilte sich deshalb, um ihr zur Hilfe zu kommen. Er glitt von Savahs Rücken, kaum das diese zum Stehen gekommen war. Mit einer fließenden Bewegung brachte er hiernach sein Schwert in die richtige Position und hieb den Arm, der Carolines Hüften nun umklammert hielt, mit einem einzigen Schlag durch.

Der dicke Fangarm klatschte daraufhin mitsamt der jungen Frau schwer auf das schlickige Seeufer. Hierbei spritzte eine grünschimmernde Flüssigkeit aus der geschlagenen Wunde in alle Richtungen.

Währenddessen bearbeitete Savah mit ihrem Horn einen anderen Tentakel.

Nach diesem Doppelangriff tauchte das Untier mit einem markerschütternden Laut des Schmerzes so schnell wieder ab, wie es aufgetaucht war. Das Einzige, was von ihm zurückblieb, war die übelriechende Lache seines Lebenssaftes, welcher aus dem noch zuckenden abgetrennten Fangarm sickerte, der immer noch zum Teil um Carolines Taille gewickelt war.

Die versuchte hysterisch kreischend, das eklige Tentakelteil von sich zu schieben. Doch erst als Miragell ihr zur Hilfe kam, gelang es ihr, sich komplett davon zu befreien.

Danach warf sie sich aufschluchzend in Miragells Arme und verschmierte dadurch das schleimige Krakenblut über dessen nackten Oberkörper. Hierbei zitterte sie am ganzen Leib, während sie von einem nicht enden wollenden Weinkrampf geschüttelt wurde.

Miragells Arme schlossen sich schützend um ihren Körper und auch Savah stupste sie mit ihrer samtweichen Pferdeschnauze an, um sie zu trösten.

»Komm petite colombe, wir hauen hier ab!« Miragells Stimme klang rau. Er war gerührt über Carolines Gefühlsausbruch. Ahnungslos darüber, dass ihre Tränen nicht allein von dem erneuten schrecklichen Erlebnis herrührten, sondern auch von den Sorgen, die sie sich um ihre Eltern machte.

So standen sie minutenlang beieinander, und nachdem Caroline sich endlich ein bisschen beruhigt hatte, wandte Miragell sich an Savah, um sich zu verabschieden. Mit einem leisen Wiehern galoppierte das Einhorn davon. Miragell befreite sich derweil sanft vom Klammergriff seines Schützlings, um sich noch einmal in die Büsche zu schlagen und seine restliche Kleidung zu holen.

Als er komplett angezogen zurückkehrte, schluchzte Caroline immer noch still vor sich hin.

»Hey petite colombe, beruhig dich wieder. Es ist vorbei!«

»Warum hast du mich allein gelassen?«, fuhr sie ihn plötzlich heftig an und trommelte mit den Fäusten gegen seine brettharte Brust.