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"Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendetwas bindet mich an dich Jul. Und ehrlich gesagt, ich habe nicht vor, diesen imaginären Knoten jemals zu lösen!"Eine Liebeserklärung von Galimar an seinen dämonischen Gefährten, der in diesem Buchteil für den jungen Mann immer wieder zum Schutzengel mutiert. Jeemahl ist und bleibt derzeit allerdings sein einziger Lichtblick, denn obwohl volljährig, so darf Galimar dennoch nicht selbstbestimmend agieren. Dafür ist er neuerdings mit Gaben gesegnet, von denen andere nur träumen. Obwohl er sich noch nicht sicher ist, ob er diese tatsächlich haben will. Ansonsten frönen die Dämonen abermals ihrem blutigen Zeitvertreib während ihrer Suche nach dem Dreizehnten. Wobei ihnen als neuer Wirkungskreis der elitäre Club THE DRAGON SPELL dient, der mit Jeemahls Geld erworben wurde. Kann dieses Treiben der Seite des Lichts verborgen bleiben oder ist deren Gegenspieler bereits der Sieger im Krieg um die alleinige Macht über Altania und Errah?Enthält: Neu interpretierte Lieblingsmärchen; unumstößliche Erkenntnisse; Homophobie, die zu tödlichen Racheaktionen führt; unfreiwilligen Sex und dennoch immer wieder unerwartete Hoffnungsschimmer.
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Seitenzahl: 423
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Liste der Engel & Dämonen!
Prolog III
Drachenzauber!
Blutige Spiele!
Galimar III
Dance of the Demons!
Die dunkle Gabe!
Julians Rache!
Wasserspiele & Reiseproviant!
Der Schöne & sein Biest!
Der verlorene Sohn!
Zweifel
Nachtfragmente
Mitternachtsfleischzug!
Blutsbrüder
Entscheidungen!
Was bisher geschah ...
Danksagungen!
Personenauflistung…
Völker & Orte
Bisher erschienen:
Galimar fügt sich seinem Schicksal, welches ihn unwiderruflich mit dem schönen Vampirdämon Jeemahl, den er selbst nur Julian nennt, sowohl in Hass, als auch in leidenschaftlicher Liebe verbindet.
Die Dämonen eröffnen einen elitären Club in Hamburg, der alsbald schon Stadtgespräch Nummer Eins ist. Hingegen ihnen als Vorwand dient, um hinter den Kulissen ihre tödlichen Spielereien zu betreiben, mit denen sie sich ablenken, während sie weiterhin Ausschau nach dem Dreizehnten halten. Ohne zu ahnen, dass der sich bereits in ihrer Mitte befindet.
Dieser indessen versinkt immer tiefer in Depressionen, hervorgerufen durch brutale Übergriffe auf seine Person und Einsamkeit innerhalb der Reihen seiner dämonischen Begleiter. Wobei Jeemahl schmerzvoll erkennen muss, dass sein Gefährte ihm immer mehr zu entgleiten droht, bis letztendlich Galimars Entscheidung ihrer beider Leben in tödlicher Gefahr bringt. Jedoch auch zu einer Erkenntnis führt, die für beide Seiten des Krieges von entscheidender Bedeutung ist. …
***
Warnung:
Diese Buchserie ist nichts für Zartbesaitete. Wer sich Themen wie Folter, sowie sexuelle und körperliche Gewalt nicht zumuten möchte, sollte daher von der Lektüre dieser Serie Abstand nehmen. Auch Diejenigen, die Gleichgeschlechtliche Liebe verurteilen sollten sich besser anderen Lesestoff suchen.
SEELENLOS
Der verlorene Sohn
Band 06
Leandra Low
Dark Fantasy
Leandra Low schreibt bereits seit frühster Jugend. Sie selbst ist eine bekennende Leseratte und liebt es anderen aus ihren Werken vorzulesen. Dadurch entstand auch ihre Lesegruppe, »Das Dämonische Lesestübchen«, deren Mitglieder sich regelmäßig treffen.
Die freischaffende Künstlerin lebt mit ihrem Mann Christoph in Hannover, wo sie sich neben dem Schreiben mit Malerei, Illustration, darstellender Kunst und Musik beschäftigt.
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Alle Rechte vorbehalten!
Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind von der Autorin frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufällig, oder so gewollt.
Kein Teil dieses Buches darf reproduziert, gescannt, in gedruckter oder elektronischer Form ohne vorherige Erlaubnis der Autorin verbreitet werden. Ausnahme ist die Benutzung von Auszügen in einer Buchbesprechung.
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Copyright 2023 Leandra Low / ZAUSEL–VERLAG
Website: https://leandralow.de
Cover und Illustrationen* by Leandra Low.
ISBN: 978–3–96987–139–3 (E-Book)
Bestellung und Vertrieb:
Nova MD GmbH, Vachendorf
Bücher in gedruckter Form nur über die Website der Autorin erhältlich!
*Illustrationen nur in den gedruckten Büchern enthalten.
Die Farbdrucke enthalten zudem noch zusätzliche Illustrationen.
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Für meine Freunde!
Denen ich immer genug Zeit wünsche:
Zeit zum Träumen,
Zeit zum Leben,
Zeit zum Glücklichsein!
Die Engel:
DER SEHER
Geschichtenerzähler Demar Julosrow aus Kroatien (geb. im Januar 1798 / 1820 bei Rettung zweier Kinder verbrannt) wird zum Engel SHYNTALL – Fantasie; Rufname: Demar
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DER FORMWANDLER
Farmerstochter Lane Barrington aus Colorado (geb. Februar 1883 / 1904 zu Tode gefoltert) wird zur Angelina LOGANO – Regenbogen; Rufname: Loo
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DER LICHTENGEL
Millionärssohn Jamain Erikson aus Schweden (geb. März 1957 / erwürgt 1974 aus Habgier) wird zum Engel HALDOR – Licht; Rufname: Hal
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DER WETTERENGEL
Der 17-jährige Senatorensohn Antonio Lepidos (geboren im Rom der Antike / im Circus durch die Löwen getötet) wird zum Engel RAVETH – Regen; Rufname: Rain
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DER HEILER
Bauernsohn Cristoff Kilian aus Deutschland (geb. Mai 1660 / 1681 als Hexer verbrannt) wird zum Engel SERENADE – Mondlicht; Rufname: Moon
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DER LIEBESENGEL
Der 16-jährige Fischer Lamuell Koradis (geboren im Griechenland der Antike / bei Rettung einer Frau erstochen) wird zum Engel JALIMARA – Liebe; Rufname: Jali
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DER SONNENENGEL
Gutbetuchter Bürger Angelo Petrell aus Österreich (geb. Juli 1968 / 1995 durch Auftragsmord, der seiner Freundin galt, getötet) wird zum Engel SAJO – Sonne; Rufname: Jojo
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HERR DER PFLANZEN & SPRECHER DER TIERE
Einzelgänger Ronald O´Cloude aus Irland (geb. August 1938 / 1961 in den Tod getrieben – erhängte sich) wird zum Engel RUBIO – blutroter Rubin; Rufname: Red
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DER ANFÜHRER
Elfenkaiser Albian van DeBeladore vertritt den Platz des 12. ten Kriegers.
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DER SEELENLOSE & DREIZEHNTE KRIEGER
Elfenprinz Silvano van DeBeladore ist der Auserwählte JALAY – Seltenheit, Silber.
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HERR DER GEZEITEN
Piratensohn Marco Lecourse aus England (geb. Oktober 1689 / 1719 im Kampf gegen Dämon Jesebell getötet) wird zum Engel WAROLL – Gold, wertvoll; Rufname: Waro
*
DER VAMPIRISCHE MEISTER DES SCHWERTES
Edelmann Renaldo D´Arbo aus Frankreich (geb. 20. November 1767 / 1789 von seiner eifersüchtigen Schwester erstochen) wird zum Engel MIRAGELL – Mitternacht; Rufname: Rage
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DER FELSFORMER UND WANDLER
Der etwa 26-jährige Indianer White Eagle (Geburtstag unbekannt / starb im Kampf gegen Monsterbären) begegnet den Suchenden im Jahre 1993 in Kanada und wird zum Engel SHALARR – Schnee, Erstarrung; Rufname: Snow
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Dämonen Krieger:
LUZIVERON – Anführer der Dämonen und begabter Gestaltenwandler / benutzt auf der Erde beim Opferfang überwiegend den Decknamen Damian Daniel Natas und betreibt zwielichtige Geschäfte.
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MAIDEN – stolzer Wasserelf und Kampftalent / benutzt auf der Erde beim Opferfang den Decknamen Joshua Draven und arbeitet dort als Surflehrer und Modell.
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LORENDOS – Sohn von Luziveron und ein wahrer Feuerteufel / benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt. War auf der erfolglosen Suche nach dem Kind der Prophezeiung.
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XANTHOS – Werwolf – benutzt auf der Erde den Decknamen Romeo Savage, tritt als Rocksänger auf und heizt mit seinem Motorrad durch die Gegend.
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ALESSIO – Hermaphrodit und Meister des Fleisches / benutzt auf der Erde den Decknamen Sergio Fernandez, arbeitet als Sänger und Tänzer. Er und der Engel Jalimara hatten sich bereits gegenseitig als Gegner erkannt.
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RHAMSIS – ägyptische Teufelskatze und ältester der Dämonen / benutzt auf der Erde den Decknamen Donevan Somerville und arbeitet als Forscher der Archäologie. Wurde bereits von Engel Raveth als Gegner erkannt.
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SANTANAS – durchgeknallter Sadist und zweitältester der Dämonen / benutzt auf der Erde den Decknamen Orlando Dela Lothring und frönt seiner Neigung als Snuff-Film-Regisseur. Wurde von Engel Shyntall bereits als Gegner erkannt.
*
KARAMIRR – dunkelhäutige Todeskralle / benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt.
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VARUNGAR – Vogeldämon / benutzt auf der Erde den Decknamen Nicolai Lombardi und arbeitet als Kunstdozent.
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JESEBELL – die Spinne des Todes / benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt.
*
SHANDAAR – das Gift / benutzt auf der Erde den Decknamen Francesco Ylang und arbeitet in erster Linie als Dolmetscher.
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JEEMAHL – der Vampir / benutzt auf der Erde den Decknamen Julian und arbeitete vor seinem Beitritt in Luziverons Truppe auf Errah als Edelcallboy.
Jemanden zu mögen,
misst man nicht am Aussehen,
sondern an der Einzigartigkeit!
Denn Schönes zu mögen ist leicht.
Charakter zu lieben erfordert Persönlichkeit!
(Verfasser unbekannt)
Hamburg Mai 2009
»Aber … aber wir können uns doch sicherlich irgendwie einig werden?« Sven Erikson konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ängstlich bebte. Der Typ vor ihm machte ihm eine Scheißangst und er verfluchte, dass er sich hatte von dem gutgefüllten Geldkoffer blenden lassen, um einem Treffen zuzustimmen.
»Ich meine, ich wäre bereit, noch einmal über eine Partnerschaft nachzudenken!«, fügte er mit zittrig hinzu.
Sein Gegenüber jedoch schüttelte den Kopf, während goldgelbe Pupillen Sven scharf musterten.
»Mein Boss und unsere Kollegen hegen nicht den Wunsch nach einer erweiterten Zusammenarbeit. Schon gar nicht mit so einem nichtssagenden Looser wie dir. Wir setzen unsere Ziele ohne fremde Hilfe durch. Vor allem aber sind wir es gewohnt, immer zu kriegen, was wir haben wollen. Ohne Kompromisse!«
Sven konnte sich irren, aber er hörte deutlich ein metallisches Geräusch. So, als würde jemand eine lange Waffe aus einer Schwertscheide ziehen. Kein Irrtum seinerseits, denn schon sah er sich einer dieser beeindruckenden Schlagwaffen gegenüberstehen, deren Spitze direkt auf sein Herz zielte.
»Okay … okay … ich habe verstanden. Es gehört euch. Ich … ich verzichte. Ich werde jetzt einfach gehen und wir … wir äh, wir vergessen, dass wir uns jemals begegnet sind. Einverstanden? – Ich verspreche auch, keinen weiteren Ärger zu machen, okay?«, stammelte Sven hektisch los.
Der Andere seufzte tief: »Weißt du eigentlich, wie oft, ich diese verfuckten Sätze zu hören bekomme? Könnt ihr armseligen Kreaturen nicht mal etwas Ausgefalleneres vom Stapel lassen, wenn ihr um euer kümmerliches Leben bettelt?«
»Aber … aber ich verzichte doch! Ich tue alles, was du willst. Aber bitte töte mich nicht!«, heulte Sven auf. »Das ist doch kein Grund, um jemanden umzubringen!«
Das Lächeln, was daraufhin die Mundwinkel des blondgelockten Schwertschwingers umspielte, hätte durchaus als sympathisch durchgehen können. Seine Worte hingegen erstickten jegliche Hoffnung auf Gnade im Keim.
»Weißt du Kleiner, man findet immer einen Grund, wenn man nur danach sucht. Aber ehrlich gesagt, gehört meine Art zu denjenigen, die keinerlei Motiv benötigen. Allein, dass du hier vor mir stehst, genügt vollkommen!«
Und noch, ohne weiter viele Worte zu verschwenden, stieß er zu und Sven sackte mit einem gurgelnden Schrei zu Boden.
Ein paar Tage darauf …
»Da haben Sie sich aber wirklich ein wahres Schmuckstück ausgesucht. Ich meine, nun gut, Sie müssen wahrscheinlich noch etwas Arbeit reinstecken, aber das wird sich am Ende auszahlen. Sie werden schon sehen. Die Lage ist absolut fantastisch und der Vorbesitzer hätte hier bestimmt einen dicken Reibach erzielt, wenn er nicht auf solch tragische Weise ums Leben gekommen wäre. … Sie sind im Übrigen die ersten Kaufinteressenten, die sich davon nicht haben abschrecken lassen. Die Leute sind ja sowas von abergläubisch«, plapperte der Immobilienmakler ohne Punkt und Komma.
Matthias Hansen, so der Name des Maklers, war überzeugt, seine Kunden für dieses individuelle Objekt zu begeistern. Während er auf sie einredete, flackerte sein Blick flackerte unbeständig zwischen den drei hochgewachsenen Gestalten hin und her. Diese indessen fixierten mit unbewegter Mimik das Gebäude, welches er ihnen gerade vorführte. Währenddessen eine vierte, jüngere Person schmollend beim Auto zurückgeblieben war, mit dem die älteren Interessenten vorgefahren waren.
Wobei Hansen sich fragte, mit welcher Art von Prominenz er es momentan zu tun hatte.
Schwarz. Rot. Gold. Fast so wie eine Art Deutschlandflagge!, sinnierte Hansen belustigt anhand der unterschiedlichen Haarfarben seiner Kunden.
Allerdings waren alle drei Männer, so verschieden sie auch aussahen, trotz langer Mäntel und Sonnenbrillen, jeder für sich absolute Hingucker. Daher konnten sie nur im Showbusiness tätig sein. Allein schon ihre Outfitwahl bestätigte dem Makler, es mit Persönlichkeiten zu tun zu haben, die keinen Wert darauflegten, sofort wiedererkannt zu werden. Zumindest nicht von jedem. Sondern nur, wenn sie es selbst wollten. Zumal es in seiner Branche nicht unüblich war, dass diverse Stars sich mit Immobilien schmückten, die ihren Bekanntheitsgrad noch steigerten.
Nun gut, sollte ihm recht sein. Er war noch nie promigeil gewesen. Ihn interessierte nur die Provision, die er mit dem Verkauf eines großzügigen Bauwerks erzielen würde.
Die Käufer hatten ausdrücklich darum gebeten, er möge ihnen Objekte zeigen, die sich dafür eigneten, um daraus eine Club-Location zu gestalten. Großflächig sollten sie sein.
Vor allem aber nicht zu abgelegen, so dass sich niemand dorthin verirrte. Aber auch nicht in einem Wohnviertel, da dies unweigerlich Beschwerden, die Lautstärke betreffend, mit sich zog.
Daher war Hansen sogleich dieses Gebäude eingefallen. Denn der erwähnte verstorbene Vorbesitzer hatte ebenfalls vorgehabt, die Partymeile der Hansestadt Hamburg mit einer weiteren Vergnügungsstätte zu bereichern.
Allerdings hatte er sich auf der Suche nach Geldgebern, um seinen Traum zu realisieren, wohl mit den falschen Leuten angelegt, welche den potenziellen Konkurrenten ganz schnell ruhiggestellt hatten. Zumindest wurde das in internen Kreisen gemunkelt.
Man fand die Leiche des Mannes in einem Müllcontainer in der Nähe seiner gerade erst kürzlich erworbenen Immobilie. Ziemlich übel zugerichtet und komplett blutleer.
Der oder die Täter indessen waren noch nicht gefunden worden, was auch nicht gerade dazu beitrug, dass die Immobilie leichter zu verkaufen war. Die Spekulationen rund um den Mörder gingen eindeutig in Richtung Unterwelt. Da es bekannt war, dass das Opfer sich im Rotlichtviertel herumgetrieben hatte, um dort jemanden zu finden, der ihn bei seinem Projekt unterstützte. Damit hatte er anscheinend schlafende Hunde geweckt.
Hansen hoffte, dass die neuen Interessenten nicht die gleichen Fehler, wie ihr Vorgänger begingen.
Andererseits, nach Abschluss des Vertrags ging ihn das ohnehin nichts mehr an. Sofern die Kerle bereits bezahlt hatten, versteht sich.
Er richtete erneut das Wort an die bisher eher schweigsamen Kunden: »Na, was sagen Sie, meine Herren? Das ist doch genau das, wonach Sie gesucht haben, nicht wahr?«
Einer der Männer … der mit den feuerroten Locken … nickte bedächtig und ein leichtes Lächeln umspielte dabei seine Mundwinkel.
Es stimmte, was der Makler sagte, das gesamte Gebäude war äußerst ansprechend und lag inmitten eines weitläufigen Gewerbegebietes mit vorzüglicher Verkehrsanbindung. Geradezu ideal für das Vorhaben der potenziellen Käufer, die nun darauf drängten, das Innere in Augenschein zu nehmen.
*
Wenig später hatte Matthias Hansen es auch geschafft, den Blonden vollends für dieses Bauwerk einzunehmen.
»Absolut fantastisch«, schwärmte der und drehte sich in der Raummitte des ehemals wohl gedachten Herzstücks des Clubs um die eigene Achse.
»Wir müssten allerdings einen Teil der Decke herausreißen wegen der Lichtanlage. Vor allem sollten wir eine Art Balustrade rund um den Raum errichten lassen, damit man von oben direkt auf die Tanzfläche blicken kann!« Er wandte sich an Hansen: »Wie sieht das mit der Statik aus? Lässt sich so etwas ohne Probleme durchführen?«
Hansen war so versunken vom Klang der angenehmen Stimme, so dass er regelrecht zusammenfuhr, als der blonde Mann ihn ansprach.
»Äh, sicher! Das dürfte kein Problem sein. Aber eigentlich ist das unnötig. Ich meine, der Raum hat doch bereits eine beachtliche Höhe. Also warum noch mehr Arbeit machen als unbedingt notwendig?«
»Danke, aber was vonnöten ist, entscheiden einzig und allein wir. Ihre Aufgabe ist es, dass Sie alle Unterlagen beisammenhaben, die wir benötigen«, entgegnete der Rothaarige und giftgrüne Augen funkelten Matthias über den Rand der verspiegelten Sonnenbrille hinweg entgegen.
Der schluckte: »Ja. … Ja, natürlich! Verzeihen Sie, ich wollte mich nicht einmischen. Bei uns ist selbstverständlich der Kunde König und selbstredend dessen Wünsche. Ich-«
»Spar dir dein abgedroschenes Gequatsche. Sag mir lieber, was mich der ganze Spaß kosten wird«, schaltete sich nun der Schwarzhaarige ein, der sich bisher eher zurückgehalten hatte. Wobei sein Erscheinungsbild Matthias Hansen von den Dreien am meisten verwirrte. Allein schon, weil er, was seine Körpergröße anging, alle hier Anwesenden überragte.
Hansen räusperte sich: »Nun, wir haben hier eine erstklassige Traumimmobilie von insgesamt 2.300 Quadratmetern, in zentraler Lage mit-«
»Wieviel?«, unterbrach ihn der Dunkelhaarige erneut ungeduldig und nahm die Brille ab.
Matthias schluckte beim Anblick des attraktiven Gesichtes, dessen beinah schwarze Augen ein eigenes Feuer innehatte, was anscheinend jeden verbrennen würde, der es wagte, ihm zu nahe zu treten.
»Zur Hölle Julian, nun sei doch nicht so garstig zu dem armen Mann«, grinste der Rothaarige und wandte sich an Hansen. »Also mein Bester, spannen Sie uns nicht länger auf die Folter und verraten Sie uns nun schon endlich, was Sie für dieses Prachtstück haben wollen!«
»Nun … äh«, Hansen zog seinen Taschenrechner. »Der aktuelle Quadratmeterpreis liegt bei umgerechnet 1.043,48 €. Das wären dann also hinsichtlich der Größe und der optimalen Lage des Objektes in etwa-«
»Genau zwei Millionen, 400.004 Euro«, entgegnete der Dunkelhaarige mit finsterem Blick. »Ist da deine Maklercourtage schon mit enthalten, oder muss ich die zusätzlich berappen?«
»Äh, die Zwei Komma Fünf Prozent kämen noch hinzu«, antwortete Matthias, angesichts der verblüffenden Rechenkünste seines Gegenübers, sichtlich verunsichert.
»Also nochmal Sechzigtausend, wenn ich mich nicht verrechnet habe?«, seufzte der, bevor er Matthias so scharf musterte, dass der sich vorkam, wie eine Ameise unter einem Brennglas. »Korrekt? Oder legst du Wert auf die zehn Cent am Ende der Summe?«
Der Makler schluckte mühsam und schüttelte den Kopf. Aber der attraktive Schnellrechner wandte sich bereits an seine Begleiter.
»Wenn man dann zudem berechnet, was uns allein die Renovierung, geschweige denn der Umbau kosten wird, bin ich mit einem Schlag pleite. … Es sei denn, einer von euch kann noch etwas beisteuern? Das jedoch bezweifle ich. Nicht wahr, Damian? Oder besitzt du einen heimlichen Notgroschen?«
Der Angesprochene lächelte zwar, doch man spürte deutlich den eiskalten Blick hinter den Brillengläsern, mit dem er Julian bedachte.
»Es lebt halt nicht jeder so spartanisch wie du, Loverboy. Außerdem weiß ich gar nicht, worüber du dich beschwerst? Deine Kohle wäre schließlich nicht weg, sondern nur gewinnbringend angelegt. Der Laden würde auf dem Papier allein dir gehören. Und dafür, dass wir dich tatkräftig dabei unterstützen werden, das Baby zum Laufen zu bringen, beanspruchen wir lediglich lebenslanges Bleiberecht und verdienen bei den Einnahmen mit. … Du siehst, eine reine Win-win-Situation!«
»Boah, was für ein geiler Schuppen!Daraus kann man bestimmt den abgefahrensten Club der ganzen Stadt basteln«, ertönte in dem Moment eine jüngere Stimme und alle wandten sich dem Sprecher zu, der sich begeistert umsah.
»Was an dem Satz … du bleibst im Auto, bis wir hier fertig sind… hast du nicht begriffen, Galimar?«, knurrte der, den sie Julian nannten, finster.
Zerknirscht blickte besagter Galimar in seine Richtung. »Sorry Jul, aber ich bin vor Langeweile bald umgekommen in der Hitze. Außerdem war ich neugierig!«
Matthias überkam, beim Anblick des jungen Mannes, das unerklärbare Gefühl, diesen beschützend in die Arme zu reißen. Zumal der Bursche dermaßen hübsch war, so dass er sich neben ihm wie ein nichtssagender Bauerntrampel vorkam und augenblicklich an seine jüngere Schwester Anne denken musste.
Die hatte ihre Zimmerwände vollgepflastert mit Plakaten und Postern, auf denen sich Typen irgendwelcher Boybands tummelten, die sie anhimmelte. Welche jedoch nicht einmal im Entferntesten an die vier Männer herankamen, die nun hier vor ihm standen.
Anne würde angesichts der anwesenden Testosteronbomben schier überschnappen.
Ob es vielleicht möglich wäre, ein paar Fotos von seinen Kunden zu schießen?
»Na siehst du Julchen, selbst dein kleiner Liebling ist überzeugt. Also los … sei nicht so knausrig und lass uns Nägel mit Köpfen machen«, gurrte der Rothaarige und wandte sich nochmals an Hansen. »
Nun, ich denke doch, der Preis ist verhandelbar, nicht wahr? Immerhin kommt da noch haufenweise Arbeit auf uns zu, ehe der erste Rubel rollt. Außerdem sagten Sie ja selbst, das gute Stück sei wegen des getöteten Vorbesitzers schwer vermittelbar. Also wie siehts aus, lässt sich da noch was am Kaufpreis drehen?«
Matthias ärgerte sich, dass ihm das mit dem ermordeten Vorbesitzer herausgerutscht war, aber nun gab es kein Zurück mehr. Er wand sich, lockerte die Krawatte und lächelte schief: »Nun ja, eigentlich sind die Preise ja vorgegeben. Ich meine-«
»Ach komm Hansemännchen, streng dein Köpfchen mal an. Du möchtest uns doch nicht enttäuschen, nicht wahr?«, unterbrach der Rothaarige ihn säuselnd und trat dich vor Matthias, der unter dem bohrenden Blick der giftgrünen Augen seines Gegenübers in sich zusammensackte.
»Ich meine, allein schon die Hälfte deiner Provision wäre immer noch ein hübsches Sümmchen. Zum Beispiel, um für deine Gespielin ein paar seidene Schlüpfer zu kaufen und ähnliches Zeug. Oder hast du gar einen süßen, kleinen Lover am Start? Deine schmachtenden Blicke, insbesondere in die Richtung unseres Fürsten der Dunkelheitsind mir jedenfalls nicht entgangen«, fuhr Damian mit anzüglicher Stimmlage fort und trat noch näher an den Makler heran. »Also, wenn du ihm schmeicheln möchtest, solltest du ganz schnell noch einmal die Finanzen überschlagen.«
Er schlug dem wie erstarrt dastehenden Mann leutselig auf die Schulter: »Was hältst du davon, wenn wir uns auf die glatte Summe von zwei Millionen Cash einigen und du bekommst zudem noch ein lebenslanges Recht auf freien Eintritt in unserem Club. Inklusive Verzehr versteht sich. Für dich und eine Begleitung. Na, wie hört sich das an?«
Schlag ein, oder es wird dir leidtun!, säuselte die Stimme des rothaarigen Mannes bedrohlich in Matthias Hansens Geist und dem Mann war klar, dass es gesünder für ihn wäre, auf diese Warnung zu hören.
Inklusive Provision eine gute halbe Million weniger als angesetzt. Das war eigentlich nicht verhandelbar.
Dennoch nickte der Makler wie unter einem inneren Zwang.
Zögernd schlug er in die ausgestreckte Hand des Rothaarigen ein.
Dessen diabolisches Grinsen erzielte eine ähnliche Wirkung auf ihn, als blicke er in den Lauf einer auf sich gerichteten Waffe.
»Sehr vernünftig, mein Bester«, lächelte Damian und wandte sich an Julian.
»Ich denke, du und dein kleiner Betthase, ihr solltet schon mal einen Abstecher zur nächsten Bankfiliale unternehmen, um das mit dem Finanziellen zu klären. Inzwischen werden Francesco, Herr Hansen und meine Wenigkeit sich um den elenden Papierkram kümmern. Nicht wahr, Matthias? … Du möchtest doch auch das Ganze so schnell wie möglich über die Bühne bringen? Hab ich recht?«
Erneut nickte dieser wie unter Zwang und spürte deutlich die vorherrschende Kälte, die urplötzlich im Inneren des Gemäuers aufgetreten war. Nervös rieb er sich über die Arme. Hiernach ließ er sich willenlos von dem Rothaarigen und dem feixenden Blonden in die Mitte nehmen. Gemeinsam traten sie nach draußen, um zu seinem Wagen zu gehen, in dem sich die benötigten Unterlagen befanden. …
*
»Hast du schon eine Idee, wie du deinen Club nennen könntest?«, fragte Galimar, bevor er hungrig in einen Apfel biss.
»Als Besitzer ist es ja wohl dein gutes Recht, den Namen zu bestimmen?«, setzte er kauend hinzu.
Jeemahl schnaubte und knurrte: »Stätte der bluthungrigen Bastarde! … Metzgerei des Grauens! … Welcome to hell! … Fuck you, Angel! … Was weiß ich? Such dir was aus! Ich für meinen Teil bin nicht scharf darauf, einer Hinrichtungsstätte die angebrachte Betitelung zu verpassen!«
Galimar hielt mit Kauen inne und schielte Jeemahl von der Seite her an: »Ähm, ich dachte eher, ihr wolltet den Club eröffnen, um neben Berlin noch einen weiteren festen Standort zu haben. Einen, wo ihr wohnen könnt, während ihr euch auf die Suche nach diesem Dreizehnten macht? Sozusagen als Tarnung.«
Jeemahl warf ihm kurz einen Seitenblick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder nach vorn richtete: »Bist du so naiv Gali, oder tust du nur so? Nach den letzten Wochen solltest du allmählich wissen, dass du dich nicht inmitten eines Pfadfinderlagers, oder Ähnlichem befindest, sondern es mit eiskalten Killern zu tun hast. … Die, zugegebenermaßen, brauchbare Ideen haben. Denn was bitte ist besser geeignet, wenn nicht ein erfolgreicher Club, um unbekümmert nach Opferseelen Ausschau zu halten? Oder weswegen glaubst du, ist Shandaar sonst so scharf auf die Balustrade? Von der aus hätte man einen allumfassenden Blick über den Dancefloor. Somit hätten er und seine Kumpel von dort oben die optimale Entscheidungsfreiheit, was ihre nächste Zwischenmahlzeit angeht. In etwa, als würden sie im Restaurant die Speisekarte begutachten!«
Galimar kurbelte das Seitenfenster herunter und warf den halbgegessenen Apfel in den Straßengraben. Ihm war der Appetit vergangen.
Klar, er hätte selbst darauf kommen können. Aber noch immer weigerte sein Verstand sich, vollständig zu akzeptieren, mit was für Monstern er sich derzeit herumtrieb.
Erneut streifte sein Blick das Profil seines Gefährten.
Wenngleich, es gibt durchaus auch Monster, die man zähmen kann.
Allerdings auch nur, weil er in Wirklichkeit kein richtiges Monster ist! Sondern genauso an diese Höllenhunde gebunden, wie ich selbst.
Wenn auch aus anderen Gründen!, entschied Galimar grimmig.
Laut stieß er von sich: »Luziveron sprach doch von einem getöteten Vorbesitzer? Du hast nicht zufällig eine Ahnung, ob das auf das Konto unserer liebenswürdigen Mitstreiter geht?«
»Was denkst du?«, Jeemahls Tonfall ließ keine Zweifel offen.
»Wer von denen war es?«
»Jesebell!«, war die trockene Antwort, bevor er das Thema wechselte.
»Übrigens hätte ich doch einen Namen für den Club. Zwar nicht ganz so passend, aber mir würde er gefallen!«
Galimar blickte ihn neugierig an: »Na los, sag schon?«
»The Dragon Curse!Der Fluch des Drachen. Schließlich beherbergt der Laden in Zukunft auch Luziveron. Und wird der Teufel nicht in der Heiligen Schrift als Drache beschrieben?« Aus Jeemahls Worten triefte die Ironie, wie Wasser aus einem prall gefüllten Schwamm.
»Ich mag Drachen«, wisperte Galimar. »Daher würde ich sie niemals mit diesem sadistischen Psychopathen gleichsetzen. Aber der Name gefällt mir. Der hat was. Obwohl … Curse?Was hältst du stattdessen von Spell? Ich meine, immerhin verzaubern Dämonen ihre Opfer doch, bevor sie sie töten. Und Fluch klingt irgendwie nicht so nett wie Zauber, oder?«
Jeemahl überlegte kurz, bevor er zustimmend nickte. »The Dragon Spell!… Du hast recht, klingt besser. Irgendwie runder. … Nun gut, dann hat das Baby ab heute einen Namen«, entschied er und zum ersten Mal an diesem Tag lächelte er.
Was für den einen Wildnis ist,
ist für den anderen ein
Vergnügungspark!
(Verfasser unbekannt)
Hamburg: Juli 2008
Die Eröffnung des Clubs wurde ein voller Erfolg. Wobei keiner der Beteiligten daran je gezweifelt hatte. Auch Jeemahls Einfall, die Benennung betreffend, war von den anderen Dämonen einstimmig akzeptiert worden. Selbst Luziveron schien angetan zu sein und ließ sich gar dazu herab, Worte des Lobes zu finden.
Somit öffnete das The Dragon Spell schon nach nur knapp zwei Monaten Umbauphase seine Pforten, nachdem Shandaar sich als Werbemanager verdingte.
Ziemlich erfolgreich sogar, wie man anhand der Resonanz alsbald erkennen konnte.
Die Besucherströme rissen nicht ab.
Karamirr, der zusammen mit einigen ausgewählten menschlichen Kampfmaschinen den Posten des Türstehers übernahm, hatte alle Hände voll damit zu tun, überschüssige Kunden abzuwimmeln oder auf später zu vertrösten.
Allein schon, dass keinerlei Unterschied zwischen einzelnen Interessenten gemacht wurde, hatte sich rasch herumgesprochen.
Hier gab es keinen Promibonus, der einem gewährleistete, schneller Eintritt zu erhalten, als ein Normalsterblicher und das weckte allgemein die Begeisterung der neugierigen Partysüchtigen.
Sie ahnten ja auch nicht, dass dieser Aspekt einzig und allein darauf zurückzuführen war, dass es Luziveron und Konsorten einfach nur scheißegal war, welchen Status ihre auserwählten Opfer innehatten.
Nun gut, um Aufsehen zu vermeiden, achteten sie dennoch darauf, sich möglichst nicht an einem allzu bekannten Subjekt gütlich zu tun, aber ansonsten … Shit-happens!
Galimar hingegen kam nicht umhin, sich in dem neuen Wirkungskreis der Dämonen wohlzufühlen.
Auch, weil er aufgrund seiner Minderjährigkeit bisher nicht einmal in die Nähe eines solchen Etablissements gekommen war. Daher genoss er es, sich sicheren Schrittes innerhalb der Clubmauern zu bewegen. Zumal ihn, seinem Aussehen sei Dank, kein Mensch auf siebzehn schätzte, sondern jeder wie selbstverständlich davon ausging, er sei bereits volljährig. Wobei … lange dauerte das ja nicht mehr.
Aber zuvor nutzte er bereits jetzt die Gunst der Stunde und amüsierte sich prächtig im Kreis Gleichgesinnter. Wenigstens für ein paar Stunden ließ ihn diese Ausgelassenheit vergessen, wo und in wessen Umkreis er sich befand.
Dennoch behielt er sein Umfeld im Auge und versuchte, so oft es ihm möglich war, den Seelenfängern einen Strich durch die Rechnung zu machen, wenn diese ein Opfer ausgespäht hatten. Wobei er höllisch aufpasste, hierbei nicht erwischt zu werden, denn er wusste, dass es unweigerlich Ärger mit sich bringen würde.
Leider war er aber nicht vorsichtig genug.
*
»Das ist jetzt bestimmt schon das fünfte Mal, dass diese kleine Arschmade mir in die Quere kommt. Unternimm endlich was dagegen«, knurrte Shandaar und strich sich fahrig ein paar blonde Strähnen aus dem finster dreiblickenden Gesicht.
Luziverons Augen wurden schmal und er fixierte Galimar über die Tanzfläche hinweg mit bösen Blicken.
»Jetzt also auch bei dir? Die anderen haben mir schon Ähnliches berichtet. Es scheint mir so, als wenn der kleine Scheißer Schutzengel spielen möchte. Aber das treibe ich ihm aus. Und zwar umgehend!« Gerade als er Anstalten machte, sich in die Richtung des jungen Mannes zu begeben, trat Jeemahl neben ihn.
Seine Hand umklammerte eisenhart das Handgelenk des Dämonenanführers: »Denk nicht mal dran, Dämonenfürst. Du weißt, er gehört mir und daher habe auch nur ich das Recht, ihn zu bestrafen. Oder eben nicht!«
»Dann soll er mich nicht weiter reizen, Vampir. Ebenso wie du. Sonst kann es sein, dass ich unser Abkommen vergesse und dir dein Spielzeug wieder wegnehme. … Sorge dafür, dass er damit aufhört, barmherziger Samariter zu spielen, oder unsere Leute zerpflücken stattdessen ihn in seine Bestandteile. Wäre doch schade um die zuckersüße Mistratte, nicht wahr? … Du kannst ihn natürlich auch gern an mich übergeben, wenn du nicht mit ihm fertig wirst« Luziverons Gesichtsausdruck bescherte diesmal selbst Jeemahl eine Gänsehaut.
Wortlos drehte der Vampirdämon sich um und überquerte die Tanzfläche, verfolgt von anhimmelnden Blicken der Clubbesucher. Er trat zu Galimar und zog diesen hinter sich her in die Richtung ihrer gemeinsamen Gemächer.
»Hey, ich bin noch gar nicht müde«, protestierte dieser. Verstummte aber angesichts des finsteren Blicks seines Geliebten.
»Doch, bist du«, knurrte der und schubste ihn, kaum dass sie in ihrem Schlafzimmer ankamen, aufs Bett.
»Geh schlafen und ich will kein Wort mehr von dir hören. … Warum legst du es eigentlich unbedingt darauf an, dass wir in Schwierigkeiten kommen?«
Galimar verschränkte schmollend die Arme vor der Brust: »Ich habe nun mal keine Angst vor dieser rotgelockten Tucke und dessen Spießgesellen!«
»Das solltest du aber haben. Ich kann schließlich nicht andauernd Leibwächter für dich spielen. … Scheiße Gali, ist dir immer noch nicht klar, auf was für dünnem Eis du da wandelst? Dass du mein Gefährte bist, wird die anderen nicht fortwährend davon abhalten, dir etwas anzutun. Sie tolerieren diese Tatsache lediglich, weil sie wissen, dass ich durchdrehe, wenn sie sich an dir vergreifen. Sie …«
»Warum würdest du durchdrehen, Julian?«, unterbrach ihn Galimars sanfte Stimme fragend.
»Bedeute ich dir so viel, so dass du ständig Ärger für mich riskierst?«
»Ich weiß es nicht«, war die unbefriedigende Antwort. Aber Galimar hätte schwören können, dass der Vampirdämon verlegen war, als er sich ruckartig abwandte und Richtung Tür strebte.
»Ich werde noch einmal in den Club zurückkehren. Du bleibst hier und gehst schlafen. Warte nicht auf mich, es kann spät werden. Ich habe Hunger!« Damit warf er die Tür hinter sich ins Schloss und Galimar hörte, wie der Schlüssel sich drehte.
Er seufzte. Er hasste es, wenn Jeemahl ihn einsperrte wie ein Haustier. Andererseits wusste er, dass der Vampir dies lediglich zu seinem Schutz tat. Obwohl das niemals ausreichen würde, um einen Dämon daran zu hindern, hier einzudringen. Daher ging er davon aus, das Jeemahl ihn einschloss, damit er selbst keine Dummheiten anstellte.
Ein freudloses Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Er war absolut überzeugt, dass sein aufgezwungener Gefährte mehr für ihn empfand, als gut für ihn war. Und dass es allein dieser unumstößlichen Tatsache geschuldet war, dass er überhaupt noch lebte.
Ihm schauderte beim Gedanken daran, welchen Preis er für diese beschützende Sicherheit zahlte.
Seitdem er für Sonnys Leben mit seinem Körper gezahlt hatte, forderte Jeemahl diesen Dienst immer wieder ein. Beinah jede Nacht.
Obwohl er sich eingestehen musste, dass es ihm nicht mehr allzu viel ausmachte. Er es sogar inzwischen genoss. …
*
Das war nicht immer so gewesen. Im Gegenteil! Anfangs hatte er jedes Mal Qualen ausgestanden, wenn Jeemahls zweifelsfrei beachtliches Glied in ihn eindrang. Selbst wenn der Vampir ihn mithilfe von Ölen und unendlich zärtlichen Streicheleinheiten auf den Akt vorbereitete.
Trotzdem gelang es Galimar lange nicht, sich vollends darauf einzulassen und zu entspannen. Zu sehr nagte an ihm die Tatsache, dass er nun einmal nicht schwul war und er es daher als widernatürlich empfand, was da ein Geschlechtsgenosse mit ihm trieb. Auch wenn es ihm teilweise gefiel.
Er verkrampfte und daher bereiteten ihm die ersten Penetrationen brennende Schmerzen.
Zum Glück verhielt Jeemahl sich demgegenüber alles andere als gleichgültig und mutierte nicht zum Vergewaltiger. Galimar war zu Recht erstaunt, als der Vampir ihn nach den ersten missglückten Sexversuchen zur Rede stellte und letztendlich sogar Verständnis zeigte.
»Glaubst du etwa, ich finde es befriedigend, wenn ich spüre, wie wenig Gefallen dir mein Tun bereitet? Zumal ich dabei gleichfalls das Gefühl habe, dein Schließmuskel würde meinen Schwanz erdrosseln wollen. … Also belassen wir es vorerst dabei. So nötig habe ich es nicht, als dass ich nicht warten kann, bis du selbst es willst«, meinte er in seiner pragmatischen, vor allem aber direkten Art. Welche Galimar inzwischen so sehr an ihm liebte.
»Und … und wenn ich nie dazu bereit sein werde?«, warf Galimar zögernd ein.
»Dann ist das eben so«, brummte der Vampir. Wobei Galimar deutlich spürte, dass diese Aussicht Jeemahl keinesfalls behagte.
Dem entging sein skeptischer Blick nicht und er knurrte ungehalten: »Hör mal, ich habe dich in erster Linie als meinen Gefährten ausgesucht, weil ich deine Gesellschaft schätze, nicht weil du für mich nur ein Bückstück bist!«
»Ja aber, du sagtest doch-«, setzte Galimar an, verstummte aber, als sich pechschwarze Augen tadelnd auf ihn richteten.
»Danke, ich weiß, was ich sagte, und ich meinte das damals auch so. Aber inzwischen hat sich einiges zwischen uns geändert. Wie gesagt, deine Gesellschaft ist mir wichtiger als das leidige Ficken. Dafür gäbe es genügend bereitwillige Löcher, wenn ich wollte«, grummelte er und erhob sich.
»Julian?«, hielt Galimar ihn augenblicklich am Handgelenk zurück.
Jeemahl drehte sich fragend um. Wobei er sich, wie nebenbei, eine rabenschwarze Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
»Danke«, hauchte Galimar und spürte erneut das Ziehen im Unterleib, als der andere ihm ein sinnliches Lächeln schenkte.
*
… Ein weiterer Stoßseufzer entrang Galimars Lippen, als er sich daran zurückerinnerte. Es kam ihm vor, als sei dieses Gespräch nicht erst neun Monate, sondern Lichtjahre her. Inzwischen konnte er gar nicht mehr begreifen, warum er sich damals so angestellt hatte, obwohl ihm da schon lange klar war, dass er sich in seinen gefährlichen Gefährten verknallt hatte.
Wahrscheinlich, weil es einfach zuvor unvorstellbar für ihn gewesen war, sich in einen Mann zu verlieben.
Aber sein Julian war ja auch nicht irgendein x-beliebiger Kerl. Sondern ein sündhaft erotisches Geschöpf voller geschmeidiger Anmut, wie ein eleganter Panther. Ein verführerisches Wesen, dessen Sinnlichkeit und Ausstrahlung wohl den Verstand jedes noch so maskulinem Typ lahmlegen könnten, wenn er es darauf anlegte.
Galimar konnte im Laufe ihres Zusammenseins jedenfalls oft genug beobachten, wie Jeemahl auf zahlreiche Männer wirkte, denen sie begegneten. Und die konnte schließlich nicht alle schwul sein.
Er sah das begehrliche Funkeln in deren Augen, verbunden mit Verwirrung und Unverständnis.
Ihnen ging es anscheinend wie ihm selbst.
Wie konnte ein einzelner Mann nur solch ein Verlangen wecken? Mehr als jede noch so attraktive Frau?
Dabei war er überzeugt, dass Jeemahl dies noch nicht einmal absichtlich tat.
Er hatte es nicht nötig, so wie andere Dämonen, sein Gegenüber zu bezaubern. Zumal er auch keinerlei Trugbilder benutzte. Er betrat einfach einen Raum, egal wie großflächig, und wurde unweigerlich zum Zentrum. Und allein das war es wohl, so vermutete Galimar grinsend, was insbesondere Luziveron auf die Palme brachte.
Er gähnte.
Daher verhielt er sich nun, wie von Jeemahl befohlen und machte sich bettfertig. Trotzdem wollte er auf ihn warten. Er vermisste seine Nähe.
»Gib endlich auf, Delmarco. Du Depp bist ganz schön verschossen, in deinen dämonischen Engel«, grinste er zynisch, während er versuchte sich auf ein Buch zu konzentrieren.
Doch bereits nach einer Viertelstunde fielen ihm vor Erschöpfung die Augen zu und er schlief ein.
*
Galimar zuckte unter einem scharfen Schmerz zusammen, nachdem er aus einem wohligen Schlummer gerissen wurde. Gleichzeitig überrollte ein angenehmer Schauer seinen halbnackten Körper, als er Jeemahls warme, sinnliche Lippen auf der Haut spürte.
Dieser saugte sanft an der soeben von ihm geschnittenen Wunde an Galimars Handgelenk. Hiernach richte er sich halb auf und fuhr blitzschnell mit dem kunstvollen Amulett, welches er immer an einem Lederband um den Hals trug, über sein eigenes Handgelenk.
Nachdem das Fleisch dort auseinanderklaffte und ein dünnes Rinnsal Blut über seinen Unterarm lief, hielt er Galimar die pulsierende Öffnung entgegen.
Die Wunde sah aus wie ein schmaler Mund, dessen Lippen sich öffneten und der ihm entgegenrief: Komm und küss mich!
»Trink«, war alles, was Jeemahl von sich gab.
Sein fragender Gesichtsausdruck, der auf ihn gerichtet war, kam Galimar derweil vor, wie ein Brennglas. Dessen Auswirkung sich durch seine Stirn hindurch ins Gehirn fraß, um dort die verborgensten Gedanken freizulegen.
»Julian, ich-«
Noch zögerte Galimar und suchte ängstlich den Blick Jeemahls.
Doch nur einen kurzen Moment später verstummte er, beugte sich vor und kam der wortlosen Aufforderung des Anderen zum ersten Mal nach.
Schon seit Längerem versuchte Jeemahl, der von Galimar immer mit Julian angesprochen wurde, da dies einst sein richtiger Name gewesen war, ihn dazu zu überreden, mit ihm Blut zu tauschen.
Nicht nur, um ihn endgültig an sich zu binden, sondern vor allem, um ihn wirksamer gegenüber seinen dämonischen Kumpanen schützen zu können.
Je mehr Stärke sein Gefährte selbst aufbaute, desto effektiver konnte er sich gegen die anderen zur Wehr setzen, wenn Jeemahl mal nicht rechtzeitig zur Stelle war.
Bisher jedoch hatte Galimar sich immer dagegen verwehrt und lediglich Jeemahl von seinem Blut trinken lassen. Er wollte kein Kind der Nacht werden, wie er es so schön ausdrückte.
Noch nicht!
Aber er musste zugeben, dass er sich schon oft genug neugierig fragte, wie es wohl wäre, so zu werden wie sein Geliebter. Ein übernatürliches Wesen. Ein Vampir.
Nun war also der Zeitpunkt gekommen.
Jeemahl seufzte entzückt auf, während Galimar den ihm fremden Lebenssaft zögernd probierte. Wobei er sich einzureden versuchte, dass doch nichts dabei sei, das Blut des Geliebten zu schlucken, zumal er mit ihm schon andere Körpersäfte getauscht und geschmeckt hatte.
Jeemahls Blut hinterließ sowohl einen salzigen wie gleichzeitig süßlichen Geschmack in seinem Mund. Trotzdem glaubte Galimar zunächst, er müsse sich übergeben, als der scharfe kupferne Geruch des Blutes in seine Nasenflügel stieg. Dann jedoch verschwand die aufsteigende Übelkeit und mit geschlossenen Augen leckte er auch den Rest des Lebenssaftes vom schlanken Handgelenk seines schönen Gefährten.
Das war ja einfacher gewesen, als er befürchtet hatte. Obwohl er sich immer noch nicht erklären konnte, wie der Inhalt seines Magens dazu beitragen sollte, sich zu verwandeln. So nach dem Motto: Du bist, was du isst?Er nahm sich fest vor, Jeemahl bei Gelegenheit auf diesen ihm unbegreiflichen Akt anzusprechen.
Er hob den Kopf und blickte in unergründliche tiefschwarze Augen, in denen ein dunkles, geheimnisvolles Leuchten lag. Auf Jeemahls vollen Lippen, die in seiner Gegenwart wie stets zu einem ironischen, vor allem sinnlichen Lächeln verzogen waren, glitzerte ebenfalls Blut. Galimars Blut.
Der dämonische Vampir erschien mehr als zufrieden.
Endlich war der erste Schritt getan. Vielmehr die letzte Hürde überwunden.
Ab dem heutigen Tag würde er regelmäßig Blut mit Galimar tauschen und schon bald würde dieser immer mehr zu dem werden, was Jeemahl bereits war. Mit all den Fähigkeiten und Kräften, die diesem zu Eigen waren.
Hatten sie dieses Ziel erst einmal erreicht, war alles gut.
Sollte Galimars irdische Hülle dann sterben, so würde er zu einem Vampir werden und somit endgültig zu ihm … Jeemahl … gehören.
Ein unsterbliches Wesen, gefangen in einem Körper der Sinnlichkeit, der Jugend und Anmut.
Für immer und ewig!
Ihre blutverschmierten Lippen fanden sich zum Kuss.
Jeemahls Zunge schob sich tief in Galimars Mund und die schlanken Hände strichen verlangend über die samtige Haut von dessen Oberkörper bis hin zu den Hüften. Er schob ihm die weiße Short, auf der sich einige kupferfarbene Flecken verteilt hatten, über den wohlgeformten Hintern.
»Dreh dich um«, raunte er mit heiserer Samtstimme in Galimars Ohr. Folgsam tat dieser, wie ihm befohlen, währenddessen sich Jeemahls Finger zum Nachtschrank vortasteten, auf dem die Gleitcreme lag.
Wenig später lag Galimar nackt in den starken Armen des Vampirs, mit dem Rücken fest gegen dessen breite Brust gepresst, wobei ihn die stoßenden Bewegungen von Jeemahls Unterleib an den Rand der Ekstase trieben und weit darüber hinaus. Er biss er sich in den Handrücken, um nicht laut vor Schmerz und Lust aufzuschreien, während verrückt machende Hände sich eingehender mit all seinen erreichbaren erogenen Zonen befassten.
Der Schmerz war ein ständiger Begleiter beim ersten Eindringen, da Jeemahl einfach zu gut bestückt war, jedoch die Lust überwog inzwischen. Sie ließ Galimar den unangenehmen Druck, bis sich sein Anus an den harten Penis des Liebhabers gewöhnte, schnell vergessen. Zumal Jeemahl sich immer viel Zeit für ihn nahm, um dann langsam einzudringen und immer wieder zu verharren, bevor er die ersten heftigeren Stöße ausführte.
Nachdem sie sich geliebt hatten, schlief Galimar dicht an Jeemahl gekuschelt ein.
Dieser war noch wach und warf einen nachdenklichen Seitenblick auf den Schlafenden neben sich, dessen Gesichtsausdruck ihm so sanft und lieblich wie der eines schlummernden Babys erschien.
»Was hast du nur mit mir gemacht, mein wunderbarer Schöner, so dass ich mich derart zu dir hingezogen fühle?«, flüsterte Jeemahl und strich Galimar zärtlich das rotschwarze Haar aus dem Gesicht. Hauchte hiernach einen Kuss auf dessen Stirn und schloss gleichfalls die Augenlider, um kurz darauf ebenso einzuschlafen.
Hamburg: August 2008
»Dieser Club ist echt der pure Wahnsinn und erst die geilen Typen, die da arbeiten«, schwärmte Theresa ihrer Freundin Franziska bereits zum hundertsten Male vor. »Ich schwöre dir Franzi, du wirst ausrasten, wenn du die siehst«, fügte sie grinsend hinzu.
»Hey, ist ja gut Thea, flipp nicht gleich aus«, lächelte diese amüsiert. Dabei drückte sie aufmunternd Theresas Arm, während sie gemeinsam in die Richtung des In-Clubs The Dragon Spell schlenderten. Sie gedachten, dort nicht nur ein paar schöne Stunden zu verbringen, sondern in erster Linie wollten sie nach Arbeit fragen.
Seit der neue Club in ihrer Stadt die Pforten geöffnet hatte, stand die komplette Szene tanzwütiger Partyfreaks Kopf. Jeden, der etwas auf anspruchsvolle Unterhaltung voll prickelnder Erotik gab, die mit einem Schuss Verruchtheit gewürzt und einem Hauch Gefahr veredelt wurde, zog es in diesen Palast der Sünde. So zumindest wurde er von diversen Szenenmagazinen, wirkungsvoll betitelt.
Als die jungen Frauen um die Ecke bogen, waren sie daher auch nicht verwundert, vorm Eingang des The Dragon Spell eine meterlange Schlange vorzufinden. Es schien, als hätten die Mehrheit aller Partysüchtigen Hamburgs die gleiche Idee gehabt wie die beiden Freundinnen.
»Also wenn wir uns da jetzt einreihen, sind wir vor morgen Abend immer noch nicht drin!«, murrte Franziska. Dabei versuchte sie eine andere Möglichkeit auszumachen, wie sie in den Club gelangten, ohne stundenlang anzustehen.
»Ach was, warte ab«, lachte Theresa und marschierte selbstbewusst an der wartenden Meute vorbei in Richtung Eingang. Kaum dort angekommen wandte sie sich an einen wahren Koloss von Mann, der ihnen mit seinem breiten Rücken die komplette Sicht versperrte.
»Guten Abend Dschaad, kannst du dich noch an mich erinnern?«, flötete sie, nachdem sie dem afroamerikanischen Muskelprotz über den nackten Oberarm streichelte.
Als der Angesprochene sich zu ihrer Freundin umwandte, sog Franziska überwältigt die Luft ein. Noch niemals hatte sie derart grüne Augen bei einem Dunkelhäutigen gesehen. Sie schienen förmlich zu leuchten und verliehen dem ohnehin faszinierendem Gesicht etwas zusätzlich Fremdländisches.
Bestimmt eingefärbte Kontaktlinsen!, mutmaßte Franziska.
Eigentlich stand sie nicht auf Farbige, aber dieses Exemplar weckte augenblicklich ihr Interesse. Schon allein wegen des extravaganten Outfits. Um den Kopf war ein dunkles Bikertuch geschlungen, welches nicht erkennen ließ, ob eine Frisur vorhanden war oder eben nicht. Außerdem trug er ein dunkelblaues, ärmelloses Samtoberteil, das wie eine zweite Haut seinen imposanten Oberkörper bis zur Taille umspannte. Ähnlich wie bei einem Gehrock fiel es dann ab der Körpermitte weich herab über eine enganliegende schwarze Hose. Mit viel ausgefallenem Schmuck bestehend aus Silberspangen und Ringen, verlieh er seinem Aussehen noch zusätzlich den orientalischen Hauch eines Dschinn.*
(*Flaschengeist)
Als er jedoch auf Theresas Frage antwortete, war es ganz um Franziska geschehen.
Himmel, was für eine betörende Stimme!
Dunkel wie die tiefste Schwärze der Nacht und dennoch so samtig, wie sein schimmerndes Oberteil.
»Natürlich erinnere ich mich an dich, kleine Schmusekatze!« Dschaad lächelte ein perlweißes Lächeln und bevor Franziska sich von diesem erneuten Anblick erholt hatte, wurde sie von ihm zusammen mit Theresa durch den Eingang geschoben. Dabei gelang es ihr, einen Hieb seines köstlichen Eigengeruchs einzuatmen. Wobei sie die Augen schloss, um den angenehmen Wohlgeruch noch intensiver auf sich wirken zu lassen. Doch auch, als sie diese gleich darauf wieder öffnete, umfing sie eine derartige Finsternis, die ihren Pulsschlag zugleich beschleunigte.
Sie spürte die Anwesenheit ihrer Freundin direkt neben sich und wollte gerade fragen, was los sei, als sie gemeinsam durch einen schweren Samtvorhang traten. Hinter dem umhüllte sie warmes Licht und die zuvor durch den Vorhang gedämpfte Musik war nun um einiges lauter.
Sie standen auf dem breiten oberen Absatz einer großzügigen, mit dunkelrotem Samtteppich bespannten Treppe. Diese führte hinab in den Schlund eines gewaltigen, beunruhigend real aussehenden Drachenkopfes, von dem aus, der stampfende Beat empor dringen konnte.
Etwas strich über Franziskas Wange. Erschrocken drehte sie den Kopf zur Seite. Woraufhin sie direkt in die gekonnt geschminkten Katzenaugen einer latexbetuchten GO-GO-Tänzerin blickte. Deren, mit gelben Kontaktlinsen versehene Pupillen bohrten sich in ihren eigenen verwirrten Blick.
Die Tänzerin gab einen verführerischen Laut – halb Schnurren, halb Gurren – von sich und rieb mit lasziven Bewegungen ihren Unterleib an den stählernen Gitterstäben des Käfigs. In diesem war sie, zusammen mit zwei weiteren Latexschönheiten, eingepfercht, um die neu eingetroffenen Gäste zu begrüßen.
Auf beiden Seiten des Eingangsbereiches befand sich solch ein ungewöhnliches Begrüßungskomitee. Wobei sich im Käfig zu Franziskas anderen Seite ein Pärchen intensiv miteinander beschäftigte und einem aufmerksamen Beobachter einen glaubwürdigen Akt vermittelte, der wohl so ziemlich jedem Discobesucher geläufig war. Nur lange durfte man sich am erotischen Schauspiel des Paares nicht erfreuen, da die Nachhut schaulustiger Partygäste bereits vorwärtsdrängte. Daher stiegen die Mädchen erwartungsvoll die Treppe hinab, die sie direkt in den rötlich schimmernden Drachenschlund eintauchen ließ.
Unten angekommen blickte Franziska sich überwältigt um.
»Na, habe ich zu viel versprochen?«, frohlockte Theresa. »Ist doch supergeil hier, nicht wahr?«
Franziska nickte wortlos, während sie ihre Blicke schweifen ließ.
Der gesamte Innenraum des Clubs war so gestaltet, als befände man sich wirklich im Körper eines gigantischen Lebewesens. Die Säulen, die den oberen Balustraden-Bereich stützten, oder im dunkleren Teil der hohen Decke verschwanden, stellten das Gerippe dar. Die wahrhaft überwältigende Lichtanlage, die im Zentrum über der großflächigen Tanzfläche erstrahlte, unweigerlich das pulsierende Drachenherz. Die Wände waren mit einer täuschend echt wirkenden Struktur versehen, so wie man sich das Körperinnere eines Geschöpfes in XXL vorstellen würde. Wobei das feine Adergeflecht mit Phosphorfarben hervorgehoben worden war und durch das wechselnde Lichtspiel der Scheinwerfer in diversen Farben aufleuchtete.
Jedoch verblasste die ungewöhnliche Aufmachung des Clubs, nachdem Franziskas Blick auf die Bühnenfläche fiel. Auf der räkelten sich gerade, neben etlichen sehr hübschen Go-go-Girls, zwei äußerst ansehnliche, männliche Leckerbissen zu heißen Rhythmen.
»Ich habe dir ja gesagt, dass die Kerle hier zum Anbeißen sind«, rief Theresa ihr triumphierend ins Ohr. Hiernach zog sie die Freundin mit sich, wobei sie zielstrebig die Richtung der Bühne anpeilte.
Da jedoch unzählige Discobesucher das gleiche Ziel verfolgten, erwies sich das Unterfangen als schwierig. Aber nach einiger Herumwühlerei und Gedrängel erreichten die beiden Girls dann doch das Ziel ihrer Wünsche. Währenddessen die beiden Tänzer von zuvor bereits ihre Plätze mit neuen Hüftschwingern getauscht hatten. Doch auch diese waren alles andere als verachtenswert. Franziska kam sogar zu dem Entschluss, dass sie noch besser aussahen als ihre Vorgänger.
»Also mir scheint, hier wird nicht in erster Linie nach Können eingestellt, sondern wohl eher nach Aussehen?«, rief Franziska Theresa ins Ohr, doch die umklammerte in dem Moment schmerzhaft ihr Handgelenk, während sie nach vorne starrte.
»Da! … Ist! … Er!«, hauchte sie zwar nicht besonders laut, jedoch Franziska verstand sie dennoch. Noch nie hatte sie bei ihrer Freundin einen derart anbetenden Gesichtsausdruck gesehen. Daher folgte sie Theresas Blicken und fühlte sich wie vom Blitz getroffen, als sie erkannte, wer mit ER gemeint war!
Mitten auf der Bühne in einem mattschwarzen Metallkäfig hockte eine atemraubende Versuchung in hautengem, schwarzem Leder am Käfigboden. Wie eine gefährliche Raubkatze, die sich zum Sprung bereit macht.
Noch hielt er den Blick und somit auch den Kopf gesenkt, doch schon jetzt konnte man erkennen, dass er die Gesichtszüge eines Engels hatte. Ihr wurde heiß und kalt zugleich, als sie ihm kurz darauf direkt ins Gesicht sehen konnte. Wobei sie überzeugt war, dass es allen in ihrem Umkreis ähnlich erging wie ihr.
Nun verstand sie ihre Freundin, welche noch immer verlangend in seine Richtung starrte, ohne mit der Wimper zu zucken.
Er unterschied sich komplett von den anderen Tänzern. Denn, auch wenn er wie ein gefangenes Raubtier im Käfig steckte und den Körper gekonnt zu heißen Discorhythmen bewegte, so tat er dies mit einer vollendeten Anmut und Erhabenheit. Jede kleinste Bewegung zielte darauf ab, seinen Betrachtern das Gefühl zu vermitteln, etwas unerreichbar Vollkommenes ließe sich herab, ihnen, den unwürdigen Normalsterblichen, einen winzigen Moment seiner Gegenwart zu schenken. So nach dem Motto: Seht mich an und träumt von mir, denn bekommen werdet ihr mich höchstens dort!
Franziska riss sich von seinem Anblick los und erschauerte. Was für einen Blödsinn spann sie da zusammen? Doch kaum blickte sie abermals in seine Richtung, verlor sie sich im Blick der tiefschwarzen und dennoch so lebendig funkelnden Augen. Diese sahen gerade direkt in ihre Richtung. Während er mit einer lasziven Geste den Teil seiner dichten, blauschwarzen Mähne in den Nacken strich, der nicht von dem kompliziert, aber locker geflochtenen Zopf zusammengehalten wurde. Welcher wiederum mit fantasievollen Silberspangen geschmückt war.
»Weißt du, wer er ist?« Immer noch benommen von seiner Darbietung, die er nun leider beendete, keuchte sie die Frage regelrecht in Theresas Richtung, nachdem er verschwunden war.
Die gab zunächst einen kurzen Stoßseufzer von sich, bevor sie antwortete: »Ich weiß lediglich seinen Namen. Aber er ist der Hauptgrund, warum ich unbedingt eine Anstellung in diesem verdammten Laden kriegen will!«
»Und verrätst du mir auch, wie er heißt?«
»Julian«, gurrte sie, wobei sie sich den Namen förmlich auf der Zunge zergehen ließ, wie ein süßes Bonbon.
Hiernach grinste sie Franziska breit an. »Er ist heiß, nicht wahr?«
»Heiß ist gar kein Ausdruck. Der ist ja sowas von sexy. Aber in erster Linie finde ich ihn wunderschön. Himmel, ich habe noch niemals so einen höllisch attraktiven Menschen gesehen. Du bist sicher, dass der echt ist und keine optisch hervorgerufene Erscheinung?«, lächelte Franziska und schüttelte sich: »Brrrrrrr! Also so viele erregende Schauer sind mir nie zuvor über den Pelz gekrochen!«
»Hey Mädchen, halt dich gefälligst zurück. Wenn, dann schnapp ich ihn mir«, bremste Theresa mit gespielter Strenge die Begeisterung ihrer Freundin aus, grinste dann jedoch gleich darauf wieder breit: »Aber vielleicht teil ich ja ein Stück mit dir!«
Franziska boxte sie spielerisch in die Seite: »Du Aas, von wegen teilen. Wahrscheinlich darf ich mich mit dem kläglichen Rest begnügen, den du übriglässt, wenn du mit ihm fertig bist!«
Die Freundinnen alberten noch weiterhin herum. Wobei keine von ihnen sich insgeheim große Hoffnungen darauf machte, Julian auch nur näher als für einen Händedruck zu kommen.
Wenn überhaupt.
Schließlich besannen sie sich auf den eigentlichen Grund ihres Clubbesuchs und machten sich auf, um nach dem Geschäftsführer zu fragen. Zielsicher wandten sie sich an die Bedienung hinter einer der Theken, die ihnen die gewünschte Auskunft geben konnte.
Und so klopften Theresa und Franziska wenig später mutig bei einer etwas versteckt liegenden Tür gleich links, neben der V.I.P.–Tribüne an. Hinter der sollte sich die Geschäftsleitung des Ladens verbergen.
Es dauerte einen Moment und Theresa hob gerade erneut die Hand zum Klopfen, als die Tür aufgerissen wurde. Daraufhin starrten sie mit wild schlagenden Herzen in jenes pechschwarze Augenpaar, welches zu dem Beauty gehörte, den sie zuvor zusammen mit vielen anderen angehimmelt hatten.
Er ließ seinen fesselnden Blick, der zwischen lackschwarzen Wimpern hervorblitzte, nur kurz über die Frauen schweifen, bevor er die Tür weiter aufdrückte und ihnen somit Einlass in den schummrig beleuchteten Innenraum gewährte.
Als Franziska an Julian vorbei trat, hatte sie das Gefühl, allein schon seine Aura würde ihren Körper umschmeicheln. Zudem roch er noch tausend Mal besser als der farbige Türsteher.
Er schloss hinter ihnen die Tür und blieb mit verschränkten Armen davorstehen. Franziska riss sich förmlich von seinem Anblick los und sah in die Gegenrichtung.
Aha, er ist also nicht der Chef des Ladens!,