Seelenlos Band Sieben - Leandra Low - E-Book

Seelenlos Band Sieben E-Book

Leandra Low

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Beschreibung

Das Glück und Unglück verdammt nah beieinander liegen können, erfahren in diesem Band so einige Protagonisten. Teils auf recht schmerzhafte Weise. Wobei auch selbst der unerschrockenste Krieger nicht vor fehlerhaften Entscheidungen gefeit ist. Auch ansonsten stehen die Zeichen auf Sturm, denn Intrigen, Missverständnisse und Verrat sorgen schlussendlich dafür, dass alles auf eine riesige Katastrophe hinausläuft, mit deren Verlauf niemand gerechnet hat. Enthält: Leidenschaft; mutige Leibwächter; unerfüllte aber auch erfüllende Liebe; jede Menge Missverständnisse; falsche Entscheidungen; sowie schicksalshafte Begegnungen, die den Verlauf der weiteren Geschichte entscheidend beeinflussen oder vielleicht doch nicht?

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Seitenzahl: 426

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Liste der Engel & Dämonen!

Der verlorene Sohn!

Unsicherheiten!

Erkenntnisse!

Seitenwechsel!

Gerüchte!

Dewarisch!

Prinz auf Abwegen!

Dämonen im Schloss!

Neue Gefährten!

Neue Wege!

Licht & Schatten!

Duelle der Herzen!

Zusammenführungen!

Was bisher geschah ...

Danksagungen!

Personenauflistung…

Völker & Orte

Bisher erschienen:

Nachdem Galimar und sein ehemaliger Gefährte und Geliebter, der Vampirdämon Jeemahl, nun wissen, wer sie wirklich sind und was dies für sie bedeutet, müssen schnellstmöglich wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Auch die unerwünschte Beziehung zwischen Albian und seiner jungen Braut Mylandra spitzt sich dramatisch zu.

Die verzweifelte Elfe flieht schließlich aus dem Palast und löst damit ungewollt eine Kettenreaktion aus. Zumal der seelenlose Prinz Silvano zu einer Entscheidung kommt, deren Ausgang keine noch so gewagte Prophezeiung hätte vorhersagen können …

***

Warnung:

Diese Buchserie ist nichts für Zartbesaitete. Wer sich Themen wie Folter, sowie sexuelle und körperliche Gewalt nicht zumuten möchte, sollte daher von der Lektüre dieser Serie Abstand nehmen. Auch Diejenigen, die Gleichgeschlechtliche Liebe verurteilen sollten sich besser anderen Lesestoff suchen.

SEELENLOS

Brüder des Lichts

Band 07

Leandra Low

Dark Fantasy

Impressum

Leandra Low schreibt bereits seit frühster Jugend. Sie selbst ist eine bekennende Leseratte und liebt es anderen aus ihren Werken vorzulesen. Dadurch entstand auch ihre Lesegruppe, »Das Dämonische Lesestübchen«, deren Mitglieder sich regelmäßig treffen.

Die freischaffende Künstlerin lebt mit ihrem Mann Christoph in Hannover, wo sie sich neben dem Schreiben mit Malerei, Illustration, darstellender Kunst und Musik beschäftigt.

*

Alle Rechte vorbehalten!

Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind von der Autorin frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufällig, oder so gewollt.

Kein Teil dieses Buches darf reproduziert, gescannt, in gedruckter oder elektronischer Form ohne vorherige Erlaubnis der Autorin verbreitet werden. Ausnahme ist die Benutzung von Auszügen in einer Buchbesprechung.

*

Copyright 2023 Leandra Low / ZAUSEL–VERLAG

[email protected]

Website: https://leandralow.de

Cover und Illustrationen* by Leandra Low.

ISBN: 978–3–96953–793–0 (E-Book)

Bestellung und Vertrieb:

Nova MD GmbH, Vachendorf

Bücher in gedruckter Form nur über die Website der Autorin erhältlich!

*Illustrationen nur in den gedruckten Büchern enthalten.

Die Farbdrucke enthalten zudem noch zusätzliche Illustrationen.

*

Für meine Tante Marlies,

die mich immer wieder aufs Neue überrascht.

Zumal ich nie davon ausgegangen bin,

dass ihr das Genre meiner Bücher gefallen könnten.

Liste der Engel & Dämonen!

Die Engel:

DER SEHER

Geschichtenerzähler Demar Julosrow aus Kroatien (geb. im Januar 1798 / 1820 bei Rettung zweier Kinder verbrannt) wird zum Engel SHYNTALL – Fantasie; Rufname: Demar

*

DER FORMWANDLER

Farmerstochter Lane Barrington aus Colorado (geb. Februar 1883 / 1904 zu Tode gefoltert) wird zur Angelina LOGANO – Regenbogen; Rufname: Loo

*

DER LICHTENGEL

Millionärssohn Jamain Erikson aus Schweden (geb. März 1957 / erwürgt 1974 aus Habgier) wird zum Engel HALDOR – Licht; Rufname: Hal

*

DER WETTERENGEL

Der 17-jährige Senatorensohn Antonio Lepidos (geboren im Rom der Antike / im Circus durch die Löwen getötet) wird zum Engel RAVETH – Regen; Rufname: Rain

*

DER HEILER

Bauernsohn Cristoff Kilian aus Deutschland (geb. Mai 1660 / 1681 als Hexer verbrannt) wird zum Engel SERENADE – Mondlicht; Rufname: Moon

*

DER LIEBESENGEL

Der 16-jährige Fischer Lamuell Koradis (geboren im Griechenland der Antike / bei Rettung einer Frau erstochen) wird zum Engel JALIMARA – Liebe; Rufname: Jali

*

DER SONNENENGEL

Gutbetuchter Bürger Angelo Petrell aus Österreich (geb. Juli 1968 / 1995 durch Auftragsmord, der seiner Freundin galt, getötet) wird zum Engel SAJO – Sonne; Rufname: Jojo

*

HERR DER PFLANZEN & SPRECHER DER TIERE

Einzelgänger Ronald O´Cloude aus Irland (geb. August 1938 / 1961 in den Tod getrieben – erhängte sich) wird zum Engel RUBIO – blutroter Rubin; Rufname: Red

*

DER ANFÜHRER

Elfenkaiser Albian van DeBeladore vertritt den Platz des 12. ten Kriegers.

*

DER SEELENLOSE & DREIZEHNTE KRIEGER

Elfenprinz Silvano van DeBeladore ist der Auserwählte JALAY – Seltenheit, Silber.

*

HERR DER GEZEITEN

Piratensohn Marco Lecourse aus England (geb. Oktober 1689 / 1719 im Kampf gegen Dämon Jesebell getötet) wird zum Engel WAROLL – Gold, wertvoll; Rufname: Waro

*

DER VAMPIRISCHE MEISTER DES SCHWERTES

Edelmann Renaldo D´Arbo aus Frankreich (geb. 20. November 1767 / 1789 von seiner eifersüchtigen Schwester erstochen) wird zum Engel MIRAGELL – Mitternacht; Rufname: Rage

*

DER FELSFORMER UND WANDLER

Der etwa 26-jährige Indianer White Eagle (Geburtstag unbekannt / starb im Kampf gegen Monsterbären) begegnet den Suchenden im Jahre 1993 in Kanada und wird zum Engel SHALARR – Schnee, Erstarrung; Rufname: Snow

***

Dämonen Krieger:

LUZIVERON – Anführer der Dämonen und begabter Gestaltenwandler / benutzt auf der Erde beim Opferfang überwiegend den Decknamen Damian Daniel Natas und betreibt zwielichtige Geschäfte.

*

MAIDEN – stolzer Wasserelf und Kampftalent / benutzt auf der Erde beim Opferfang den Decknamen Joshua Draven und arbeitet dort als Surflehrer und Modell.

*

LORENDOS – Sohn von Luziveron und ein wahrer Feuerteufel / benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt. War auf der erfolglosen Suche nach dem Kind der Prophezeiung.

*

XANTHOS – Werwolf – benutzt auf der Erde den Decknamen Romeo Savage, tritt als Rocksänger auf und heizt mit seinem Motorrad durch die Gegend.

*

ALESSIO – Hermaphrodit und Meister des Fleisches / benutzt auf der Erde den Decknamen Sergio Fernandez, arbeitet als Sänger und Tänzer. Er und der Engel Jalimara hatten sich bereits gegenseitig als Gegner erkannt.

*

RHAMSIS – ägyptische Teufelskatze und ältester der Dämonen / benutzt auf der Erde den Decknamen Donevan Somerville und arbeitet als Forscher der Archäologie. Wurde bereits von Engel Raveth als Gegner erkannt.

*

SANTANAS – durchgeknallter Sadist und zweitältester der Dämonen / benutzt auf der Erde den Decknamen Orlando Dela Lothring und frönt seiner Neigung als Snuff-Film-Regisseur. Wurde von Engel Shyntall bereits als Gegner erkannt.

*

KARAMIRR – dunkelhäutige Todeskralle / benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt.

*

VARUNGAR – Vogeldämon / benutzt auf der Erde den Decknamen Nicolai Lombardi und arbeitet als Kunstdozent.

*

JESEBELL – die Spinne des Todes / benutzte Identität auf der Erde noch unbekannt.

*

SHANDAAR – das Gift / benutzt auf der Erde den Decknamen Francesco Ylang und arbeitet in erster Linie als Dolmetscher.

*

JEEMAHL – der Vampir / benutzt auf der Erde den Decknamen Julian und arbeitete vor seinem Beitritt in Luziverons Truppe auf Errah als Edelcallboy. Erwirbt später den Erotikclub THE DRAGON SPELL in Hamburg, der den Dämonen sowohl als Tarnung dient, als auch, um dort ungestört auf Opferfang gehen zu können.

Der verlorene Sohn!

Zweiter Teil

Jemanden zu mögen,

misst man nicht am Aussehen,

sondern an der Einzigartigkeit!

Denn Schönes zu mögen ist leicht.

Charakter zu lieben erfordert Persönlichkeit!

(Verfasser unbekannt)

Unsicherheiten!

Altania – Hort der Engel

Mylandra hatte Albians Rückkehr von der Erde sehnsuchtsvoll erwartet. In der Hoffnung die Freude darüber, endlich seinen geliebten, irdischen Sohn wieder gefunden zu haben, würde ihn auch ihr gegenüber euphorischer eingestimmt haben.

Doch wieder einmal wurde sie enttäuscht.

Albian wirkte zwar sichtlich glücklich, erübrigte für sie jedoch nur einen flüchtigen Blick und ein kurzes Kopfnicken zur Begrüßung, als er in Begleitung seiner Vertrauten Demar und Moon an ihr vorbei stürmte und in seinem Arbeitszimmer verschwand.

Vermutlich muss er sich erst einmal nach dem gerade aufregenden Erlebten um einige wichtige Dinge kümmern und hat daher erst später für mich Zeit!, beruhigte sie sich.

Immerhin war er gleich nach ihrer Hochzeitsfeier überstürzt abgereist und hatte daher auch noch gar keine Möglichkeit sich auf seine Ehe einzustellen. Schließlich konnten sie noch nicht einmal ihre Hochzeitsnacht miteinander verbringen.

Mylandra hoffte darauf, dass dieses ausstehende Ereignis vielleicht noch in der kommenden Nacht nachgeholt wurde. Wenn sie erst einmal nebeneinander lagen, ließ Albian seine selbstauferlegte Zurückhaltung angesichts seiner verführerischen jungen Braut sicherlich fallen und brachte ihr endlich die körperliche Achtung entgegen, die ihr als frisch Angetraute zustand. Zumindest wünschte sie, dass sich ihre Hoffnungen erfüllten. …

Deutschland, Leipzig: Ende April 2009

Trotz aller optischen Veränderungen war Galimars Einstand in der Schule nicht unbemerkt geblieben, und die ersten Rivalität-Kämpfe, um die Gunst des interessanten Neuzugangs hatten bei den Mädchen längst eingesetzt.

»Wie findest du den Neuen? Der ist ja so was von süß«, schwärmte Magdalena ihren vier Freundinnen vor. Wobei ihre Blicke über den Pausenhof in Galimars Richtung glitten.

»Also süß ist nicht gerade die richtige Bezeichnung, die mir bei seinem Anblick einfällt«, grinste ihre Freundin Laura hingegen verheißungsvoll.

Drei weitere Mädchen, mit Namen Christine, Jennifer und Paula, gackerten los, während die arglose Magdalena große Augen machte: »Aber wieso? Er sieht doch wirklich süß aus!«

»Oh man Lena, du bist echt noch ein naives, kleines Dummchen. Solche Typen wie Armando findet man nicht einfach nur süß, sondern attraktiv und interessant, oder besser noch, heiß und sexy. Süß kannst du deine Barbiepuppen nennen, aber keinen Mann. Darauf reagieren die nämlich überwiegend allergisch«, belehrte Laura die Freundin altklug.

Die fünf Mädchen waren alle im Alter von 17 bis 18 Jahren und kannten sich schon seit der Grundschule. Doch während sich die anderen, was Jungen anging, immer weiterentwickelt hatten, träumte die noch unberührte siebzehnjährige Magdalena Porter weiterhin von ihrem Märchenprinzen.

Als Armando Garcia vor einer Woche als Neuzugang ihrer Klasse vorgestellt wurde, verliebte sie sich auf den ersten Blick in den bildhübschen Achtzehnjährigen. Sie war schlagartig überzeugt, in ihm den Mann ihrer Träume gefunden zu haben.

Hierbei gab es leider nur ein winziges Problem. … Sie war bei Weitem nicht die Einzige, die ein Auge auf ihn geworfen hatte. Alle Schülerinnen aus der 11 B waren von Armandos Anblick angetan und ihm spätestens verfallen, als sie den Klang seiner melodischen Stimme zum ersten Mal vernahmen.

Der Lehrer musste an diesem Schultag sehr oft zur Ruhe mahnen, da das Gekicher und Geflüster der Mädchen den Unterricht erheblich störten.

Der Grund dieser Unruhe hingegen ließ sich davon nicht beeinflussen, sondern beteiligte sich eifrig am Lehrstoff und bestätigte somit, dass er nicht nur attraktiv, sondern auch intelligent war. Bei einem Mann ein weiterer Pluspunkt, was die Zuneigung der Damen anbetraf. Schließlich dachte die moderne Frau zukunftsorientiert und ein potenzieller Ernährer brauchte schon etwas mehr als Muskeln und gutes Aussehen.

Hingegen die eingeschworene Männerclique der Klassengemeinschaft nahm sich vor, den Neuen möglichst zu meiden. Denn all das, was den Mädels gefiel, stieß die Jungen ab. Ein attraktiver Streber mit Gänsehautstimme und Schmachtblick war ihnen suspekt. Den brauchten sie so dringend, wie einen weiteren Hodensack. Also wurde Armando von den Jungen geschnitten und von den Mädchen aus der Ferne angehimmelt. Etwas, was er bereits von seiner Zeit im Kinderheim her kannte.

Seine Mitschüler fanden es allerdings merkwürdig, dass ihn ihr Verhalten gegenüber seiner Person nicht störte. Zumal er ohnehin gar nicht darauf aus zu sein schien, Freundschaften aufzubauen und wiederum das warf erneute Spekulationen auf.

Die Schüler wussten lediglich, dass er zusammen mit seinem älteren Bruder Renaldo von Berlin hierher nach Leipzig gezogen und ein Jahr lang nicht zur Schule gegangen war, weil er im Ausland unterwegs gewesen sei. Da er somit ein komplettes Schuljahr versäumte, holte er dieses jetzt nach. Obwohl der Unterrichtsstoff ihn augenscheinlich unterforderte.

Die Lehrer beratschlagten bereits darüber, ob es nicht besser für Armando wäre, ihn dieses Schuljahr überspringen zu lassen. Jedoch als man ihm dies, nach einigen Wochen der Beobachtung seiner Leistung, vorschlug, winkte er ab.

»Ich möchte den Anschluss nicht verpassen und außerdem fühle ich mich in meiner Klasse wohl!«, war seine Antwort, welche nicht nur die Lehrer erstaunte.

Die Schüler wunderten sich viel mehr darüber, wie Armando sich in ihrer Gemeinschaft wohlfühlen konnte, wo er doch so gut wie keinen Kontakt mit einem von ihnen hatte.

Wie hätten sie auch ahnen sollen, dass der junge Mann, den sie als Armando Garcia kannten, bewusst auf Abstand ging. Wobei er es ohnehin gewohnt war, allein zu sein. Erst recht, nachdem er ein Jahr lang mit Luziveron und seinen Leuten umhergezogen war. Kontakt mit ihm, hatte in der Vergangenheit für seine Bekanntschaften, den sicheren Tod bedeutet. Galimar lernte daher rasch, dass er die Menschen in seinem Umfeld vor den Dämonen nur beschützen konnte, indem er ihnen aus dem Weg ging.

Indessen, auch wenn der falsche Name und das veränderte Aussehen ihn selbst vorerst noch schützten, so war Galimar weiterhin davon überzeugt, dass seine bisherigen Weggefährten ihn früher oder später aufspüren würden. Daher hielt er es für klüger, wenn er ihnen keine allzu große Angriffsfläche durch nahestehende Menschen lieferte.

Bei den Jungen fiel ihm das auch nicht weiter schwer, da sie ihn ohnehin schnitten. Die Mädchen allerdings waren ein Problem, denn je mehr er sie mit Desinteresse strafte, desto stärker buhlten sie um seine Aufmerksamkeit. Also ignorierte er sie weiterhin beharrlich. In der Hoffnung, dass sie irgendwann das Interesse verloren, so wie die weiblichen Gäste aus dem Club THE DRAGON SPELL.

Etliche gaben sich auch tatsächlich schon bald geschlagen. Sie taten sein Verhalten als Arroganz ab und himmelten ihn daher lediglich noch aus der Ferne an. … Nicht so jedoch Magdalena und deren Clique. Unter den fünf Mädchen war ein regelrechter Wettstreit entbrannt. Jede wollte die harte Nuss Armando Garcia knacken.

Laura, Christine, Jennifer und Paula setzten hierbei auf eine forsche Art und ihre weibliche Reize. Allerdings ohne nennbaren Fortschritt. Armando blieb höflich, freundlich, jedoch weiterhin unnahbar. Magdalena dagegen verbuchte bald den ersten Erfolg, denn bei einer Projektwoche in Physik wurde ihr Armando als Partner zugeteilt.

Zunächst starb sie vor Aufregung tausend Tode, weil sie nicht wusste, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Zudem roch dieser Kerl fantastisch, und seine sanfte Stimme verursachte bei ihr eine wohlige Erpeltapete nach der anderen.

Bald jedoch hatte er ihr jegliche Befangenheit genommen. Die Ruhe, die er ausstrahlte, beruhigte sie zusehends und die freundliche Art, mit der er sie behandelte, nahm ihr die Scheu.

Schon einen Tag später ging sie ungezwungen mit ihm um und einen weiteren Tag später fasste sie all ihren Mut zusammen und fragte, ob er nicht Lust hätte am kommenden Wochenende mit ihr auszugehen.

Er zögerte und ihr Mut sank.

Dann jedoch … sie konnte es kaum fassen … sagte er zu. Sie verabredeten sich fürs Kino und Magdalena schwebte an diesem Tag auf Wolke sieben nach Hause.

*

»Hältst du es wirklich für eine gute Idee mit dem Mädchen allein auszugehen? Ich meine, warum habt ihr euch nicht zu mehreren verabredet?« Miragell zeigte deutlich sein Missfallen. Er hielt es für zu gefährlich, wenn Galimar allein mit jemanden unterwegs war.

»Es ist doch nur ein harmloses Date. Wir gehen lediglich ins Kino und hinterher `ne Pizza essen. Dabei werden wir die ganze Zeit von Menschen umgeben sein. Also mach dir keine Sorgen«, versuchte dieser seinen Schutzengel zu beruhigen.

Miragells skeptischer Blick sprach Bände. Andererseits konnte er es dem jungen Mann auch nicht verdenken, dass er ein wenig Spaß haben wollte.

Sie wohnten jetzt seit knapp vier Wochen in ihrer Zweck-WG zusammen und die ganze Zeit über hockte Galimar allein mit Miragell daheim, wenn er nicht gerade in der Schule war.

Natürlich hatten sie hatten die gemeinsame Zeit genutzt, um sich besser kennen zu lernen. Doch inzwischen war Miragell überzeugt, dass sie so ziemlich alles voneinander wussten. Dadurch waren sie Freunde geworden und verstanden sich prima.

Einzig das Kapitel Julian wurde vermieden. Zumal beide Männer oft an ihren ehemaligen Gefährten denken mussten und sich nach dessen Nähe sehnten.

Insbesondere Galimar hatte sich schon mehrmals in den Schlaf geweint, beim Gedanken daran, dass er seinem Julian niemals wieder so nah sein würde, wie in der Vergangenheit. Und das, wo er endlich begriffen hatte, wie viel ihm dieser Mann bedeutete.

Niemals hätte er sich träumen lassen, derart tiefe Gefühle für einen Mann zu entwickeln. Wobei er nach wie vor, den weiblichen Reizen nicht ablehnend gegenüberstand. Jedoch vermutete er, dass jede Frau den Kürzeren ziehen würde, wenn es ihm möglich wäre, wieder mit Jeemahl auf diese spezielle Art und Weise zusammen zu sein.

Da dies jedoch nicht mehr infrage kam, überlegte Galimar sein derzeitiges Verlangen im Zusammensein mit einer Frau stillen und seine Mitschülerin Magdalena hatte sein Interesse geweckt. Schon allein, weil sie Jessika, gegenüber der er sich noch immer schuldig fühlte, so ähnlichsah. Doch vor allem, weil sie sich nicht so plump und aufdringlich an ihn heranmachte, wie ihre Geschlechtsgenossinnen, sondern ihn mit ihrer verträumten Schüchternheit bezauberte.

Trotzdem war er ihr zu Anfang, wie allen anderen auch, aus dem Weg gegangen. Doch als sie sich dann ein Herz fasste und ihn um ein Date bat, konnte er nicht länger widerstehen und sagte zu. … Schon allein um ihrem Mut Respekt zu zollen.

Ihr überglückliches Gesicht entschädigte ihn für die Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung und der Angst, die er während ihrer Verabredung ausstehen würde.

Angst, in erster Linie um das zierliche Mädchen an seiner Seite. Er hoffte, dass er es nicht irgendwann bereute. Denn sollte Magdalena etwas zustoßen, würde er sich dies nie verzeihen, da er sie wissentlich in Gefahr gebracht hatte.

*

»Was hast du einen Dusel. Wehe, du berichtest uns nicht minutiös, wie der Abend verlaufen ist!« Der Neid war deutlich aus Christines Stimme herauszuhören.

Sie und Laura hockten bei Magdalena im Zimmer und beobachteten diese, wie sie aufgeregt ein Kleidungsstück nach dem anderen aus dem Schrank zerrte, bis sie endlich das richtige Outfit fand. Zumindest ihrer Meinung nach.

Laura hingegen zog eine Schnute.

»Willst du wirklich derart hausbacken zu einem Date mit dem derzeit heißesten Kerl der Schule gehen?«

Magdalena sah zweifelnd an sich herab.

Sie hatte einen weichfließenden, braunen Rock gewählt, der ihre schlanken Beine bis knapp übers Knie umschmeichelte und dazu ein gleichfarbiges Spitzentop, mit einem nicht zu gewagten Ausschnitt. Sie fand sich hübsch und vor allem fühlte sie sich in diesen Sachen wohl. Außerdem war sie sich sicher, dass ihre Auswahl Armando gefallen würde, denn er selbst trug auch überwiegend Erdtöne und vermied schrille Farben. Daher hatte sie vorgehabt, sich ihm optisch anzupassen.

Jedoch ihre Freundinnen waren bereits in heiße Debatten ausgebrochen, was Magdalena ihrer Meinung nach besser stand als der langweilige Fummel, wie Laura ihr Outfit abfällig betitelte.

Derzeit standen zur Wahl: Eine knallig rote Bluse mit tiefem V-Ausschnitt und dazu ein schwarzer Ledermini oder ein ebenso kurzes, türkisfarbenes Kleidchen, welches Magdalena noch nie zuvor gewagt hatte anzuziehen, da sie sich darin wie nackt fühlte.

Es widerstrebte ihr, die Vorschläge ihrer Freundinnen anzunehmen. Andererseits hatten die beiden wesentlich mehr Erfahrungen mit dem starken Geschlecht und wussten daher sicherlich, worauf es ankam. Doch gerade, als sie sich widerwillig umstimmen lassen wollte, klingelte es und ihre Mutter rief hoch, dass ihre Verabredung eingetroffen sei. Also keine Zeit mehr zum Umziehen.

Erleichtert sprang Magdalena zur Tür.

»Hey, slowly. Du willst ihm doch wohl nicht so kopflos entgegen stürmen? So, als hättest du die Minuten bis zu seinem Eintreffen gezählt. … Einen Mann muss man warten lassen. Ansonsten bildet er sich zu viel ein«, hielt Laura sie zurück.

»Also hast du auch noch genügend Zeit, dich umzuziehen«, frohlockte Christine und hielt ihr das sexy Kleid vor die Nase.

»NEIN! Entweder ich gefalle Armando so wie ich bin, oder er ist nicht der Richtige«, bestimmte Magdalena. Und ohne auf weitere Proteste ihrer Freundinnen zu reagieren, öffnete sie die Tür und begab sich ins untere Stockwerk.

Armandos Lächeln und sein anerkennender Blick bei ihrem Erscheinen bestätigten ihr, dass sie richtig entschieden hatte.

Er selbst trug eine dunkelgraue Stoffhose und einen rotbraunen Strickpullover mit V-Ausschnitt, der seinen Haut vorteilhaft hervorhob, während er einen dunkelbraunen Mantel locker über den Arm gelegt hatte.

Magdalenas Mutter warf ihrer Tochter einen lobenden Blick zu, der besagte, dass sie die Wahl ihres Begleiters guthieß.

Laura und Christine, die Magdalena in einigem Abstand gefolgt waren, verschlangen Armando förmlich mit Blicken. Sie verließen zusammen mit dem Pärchen das Haus, nachdem Magdalena die elternübliche Standpauke … von wegen, wann spätestens zu Hause sein und so weiter … über sich hatte ergehen lassen.

Draußen standen die vier Jugendlichen noch kurze Zeit beisammen und unterhielten sich, bis das Taxi vorfuhr, welches sie zum Kino bringen sollte.

Laura ließ es sich nicht nehmen, Armando und die Freundin mit Küsschen auf beide Wangen zu verabschieden. Ebenso wie Christine, welche Magdalena hierbei etwas in die Tasche ihrer Jeansjacke steckte.

»Für alle Fälle«, flüsterte sie ihr zu und grinste vielsagend.

Im Taxi sitzend griff Magdalena neugierig in die Tasche und zog den Inhalt heraus. Am liebsten hätte sie ihn allerdings sofort wieder zurückgestopft, zumal Armando Christines kleines Präsent ebenfalls sah.

In ihrer Handfläche lag ein Päckchen Kondome, Marke Extrafeucht!

Magdalena wurde krebsrot vor Scham.

Armando hingegen lachte: »Deine Freundinnen trauen uns ja beim ersten Date eine Menge zu. Zumindest hoffe ich, dass du nicht auf Quickies im dunklen Kinosaal oder vollbesetzter Pizzeria stehst!«

Sie schüttelte heftig den Kopf. Zu peinlich war ihr das alles. Sie hätte Christine am liebsten erwürgt. Sie so bloßzustellen. Schließlich wussten ihre Freundinnen doch alle, dass sie noch unberührt war, und es daher lieber langsamer angehen lassen wollte.

Sie getraute sich kaum Armando anzusehen.

Er schien ihre Bredouille zu bemerken und lächelte sie freundlich an: »Hey, ist doch nicht so schlimm. Deine Freundinnen wollten dich bloß aufziehen!«

Als sie immer noch keine Anstalten machte hochzublicken, sondern lediglich wortlos mit den Schultern zuckte, schob er seinen Zeigefinger unter ihr Kinn und hob es an. Somit zwang er sie, ihm in die Augen zu schauen, als er mit sanfter Stimme fragte: »Alles wieder in Ordnung bei dir?«

Sie schmolz innerlich unter seinem besorgten Blick und wollte gerade antworten, als ihr etwas auffiel. Irgendetwas stimmte nicht mit seinen Augen.

»Trägst du Kontaktlinsen?« platzte sie heraus und hätte sich am liebsten auf den Mund gehauen, als sie seinen verunsicherten Gesichtsausdruck sah.

»Äh ja, ich bin kurzsichtig, mag aber keine Brillen«, antwortete er nach dem ersten Schreck, um dann leiser hinzuzufügen: »Sieht man es sehr deutlich? Ich bin nämlich etwas eitel!« Er grinste schief.

»Nein, nein, keine Sorge, mir ist es ja zuvor auch nicht aufgefallen. Man muss dir schon sehr nahekommen, um es zu bemerken«, beteuerte Magdalena schnell und schauderte, als er sich erneut zu ihr beugte.

»So nah in etwa?«, fragte er und seine Stimme klang verführerisch.

»Vie-vielleicht noch etwas näher«, hauchte sie.

»Nah genug?«, raunte er noch kurz, bevor seine Lippen ihren Mund verschlossen.

Sein Kuss war zärtlich und sanft, so dass Magdalena genießerisch die Augen schloss und ein Seufzen nicht unterdrücken konnte. Jedoch gerade, als sein Kuss leidenschaftlicher wurde, stoppte das Taxi vor dem Kino.

»Sorry Kumpel. … Endstation! … Das macht dann 13,40 €«, grinste der Fahrer in den Rückspiegel und nun war es an Galimar rot zu werden.

Er reichte dem Fahrer einen 20 Euroschein und winkte bei der Rückgabe des Wechselgeldes ab.

»Danke, sehr großzügig! Aber soll ich euch zwei Hübschen nicht lieber doch woanders abliefern?«, flachste der Fahrer und erntete einen warnenden Blick Galimars.

»Hey, nichts für ungut. … Viel Spaß euch beiden noch«, fügte der Mann daher schnell hinzu.

»Danke, den werden wir haben!« Galimar half Magdalena beim Aussteigen und nahm ihre Hand in seine, als sie sich zum Kinoschalter aufmachten.

Und während sie ihn bei dieser Geste noch freudig anhimmelte, bemerkte keiner von beiden den Blick, des immer noch lächelnden Taxifahrers, dessen Gesichtszüge regelrecht zu schmelzen schienen, während er seine eigentliche Gestalt annahm.

»Davon bin ich überzeugt, Kleiner. Genieß es, solange du noch kannst!«

Nach diesen Worten steckte Luziveron sich eine Zigarette an und inhalierte den Rauch in tiefen wohligen Zügen.

*

Noch am selben Abend traf der Fürst der Dämonen in seinem Domizil auf Altania ein.

Lorendos hatte ihn wegen dringender Angelegenheiten herbeirufen lassen und somit musste die Beseitigung Galimars vorerst noch etwas warten.

Luziveron hoffte allerdings, dass es wichtig genug war, was sein Sohn ihm mitteilen wollte, denn er hatte sich schon sehr darauf gefreut, den kleinen Scheißer persönlich in die Mangel zu nehmen. Am besten noch, bevor Jeemahl gleichfalls dessen Aufenthaltsort herausfand und ihn abermals beschützte.

Bisher ging Luziveron davon aus, dass nur ihm geläufig war, wo Galimar wohnte und so lange das Bürschchen sich in Sicherheit wog, würde er schon noch seine Rache bekommen. War ohnehin schöner, wenn der Überraschungsmoment auf seiner Seite war.

Luziveron freute sich zumindest jetzt schon teuflisch auf Jeemahls blöde Visage, wenn er den Kleinen genüsslich vor den Augen des Vampirs zu Tode foltern ließ.

Mit dieser verlockenden Aussicht, welche ihm ein glückseliges Lächeln aufs Gesicht zauberte, betrat Luziveron ohne anzuklopfen die Räumlichkeiten seines Sohnes Lorendos. Woraufhin sein Blick sich schlagartig verdunkelte.

Ungehalten knurrte er: »Was gibt es denn so Wichtiges, dass nicht warten konnte? Anscheinend aber nicht wichtig genug ist, um dich vom Rumhuren abzuhalten?«

Finster starrte er seinen Sohn an, der sich gerade von zwei Sklavinnen verwöhnen ließ, als sein Erzeuger unangemeldet in seine Gemächer stürmte.

Lorendos fuhr erschrocken hoch, während sich die Frauen ängstlich zurückzogen. Danach maß er den Vater mit ebenso vorwurfsvollem Blick, wie dieser ihn: »Du weißt genau, dass ich es nicht schätze, wenn du hier einfach hereinplatzt. Außerdem habe ich dich noch nicht so schnell erwartet. … Aber nun gut, da du schon mal da bist-«

Er erhob sich, zog sich einen Hausmantel über seine Blöße und fuhr dann fort, während er zu einem Tisch trat, auf der eine Karaffe Wein stand: »Es gibt eine heiße Spur. Einer unserer Informanten weiß aus sicherer Quelle, dass der Engelkönig auf Errah war, weil man seinen Sohn – den Auserwählten – gefunden hat!«

Lorendos reichte seinem Vater einen Becher Wein, nachdem er für sie beide eingeschenkt hatte.

»Sehr gut«, strahlte Luziveron, während er sich mit seinem Becher in den nächstbesten Sessel plumpsen ließ und die Beine auf einem davorstehenden Hocker hochlegte. »Und weiß man auch, wer er ist und vor allem, wo er sich derzeit befindet?«

»Nein, aber ich denke, es kann nicht allzu schwer sein, das herauszufinden«, antwortete Lorendos selbstsicher und nahm einen tiefen Schluck.

Luziveron schnaubte: »Wenn du schon mal denkst, du Genie. Ich will Fakten haben und keine Mutmaßungen!«

»Das ist keine Mutmaßung. Mein Informant weiß es hundertprozentig«, verteidigte sich Lorendos.

Luziveron sprang so heftig auf, so dass der Wein über den Boden spritzte.

»Scheiß drauf! Was nützt mir alles Wissen der Welt, wenn ich keine Resultate sehe? Da lässt du mich extra hier aufschlagen, anstatt mir einfach eine Nachricht zukommen zu lassen. Und alles, was du mir hinterher anbietest, ist DAS? … Das der Auserwählte da unten rumturnt, weiß ich selbst, du Idiot. Dazu benötige ich keinen beschissenen Informanten.«

»Ich weiß das, Vater. Aber ich fand, dass du erfahren solltest, dass die Gegenseite uns bereits einen Schritt voraus ist, und zwar ohne, dass irgendjemand mitbekommt, dass wir davon wissen. Nachrichten können abgefangen werden. Außerdem konnte ich zumindest in Erfahrung bringen, in welchem Land und in welcher Stadt der Dreizehnte sich aufhalten soll«, giftete Lorendos zurück.

»Warum sagst du das nicht gleich. … Sprich endlich und verschwende nicht länger meine Zeit?«

»Leipzig. … In Deutschland«, brummte Lorendos kurz angebunden.

Es ärgerte ihn maßlos, dass sein Vater ihn ausgerechnet vor seinen beiden Lieblingssklavinnen behandelte, wie einen dummen Schuljungen. Wobei er nur vorsichtig sein wollte, indem er so kurz vor dem Ziel keinerlei Risiko einging.

Luziveron freute sich nun doch, als er ausrief: »Leipzig? Na, das passt ja perfekt. Da hielt ich mich gerade auf, als dein Ruf kam. Genau da versteckt sich im Moment auch dieser verfickte Toyboy von Jeemahl. Zwei Fliegen mit einer Klappe also!«

Lorendos zog die Stirn in Falten.

»Galimar? Findest du nicht, dass du deine Zeit damit verschwendest, wenn du dem Kerl weiter hinterherläufst? Der ist doch unwichtig«, rügte Lorendos seinen Erzeuger.

»Das lass mal meine Sorge sein. Immerhin habe ich noch eine Rechnung mit dem kleinen Mistsack zu begleichen. Du weißt ja, dass ich es auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn man mich hintergeht«, grinste Luziveron.

Dann wandte er sich nochmals an Lorendos, bevor er dessen Zimmertür ansteuerte.

»Gute Arbeit, Sohn. Nur weiter so. Aber das nächste Mal schick mir trotzdem eine Nachricht. Oder komm am besten gleich persönlich, wenn du deinem Senden nicht traust. Dann hätten wir jetzt schon eine Sorge weniger.«

»Was hast du jetzt vor?«, hielt Lorendos ihn zurück.

Luziveron drehte sich würdevoll um: »Wenn ich schon einmal hier bin, werde ich Kontakt mit einigen unserer Verbündeten aufnehmen. Denn ich gehe mal davon aus, dass du zu … beschäftigt warst, um dich darum zu kümmern. … Danach kehre ich zurück nach Errah. Erst in den Hamburger Club, um ein paar unserer Leute zu mobilisieren und dann geht es ab nach Leipzig. Wo wir hoffentlich zügig den Elfenbastard in die Finger kriegen.«

»Und was soll ich derweil machen?«, brummte Lorendos.

»Das, was du am besten kannst. Mir möglichst nicht im Wege stehen!«, war die Antwort, bevor Luziveron das Zimmer seines Sohnes eilig verließ.

Als die Tür hinter seinem Vater endlich ins Schloss fiel, verzog Lorendos entnervt das Gesicht, bevor er sich aufseufzend zurück in die Laken fallen ließ. Wo er sogleich von den beiden eifrigen Sklavinnen umworben wurde, die ihn nach kürzester Zeit den Frust über die barsche Behandlung seines Erzeugers vergessen ließen. …

Erkenntnisse!

Deutschland, Leipzig:

Mitte Mai 2009

»Gib endlich ab, verdammt noch mal!«

Galimar konnte es nicht fassen. Er stand absolut frei und diese blöden Idioten von Mitschülern weigerten sich, ihn in das Basketballspiel mit einzubeziehen. Dabei war er einer der besten Korbwerfer ihres Schulteams.

Doch noch immer war er auch der Außenseiter ihrer Klasse und so langsam ging ihm dieser Zustand gehörig auf die Nerven. Schon allein wegen Magdalena, mit der er nun schon seit zwei Wochen zusammen war und die sehr unter den Zurückweisungen der anderen litt.

Wie konnte man, ihrer Meinung nach, einen so wundervollen Menschen wie ihren Armando nicht mögen?

Allerdings versuchte sie auch Verständnis für ihre Klassenkameraden aufzubringen, denn Armando machte es denen nicht gerade leicht.

Schon öfter hatte sie versucht, ihren Freund davon zu überzeugen, dass er nicht ganz unschuldig an diesem Zustand der Ablehnung sei. Schon allein, weil er gegenüber den anderen weiterhin den Unnahbaren spielte und mit seiner Gleichgültigkeit niemanden dazu herausforderte, sich ihm zu nähern.

Aber sie konnte ja auch nicht wissen, dass Galimar, Miragell hoch und heilig hatte versprechen müssen, weitere Kontakte zu meiden. Um die Menschen in seinem Umfeld zu schützen.

Also ließ er sich nicht anmerken, wie sehr ihm die Gesamtsituation zu schaffen machte. Stattdessen versuchte er seine Liebste davon zu überzeugen, dass er lieber mit ihr allein wäre, anstatt die Gesellschaft ihrer Freunde zu suchen. Und da auch Magdalena seine Nähe schätzte, gab es diesbezüglich keinerlei Probleme.

Zumal wir Zwei zur Zeit eh eine neu entdeckte Zweisamkeit genießen, bei der Zuschauer eher störend sind!, grinste Galimar.

Er wurde augenblicklich aus seinen Gedanken gerissen, als einer seiner Teamkollegen ihn rüde anrempelte und Galimar hierdurch unsanft zu Boden ging.

Noch bevor er seinen Angreifer anfahren konnte, spürte er plötzlich einen heftigen Schmerz im Arm. So, als wenn sich eine lange Nadel in sein Fleisch bohren würde. …

Juni 2009

Zufrieden streckte Magdalena sich. Sie gähnte herzhaft und blieb noch einen Moment auf dem Rücken liegen, um den vergangenen Abend Revue passieren zu lassen, bevor sie sich zu Armando umdrehte. Dem hatte sie im Schlaf den Rücken zugewandt.

Die letzte Nacht war abermals wunderschön gewesen. Sie war überglücklich. Sie liebte es, mit Armando zu schlafen und sie war unendlich froh, dass er ihr erster Liebhaber gewesen war.

Egal, was die anderen von ihm dachten, sie vergötterte ihn von ganzen Herzen und sie wollte niemals mehr ohne ihn sein. Allein die Erinnerung an ihre erste gemeinsame Nacht weckte immer noch wohlige Schauer in ihr.

Er war so einfühlsam und zärtlich mit ihr umgegangen und seine Fingerfertigkeit zeugte von Erfahrung.

Magdalenas anfängliche Aufregung war schnell Wollust und Begehren gewichen. Sie hatte sich fallen gelassen und seinen Umgang mit ihrem Körper mit all ihren Sinnen genossen.

Himmel, so sollte es einfach immer sein, wenn Leidenschaft und Lust sich paaren!, seufzte sie im Stillen.

Sie drehte sich zu ihm und wollte ihm einen Kuss auf die nackte Schulter geben, als ihr plötzlich auffiel, wie schlank und beinah zierlich die Gestalt wirkte, die neben ihr unter der kühlen Bettdecke lag.

Und so langes, glattes Haar hatte Armando doch eigentlich nicht … oder?

Die Gestalt bewegte sich und drehte sich dann zu ihr um.

Magdalenas Kinnlade klappte herunter.

Neben ihr lag eine hübsche, junge Frau, die plötzlich langsam und schläfrig die Augen aufschlug und sie zärtlich anlächelte.

»Wwwwer … wer sind Sie?«, wollte Magdalena entrüstet wissen. »Und was zum Teufel machen Sie in Armandos Bett?«

»Hey, willst du mich ärgern Prinzessin?«, fragte die Andere zurück.

Doch als sie ihre eigenen Worte hörte, veränderte sich ihr lächelnder Gesichtsausdruck schlagartig, als hätte sie sich beim Klang der eigenen Stimme erschreckt. Unverständnis und Schrecken zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.

Dann sprang sie aus dem Bett und rannte zum bodenlangen Spiegel, der gegenüber vom Bett an der Wand angebracht war. Als sie ihr Spiegelbild erblickte, schrie sie gellend auf, fiel auf die Knie und schlug entsetzt die Hände vors Gesicht. »Oh Gott, was … was ist mit mir passiert?«

Auch Magdalena war aus dem Bett gesprungen und trat nun hinter die Fremde.

»Was … was geht hier vor? Wer sind Sie und wo … wo ist Armando?«, rief sie aufgebracht und schämte sich im gleichen Moment für ihren Wutanfall, als die Frau aus tränenüberströmten Augen zu ihr aufsah.

»Ich … ich bin-«, schluchzte diese auf und verstummte schlagartig.

Erneut rannen dicke Tränen über ihr makelloses, aber von nackter Angst gezeichnetes Gesicht. Dann sprang sie auf und schrie wie wild den Namen von Armandos Bruder.

Dabei schien es sie nicht zu stören, dass sie außer einem Slip, der eindeutig eine Männerunterhose war, nichts weiter am Körper trug.

Als die Fremde Anstalten machte, das Zimmer zu verlassen, erwachte Magdalena aus ihrer Starre, stürzte sich von hinten auf die junge Frau und hielt sie fest.

Zumindest versuchte sie es, denn die andere verfügte über Bärenkräfte und war daher kaum zu bändigen.

»Oh nein, meine … meine Liebe, hier wird nicht abgehauen!Du wirst … du wirst mir jetzt augenblicklich sagen, was … was du mit Armando angestellt hast?«, keuchte Magdalena angestrengt.

»Ich bin Armando!«, brüllte die Fremde plötzlich mit funkelnden Augen und riss sich gleichzeitig von Magdalena los. Die verlor daraufhin das Gleichgewicht und landete unsanft auf dem Hosenboden.

»Himmel, auch noch eine Irre«, murmelte sie benommen und wich rückwärts krabbelnd vor dem Mädchen zurück, so als habe sie Angst sich an deren Krankheit, oder was immer es sonst war, anzustecken.

»Entschuldige bitte. Ich wollte dir nicht wehtun«, kam es von dieser und sie streckte Magdalena hilfreich die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen.

Die jedoch übersah die versöhnliche Geste und rappelte sich eigenständig auf. Sie umrundete die Fremde in gehörigem Abstand, ohne sie hierbei aus den Augen zu lassen.

Daraufhin sackte das Mädchen zu Magdalenas Füßen nieder, so als habe man sie aller Kräfte beraubt, und sah flehentlich und bittend zu ihr empor

»Bitte glaube mir Lena … ich bin Armando. Ich weiß auch nicht, was mit mir passiert ist. Sag mir doch, dass dies alles hier nur ein böser Traum ist!«

Magdalena, die inzwischen die Zimmertür erreicht hatte, riss diese nun auf und brüllte nun gleichfalls Renaldos Namen in den Korridor.

Der erschien auch schon wenige Sekunden später im Treppenhaus. Zumal er bereits die alarmierenden Schreie der anderen Frau vernommen hatte, sich jedoch zu dem Zeitpunkt noch auf der Veranda befand, um gemütlich seinen ersten Kaffee … er liebte dieses herrliche Gesöff … zu trinken.

Magdalena rannte ihm entgegen und warf sich verstört in seine Arme.

»Was um Himmels Willen ist hier los? Wo ist Ga…äh Armando?« Miragell wollte sich aus Magdalenas Umklammerung lösen, doch diese hielt ihn unerbittlich fest.

»Armando … Armando ist fort und diese Verrückte, neben der ich heute aufgewacht bin, behauptet sie sei er! … Wo immer die auch so plötzlich hergekommen ist«, stieß sie hervor und deutete in die Richtung von Galimars Schlafzimmer.

Noch ehe Miragell auch nur einen Schritt in die angegebene Richtung tun konnte, hörte er in seinem Kopf wie Galimars Stimme in Gedanken zu ihm sprach: Miragell! Bitte, hilf mir Rage … hilf mir doch! Was passiert hier mit mir?

»Galimar! Galimar, wo bist du?« Miragell war ganz blass um die Nase geworden.

Magdalena sah verwirrt zu ihm auf: »Wer … wer ist Galimar?«

Doch sie bekam keine Antwort, denn er stieß sie von sich und stürzte, von dunklen Vorahnungen getrieben, in das Zimmer seines Schützlings … und erstarrte.

Vor ihm auf dem Boden kniete eine Frau, die aussah, als würde dort Julian in weiblicher Form hocken.

Er fühlte, wie seine Knie weich wurden, als sie ihren Kopf anhob und ihn aus großen, tränenfeuchten Augen entgegenblickte. Unergründliche, tiefbraune Augen, die ein bildhübsches Gesicht beherrschten, dessen feingezeichnete Züge von langen, blauschwarzen Haarkaskaden umrahmt wurden. Und erst diese Wahnsinnsfigur, wohlgeformt und voller Grazie, aber auch von einer Zerbrechlichkeit, die ihre gesamte Erscheinung ausstrahlte.

Vielleicht ist sie gar eine Schwester von Julien?, dachte Miragell benommen, wobei er den Blick nicht abwenden konnte. Er verliebte sich auf der Stelle in dieses wundervolle Geschöpf.

Dann jedoch riss er sich zusammen.

Das ist bestimmt nur eine geschickte Täuschung!

Er wollte bereits zum Angriff übergehen, da er nun in dieser begehrenswerten Erscheinung einen Gestaltwandlerisch begabten Dämonen vermutete, der sich Galimars bemächtigt hatte, als die dunkelhaarige Schönheit ihn erneut mit seinem Seelennamen ansprach. Hierbei streckte sie hilfesuchend ihre Hand in seine Richtung.

»Bitte Miragell, bitte hilf mir doch!«

»Wer bist du?« Miragells Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und doch ahnte er bereits die Antwort. Auch wenn er diese nicht begreifen wollte. Zumal außer Albian, den Engeln und Galimar, dem er diesen persönlich als Vertrauensbeweis anvertraut hatte, niemand sonst Miragells Seelennamen kannte.

Oh bitte nein. Bitte, das darf einfach nicht wahr sein!, betete er im Stillen und wusste doch, dass es die Wahrheit war. Schon allein, als er nun in den verweinten Augen der jungen Frau Galimars sanften Blick erkannte. Nur das diese Augen, die er bisher kannte, nun tatsächlich die Farbe geändert hatten.

Aus dem auffälligen Kornblumenblau war gegenwärtig, ohne die Hilfe von Kontaktlinsen, ein samtiges Braun geworden. Aber dieser Blick … dieser geradezu hypnotische Blick, war immer noch derselbe.

Miragell konnte und wollte sich einfach nicht vorstellen, dass diese Traumfrau sein Schützling sein sollte.

»Mein Gott Kleiner, was haben die mit dir gemacht?«, stieß er mit rauer Stimme hervor.

Noch ehe er wusste, wie ihm geschah, lag dieses bezaubernde Geschöpf bereits in seinen Armen und presste ihren wohlgeformten … nackten … Körper schutzsuchend an seine breite gleichfalls nackte Brust.

Warme, samtweiche Haut berührte ebenso samtige Glätte.

Zwei aufgeregt hämmernde Herzen schlugen im Einklang.

Miragell konnte gar nicht anders, als diese innige Umarmung zu erwidern.

Aber er musste zugeben, dass ihn diese vertraute Geste alles andere als kalt ließ. Es fiel ihm schwer sich vor Augen zu führen, dass diese begehrenswerte, beinah nackte Frau niemand anders als Galimar war. Daher wurde sein Atem heftiger und es kostete ihn eine Menge Kraft, sich sanft aus dessen Umklammerung zu befreien. Hiernach griff er nach einem an der Tür hängenden Morgenmantel und legte diesen um die Schultern des Mädchens.

Magdalena indessen wusste nicht so recht, was sie von der Gesamtsituation halten sollte. Daher setzte sie sich still aufs Bett und beobachtete aus sicherer Entfernung, was da vor sich ging.

Bis Miragell sie darum bat, doch für sie alle Kaffee zu kochen, damit sie in Ruhe beratschlagen konnten, was nun geschehen sollte. Genau genommen, wie es überhaupt zu dieser radikalen Geschlechtsumwandlung gekommen war.

*

Nach zwei weiteren Stunden und etlichen Tassen Kaffee waren sie zwar immer noch nicht schlauer als vorher, aber zumindest hatte, jeder für sich, einen Verdacht.

Zuvor hatte Miragell allerdings Magdalena gebeten nach Hause zu gehen, da er und die Fremde ein internes Familienproblem zu lösen hätten. Es schien sogar, als sei das Mädchen froh, von der Bildfläche verschwinden zu können.

Bevor sie allerdings ging, bat sie wiederum Miragell eindringlich darum, dass er ihr sofort Bescheid geben sollte, wenn er etwas von Armando hörte.

Nach wie vor hielt Magdalena die Behauptungen der jungen Frau für schwachsinnigen Unsinn und Miragell ließ sie in dem Glauben. Schließlich konnte er ihr schlecht erklären, dass es da, wo er herkam, durchaus möglich war, in einem sehr kurzen Zeitraum die Gestalt zu wechseln.

»Vielleicht bist du ja, ohne es zu wissen, doch ein Gestaltenwandler«, mutmaßte er demnach auch, nachdem Galimars Freundin gegangen war.

»Bei vielen kommen diverse Fähigkeiten erst zutage, wenn sie volljährig sind!«

Doch Galimar schüttelte entschieden den Kopf. »So ein Quatsch. Ich bin doch kein Werwolf. … Nein, da glaube ich schon eher, dass irgend so ein Irrer mir beim letzten Basketballspiel eine Injektion verabreicht hat, die mich nach einigen Wochen zur Frau macht. … Ich habe dir doch davon erzählt, oder?«

Miragells skeptischer Blick traf ihn, bevor dieser seufzend entgegnete: »Ja hast du. Aber ganz ehrlich? Ich weiß nicht, wie weit die Wissenschaft der Menschheit inzwischen Fortschritte gemacht hat, aber dass man den Geschlechtertausch mittels einer simplen Injektion beschleunigen kann, halte ich dennoch für unmöglich!«

Galimars Gesichtsausdruck verfinsterte sich, als er schmollend antwortete: »Ich nicht! Es gibt so vieles, was die Regierung dem Normalbürger vorenthält. Vielleicht haben die ja jemanden gebraucht, an dem sie herumexperimentieren können, weil sie Nebenwirkungen befürchten!«

»Ach, und dann suchen sie so Jemanden ausgerechnet an deiner Schule? Und wie es der saublöde Zufall mal wieder will, trifft es natürlich dich. Sehr unwahrscheinlich, würde ich mal sagen. Galimar, sei ehrlich, daran glaubst du doch wohl selbst nicht? Dafür bist du ein viel zu cleveres Kerlchen … äh Weibchen!«

Miragell verschränkte bei seiner letzten Bemerkung lachend die Arme, woraufhin Galimars Gesichtsausdruck noch eine Spur finsterer wurde.

Er hockte in einem seiner, nun viel zu großen, T-Shirts und abgeschnittenen Shorts neben Miragell und schien geradezu von der Idee besessen, diesen Unbekannten zu finden und ihn hiernach zu zwingen, seine Tat rückgängig zu machen.

Miragell hingegen vermutete eher, dass anstelle eines Irren, Albian seine Finger im Spiel hatte, um seinen Jüngsten vor den Dämonen zu schützen. Deren nahende Präsenz der dunkle Engelskrieger in letzter Zeit immer deutlicher spürte.

Es bestand jedoch im Moment keine Möglichkeit in diesem Punkt schnelle Klärung zu finden, da derzeit jegliche Verbindung zum Palast der Engel unterbrochen worden war. Was wiederum Miragell noch mehr darin bestärkte, seinen Vermutungen Glauben zu schenken.

*

Bevor sie also nun Genaueres in Erfahrung bringen konnten, besann sich Miragell zunächst einmal darauf, der Schulbehörde mitzuteilen, dass sein Bruder aufgrund einer familiären Angelegenheit vorerst nicht mehr zur Schule kommen könne. Denn Galimar wollte auf keinen Fall als Amanda die Schulbank drücken.

Hierfür nutzte Miragell bei der Dame im Schulbüro, die ihn schon bei Galimars Anmeldung angehimmelt hatte, seine vampirische Gabe. Obwohl das in ihrem Fall wohl kaum von Nöten gewesen wäre, wie ihr anbetender Blick verriet.

»Oh, ich hoffe doch sehr, dass es nichts Ernstes ist?«, flötete die Frau. »Ist jemand erkrankt?«

Miragell setzte sein charmantestes Lächeln auf: »Ihre Feinfühligkeit versetzt mich in Erstaunen, Madam!«

Sein Gesichtsausdruck verwandelte sich und der bekümmerte Blick, den er nun aufsetzte, hätte einen Stein erweichen können: »Leider verhält es sich tatsächlich so, dass unsere Großmutter väterlicherseits im Sterben liegt. Armando war ihr immer der Liebste ihrer Enkelkinderschar und auch er hing mit einer Affenliebe an seiner Oma. Daher möchte er die Zeit bis hin zu ihrem Ableben mit ihr verbringen. … Ich denke aber mal, aufgrund seiner bisherigen schulischen Leistungen dürfte es kein Problem für ihn sein, den Schulstoff nach seiner Rückkehr schnellstmöglich aufzuholen. Nicht wahr?«

»Nun … Herr Garcia. Eigentlich ist es nicht üblich, einen Schüler auf längere Sicht freizustellen. Aber ich denke, im Anbetracht, dass Ihr Bruder wirklich zu den Besten seines Jahrgangs zählt, dürfen wir wohl mal eine Ausnahme machen. Offiziell gilt ihr Bruder allerdings als krankgeschrieben. Einverstanden?«

»Wie könnte ich da widersprechen?«, säuselte Miragell und sein verheißungsvoller Blick ließ die Frau wohlig erschauern.

*

Nachdem dies nun geklärt war, widmeten sich Miragell und sein Schützling der größten Hürde.

Galimar musste nun wohl oder übel lernen, wie es war, als Frau zu leben. Was sich nicht immer als einfach erwies.

Neben einigen Kleinigkeiten, wie einem fraulicheren Gang oder bei einem öffentlichen WC die richtige Toilette aufzusuchen, gab es da insbesondere die Auswahl der Garderobe. Denn Galimars Sachen passten seiner nun weitaus zierlicheren Figur absolut nicht. Also musste Neues her.

Leider hörte er bei seiner ersten Shoppingtour auf die Verkäufermeute, die ihn umschwirrte, und es als Sünde empfand, seine aufregenden Formen nicht in Szene zu setzen. Daher gehörten anfangs verspielte Kleidchen, enge Tops, halterlose Strümpfe und allerhand anderes aufreizendes Zeug zu seinen Outfits.

Wen wundert es daher, dass ihm die Männer in Scharen hinterherliefen, während selbst Miragell bei Galimars Anblick ein ums andere Mal der Atem stockte.

Die Wirkung die er als Mann auf Frauen ausgeübt hatte, strahlte er nun tonnenweise auf das männliche Geschlecht aus. Allerdings nicht vorrangig im positiven Sinne, denn seine Klamotten ließen wohl eher darauf schließen, dass er zu den Mädels gehörte, die leicht zu haben waren.

Galimar hatte es manches Mal als lästig empfunden, wenn ihm als Mann ständig Frauen interessierte Blicke hinterherwarfen, oder mit ihm flirteten. Denn manche von ihnen konnten unangenehm direkt sein. Aber die meisten waren ihm immerhin mit liebenswürdiger Höflichkeit und Zurückhaltung begegnet.

Die Männer hingegen, die ihm jetzt als Frau den Hof machten, waren da aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Oftmals aufdringlich und rüpelhaft.

Miragell sah sich so manches Mal regelrecht gezwungen mit den Fäusten zu drohen, wenn er und sein Schützling unterwegs waren. Daher präsentierte er in der Öffentlichkeit Galimar gleich als seine Freundin, was darauf hinauslief, dass die beiden Arm in Arm oder zumindest Händchen haltend durch die City liefen.

Was für beide eine Art Tortour war.

Für Galimar, weil er sich dadurch noch mehr in die Mädchenrolle gedrängt fühlte und für Miragell, weil es diesen ganz kribbelig machte, den Freund berühren zu müssen.

Galimar war die ganze Angelegenheit unangenehm und er hoffte, indem er seinen Klamotten–Style etwas züchtiger gestaltete, würde sich das Problem von selbst lösen. Jedoch weit gefehlt. Vermutlich hätte er sich einen Kartoffelsack umbinden können und die Männerwelt hätte ihm trotzdem zu Füßen gelegen. Also gab er sich letztendlich geschlagen und tat das, was er schon als Mann am besten beherrscht hatte.

Er ignorierte die Menschen in seinem Umfeld. Mit dem Unterschied, dass er dies diesmal nicht zu ihrem Schutz, sondern zu seinem eigenen tat. Und das deprimierte ihn zusehends.