Seelenlos Band 09 - Leandra Low - E-Book

Seelenlos Band 09 E-Book

Leandra Low

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Beschreibung

Im letzten Band der 9-teiligen Reihe Seelenlos steuert alles auf das große Finale hin. Dabei entdecken einzelne Kontrahenten an ihren Gegnern auch Seiten, die infrage stellen, ob es überhaupt Sinn macht, sich die Köpfe einzuschlagen? Dennoch stehen sich alsbald alle Seelengegner im großen Kampf von Licht und Dunkelheit gegenüber und keiner schenkt dem anderen etwas. Wobei am Schluss wohl die berechtigte Frage nach dem Warum steht. Wie immer, wenn es darum geht, ob Ruhm und Macht ein ausreichender Grund dafür sind, um sich die Köpfe einzuschlagen. Meinerseits ein klares NEIN. Daher stehen auch in diesem Band das Gefühlswirrwarr und die diversen Beziehungsgeschichten der einzelnen Protagonisten im Vordergrund. Denn nichts ist spannender als die Kriege, die mit dem Verstand und dem Herzen ausgetragen werden. Enthält: Ganz viel Herz-Schmerz; wahre Freundschaft; Romantik; Rettungsaktionen; Tränen und verlustreiche Abschiede; Kampfszenen bis hin zum bitteren Ende; neue Anfänge und beinah ein perfektes Happy End, oder vielleicht doch nicht?

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Seitenzahl: 411

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Die Vorbereitungen für den nun unvermeidlichen Krieg zwischen Licht und Dunkelheit sind im vollen Gange. Währenddessen alle Beteiligten dennoch Zeit finden, sich in unzählige Herzensangelegenheiten zu verstricken. Dies betrifft insbesondere die Engel Haldor, Miragell und Waroll.

Aber auch die Dämonen sind nicht müde, innerhalb ihrer Reihen Revieransprüche geltend zu machen. So das es letztendlich allen so vorkommt, als sei die unselige Schlacht nur noch eine reine Nebensache.

Als es dann jedoch dazu kommt, sind die Verluste auf beiden Seiten von einer schmerzvollen Tragweite, die so manchen zweifeln lassen, ob das alles wirklich nötig gewesen war. …

Warnung:

Diese Buchserie ist Großteils nichts für Zartbesaitete. Wer sich Themen wie Folter, sowie sexuelle und körperliche Gewalt nicht zumuten möchte, sollte daher von der Lektüre dieses Buches Abstand nehmen! Zudem könnten einige auch an den explizit beschriebenen Sexszenen, insbesondere im Homoerotischen Bereich, Anstoss nehmen!

SEELENLOS

Band 09

Kämpfende Herzen

Leandra Low

Dark Fantasy

Leandra Low schreibt seit frühster Jugend. Sie selbst ist eine bekennende Leseratte und liebt es anderen aus ihren Werken vorzulesen. Dadurch entstand auch ihre Lesegruppe »Das Dämonische Lesestübchen«, die sich regelmäßig trifft.

Die freischaffende Künstlerin lebt mit ihrem Mann Christoph in Hannover, wo sie sich neben dem Schreiben mit Malerei, Illustration, darstellender Kunst und Musik beschäftigt..

Alle Rechte vorbehalten!

Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind von der Autorin frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufällig, oder so gewollt.

Kein Teil dieses Buches darf reproduziert, gescannt oder in gedruckter oder elektronischer Form ohne vorherige Erlaubnis der Autorin verbreitet werden. Ausnahme ist die Benutzung von Auszügen in einer Buchbesprechung.

Copyright 2021 Leandra Low / ZAUSEL–VERLAG

[email protected]

Website: https://leandralow.de

Cover und Illustrationen by Leandra Low.

2. Auflage; überarbeitet

ISBN: 978–3–98647–286–3

Bisher erschienen:

Seelenlos - Band 01 - Die Engelssuche

ISBN: 978-3-96443-939-0 (Print 380 Seiten - Feb. 2019)

ISBN-Nr:ISBN: 978-3-95849-376-6 (E-Book - Feb. 2019)

SEELENLOS Band 02 – Zeitreisen

ISBN: 978–3–96443–957–4 (Print 352 Seiten - März 2019)

ISBN: 978–3–96544–157–6 (E-Book - Feb. 2019)

SEELENLOS Band 03 – Die Rückkehr

ISBN: 978–3–96443–894–2 (Print 350 Seiten - Juni 2019)

ISBN: 978–3–96661–126–8 (E-Book - April 2019)

SEELENLOS Band 04 – Dämonische Spiele

ISBN: 978–3–96858–067–8 (E-Book - April 2020)

SEELENLOS - Band 05 - Flucht ins Ungewisse

ISBN: 978–3–96799–045–4 (E-Book - Mai 2020)

SEELENLOS - Band 06 - Der verlorene Sohn

ISBN: 978–3–96987–139–3 (E-Book - Nov. 2020)

SEELENLOS - Band 07 - Brüder des Lichts

ISBN: 978–3–96953–793–0 (E-Book - 2 Feb. 2021)

SEELENLOS - Band 08 - Emotionen

ISBN: 978–3– 98551–287–4 (E-Book - 15 April 2021)

(Die Printbücher enthalten zudem zahlreiche Illustrationen.)

Zu Beginn möchte ich allen Lesern danken, die dieses Buch auf legale Weise erworben haben. Sprich, es gekauft oder über einen seriösen Anbieter bekommen haben. Daher vielen Dank für eure Unterstützung!

Leider kommt es immer häufiger vor, dass Bücher von uns Kleinautoren der Piraterie zum Opfer fallen, was bedeutet, sie werden kopiert und zu Dumpingpreisen illegal angeboten, von denen der Autor nicht einen einzigen Cent sieht.

Sicher freut sich jede Leseratte, wenn sie ihren Hunger mit möglichst günstig ergatterten Lesestoff füttern kann, aber bitte vergesst dabei nicht diejenigen, die viele Stunden damit zugebracht haben, um sich Geschichten auszudenken und damit zu eurer Unterhaltung beizutragen. Ich denke, niemand arbeitet gern umsonst. …

Zwar fallen auch die Werke von Autoren der großen Verlage dieser Piraterie zum Opfer, aber diese sind zumeist durch ihren Verlag abgesichert, während wir Kleinautoren uns überhaupt nicht wehren können, sondern dem Ganzen einfach nur hilflos gegenüberstehen. Ich für meinen Teil habe jedenfalls nicht die Möglichkeit, jeden Monat pro Buch (!) rund 30 Euro locker zu machen, um Firmen zu beauftragen, die das Internet nach diesen Piratenseiten durchforsten, die ohnehin gleich nachdem sie aufgeflogen sind, unter anderem Namen weitermachen. Allein der Vertrieb, der Druck und alles andere sprengt zumeist schon mein Budget.

Daher bitte ich euch dringend, bleibt fair und erweist uns Autoren auf diese Weise euren Respekt für unsere Arbeit, indem ihr diese Piraterie nicht unterstützt.

Vielen Dank, eure Leandra Low.

Landkarte von Altania:

Für meinen wunderbaren Mann Chris,

der mich bei allem, was ich tue,

unterstützt und mich mit

all meinen Macken und Fehlern

so nimmt, wie ich bin.

Ich bin so glücklich, in Dir meinen

Seelengefährten gefunden zu haben.

Ich liebe Dich!

Engel &Dämonen:

Liste der Engel & ihre Bedeutung:

Der Seher

Geschichtenerzähler Demar Julosrow aus Kroatien (geb. im Januar1798 / 1820 bei Rettung zweier Kinder verbrannt) wird zum Engel SHYNTALL – Fantasie; Rufname: Demar

Der Formwandler

Farmerstochter Lane Barrington aus Colorado (geb. Februar 1883 / 1904 zu Tode gefoltert) wird zur Angelina LOGANO – Regenbogen; Rufname: Loo

Der Lichtengel

Millionärssohn Jamain Erikson aus Schweden (geb. März 1958 / erwürgt 1974 aus Habgier) wird zum Engel HALDOR – Licht; Rufname: Hal

Der Wetterengel

Der 17-jährige Senatorensohn Antonio Lepidos (geboren im Rom der Antike / im Circus durch die Löwen getötet) wird zum Engel RAVETH – Regen; Rufname: Rain

Der Heiler

Bauernsohn Cristoff Kilian aus Deutschland (geb. Mai 1660 / 1681 als Hexer verbrannt) wird zum Engel SERENADE – Mondlicht; Rufname: Moon

Der Liebesengel

Der 16-jährige Fischer Lamuell Koradis (geboren im Griechenland der Antike / bei Rettung einer Frau erstochen) wird zum Engel JALIMARA – Liebe; Rufname: Jali

Der Sonnenengel

Gutbetuchter Bürger Angelo Petrell aus Österreich (geb. Juli 1968 / 1995 durch Auftragsmord, der seiner Freundin galt, getötet) wird zum Engel SAJO – Sonne; Rufname: Jojo

Herr der Pflanzen & Sprecher der Tiere

Einzelgänger Ronald O´Cloude aus Irland (geb. August 1938 / 1961 in den Tod getrieben – erhängte sich) wird zum Engel RUBIO – blutroter Rubin; Rufname: Red

Der Anführer

Elfenkaiser Albian van DeBeladore (derzeit umgerechnet ungefähr 33 Menschenjahre alt) vertritt den Platz des 12. ten Kriegers.

Herr der Gezeiten

Piratensohn Marco Lecourse aus England (geb. Oktober 1689 / 1719 im Kampf gegen Dämon Jesebell getötet) wird zum Engel WAROLL – Gold, wertvoll; Rufname: Waro

Der vampirische Meister des Schwertes

Edelmann Renaldo D´Arbo aus Frankreich (geb. 20. November 1767 / 1789 von seiner eifersüchtigen Schwester erstochen) wird zum Engel MIRAGELL – Mitternacht; Rufname: Rage

Der Felsformer & Wandler

Der etwa 26-jährige Indianer White Eagle (Geburtstag unbekannt / starb im Kampf gegen Monsterbären) begegnet den Suchenden im Jahre 1993 in Kanada und wird zum Engel SHALARR – Schnee, Erstarrung; Rufname: Snow

Der Seelenlose & Dreizehnte Krieger

Elfenprinz Silvano van DeBeladore ist der Auserwählte JALAY – Seltenheit, Silber.

Liste Dämonen & ihre Bedeutung:

Der Feuerengel – Des Teufels Sohn: Lorendos

Gedanken aus Feuer und Vernichtung / benutzte Identität auf der Erde als Model oder Anwalt unter dem Decknamen Karim Puschang.

Die Kralle aus Stein: Karamirr

dunkelhäutige Todeskralle / benutzte Identität auf der Erde als Türsteher Dschaad Shacour für den angesagten Hamburger Club The Dragon Spell.

Der Adler - Die Schwinge des Todes: Varungar

Vogeldämon und Formwandler / benutzt auf der Erde den Decknamen Nicolai Lombardi und arbeitet vor seiner Rückkehr zu den Dämonen als Kunstdozent.

Die Katze - Der Willenbrecher: Rhamsis

Die ägyptische Teufelskatze und ältester der Dämonen / benutzt auf der Erde den Decknamen Prof. Donevan Somerville und arbeitete vor seiner Rückkehr zu den Dämonen als Forscher der Archäologie oder als Anwalt. Wurde bereits von Engel Raveth als Gegner erkannt.

Das Gift: Shandaar

Krankheitsüberträger durch Atem / lebt auf der Erde weiterhin unter seinem ehemaligen Menschennamen Francesco Ylang. Führt die Geschäfte der Dämonen, unter anderem als Geschäftsführer des The Dragon Spell.

Das Wasserwesen: Maiden

stolzer Wasserelf und Kampftalent / benutzt auf der Erde den Decknamen Joshua Draven und arbeitet dort als Surflehrer und Tänzer.

Der Sadist - Das uralte Böse: Santanas

zweitältester der Dämonen / benutzt auf der Erde den Decknamen Orlando Dela Lothring und frönt seiner Neigung als Snuff-Film-Regisseur. Wurde von Engel Shyntall bereits als Gegner erkannt.

Der Gestaltenwandler - Der Teufel: Luziveron

Anführer der Dämonen und begabter Gestaltenwandler / benutzt auf der Erde überwiegend den Decknamen Damian Daniel Natas und betreibt zwielichtige Geschäfte.

Der Meister des Fleisches: Alessio

Die Unschuld und Verführung des Todes – Der Hermaphrodit benutzt auf der Erde den Decknamen Sergio Fernandez und arbeitet als Sänger und Tänzer. Er und der Engel Jalimara hatten sich bereits gegenseitig als Gegner erkannt.

Die Spinne des Todes: Jesebell

Waffenspezialist und Heiler / benutzt auf der Erde den Decknamen Michelle Aramire und ist als Leibwächter tätig. Vorzugsweise Luziverons Mann fürs Grobe.

Der Vampir - Der Engel des Todes: Jeemahl

Der einsame Wolf und Bluttrinker / einst ein französischer Edelmann namens Julien DeLacour, bevor er zum Vampir wurde; arbeitete vor seinem Beitritt in Luziverons Truppe auf Errah als Edelcallboy. Wurde zum Showhighlight seines Clubs The Dragon Spell. Kennt nun jedoch seine wahre Identität und hat sich daher gegen seine Kumpanen gestellt, um seinen Halbbruder Galimar zu schützen.

Der Werwolf: Xanthos

benutzt auf der Erde den Decknamen Romeo Savage, tritt als Rocksänger auf und heizt mit seinem Motorrad durch die Gegend.

Engelsflügel Teil 2

»Nicht Hass, sondern

Gleichgültigkeit ist das

Gegenteil der Liebe!«

(Verfasser unbekannt)

Gedanken!

Palast der Schneeelfen

Waroll hatte ihren Blick bemerkt, den sie beinah feindselig in Samarahs Richtung abschoss.

Schon seit Langem war ihm Jasalias Interesse an Shalarr aufgefallen. Eigentlich bereits seit ihrer Flucht aus dem Hort der Bergtrolle.

So polterig der einäugige Engel auch sonst auftrat, dass mangelnde Feingefühl, welches man ihm oft nachsagte, fehlte ihm dennoch nicht. Zumindest nicht, wenn es sich um Frauen handelte.

Nicht umsonst hatte er den Ruf als gefürchteter Schürzenjäger. Denn es war für die Ladys in seinem Umfeld schwer, sich seinem männlichen Charme zu entziehen. Mit seiner neckenden Art und den versteckten Frivolitäten trieb er so mancher liebreizenden Maid nicht nur die Schamröte ins Gesicht. Sondern schaffte es immer aufs Neue, die widerspenstigste Dame zu zähmen und somit auf sein Lager zu locken.

Daher hielt er auch nichts von Treue. Gab es doch viel zu viele willige Kätzchen, die seiner Meinung nach nach Streicheleinheiten dürsteten. Und selbst wenn er ab und an mit Eifersucht und den Vorwürfen der Damenwelt zu kämpfen hatte, so konnte ihm die Ladys doch nie lange böse sein. Eher sanken sie bald schon wieder bereitwillig in seine starken Arme. Und er war nur zu geneigt, die holde Weiblichkeit zu trösten und weiterhin amouröse Spielchen mit ihnen zu treiben.

Andererseits die ehemalige Königin weckte sein Mitgefühl. War sie vom Schicksal ohnehin schon arg gebeutelt worden, so hatte sie sich nun ausgerechnet in einen Mann verliebt, der ihre Gefühle weder erwiderte noch von deren Vorhandensein etwas ahnte.

Absichtlich ignorierte Shalarr die Emotionen der Königinmutter bestimmt nicht, dessen war Waroll sich sicher. Zumal er wusste, dass der Schneeengel ein lieber Kerl war. Auch wenn man das nicht gleich wegen seines unnahbaren Verhaltens und undurchschaubaren Wesens vermutete.

Jasalia hingegen hatte das sehr wohl erkannt. Ihre schmerzlichen Blicke, mit denen sie die schlanke Gestalt des weißen Indianers schon seit seinem Eintreffen im Palast der Schneeelfen verschlang, sprachen jedenfalls Bände.

Auch ihr Einsatz bei den vorangegangenen Verhandlungen bezüglich des weiteren Vorgehens – insbesondere der Rettung Shalarrs, hätten selbst einem unaufmerksamen Beobachter nicht entgehen dürfen.

Nun, Waroll waren sie keineswegs entgangen und Jasalia tat ihm leid, wie sie nun unglücklich auf ihrem Platz hockte und gute Miene zum bösen Spiel machte. Während Shalarr in Begleitung der bildhübschen Samarah auf Wolke Sieben davon schwebte.

Andererseits gönnte Waroll dem schweigsamen Krieger das längst fällige Liebesglück, und nach allem, was er erfahren hatte, verdiente auch Samarah die Gunst des weißen Engels zu Recht. Schließlich hatte sie ihm das Leben gerettet.

»Ich würde mich auch gern zurückziehen. Wie denkt Ihr darüber?«, säuselte ihm in diesem Augenblick eine Schöne, der er derzeit den Hof machte, ins Ohr und ließ ihre Hand spielerisch unter dem Tisch über seinen Oberschenkel gleiten.

Waroll strahlte sie schelmisch an und ärgerte sich insgeheim, dass ihr unverkennbares Angebot ihn nicht sofort in Flammen versetzte. Immerhin hatte er bereits einige Tage hierfür geopfert, sie so weit zu bringen, dass sie sich ihm derart anbot. Und jetzt, wo seine Bemühungen von Erfolg gekrönt waren, verspürte er keinerlei Lust diesen auszukosten.

Entschieden schob er ihre Hand zur Seite.

»Verzeiht meine Holde, aber mir darf noch nicht der Sinn nach einem Kampf in den Laken stehen, da wichtige Aufgaben mein Hiersein erforderlich machen. Ich werde Euch daher wohl oder übel vertrösten müssen. Ich hoffe, Ihr vergebt mir diese unverzeihliche Abfuhr meinerseits!«

Seine betont verführerische Stimme sorgte dafür, dass die Dame ihren aufsteigenden Groll und die damit verbundene Enttäuschung herunterschluckte. Wenn es denn nun wirklich lediglich die Pflicht war, die ihn abhielt, so durfte sie ihm freilich nicht böse sein. Trotzdem verzog sie säuerlich das Gesicht und erhob sich mit einem erzwungenen Lächeln.

»Sicherlich, mein Herr. Wenn Ihr mich nun aber entschuldigt?«

Er nickte ihr zu, wohlwissend, dass sie gekränkt war.

Waroll verstand sich ja selbst nicht. Warum hatte er das getan?

Allerdings ein Blick in Jasalias Richtung erklärte ihm sein Zögern. Er erhob sich und trat entschlossenen Schrittes auf die ehemalige Kaiserin zu.

»Verzeiht Madam, aber hättet Ihr etwas dagegen, wenn ich es wage, Eure Gesellschaft in Anspruch zu nehmen?«

Verdutzt blickte Jasalia in das funkelnde, goldbraune Auge, welches ihr verschmitzt zuzuzwinkern schien. Sie war derart überrumpelt, sodass sie eine einladende Handbewegung mit ihrer neuen Handprothese vollführte. Diese war ihr von einem der Kunsthandwerker der Schneeelfen angefertigt worden und unterschied sich kaum von einer echten Hand.

Auf Geheiß ihres Noch-Ehemannes war diese Anfertigung, ebenso wie eine Beinprothese, in Auftrag gegeben worden, um ihr Erscheinungsbild wieder so gut es ging herzurichten.

Derweil hatte Moon eine wahre Meisterleistung vollbracht, indem er ihr mithilfe seiner stärksten Heilungskräfte eine neue Nase formte und auch den Großteil ihrer Narben verschwinden ließ. Die Prozedur war für Jasalia äußerst schmerzvoll gewesen und hatte auch dem schönen Heiler einiges abverlangt. Jedoch das Resultat konnte sich sehen lassen und daher hatte sie die Pein gern in Kauf genommen.

Ihr Gesicht war zwar noch meilenweit von ihrem einstigen Aussehen entfernt, dennoch vermochte sie es jetzt ohne Ekel in einen Spiegel zu blicken.

Auch ihr Haar war bereits an Kinnlänge nachgewachsen und umspielte in dezenten Wellen ihr nun kaum noch entstelltes Antlitz. Trotzdem senkte die Elfe in alter Gewohnheit schnell den Kopf, nachdem der imposante Engel sich neben ihr niederließ.

»Ihr seid nicht wiederzuerkennen Majestät. Man möchte meinen, Eure Schönheit versucht, mit jedem weiteren Tag erneuten Spielraum zu erschaffen. Und mit Verlaub, sie ist dabei sehr erfolgreich«, schmeichelte Waroll mit sanftem Lächeln und zauberte Jasalia mit seinen galanten Worten eine leichte Röte ins Gesicht.

»Ich danke Euch für Eure netten Worte. Auch wenn sie nicht der Wahrheit entsprechen und ich sie daher nicht glauben kann«, flüsterte sie leise seufzend.

Waroll beugte sich näher heran und suchte ihren Blick: »Madam, ich mag zwar in dem Ruf stehen, den Damen mit Schmeicheleien den Kopf zu verdrehen, aber Ihr dürft mir gerne glauben, dass ich, wenn es um das Äußere einer Lady geht, kein Blatt vor den Mund nehme. Und sagt mir jetzt nicht, Ihr hättet die Veränderungen Eures Antlitzes nicht selbst schon in den letzten Tagen zu Genüge bewundert?«

Jasalia hob mit zynischem Lächeln das Haupt: »Sicherlich vermag mein jetziges Aussehen kleinen Kindern nun keinerlei Albträume mehr bescheren, jedoch steht wohl ansonsten außer Frage, dass ich mich damit abfinden muss, ein hilfloser Krüppel zu bleiben. Denn so fantastisch unser Heiler auch mit der Herrichtung meines Gesichtes auftrumpfen konnte, so vermag auch er es nicht, mir neue Gliedmaßen zu schenken. Wobei ich hoffe, Ihr missversteht mich nicht: Ich bin Moon sehr dankbar für seine Kunstfertigkeit. Gleichwohl…«. Sie verstummte, weil sie ihm beinahe verraten hätte, dass sie sich schon lange nicht mehr als vollwertige Frau fühlte und auch in Zukunft keinerlei Chance sah, dieses Gefühl zu ändern. Welcher Mann würde sie schon nehmen?

Sie wandte erneut den Blick ab und ließ ihr Augenmerk durch den Raum gleiten, damit Waroll ihre hochsteigenden Tränen nicht sah.

Der sah sie nachdenklich an. Die Elfe rührte sein Herz und er verstand ihre Qual besser, als sie erahnte. Als er sein Auge verlor, dachte auch er zunächst, dass er mit dem aktuellen Aussehen bei den Mädels weniger Erfolgsaussichten hätte. Einzig die Tatsache, dass sich mit dem Verlust des Auges gleichzeitig ein neues Leben, ein Leben als Engel vor ihm auftat, lenkte ihn vorerst von diesem Gedanken ab.

Dann jedoch stellte er fest, dass er mit dem neuen Erscheinungsbild fast noch mehr Glück bei der Damenwelt verbuchen konnte, als zuvor. Die Entstellung verlieh ihm etwas Verruchtes, geradezu Gefährliches. Zumal anscheinend Frauen einen nicht ganz perfekten Mann den Schönlingen ihrer Welt vorzogen.

Er begann seine Wunde schneller zu akzeptieren, als er erwartet hatte, und inzwischen war sie ein Teil von ihm. Ein Teil, den er nicht einmal mehr missen wollte. Genau so sollte es für Jasalia sein.

Zwar war sie nicht mehr die makellose Schönheit von einst, aber Waroll fand, dass Moon mit der Wiederherstellung ihres Antlitzes hervorragende Arbeit geleistet hatte. Ihr Gesicht war wegen der Narben nicht mehr vollkommen ebenmäßig und glatt, aber dennoch sehr ansprechend. Schon allein weil ihre unvergleichlich schönen Jadeaugen ohnehin die gesamte Aufmerksamkeit eines Betrachters auf sich lenkten.

Und nun gut, ihr fehlten ein Bein und ein paar Finger, jedoch der Rest ihres Körpers war immer noch reizvoll. Dies hatte der lebenslustige Engel mit Kennerblick erfasst. Und genau diese Erkenntnis ließ ihm einen Schauer über den Rücken rieseln.

War es etwa körperliches Interesse, was ihn an ihre Seite trieb?

Er schüttelte sich. So, als wolle er diesen absurden Gedanken von sich werfen. Nein, er empfand Mitleid für ihre Lage und Verständnis für ihre Person. Mehr nicht!

Trotzdem wollte Waroll sie nicht mit der Annahme, sie sei für einen Mann nicht mehr von Beachtung, zurücklassen. Daher brach er erneut das Schweigen und raunte ihr so leise zu, sodass nur sie es hörte: »Nun Madam, ich verstehe Euer Dilemma. Aber seid versichert, ein wahrer Liebhaber stört sich keineswegs an der Kleinigkeit einiger fehlender Gliedmaßen. Sofern der Rest eines liebreizenden Leibes sein Verlangen noch zu entfachen vermag. Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht, Mylady!«

Mit diesen Worten stand er auf und entfernte sich nach einer formvollendeten Verbeugung, mit einem sinnlichen Lächeln auf den Lippen. Womit er eine Jasalia zurückließ, deren Mund vor grenzenlosem Erstaunen aufklappte, während sie ihm überrumpelt nachsah. …

***

Errah – WG von Luzinda Kaiser

Luzy fluchte, als es zum wiederholten Male an der Haustür Sturm klingelte. Sie schnappte sich ein Handtuch und entstieg den Wasserfluten ihrer Badewanne.

»Mist! Nur einmal möchte ich in Ruhe ein Bad nehmen, ohne dass das Telefon bimmelt oder die Post kommt. Und immer gerade dann, wenn ich allein zu Hause bin!«, schimpfte sie, während sie feuchte Fußabdrücke hinterlassend Richtung Eingangstür stapfte, um dem Störenfried zu öffnen.

Ihr finsterer Gesichtsausdruck fiel allerdings in sich zusammen wie ein Kartenhaus, als sie ihren Besucher vor sich sah.

Langes, weißblondes Haar floss in seidiger Pracht über breite Schultern, die von einem perfekt sitzenden silberschimmernden Jackett verdeckt wurden, welches er wiederum über einem schlichten, schwarzen T-Shirt trug. Und auch die wohlgeformten Beine in den ausgewaschenen Jeans ließen keine Wünsche offen. Aber am meisten faszinierten Luzy auf Anhieb die hellgrünen Augen, die noch intensiver leuchteten, weil sie von unverschämt langen, dunklen Wimpern umgeben waren.

»Luzy?« Seine fragende Stimme, die warm und dunkel aus dem sinnlichen Mund drang, sandte wohlige Schauer über Luzys Haut.

»Ja, die bin ich«, flüsterte sie kaum hörbar, während sie ein Frösteln unterdrückte, da die kalte Zugluft des Treppenhauses hereinwehte.

Die Frage, wer er war, schien in ihren Augen zu stehen, denn er streckte ihr freundlich lächelnd die Hand entgegen: »Ich bin ein Freund von Renaldo und soll dir etwas von ihm ausrichten!«

Renaldo? Sie starrte ihn perplex an, wobei sie vergaß, den Händedruck zu erwidern. Schlaff lag ihre Hand in seiner und erneut überrollte sie eine Gänsehaut. Ganz plötzlich war es da. Dieses Gefühl, was einen überfällt, wenn irgendetwas nicht stimmte. Misstrauen stahl sich in ihren Blick. »So, was denn?«

»Wie wär’s, wenn ich dir das drinnen erzähle, oder willst du dir hier im Durchzug den Tod holen?«, lächelte er sein sinnliches Lächeln.

Luzy tu es nicht! Du würdest den wahren Tod hereinlassen!

Die Warnung war in ihrem Kopf, kaum das ihr Besucher ausgesprochen hatte.

»Tut mir leid, aber ich lasse prinzipiell niemand Fremden in meine Wohnung«, antwortete Luzy mit dünnem Stimmchen. Hierbei ärgerte sie sich, dass sie vor dem Öffnen der Tür nicht die Kette vorgelegt hatte. Vermutlich, weil sie davon ausgegangen war, das eine ihrer drei Mitbewohnerinnen bald heimkamen.

Ihr Gegenüber lächelte verständnisvoll: »Sicher! … Sorry, ich bin Orlando und wie gesagt, ein Freund von Renaldo. Und ehrlich gesagt, ich würde dir die Nachricht auch hier übermitteln, aber wie du dir sicherlich denken kannst, ist das für fremde Ohren nicht unbedingt bestimmt!«

Sie sah Orlando unschlüssig an. Wenn er nun wirklich einer der Engel war? Immerhin sah er aus wie ein himmlischer Krieger.

Aber das sehen diese dämonischen Arschgeigen auch!, konterte sie in Gedanken.

Santanas sah, dass er so nicht weiterkam. Das Misstrauen der jungen Frau war greifbar. Sicher, er könnte sie auch mit Gewalt um Einlass ersuchen, aber das würde den Plan, den er und Silvano geschmiedet hatten, zunichtemachen. Daher riss er sich zusammen, zauberte ein weiteres charmantes Lächeln aufs Gesicht und meinte achselzuckend: »Okay, versteh schon. Heutzutage kann man nicht vorsichtig genug sein. Also Vorschlag meinerseits: Du ziehst dir etwas an, während ich hier auf dich warte und dann suchen wir uns ein nettes, lauschiges Café. Da kann ich dir dann alles erzählen!«

Sein einnehmendes Lächeln erstickte Luzys Skepsis im Keim.

»Gut!«, strahlte sie. »Ich beeile mich!«

Schon drückte sie die Tür ins Schloss und sauste in ihr Zimmer, wo sie eilig einige Kleidungsstücke aus dem Schrank zog.

Schnell noch das feuchte Haar mit dem Föhn angetrocknet, ein wenig Lipgloss – Schuhe an und fertig. Kaum zehn Minuten später verschloss sie die Haustür hinter sich und wandte sich an Santanas, der sich von der Flurwand abstieß, an der er zuvor gelehnt hatte.

»Meinetwegen können wir!«

»Gut gehen wir!« Sanft legte sich eine schlanke Hand auf ihren Rücken und die Berührung ließ Luzy erneut schaudern.

Ein jäher Schmerz fuhr ihr durch den Körper und nun war sie absolut überzeugt, dass der Mann hier neben ihr niemals ein Freund von Renaldo sein konnte.

»Oh entschuldige, ich hab´ noch was Wichtiges vergessen«, wandte sie sich an ihren Begleiter und floh, bevor er etwas einwenden konnte.

Kaum in der Wohnung angekommen, warf sie die Tür hinter sich ins Schloss und verbarrikadierte diese, bevor sie sich aufseufzend dagegen lehnte. Ihr Herz hämmerte! Hatte sie jetzt überreagiert? Vielleicht irrte sie sich ja und dieser Orlando war wirklich ein Kumpel von Renaldo. Aber wie sonst wäre ihr ungutes Gefühl zu erklären, wenn nicht damit, dass dieser Kerl ihr nicht geheuer war.

Was sollte sie jetzt bloß tun?

Ihr Blick fiel auf das Küchenfenster, durch welches sie die Blumenkästen des Balkons erkannte. Und da fiel es ihr ein. Rund um das Haus führte ein breiter Sims. Sie könnte …

»Hey Luzy, bist du bald fertig? Ich hab auch noch was anderes vor, als hier im Flur rumzustehen«, drang Santanas´ nicht mehr ganz so gelassen klingende Stimme durch die verschlossene Tür. Der engelsgesichtige Dämon schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte.

Mach auf!

Die zwei sehr leise, jedoch entschieden ausgesprochenen Worte drangen in Luzys Geist ein. Sie ließen sie zunächst daran zweifeln, ob es wirklich er gewesen war, oder nur die Stimme in ihrem Kopf.

Mach auf, du kleine Schlampe, oder ich breche die Tür auf!

Diese Worte kamen ohne Zweifel von Orlando und gaben ihr endgültig die Gewissheit, dass er nichts Gutes mit ihr im Sinn hatte. Zu ihrem Entsetzen begann sich die Kette, welche sie vorgelegt hatte, wie von Geisterhand zurückzuschieben, und auch der Schlüssel drehte sich von selbst im Schloss.

Hektisch versuchte Luzy, die Tür wieder zu verrammeln, aber umsonst. Die Kraft, die dagegen wirkte, war viel zu stark. Ihr Entschluss war daher gefasst. Sie rannte auf den Balkon, kletterte entschlossen über die Brüstung und setzte vorsichtig einen Schritt vor dem anderen, um sich den Sims entlang zum nächstgelegenen Vorbau vorzuarbeiten.

Der gehörte zu Waltraud Laquas Wohnung, einer älteren Dame, die um diese Zeit zu Hause sein müsste. Sie klopfte energisch an der Balkontür und es erschien ihr, als verginge eine kleine Ewigkeit, ehe Frau Laqua die Gardine zur Seite schob und ihr dauergewellter Kopf sichtbar wurde.

»Luzy, was um alles in der Welt suchen Sie auf meinem Balkon?« Die alte Dame runzelte erstaunt die ohnehin schon ziemlich zerfurchte Stirn.

»Bitte Frau Laqua, lassen Sie mich hinein. Ich bitte Sie«, flehte Luzy.

Es war wohl der dringliche Klang in der Stimme der jungen Frau, der die Ältere dazu veranlasste, der Aufforderung sogleich nachzukommen.

Kaum das Luzy ins Innere der behaglichen Wohnung ihrer Nachbarin gestürmt war, verschloss sie schnell die Balkontür und schob die Vorhänge wieder vor. Als Frau Laqua Luft holte, um nach dem Grund von Luzys Eindringen zu fragen, bedeutete ihr diese mit wedelnden Händen den Mund zu halten.

»Bitte ganz ruhig, Frau Laqua. Jemand ist hinter mir her«, flüsterte sie verhalten, während sie zur Nachbarwohnung lauschte, in der sie nun eindeutig Schritte auf den knarrenden Bodendielen vernahm.

Orlando war in ihrer Wohnung – ohne Zweifel. Und wenn er sie da nicht fand, würde er vermutlich zwei und zwei zusammenzählen und darauf kommen, dass sie aus dem Fenster über den Balkon geflohen war.

Hoffentlich kommen die Mädels jetzt nicht nach Hause!, betete sie im Stillen.

Sie konnte jedoch ohnehin nicht hierbleiben, ohne auch noch ihre Nachbarin in Gefahr zu bringen, daher wandte sie sich flüsternd an diese: »Ich werde jetzt leise Ihre Wohnung verlassen, Frau Laqua. Und wenn ich weg bin und es klingelt bei Ihnen, bitte ich Sie inständig – zu Ihrer eigenen Sicherheit – öffnen Sie auf keinem Fall die Tür. Verhalten Sie sich still, bis derjenige weg ist. Versprechen Sie mir das?«

»Kindchen, Sie machen mir Angst«, wisperte Frau Laqua.

»Ich weiß, und es tut mir unendlich leid. Aber bitte glauben Sie mir, er wird Ihnen nichts tun, wenn Sie ruhig bleiben!« Luzy drückte noch einmal die Hände der alten Dame und betete, dass Frau Laqua nichts geschah, nur weil sie ihr geholfen hatte.

Dann versuchte sie, geräuschlos die Haustür zu öffnen, und schlüpfte hinaus. Während sie die Tür zu ihrem eigenen Domizil nicht eine Sekunde aus den Augen ließ. Diese war nur angelehnt und Luzy hoffte verzweifelt, dass der Dämon noch damit beschäftigt war, nach ihr Ausschau zu halten.

Sie zog ihre Schuhe aus und stürmte auf Socken, so lautlos wie irgend möglich durch das Treppenhaus nach unten. Wobei sie unten angekommen direkt in den Körper eines anderen prallte, der die ganze Zeit dort auf die Rückkehr seines Freundes gewartet hatte.

Ein überwältigend intensiver Wohlgeruch umhüllte sie, während die melodische Stimme sie augenblicklich in ihren Bann schlug: »Hallo Luzy, wie reizend Euch endlich persönlich kennenzulernen!«

Das leise Lachen, welches in der angenehmen Sprachmelodie mitschwang, jagte ihr mehr Angst ein als jegliche Drohung, und als sie aufblickte, erkannte sie ihn sofort. Es war der Abtrünnige – der Elfenprinz. Welcher damals im The Dragon Spell inmitten der Dämonenbrut gesessen hatte und wegen dem Renaldo beinahe den Tod gefunden hätte.

Luzys Sinne waren immer noch auf Flucht programmiert, allerdings vereitelte der schöne Elf ihr Ansinnen mit einem Schlag, indem schlanke Finger schraubstockartig ihren Oberarm umschlossen: »Wohin denn so eilig Liebchen? Ich dachte, Ihr wolltet Euch uns anschließen?«

Wütend versuchte sie, sich aus dem stählernen Griff zu befreien, wobei sie den Fehler machte und ihm direkt in die silberblauen Augen sah. Unmittelbar erlahmte ihr Widerwille. Wie eine Marionette befolgte sie seine Aufforderung, während er mental Kontakt mit seinem Liebhaber aufnahm und diesen zurückrief.

»Zieht lieber Eure Schuhe an Luzy. Es ist zu kalt, um ohne herumzuspazieren!«

Luzy schnürte gerade den zweiten Schuh zu, als Santanas erschien.

»Ah, da ist ja unsere kleine Ausreißerin! … Das war wirklich nicht nett von dir, Luzinda – einfach so wegzulaufen!« Sein Lächeln erreichte nicht die Augen und Luzy erkannte mit aufsteigendem Unwohlsein, dass der dämonische Engel ziemlich sauer war. Auch wenn er sich Mühe gab, dies zu verbergen.

»Tut mir leid«, stammelte sie leise. In der verzweifelten Hoffnung, seinen Unmut damit zu besänftigen.

Jetzt, wo sie sich Silvanos Blicken entzogen hatte, konnte sie wieder klarer denken und grübelte daher fieberhaft darüber nach, wie sie sich aus ihrer derzeitigen Zwangslage befreien konnte.

Ihr war klar, dass sie geradewegs in ihr Verderben lief, wenn sie den beiden Männern folgte. Anderseits blieb ihr momentan nichts anderes übrig. Sie konnte demzufolge nur darauf hoffen, eine Möglichkeit zur Flucht zu bekommen. Ansonsten würde sie niemals wieder in die dunkelblauen Augen ihres geliebten Vampirengels schauen dürfen. …

***

Altania

Miragell war tief in Gedanken versunken, während er das fröhliche Treiben um sich herum nur am Rande wahrnahm.

Er vermisste Luzy. Auch wenn er sich das selbst noch nicht so ganz eingestehen wollte, nach all dem, was in den letzten Tagen passiert war. Erst recht nicht jetzt, wo sein nun alltägliches Zusammensein mit Julien, dem Mann, den er all die vergangenen Jahre nie vergessen konnte, jeden Tag eine neue Herausforderung an ihn stellte.

Er hätte es niemals für möglich gehalten, dass er wirklich dazu in der Lage war, so etwas Ähnliches wie eine Freundschaft zu seinem ehemaligen Liebhaber aufzubauen. Aber um Galimars Willen war er froh darüber. Zumal ihm auch der faszinierende Junge nach wie vor alles andere als gleichgültig war.

Was nicht heißen sollte, dass er sich mehr für ihn interessierte, als es den Rahmen einer engen Vertrautheit gesprengt hätte. Er liebte ihn nicht körperlich, sondern so wie einen jüngeren Bruder. Das war ihm inzwischen bewusst geworden.

Nur als Frau hatte Galimar ihm gefährlich werden können. Aber … Miragell grinste … welcher normal veranlagte Mann hätte dem formvollendeten, sexy Corpus, den der Junge zu dem Zeitpunkt als Amanda sein Eigen nannte, auch widerstehen können? Und dieses Wissen beruhigte den dunklen Vampirengel ungemein. Denn sein Ausflug in die Welt der gleichgeschlechtlichen Liebe hatte somit tatsächlich mit Julien D´Lacoeur seinen Anfang und auch gleichzeitig sein Ende gefunden.

So zumindest hoffte Miragell. Denn nach all den sexuellen Erfahrungen in den letzten Jahren war er zu der Entscheidung gekommen, dass ihm Frauen im Bett doch erwünschter waren. Er wusste nicht, warum es ihn so belastet hatte, in Julien verliebt zu sein und ob er sich nur daher in immer neue Abenteuer mit Frauen geworfen hatte. So als wolle er sich damit selbst beweisen, dass er nicht schwul war.

Nur eines, das wusste er ganz genau: Niemand würde jemals den Stellenwert einnehmen, den der schöne Dämon in seinem Herzen innehatte. Niemand!

Aber er wollte endlich Ruhe in einer Beziehung finden und Luzy war die erste Frau, die in ihm diesen Wunsch festigte. Nur leider war Miragell sich in punkto Problembeziehung treu geblieben. Denn seine Herzdame weilte nach wie vor auf Errah und er wäre ein schlechter Gefährte, wenn er sich wünschen würde, dass dies sich schnell änderte. Da sie erst sterben müsste, um hier auf Altania bei ihm zu sein.

Also hieß es mal wieder, Zähne zusammenbeißen und abwarten. Aber umso süßer war die Vorfreude auf ihren weichen, anschmiegsamen Körper und ihren berauschenden Duft, in dem er so gerne seinen eigenen Leib suhlte. Währenddessen seine Hände jeden Zentimeter ihrer Haut liebkosten.

Er seufzte auf und zwang sich, die geliebte Frau aus seinen Gedanken zu vertreiben. Stattdessen konzentrierte er sich auf den morgigen Tag, an denen die ersten Schlachtpläne für den bevorstehenden Kampf zwischen Licht und Finsternis in die Tat umgesetzt werden sollten. …

***

Errah – The Dragon Spell

»O mein Gott, Belinda!«, hauchte Luzy erschüttert beim tragischen Anblick ihrer Mitbewohnerin, welche mühsam den Kopf hob und blinzelte, da ihre inzwischen an Dunkelheit gewöhnten Augen die andere kaum erkannten.

Noch immer hing die Blondine nackt in den unnachgiebigen Eisenketten. Wobei sie den Großteil ihres Körpers fast gar nicht mehr spürte, da sämtliche Glieder wegen der Haltung eingeschlafen waren. Was in ihrem Fall vielleicht auch ein Segen war.

Luzy trat zu ihr und strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn.

»Wasser«, wisperte Belinda mit schwerer Zunge.

Luzy sah sich um, konnte jedoch nichts entdecken. »Tut mir leid!«, wandte sie sich entschuldigend an Belinda, welche erschöpft die Augen schloss und kaum wahrnehmbar nickte.

Luzy besah sich den Raum näher, auf der Suche nach irgendetwas, das ihnen helfen könnte. Aber außer dem leeren Servierwagen, auf dem nur noch vereinzelte Blutspuren von den Folterwerkzeugen zeugten, die darauf bereitgelegt gewesen waren, befand sich nichts Verwertbares im Zimmer.

Und Luzy bezweifelte, dass sie Mithilfe des Wagens viel gegen Dämonen ausrichten konnte.

Als sie nun hinter Belinda stand und den Blick hob, prallte sie entsetzt zurück.

Das schimmernde rohe Fleisch von deren Rückenmuskulatur ließ die schlimmsten Horrorfilme, die sie jemals gesehen hatte, zur grausigen Realität werden.

Nachdem Luzy von Silvano und Santanas mitgenommen worden war, fuhren die drei mit einem Taxi direkt zum The Dragon Spell. Wo die beiden Männer sie ohne großes Federlesen in den Raum brachten, in dem sie derzeit Belinda gefangen hielten. Während sie selbst sich zu Luziveron aufmachten, um von ihrem Fang zu berichten.

Santanas´ sarkastische Worte, kurz zuvor an Luzy gewandt, machten derweil Sinn: »Deine Freundin wird dir in der Zwischenzeit bestimmt deutlich machen, wie gut du daran tust, mit uns zusammen zu arbeiten!«

Es hatte Luzy einige Mühe gekostet, den Lichtschalter zu finden, nachdem sie ins ausgekühlte Zimmer gestoßen worden war. Jetzt wäre es ihr hingegen beinahe lieber, sie hätte keinen gefunden, denn Belindas Anblick war mehr, als sie zu ertragen bereit war.

Andererseits, allein die Vorstellung, sie hätte im Dunkeln deren Verletzungen ertastet, ließ Übelkeit in ihr aufsteigen. Und dieser Gedanke war es letztendlich, der sie dazu brachte, sich in einer der Ecken zu übergeben. Das und die Tatsache, dass ihr vermutlich ähnliche Prozeduren bevorstanden, wie man sie Belinda angetan hatte.

Als die Tür zur Folterzelle nun erneut geöffnet wurde, durchfuhr sie ein eisiger Schrecken. Erst recht, als sie neben Orlando und Silvano auch noch die beiden anderen Dämonen erblickte, welche sie schon von ihrem letzten Clubbesuch her kannte.

Den rotgelockten Dämonenfürsten Luziveron … soweit ihr bekannt war … und den schwertschwingenden Bastard, der zunächst Julian angegriffen hatte, um danach mit Renaldo die Klinge zu kreuzen.

Dessen Name war ihr nicht geläufig. Aber es war ja auch völlig unwichtig, wie er hieß. Einzig und allein zählte die Tatsache, dass er eine ebenso gefährliche Tötungsmaschine war, wie der Rest dieses unnatürlich anmutenden Haufens. Wobei er sie momentan mit unverhohlener Neugier musterte, wie das besagte Stück Fleisch, als das sie gerade indirekt von Luziveron bezeichnet wurde.

»Der Geschmack Eures ehemaligen Untertan lässt etwas zu wünschen übrig, Eure Hoheit. Obwohl die Kleine wahrlich ein appetitlicher Happen ist«, ließ der Dämonenfürst nämlich verlautbaren, während er sich geistesabwesend am erst kürzlich gewachsenen Spitzbart zupfte.

»Rage hatte eigentlich immer einen erlesenen Schönheitssinn. Wobei das Mädchen da wirklich nicht in sein Beuteschema passt. Gleichwohl sie recht hübsch ist«, meinte derweil Silvano und maß Luzy mit durchdringenden Blicken.

»Zu üppig«, Santanas machte eine wegwerfende Handbewegung, fügte dann jedoch grinsend hinzu: »Hingegen Xanthos wird von ihren Formen begeistert sein!«

»Nicht nur Xanthos«, ließ Jesebell mit ernster Stimme verlauten. Ihm persönlich sagten kurvige Frauen ebenfalls eher zu als ihre schlankeren Geschlechtsgenossinnen. Und das lag nicht daran, dass ihm hierbei sein Magen leitete, so wie das bei ihrem Werwolfsgefährten überwiegend der Fall war.

Luzy unterdessen japste trotz ihrer Angst beleidigt auf.

Sie empfand ihre Figur als schlank und wusste, dass sie zumeist wegen ihrer bevorzugten weiten Kleidung für fülliger gehalten wurde. Dabei versuchte sie hiermit lediglich ihre beachtliche Oberweite zu kaschieren.

Und genau die war es, die Jesebell sofort ins Auge stach. Er liebte üppige Brüste. So lange diese nicht groteske Ausmaße annahmen, wie es im Zeitalter der Schönheitschirurgie zuweilen üblich geworden war. Nein, sie sollten schon echt sein. Denn nur dann waren sie weich und weiblich. Er leckte sich unbewusst die Lippen, während er Luzy mit Blicken verschlang.

Luziveron bemerkte sehr wohl das offensichtliche Interesse seines Waffenmeisters und grinste breit: »Nun Jesebell, da dir die Kleine so gut gefällt, sollst du sie haben. Ich finde, niemand anderem als dem Seelengegner des Vampirengels sollte sie gehören!«

»Du bist zu gütig, mein Fürst«, lächelte der Angesprochene und trat auf Luzy zu, die sich verängstigt gegen die Steinwand in ihrem Rücken presste.

Er blickte sie lauernd an: »Du hast die Wahl, Süße. Gewähr mir deine Gunst oder ich überlasse dich Santanas. Und worauf der abfährt, davon konntest du dich ja anhand deiner gehäuteten Freundin von selbst überzeugen. … Also, die Entscheidung liegt bei dir!«

»Woher soll ich mir denn sicher sein, ob du nicht noch Schlimmeres mit mir vorhast?«, grollte Luzy und schaffte es, mit ihrer direkten Art, Jesebells Respekt zu erlangen.

Der Spinnendämon grinste: »Du hast recht, das kannst du nicht. Aber ich versichere dir, dass mir momentan eher der Sinn danach steht, bei dem ein unversehrter weiblicher Körper entschieden von Vorteil ist!«

Sie wurde knallrot, als ihr bewusst wurde, was er mit der Andeutung aussagen wollte. Ihm gelüstete nach Sex, das war so amtlich wie das Amen in der Kirche, und dennoch: Wäre sie wirklich dazu in der Lage, Renaldo ausgerechnet mit dem Mann zu hintergehen, der sein Todfeind war.

Andererseits, was für eine Wahl blieb ihr? Jesebell hatte es deutlich gesagt. Entweder ließ sie sich auf ihn ein, oder aber dieses abartige Sadistenschwein Santanas, wie Orlando ihres Wissens ja nun richtig hieß, würde sich ihrer annehmen. …

Luzys Blicke glitten über den hochgewachsenen, goldäugigen Dämon, dessen karamellfarbene, wellige Mähne mit den von der Sonne blassblond gebleichten Strähnen in wilder Pracht über die breiten Schultern wallte. Als krasser Gegensatz die dunklen Augenbrauen und der ebenso dunkle, kurzgestutzte Vollbart, der eher einem starken Dreitagebart glich und welcher die kantigen Gesichtszüge noch zusätzlich vorteilhaft unterstrich.

Er war verdammt attraktiv und sein gewinnendes Lächeln ließ perlweiße Zähne in dem sonnengebräunten Gesicht aufblitzen. Sicherlich würde es weitaus schlimmere Folterqualen geben, als mit ihm zu schlafen.

Luzy traf schweren Herzens ihre Entscheidung und ließ sich von Jesebell aufhelfen. Wobei sie ein Vergebungsgebet an Renaldo sandte. Sie musste jede Chance zum Fliehen nutzen. Und die würde sich wohl eher ergeben, wenn sie zu einem Mann ins Bett stieg, als sich hier weiterhin in dieser Folterkammer einsperren zu lassen.

Ein letzter mitleidiger Blick in Belindas Richtung, deren entrückter Augenausdruck sie jedoch gar nicht mehr wahrnahm, dann verließ sie in Jesebells Begleitung den fürchterlichen Raum. …

***

Im Palast der Schneeelfen

»Braucht Ihr noch irgendetwas?« Haldor hatte Aramé auf ihrem eigenen Bett abgesetzt, womit er sie abermalig verblüffte.

Sie sah ihn verwundert an: »Nein … nein danke, ich denke, ich habe alles, was ich brauche!«

»Gut, dann werde ich mich jetzt zurückziehen. Gute Nacht Prinzessin!« Er machte Anstalten, die Vorhänge, die rund um ihre Schlafstatt drapiert waren, zu schließen, aber sie hob abwehrend die Hand.

»Ach, bitte, Haldor … hättet … hättet Ihr nicht Lust, Euch noch mit mir zu unterhalten?«, stieß sie eilig von sich, bevor der Mut sie verließ.

Als sie seinen verdutzten Blick sah, fuhr sie fort: »Ich meine, wenn Ihr nicht zu müde seid? … Ich meine, wir … wir sollen uns doch schließlich kennen lernen. Und … und ich weiß eigentlich kaum etwas von Euch!« Sie errötete. Wobei die aufsteigende Röte noch um ein Vielfaches verstärkt wurde, als der Engel entwaffnend lächelte.

Bei den Hohen, wenn er lächelt, ist er richtig hübsch!, schoss es ihr bei diesem Anblick durch den Kopf.

Ach, was hübsch, er ist makellos!, fügte sie nur wenig später hinzu, als er sich auf dem Rand des Bettes niederließ und sie aufmerksam ansah.

»Was möchtet Ihr denn wissen Prinzessin?«

»Alles!«, brach es aus ihr heraus und erneut entlockte sie ihm damit ein Lächeln.

Noch ehe er etwas sagen konnte, prasselte ein Schwall von Fragen auf ihn hernieder.

»Warum haben die Engel neben den altanischen alle so komische Namen? Haben die eine bestimmte Bedeutung? Und wenn ja, welche hat Euer Name? Ich meine, Haldor, also Licht … heißt das nun, dass Ihr Licht ins Dunkel bringt?«, plapperte sie los und schaffte es, dass er lachend die Hände hob.

»Wow, hey Aramé nicht so hastig. Ihr solltet mir wenigstens Zeit lassen, auf Eure Fragenflut eine Antwort geben zu können!«

»Sicher entschuldigt!« Sie kuschelte sich gemütlich in ihre Kissen und sah ihn fragend an.

Haldor wurde unsicher. Sein Herz schlug heftig, als er in das hübsche Gesicht Aramés blickte, die ihn so erwartungsvoll anblickte. Warum verunsicherten ihn Frauen bloß immer so sehr? Er kannte die Auflösung, aber er wollte sie nicht akzeptieren. Daher versuchte er, den Auslöser für sein ablehnendes Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht stets bei diesem zu suchen, und oftmals war ihm das auch nicht schwergefallen. So ebenfalls am Anfang bei Aramé. Aber inzwischen hatte er sie richtig gern und ebendieses Eingeständnis machte ihn unruhig.

Er zwang sich, sich auf die Beantwortung ihrer Fragen zu konzentrieren, jedoch ihr Blick machte ihn immer hibbeliger.

Aramé spürte seine Unruhe und fragte sich, was sie getan hatte, dass er sich anscheinend in ihrer Nähe derart unwohl fühlte. Nun, es könnte vielerlei Gründe haben, aber sie wollte nicht wieder, dass es zu Missverständnissen kam. Deshalb entschied sie, ihn direkt darauf anzusprechen. Also unterbrach sie seine derzeitigen Erklärungsversuche zur Entstehung der Engelsnamen.

»Haldor, fühlt Ihr Euch in meiner Nähe nicht wohl? Ihr müsst Euch nicht mit mir abgeben, nur um mir einen Gefallen zu tun – oder weil es Eure Ehre verlangt!«, richtete sie entschlossen das Wort an ihn und blickte ihm geradewegs ins Gesicht.

Er hat wunderschöne Augen!, erkannte sie hierbei und sah jedoch gleichzeitig, wie die Pupillen der silbergrauen Augen sich verengten, was unweigerlich darauf schließen ließ, dass ihm ihre Mutmaßungen nicht gefielen.

Er holte bereits Luft, um etwas zu erwidern, als sie ihn erneut unterbrach. Wobei sie sich nicht sicher war, ob ihre Worte durch den süßen Wein verursacht wurden, den sie heute Abend in nicht geringer Menge zu sich genommen hatte. Oder ob es einfach seine schillernden Pupillen waren, die sie dazu veranlassten, folgende Unverfrorenheit von sich zu geben: »Es tut mir von Herzen leid, was ich Euch angetan habe und ich bitte Euch dafür um Vergebung. … Aber wenn Ihr mich nicht augenblicklich küsst, dann schreie ich den ganzen Palast zusammen und lasse Euch aus dem Zimmer werfen!«

Nach dieser Aussage schlug sie sich erschrocken auf den Mund und auch er starrte sie sprachlos an.

Sie war schon nahe daran, sich für diese unverschämte Forderung zu entschuldigen, als Haldor blinzelte, so als erwache er aus einem Traum und dann zaghaft näher rückte. Beinahe schüchtern streckte er die Hand nach ihr aus und Aramé schloss erwartungsvoll die Augen. …

***

Sein erster Kuss war brutal und entbehrte jeglicher Sanftheit, welche Luzy inzwischen von Miragell gewohnt war.

Grob zerrte Jesebell an ihrer Kleidung. Als es ihm zu lange dauerte, sie daraus zu befreien, zog er einen Dolch und schlitzte den Stoff kurzerhand auf, bis dieser von ihrem zitternden Körper fiel. Ihre Hoffnung darauf, noch irgendeine Chance zur Flucht zu erhalten, bevor es zu sexuellen Handlungen kam, zerplatzte wie eine Seifenblase angesichts seiner Wildheit.

Ebenso rabiat, wie er mit ihrer Bekleidung verfahren war, ging er mit ihr selbst um.

Kein Vorspiel!

Keine Zärtlichkeiten!

Er schubste sie aufs Bett, nachdem sie nackt war, öffnete seine Hose und warf sich über sie.

Sie schrie auf, als sein hartes Gemächt mit einem einzigen schmerzhaften Stoß in sie drang. Eine Vergewaltigung konnte kaum schmerzvoller und erniedrigender sein als das, was Jesebell ihr gerade antat.

Nach nur wenigen, für sie peinvollen Stößen entleerte er sich in Luzy und rollte befriedigt von ihr herunter.

Sie hielt einen Moment wie parallelisiert inne und merkte gar nicht, wie Tränen aus ihren Augenwinkeln rannen.

Oh, Renaldo!, schluchzte sie innerlich und fühlte sich schmutzig und benutzt. Sie kam sich schäbig vor, obwohl sie sich sagte, dass sie keine andere Wahl gehabt hatte, als sich auf den Dämon einzulassen. Ihre Vagina brannte wie Feuer und sie war sich absolut sicher, Blut vorzufinden, wenn sie einen Blick in Richtung ihrer Weiblichkeit riskieren würde. Doch sie war momentan zu keiner Bewegung fähig und blieb deshalb bewegungslos liegen.

Deswegen zuckte sie auch erschrocken zusammen, als Jesebells Hand sich schwer auf ihre linke Brust schob. Er drückte diese allerdings nun nicht mehr ganz so brutal wie zuvor bei dem eigentlichen Akt.

»Verzeih, ich hatte eine Menge Nachholbedarf und daher einen ziemlichen Druck. Aber nun werde ich dich angemessen entschädigen«, drang seine Stimme in einem tiefen Timbre an ihr Ohr.

Der schmerzvolle Gesichtsausdruck, der soeben noch ihre Züge beherrschte, verwandelte sich daraufhin in maßloses Erstaunen, als der Dämon seine Position verlagerte. Er spreizte mit sanftem Druck ihre zittrigen Beine und seine Zunge drang Sekundenbruchteile später in eben den Bereich ein, der zuvor noch so gewaltvoll von ihm mit einem anderen Körperteil malträtiert worden war.

Und diese Zunge wirkte wie Balsam. Luzys Schmerzen verschwanden schlagartig und seine Zungenfertigkeit hinterließ ein Wohlgefühl, wie sie es niemals für möglich gehalten hatte.

Streichelnde Hände verwöhnten ihren alsbald bebenden Körper, wobei sie aus den Augenwinkeln ein bläuliches Licht wahrnahm, welches über ihre nun kribbelige Haut zu fließen schien.

Das Jesebell der Heiler der Dämonen war, konnte Luzy nicht wissen und daher traf sie seine Kunstfertigkeit unvorbereitet.

Der Spinnendämon war nicht nur ein Meister im Umgang mit der Waffe. Sondern er verstand es wie kein anderer, seine Heilfähigkeiten zum Wohlbefinden desjenigen einzusetzen, der in den Genuss seiner kundigen Hände gelangte.

Hatte Luzy zuvor noch gewünscht, so schnell wie möglich seinem Zugriff zu entkommen, so musste sie sich jetzt widerwillig eingestehen, dass es niemals zuvor ein Mann geschafft hatte, sie allein durch bloße Berührungen zu einer derartigen Ekstase zu bringen, wie jetzt Jesebell. Nicht einmal Renaldo!

Und diese Erkenntnis schmerzte sie mehr als die Feststellung, dass sie sich wie wild danach sehnte, ihren Körper erneut mit dem Dämon zu vereinen.

Als er ihr diesen geheimen Wunsch schließlich erfüllte, klammerte sie sich an ihm fest und umschlang seinen stoßenden Unterleib mit ihren Beinen. Womit sie ihn regelrecht antrieb, noch tiefer in sie einzudringen. Sie schrie ihre Lust mit vielen spitzen Schreien heraus. Wobei sie ihre Nägel kraftvoll in das Fleisch seines Rückens grub, so als wolle sie ihn hiermit dafür bestrafen, dass er solch ein Verlangen in ihr wachrief.

In dieser Nacht nahm Jesebell Luzy noch drei Mal. Und mit jedem leidenschaftlichen Fick schien er ihre Fluchtgedanken geradezu aus ihr herauszustoßen, bis sie erschöpft einschlief. Verfangen im durchgeschwitzten Bettzeug und eng von seinem heißen, nach Sex und gesättigter Lust riechendem Körper umschlungen. …

***

Aramé spürte ihren hämmernden Herzschlag bis hinauf ins Gehirn, als sein warmer Atem ihr Gesicht streifte.

So vorsichtig, als würde ihr Mund unter dem Druck seiner Lippen zerbrechen, legte sich sein Mund auf ihren, wobei ihr ein leiser Seufzer des Genusses entwich. Und dieses Geräusch war es schließlich, was in Haldor den Mut weckte, den anfänglichen zarten Kuss voranzutreiben.

Heiße Lippen pressten sich alsbald aufeinander und schmeckten das Aroma des anderen.

Als Aramé instinktiv ihren Mund öffnete, um seiner Zunge Einlass zu gewähren, war es um Haldors Beherrschung geschehen. Ein wenig heftiger als beabsichtigt griff er nach der zierlichen Prinzessin und drückte sie nun ebenso leidenschaftlich an seine Brust, wie seine nun geöffneten Lippen ihren Mund in Besitz nahmen.

Sie zuckte zusammen, da seine Unbeherrschtheit ihre noch nicht ganz verheilten Brüche schmerzen ließ.

Moon war zur Zeit beinah rund um die Uhr im Einsatz und hatte daher erst einmal nur oberflächliche Dienste bei Aramé geleistet. Da es Unmengen an Schwerverletzten gab, die momentan dringender seine Hilfe benötigten als die Schneeelfe. Zumal die meisten Heilkundigen bereits dem beginnenden Krieg zum Opfer gefallen waren.

Haldor schien ihren Zustand zu bemerken und löste sich mit einem leise geflüsterten: »Tut mir leid, ich tue Euch weh!«, von ihr, aber sie hielt ihn augenblicklich fest.

»Es ist nicht so schlimm. Bitte hört nicht auf … Bitte!«

Er sah sie an, versank in ihrem Blick und auch sie konnte nicht mehr verstehen, wie sie jemals auf den Gedanken gekommen war, ihn nicht haben zu wollen.

Bei den Hohen, ich will ihn so sehr … so sehr, dass es mir angst macht. Aber es darf noch nicht sein. Oder?

»Ist es erlaubt, sich vor der Hochzeit zu vereinen?«, wisperte sie und trieb mit dieser Äußerung nun ihm die Schamröte ins Gesicht.

Er räusperte sich, nachdem er etwas abgerückt war: »Nun ich… ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber im Anbetracht Eurer Verletzungen und weil … weil wir beide es nicht genau wissen, sollten wir es für heute beim Küssen belassen. Findet Ihr nicht auch?«

Aramé fand, dass er aussah wie ein verängstigter Junge, als er sie jetzt anblinzelte, und daher konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. Damit er es aber nicht wieder falsch verstand, stimmte sie ihm schnell zu und strich dabei über die seidenglatte Haut seines Antlitzes.

»Ihr habt sicher recht, mein …«, sie verstummte kurz und fügte dann mit seligem Lächeln hinzu: »… mein baldiger Gemahl!« Bevor sie sich erneut vorbeugte, um seine bereitwilligen Lippen zu kosten. …

***

Als Luzy erwachte, war es immer noch dunkel.

Ihr Körper schmerzte. Allerdings war es ein wohliger Schmerz. Eher eine Art Muskelkater. Sie probierte sich aus Jesebells Umklammerung zu lösen, was ihr jedoch nicht einmal ansatzweise gelang, so fest hielt er sie. Dennoch versuchte sie es weiter, denn so eine Chance wie jetzt bot sich so schnell nicht wieder.

Auch wenn die Nacht mit ihm ihre kühnsten Erwartungen, was hemmungslosen Sex anbelangte, um Längen übertroffen hatte, so war sie sich trotzdem im Klaren darüber, dass es besser für sie war, auf dem schnellsten Wege von hier zu verschwinden. Denn … da machte sie sich erst gar keine falschen Vorstellungen …, dieses durchaus angenehme Beisammensein mit dem Dämon war kein Zustand von Dauer. Egal wie geil er derzeit auf ihren Leib war, er würde sie immer noch töten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Also startete sie einen erneuten Versuch und diesmal hatte sie Erfolg.

Mit einem Knurren drehte er sich auf die andere Seite und entließ sie aus seinem Klammergriff.

Luzy rutschte vorsichtig aus dem Bett und sah sich suchend nach irgendetwas um, womit sie ihre Blöße bedecken konnte.

»Wohin willst du?«