Shiva, Vishnu & Rum - Geschichten von Verwirrung und Tee - anja cam - E-Book

Shiva, Vishnu & Rum - Geschichten von Verwirrung und Tee E-Book

anja cam

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Beschreibung

Drei Reisende, ein Land voller Mythen und jede Menge Verwirrung! Phillip, Emma und Anni tauchen in das bunte Chaos Indiens ein – ein Land, in dem jeder Gott mindestens 1000 Namen hat und Kühe auf der Straße Vorfahrt genießen. Von Tempeln, die größer sind als die Verwirrung über Vishnu und Shiva, bis zu Begegnungen mit neugierigen Schulklassen und frechen Affen – diese Reise ist ein witziger Kulturschock mit einer Prise Besinnlichkeit. Zwischen scharfen Currys, wilden Tuk-Tuk-Fahrten und tiefgründigen Gesprächen bei Rum am Pool entdecken die drei nicht nur die Schönheit Indiens, sondern auch, wie es ist, sich selbst ein wenig zu verlieren – und wiederzufinden.

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Seitenzahl: 172

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Kalyani

„Shiva, Vishnu & Rum: Geschichten von Verwirrung und Tee“

2025

Texte: © Copyright by Anja Cam Umschlaggestaltung: © Copyright by Anja Cam

Bilder: © by chat GPT, Anja Cam

Verlag: A.Cam 97241 [email protected]

Herstellung: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

„Namaste!“

„Anni organisiert, Phillip motiviert und Emma kontrolliert!“

„Bier, Burger und Boarding-Marathon!“

Willkommen in Indien!

Die Fahrt nach Yercaud

Salem

"Schweiß, Selfies und 1008 Lingams“

Kodaikanal

Bollywood, Street Food und Linsengerichte

Mit Entry-Henry im Nebelspaß

Munnar

„Überflutete Brücken, Survival-Bier und unsichtbare Elefanten“

„Zwischen Buchstabensalat und Elefantenalarm“

Öl, Dampf und ein Hauch von Erleuchtung“

Coimbatore

Vom Verliebt sein und Selfies zum Pool-Rum

Von Mettupalayam nach Ooty

Ein Dampfross der besonderen Art

Mysore

Die Yoga-Queen und die Fitnessgurus

Zwischen Selfie-Königen und Titanic-Flöten Abenteuer mit Stil

Die Helden von Stoff, Wasser und heimlichem Bier

“Taschenwahn, Tempelstau und Aussicht mit Nandi”

Hassan

„Shiva, Vishnu und der Rest der göttlichen WG“

Phillip sucht den Überblick

Die Fahrt nach Goa - Ein Marathon auf vier Rädern

Goa

Der frühe Vogel und die Ruhe am Strand

Abendliche Sternenkunde und die Jagd nach dem Vollmond

Tattoos, Hosen und Fisch am Meer

Badami

„Frühstart ins Chaos“

„Wie man zum Superstar und Shiva zum Tanzlehrer wird!“

Pattadakal

Staunen und Stolpern in Aihole

Hampi

Pool mit Hochzeitsblick

Wo Ruinen mehr erzählen als deine Großeltern

Bangalore

Frühstück, Tee und volle Teller

Der seltsame letzte Tag

Abschied

Traurig in der Morgendämmerung

Indien – eine Reise, die Herz und Seele berührt

Vorwort

Indien – ein Land der Farben, der Mythen und der unzähligen Namen. Es ist ein Land, das mit seiner Vielfalt begeistert, seine Besucher immer wieder aufs Neue überrascht und sie auf eine emotionale Achterbahnfahrt zwischen Staunen, Verwirrung und purer Freude mitnimmt.

Die Geschichte erzählt von drei Reisenden, die sich auf eine unvergessliche Tour durch Indien begeben haben. Was als Abenteuer begann, wurde schnell zu einer chaotisch-lustigen Reise, geprägt von den Eigenarten der Protagonisten – ein neugieriger Phillip, eine wissbegierige Emma und die unerschütterlich geduldige Anni, die als wandelndes Lexikon für indische Tempel und Götter diente.

In einer Welt, in der Nandi immer vor Shiva steht, Vishnu über unzählige Avatare verfügt und jede Statue eine neue Frage aufwirft, tauchten sie ein in eine Kultur voller Gegensätze. Von majestätischen Höhlen über heilige Kühe bis hin zu der täglichen Schwimmstunde am Hotelpool – jeder Moment wurde zu einer Geschichte.

Doch Indien ist mehr als nur ein Land. Es ist eine Erfahrung, die den Reisenden verändert. Zwischen wackelnden Tuk-Tuks, scharfem Chai und Begegnungen mit herzlichen Menschen haben die drei gelernt, dass das Chaos seine eigene Ordnung hat. Indien hat ihnen gezeigt, dass es nicht darum geht, alle Antworten zu finden – manchmal reicht es, die Schönheit der Frage zu Genießen.

Diese Geschichte ist eine Hommage an die Magie von Indien und die unverwechselbaren Momente, die nur Reisen in fremde Welten schenken können. Sie ist eine Erinnerung daran, dass der Weg das Ziel ist und dass selbst die kuriosesten Situationen – besonders die – oft die besten Geschichten schreiben.

Ich lade Sie ein, sich zurückzulehnen, den Geruch von Gewürzen und das Dröhnen der Basare vorzustellen und mit uns auf diese Reise zu gehen. Es wird chaotisch, bunt und garantiert voller Lacher – genau wie Indien selbst.

Namaste und viel Vergnügen beim Lesen!

„Namaste!“

Es war wieder so weit: Indien rief. Oder besser gesagt, Phillip und Emma riefen Anni – denn wenn Anni eine Reise nach Indien plante, war das nicht einfach nur ein Urlaub. Es war eine Expedition. Emma und Phillip waren sofort begeistert, als Anni ihre Pläne vorstellte. Emma, die wie Phillip, schon einmal mit Anni in Indien gewesen war, träumte seitdem davon, mehr von diesem riesigen Land zu sehen – aber diesmal hoffte sie auf neue Orte. Und, wenn möglich, weniger kulinarische Abenteuer. Ihr empfindlicher Magen hatte bei der letzten Reise unter den vielen Gewürzen gelitten, und Knoblauch war ihr ganz besonderer Feind.

Phillip hingegen war ein völlig anderes Kaliber. Als er hörte, dass Anni und Emma nach Indien wollten, zögerte er keine Sekunde und schloss sich sofort an. „Ja, ich will mit, ich will gefordert werden!“, verkündete er voller Energie. Das hatte er schon gesagt, als er das letzte Mal mit Anni dort war – und offenbar war er damals nicht genug ausgelastet. Wir alle wussten, dass Phillip ein wahres Energiebündel war, das am liebsten schon vor dem Frühstück Berge bestieg.

Anni hingegen war das genaue Gegenteil. Sie plante sorgfältig, überließ nichts dem Zufall und kannte Indien inzwischen fast so gut wie ihre eigene Westentasche.

Von der Route über die Orte bis hin zum Timing – alles lag in ihrer Hand. Sie hatte den perfekten Plan ausgearbeitet, der sowohl ihrem eigenen Indien-Fanatismus als auch den Bedürfnissen von Emma und Phillip gerecht werden sollte.

Eine Balance zu finden, die sowohl Emmas empfindlichen Magen als auch Phillips Bewegungsdrang befriedigte, war keine leichte Aufgabe, aber Anni nahm die Herausforderung gelassen an.

Wochen, nein, Monate im Voraus hatte sie alles organisiert: Flugtickets, Visum, Hotels, Transfers und die perfekte Route zu den vielen Highlights unserer Reise. Anni war ein wandelndes indisches Reisebüro!

Während Phillip und Emma noch überlegten, was sie einpacken sollten, hatte Anni schon drei Wochen vorher fast fertig gepackt. Ihre akribische Planung war beruhigend – wir wussten, mit Anni an unserer Seite konnte nichts schiefgehen.

Phillip, unser Fitness-Enthusiast, hatte sich entspannt zurückgelehnt. Er verließ sich völlig auf Annis Organisation und Anweisungen. So packte erst auf den letzten Drücker, nur Stunden vor der Abfahrt, seine Sachen. „Anni wird’s schon richten, wenn was schief geht“, war sein Motto.

Emma hingegen machte sich wochenlang Gedanken, nicht nur wegen des Visums, sondern auch wegen der erlaubten Inhalte im Koffer. Muss ich die Zutaten auf den Salamitüten durchstreichen? „Kann ich diese Creme mitnehmen? Was, wenn das Insektenspray hier nicht zugelassen ist?“ Sie war wahrscheinlich kurz davor, eine Tabelle mit Inhaltsstoffen anzulegen. Anni konnte nur den Kopf schütteln und dachte insgeheim darüber nach, welche Mantras sie brauchen würde, um Phillips Euphorie und Emmas Ängste in Schach zu halten.

„Anni organisiert, Phillip motiviert und Emma kontrolliert!“

Der Tag der Abreise kam. Es war der 31. Oktober, stockdunkel und bitterkalt, als die Wecker um 4 Uhr morgens klingelten. Müde, aber aufgeregt und bereit für Indien, trafen sich Anni und der gut gelaunte Phillip eine Stunde später am Auto. Anni, hellwach dank jeder Menge Kaffee, sorgte dafür, dass wir pünktlich zum Abholort von Emma loskamen. Phillip, der immer für einen lockeren Spruch gut war, begrüßte Emma am Pendlerparkplatz mit einem breiten Grinsen: „Guten Morgen, Emma! Bereit, Indien zu erobern?“ Sie konterte schlagfertig: „Erst, wenn ich sicher bin, dass ich alle Inhaltsstoffe im Koffer richtig deklariert habe.“ Lachend stiegen wir ins Auto und machten uns auf den Weg zum Flughafen.

Die Fahrt verlief überraschend reibungslos – was für einen frühen Morgen auf der Frankfurter Autobahn wirklich ein kleines Wunder war. Anni hatte einen Puffer eingeplant – „Man weiß ja nie, was alles schiefgehen kann!“ – während Emma uns präzise wie ein Navigationssystem durch jede Kurve und Ausfahrt dirigierte.

„Habt ihr den Reisepass? Und was ist mit…“, begann Anni, doch Emma unterbrach sie seufzend: „Ja, Anni, alles ist da. Sogar die Extra-Packung Ohrstöpsel für Phillips Schnarchen.“

Am Flughafen angekommen, ging alles wie geschmiert. Wir mussten nur noch unser schweres Gepäck durch die langen Warteschlangen schieben – die Koffer waren so schwer, dass wir sie fast als Fitnessgeräte hätten benutzen können. Annis Plan ging auf: Check-In, Sicherheitskontrolle – alles lief wie am Schnürchen.

Mit ausreichend Zeit vor dem Abflug schlenderten wir durch den Duty-Free-Shop, gönnten uns endlich den ersehnten Kaffee und ein leckeres Frühstück beim Schachtelwirt. Langsam wurde es hell draußen und bald saßen wir in den unbequemen Sitzen am Gate und warteten zwischen Hunderten von anderen Passagieren auf den langersehnten Aufruf zum Boarding.

Der Flug war pünktlich, und als wir endlich in unseren Sitzen saßen, legte Anni sich mit ihrem Nackenhörnchen zurück und studierte sofort das In-Flight-Entertainment. Phillip, der normalerweise im Flugzeug sofort einschläft, hatte noch genug Energie, mit den Stewardessen auf Du und Du zu machen. Emma nutzte die Zeit, um uns über die Flugsicherheitsbestimmungen zu belehren – als hätten wir das nicht schon alle hundertmal gehört, aber ok.

Trotz der üblichen Zweifel und der Herausforderungen, die diese Reise noch bereithalten würde, war eines sicher: Mit Anni an unserer Seite konnte uns nichts wirklich überraschen. Oder etwa doch?

„Bier, Burger und Boarding-Marathon!“

Wir landeten in Dubai. Es war Abend, 26 Grad, und die Palmen draußen winkten uns fast hämisch und verlockend zu.

Aber wir saßen fest – im klimatisierten Flughafen, in einer Welt aus Glas, Stahl und Duty-Free-Shops. Während die Abendluft von Dubai uns nur durch die Scheiben winkte, waren wir zu einer unfreiwilligen Lauf-Marathon-Etappe verdonnert.

Nach ein paar Minuten kam die erste große Entscheidung des Abends: „Ein kühles Bier wäre doch jetzt was!“ Ein Blick auf die Preistafel im Flughafen-Pub ließ uns dann fast nüchtern werden, obwohl wir nichts getrunken hatten– 13 Euro pro Person! „Für das Geld sollte das Bier eigentlich mit Blattgold gebraut sein,“ brummte Phillip.

Doch was soll’s, wir gönnten uns den Luxus, schließlich macht man das nicht jeden Tag, prosteten uns zu und kamen zu dem Schluss, dass es selten so teuer war, verdursten zu vermeiden.

Aber für die Verpflegung hatten wir natürlich auch einen Plan B: die berühmte amerikanische Botschaft mit dem gelben M. Lieber das Geld in Fast Food investieren als in flüssiges Gold, dachten wir uns. So marschierten wir durch die weitläufigen Hallen des Flughafens, vorbei an Luxus-Shops und teuren Restaurants, bis wir endlich das vertraute Leuchten des „M“ erspähten. „Hier ist das Budget deutlich freundlicher,“ meinte Emma grinsend, und wir futterten uns durch Cheeseburger und Pommes, als wären sie das feine Currybuffet, das uns später in Indien erwarten würde.

Nach dem Essen war die Frage nach der Nachtruhe dran, schließlich hatten wir noch 7 Stunden Zeit bis zum Weiterflug. Wir entdeckten ein paar Liegestühle.

Doch als Phillip sich auf einen fallen ließ, stellte er sofort fest: „Das hier ist eine Folterbank statt eines Liegestuhls.“ Das schien keine gute Idee zu sein, sich darauf stundenlang zu quälen.

Also rollten wir uns kurzerhand am Boden zusammen, jeder auf ein paar übereinander gestapelten Jacken oder Rucksäcken. Emma versuchte, sich auf ihrer Tasche zusammenzurollen, als wäre sie eine Katze, doch viel Schlaf kam dabei nicht rum. Nur Phillip schlief seelenruhig.

Gerade als wir uns im Halbschlaf ein bisschen gemütlich eingerichtet hatten, kam die Durchsage: Gate-Änderung. Na wunderbar! Also hieß es wieder aufstehen, Koffer schnappen und laufen, laufen, laufen.

Eine halbe Weltreise später – oder besser gesagt etwa drei Kilometer quer durch den Flughafen – kamen wir schließlich, wieder durstig, am neuen Gate an. „Vielleicht noch ein Bierchen? Da vorne ist es nicht so teuer”, fragte Phillip. Anni und Emma zuckten die Schultern und nickten zustimmend. Tatsächlich, dieses Mal war es günstiger. Genüsslich ließen wir es die Kehle runterlaufen und begaben uns dann langsam zum Gate. Dort hatte schon das Boarding begonnen, der nächste Flug startete nach 8.5 Std Aufenthalt, ebenfalls pünktlich.

Wir waren alle drei K.O und fielen in unsere Sitze. Und diesmal gab es keine Stewardessen-Unterhaltung von Phillip und auch keine Flugregeln von Emma. Stattdessen fielen wir in einen tiefen Schlaf. Bis wir von der Stewardess geweckt wurden: „Bitte anschnallen, wir landen gleich in Bangalore“

Willkommen in Indien!

Kaum war der Flieger zum Stillstand gekommen, begann das große Einreiseabenteuer. Das Prozedere zog sich endlos. Der Beamte am Schalter nahm unsere Pässe in die Hand und musterte uns, als seien wir Geheimagenten.

Das Warten in der Schlange fühlte sich an, wie ein in Zeitlupe ablaufender Film. Aber hey, wir waren in Indien! Geduldig sein mussten wir jetzt erlernen. Dann könnte uns nichts mehr erschüttern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war es endlich so weit. Koffer geschnappt, durch die letzten Türen und dann ab nach draußen.

Und da stand er – unser Fahrer mit einem Lächeln im Gesicht, das uns endlich ein warmes „Willkommen“ gab. In diesem Moment wussten wir: Die Expedition hatte offiziell begonnen.

Die Fahrt nach Yercaud

Wir zerrten unsere Koffer, die ja immer noch schwer wie ein gefüllter Kühlschrank waren, zum Auto. Kaum hatten wir uns in den Van gefaltet, begann nun der zweite Teil unserer Reise: Noch sechs Stunden bis Yercaud. Anni war so fröhlich wie immer, als ob die Aussicht auf eine lange Autofahrt sie besonders erfreute. Phillip hingegen wirkte etwas enttäuscht – seine Energie schrie nach Bewegung, und Emma klammerte sich sicherheitshalber an ihre Magentabletten.

Schon nach einer Stunde meldete sich unser Magen. Zum Glück hatte unser Fahrer ein ausgezeichnetes Gespür für den perfekten Zwischenstopp. Wir hielten an einem kleinen Restaurant am Straßenrand, das genauso charmant wie chaotisch war. Es gab köstliches Essen. Gewürzt, wie es nur in Indien geht und eine Auswahl an Chutneys, die bei Emma sogleich ein besorgtes Naserümpfen auslöste. Aber der Geruch war einfach zu gut! Wir probierten uns durch die Currys, knabberten an frischen Chapatis und rundeten das Ganze mit einer heißen Tasse Tee ab.

Doch die Fahrt hatte gerade erst begonnen. Die Straßen wurden schmaler, die Serpentinen steiler, und als ob das nicht schon Abenteuer genug gewesen wäre, kam auch noch der Feiertagsverkehr des Diwali-Festes dazu. Unsere Geschwindigkeit pendelte sich irgendwann auf „Millimeter pro Minute“ ein, während Busse, Motorräder und LKWs sich durch die Kurven zwängten. Einmal mussten wir stehenbleiben, damit ein riesiger Bus an uns vorbeikonnte – wirklich, es ging nur Millimeter um Millimeter und dauerte gefühlt eine Stunde.

„Das ist ja der Wahnsinn!“ dachte Phillip laut „Das glaubt mir zu Hause keiner.“ Emma hingegen fand es doch unverschämt von manchen Mopedfahrern, sich einfach durch nicht vorhandene Lücken zu drängeln.

Das Wetter war dabei ebenso faszinierend wie verwirrend. Die Wärme lag wie eine sanfte Decke auf der Landschaft, doch ein dunstiger Schleier hing in der Luft und schien die Farben um uns herum zu verschlucken. Die Sonne war da, aber sie kämpfte gegen die Diesigkeit an, die die Hügel in ein geheimnisvolles, fast magisches Licht tauchte. Die Landschaft veränderte sich zunehmend: Anfangs waren es flache Felder und kleine Dörfer, dann tauchten plötzlich majestätische Palmen, dichte Bambushaine und sattgrüne Wälder auf. Die Hänge waren mit Kaffeepflanzen und wildem Jasmin bedeckt, und immer wieder konnten wir kleine Wasserfälle entdecken, die sich an den Felsen hinunterstürzten.

Die Zeit verging, aber das Hotel wollte einfach nicht näherkommen. Irgendwann hörten wir nur noch das gleichmäßige, dumpfe Summen des Motors und sahen die abenteuerliche Straße vor uns. Unsere Geduld wurde auf die Probe gestellt, doch dann, nach Stunden, die sich wie Tage anfühlten, erreichten wir endlich unser Hotel.

Mitten im Dschungel lag es – und was für eine Begrüßung! Kaum hatten wir unsere Koffer abgestellt, ertönten die ersten Klänge von stampfenden Füßen und kratzenden Krallen und neugierigen Blicken über unseren Köpfen. Die Affen hatten sich sofort dazu entschlossen, auf dem Wellblechdach eine Party zu feiern und uns willkommen zu heißen. Sie sprangen, schrien, und ja, sie tanzten buchstäblich.

An Schlaf war jetzt noch nicht zu denken, wir hatten Hunger und mussten erstmal unsere Zimmer beziehen. Anni und Emma residierten in gegenüber liegenden Zimmer, Phillips Zimmer lag am Ende des Gangs.

Wir erfrischten uns ein wenig und zogen uns um, dann trafen wir uns vor Emmas Zimmer. Zusammen gingen wir in den kleinen Speisesaal, wo uns ein warmes, einfaches Essen serviert wurde.

Wir ließen den Tag bei würzigen Speisen und indischem Tee ausklingen, während draußen der Dschungel zum Leben erwachte und die Affen oben ihr eigenes Fest feierten.

Es war ein langer erster Tag, voller Staunen, Geduld und Überraschungen. Müde und erschöpft kroch schließlich jeder in sein Bett, lauschte noch ein wenig dem Trommeln der Affen auf dem Dach und schlief ein – bereit für alles, was der nächste Tag uns bringen würde.

Salem

Die erste Nacht im Dschungelhotel hätte uns eigentlich eine Warnung sein sollen.

Am Morgen sah Phillip aus, als hätte er im Krieg gedient. Seine Haare waren leicht chaotisch, und er murmelte etwas von „einem heißen Empfang“.

Emma und Anni waren jedoch so erschöpft gewesen. Sie bekamen nicht mit, dass Phillip plötzlich mitten in der Nacht ein „Dampfbad“ genommen hatte – nur leider unfreiwillig.

Der Wasserboiler in seinem Badezimmer war explodiert und hatte eine Wolke aus heißem Dampf freigesetzt. Sofort eilten Hotelangestellte herbei, und standen mit Eimern und Werkzeug bewaffnet vor Phillips Zimmertür, der im Pyjama mit Panik in den Augen öffnete. Sie werkelten eifrig und aufgeregt im Badezimmer rum, bis sie schließlich die Leitungen und den Boiler wieder in Betriebszustand gebracht haben.

Doch keine Sorge: Emmas und Annis Schlafqualität wurde nicht beeinträchtigt. Die Affen sorgten zuverlässig dafür, dass jeder Knall, jeder Schrei und jeder Luftzug ungehört in ihrem nächtlichen Konzert untergingen.

Anni und Emma waren erstaunt und baff, als Phillip wild gestikulierend von seiner Horrornacht erzählte, er tat ihnen beinahe schon leid, und sowas auch noch am ersten Tag.

Mit Phillips Worten „Na, mal schauen was heute so passiert.“ marschierten wir durch den Hotelgarten zum Restaurant.

Phillip sah immer noch sichtlich mitgenommen aus, aber schon nach einer dampfenden Tasse indischen Chais und einem Frühstück mit frischen Idlis kehrte sein Lebensgeist in voller Energie zurück und er hatte schon ein Pläuschchen mit einer netten einheimischen Touristin gehalten.

Zufrieden und mit vollem Bauch wollte Phillip nach dem Frühstück noch etwas spazieren gehen, und zog Emma mit sich. Anni mahnte nur, “Nicht so lange, schließlich haben wir heute noch eine Fahrt vor uns.“ Emma und Phillip hielten sich an die Anweisung und trabten eine halbe Stunde später wieder an.

Begeistert erzählten Sie, dass sie am Straßenrand zugeschaut hatten, wie Dosas gemacht werden. Anni lächelte und freute sich über den Enthusiasmus ihrer beiden Reise-Schützlinge.

So packten wir dann unsere sieben Sachen checkten aus dem Affenhaus aus, und machten uns gut gestärkt auf den Weg, um uns auf das nächste Highlight zu freuen.

Es war ein strahlend schöner Tag, die Sonne schien und die Luft duftete nach Gewürzen und Blumen.

Die Serpentinen sahen wir nun von der Gegenfahrbahn, denn wir mussten denselben Weg, den wir gestern nach oben gefahren waren, bergab wieder zurück bis nach Salem.

Dort wartete der 1008 Shiva Lingam Tempel auf uns. Die perfekte Mischung, wie Anni dachte: Ein spirituelles Erlebnis für alle und genug Bewegung für Phillip.

"Schweiß, Selfies und 1008 Lingams“

Der Tempelkomplex schien endlos – lauter kleine Tempelchen mit Lingams, die stolz von einem Nandi (dem heiligen Stier Shivas) bewacht wurden. „Fangen wir an zu zählen“, sagte Phillip motiviert und marschierte los, als würde er den Himalaya besteigen. „Stopp“ kam laut von Anni „In Indien betritt man nichts mit Schuhen, also zieht sie aus und lasst sie am Auto!“ Gehorsam streiften die beiden ihre Schuhe ab und wir marschierten los.

Emma zögerte: „Sind das wirklich 1008 Lingams? Sollen wir das wirklich überprüfen? Und was ist ein Lingam überhaupt?“

Anni erklärte so kurz wie möglich:

„Ein Shiva Lingam ist ein Symbol von Lord Shiva – es repräsentiert das Unendliche, das Göttliche und die schöpferische Energie des Universums. Manchmal steht der Lingam allein, oft ist er auf einem Sockel, dem Yoni. Das zeigt die Verbindung zwischen Shiva, der männlichen Energie, und Shakti, der weiblichen Energie. Und ja, Emma, hier sollen 1008 Lingams sein.“

Phillip nickte beeindruckt. „Also eine Art göttliches Fitnessstudio mit spiritueller Energie?“

Emma schmunzelte: „Dann zählen wir also göttliche Hanteln?“

Anni schüttelte nur lächelnd den Kopf.

Die ersten 50 Lingams waren noch einfach – Anni schwärmte von der spirituellen Energie, Emma begann, eine exakte Zählung zu führen, und Phillip eilte wie immer voraus. Doch nach Lingam Nummer 300 begannen die Dinge etwas komplizierter zu werden. „Sind wir bei 342 oder 343?“, fragte Emma vorsichtig.

Phillip, der Bergsteiger, drehte sich um und rief aus der Ferne: „Ist doch egal! Wir zählen einfach weiter!“ plötzlich kratzte sich Phillip nachdenklich am Kopf und deutete auf die große, imposante Statue eines bulligen Wesens vor dem Tempel.

„Ist das jetzt der Vishnu?“ fragte er neugierig, während er versuchte, die mythologische Ordnung Indiens zu begreifen.

Anni seufzte theatralisch und lächelte. „Nein, Phillip, das ist Nandi. Vor jedem Shiva-Tempel steht eine Statue von Nandi, dem heiligen Bullen. Er ist Shivas persönliches Reittier und Bodyguard in Einem. Quasi der Chauffeur der indischen Götterwelt.“

Phillip lachte. „Ein Chauffeur-Bulle? Also so was wie der indische James Bond auf vier Beinen?“

Emma kicherte. „Ja, aber mit Kuhglocke statt Aston Martin.“

Anni nickte. „Genau! Und wenn du in einen Shiva-Tempel gehst, flüsterst du ihm vorher deinen Wunsch ins Ohr. Dann überbringt er es Shiva, sozusagen als göttlicher Postbote.“

Phillip grinste breit. „Also ein Chauffeur, Bodyguard und Postbote. Respekt! Ich glaube, ich muss mir auch so einen Nandi zulegen.“

„Vergiss es, Phillip. Dein Auto reicht völlig,“ sagte Emma trocken und lachte.

Mit einem Schmunzeln gingen sie weiter in Richtung Tempel, während Phillip immer noch fasziniert die Statue anstarrte. „Nandi... ein echt cooler Typ.“