Sexuelle Liebe im Jetzt - Jürgen Fischer - E-Book

Sexuelle Liebe im Jetzt E-Book

Jürgen Fischer

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  • Herausgeber: Neue Erde
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Dieses Buch will aufklären, aber kein weiterer Sexual-Ratgeber sein. Es zeigt auf, dass die »sexuelle Revolution" zwar gesellschaftlich vieles bewegt hat, in den Betten jedoch meist immer noch »Opas Sex" vorherrscht. Es bedarf eines weiteren Schrittes, einer »zweiten sexuellen Revolution": über die Neo-Tantra- und Therapiebewegung hinaus zu einer echten Begegnung der Partner in tiefem körperlichen, seelischen und emotionellen Kontakt; nicht mehr »Sex machen", sondern das Lebendige zulassen, das einfach leben will - im Jetzt!

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Seitenzahl: 347

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Jürgen FischerSexuelle Liebe im JETZT

Jürgen Fischer

Sexuelle Liebeim Jetzt

Tantra unddie zweite sexuelle Revolution

Bücher haben feste Preise.

3. erweiterte Auflage 2015

Jürgen FischerSexuelle Liebe im JETZT

© für die deutsche Ausgabe Jürgen Fischer und Neue Erde GmbH 2015Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag- und Titelgestaltung:Foto: jcarroll-images/istockphoto.comGestaltung: Dragon Design, GB

Satz:Dragon Design, GBGesetzt aus der Minion

eISBN 978-3-89060-175-5ISBN 978-3-89060-656-9

Neue Erde GmbHCecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken · Deutschland · Planet Erdewww.neue-erde.de

Inhalt

Was ist sexuelles Liebesglück?

... denn stark wie der Tod ist die Liebe

Selbstregulierte Sexualität und der Weg zu deiner Seele

Die Reise zu deiner Seele

Energetische Sexualität

Ficken

Sexualität und spirituelle Erfahrung

Einen Partner/eine Partnerin finden

Das Ende der Therapie

Der sexuelle Kampf der Geschlechter

Kann man »Liebe machen«?

Die erste sexuelle Revolution

Die zweite sexuelle Revolution

Tantra und Neo-Tantra, oder: des Kaisers neue Kleider – reloaded

Der Schmerzkörper

Schmerzkörperarbeit in der Paarbeziehung

Den eigenen genitalen Charakter erkennen

 

Anhang

Weiterlesen

Glossar und FAQ

Über den Autor

Einzelberatungen und Seminare

Es gibt keinen Grund, Vertrauen in eine Methode zu setzen bevor sie ihre Wirksamkeit bewiesen hat. Solange sie nicht funktioniert, gibt es auch keinen Grund, an sie zu glauben. Und wenn die Methode Wirkung zeigt, sollte für Sie klar sein, dass das nicht daran liegt, dass Sie fest daran geglaubt haben. Es ist umgekehrt: Weil es funktioniert, glauben Sie daran. Ich erwarte also von Ihnen nicht, dass Sie für bare Münze nehmen, was ich Ihnen sage. Vertrauen Sie der eigenen Erfahrung.

Manche Autoren ermuntern Sie, sich sozusagen an der Hand nehmen und von ihnen führen zu lassen. Ich dagegen sage: Vertrauen Sie mir nicht. Denn Sie haben keinen Grund dazu, und es wäre auch Ihrer Differenzierung nicht förderlich. Wenn sie mir vertrauen, ändert sich nichts bei Ihnen. Entscheidend ist vielmehr, dass Sie Vertrauen zu sich selbst haben (und aus eigenem Impuls aktiv werden). (David Schnarch, Die Psychologie sexueller Leidenschaft, S. 23)

Was ist sexuelles Liebesglück?

Dies ist ein Buch über die Liebe, die sexuelle Liebe. Ohne dass es eine positive, aktive Erfahrung von sexueller Liebe gibt, ist auch jede andere Liebe nicht lebendig und wird zu einem Monster aus Gedanken, Sehnsüchten und diffusen Gefühlen – zu einem Teil des Egos. Ich rede also von der aktiv gelebten Liebe zwischen Mann und Frau.

Ich sehe, dass die meisten Menschen sexuell unglücklich sind. Sexuelles Leid ist eine der häufigsten menschlichen Tragödien. Für mich ist es ganz offensichtlich, dass es daran liegt, dass Menschen nicht wissen, was sexuelles Glück ist. Dies ist eine Gesellschaft sexuell unglücklicher Menschen. Woher sollten sie sexuelles Glück kennen?

Ich will dir daher zeigen, wo das sexuelle Glück zu finden ist. Überprüfe, ob du diese Botschaft annehmen kannst. Wenn du mir beim Lesen des Buches ständig innerlich widersprichst, wenn du meinst, andere Erfahrungen gemacht zu haben – dann ist das okay. Dieses Buch nimmt nicht für sich in Anspruch, allen Menschen gerecht werden zu können. Es ist für diejenigen geschrieben, die schon lange auf der Suche sind, die dasselbe Unbehagen wie ich gefühlt haben, und die sich charakterlich dazu fähig fühlen, körperlich-emotionelle Gesundheit, spirituelles Erwachen und ein glückliches sexuelles Erleben miteinander zu verbinden.

Dieses Buch verbindet die Erkenntnisse Wilhelm Reichs über die Funktion des Orgasmus mit einer anderen Form der sexuellen Begegnung, die nicht auf vordergründige sexuelle Befriedigung abzielt, sondern auf Erfüllung in der Liebe. Dabei beziehe ich mich besonders auf Barry Long. Diese beiden Ansätze – von Wilhelm Reich und Barry Long – scheinen sich gegenseitig auszuschließen, aber das ist nicht so. Ich werde in diesem Buch herausarbeiten, warum der Ansatz Wilhelm Reichs, der den unbehinderten Orgasmusreflex als selbstregulierte körperliche Funktion betont, mit dem, was Barry Long in seinem Buch »Sexuelle Liebe auf göttliche Weise« als eine nicht-emotionelle Sexualität beschreibt, nicht nur gut zusammenpasst, sondern dass sich beide Ansätze gegenseitig ergänzen und vervollständigen.

Vor etwa neunzig Jahren hat Wilhelm Reich als erster Arzt den menschlichen Orgasmus erforscht und ist dabei auf eine erschreckende Tatsache gestoßen, die auch heute noch genauso gilt: Fast alle Menschen leiden so sehr an neurotischen Störungen, dass sie zur natürlichen sexuellen Hingabe nicht fähig sind. Er nannte diese Erkrankung »orgastische Impotenz«. Neurotisch blockierte Menschen stellen die sexuelle Erregung durch gezielte Reibung, Muskelanspannung und Pressatmung her, sie machen Sex. Sie wollen gegen den Widerstand muskulärer Blockaden das erreichen, was die Menschen als »normalen« Orgasmus erleben. Da diese Sexualität keine tiefe Erfüllung bringt, wollen Männer immer wieder Sex, und Frauen suchen darin vergeblich Nähe und Liebe. Bei vielen Frauen führt diese Art des Sex nach einigen Jahren zur frustrierten Abkehr von der Sexualität und bei Männern zu Potenzproblemen und Abstumpfung.

Reichs Ansatz, Menschen durch körpertherapeutische Methoden wieder zur Empfindungsfähigkeit zu führen, das heißt, ihnen die orgastische Potenz wieder zu öffnen, hat ihm zu unrecht den Titel »Orgasmus-Papst« eingebracht. Denn weil viele die Bücher Wilhelm Reichs zwar gelesen hatten, jedoch weiterhin unfähig zur Hingabe waren, erlagen sie nun dem Mißverständnis, der Orgasmus sei die wichtigste Sache an der Sexualität. Eine Lösung des Problems der orgastischen Impotenz konnte Wilhelm Reich nicht bieten, denn weder Aufklärung noch Individualtherapie können eine wirkliche Abhilfe bringen; das hat er deutlich formuliert, selbst wenn er einigen wenigen Menschen durch seine Therapien ein erfüllteres Leben ermöglichen konnte.

Jenseits des Sex, der darauf abzielt, eine begrenzte Befriedigung durch eine gewollte und gezielt hergestellte orgastische Entladung zu erreichen, gibt es einen anderen Weg: die selbstregulierte »energetische Sexualität«, die nicht vom Verstand kommt, also nicht aus Emotionen und Gefühlen des Egos; die Sexualität, die das Lebendige in mir, das energetische Wesen – meine Seele – leben will und selbstverständlich lebt, wenn ich es nur zulassen kann. Die tiefe seelische Verbindung, die Intimität und Vertrautheit der energetischen Sexualität steht im deutlichen Gegensatz zum Sex-Machen, bei dem sich die beiden Partner gegenseitig benutzen, um das an kurzfristiger Befriedigung zu bekommen, was der emotionalisierte, sexuell erregte Verstand glaubt, bekommen zu müssen. Die energetische Sexualität bezieht sich auch nicht auf eine vordergründige, über religiöse Aussagen und Rituale festgelegte Spiritualität.

Es geht um Erfüllung in der sexuellen Liebe, wie Barry Long sie in seinem kleinen Buch »Making Love«, auf deutsch: »Sexuelle Liebe auf göttliche Weise« dargestellt hat. Vielleicht wäre es ausreichend, wenn ich sagte: »Leute, lest Barry Long!« Ich versuche hier jedoch nicht, die Lehre Barry Longs weiterzugeben, obwohl sie für mich ein zentraler Stein in diesem Mosaik war. Ganz zurecht hat Barry Long es ausgeschlossen, dass seine Lehre von anderen übernommen und in seinem Namen gelehrt wird. Es ging ihm darum, dass Menschen die sexuelle Liebe in der eigenen Partnerschaft verwirklichen. Er wollte keine neue spirituelle oder sexualtherapeutische Lehre verkünden. Ich achte seine Haltung, und deshalb stelle ich seine Lehre hier nicht explizit dar. Wenn dich interessiert, was Barry Long über die sexuelle Liebe sagt, dann lies sein Buch.

Barry Long hatte von sich behauptet, »der einzige westliche Tantra-Meister« gewesen zu sein. So wie der medizinisch-psychoanalytische Ansatz Wilhelm Reichs in eine Sackgasse geführt hat – dass Menschen nun meinten, im Orgasmus läge der Sinn der Sexualität – so hat auch Neo-Tantra erhebliche Nachteile, die auch Barry Longs Ansatz schwächen. Menschen, die Neo-Tantra praktizieren, tun dies meist, weil sie genau die richtige Wahrnehmung haben: dass Sexualität wirkliche Erfüllung bieten kann, dass sie mehr sein kann, als dass Menschen sich selbst und gegenseitig zum Zweck der sexuellen Befriedigung benutzen. Aber leider wurde im Neo-Tantra eine oft unerträglich süße, pseudospirituelle Soße darüber gekippt. Anstelle einer echten sexuellen Befreiung hin zu einer natürlichen, selbstregulierten Sexualität wurden neue esoterische und mystische Verschleierungen geschaffen. Die Menschen bleiben neurotisch, und so erschaffen sie mit Neo-Tantra einerseits eine spirituell ritualisierte, quasi-heilige Sexualität, und andererseits neue Formen von »niederem Sex«, von Prostitution und Promiskuität (zum Beispiel Tantra-Massagen und Gruppensex-Seminare).

Barry Long hat sich ebenfalls recht kritisch über diese hinduistischbuddhistischen Pseudo-Rituale, ihre asiatischen Gurus und deren westlichen Nachahmer geäußert. Aber auch er verknüpfte seine Art, sexuelle Liebe zu praktizieren, mit seiner eigenen spirituellen Lehre, die viel esoterischen Ballast enthält und die mit seiner Person als Guru verknüpft war.

Ich mochte ihn und seine ruppige, sehr direkte Art zu lehren, und habe seine Vorträge mit Vergnügen angehört. Ich bedauere, dass er bereits 2003 gestorben ist. Dennoch ist es für mich unakzeptabel, seine wertvollen Erkenntnisse über Sexualität mit spirituellen Inhalten zu kombinieren, die nur dann zusammengehören, wenn man sich als sein Schüler versteht. Das tue ich nicht. Aber ich nehme für mich in Anspruch, weiterzugeben, was ich selbst verwirklicht habe. Auf das Lebendige gibt es kein Copyright.

Mein Anliegen ist, dir zu zeigen, dass beides, die gesunden Charakterstrukturen – der bioenergetische KERN – und das erwachte Wesen – das Ich Bin – auch in dir präsent sind und dass du dich darauf beziehen kannst. Du brauchst mir das gar nicht zu glauben, lies es, und wenn du es magst, versuche es und finde heraus, ob es für dich funktioniert.

Was an den Erkenntnissen Reichs oft übersehen wird: Er hat in seiner psychiatrischen Arbeit als erster Therapeut die Funktion der emotionellen Gesundheit formuliert, denn neben allen neurotischen Charakterstrukturen hat er auch das beschrieben, was er den »genitalen Charakter« nannte, der Anteil am Menschen, der fähig ist, auf natürliche Weise glücklich zu sein, der Zugang zu seinem biologischen und seelischen Kern hat.

Das Wesentliche aller spirituellen Botschaften lautet: Du bist bereits vollkommen, erkenne es! Du kannst sowohl die spirituelle wie auch die körperlich-emotionelle Vollkommenheit – das Bewusstsein des Ich Bin und den bioenergetischen Kern – in dir entdecken und leben. Was dann hinzukommt, ist die Erkenntnis der selbstregulierten, lebendigen, energetischen Sexualität, mit der du den Kern und das Ich Bin leben kannst, wenn du dich nur dazu entscheidest, es zu tun. Du kannst untersuchen, ob du dazu fähig bist, dies zu leben. Der Zugang zum Kern ist bereits vielen Menschen möglich, wenn ihre neurotischen Strukturen nicht allzu starr sind. Dies ist eine Zeit des extrem schnellen Wandels sowohl gesellschaftlicher als auch individueller Strukturen. Viele Menschen erleben heute Bewusstseinssprünge, die zuvor unmöglich schienen.

Mit Therapie oder einer spirituellen Praxis hat das, was ich in diesem Buch vermitteln werde, nichts zu tun. Beides halte ich für weitgehend ineffektiv. Selbst Wilhelm Reich, der oft »Vater aller Körper-Psychotherapien« genannt wurde, hat zum Ende seines Lebens deutlich gesagt, dass Therapie im Sinne einer charakterlichen Gesundung nutzlos ist. Und auch spirituellen Lehren, Organisationen und Gurus aller Art begegne ich mit immer mehr Skepsis. Jedenfalls habe ich noch keine Menschen getroffen, die durch Therapie emotionelle Gesundheit im Sinne einer genitalen Charakterstruktur erreicht hätten, noch weiß ich von Menschen, die durch spirituelle Lehren befreit oder erleuchtet worden wären.

Was ich in diesem Buch vermitteln will, ist die Möglichkeit, dass du erkennst, wie gesund und erwacht du schon bist, das heißt, deinen Blick auf deine charakterliche und geistige Gesundheit zu richten – und gleichzeitig den Schmerz, die Blockaden, die innere Zerstörtheit wahrzunehmen, ihr Vorhandensein anzuerkennen, sie zu belassen. Ich zeige dir also, wie du dich als wach und heil erkennen und wie du mit dem Schmerz bewusst arbeiten kannst – und das nicht als Therapie oder als spirituelle Praxis, sondern als natürlichen Aspekt deines Lebens in genau diesem, jetzigen Moment – spontan und ungeplant. Du kannst jetzt die Lebensenergie wahrnehmen, du kannst jetzt erkennen, wie deine Seele sich in dir erlebt und dich trägt, und du kannst den Schmerz in den Momenten nutzen, wenn er auftritt. Du kannst sofort und spontan verstehen, was sexuelle Liebe ist und aufhören, den Liebesakt nach den Kriterien des Egos zu steuern, um dir künstlich Lust zu machen, womit du verhinderst, die tatsächliche Lust deines Körpers und die Liebe deiner Seele zu leben. Du kannst die Selbstregulierung des Lebendigen zulassen. Nicht jeder ist dazu bereit, vielleicht sind es erst wenige. Aber ob du dazugehörst, ob du es tatsächlich kannst oder nicht, wirst du erst wissen, wenn du es getan hast. Mit dem Kopf, mit verstandesmäßiger Überlegung und Planung wirst du es nicht schaffen. Du wirst in den Strom springen und dich der Flut des Lebendigen hingeben müssen, um zu erfahren, ob du dich vom Leben tragen lassen kannst oder ob deine Angst, die Kontrolle zu verlieren (die du sowieso nicht hast), noch zu groß ist.

Ob ihr, du und dein Partner, dazu bereit seid, euer sexuelles Verhalten zu verändern, könnt ihr entscheiden, wenn ihr das Buch gelesen habt. Alleine geht es nicht. Und es funktioniert auch nicht, wenn ihr sagt: »Wir können es ja mal probieren«, und damit meint, es neben dem normalen Sex »auch mal zu machen«. Dann macht lieber Neo-Tantra oder besucht einen Massage-Kurs. Das hier ist ein Weg, der zu erfüllter und erfüllender Sexualität führen kann, der aber viel von dir verlangt: nicht mehr oder weniger als deinen tiefsten Ängsten zu begegnen, damit du dich der grenzenlosen Lust des lebendigen Körpers und der tiefen Liebe deiner Seele öffnen kannst. Ich kann dir nicht versprechen, dass es funktioniert. Es geht, wie gesagt, nicht um Therapie und nicht darum, dich und deinen Partner durch irgendwelche Maßnahmen zu manipulieren. Ich will dir lediglich Wege zeigen, wie du die gesunden und erwachten Anteile in deinem Leben entdecken und als sexuelle Liebe leben kannst – und wie du dem Schmerz begegnen und seinen Schrecken besiegen kannst.

Ihr könnt nur selbst untersuchen, ob ihr zu selbstregulierter, erfüllter, energetischer Sexualität fähig seid. Ich kann sie euch nicht geben, und das kann auch kein Arzt, kein Therapeut und kein Guru. Wenn du glaubst, dass du durch Therapie, durch Neo-Tantra oder durch irgendeine spirituelle Praxis sexuelles Glück erreichen kannst, dann versuche es dort. Dann ist dieses Buch nichts für dich. Wenn du bereit bist, dich selbst um dein Glück zu kümmern und nicht mehr auf Hilfe von außen zu warten, dann hast du den ersten Schritt schon getan. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

Vielleicht fragst du dich: »Was hat das mit der sexuellen Revolution zu tun?« In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts fanden in den westlichen Industrienationen radikale sexualökonomische Veränderungen statt. Nie zuvor in der Geschichte hatte es innerhalb so kurzer Zeit derart grundlegende Wandlungen in der Moral und im sozialen Verhalten der Kultur so vieler Völker gegeben. In den westlichen Ländern bestimmten zum ersten Mal nicht Kirche, Staat, Klassenzugehörigkeit, Ständegesetze, Herkunft und andere scheinbar unveränderliche, gottgegebene Umstände, wer mit wem sexuell verkehren darf, ob du mit oder ohne Trauschein mit deinem Partner in einer Wohnung leben oder gar Kinder haben darfst. Was vor vierzig Jahren noch als unmoralisch galt und mit Strafen sowie gesellschaftlicher Ausgrenzung geahndet wurde, ist für heutige Generationen die Normalität.

Aber dennoch blieb das, was seither tatsächlich in den Betten abläuft, weitgehend vorrevolutionär. Die emotionellen Bedingungen der sexuellen Begegnung ändern sich nämlich sehr viel langsamer – weil sie aus unbewussten Bereichen gespeist werden. Und in dieser Kultur fehlen immer noch die positiven Beispiele. Nach Jahrtausenden der Sexualunterdrückung im Patriarchat wissen die Menschen nicht mehr, was eine erfüllende Sexualität ist. Es fehlt eine Perspektive, eine Utopie, die über verkitschte romantische Mädchenträume und Perversionen pornographischer Jungenphantasien hinausgeht. Erst durch die Neo-Tantra-Bewegung wurde klar, dass in der Sexualität ganz andere Möglichkeiten der erfüllenden Begegnung liegen, wenn das, was tatsächlich zwischen den Partnern stattfindet, von ihnen ohne falsche Scham erkannt, verstanden und verändert wird. Leider wurden diese anderen sexuellen Bedingungen an eine spirituelle Sichtweise gebunden, die Neo-Tantra auf eine sehr kleine Gruppe von Menschen begrenzt, die sich zu hinduistischen, buddhistischen oder taoistischen Praktiken und Ritualen hingezogen fühlen, meist jedoch, ohne damit eine echte religiöse Identität zu verbinden. Diese enge Verknüpfung zwischen mystifizierenden religiösen Einstellungen und neuen, lebensbejahenden Formen von Sexualität halte ich für sehr problematisch, und es ist nötig, überflüssigen esoterischen Ballast abzuwerfen, denn sonst droht den Menschen ein weiterer tragischer »Christusmord« (der Begriff, den Wilhelm Reich für die aktive Zerstörung des Lebendigen durch die emotionelle Pest wählte): Die lebendige Sexualität wird einer rückständigen spirituellen Sicht geopfert, einer Neuauflage alter patriarchalischer Werte, die sich lediglich progressiver Worthülsen bedient, um das alte Spiel zu spielen: Selbsternannte spirituelle Führer (sogenannte Tantra-Meister) versuchen zu definieren, welche Sexualität angemessen ist. Die sexuelle Revolution hatte die falschen Autoritäten abgeschafft, die über unser Sexualleben verfügten. Diese Geister sollten nicht wieder wachgerufen werden.

Es gibt ein tiefes Bedürfnis der Menschen, ihre Lebensumstände so zu handhaben, dass sexuelle Erfüllung möglich ist. Es sind sicherlich nur wenige Menschen, die es aktuell leben. Aber es gibt sie: die Menschen, die sich noch nicht frustriert zurückgezogen haben, die ernsthaft nach Lösungen suchen, die ihre Fähigkeit zu lieben noch nicht der Sucht, dem Stress oder der Resignation geopfert haben und die wissen, dass es sexuelle Liebe gibt, weil sie sie leben.

Fast jeder hat mindestens ein Mal erlebt, dass sexuelle Liebe zumindest in der Phase der frischen Verliebtheit in völlig erfüllender Weise möglich war. Und wenn du dir diese Erfahrung im Herzen bewahrt hast, dann weißt du, dass Liebe, sexuelle Liebe, noch immer möglich ist und dass du sie für dich und deinen Partner/deine Partnerin wiederfinden und leben kannst. Dies ist es, was ich »die zweite sexuelle Revolution« nenne. Das ist nichts, was du machen kannst, sondern etwas, das du zulassen kannst: der Selbstregulation des Lebendigen auch deine Sexualität zu übergeben und Liebe zuzulassen. Es ist deine rein persönliche Entscheidung. Nun, da die äußeren Verhältnisse sich geändert haben, hast du die Freiheit, die Sexualmoral früherer Generationen auch aus deinem Verstand, deinen Emotionen und deinen Gefühlen zu verbannen.

»... denn stark wie der Tod ist die Liebe«

Das ist eine der berühmtesten Zeilen des wohl ältesten und bedeutendsten erotischen Liebesgedichts, des Schir ha-Schirim oder des Liedes der Lieder des Salomo. Martin Luther nannte es Das Hohe Lied.

Was mich daran besonders interessiert: Es gab einst weise Menschen, die dieses Werk in das jüdische Tanach und dann auch in das Alte Testament der christlichen Bibel aufgenommen haben. Es ist ein Beleg dafür, dass in der Vergangenheit einmal das Bewusstsein herrschte, dass die Liebe nicht als Abstraktion existiert, sondern dass Menschen die Liebe als Sexualität erleben: Die sexuelle Liebe ist die göttliche Liebe. Es gibt da keinen Widerspruch. Es gab Versuche christlicher Traditionalisten, das Gedicht als Metapher auf die geistige und asketische Liebe – etwa die Liebe des Christen zu seiner Kirche – zu verstehen, aber wer das Lied der Lieder liest, wird erkennen, dass es um die sexuelle Liebe zwischen Mann und Frau geht, um nichts anderes.

Es gibt in der westlichen Tradition von Spiritualität den Bezug auf die menschliche sexuelle Liebe. Es ist nicht nötig, und wie ich meine auch nicht ratsam, auf östliche Traditionen wie Hinduismus und Buddhismus auszuweichen, um Sexualität und Spiritualität zu vereinen. Allzu leicht wird die Faszination, die allem Fremden anfangs anhaftet, als etwas besonders Heiliges, Reines missverstanden. Es ist das spirituelle Ego, das nach einer reinen, unverfälschten, wahrhaft erlösenden Lehre sucht. Alle Traditionen sind jedoch von der emotionellen Pest, dem organisierten Bösen, übernommen worden, die östlichen nicht weniger als die westlichen. In allen Organisationen haben sich die deformierten Charakterstrukturen einen Ort gesucht, von dem aus sie ihre Krankheit ausleben können. In den letzten Jahrzehnten hat es in der westlichen Kultur eine deutliche Abkehr von den Kirchen und ihren spirituellen Traditionen gegeben. Es war ein wesentlicher Aspekt der sexuellen Revolution. In den östlichen Traditionen hat es diese Phase noch nicht gegeben, dort wird immer noch so getan, als ob alles in bester Ordnung sei. Daher wird es auch dort irgendwann diese Phase der Kritik und der Zerstörung der überkommenen, patriarchalich geprägten Religionen geben müssen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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