Shopaholic in New York - Sophie Kinsella - E-Book
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Shopaholic in New York E-Book

Sophie Kinsella

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Beschreibung

Rebecca Bloomwood, ihres Zeichens Finanzexpertin aus London und unheilbarer Shopaholic, soll nach New York umziehen. Ein toller Job lockt sowie jede Menge Sehenswürdigkeiten wie Tiffany, Bloomingdales und Dutzende Designerläden. Leider endet ihre Karriere schlagartig, als über die Medien ganz Amerika von ihrem Schuldenberg erfährt, und auch ihre Beziehung gerät in die Krise. Ernüchtert kehrt Rebecca nach England zurück und nimmt einen neuen Anlauf. Es gilt, ihre Arbeit, ihr Liebesleben und ihr Konto wieder in den Griff zu bekommen ...

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Seitenzahl: 569

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Buch

Rebecca Bloomwood, die Finanzexpertin mit dem chronisch überzogenen Konto, ist zu beneiden. Sie liebt ihren Job beim Frühstücksfernsehen, und auch ihr Privatleben ist perfekt, seit sie mit dem attraktiven und höchst erfolgreichen Luke Brandon von der gleichnamigen PR-Agentur zusammen ist. Doch der schöne Schein trügt: Rebecca steckt nach einigen Schnäppchenkäufen mal wieder in finanziellen Schwierigkeiten. Und eigentlich könnte es auch mit Luke besser laufen. Die gemeinsamen Stunden sind knapp bemessen, denn was für Rebecca das Shoppen ist, ist für Luke eben die Arbeit. Als ihr auch noch das Gerücht zu Ohren kommt, Luke wolle eine Filiale seines Unternehmens in New York etablieren, ist das Maß voll. Aber Luke bittet Becky, ihn nach Amerika zu begleiten. Er hat sogar schon vorgefühlt, und etliche Fernsehsender scheinen interessiert, ihr einen Job als TV-Finanzberaterin anzubieten. Während Becky in New York ganz in ihrem Element ist, hat Luke allerdings schon bald Schwierigkeiten, seine Pläne zu verwirklichen.

Auch ihre Beziehung gerät in eine schwere Krise, und plötzlich steht Rebeccas Leben völlig Kopf …

Weitere Informationen zu Sophie Kinsellasowie zu lieferbaren Titeln der Autorin finden Sie am Ende des Buches.

Sophie Kinsella

Shopaholic in New York

Roman

Aus dem Englischen von Marieke Heimburger

Die englische Originalausgabe erschien 2001 unter dem Titel »Shopaholic Abroad« bei Black Swan, LondonErstmals auf Deutsch erschienen 2003 unter dem Titel »Fast geschenkt«Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Neuausgabe September 2021

Copyright © der Originalausgabe 2001 by Sophie Kinsella

Copyright © dieser Ausgabe 2021

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: FAVORITBÜRO, München

Covermotiv: Frau: © Maryia Naidzionysheva/Shutterstock,

Wolken: © Binly/Shutterstock, NY Silhouette: © Antikwar/Shutterstock

MR · Herstellung: kw

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-28314-8V003

www.goldmann-verlag.de

Für Gemma, die schon immer wusste, wie wichtig ein Denny-und-George-Tuch für eine Frau ist.

Endwich Bank

ZWEIGSTELLEFULHAM

3 Fulham Road

London SW6 9JH

Miss Rebecca Bloomwood

Flat 2

4 Burney Rd.

London SW6 8FD

18. Juli 2000

Sehr geehrte Miss Bloomwood,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 15. Juli. Es freut mich zu hören, dass Sie nun seit fast fünf Jahren Kundin der Endwich Bank sind.

Leider bieten wir weder einen »Fünfjahresbonus« noch einen »Tabula rasa«-Schuldenerlass für Überziehungskunden an. Ich stimme Ihnen aber durchaus zu, dass es sich hierbei um gute Ideen handelt.

Ich bin bereit, Ihren Dispo-Rahmen um zusätzliche £ 500,– auf insgesamt £ 4.000,– zu erweitern, möchte Sie aber in naher Zukunft um ein Gespräch bitten, bei dem wir Ihren anhaltenden Überziehungsbedarf erörtern können.

Mit freundlichen Grüßen

Endwich Bank

Zweigstelle Fulham

Derek Smeath

Zweigstellenleiter

ENDWICH – WIR SIND FÜR SIE DA

Endwich Bank

ZWEIGSTELLEFULHAM

3 Fulham Road

London SW6 9JH

Miss Rebecca Bloomwood

Flat 2

4 Burney Rd.

London SW6 8FD

24. Juli 2000

Sehr geehrte Miss Bloomwood,

es freut mich, dass mein Schreiben vom 18. Juli Ihnen behilflich war.

Nichtsdestoweniger wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich in Ihrer Fernsehsendung nicht länger als »der süße Smeathie« und »der beste Bankmanager der Welt« bezeichnen würden.

Ich persönlich freue mich selbstverständlich über Ihre Worte. Meine Vorgesetzten jedoch sind etwas besorgt über das Bild, das auf diese Weise von der Endwich Bank in der Öffentlichkeit evoziert wird, und haben mich daher gebeten, Ihnen in dieser Angelegenheit zu schreiben.

Mit den besten Grüßen,

Endwich Bank

Zweigstelle Fulham

Derek Smeath

Zweigstellenleiter

ENDWICH – WIR SIND FÜR SIE DA

Endwich Bank

ZWEIGSTELLEFULHAM

3 Fulham Road

London SW6 9JH

Miss Rebecca Bloomwood

Flat 2

4 Burney Rd.

London SW6 8FD

21. August 2000

Sehr geehrte Miss Bloomwood,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18. August.

Es tut mir leid, dass es Ihnen so schwer fällt, sich in das Korsett Ihres neuen Dispo-Rahmens zu zwängen. Ich verstehe durchaus, dass ein Sommerschlussverkauf bei Pied à Terre nicht jede Woche stattfindet, und ich kann Ihren Kreditrahmen gern um £ 63,50 erweitern, wenn das denn, wie Sie schreiben, »das einzige Problem« wäre.

Ich möchte Ihnen aber dennoch empfehlen, mich in der Zweigstelle aufzusuchen, damit wir Ihre finanzielle Situation ausführlich diskutieren können. Meine Assistentin Erica Parnell arrangiert gern einen Gesprächstermin für Sie.

Mit freundlichen Grüßen

Endwich Bank

Zweigstelle Fulham

Derek Smeath

Zweigstellenleiter

ENDWICH – WIR SIND FÜR SIE DA

EINS

Okay. Keine Panik. Keine Panik. Das ist alles nur eine Frage der Organisation, des Ruhebewahrens und Entscheidens, was genau ich mitnehmen muss. Und dann alles fein säuberlich in den Koffer packen. Ich meine, das kann doch so schwer nicht sein, oder?

Ich trete einen Schritt zurück von dem Chaos auf meinem Bett, schließe die Augen und hoffe, dass meine Klamotten sich wie von Zauberhand zu lauter ordentlich zusammengelegten Stapeln organisieren, wenn ich es mir nur innig genug wünsche. Wie in diesen Zeitschriftenartikeln übers Kofferpacken, in denen einem immer vorgemacht wird, wie man den ganzen Urlaub mit einem einzigen, billigen Sarong auskommt, den man in sechs verschiedene Outfits verwandeln kann. (Was übrigens die totale Bauernfängerei ist, wie ich finde. Gut, okay, der Sarong kostet vielleicht nur zehn Pfund, aber die Sachen, mit denen er kombiniert wird, kosten schließlich auch noch mehrere Hundert – und das soll man nicht merken?)

Aber als ich die Augen wieder aufmache, ist das Chaos immer noch da. Es scheint sogar größer geworden zu sein – als wären heimlich noch mehr Klamotten aus den Schubladen auf mein Bett gehüpft, während ich die Augen geschlossen hatte. Wo ich auch hinsehe, überall in meinem Zimmer sind riesengroße, chaotische Haufen … Zeug. Schuhe, Stiefel, T-Shirts, Zeitschriften … ein Geschenkkorb vom Body Shop, der im Angebot war … ein Italienisch-Schnellkurs mit Kassette, den ich jetzt endlich anfangen muss … so ein Gesichtssauna-Dings … Und auf meinem Frisiertisch thront stolz meine gestrige Errungenschaft von einem dieser Wohltätigkeitsbasare: eine Fechtmaske und ein Degen. Haben zusammen nur vierzig Pfund gekostet!

Ich nehme den Degen in die Hand und mache damit einen kleinen Ausfallschritt auf mein Spiegelbild zu. Das war wirklich ein unglaublicher Zufall, weil ich nämlich schon seit Jahren Fechten lernen will. Seit ich diesen Artikel darüber in der Daily World gelesen habe. Wussten Sie, dass Fechter von allen Sportlern die schönsten Beine haben? Und wenn man richtig gut ist, kann man als Stuntdouble beim Film landen und einen Haufen Geld verdienen! Ich habe mir deshalb fest vorgenommen, irgendwo in der Nähe Fechtunterricht zu nehmen und so schnell wie möglich richtig gut zu werden. Dürfte kein Problem sein für mich.

Und dann – jetzt kommen wir zum geheimen Teil meines Plans –, wenn ich erst mal mein goldenes Abzeichen oder was auch immer habe, werde ich an Catherine Zeta Jones schreiben. Die braucht doch bestimmt ein Stuntdouble, oder? Also, warum nicht mich? Ich glaube sogar, dass ihr eine Britin am liebsten wäre. Vielleicht ruft sie mich dann an und sagt mir, dass sie mich schon so oft im Fernsehen gesehen hat und mich schon immer mal kennenlernen wollte! O Gott, ja! Wäre das nicht klasse? Wir würden uns wahrscheinlich supergut verstehen und herausfinden, dass wir den gleichen Humor haben und alles. Und dann würde ich mal eben rüberfliegen, um sie auf ihrem Luxusanwesen zu besuchen, und bei der Gelegenheit auch Michael Douglas kennenlernen und mit ihrem Baby spielen. Wir werden so entspannt miteinander umgehen wie uralte Freunde, irgendeine Zeitschrift wird ein Feature über die besten Freunde weltbekannter Berühmtheiten machen und uns vorstellen, und vielleicht werde ich dann sogar gefragt, ob ich …

»Hi, Bex!« Die schöne Vorstellung von Michael, Catherine und mir ist wie ausgeknipst, und ich befinde ich mich wieder im Hier und Jetzt. Meine Mitbewohnerin Suze schlendert in ihrem uralten Schlafanzug mit Paisley-Muster in mein Zimmer. »Was machst du da?«, fragt sie neugierig.

»Nichts!«, sage ich und lege hastig den Degen zurück. »Ich … Du weißt schon. Trainiere.«

»Ah, ja«, sagt sie wenig überzeugt. »Und – kommst du weiter mit Packen?« Sie schlendert zum Kaminsims hinüber, nimmt einen Lippenstift, begutachtet seine Farbe und trägt ihn dann auf. Das macht Suze immer, wenn sie in meinem Zimmer ist – schlendert herum, nimmt Sachen in die Hand, begutachtet sie und legt sie wieder hin. Sie sagt, sie findet es so spannend bei mir, weil sie nie weiß, was sie dieses Mal finden wird, fast wie in einem Trödelladen. Ich glaube nicht, dass sie das böse meint.

»Ja, sicher«, sage ich. »Ich versuche mich gerade zu entscheiden, welchen Koffer ich nehmen soll.«

»Oooh«, sagt Suze und dreht sich mit halb pink geschminkten Lippen zu mir um. »Wie wär’s mit dem kleinen cremefarbenen? Oder mit der roten Reisetasche?«

»Ich dachte eigentlich eher an diesen«, sage ich und zerre meinen neuen, giftgrünen Hartschalenkoffer unter dem Bett hervor. Den habe ich letztes Wochenende gekauft. Er ist ein Traum.

»Wow!« Suzes Augen weiten sich. »Bex! Der ist toll! Wo hast du den her?«

»Fenwicks«, sage ich mit einem breiten Grinsen. »Klasse, oder?«

»Das ist der coolste Koffer, den ich je gesehen habe!« Suze lässt die Hand bewundernd über seine Oberfläche gleiten. »Also – wie viele Koffer hast du jetzt insgesamt?« Sie sieht zu meinem Kleiderschrank, auf dem sich ein brauner Lederkoffer, ein Lack-Schrankkoffer und drei Kosmetikkoffer drängen.

»Ach, weißt du«, sage ich mit einem Achselzucken. »So viele man eben braucht.«

Ich glaube, ich habe in letzter Zeit ziemlich viele Koffer gekauft. Aber die Sache ist die, dass ich Ewigkeiten gar keinen Koffer hatte, sondern nur eine olle, zerschlissene Leinentasche. Und dann hatte ich vor ein paar Monaten mitten in Harrods eine Offenbarung – so ähnlich wie Paulus auf dem Weg nach Mandalay (War doch Mandalay, oder?): Koffer! Na ja, und seitdem habe ich so einiges nachgeholt.

Aber abgesehen davon weiß schließlich jedes Kind, dass gute Koffer eine echte Investition sind.

»Ich wollte mir gerade eine Tasse Tee machen«, sagt Suze. »Möchtest du auch eine?«

»Au, ja, danke!«

»Und ein KitKat?« Suze grinst.

»Unbedingt auch ein KitKat.«

Vor Kurzem hatten wir einen Freund von Suze zu Be-such, er hat auf dem Sofa geschlafen – und als er wieder abzischte, hat er uns diese Riesenkiste mit hundert KitKats dagelassen. Ich finde das wirklich ein prima Dankeschön, aber natürlich hat es zur Folge, dass wir den ganzen Tag nur KitKats essen. Aber wie Suze gestern Abend so treffend bemerkte: Je schneller wir sie aufessen, desto schneller sind sie weg. Es ist also gewissermaßen das Gesündeste, sich mit so vielen wie möglich vollzustopfen.

Suze verlässt mein Zimmer, und ich wende mich meinem Koffer zu. Gut. Konzentration. Packen. Kann doch nicht lange dauern. Ich brauche nur eine elementare, auf ein Minimum beschränkte Kollektion für ein Wochenende in Somerset. Ich habe sogar schon eine Liste gemacht, um mir die Auswahl zu erleichtern.

Jeans: zwei Stück. Kein Problem. Eine verwaschene und eine weniger verwaschene.

T-Shirts:

Ach, ich glaube doch besser drei Jeans. Ich muss unbedingt die neuen von Diesel mitnehmen, die sind so cool, wenn auch ein kleines bisschen eng. Die kann ich ja einfach ein paar Stunden abends anziehen oder so.

T-Shirts:

Ach, und die bestickten Fransenshorts von Oasis, die habe ich nämlich noch nie angehabt. Aber die zählen nicht wirklich als Jeans, weil das ja Shorts sind. Und außerdem nehmen Jeans kaum Platz weg, oder?

Okay, das wären dann wohl genug Jeans. Und ich kann ja jederzeit noch eine dazupacken, wenn es sein muss.

T-Shirts: diverse. Mal sehen. Ein einfaches weißes natürlich. Und ein graues. Ein schwarzes bauchfreies, ein schwarzes Unterhemd (Calvin Klein), noch ein schwarzes Unterhemd (Warehouse, sieht aber eigentlich besser aus), einmal pink ohne Ärmel, einmal pink mit Glitzer, einmal pink …

Mitten in meiner Umbettungsaktion zusammengelegter T-Shirts (vom Schrank in den Koffer) halte ich inne. Das ist doch doof. Woher soll ich denn im Vorhinein wissen, welche T-Shirts ich am Wochenende anziehen möchte? Der Witz an T-Shirts ist doch, dass man sich morgens eins aussucht, das zur aktuellen Stimmung passt – genauso wie Kristalle oder Aromatherapieöle. Stellen Sie sich vor, ich wache morgens auf, meine Stimmung verlangt nach meinem »Elvis is Groovy«-T-Shirt und ich habe es nicht dabei!

Wissen Sie was, ich glaube, ich nehme einfach alle mit. Ich meine, so ein paar T-Shirts nehmen ja nun wirklich kaum Platz weg, oder? Das merke ich doch gar nicht, dass ich die dabeihabe.

Ich stapel sie alle in meinen Koffer und lege noch ein paar Bustiers drauf.

Hervorragend. Das mit meiner Liste funktioniert echt prima. Also, was steht da als Nächstes?

Zehn Minuten später kommt Suze mit zwei Tassen Tee und drei KitKats zum Teilen wieder. (Wir sind uns einig, dass zwei einfach nicht reichen.)

»Da«, sagt sie – und sieht mich dann etwas genauer an. »Bex? Geht’s dir gut?«

»Ja, ja«, sage ich mit hochrotem Kopf. »Ich versuche nur gerade, das Gilet etwas kleiner zu falten.«

Ich habe zwar schon eine Jeansjacke und eine Lederjacke eingepackt, aber wer will sich schon auf das englische Septemberwetter verlassen? Ich meine, im Moment ist es zwar heiß und die Sonne scheint, aber morgen könnte es schon wieder schneien. Und was, wenn Luke und ich eine richtig zünftige Wanderung machen wollen? Außerdem habe ich dieses tolle patagonische Gilet jetzt schon so lange und es noch kein einziges Mal angehabt. Ich versuche wieder, es schön klein zusammenzulegen, aber es rutscht mir aus der Hand und gleitet auf den Boden. Oh Gott, das hier erinnert mich erbarmungslos an das Zeltlager mit den Brownies und meine verzweifelten Versuche, den Schlafsack zurück in seinen Packsack zu stopfen.

»Wie lange bist du noch mal weg?«, fragt Suze.

»Drei Tage.« Ich gebe es auf, das Gilet auf die Größe einer Streichholzschachtel zusammenquetschen zu wollen, und es entfaltet sich prompt wieder zu seiner ursprünglichen Form. Mit einem gewissen Unbehagen lasse ich mich aufs Bett sinken und trinke einen Schluck Tee. Ich verstehe einfach nicht, wie andere Leute mit so wenig Gepäck auskommen. Ständig sieht man diese Geschäftsleute mit einem winzigen, schuhkartongroßen Koffer und selbstgefälligem Gesichtsausdruck Flugzeuge besteigen. Wie machen die das? Haben die magische Schrumpfklamotten? Gibt es irgendeinen raffinierten Trick, wie man seine Sachen so faltet, dass sie in eine Streichholzschachtel passen?

»Nimm doch auch noch deine Reisetasche«, schlägt Suze vor.

»Meinst du?« Etwas verunsichert betrachte ich meinen überquellenden Koffer. Hm. Vielleicht brauche ich doch nicht unbedingt drei Paar Stiefel. Und auch keine Pelzstola.

Dann fällt mir plötzlich ein, dass Suze fast jedes Wochenende wegfährt und immer nur eine kleine, knautschige Tasche mitnimmt. »Suze, wie packst du denn? Hast du irgendein System?«

»Weiß nicht«, erwidert sie unbestimmt. »Ich mache wahrscheinlich immer noch das, was man uns damals bei Miss Burton beigebracht hat. Man überlegt sich ein Outfit pro Anlass und hält sich daran.« Sie zählt an ihren Fingern ab: »Zum Beispiel: Hinreise, Abendessen, am Pool sitzen, Tennis spielen …« Sie sieht zu mir auf. »Ach, ja, und jedes Kleidungsstück muss mindestens dreimal getragen werden.«

Mann, Suze ist echt genial. Was die alles weiß. Ihre Eltern haben sie mit achtzehn auf Miss Burtons Academy geschickt, das ist so eine Schickimicki-Schule in London, wo man unter anderem lernt, wie man sich mit einem Bischof unterhält und wie man mit einem Minirock aus einem Sportwagen steigt. Suze kann auch aus Hühnerdraht einen Hasen basteln.

Ich schnappe mir ein Blatt Papier und entwerfe schnell einen Plan. Das ist doch viel besser. Viel besser, als planlos Klamotten in den Koffer zu schmeißen. Dank dieser Methode werde ich keine überflüssigen Klamotten mitnehmen, sondern nur das absolute Minimum.

Outfit 1:

Am Pool sitzen (Sonne scheint)

Outfit 2:

Am Pool sitzen (bewölkt)

Outfit 3:

Am Pool sitzen (Hintern sieht morgens fett aus)

Outfit 4:

Am Pool sitzen (eine andere hat den gleichen Badeanzug)

Outfit 5:

Im Flur klingelt das Telefon, aber ich sehe kaum auf. Ich höre Suze aufgeregt plappern –, und kurz darauf steht sie mit fröhlich gerötetem Gesicht wieder in meiner Tür

»Jetzt rate mal, was passiert ist!«, sagt sie. »Rate mal!«

»Was denn?«

»Bei Box Beautiful sind alle meine Rahmen ausverkauft! Sie haben gerade angerufen, um noch mehr zu bestellen!«

»Suze! Das ist ja Wahnsinn!«, begeistere ich mich.

»Ich weiß!« Sie rennt auf mich zu, wir fallen uns in die Arme und hopsen wild durch die Gegend, bis ihr auffällt, dass sie eine Zigarette in der Hand hat und kurz davor ist, meine Haare abzufackeln.

Wissen Sie, Suze hat nämlich erst vor ein paar Monaten damit angefangen, Rahmen zu basteln, und jetzt beliefert sie schon vier Läden in London damit, und die Rahmen sind der absolute Renner! Suze ist schon in allen möglichen Zeitschriften vorgestellt worden und alles. Was mich im Grunde gar nicht überrascht, denn ihre Rahmen sind einfach cool. Das neueste Modell ist violetter Tweed, und die Rahmen werden in glitzernden grauen Schachteln und in türkisfarbenem Seidenpapier geliefert (ich habe Suze übrigens dabei geholfen, die Farben auszusuchen). Sie verkauft so viele von den Rahmen, dass sie sie gar nicht mehr alle selbst produzieren kann. Sie schickt ihre Entwürfe an eine kleine Werkstatt in Kent und bekommt dann ein Paket mit fertigen Rahmen wieder.

»Und, bist du jetzt fertig? Weißt du, was du mitnehmen musst?«, fragt sie und zieht an ihrer Zigarette.

»Ja«, sage ich und wedele mit dem Blatt Papier vor ihrer Nase herum. »Ich habe alles ganz genau ausgearbeitet. Bis zum letzten Paar Socken.«

»Super!«

»Und ich muss nur eine einzige Sache einkaufen«, füge ich so unbefangen wie möglich hinzu. »Und das ist ein Paar lila Sandalen.«

»Lila Sandalen?«

»Hmmm.« Ich sehe sie unschuldig an. »Ja. Die brauche ich. Nichts Besonderes, weißt du, nur so ein kleines, billiges Paar, das ich zu verschiedenen Outfits anziehen kann …«

»Ah ja.« Suze runzelt die Stirn. »Bex … Hattest du nicht letzte Woche irgendetwas von einem Paar lila Sandalen erzählt? So richtig teure von LK Bennett?«

»Wirklich?« Ich merke, wie ich erröte. »Ich … Keine Ahnung. Vielleicht. Aber egal …«

»Bex.« Suze sieht mich ausgesprochen misstrauisch an. »Sag mir die Wahrheit. Brauchst du wirklich ein Paar lila Sandalen? Oder willst du sie einfach nur haben?«

»Nein!«, wehre ich mich. »Ich brauche sie! Wirklich! Guck doch mal.«

Ich hole meinen Plan heraus, entfalte ihn und zeige ihn Suze. Ich muss schon sagen, dass ich ganz schön stolz darauf bin. Auf dem Papier ist ein ziemlich kompliziertes Flussdiagramm mit tausend Kästchen und Pfeilen und roten Sternchen zu sehen.

»Wow!«, sagt Suze. »Wo hast du das denn gelernt?«

»An der Uni«, sage ich bescheiden. Ich habe mal ein Seminar für Betriebswirtschaft und Buchführung belegt, und ich finde es wirklich erstaunlich, wie oft man das gebrauchen kann.

»Was bedeutet dieser Kasten hier?« Sie tippt mit dem Zeigefinger auf das Diagramm.

»Das ist …« Ich kneife die Augen zusammen und versuche, mich zu erinnern. »Ich glaube, das ist, wenn wir in ein richtig schickes Restaurant gehen und ich mein Whistles-Kleid schon am Abend vorher anhatte.«

»Und der hier?«

»Das ist für den Fall, dass wir klettern gehen. Und der hier …« – ich zeige auf einen leeren Kasten – »… ist der Beweis dafür, dass ich ein Paar lila Sandalen brauche. Wenn ich keine lila Sandalen habe, ist nicht nur das Outfit hier nicht komplett, sondern auch das hier … und dann funktioniert der ganze Plan nicht. Und dann kann ich genauso gut zu Hause bleiben.«

Suze schweigt einen Moment, während sie mein Diagramm sorgfältig überprüft und ich mir nicht nur auf die Lippe beiße, sondern für alle Fälle auch noch die Finger hinterm Rücken kreuze.

Ich weiß, das hier mag Ihnen etwas ungewöhnlich vorkommen. Ich weiß, dass der Großteil der Bevölkerung nicht jede einzelne Anschaffung mit seiner Mitbewohnerin erörtern muss. In unserem Fall ist es aber so, dass ich Suze vor einiger Zeit die Erlaubnis gegeben habe, meine Ausgaben ein bisschen zu überwachen. Sie wissen schon. Ein Auge auf meine Einkaufstüten zu haben.

Nicht dass Sie das jetzt missverstehen. Ich habe kein Einkaufsproblem, ich bin kein Shopaholic oder so. Es ist nur so, dass ich vor ein paar Monaten ein … nun ja … ein klitzekleines Geldproblem hatte. Wirklich nichts Dramatisches, nur ein kurzzeitiges Tief. Ebbe in der Kasse – Sie kennen das ja. Und nach der Ebbe kommt die Flut, also gar kein Grund, sich aufzuregen. Aber Suze ist total ausgeflippt deswegen und hat gesagt, sie würde zu meinem eigenen Besten in Zukunft sämtliche Ausgaben überprüfen.

Und sie hat Wort gehalten. Sie ist sogar ziemlich streng. Manchmal habe ich richtig Angst, dass sie zu irgendetwas Nein sagen könnte.

»Ich verstehe«, sagt sie schließlich. »Dir bleibt eigentlich gar nichts anderes übrig, stimmt’s?«

»Stimmt«, pflichte ich ihr erleichtert bei, nehme ihr den Plan ab, falte ihn zusammen und stecke ihn in die Tasche.

»Hey, Bex, ist der neu?«, fragt Suze auf einmal. Sie hat meinen Kleiderschrank aufgemacht und betrachtet den traumhaften neuen honigfarbenen Mantel, den ich neulich in die Wohnung geschmuggelt habe, als sie in der Badewanne lag. Ich zucke leicht zusammen.

Ich meine, selbstverständlich hatte ich vor, ihr von dieser Anschaffung zu berichten. Ich bin nur bisher nicht dazu gekommen.

Bitte nicht aufs Preisschild gucken, bete ich fieberhaft. Bitte nicht aufs Preisschild gucken.

»Ähm … ja«, sage ich. »Ja, der ist neu. Aber weißt du … ich brauche doch einen guten Mantel, für den Fall, dass ich für Morning Coffee mal Außenaufnahmen machen muss.«

»Ist das denn wahrscheinlich?«, fragt Suze verwirrt. »Ich meine, ich dachte, dein Job besteht darin, im Studio zu sitzen und die Leute in Finanzfragen zu beraten?«

»Na ja … Man weiß ja nie. Man sollte auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.«

»Hm, wahrscheinlich hast du recht …« Suze klingt nicht überzeugt. »Und was ist mit dem Top hier?« Sie zieht an einem Bügel. »Das ist doch auch neu!«

»Das ist für Morning Coffee«, sage ich sofort.

»Und der Rock hier?«

»Auch.«

»Und die neue Hose?«

»Auch.«

»Bex.« Suze sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Wie viele Outfits hast du eigentlich für Morning Coffee?«

»Ach – du weißt schon«, winde ich mich. »Ich brauche immer was in Reserve. Ich meine, Suze, Morning Coffee ist mein Beruf. Mein Job. Meine Karriere.«

»Ja«, sagt Suze schließlich. »Ja, da hast du recht.« Dann streckt sie die Hand nach meinem neuen roten Seidenjackett aus. »Das ist aber schön.«

»Ich weiß«, strahle ich. »Habe ich für meine Sondersendung im Januar gekauft!«

»Du bekommst eine Sondersendung? Wow! Worüber denn?«

»Die Sendung heißt Beckys fundamentale Finanzprinzipien«, sage ich und nehme meinen Lipgloss zur Hand. »Wird bestimmt klasse. Fünf Slots à zehn Minuten, nur ich!«

»Und – was sind deine fundamentalen Finanzprinzipien?«, erkundigt Suze sich interessiert.

»Ähm … also, im Moment habe ich noch keine«, sage ich und trage den Lipgloss auf. »Aber die werde ich ausarbeiten, wenn der Termin näher rückt.« Ich schließe den Stift und nehme meine Jacke. »Bis später.«

»Okay«, sagt Suze. »Aber nicht vergessen: Nur ein Paar Sandalen!«

»Alles klar. Versprochen!«

Ich finde es richtig süß von Suze, dass sie sich solche Sorgen um mich macht. Dabei ist das gar nicht nötig. Unter uns gesagt, sie hat noch nicht begriffen, dass ich ein ganz anderer Mensch geworden bin. Gut, okay, ich hatte vor ein paar Monaten eine leichte Finanzkrise. Offen gestanden hatte ich zeitweise Schulden in Höhe von … nun ja. Es war eine ganze Menge.

Aber dann habe ich den Job bei Morning Coffee bekommen, und seitdem hat sich alles grundlegend geändert. Ich habe mein Leben komplett umgestellt, richtig hart gearbeitet und alle meine Schulden abbezahlt. Ja, ich habe sie abbezahlt! Alle! Ich habe einen Scheck nach dem anderen ausgestellt und jede einzelne belastete Kreditkarte, jede Kundenkarte, jeden gekritzelten Schuldschein an Suze ausgeglichen. (Suze konnte es kaum glauben, als ich ihr den Scheck über mehrere Hundert Pfund überreichte. Zuerst wollte sie ihn gar nicht annehmen, aber dann hat sie es sich anders überlegt und das Geld in diesen absolut hinreißenden Schaffellmantel angelegt.)

Es war ein so umwerfendes, berauschendes Gefühl, all diese Schulden abzuzahlen, es ist einfach unbeschreiblich. Und obwohl das nun schon einige Monate her ist, macht mich der Gedanke daran immer noch ganz schwindlig. Es geht doch nichts über totale, uneingeschränkte Solvenz, oder?

Und jetzt sehen Sie mich an: Ich bin ein ganz anderer, neuer Mensch. Mit der alten Becky habe ich überhaupt nichts mehr tun. Ich bin geläutert. Ich habe nicht mal mein Konto überzogen!

ZWEI

Gut, okay. Ich habe mein Konto ein bisschen überzogen. Aber das kommt einzig und allein daher, dass ich in letzter Zeit sehr langfristig plane und denke und darum kräftig in meine Karriere investiert habe. Luke, mein Freund, ist Unternehmer. Er hat seine eigene PR-Firma und alles. Und Luke hat vor ein paar Wochen etwas zu mir gesagt, das mir wirklich eingeleuchtet hat: »Wer eine Million verdienen will, muss erst mal eine Million leihen.«

Ich glaube, dass ich über eine natürliche unternehmerische Ader verfüge. Im Ernst! Denn kaum hatte Luke das gesagt, empfand ich ein so tief gehendes Verständnis für seine Worte, dass ich sie den ganzen Tag laut vor mich hingemurmelt habe. Er hat ja so recht! Man kann doch nicht erwarten, Geld zu verdienen, wenn man es nicht vorher ausgibt!

Und aus genau diesem Grund habe ich in ein paar Outfits investiert, die ich in der Show tragen kann. Und in mehrere Friseurbesuche, einige Maniküren und kosmetische Gesichtsbehandlungen. Und in ein paar Massagen. Denn das weiß schließlich jedes Kind, dass die Leistung leidet, wenn man gestresst ist, oder?

Außerdem habe ich einen neuen Computer gekauft, der zwar zweitausend Pfund gekostet hat, aber absolut unentbehrlich ist. Und wissen Sie auch, warum? Tadaaaaa! Ich schreibe ein Selbsthilfebuch! Kurz nachdem ich den Job bei Morning Coffee bekommen hatte, habe ich diese supernetten Verleger kennengelernt, die mich zum Lunch einluden und sagten, für Leute mit Finanzproblemen sei ich einfach ein Geschenk des Himmels. Ist das nicht nett? Und tausend Pfund haben sie mir auch gleich gezahlt, ohne dass ich ein einziges Wort geschrieben hatte. Und wenn es erst mal fertig ist, bekomme ich noch viel mehr. Der Titel wird wahrscheinlich Becky Bloomwoods Ratgeber Geld lauten. Oder vielleicht Becky Bloomwood: Der richtige Umgang mit Geld.

Ich habe noch keine Zeit gehabt, mit dem Schreiben anzufangen, aber ich finde, das Wichtigste ist, erst einmal einen richtig guten Titel zu finden, weil dann alles andere von selbst kommt. Und es ist ja auch nicht so, als hätte ich noch gar nichts getan. Ich habe mir schon seitenweise Notizen gemacht, was ich beim Fototermin für das Autorenfoto tragen könnte.

Das heißt, im Grunde genommen ist es kein Wunder, dass ich mein Konto zurzeit ein klein wenig überzogen habe. Der Punkt ist doch, dass all das Geld irgendwo da draußen ist und für mich arbeitet. Ich kann von Glück reden, einen so verständnisvollen Bankmanager wie Derek Smeath zu haben. Das ist ein richtiger Schatz. Wir haben uns ziemlich lange nicht besonders gut verstanden, aber ich glaube, das war primär ein Kommunikationsproblem. Und jetzt versteht er mich. Er weiß, wer ich bin und was ich kann. Und ich bin natürlich auch viel vernünftiger geworden im Vergleich zu früher.

So habe ich zum Beispiel eine völlig neue Einkaufsphilosophie. Mein Motto ist jetzt: »Kauf nur das, was du brauchst.« Ich weiß, das klingt fast zu simpel – aber es funktioniert. Vor jeder einzelnen Ausgabe frage ich mich ganz bewusst: »Brauche ich das?« Und nur, wenn ich diese Frage ruhigen Gewissens mit »Ja« beantworten kann, kaufe ich es. Alles nur eine Frage der Selbstdisziplin.

Und darum bin ich jetzt bei LK Bennet auch unglaublich konzentriert und zielstrebig. Ich gehe hinein, ein Paar rote Stiefel mit hohen Absätzen fallen mir ins Auge – aber ich wende sofort den Blick ab und marschiere schnurstracks auf die Regale mit Sandalen zu. Und so kaufe ich jetzt immer ein: Ich bleibe nicht stehen, ich sehe mich nicht um, ich halte mich nicht mit Sachen auf, die ich nicht brauche. Nicht einmal mit den wahnsinnigen neuen paillettenbesetzten Pumps da drüben. Ich gehe ganz einfach direkt auf die Sandalen zu, die ich kaufen möchte, nehme ein Paar aus dem Regal und sage zur Verkäuferin:

»Ich hätte gerne diese hier in Größe 39, bitte.«

Ganz direkt und leidenschaftslos. Ich kaufe nur das, was ich brauche. Sonst nichts. Das ist der Schlüssel zu kontrolliertem Einkaufen. Die coolen, pinkfarbenen Stilettos da drüben bemerke ich nicht einmal, obwohl die wirklich hervorragend zu meinem neuen Cardigan von Jigsaw passen würden.

Und die Slingpumps mit den Glitzerabsätzen habe ich auch nicht gesehen.

Obwohl sie doch richtig schick sind, oder? Wie die wohl angezogen aussehen?

Oh Gott. Das ist wirklich hart.

Was ist das bloß für eine Sache mit Schuhen? Ich meine, ich stehe ja generell auf Klamotten, aber bei einem schönen Paar Schuhe schmelze ich dahin wie ein KitKat in der Sonne. Manchmal, wenn ich allein zu Hause bin, mache ich meinen Kleiderschrank auf und bewundere meine Schuhsammlung. Einmal habe ich sogar alle Schuhe nebeneinander auf mein Bett gestellt und fotografiert. Mag Ihnen verrückt vorkommen, aber ich habe mir gedacht, ich habe so viele Fotos von Leuten, die ich nicht wirklich mag, warum also soll ich nicht mal etwas fotografieren, was ich geradezu liebe?

»Hier, bitte schön.«

Gott sei Dank, die Verkäuferin ist wieder da! Und in dem Karton in ihrer Hand liegen meine lila Sandalen – mein Herz macht einen kleinen Sprung, als ich sie sehe. Oh, sind die schön. Diese zarten Riemen! Die winzige Brombeere neben dem Zeh! Das war Liebe auf den ersten Blick. Sie sind zwar etwas teuer – aber dass man bei Schuhen nicht knauserig sein soll, weiß jeder. Alles andere würde auf Kosten der Füße gehen.

Mit einem wohligen Schaudern lasse ich die Füße in die Sandalen gleiten – oh, mein Gott, sie sind einfach fantastisch! Meine Füße sehen auf einmal so elegant aus, meine Beine wirken länger … na gut, als ich ein paar Schritte mit ihnen gehe, wirken sie etwas unbequem, aber das kommt wahrscheinlich daher, dass der Fußboden hier so glatt ist.

»Ich nehme sie«, sage ich und strahle die Verkäuferin glücklich an.

Das ist nämlich die Belohnung für einen solch kontrollierten Einkauf. Wenn man tatsächlich etwas kauft, hat man das Gefühl, es verdient zu haben.

Wir gehen auf die Kasse zu, wobei ich tunlichst darauf achte, keinen Blick in die Ecke mit den Accessoires zu werfen. Und darum bemerke ich die violette Tasche mit den Gagatperlen auch so gut wie gar nicht. Gerade als ich mein Portemonnaie aus der Tasche holen will und mir gedanklich dazu gratuliere, so unbeirrbar zu sein, erzählt mir die Verkäuferin ganz arglos: »Wussten Sie, dass wir diese Sandalen auch in Apfelsine haben?«

Apfelsine?

»Ah … aha«, sage ich nach einer Weile.

Interessiert mich nicht. Ich habe das, was ich haben wollte – Schluss, aus, Punkt. Lila Sandalen. Nicht orange.

»Sind gerade ganz frisch reingekommen«, fährt sie fort und wühlt auf dem Boden herum. »Ich glaube, die werden sich noch besser verkaufen als die in Flieder.«

»Ach, ja?« Ich bemühe mich sehr, gleichgültig zu klingen. »Na ja, aber ich nehme einfach diese hier, glaube ich …«

»Hier sind sie!«, ruft sie. »Ich wusste doch, dass sie hier irgendwo waren …«

Und ich erstarre, als sie die exquisitesten Sandalen, die ich je gesehen habe, auf den Tresen stellt. Sie sind von einem blassen, cremigen Orange und haben die gleichen zarten Riemen wie mein lila Paar – aber statt der Brombeere ziert eine winzige Apfelsine den Zeh.

Es ist spontane Liebe. Ich kann schlicht nicht mehr wegsehen.

»Möchten Sie sie anprobieren?«, erkundigt sich die Verkäuferin, und in meiner Magengrube tobt unstillbares, sehnsüchtiges Verlangen.

Sieh sie dir doch bloß an. Herrlich. Die schönsten Schuhe, die ich je gesehen habe. O Gott.

Aber ich brauche keine orangefarbenen Schuhe, oder? Ich brauche sie nicht.

Komm schon, Becky. Sag. Einfach. Nein.

»Also, eigentlich …« Ich schlucke und versuche, meine Stimme unter Kontrolle zu behalten. »Eigentlich …« Gott, ich bringe es kaum raus. »Ich nehme einfach nur die in Flieder heute«, würge ich schließlich hervor. »Danke.«

»Okay …« Sie tippt einen Code in die Kasse. »Das wären dann 89 Pfund. Wie möchten Sie zahlen?«

»Äh … Kundenkarte, bitte«, sage ich. Ich unterschreibe den Zettel, nehme meine Tasche und verlasse leicht betäubt den Laden.

Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Ich habe mich vollständig unter Kontrolle gehabt! Ich habe nur ein Paar Schuhe gebraucht – und ich habe auch nur eins gekauft. Rein in den Laden, raus aus dem Laden. Ganz nach Plan. Sehen Sie, was ich alles kann, wenn ich nur will? Das ist die neue Becky Bloomwood.

So, und weil ich so brav und tapfer gewesen bin, habe ich jetzt eine kleine Belohnung verdient. Ich steuere das nächste Café an und setze mich mit einem Cappuccino in die Sonne.

Ich will diese Apfelsinensandalen, schießt es mir durch den Kopf, als ich den ersten Schluck trinke.

Hör auf. Hör auf. Denk an … etwas anderes. Luke. Den Kurzurlaub. Unseren allerersten gemeinsamen Urlaub. Ich kann es kaum abwarten!

Schon seit unserer ersten Verabredung wollte ich Luke vorschlagen, gemeinsam Urlaub zu machen, aber Luke hat immer so wahnsinnig viel zu tun. Da könnte man genauso gut den Premierminister fragen, ob er nicht mal eine Weile mit dem Regieren aufhören könnte. (Obwohl, das tut er doch jeden Sommer, oder nicht? Also warum kann Luke das dann nicht?)

Luke arbeitet so viel, dass er noch nicht mal Zeit hatte, meine Eltern kennenzulernen, und das ärgert mich schon ein bisschen. Vor ein paar Wochen haben sie ihn sonntags zum Mittagessen eingeladen, Mum hat Ewigkeiten in der Küche gestanden und gekocht – oder sagen wir, sie hat die bei Sainsburys gekauften, mit Aprikosen gefüllten Schweinelendchen gebraten und ein ganz exklusives Fertigdessert aus Schokoladenmeringe zusammengerührt. Und dann hat Luke in letzter Minute abgesagt, weil einer seiner Kunden schlechte Publicity in der Sonntagszeitung hatte und er zu einer Krisensitzung musste. Also musste ich allein zu meinen Eltern, und das war offen gestanden eine mehr als triste Angelegenheit. Mum war die Enttäuschung an der Nasenspitze anzusehen, und trotzdem hat sie immer wieder betont fröhlich gesagt: »Ach, was soll’s, war ja nur eine lose Verabredung.« Aber das war es natürlich nicht. Am nächsten Tag hat Luke (oder Mel, seine Assistentin) ihr einen riesigen Blumenstrauß als Entschuldigung geschickt, aber das ist doch nicht das Gleiche, oder?

Das Schlimmste an der Sache war, dass unsere Nachbarn, Janice und Martin, nachmittags auf ein Glas Sherry hereinschneiten, »um den berühmten Luke kennenzulernen«, wie sie sich ausdrückten – und als sie dahinterkamen, dass er gar nicht da war, hagelte es mitleidsvolle und leicht selbstgefällige Blicke, da ihr Sohn Tom nämlich nächste Woche seine geliebte Lucy heiratet. Und ich habe den schlimmen Verdacht, dass sie glauben, ich sei in ihn verliebt. (Bin ich aber nicht – ganz im Gegenteil. Aber wenn die Leute so etwas erst einmal glauben, ist es ein Ding der Unmöglichkeit, sie vom Gegenteil zu überzeugen. O Gott. Schrecklich.)

Als ich Luke zur Schnecke machen wollte, wies er mich nur darauf hin, dass ich seine Eltern schließlich auch noch nicht kennengelernt hätte. Aber das stimmt nicht ganz. Ich habe mich mal ganz kurz in einem Restaurant mit seinem Vater und seiner Stiefmutter unterhalten, auch wenn das nicht gerade einer meiner glanzvollsten Auftritte war. Und überhaupt, die beiden leben in Devon, und Lukes leibliche Mutter lebt in New York. Also nicht gerade um die Ecke, oder?

Wie dem auch sei, wir haben uns wieder vertragen – und wenigstens gibt er sich jetzt ein bisschen Mühe und nimmt sich dieses Wochenende frei für unseren Kurzurlaub. Das mit dem Wochenende war übrigens Mels Idee. Sie hat mir erzählt, dass Luke schon seit drei Jahren nicht mehr richtig im Urlaub war und er vielleicht ganz sacht an dieses Thema herangeführt werden müsse. Also habe ich aufgehört, von richtigen Urlaubsreisen zu reden, und stattdessen laut über Wochenendtrips nachgedacht – und das hat funktioniert! Auf einmal bat Luke mich, dieses Wochenende freizuhalten. Und er hat selbst das Hotel gebucht und alles. Ich freuemich riesig! Wir werden es uns so richtig gut gehen lassen und nichts tun außer entspannen und zur Abwechslung mal etwas Zeit miteinander verbringen. Herrlich.

Ich will die Apfelsinensandalen.

Hör auf. Hör auf, an sie zu denken.

Ich trinke noch einen Schluck Cappuccino, lehne mich zurück und zwinge mich dazu, dem lebhaften Treiben auf der Straße zuzusehen. Die Leute eilen von links nach rechts, haben Taschen in der Hand und plaudern. Ein Mädchen überquert die Straße – schöne Hose hat sie an, könnte von Nicole Farhi sein, und … O Gott.

Ein Herr mittleren Alters in dunklem Anzug kommt direkt auf mich zu. Ich erkenne ihn. Das ist Derek Smeath, mein Bankmanager.

Oh. Ich glaube, er hat mich auch gesehen.

Okay, keine Panik, schärfe ich mir ein. Es gibt gar keinen Grund zur Panik. Vor langer, langer Zeit hätte mich sein Anblick vielleicht in Panik versetzen können. Ich hätte mich hinter der Speisekarte versteckt oder wäre sogar weggelaufen. Aber das gehört der Vergangenheit an. Heute pflegen der süße Smeathie und ich eine von Ehrlichkeit und Herzlichkeit geprägte Beziehung.

Und doch rücke ich mit dem Stuhl ein klein wenig von meiner LK-Bennett-Tüte ab, als wenn sie nichts mit mir zu tun hätte.

»Tag, Mr Smeath!«, begrüße ich ihn fröhlich, als er näher kommt. »Wie geht es Ihnen?«

»Sehr gut«, sagt Derek Smeath und lächelt. »Und Ihnen?«

»Ach, mir geht es gut, danke. Möchten Sie … Möchten Sie einen Kaffee?«, frage ich mehr aus Höflichkeit, während ich gleichzeitig auf den leeren Stuhl mir gegenüber deute. Ich erwarte natürlich nicht, dass er die Einladung annimmt, aber zu meiner Überraschung setzt er sich und nimmt die Karte zur Hand.

Ist das nicht cool? Ich sitze mit meinem Bankmanager in einem Straßencafé bei einer Tasse Cappuccino zusammen! Wer weiß, vielleicht kann ich das bei Morning Coffee mal geschickt einflechten: »Ich persönlich bevorzuge ja eine zwanglose Atmosphäre zur Besprechung meiner Finanzlage«, könnte ich sagen und dabei warm in die Kamera lächeln. »Mein Bankmanager und ich zum Beispiel sitzen oft bei einer netten Tasse Cappuccino zusammen und erörtern meine aktuellen finanziellen Strategien …«

»Ich habe Ihnen übrigens gerade einen Brief geschrieben, Miss Bloomwood«, verrät Derek Smeath mir, als eine Kellnerin einen Espresso vor ihn stellt. Er klingt auf einmal ziemlich ernst, und bei mir schrillen natürlich sämtliche Alarmglocken. Oh Gott, was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht? »Ihnen und allen anderen Kunden«, fügt er hinzu. »Um Ihnen mitzuteilen, dass ich gehe.«

»Was?« Meine Tasse landet scheppernd auf der Untertasse. »Was wollen Sie damit sagen? Sie gehen?«

»Ich höre auf bei der Endwich Bank. Ich habe beschlossen, in Frührente zu gehen.«

»Aber …«

Entsetzt starre ich ihn an. Derek Smeath kann nicht gehen! Er kann mich doch jetzt nicht hängen lassen, jetzt, wo alles so gut läuft! Ich meine, ich weiß, dass wir nicht immer einer Meinung waren, aber in letzter Zeit haben wir ein richtig gutes Verhältnis zueinander entwickelt. Er versteht mich. Er versteht meinen Überziehungsbedarf. Was soll ich denn bloß ohne ihn tun?

»Sind Sie nicht ein bisschen zu jung, um in Rente zu gehen?«, frage ich und kann meine Bestürzung kaum verbergen. »Glauben Sie nicht, dass Sie sich furchtbar langweilen werden?« Er lehnt sich zurück und trinkt einen Schluck Espresso.

»Ich will ja nicht vollständig aufhören zu arbeiten. Aber ich finde, das Leben hat mehr zu bieten als die Bankkonten anderer Leute. So faszinierend einige von ihnen auch sein mögen.«

»Ja … ähm. Ja, natürlich. Und ich freue mich natürlich für Sie, ehrlich.« Ich zucke verlegen mit den Schultern. »Aber ich … werde Sie vermissen.«

»Ob Sie’s glauben oder nicht«, sagt er und lächelt dabei ein klein wenig, »ich werde Sie auch vermissen, Miss Bloomwood. Ihr Konto war mit Sicherheit eines der … interessantesten, mit denen ich zu tun hatte.«

Er sieht mich durchdringend an, und ich merke, wie ich leicht erröte. Warum muss er mich an die Vergangenheit erinnern? Das ist doch alles vorbei. Ich bin ein neuer Mensch. Man wird doch wohl ein Kapitel seines Lebens abschließen und ein ganz neues anfangen dürfen, oder?

»Sie kommen ja richtig groß raus im Fernsehen«, sagt er und trinkt noch einen Schluck Espresso.

»Ja, ist das nicht toll? Und die Bezahlung ist wirklich ausgesprochen gut«, füge ich spitz hinzu.

»Ihr Einkommen ist in der Tat deutlich gestiegen in den letzten Monaten.« Er stellt seine Tasse ab, und mir sinkt das Herz. »Nichtsdestoweniger …«

Ich hab’s gewusst. Warum muss er jedes Mal mit einem »nichtsdestoweniger« kommen? Warum kann er sich nicht einfach für mich freuen?

»Nichtsdestoweniger«, wiederholt Derek Smeath, »sind auch Ihre Ausgaben gestiegen. Erheblich sogar. Kurz gesagt, Sie haben Ihr Konto zurzeit stärker überzogen als damals auf der Höhe Ihrer … nun, sagen wir, Ihrer Exzesse.«

Exzesse? Wie gemein.

»Sie müssen sich wirklich mehr bemühen, Ihren Disporahmen einzuhalten, Miss Bloomwood. Oder noch besser: Ihr Konto auszugleichen.«

»Ich weiß«, sage ich lahm. »Will ich ja auch.«

Da entdecke ich auf der anderen Straßenseite eine Frau mit einer LK-Bennett-Tüte in der Hand. Mit einer großenLK-Bennett-Tüte. Mit zwei Schuhkartons darin.

Wenn sie zwei Paar Schuhe kaufen darf, wieso darf ich das dann nicht auch? Wo steht geschrieben, dass man nur ein Paar Schuhe auf einmal kaufen darf? Das ist doch der Gipfel der Willkür!

»Wie sieht es denn sonst aus?«, erkundigt sich Mr Smeath. »Ihre Kundenkarten zum Beispiel? Sind die belastet?«

»Nein«, sage ich mit einem Anflug von Süffisanz. »Die habe ich alle schon vor Monaten ausgeglichen.«

»Und seitdem haben Sie kein Geld mehr ausgegeben?«

»Kaum. Nur für Kleinkram.«

Denn was sind schon 90 Pfund? In der kosmischen Gesamtheit betrachtet?

»Ich stelle Ihnen diese Fragen, Miss Bloomwood, weil ich Sie warnen möchte. In der Endwich Bank finden einige Umstrukturierungen statt, und mein Nachfolger, John Gavin, geht möglicherweise nicht ganz so lax wie ich mit Konten wie Ihrem um. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie überhaupt wissen, wie ausgesprochen nachsichtig ich Sie immer behandelt habe.«

»Ach ja?« Ich höre ihm gar nicht richtig zu.

Ich meine, wenn ich zum Beispiel rauchen würde, gäbe ich doch in null Komma nichts 90 Pfund für Zigaretten aus, ohne darüber nachzudenken, oder?

Ha! Und wenn man erst bedenkt, wie viel Geld ich schon dadurch gespart habe, dass ich nicht rauche! Das reicht doch locker, um ein kleines Paar Schuhe zu kaufen.

»Er ist ein fähiger Mann«, erzählt Derek Smeath. »Aber auch sehr … rigoros. Flexibilität gehört nicht zu seinen herausragenden Eigenschaften.«

»Okay«, sage ich und nicke abwesend.

»Ich würde Ihnen daher dringend empfehlen, Ihr Konto umgehend auszugleichen.« Er trinkt einen Schluck Kaffee. »Sagen Sie, haben Sie eigentlich inzwischen etwas in Sachen Privatrente unternommen?«

»Ähm … Ich habe mich mit dem unabhängigen Rentenberater getroffen, den Sie mir empfohlen hatten.«

»Und haben Sie auch schon welche von den Formularen ausgefüllt?«

Nur äußerst widerwillig wende ich meine Aufmerksamkeit wieder ihm zu.

»Im Moment bin ich noch damit beschäftigt, die verschiedenen Möglichkeiten abzuwägen«, sage ich und setze mein weises Finanzexpertinnen-Gesicht auf. »Es gibt ja nichts Schlimmeres, als unüberlegt eine falsche Investition zu tätigen. Vor allem, wenn es um etwas so ungemein Wichtiges wie die private Altersvorsorge geht.«

»Ein wahres Wort«, sagt Derek Smeath. »Aber halten Sie sich nicht allzu lang mit Abwägen auf, ja? Ihr Geld legt sich nämlich nicht von selbst an.«

»Ich weiß«, sage ich und trinke einen Schluck Cappuccino.

Oh Gott, jetzt fühle ich mich wieder etwas unwohl. Vielleicht hat er recht. Vielleicht sollte ich lieber neunzig Pfund in eine Rentenkasse einzahlen, statt noch ein Paar Schuhe zu kaufen.

Aber andererseits – was nützt mir eine Einlage von neunzig Pfund in einer Rentenkasse? Ich meine, davon werde ich im Alter wohl kaum überleben können, oder? Neunzig mickerige Pfund. Und bis ich alt bin, ist die Welt wahrscheinlich sowieso schon längst in die Luft geflogen oder so.

Ein Paar Schuhe dagegen ist etwas Greifbares, etwas Handfestes …

Ach, lasst mich doch alle in Ruhe. Ich hole sie mir.

»Mr Smeath, ich muss jetzt leider weiter«, sage ich unvermittelt und stelle die Tasse ab. »Ich habe noch etwas zu … erledigen.«

Jetzt, wo ich mich dazu entschlossen habe, muss ich so schnell wie möglich zu dem Laden zurück. Ich schnappe mir die LK-Bennett-Tüte und lege fünf Pfund auf den Tisch. »War schön, Sie zu sehen. Und alles Gute für Ihr Dasein als Frührentner.«

»Ihnen auch alles Gute, Miss Bloomwood«, sagt Derek Smeath und lächelt mich an. »Und vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe: John Gavin wird Sie nicht mit der gleichen Nachsicht behandeln wie ich. Also … passen Sie auf, ja?«

»Mach ich!«

Und dann eile ich so schnell ich kann, doch ohne zu rennen, die Straße hinunter zu LK Bennett.

Gut, okay, streng genommen habe ich dieses Paar Apfelsinensandalen vielleicht doch nicht wirklich gebraucht. Es bestand nicht gerade die Notwendigkeit, sie zu kaufen. Aber während ich sie anprobierte, fiel mir auf, dass ich im Grunde nicht gegen meinen neuen Grundsatz verstoße. Denn seien wir ehrlich: Ich werde sie brauchen.

Irgendwann werde ich natürlich neue Schuhe brauchen, richtig? Jeder braucht Schuhe. Und es kann nur als umsichtig bezeichnet werden, wenn ich mir einen Vorrat von Schuhen anlege, die mir richtig gut gefallen. Es wäre doch dumm, so lange zu warten, bis mein letztes Paar total ausgelatscht ist, und dann mit Schrecken festzustellen, dass die Läden nichts hergeben, was mir gefällt! Es handelt sich also um einen Vernunftkauf. Mit diesem Kauf … sichere ich mich ab. Gegen unvorhersehbare Stilschwankungen auf dem Schuhmarkt.

Als ich mit meinen beiden neuen, glänzenden Einkaufstüten unterm Arm und einem seligen Lächeln auf dem Gesicht aus dem LK-Bennett-Laden komme, habe ich null Lust, nach Hause zu gehen. Darum beschließe ich, noch eben bei Gifts and Goodies um die Ecke reinzuspringen. Das ist einer der Läden, der Suzes Rahmen verkauft, und ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht hineinzugehen, wenn ich in der Nähe bin, um zu sehen, ob vielleicht gerade jemand einen kauft.

Die Tür macht leise »Ping!«, als ich sie öffne. Die Verkäuferin sieht auf, und ich lächle sie an. Der Laden ist himmlisch. Es ist so schön warm hier, und es duftet so herrlich, und überall stehen so tolle Sachen herum wie zum Beispiel Weinregale aus Chrom und gläserne, gravierte Untersetzer. Ich schlendere an einem Regal mit in zartlila Leder eingebundenen Notizbüchern vorbei, sehe auf – und da sind sie! Drei mit violettem Tweed überzogene Bilderrahmen! Von Suze! Mein Herz klopft immer noch aufgeregt, wenn ich sie sehe.

Und – mein Gott! Jetzt überschlägt sich mein Herz fast! Vor den Rahmen steht eine Kundin und hat einen in der Hand! Eine Kundin hat einen von Suzes Rahmen in der Hand!!!

Um ganz ehrlich zu sein, ich habe noch nie gesehen, wie jemand einen von Suzes Rahmen gekauft hat. Ich meine, ich weiß, die Leute müssen verrückt nach ihnen sein und sie kaufen, schließlich sind sie ständig ausverkauft – aber ich habe noch nie jemanden in flagranti dabei ertappt. Mann, ist das aufregend!

Ich gehe ganz leise ein paar Schritte weiter, als die Kundin den Rahmen umdreht. Sie sieht den Preis, legt die Stirn in Falten – und mein Herz stolpert schon wieder.

»Das ist ja ein schöner Bilderrahmen«, sage ich zwanglos. »Wirklich ungewöhnlich.«

»Ja«, sagt sie und stellt ihn wieder ins Regal.

Nein!, denke ich bestürzt. Nimm den sofort wieder in die Hand!

»Es ist ja so schwer, heutzutage einen schönen Rahmen zu finden«, plaudere ich los. »Finden Sie nicht auch? Wenn man einen findet, sollte man wirklich sofort zuschlagen, bevor jemand anders ihn kauft.«

»Mag sein«, sagt die Kundin, nimmt einen Briefbeschwerer in die Hand und runzelt auch angesichts seines Preises die Stirn.

Jetzt geht sie weg. Was soll ich bloß tun?

»Also, ich glaube, ich kaufe einen«, spreche ich laut und deutlich vor mich hin und nehme einen Rahmen aus dem Regal. »Ist ein geniales Geschenk. Ganz egal, ob für einen Mann oder eine Frau, weil … Bilderrahmen kann schließlich jeder gebrauchen!«

Die Kundin beachtet mich gar nicht weiter. Aber egal, wenn sie erst sieht, dass ich einen kaufe, überlegt sie es sich vielleicht doch noch mal anders.

Ich eile zur Kasse. Die Dame hinter dem Tresen lächelt mich an. Ich glaube, ihr gehört der Laden, ich habe nämlich schon gesehen, wie sie Vorstellungsgespräche geführt und mit Lieferanten diskutiert hat. (Nicht dass ich so oft hier wäre – das ist reiner Zufall.)

»Da sind Sie ja mal wieder«, begrüßt sie mich. »Die Rahmen haben es Ihnen wirklich angetan, was?«

»Ja«, sage ich laut vernehmlich. »Ein fantastisches Preis-Leistungs-Verhältnis!« Aber die Kundin studiert gerade eine Glaskaraffe und hört überhaupt nicht zu.

»Wie viele haben Sie denn jetzt insgesamt davon gekauft? Bestimmt schon an die … zwanzig, oder?«

Was? Schlagartig wende ich meine Aufmerksamkeit wieder der Verkäuferin zu. Was hat sie gesagt?

»Oder sogar dreißig?«

Entsetzt starre ich sie an. Hat sie mich etwa beobachten lassen? Das ist doch nicht legal, oder?

»Dann haben Sie ja inzwischen eine ganz schöne Sammlung!«, fügt sie anerkennend hinzu, während sie den Rahmen in Seidenpapier wickelt.

Ich muss jetzt irgendetwas sagen, sonst kommt sie noch auf die Idee, dass ich die Einzige bin, die Suzes Rahmen kauft. Dass außer mir niemand … Ach, lächerlich! Ich bitte Sie: dreißig Rahmen! Ich habe vielleicht … vier Stück gekauft. Fünf, höchstens.

»Gar nicht!«, widerspreche ich hastig. »Sie müssen mich mit jemandem verwechseln. Und außerdem wollte ich ja nicht nur einen Rahmen kaufen!« Ich lache laut auf, um ihr zu signalisieren, wie absurd diese Annahme ist. »Ich wollte nämlich eigentlich auch welche von … diesen hier!« Ich greife auf gut Glück in einen auf dem Tresen stehenden Korb mit Holzbuchstaben und reiche ihr meine Beute. Sie lächelt und legt die Buchstaben in Reih und Glied auf ihren Seidenpapierstapel.

»P … T … R … R.«

Sie hält inne und betrachtet etwas ratlos das Ergebnis. »Wollten Sie vielleicht ›Peter‹ schreiben?«

Ach, Herrgott noch mal! Muss man denn immer einen Grund dafür haben, etwas zu kaufen?

»Ähm … ja«, sage ich. »Das ist … mein Patenkind. Er ist drei.«

»Ach, wie nett! Dann wollen wir mal sehen. Zwei Es dazu und ein R weg …«

Sie sieht mich so gütig an, als wenn ich total schwachsinnig wäre. Kann man ihr nicht verdenken, wenn ich noch nicht einmal in der Lage bin, »Peter« zu buchstabieren. Und wenn das noch dazu der Name meines Patenkindes ist.

»Das wären dann … 48 Pfund«, sagt sie, als ich mein Portemonnaie hervorkrame. »Übrigens, wenn Sie 50 Pfund ausgeben, bekommen Sie eine Duftkerze gratis.«

»Wirklich?« Interessiert sehe ich hoch. Eine Duftkerze wäre jetzt genau das Richtige für mich. Und wenn es sich bloß um zwei Pfund dreht …

»Ich könnte bestimmt noch irgendetwas finden …«, sage ich und sehe mich ziellos im Laden um.

»Sie könnten doch auch noch den Nachnamen Ihres Patenkindes in Holzbuchstaben kaufen«, schlägt die Verkäuferin vor. »Wie heißt er denn?«

»Äh, Wilson«, sage ich ohne nachzudenken.

»Wilson.« Und zu meinem Entsetzen fängt sie doch tatsächlich an, in dem Korb herumzuwühlen. »W … L … hier ist ein O …«

»Ach, wissen Sie«, unterbreche ich sie, »wissen Sie, ich glaube, das lasse ich besser. Weil … also, weil … seine Eltern lassen sich nämlich gerade scheiden und vielleicht heißt er dann gar nicht mehr so.«

»Wirklich?« Die Verkäuferin lässt die Buchstaben wieder in den Korb fallen und setzt eine mitleidige Miene auf. »Wie furchtbar. Also keine Trennung in aller Freundschaft?«

»Nein, gar nicht«, sage ich und sehe mich nach etwas anderem um, das ich kaufen könnte. »Ganz im Gegenteil. Seine … seine Mutter ist mit dem Gärtner durchgebrannt.«

»Tatsächlich?« Die Frau hinter der Kasse sieht mich aus großen Augen an, und auf einmal merke ich, dass ein in der Nähe stehendes Paar aufmerksam zuhört. »Sie ist mit dem Gärtner durchgebrannt?«

»Er war … na ja, er war ein ziemlicher Knüller«, improvisiere ich, während ich eine Schmuckschatulle in die Hand nehme und sehe, dass sie 75 Pfund kostet. »Sie konnte einfach nicht die Finger von ihm lassen. Und ihr Mann hat sie dann zusammen im Geräteschuppen überrascht. Aber wie dem auch sei …«

»Meine Güte!«, sagt die Verkäuferin. »Das ist ja unglaublich!«

»Aber es stimmt«, ertönt da ein Stimmchen vom anderen Ende des Ladens.

Was?

Ich schnelle herum – und die Frau, die sich Suzes Rahmen angesehen hatte, kommt direkt auf mich zu. »Ich nehme an, Sie sprechen von Jane und Tim?«, sagt sie. »Ein unglaublicher Skandal, was? Aber ich dachte, der kleine Junge hieß Toby?«

Ich glotze sie an und bekomme keinen Ton heraus.

»Vielleicht ist Peter ja sein Taufname«, sinniert die Verkäuferin und deutet auf mich. »Das ist seine Patentante.«

»Ach, Sie sind die Patentante!«, ruft die Kundin. »Ich habe ja schon so viel von Ihnen gehört!«

Das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein.

»Na, dann können Sie mir vielleicht verraten …« Die Frau kommt näher und dämpft ihre Stimme vertraulich. »… ob Tim Maudes Angebot angenommen hat?«

Ich sehe mich in dem totenstillen Laden um. Alle warten auf meine Antwort.

»Ja, hat er«, sage ich vorsichtig. »Er hat es angenommen.«

»Und hat es funktioniert?«, fragt sie gespannt.

»Öm … nein. Er und Maude haben … also … sie haben sich gestritten.«

»Ach, ja?« Die Frau hält sich die Hand vor den Mund. »Gestritten? Worüber denn?«

»Ach, Sie wissen schon« – ich bin kurz davor, zu verzweifeln! –, »so über dieses und jenes … wer spülen soll … ach, wissen Sie, ich glaube, ich zahle bar!« Ich fummele in meinem Portemonnaie herum und knalle 50 Pfund auf den Tresen. »Stimmt so.«

»Und was ist mit Ihrer Duftkerze?«, fragt die Verkäuferin. »Es gibt Vanille, Sandelholz …«

»Vergessen Sie’s«, sage ich und eile zur Tür.

»Halt!«, ruft die Kundin mir hinterher. »Warten Sie! Was ist aus Ivan geworden?«

»Der … ist nach Australien ausgewandert«, sage ich und knalle die Tür hinter mir zu.

Puh, das war knapp. Ich glaube, jetzt gehe ich doch besser nach Hause.

Ein paar Hundert Meter vor unserem Haus bleibe ich stehen und sortiere meine Einkaufstüten. Das heißt, ich stopfe sie alle so tief in eine LK-Bennett-Tüte, dass man sie nicht sehen kann. Nicht dass ich etwas zu verbergen hätte oder so. Es ist nur … Ich möchte lieber mit nur einer Einkaufstüte in der Hand nach Hause kommen.

Ich habe die leise Hoffnung, ganz unauffällig in mein Zimmer zu gelangen – ohne dass Suze mich sieht. Aber als ich die Wohnungstür aufmache, sitzt sie mitten im Flur auf dem Fußboden und packt ein Päckchen.

»Hi!«, begrüßt sie mich. »Hast du die Schuhe gekauft?«

»Ja«, antworte ich fröhlich. »Hat alles geklappt. Richtige Größe und alles.«

»Lass mal sehen!«

»Ich … ich packe sie eben schnell aus.« Ich bemühe mich sehr, ganz locker zu klingen, und bewege mich auf mein Zimmer zu. Aber ich weiß, dass es nichts nützt. Man sieht mir das schlechte Gewissen schon am schleichenden Gang an.

»Bex«, sagt Suze auf einmal. »Was hast du sonst noch in der Tüte? Das sind doch nicht nur ein Paar Schuhe.«

»Tüte?« Mit gespielter Überraschung drehe ich mich um. »Ach, die Tüte. Ähm … das sind nur … ein paar Kleinigkeiten. Du weißt schon … Krimskrams …«

Mir versagt vor lauter Schuldbewusstsein die Stimme, als Suze die Arme vor der Brust verschränkt und mich so finster sie kann ansieht.

»Zeigen.«

»Gut, hör zu«, beeile ich mich zu erklären. »Ich weiß, ich habe von einem Paar geredet. Aber bevor du jetzt sauer wirst, guck dir das mal an.« Ich hole den Karton aus der zweiten LK-Bennett-Tüte, nehme den Deckel ab und ziehe ganz langsam eine der Apfelsinensandalen heraus. »Jetzt … sieh sie dir an.«

»Oh, mein Gott«, haucht Suze und kann den Blick gar nicht mehr abwenden. »Die ist ja absolut … umwerfend.« Sie nimmt mir die Sandale ab und streicht ganz sanft über das weiche Leder – doch dann, auf einmal, ist dieser finstere Blick wieder da. »Aber brauchst du sie denn?«

»Ja!«, verteidige ich mich. »Es handelt sich um vorausschauendes Kaufen. Ich habe in die Zukunft investiert.«

»Investiert?«

»Ja. Und gewissermaßen spare ich sogar Geld – denn da ich diese jetzt habe, heißt das, dass ich nächstes Jahr kein Geld für Schuhe ausgeben muss. Gar keins!«

»Wirklich?«, fragt Suze misstrauisch. »Überhaupt keins?«

»Überhaupt gar keins! Wirklich, Suze, ich werde diese Schuhe Tag und Nacht tragen. Und ich muss mindestens ein Jahr lang keine neuen kaufen. Vielleicht sogar zwei!«

Suze schweigt, und ich beiße mir auf die Lippe. Jetzt sagt sie mir bestimmt gleich, ich soll sie zurückbringen. Aber dann betrachtet sie noch einmal die Sandale und berührt die winzige Apfelsine.

»Zieh mal an«, sagt sie plötzlich. »Ich will sie angezogen sehen.«

Mit einem Kitzeln im Bauch hole ich auch die andere Sandale aus dem Karton und ziehe beide an. Perfekt. Meine perfekten Apfelsinen-Sandaletten. Genau wie bei Aschenputtel.

»O Bex«, sagt Suze – und mehr muss sie auch nicht sagen. Ihr weicher Blick spricht Bände.

Ehrlich, manchmal wünsche ich mir, ich könnte Suze heiraten.

Nachdem ich einige Male auf und ab gegangen bin, seufzt Suze zufrieden auf und holt die Gifts-and-Goodies-Tüte aus der LK-Bennett-Tüte. »Und was hast du da gekauft?« Die Holzbuchstaben purzeln auf den Boden, und Suze legt sie auf dem Teppich in die richtige Reihenfolge.

»P-E-T-E-R. Wer ist Peter?«

»Weiß nicht«, weiche ich aus und nehme die Gifts-and-Goodies-Tüte an mich, ehe Suze ihren Rahmen darin entdeckt. (Einmal hat sie mich bei Fancy Free dabei erwischt, wie ich einen gekauft habe, wurde richtig sauer und hat gesagt, sie würde mir jederzeit einen ganz persönlichen Rahmen machen, wenn ich wollte.) »Kennst du jemanden, der Peter heißt?«

»Nein«, sagt Suze. »Glaube nicht … Aber wir könnten uns ja eine Katze anschaffen und sie Peter nennen!«

»Ja«, sage ich wenig überzeugt. »Vielleicht … Na ja, ich packe dann mal besser fertig für morgen.«

»Ach, da fällt mir was ein!« Plötzlich hat Suze einen Notizzettel in der Hand. »Luke hat angerufen.«

»Ja?« Ich versuche, meine kindische Freude zu verbergen. Ich freue mich immer so, wenn Luke anruft, weil er das nicht besonders oft tut. Ich meine, er ruft schon mal an, um sich mit mir zu verabreden und so – aber er ruft eigentlich nie an, um zu plaudern. Manchmal schickt er mir auch E-Mails, aber die zeichnen sich auch nicht gerade durch einen Plauderton aus, sondern eher … Nun, genau genommen, als ich die erste Mail von ihm bekam, war ich geradezu entsetzt. (Aber inzwischen freue ich mich irgendwie auf sie.)

»Er hat gesagt, dass er dich morgen um zwölf vom Studio abholt. Und der Mercedes musste in die Werkstatt, darum fahrt ihr mit dem MGF Cabrio.«

»Echt? Das ist ja cool!«

»Ja, nicht?« Suze strahlt mich an. »Finde ich auch. Ach ja, und er hat gesagt, du sollst nicht so viel Gepäck mitnehmen, weil der Kofferraum eher klein ist.«

Mein Lächeln erstirbt.

»Was hast du gesagt?«

»Nicht so viel Gepäck«, wiederholt Suze. »Du weißt schon, keine großen Koffer, höchstens eine kleine Tasche oder eine Reisetasche …«

»Ich weiß, was ›nicht so viel Gepäck‹ heißt!« Meine Stimme schrillt vor Bestürzung. »Aber … das geht nicht!«

»Natürlich geht das!«

»Suze, weißt du eigentlich, wie viel Zeug ich schon eingepackt habe?« Ich gehe zu meiner Zimmertür und öffne sie. »Ich meine, schau doch mal.«

Etwas verunsichert folgt Suze meinem Blick, bis wir beide mein Bett anstarren. Mein großer, giftgrüner Koffer ist voll. Neben ihm liegt ein weiterer Haufen Klamotten. Und mit Make-up und Accessoires hatte ich noch gar nicht angefangen.

»Es geht nicht, Suze«, jammere ich. »Was soll ich bloß tun?«

»Luke anrufen und es ihm sagen?«, schlägt Suze vor. »Ihn bitten, einen Wagen mit einem größeren Kofferraum zu mieten?«

Ich schweige und versuche, mir Lukes Gesicht vorzustellen, wenn ich ihn bitte, ein größeres Auto zu mieten, damit meine Klamotten alle hineinpassen.

»Der Punkt ist«, sage ich schließlich, »dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob er dafür Verständnis hätte …«

Es klingelt an der Tür, und Suze steht auf.

»Das ist bestimmt Special Express. Die holen mein Päckchen ab«, sagt sie. »Hör mal, Bex, das klappt schon! Du musst nur … ein paar Sachen hier lassen.« Suze geht zur Wohnungstür und lässt mich mit dem Chaos auf meinem Bett allein.

Hier lassen? Aber was hier lassen? Es ist ja nicht so, als hätte ich massenweise Zeug eingepackt, das ich nicht brauche. Wenn ich jetzt irgendwelche Sachen hier lasse, funktioniert mein ganzer Plan nicht mehr.

Okay, komm. Eine Runde unorthodoxes Denken. Es muss eine Lösung geben.

Vielleicht könnte ich … heimlich einen Anhänger ans Auto hängen, wenn Luke gerade nicht guckt?

Oder vielleicht könnte ich alle meine Klamotten anziehen und sagen, dass ich friere …

Ach, es ist hoffnungslos. Was soll ich tun?

Gedankenverloren gehe ich aus meinem Zimmer in den Flur, wo Suze einem uniformierten Herrn gerade einen wattierten Umschlag überreicht.