Seewölfe - Piraten der Weltmeere 724 - Davis J. Harbord - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 724 E-Book

Davis J. Harbord

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Beschreibung

Die Jolle "Little Isabella" segelte auf den Steg zu - mit ziemlicher Braßfahrt. Jean Ribault warf dem kleinen David, dem Sohn Smokys, einen raschen Blick zu. Der hatte die Lippen zusammengepreßt und eine steile Falte über der Stirn. Die Augen, etwas schmal, spähten abschätzend zu dem Steg. Das geht nicht gut! fuhr es Jean Ribault durch den Kopf. Das wird kein Aufschießer, sondern eine Ramming! Er hat viel zuviel Fahrt drauf, dieser verdammte Admiral! der segelt Steg und Jolle zu Bruch daß es nur so raucht! Jean Ribault meinte, es bereits krachen zu hören. Er hatte sich selten derart geirrt. Wie bei der ersten Wende, als sie noch geübt hatten, stieß Dave fast brutal die Pinne nach Backbord. Die Jolle schoß in den Wind - und blieb eine knappe Handbreite vor dem Steg stehen...

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Impressum© 1976/2021 Pabel-Moewig Verlag KG,Pabel ebook, Rastatt.eISBN: 978-3-96688-146-3Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Davis J. Harbord

Eine Jollenamens „Little Isabella“

Sie wollten hinter die Kimm schauen – und entdeckten den Feind

Der Mann, der an diesem Nachmittag im Vormars der spanischen Kriegsgaleone „Santa Ana“ die Ausguckwache ging, hieß Diego Ordaz. Die „Santa Ana“ war das Flaggschiff des Generalkapitäns Don Gaspar de Amoro, und darum segelte sie an der Spitze des Flottenverbandes, der außer der „Santa Ana“ aus zwei weiteren Kriegsgaleonen und zwei Kriegskaravellen bestand.

Diego Ordaz bemerkte als erster die merkwürdige Verfärbung des Wassers voraus. Es waren braune, rotbraune und gelbschwarze Felder in der See, und sie erstreckten sich von Osten nach Westen. Die „Santa Ana“ lief mit Südkurs und Wind aus Nordosten auf sie zu.

„Verfärbtes Wasser voraus!“ brüllte Diego Ordaz zum Deck hinunter, denn er mußte als Ausguck alles melden, was er sichtete. Welche Bedeutung allerdings das „verfärbte Wasser“ hatte, das wußte er nicht, denn es war seine erste Reise in die Karibik …

Die Hauptpersonen des Romans:

Don Gaspar de Amoro – segelt zum ersten Male in die Karibik – und gleich mit seinem Flaggschiff auf ein Riff.

Jean Ribault – gewinnt eine Wette gegen den Wikinger und stellt sich als Segellehrer für die Kinder des Bundes zur Verfügung.

David Smoky und Edwin Shane O’Flynn – segeln dem Teufel beide Ohren ab und melden beim Bund „Feind in Sicht“.

Thyra und Thurgil – das Zwillingspärchen des Wikingers ist für jeden Schabernack gut und verbüßt für den letzten Streich Kammerarrest.

Thorfin Njal – der Wikinger hat zwar eine rauhe Schale, aber vor zwei Sündern nimmt er sogar seinen Helm ab.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

1.

Die „Santa Ana“ und die ihr folgenden vier spanischen Kriegsschiffe hatten vor einer Stunde die Nordspitze der Bahama-Inseln Cat Island gerundet und waren auf Südkurs gegangen. Sechs Wochen hatten sie für die Fahrt über den Atlantik gebraucht. Von Sevilla waren sie mit Ziel Havanna auf Kuba ausgelaufen.

Don Gaspar de Amoro – er hielt sich für besonders klug – war der Route des Christoph Kolumbus gefolgt, die dieser auf seiner ersten Reise westwärts gewählt hatte. Die erste Insel, auf die Kolumbus bei seiner Suche nach dem sagenhaften Indien gestoßen war, hieß Guanahani, und er hatte sie San Salvador getauft.

Don Gaspar unterlief der folgenschwere Fehler, Cat Island für San Salvador zu halten. Weder er noch sein Erster Offizier hatten den Äquatorialstrom berücksichtigt, von dem alle fünf Schiffe nach Norden versetzt worden waren.

Bei Sichtung von Salvador hatte Don Gaspar frohgelockt und befohlen, die Insel an Backbord zu lassen und nach Passieren der Nordspitze auf Südkurs zu gehen, wie es auch Kolumbus getan hatte.

Als der Ausguck das „verfärbte Wasser voraus“ meldete, wandte sich Don Gaspar keineswegs alarmiert an den Ersten Offizier und fragte nach dem Sinn dieser Meldung.

„Der Kerl will sich nur wichtig tun“, sagte der Erste geringschätzig und zuckte mit den Schultern. „Ständig melden diese Idioten irgendwelchen Firlefanz, um damit zu verkünden, daß sie nicht schlafen.“ Auch der Erste bereiste zum erstenmal die Karibik und war sich nicht darüber klar, was die Verfärbungen des Wassers verrieten.

Als er jetzt das Spektiv ans Auge setzte und nach voraus spähte, erklärte er sogar noch: „Das Wasser voraus sieht dunkler als üblich aus – ein typisches Zeichen dafür, daß es dort tiefer wird.“

„Aha“, sagte Don Gaspar.

Weder er noch der Erste oder sonstjemand wußte, daß sie auf ein gefährliches Riffgebiet zusegelten, das sich vor ihnen über eine Breite von etwa zwei Meilen erstreckte, ein Gebiet, das aus Plateaus und Riffen verschiedenartiger Korallenarten bestand, die sich dicht unter der Wasseroberfläche befanden. Der Färbung des Wassers entsprach der Vielfalt der gelbschwarzen, braunen und rotbraunen Korallen, deren Farben das Hell des Wassers tatsächlich dunkler erscheinen ließen.

Von einem „typischen Zeichen“ für tieferes Wasser konnte hier allerdings keine Rede sein – im Gegenteil, es signalisierte dem Karibikfahrer, schleunigst und radikal eine Kursänderung vorzunehmen.

Bei dem Nordost-Passat hätte die „Santa Ana“ – sie segelte über Steuerbordbug – anluven können, wäre dann allerdings auf die nördliche West- oder Leeküste von Cat Island zugelaufen. Oder sie hätte halsen müssen – was am schnellsten gegangen wäre. – Dann wäre sie an der Riffbarriere ostwärts in tieferes Wasser und auf die Südspitze der Bahama-Inseln Fleuthera zugesegelt.

In Unkenntnis der gefährlichen Situation tat der Señor Generalkapitän weder das eine noch das andere. Er strich sich lediglich über den recht beachtlichen Bauch und dachte dabei an das abendliche Mahl. Von dem lebend an Bord mitgeführten Federvieh waren einige Hühner geschlachtet worden, die an diesem Abend, knusprig gebraten, serviert werden sollten.

Nach der Rangordnung würde der Señor Generalkapitän die Hühnerbrüstchen verspeisen, seinen Offizieren blieben die Schenkel und was sonst noch abfiel. Die Decksleute und Seesoldaten würden sich lediglich mit dem Bratenduft begnügen müssen.

Ihre Mahlzeit bestand aus einer lieblos zusammengekochten Pampe gedörrter Bohnen und vergammelten Pökelfleisches, zu der es eine Scheibe Schiffszwieback gab. Die weißen Maden in dem Zwieback konnte man herausklopfen oder mitessen. Eßbar war der steinharte Zwieback auch nur, wenn man ihn in der Pampe aufweichte.

Don Gaspar wäre nie in den Sinn gekommen, in der unterschiedlichen Bordverpflegung für Offiziere und Mannschaften ein Mißverständnis zu sehen oder gar die von Gott gewollte Ordnung anzuzweifeln, die besagte, daß es zweierlei Menschen gäbe: die Herrschenden und die Dienenden. Wer herrschte, hatte auch das Recht, besser zu leben, meinte Don Gaspar. Schließlich trug er ja schwer an der Verantwortung für fünf Kriegsschiffe der spanischen Krone.

Sieben Minuten nach der Sichtmeldung des Diego Ordaz bäumte sich der Bug der Galeone knirschend auf, und die „Santa Ana“ schob sich fast bis in Höhe des Besanmastes auf ein Korallenplateau – dieses alles unter einer Geräuschkulisse, die vom Schrammen des Kiels über einen harten Untergrund bis zum Knarren und Ächzen des gequälten Riggs reichte. Diese gräßlichen Geräusche vermischten sich mit dem Geschrei und Gebrüll der Männer über und unter Deck.

„Was – was …“, stammelte Don Gaspar schreckensbleich und hielt sich an der Querbalustrade des Achterdecks fest, weil er seltsam weiche Knie hatte.

Der Rudergänger am Kolderstock, ein alter Fahrensmann, knurrte: „Wir sind aufgebrummt, Señor Generalkapitän. Hoffentlich kracht uns jetzt keiner auch noch achtern rein.“

Der Hinweis war richtig, aber weil keiner der Señores auf dem Achterdeck darauf reagierte, verließ der Rudergänger den Ruderstand, wo er jetzt ohnehin nichts mehr zu tun hatte, sprang ans Heckschanzkleid, winkte und brüllte: „Ein Riff! Abdrehen nach Steuerbord! Sofort, verdammte Scheiße!“

Auf der Kriegsgaleone hinter der „Santa Ana“, der „Almeria“, war man nicht so schlafmützig wie auf dem Flaggschiff. Der Kommandant gab den Befehl zum Halsen und gleichzeitig das entsprechende Ruderkommando. An die fünfzig Yards hinter dem Heck der aufgelaufenen „Santa Ana“ drehte die „Almeria“ mit einer Halse nach Steuerbord, luvte an, entfernte sich von der Riffbarriere mit Nordwestkurs und ging schließlich nördlich der kleinen Insel Little San Salvador, die den westlichen Abschluß der Barriere bildete, vor Anker.

Dem Beispiel der „Almeria“ folgten die drei anderen Schiffe – die Kriegsgaleone „San Joséfe“ sowie die beiden Kriegskaravellen „Adelante“, was soviel wie „Vorwärts“ bedeutete, und „Flecha“, was mit „Pfeil“ zu übersetzen war.

Inzwischen ließ der Bootsmann auf der „Santa Ana“ die Segel bergen, was mit Hängen und Würgen vonstatten ging, denn der Nahost stand weiterhin auf dem Tuch, blähte es zu prallen Blasen und krängte das Flaggschiff nach Steuerbord.

Die Señores auf dem Achterdeck waren immer noch wie versteinert und offenbar unfähig, das Geschehene zu verarbeiten oder Maßnahmen zu ergreifen. Das überließ man dem Schiffsvolk. Don Gaspars Verantwortung für fünf Kriegsschiffe war nichts weiter als eine Schimäre, ein Hirngespinst, ein Trugbild, das sich in der Stunde der Bewährung zu einem Nichts auflöste.

Der Schiffszimmermann erschien japsend auf dem Achterdeck und meldete, er habe nach einer ersten schnellen Untersuchung noch keinen Wassereinbruch festgestellt. Ob der Vorsteven möglicherweise beschädigt sei, müsse er noch nachprüfen.

„Wie? Jaja!“ sagte der Señor Generalkapitän reichlich zerstreut, beziehungsweise er hörte gar nicht zu, weil sich das Karussell seiner Gedanken um etwas ganz anderes drehte. Mit der Sorge eines verantwortlichen Schiffsführers für sein Schiff hatten diese Gedanken allerdings nichts zu tun.

O nein, er ließ den Schiffszimmermann einfach stehen, nahm sich den Ersten Offizier vor und keifte: „Sagten Sie nicht, das dunklere Wasser voraus wäre ein typisches Zeichen für mehr Tiefe?“

Mit diesem Vorwurf hatte der Erste Offizier bereits gerechnet, woraus zu ersehen war, daß sich auch dieser Mann mehr um sich selbst kümmerte als um das Wohl seines Schiffes.

Ziemlich impertinent erwiderte er: „Das ist richtig, Señor Generalkapitän, und Sie nahmen meinen Hinweis ja auch zur Kenntnis – zumindest waren Sie nicht gegenteiliger Ansicht, nicht wahr?“ Und geradezu höhnisch fügte er hinzu: „Sonst hätten Sie ja befehlen können, einen Kurs zu steuern, der nicht auf die Untiefe zuführt. Sie sind der Befehlshaber des Verbandes und dieses Schiffes – nicht ich, wie ich bescheiden anmerken möchte.“

Es ging hier also um Schuldzuweisungen, um nichts anderes. Und das Schiffsvolk konnte zwischenzeitlich zusehen, wie es mit der Situation fertig wurde. Die Erkenntnis, daß alle Mann, die in einem Boot sitzen, anpacken müssen, wenn sie überleben wollen, war hier auf den Kopf gestellt.

Der Schiffszimmermann räusperte sich und fragte: „Haben Sie irgendwelche Befehle, Señor Generalkapitän?“

Auch die Antwort Don Gaspars auf diese Frage war zumindest erstaunlich. Er schrie: „Holen Sie den Ausguck vom Vormars her!“

„Jawohl“, sagte der Schiffszimmermann und verschwand vom Achterdeck. Ihm war inzwischen klargeworden, daß die Schiffsführung einen Prügelknaben suchte und nicht die Absicht hatte, demnächst am derzeitigen Zustand der „Santa Ana“ etwas zu verändern.

„Er heißt?“ schnauzte Don Gaspar den Ausguck vom Vormars an.

„Ordaz, Diego Ordaz, Señor Generalkapitän“, erwiderte der stämmige Decksmann trotzig. Der Schiffszimmermann hatte ihn gewarnt: Man könne ihn möglicherweise für das Auflaufen der „Santa Ana“ zur Verantwortung ziehen. Darauf müsse er sich einstellen. Aber Diego Ordaz war nicht der Mann, der sich über einen Tisch ziehen ließ.

„Er hat nicht gemeldet“, zeterte Don Gaspar, „daß vor uns eine Untiefe liegt! Was hat er dazu zu sagen?“

Diego Ordaz hob das Kinn. „Ich habe verfärbtes Wasser gemeldet, Señor Generalkapitän. Was sich darunter verbirgt, war nicht erkennbar.“

„Natürlich eine Untiefe!“ erklärte jetzt der Erste Offizier von oben herab. „Das weiß sogar der dümmste Seemann!“

Die Stimme, die jetzt dazwischenfuhr, gehörte dem Rudergänger, der als erster Fahrensmann zugleich Decksältester im Vorschiff war. Diese Stimme barst vor Empörung und wandte sich an den Ersten Offizier.

„Als Ordaz das verfärbte Wasser meldete“, fauchte der Rudergänger, „erklärten Sie, der Kerl wolle sich nur wichtig tun. Und Sie sprachen von Idioten, die irgendwelchen Firlefanz meldeten, um damit zu verkünden, daß sie nicht schliefen. Und das dunklere Wasser wurde auch von Ihnen nicht als Untiefe erkannt! Ordaz hat das gemeldet, was er sah, nicht mehr und nicht weniger. Ihm daraus einen Strick zu drehen, grenzt verdammt an den Versuch, sich selbst aus der Affäre zu ziehen, Señor Capitán!“

„Profos!“ brüllte der Erste Offizier. „Der Mann ist in Eisen zu legen – dieser Ausguck genauso!“ Und an den Señor Generalkapitän gewandt, stieß der Erste Offizier hervor: „Ich nehme nicht hin, daß sich diese Kreaturen erdreisten, an der Schiffsführung Kritik zu üben, Don Gaspar. Hier muß energisch eingeschritten werden, um einer Meuterei vorzubeugen. Ich bitte Sie, meine Maßnahmen zu unterstützen.“

„Profos!“ schrie Don Gaspar. „Walten Sie Ihres Amtes!“

Don Gaspar hatte sehr schnell die Fronten gewechselt – in der weisen Einsicht, daß sein Erster Offizier, der Capitán Don Pedro de Sarmiento, der Neffe des derzeitigen Gouverneurs von Kuba war, des Don Miguel de Sarmiento, also jenes Mannes, der bei der Krone dringend Kriegsschiffe angefordert hatte, um dem berüchtigten El Lobo del Mar das schmutzige Seeräuberhandwerk zu legen.

Es war daher ratsam, diesen Ersten Offizier nicht zum Feind zu haben. Der konnte bei seinem Onkel gegen ihn, den Generalkapitän, intrigieren, und dem wollte sich Don Gaspar nicht aussetzen. Er bereute schon jetzt, seinen Ersten Offizier angefahren zu haben. Zu dumm! Damit hatte er selbst diese peinliche Situation heraufbeschworen.

Daß Recht in Unrecht verkehrt wurde, interessierte Don Gaspar herzlich wenig – und es mangelte ihm auch an der Einsicht, daß er sich in diesem Fall seinem Ersten Offizier in die Hand gegeben hatte, statt energisch dafür einzutreten, daß die Schuld für das Auflaufen weder dem Rudergänger noch dem Ausguck anzulasten war. Wenn überhaupt, dann dem Ersten Offizier – und ihm selbst.

Aber das verdrängte Don Gaspar de Amoro, wie es überhaupt in seiner Art lag, seine Flagge nach dem Wind zu richten oder Unannehmlichkeiten in einem weiten Bogen zu umsegeln. Damit war er bisher auch ausgezeichnet gefahren. Genau das war er – ein „Klarfahrer“, wie bestimmte Seeoffiziere jene Kameraden nannten, die ein merkwürdiges Geschick dafür hatten, berufliche Klippen mit Eleganz zu umschiffen und nirgendwo anzuecken.

Der Profos erschien, begleitet von vier Seesoldaten.

„Zwanzig Peitschenhiebe!“ ordnete Don Gaspar an. „Alle beide! Der Ausguck wegen falscher Sichtmeldung, der Rudergänger wegen aufrührerischer Reden und frechen Verhaltens gegenüber dem Ersten Offizier. Anschließend werden beide acht Tage lang in die Vorpiek gesperrt und in Eisen gelegt.“

„Das darf ja doch wohl nicht wahr sein“, knurrte der Rudergänger, der sogar der Gefechtsrudergänger der „Santa Ana“ war. „Weil Sie und Ihr Erster versagt haben, sollen Ordaz und ich ausgepeitscht und eingesperrt werden? Ah, ich verstehe! Sie brauchen zwei Sündenböcke, nicht wahr? Falls das Marineamt von Ihnen Rechenschaft verlangt, wie es hatte passieren können, daß die ‚Santa Ana‘ aufbrummte …“

„Schluß jetzt!“ schrie der Erste Offizier. „Ab mit den Kerlen auf die Kuhl. Bindet sie zum Auspeitschen an die Großwanten, damit das ganze Pack sieht, was denen blüht, die es wagen, eine Meuterei anzuzetteln!“

„Meuterei?“ fauchte der Rudergänger. „Wo denn? Ich seh keine. Ich sehe nur einen Kommandanten und seinen Ersten, denen wichtiger ist, zwei unschuldige Männer zu bestrafen, als sich um ihr Schiff zu kümmern, das sie haben aufbrummen lassen!“

Es war die Wahrheit, aber das nutzte dem Rudergänger nichts. Einer der Seesoldaten schlug ihn von hinten mit dem Musketenkolben nieder. Und Diego Ordaz passierte das gleiche, als er den Profos anspringen wollte.

Ein paar Minuten später waren sie an die Backbord-Großwanten gefesselt, die Arme schräg hochgereckt, den Rücken der Kuhl zugewandt. Mit ein paar Eimern Seewasser wurden sie in die Wirklichkeit zurückgeholt.

„Damit sie auch was davon haben“, geruhte der Erste Offizier höhnisch kundzutun.

Und sein Kommandant pflichtete ihm bei: „Sehr richtig, sehr richtig, mein Lieber. Das Pack muß endlich Zucht und Ordnung lernen. Wir haben uns bisher viel zu milde gezeigt, was dieser Pöbel sofort ausnutzt.“