Das Hochzeitsversprechen - Sophie Kinsella - E-Book
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Das Hochzeitsversprechen E-Book

Sophie Kinsella

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Beschreibung

Hochzeitsnacht und Honeymoon – und der Albtraum vom Glück ist perfekt ...

Nach der jüngsten Enttäuschung hat Lottie endgültig die Nase voll von bindungsunfähigen Männern. Als sich da plötzlich Ben meldet, eine alte Flamme von ihr, geht alles ganz schnell. Denn Ben erinnert Lottie an einen vor Jahren geschlossenen Pakt, wonach die beiden einander heiraten wollten, sollten sie mit dreißig noch single sein. Lottie zögert nicht lange und marschiert kurzentschlossen mit Ben zum Altar. Von dort geht es geradewegs in die Flitterwochen auf Ikonos, jene griechische Insel, auf der sie sich einst kennengelernt hatten. Freunde und Familien der beiden sind entsetzt. Und schließlich machen sich Lotties Schwester Fliss und Bens Freund Lorcan auf nach Ikonos, um Honeymoon und Hochzeitsnacht nach Kräften zu sabotieren ...

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Buch

Lottie ist sich absolut sicher, dass ihr Freund sie nur aus einem Grund in das Londoner Edelrestaurant eingeladen hat: um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Doch als sich die große Frage nicht um den Gang zum Traualtar dreht, sondern um die Verwendungsmöglichkeiten von Bonusmeilen, ist sie am Boden zerstört. Und sie hat endgültig die Nase voll von bindungsunfähigen Männern. Als sich dann auch noch ihre alte Flamme Ben meldet, geht alles ganz schnell. Denn er erinnert Lottie an einen vor Jahren vereinbarten Pakt, wonach die beiden einander heiraten wollten, sofern sie mit dreißig noch single wären. Lottie zögert nicht lange: Sie marschiert mit Ben zum Altar, und von dort geht es geradewegs in die Flitterwochen nach Ikonos. Freunde und Familien der beiden sind entsetzt. Fliss, Lotties ältere Schwester, weiß zwar, wie impulsiv Lottie sein kann, aber das geht nun doch etwas zu weit. Auch Bens Freund und Kollege Lorcan fürchtet, die übereilte Eheschließung könnte das Ende von Bens Karriere bedeuten. Um die Frischvermählten vor weiteren schrecklichen Fehlern zu bewahren, schmiedet Fliss einen komplizierten Plan, der die Hochzeitsnacht sabotieren soll. Während sie sich gemeinsam mit Lorcan auf den Weg nach Ikonos macht, warten dort auf Ben und Lottie in jeder Hinsicht unvergessliche Flitterwochen …

Weitere Informationen zu Sophie Kinsella

sowie zu lieferbaren Titeln der Autorin

finden Sie am Ende des Buches.

Sophie Kinsella

Das Hochzeitsversprechen

Roman

Aus dem Englischen

von Jörn Ingwersen

Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel

»Wedding Night« bei Bantam Press, London,

an imprint ofTransworld Publishers.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Februar 2014

Copyright © der Originalausgabe 2013 by Sophie Kinsella

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2014

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Deborah Jaffe/getty images

Redaktion: Martina Klüver

MR · Herstellung: Str.

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN: 978-3-641-11840-2

www.goldmann-verlag.de

Für Sybella

Prolog

Arthur

Diese jungen Leute! Immer in Eile, immer in Sorge, immer wollen sie Antworten – und zwar sofort. Die rauben mir den letzten Nerv, diese armen, gebeutelten Dinger.

Kommt nicht wieder hierher, sage ich ihnen immer. Kommt nicht wieder her.

Eure Jugend ist da, wo ihr sie zurückgelassen habt, und dort sollte sie auch bleiben. Alles, was es wert war, mit auf die Reise des Lebens genommen zu werden, dürftet ihr damals mitgenommen haben.

Seit zwanzig Jahren sage ich das, aber hört mir einer zu? Schön wär’s. Da kommt schon wieder einer. Keucht und schnauft, als er endlich oben auf der Klippe steht. Ende dreißig, schätze ich. Ganz attraktiv, so vor dem blauen Himmel. Sieht ein bisschen aus wie ein Politiker. Oder vielleicht eher wie ein Schauspieler.

Ich kenne ihn nicht von früher. Nicht, dass es was zu bedeuten hätte. Heutzutage erkenne ich mich beim Blick in den Spiegel selbst kaum wieder. Der Typ sieht sich um und betrachtet mich, wie ich da auf meinem Stuhl unter meinem Lieblingsolivenbaum sitze.

»Sie sind Arthur?«, fragt er unvermittelt.

»Schuldig.«

Ich mustere ihn eingehender. Wirkt wohlhabend. Trägt eins von diesen Polohemden mit teurem Logo. Ist wahrscheinlich für ein paar doppelte Scotchs zu haben.

»Bestimmt möchtest du einen Drink«, sage ich freundlich. Immer gut, das Gespräch frühzeitig auf die Bar zu lenken.

»Ich will keinen Drink«, sagt er. »Ich will wissen, was passiert ist.«

Ich kann nicht umhin, ein Gähnen zu unterdrücken. Es war vorauszusehen. Er will wissen, was passiert ist. Noch ein Banker in der Midlife-Crisis, der zum Schauplatz seiner Jugend zurückkehrt. Zum Schauplatz des Verbrechens. Lass lieber die Finger davon, möchte ich ihm antworten. Dreh um. Geh zurück in dein problembeladenes Erwachsenenleben, denn hier wirst du deine Probleme nicht lösen.

Aber er würde mir nicht glauben. Tun sie nie.

»Mein Junge«, sage ich sanft. »Du bist erwachsen geworden. Das ist passiert.«

»Nein«, sagt er ungeduldig und wischt seine verschwitzte Stirn. »Sie verstehen nicht. Ich bin aus einem ganz bestimmten Grund hier!« Er tritt ein paar Schritte vor, von eindrucksvoller Größe und Gestalt, mit entschlossener Miene. »Ich bin aus einem ganz bestimmten Grund hier«, wiederholt er. »Ich wollte mich da raushalten … aber ich kann nicht anders. Ich muss es tun. Ich muss wissen, was wirklich passiert ist, in dieser Nacht, als es gebrannt hat …«

1

Lottie

Zwanzig Tage vorher

Ich habe ihm einen Verlobungsring gekauft. War das ein Fehler?

Ich meine, es ist ja kein Mädchenring. Er ist ganz schlicht, mit einem winzig kleinen Diamanten, den mir der Typ im Laden aufgeschwatzt hat. Falls Richard den Diamanten nicht mag, kann er den Ring ja umdrehen.

Oder gar nicht erst tragen. Ihn auf sein Nachtschränkchen legen oder in eine Schachtel oder sonst wohin.

Oder ich könnte ihn zurücknehmen und nie wieder ein Wort darüber verlieren. Im Grunde bin ich mir mit diesem Ring sowieso nicht mehr sicher, aber es kam mir so ungerecht vor, dass er gar nichts kriegen soll. Männer haben ja nicht viel von einem Heiratsantrag. Sie müssen den Moment einfädeln, sie müssen auf die Knie fallen, sie müssen die Frage stellen, und sie müssen einen Ring kaufen. Und wir? Wir müssen nur »Ja« sagen.

Oder »Nein«, je nachdem.

Ich frage mich, wie viele Heiratsanträge prozentual wohl mit einem »Ja« enden und wie viele mit einem »Nein«. Ich mache den Mund auf, um Richard diesen Gedanken mitzuteilen – dann klappe ich ihn schnell wieder zu. Schwachsinn.

»Bitte?« Richard blickt auf.

»Nichts!«. Ich strahle ihn an. »Nur … hübsche Speisekarte!«

Ich überlege, ob er wohl schon einen Ring gekauft hat. Im Grunde ist es mir egal. Einerseits wäre es wunderbar romantisch, wenn er es getan hätte. Andererseits wäre es aber auch wunderbar romantisch, gemeinsam einen auszusuchen.

Es ist eine klassische Win-win-Situation.

Ich nehme einen Schluck von meinem Wasser und betrachte Richard liebevoll. Wir sitzen an einem Ecktisch mit Blick auf den Fluss. Es ist ein neues Restaurant am Strand, in der Nähe vom Savoy. Schwarzer und weißer Marmor, antike Kronleuchter und Clubsessel in Hellgrau. Elegant, aber nicht protzig. Der perfekte Ort für einen Heiratsantrag um die Mittagszeit. Ich trage eine schlichte brautweiße Bluse, dazu einen gemusterten Rock, und ich habe mir ein paar halterlose Strümpfe geleistet, für den Fall, dass wir unser Verlöbnis später besiegeln wollen. Ich habe noch nie halterlose Strümpfe getragen. Aber ich habe auch noch nie einen Heiratsantrag bekommen.

Vielleicht hat er uns ja ein Zimmer im Savoy gebucht.

Nein, so großspurig ist Richard nicht. Er ist kein Freund übertriebener Gesten. Nettes Mittagessen, ja. Überteuertes Hotelzimmer, nein. Was ich respektiere.

Er wirkt nervös. Er fummelt an seinen Manschetten herum, sieht nach seinem Handy und lässt das Wasser in seinem Glas herumschwappen. Als er merkt, dass ich ihn beobachte, lächelt er zurück.

»Gut.«

»Gut.«

Es ist, als sprächen wir in einem Geheimcode, um das eigentliche Thema zu meiden. Ich spiele mit meiner Serviette herum und rücke meinen Stuhl zurecht. Diese Warterei ist unerträglich. Wieso bringt er es nicht einfach hinter sich?

Nein, ich meinte nicht »hinter sich bringen«. Natürlich nicht. Es ist ja keine Impfung. Es ist … nun, was ist es? Es ist ein Anfang. Ein erster Schritt. Wir beide gehen gemeinsam auf ein großes Abenteuer. Weil wir das Leben als Team angehen wollen. Weil es niemand anderen gibt, mit dem wir diese Reise lieber unternehmen wollten. Weil ich ihn liebe, und er mich liebt.

Mir kommen jetzt schon die Tränen. Es ist hoffnungslos. So bin ich seit Tagen, seit mir klar wurde, was er vorhat.

Er ist etwas umständlich, mein Richard. Aber auf liebenswerte Weise. Er ist direkt, kommt gleich auf den Punkt und spielt keine Spielchen (Gott sei Dank). Und er überfällt einen auch nicht mit irgendwelchen Überraschungen. Vor meinem letzten Geburtstag hat er wochenlang angedeutet, dass er mich mit einem kleinen Ausflug überraschen wollte, was genial war, weil ich so vorher wusste, dass ich meinen Kulturbeutel und ein paar Sachen einpacken musste.

Obwohl er mich am Ende doch noch überrascht hat, weil es kein Wochenendausflug war, wie ich erwartet hatte. Per Kurier ließ er mir an meinem Geburtstag – mitten in der Woche – eine Bahnfahrkarte nach Stroud zustellen. Wie sich herausstellte, hatte er mit meinem Chef heimlich vereinbart, dass ich zwei Tage freibekommen sollte, und als ich schließlich in Stroud ankam, holte mich eine Limousine ab und kutschierte mich zu einem schnuckeligen Cottage in den Cotswold Hills, wo er schon auf mich wartete, mit knisterndem Feuer im Kamin, vor dem ein Schaffell ausgebreitet lag. (Mmmh. Sagen wir einfach, dass Sex vor einem knisternden Kamin das absolut Allergrößte ist. Bis auf den Moment, als dieser blöde Funke angeflogen kam und mir den Oberschenkel versengt hat. Aber egal. Nicht der Rede wert.)

Als er also diesmal Andeutungen machte, fielen diese wieder nicht sonderlich subtil aus. Es waren eher massive Zaunpfähle: Ich werde demnächst um deine Hand anhalten. Erst hat er diesen Tisch reserviert und von einem »besonderen Anlass« gesprochen. Dann erwähnte er eine »große Frage«, die er mir stellen müsste, und zwinkerte dabei (woraufhin ich natürlich Ahnungslosigkeit vortäuschte). Dann fing er an zu sticheln und fragte mich, ob ich eigentlich seinen Nachnamen mag – Finch. (Zufälligerweise mag ich ihn. Bestimmt wird mir was fehlen, wenn ich nicht mehr Lottie Graveney bin, aber ich wäre liebend gern Mrs Lottie Finch.)

Fast wünschte ich, er wäre etwas weniger direkt gewesen, denn dann wäre die Überraschung größer. Aber andererseits konnte ich so wenigstens vorher zur Maniküre.

»Also, Lottie, hast du dich entschieden?« Richard sieht mich an, mit seinem warmen Lächeln, und mir wird ganz flau im Magen. Kurz dachte ich, er wollte besonders schlau sein, und das sei schon der Heiratsantrag.

»Mh …« Ich weiche seinem Blick aus, um meine Unsicherheit zu verbergen.

Selbstverständlich ist die Antwort »Ja«. Ein großes, freudiges »Ja«. Ich kann immer noch nicht fassen, dass wir so weit gekommen sind. Wir heiraten. Ich meine: Wir heiraten! In den drei Jahren, die Richard und ich zusammen sind, habe ich die Frage nach der Hochzeit, dem Bekenntnis zueinander und sämtliche dazugehörigen Themen gemieden (Kinder, Häuser, Sofas, Kräutertöpfe). Wir wohnen mehr oder weniger bei ihm, aber ich habe immer noch meine eigene Wohnung. Wir sind ein Paar, doch Weihnachten fährt jeder zu seiner Familie. Da ungefähr stehen wir.

Nach etwa einem Jahr wusste ich, dass wir zusammenpassen. Ich wusste, dass ich ihn liebe. Ich hatte ihn von seiner besten Seite erlebt (der überraschende Geburtstagsausflug und das eine Mal, als ich ihm versehentlich über den Fuß gefahren bin und er mich deshalb nicht angeschrien hat) und auch von seiner schlechtesten (seine sture Weigerung, nach dem Weg zu fragen, bis ganz rauf nach Norfolk, als das Navi kaputt war. Wir brauchten sechs Stunden). Und trotzdem wollte ich bei ihm bleiben. Ich verstand ihn. Er ist kein Aufschneider, mein Richard. Er ist bedächtig und gewissenhaft. Manchmal denkt man, er hört einem gar nicht zu – aber dann wird er plötzlich ganz lebendig, und man merkt, dass er die ganze Zeit hellwach war. Wie ein Löwe, der unter einem Baum döst, aber jederzeit zum Töten bereit ist. Wohingegen ich eher so etwas wie eine herumhüpfende Gazelle bin. Wir ergänzen einander. Wie in der Natur.

(Natürlich nicht im Sinne der Nahrungskette. Eher im übertragenen Sinn.)

Ich wusste also nach einem Jahr, dass er der Richtige war. Aber ich wusste auch, was passieren würde, wenn ich es falsch anginge. Meiner Erfahrung nach wirkt das Wort »Hochzeit« wie ein Enzym. In einer Liebesbeziehung ruft es allerlei Reaktionen hervor, meist destruktiver Art.

Man muss sich nur ansehen, was mit Jamie, meinem ersten langjährigen Freund passiert ist. Vier Jahre lang waren wir ein glückliches Paar, als ich rein zufällig erwähnte, dass meine Eltern bei ihrer Hochzeit genauso alt waren wie wir damals (sechsundzwanzig und dreiundzwanzig). Das war’s dann. Eine kleine Bemerkung. Woraufhin er ausgeflippt ist und meinte, wir bräuchten eine »Pause«. Eine Pause wovon? Bis zu diesem Augenblick war alles gut gewesen. Was wir offensichtlich brauchten, war eine Pause vom Risiko, das Wort »Hochzeit« noch einmal hören zu müssen. Offenbar bereitete ihm diese Vorstellung so große Sorgen, dass er es nicht mehr ertragen konnte, mich wiederzusehen, aus Angst, irgendwann noch mal dieses Wort aus meinem Mund zu hören.

Bevor wir die »Pause« hinter uns hatten, war er mit dieser Rothaarigen zusammen. Es machte mir nichts aus, denn inzwischen hatte ich Seamus kennengelernt. Seamus mit seinem irischen Singsang, den ich so sexy fand. Keine Ahnung, wieso es mit ihm schiefging. Ungefähr ein Jahr lang waren wir ineinander vernarrt – wilder Sex, die ganze Nacht –, bis wir auf einmal jede Nacht stritten. Von einem Tag auf den anderen war es nicht mehr aufregend, sondern aufreibend. Es hat alles vergiftet. Zu viele Grundsatzdiskussionen und Fragen wie »Was soll mal aus uns werden?« und »Was wollen wir von dieser Beziehung?« Es laugte uns aus. Wir schleppten uns noch ein Jahr lang weiter, und wenn ich so zurückblicke, scheint mir dieses zweite Jahr ein großes, schwarzes Loch in meinem Leben zu sein.

Dann kam Julian. Auch das dauerte zwei Jahre, aber es führte zu nichts. Es war wie das Gerippe einer Beziehung. Ich schätze, wir haben wohl beide zu viel gearbeitet. Ich war gerade bei Blay Pharmaceuticals eingestiegen und reiste im ganzen Land herum. Er versuchte, Partner in seiner Steuerkanzlei zu werden. Ich bin mir gar nicht sicher, ob wir uns eigentlich richtig getrennt haben – irgendwie sind wir auseinandergedriftet. Hin und wieder treffen wir uns noch als Freunde, und es geht ihm genau wie mir – wir können gar nicht sagen, woran wir letztendlich gescheitert sind. Er wollte sogar mal richtig mit mir ausgehen, vor einem Jahr etwa, aber ich musste ihm sagen, dass ich inzwischen einen anderen hatte, mit dem ich sehr glücklich war. Und das war Richard. Der Mann, den ich wirklich liebe. Der Mann, der mir gegenübersitzt, mit einem Ring in der Tasche (möglicherweise).

Richard sieht definitiv besser aus als alle anderen Freunde, die ich je hatte. (Vielleicht bin ich ja voreingenommen, aber ich finde ihn hinreißend.) Er arbeitet als Datenanalytiker und ist ziemlich ehrgeizig, aber nicht besessen von seinem Job. Er ist nicht so reich wie Julian, aber wen interessiert das schon? Er ist tatkräftig und lustig, und sein ansteckendes Lachen heitert mich immer wieder auf. Er nennt mich »Daisy«, seit ich ihm beim Picknick mal einen Kranz aus Gänseblümchen geflochten habe. Manchmal verliert er die Geduld, was okay ist. Niemand ist perfekt. Wenn ich auf unsere Beziehung zurückblicke, sehe ich kein schwarzes Loch wie bei Seamus und auch keine Leere wie bei Julian. Ich sehe ein schnulziges Musikvideo. Eine Collage, mit blauem Himmel und strahlendem Lächeln. Glückliche Zeiten. Geborgenheit. Lachen.

Und nun kommen wir zum Höhepunkt dieser Collage. Dem Teil, bei dem er niederkniet, tief Luft holt …

Ich fiebere mit ihm. Ich möchte, dass alles gut läuft. Ich möchte unseren Kindern erzählen können, dass ich mich in ihren Vater neu verliebt habe, als er um meine Hand angehalten hat.

Unsere Kinder. Unser Zuhause. Unser Leben.

Als mir diese Bilder durch den Kopf gehen, spüre ich eine Erleichterung in mir. Ich bin bereit dafür. Ich bin dreiunddreißig Jahre alt, und ich bin bereit. In meinem ganzen Erwachsenenleben habe ich das Thema Heiraten gemieden. Meine Freundinnen sind genauso. Es ist, als sei der gesamte Bereich abgesperrt: ZUTRITTVERBOTEN. Von dort hält man sich fern, denn wenn nicht, gefährdet man alles und wird sitzen gelassen.

Aber jetzt kann nichts mehr schiefgehen. Ich kann die Liebe zwischen uns förmlich spüren, über den Tisch hinweg. Ich möchte Richards Hände nehmen. Ich möchte ihn in meine Arme schließen. Er ist so ein wundervoller, wundervoller Mann. Ich habe solch ein Glück. In vierzig Jahren, wenn wir beide grau und faltig sind, spazieren wir vielleicht Hand in Hand an der Themse entlang und erinnern uns an heute und danken dem lieben Gott, dass wir einander gefunden haben. Ich meine, wie stehen denn die Chancen dafür in dieser Welt, in der es vor Fremden nur so wimmelt? Liebe ist ein Zufall. Der reine Zufall. Im Grunde ist es ein Wunder …

Oh Gott, ich muss blinzeln …

»Lottie?« Richard hat meine feuchten Augen bemerkt. »Hey, kleine Daisy. Alles okay? Was ist los?«

Obwohl ich Richard gegenüber ehrlicher bin als jedem anderen Freund vorher, wäre es vermutlich keine gute Idee, ihm alle meine Gedanken unter die Nase zu reiben. Meine große Schwester Fliss behauptet, ich würde immer alles durch die rosarote Brille sehen, wie bei einem kitschigen Kinofilm, und sollte mir lieber in Erinnerung rufen, dass andere Leute die schwelgenden Geigen gar nicht hören können.

»Entschuldige!« Ich tupfe an meinen Augen herum. »Nichts. Ich wünschte nur, du müsstest nicht weg.«

Richard fliegt morgen nach San Francisco, weil er für seinen Job vorübergehend dort gebraucht wird. Es sind drei Monate – könnte schlimmer sein –, aber ich werde ihn schrecklich vermissen. Allein der Gedanke daran, dass ich unsere Hochzeit planen kann, lenkt mich ab.

»Süße, bitte nicht weinen. Das kann ich nicht ertragen.« Er greift nach meinen Händen. »Wir skypen jeden Tag.«

»Ich weiß.« Ich drücke seine Hände. »Wann immer du willst.«

»Wobei du eins vielleicht bedenken solltest: Wenn ich im Büro bin, können alle hören, was du sagst. Auch mein Chef.«

Nur ein winziges Flattern seiner Augenlider verrät, dass er mich auf den Arm nimmt. Als er letztes Mal weg war und wir geskypt haben, fing ich an, ihm Ratschläge zu geben, was er mit seinem Blödmann von einem Chef anstellen sollte, wobei ich vergaß, dass Richard in einem Großraumbüro arbeitete und der Blödmann jeden Moment vorbeispazieren konnte. (Was er glücklicherweise nicht tat.)

»Danke für den Tipp.« Ich zucke mit den Schultern, verziehe keine Miene.

»Außerdem können sie dich sehen. Also solltest du vielleicht lieber nicht splitternackt sein.«

»Nicht splitter«, stimme ich zu. »Vielleicht nur ein durchsichtiger BH mit Slip. Was Schlichtes.«

Richard grinst und drückt meine Hände noch fester. »Ich liebe dich.« Seine Stimme ist tief und warm, dass ich dahinschmelze. Ich kann es gar nicht oft genug hören.

»Ich dich auch.«

»Weißt du, Lottie …« Er räuspert sich. »Ich möchte dich etwas fragen.«

Mein Innerstes fühlt sich an, als würde es jeden Moment explodieren. Mit offenem Mund sitze ich da, während meine Gedanken wild rotieren. Oh Gott, er tut es … Jetzt ändert sich mein ganzes Leben … Konzentrier dich, Lottie, genieß den Moment … Verdammt, was ist denn mit meinem Bein los?

Entsetzt starre ich es an.

Wer auch immer diese »halterlosen Strümpfe« erfunden hat, ist ein Lügner und soll zur Hölle fahren, denn einer meiner Strümpfe ist mitnichten oben geblieben. Er ist bis zum Knie gerutscht, und jetzt flattert mir ein unansehnlicher Klebestreifen um den Unterschenkel. Das ist das Allerletzte.

So kann er mir unmöglich einen Antrag machen. Ich will nicht den Rest meines Lebens zurückblicken und denken: Es war so ein romantischer Augenblick, nur das mit dem Strumpf war schade.

»Entschuldige, Richard.« Ich falle ihm ins Wort. »Kleinen Moment mal eben.«

Heimlich greife ich nach unten und ziehe den Strumpf hoch – doch der hauchdünne Stoff zerreißt mir in den Händen. Jetzt verzieren flatterndes Plastik und Nylonfetzen mein Bein. Ich kann nicht fassen, dass Strumpfwaren mir meinen Heiratsantrag vermiesen. Ich hätte lieber mit nackten Beinen herkommen sollen.

»Alles okay?« Richard wirkt etwas verblüfft, als ich unter dem Tisch hervorkomme.

»Ich muss kurz zur Toilette«, presse ich hervor. »Tut mir leid. Entschuldige. Können wir eine kleine Pause machen? Nur ein Nanosekündchen?«

»Ist alles in Ordnung?«

»Wird schon gehen.« Ich bin ganz rot vor Scham. »Mir ist ein … ein kleines Missgeschick passiert. Ich möchte nicht, dass du es siehst. Würdest du dich kurz abwenden?«

Gehorsam dreht sich Richard um. Ich schiebe meinen Stuhl zurück und durchquere eilig den Raum, ignoriere die Blicke der anderen Gäste. Es hat keinen Sinn, etwas zu verbergen. Der Strumpf hängt in Fetzen.

Ich stürze durch die Tür in die Damentoilette, streife meinen Schuh und den verfluchten Strumpf ab, dann starre ich mich im Spiegel an, mit pochendem Herzen. Nicht zu fassen, dass ich meinen Heiratsantrag pausieren lasse.

Ich fühle mich, als würde die Zeit stillstehen. Als wären wir in einem Science-Fiction-Film und Richard wäre erstarrt, und ich hätte alle Zeit der Welt, um darüber nachzudenken, ob ich ihn heiraten will.

Was ich natürlich gar nicht tun muss, denn die Antwort ist: Ich will.

Ein blondes Mädchen mit einem Perlenstirnband mustert mich mit ihrem Lipliner in der Hand. Wahrscheinlich sehe ich wirklich etwas seltsam aus, wie ich regungslos dastehe, mit Schuh und Strumpf in der Hand.

»Da drüben ist ein Eimer.« Sie deutet darauf. »Alles okay?«

»Ja. Danke.« Plötzlich überkommt mich der Drang, jemandem die ganze Tragweite der Situation mitzuteilen. »Mein Freund ist gerade dabei, mir einen Heiratsantrag zu machen!«

»Gibt’s ja nicht!« Sämtliche Frauen vor den Spiegeln starren mich an.

»Was meinst du mit: ›gerade dabei‹?«, will eine dünne Rothaarige in Pink wissen, wobei sie die Augenbrauen zusammenschiebt. »Hat er schon gesagt: ›Willst du …?‹«

»Er fing gerade an, da habe ich die Katastrophe bemerkt.« Ich schwenke den Halterlosen. »Also macht er jetzt kurz Pause.«

»Pause?«, fragt jemand ungläubig.

»Also, ich würde schnell wieder da rausgehen«, sagt die Rothaarige. »Du willst doch nicht, dass er es sich anders überlegt.«

»Wie aufregend!«, sagt das blonde Mädchen. »Dürfen wir zugucken? Darf ich dich filmen?«

»Wir könnten es bei YouTube reinstellen!«, sagt ihre Freundin. »Hat er einen Flashmob oder so was mobilisiert?«

»Ich glaube nicht …«

»Wie funktioniert das hier?« Eine alte Frau mit stahlgrauen Haaren unterbricht herrisch unser Gespräch. Wütend wedelt sie mit den Händen unter dem automatischen Seifenspender herum. »Wozu erfindet man solche Maschinen? Was ist gegen ein Stück Seife einzuwenden?«

»Guck mal, so, Tante Dee«, sagt die Rothaarige beschwichtigend. »Du hältst die Hände zu hoch.«

Ich ziehe meinen anderen Schuh und den Strumpf aus, und da ich schon mal hier bin, greife ich nach der Handlotion, um meine nackten Beine einzucremen. Ich möchte nicht zurückblicken und denken: Es war so ein romantischer Augenblick, nur das mit den schuppigen Schienbeinen war schade. Dann nehme ich mein Handy hervor. Ich muss Fliss eine SMS schreiben. Eilig tippe ich:

Er tut es!!!!

Einen Moment später erscheint ihre Antwort auf meinem Display:

Sag nicht, du schreibst mir mitten im Antrag!!!!

Damentoilette. Brauch ne Pause.

Wie aufregend!!!! Ihr seid ein tolles Paar. Gib ihm einen Kuss von mir xxx

Mach ich! Bis später xxx

»Welcher ist es?«, fragt das blonde Mädchen, als ich mein Handy wegstecke. »Ich will ihn mir ansehen!« Sie stürzt hinaus, dann kommt sie Sekunden später wieder herein. »Ooh, ich habe ihn gesehen. Der dunkle Typ da in der Ecke? Der gefällt mir. Hey, deine Wimperntusche ist verschmiert.« Sie reicht mir einen Entfernerstift. »Willst du dein Make-up kurz auffrischen?«

»Danke.« Freundlich lächle ich sie an und entferne die kleinen schwarzen Punkte unter meinen Augen. Meine gewellten rotbraunen Haare sind zu einem Chignon gebunden, und plötzlich frage ich mich, ob ich ihn öffnen soll, damit sie mir im großen Moment wallend über die Schultern fallen.

Nein. Zu dick aufgetragen. Lieber zupfe ich ein paar Strähnen heraus und drapiere sie um mein Gesicht, während ich mich begutachte. Lippenstift: hübsch korallenrot. Lidschatten: grau schimmernd, um meine blauen Augen hervorzuheben. Rouge: werde ich wohl nicht brauchen, weil ich sowieso vor Aufregung rot anlaufe.

»Ich wünschte, mein Freund würde mir auch einen Antrag machen«, sagt ein langhaariges Mädchen in Schwarz, das mich wehmütig betrachtet. »Wie hast du das geschafft?«

»Keine Ahnung«, antworte ich und wünschte, ich könnte hilfreicher sein. »Wir sind schon eine Weile zusammen, wir wissen, dass wir zusammenpassen, und wir lieben uns.«

»Aber so ist es bei meinem Freund und mir doch auch! Wir wohnen zusammen, der Sex ist super, alles wunderbar.«

»Dräng ihn nicht«, sagt die Blonde wohlmeinend.

»Ich erwähne es höchstens einmal im Jahr.« Das langhaarige Mädchen wirkt ernstlich betrübt. »Dann wird er hektisch, und wir lassen das Thema. Was soll ich denn machen? Ausziehen? Sechs Jahre geht das nun schon so.«

»Sechs Jahre?« Die alte Frau blickt vom Händetrockner auf. »Was ist denn los mit dir?« Das Mädchen mit den langen Haaren wird puterrot.

»Nichts ist los mit mir«, sagt sie. »Ich führe hier ein Privatgespräch.«

»Von wegen privat.« Barsch deutet die alte Frau in die Runde. »Alle hören zu.«

»Tante Dee!« Der Rotschopf ist peinlich berührt. »Schscht!«

»Wag es nicht, mir den Mund zu verbieten, Amy!« Mit verkniffenen Augen mustert die alte Frau das langhaarige Mädchen. »Männer sind wie Tiere im Dschungel. Sobald sie ihre Beute gefunden haben, töten sie sie und schlafen ein. Du hast ihm seine Beute doch auf dem Silbertablett präsentiert.«

»So einfach ist das nicht«, sagt das langhaarige Mädchen ärgerlich.

»Zu meiner Zeit haben Männer geheiratet, weil sie Sex wollten. Das war wenigstens eine echte Motivation!« Die alte Frau lacht auf. »Ihr Mädchen immer mit eurem Zusammenschlafen und Zusammenwohnen, und dann wollt ihr einen Verlobungsring. Die Reihenfolge stimmt nicht.« Sie nimmt ihre Tasche. »Komm schon, Amy! Worauf wartest du?«

Amy wirft einen betretenen Blick in die Runde, dann folgt sie ihrer Tante zur Tür hinaus. Wir anderen sehen uns mit hochgezogenen Augenbrauen an. Die hat sie doch nicht mehr alle.

»Mach dir keine Sorgen«, sage ich tröstend und drücke den Arm des Mädchens. »Bestimmt wird alles gut.« Ich möchte Freude verbreiten. Ich möchte, dass alle solch ein Glück erfahren wie Richard und ich.

»Ja.« Sie gibt sich alle Mühe, nicht die Fassung zu verlieren. »Hoffen wir’s. Ich wünsche euch ein glückliches Leben.«

»Danke!« Ich gebe dem blonden Mädchen den Entfernerstift zurück. »Weiter geht’s! Drückt mir die Daumen!«

Ich trete aus der Damentoilette in das gut besuchte Restaurant und komme mir vor, als hätte ich eben von »Pause« wieder auf »Play« gedrückt. Da sitzt Richard genau so, wie ich ihn zurückgelassen habe. Er sieht nicht mal nach seinem Telefon. Anscheinend ist er genau wie ich von diesem Moment gefangen. Dem bedeutungsvollsten Moment unseres Lebens.

»Entschuldige.« Ich gleite auf meinen Stuhl und schenke ihm mein liebevollstes, paarungsbereitestes Lächeln. »Wollen wir da weitermachen, wo wir stehen geblieben waren?«

Richard erwidert mein Lächeln, aber ich merke, dass er seinen Schwung ein wenig eingebüßt hat. Vielleicht sollten wir uns langsam wieder heranarbeiten.

»Es ist so ein besonderer Tag«, sage ich ermutigend. »Spürst du das nicht auch?«

»Absolut.« Er nickt.

»Dieser Laden ist zauberhaft.« Ich sehe mich um. »Der perfekte Ort für ein … ein wichtiges Gespräch.«

Ich habe meine Hände beiläufig auf dem Tisch liegen lassen, und Richard nimmt sie wie erwartet. Er holt tief Luft und legt die Stirn in Falten.

»Da wir gerade davon sprechen, Lottie … ich muss dich was fragen.« Als sich unsere Blicke treffen, verknittert er die Augen ein wenig. »Ich glaube nicht, dass es für dich eine Riesenüberraschung sein wird …«

Oh Gott, oh Gott, jetzt kommt es.

»Ja?« Meine Stimme ist ein nervöses Krächzen.

»Ein wenig Brot vorweg?«

Richard zuckt erschrocken zusammen, und ich blicke auf. Ein Kellner hat sich so leise angeschlichen, dass wir beide nichts davon gemerkt haben. Bevor ich es verhindern kann, hat Richard meine Hand losgelassen und redet irgendwas von Vollkornbrot ohne Körner. Am liebsten möchte ich den ganzen Korb frustriert beiseiteschlagen. Hat der Kellner denn nichts mitbekommen? Werden die denn nicht im Erkennen bevorstehender Heiratsanträge ausgebildet?

Ich merke, dass auch Richard etwas aus dem Konzept ist. Blöder Kellner. Wie kann er es wagen, meinem Freund seinen großen Moment zu verderben?

»Also«, sage ich aufmunternd, sobald der Kellner weg ist. »Du hattest eine Frage?«

»Nun. Ja.« Er konzentriert sich auf mich und holt tief Luft … und schon wieder ändert sein Gesicht den Ausdruck. Überrascht drehe ich mich um und sehe, dass noch ein verfluchter Kellner aufgetaucht ist. Na ja, fairerweise muss man einräumen, dass es in einem Restaurant wohl nicht anders zu erwarten ist.

Wir bestellen uns etwas zu essen – ich registriere kaum, wofür ich mich entschieden habe –, und der Kellner entfernt sich wieder. Allerdings wird jeden Moment der nächste auftauchen. Mehr als je zuvor fühle ich mit Richard. Wie soll er mir unter diesen Umständen einen Antrag machen? Wie schaffen Männer das?

Unwillkürlich lächle ich ihn schief an.

»Ist nicht dein Tag heute.«

»Nicht wirklich.«

»Jeden Augenblick kommt der Weinkellner«, sage ich.

»Hier geht’s zu wie auf dem Piccadilly Circus.« Zerknirscht rollt er mit den Augen, und mich durchströmt ein warmes Gefühl der Verbundenheit. Wir gehören zusammen. Ist es da nicht egal, wann er mich fragt? Ist es nicht egal, dass der Moment nicht perfekt inszeniert ist? »Wollen wir Champagner bestellen?«, fügt er hinzu.

Ich kann nicht anders, als ihm ein wissendes Lächeln zu schenken. »Meinst du nicht, das wäre vielleicht etwas … voreilig?«

»Nun, das kommt darauf an.« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Sag du es mir.«

Der Subtext ist dermaßen offensichtlich, dass ich gar nicht weiß, ob ich lachen oder ihn umarmen möchte.

»Nun, in diesem Fall …« Ich mache eine wunderbar lange Pause, ziehe sie für uns beide in die Länge. »Ja. Meine Antwort wäre ›Ja‹.«

Seine Stirn glättet sich, und ich sehe, wie sein ganzer Körper entspannt. Dachte er wirklich, ich würde Nein sagen? Er ist so bescheiden. Er ist so ein liebenswerter Mann. Oh Gott. Wir werden heiraten!

»Von ganzem Herzen, Richard, ja!«, füge ich mit bebender Stimme hinzu. »Du sollst wissen, wie viel es mir bedeutet. Es ist … ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

Seine Hände drücken meine, und es ist, als hätten wir unseren eigenen Geheimcode. Fast tun mir die anderen Paare leid, die alles in Worte fassen müssen. Die haben keine solche Verbindung zueinander wie wir.

Einen Moment lang schweigen wir. Ich kann die Wolke des Glücks spüren, die uns umgibt. Ich möchte, dass diese Wolke ewig dableibt. Ich kann uns in der Zukunft sehen, wie wir ein Haus streichen, einen Kinderwagen schieben, den Weihnachtsbaum gemeinsam mit unseren kleinen Rackern schmücken … Vielleicht wollen seine Eltern uns besuchen und über die Festtage bleiben, und das ist gut so, denn ich mag seine Eltern. Wenn das alles hier verkündet ist, werde ich so bald wie möglich nach Sussex fahren, um seine Mutter zu besuchen. Bestimmt hilft sie mir liebend gern mit der Hochzeit. Schließlich ist es ja nicht so, als hätte ich eine Mutter, die mir zur Hand gehen würde.

So viele Möglichkeiten. So viele Pläne. So ein herrliches Leben, das wir zusammen haben werden.

»Also«, sage ich schließlich und reibe sanft die Finger aneinander. »Zufrieden? Glücklich?«

»Ich könnte nicht glücklicher sein.« Er streichelt meine Hand.

»Ich habe es mir schon so oft vorgestellt.« Ich seufze zufrieden. »Aber ich hätte nie gedacht … man weiß es einfach nicht, oder? Ich meine … wie es sein wird. Wie es sich anfühlt.«

»Ich weiß, was du meinst.« Er nickt.

»Ich werde dieses Lokal niemals vergessen. Ich werde nie vergessen, wie du mich gerade ansiehst.« Ich drücke seine Hand noch fester.

»Ich auch nicht«, sagt er nur.

Das liebe ich an Richard. Dass er so viel sagen kann mit nur einem Blick oder der Art, wie er den Kopf hält. Er muss nicht viel reden, denn ich verstehe ihn auch so.

Ich sehe, dass das langhaarige Mädchen uns aus der Ferne beobachtet, und unwillkürlich lächle ich sie an. (Kein triumphierendes Lächeln, denn das wäre unsensibel. Ein demütiges, dankbares Lächeln.)

»Darf ich Ihnen einen Wein empfehlen, Sir? Mademoiselle?« Der Sommelier tritt an unseren Tisch, und strahlend blicke ich zu ihm auf.

»Ich glaube, wir brauchen Champagner.«

»Absolument.« Er erwidert mein Lächeln. »Unseren hauseigenen Champagner? Ansonsten hätten wir noch einen sehr hübschen Ruinart für besondere Anlässe.«

»Am liebsten den Ruinart.« Ich kann nicht widerstehen, unsere Freude mit jemandem zu teilen. »Heute ist ein ganz besonderer Tag! Wir haben uns gerade eben verlobt!«

»Mademoiselle!« Das Gesicht des Sommeliers verknittert zu einem Lächeln. »Félicitations! Sir, meinen Glückwunsch!« Beide wenden wir uns Richard zu – doch zu meiner Überraschung nimmt er keinen Anteil an der Stimmung dieses Augenblicks. Er starrt mich an, als wäre ich so was wie ein Gespenst. Wieso sieht er dermaßen erschrocken aus? Was ist denn los?

»Was …« Seine Stimme klingt erstickt. »Was meinst du?«

Plötzlich geht mir auf, was ihn verärgert. Natürlich. Es sieht mir ähnlich, alles zu verderben, indem ich mal wieder vorauspresche.

»Richard, entschuldige. Sollten deine Eltern es als Erste erfahren?« Ich drücke seine Hand. »Das verstehe ich vollkommen. Wir erzählen es sonst niemandem, versprochen.«

»Was denn erzählen?« Seine Augen sind ganz groß. »Lottie, wir sind nicht verlobt.«

»Aber …« Verunsichert sehe ich ihn an. »Du hast mir doch gerade eben einen Antrag gemacht. Und ich habe ›Ja‹ gesagt.«

»Nein, hab ich nicht!« Er reißt seine Hand zurück.

Okay, einer von uns beiden spinnt hier. Der Sommelier hat sich taktvoll zurückgezogen, und ich sehe, dass er den Kellner mit dem Brotkorb verscheucht, der gerade wieder zu uns kommen wollte.

»Lottie, es tut mir leid, aber ich weiß gar nicht, wovon du redest.« Richard fährt sich mit den Händen durch die Haare. »Ich habe kein Wort von Hochzeit oder Verlobung oder irgendwas gesagt.«

»Aber … das hast du doch gemeint! Als du Champagner bestellt hast und meintest: ›Sag du es mir‹, und ich geantwortet habe: ›Von ganzem Herzen, ja!‹ Es hatte Witz! Es war wunderschön!«

Ich starre ihn an, sehne mich nach seiner Bestätigung, sehne mich danach, dass er das empfindet, was ich empfinde. Doch er wirkt nur perplex, und plötzlich packt mich die Angst.

»Das ist nicht das … was du gemeint hast?« Meine Kehle ist so zugeschnürt, dass ich kaum ein Wort rauskriege. Ich kann nicht fassen, was hier passiert. »Du wolltest mir gar keinen Antrag machen?«

»Lottie, ich habe dir keinen Antrag gemacht!«, sagt er mit einiger Entschiedenheit. »Punktum!«

Muss er denn so laut schreien? Überall drehen sich Köpfe neugierig zu uns um.

»Okay! Ich hab’s verstanden!« Ich wische mir mit der Serviette über die Nase. »Es muss ja nicht gleich der ganze Laden wissen.«

Eine Woge der Erniedrigung geht über mich hinweg. Ich bin ganz starr vor Elend. Wie konnte ich das alles dermaßen falsch verstehen?

Und wenn er mir denn keinen Antrag gemacht hat, wieso hat er mir keinen gemacht?

»Ich verstehe das nicht.« Fast ist es, als spräche Richard mit sich selbst. »Ich habe nie was davon gesagt, wir haben nie darüber gesprochen …«

»Du hast mehr als genug gesagt!« Schmerz und Entrüstung platzen aus mir hervor. »Du hast gesagt, es gäbe einen ›besonderen Anlass‹, essen zu gehen.«

»Es ist ein besonderer Anlass!«, sagt er trotzig. »Ich fliege morgen nach San Francisco.«

»Und du hast mich gefragt, ob ich deinen Nachnamen mag! Deinen Nachnamen, Richard!«

»Wir haben im Büro eine kleine Umfrage gestartet!« Richard wirkt verwirrt. »Es hatte keine Bedeutung.«

»Und du hast gesagt, du müsstest mir eine ›große Frage‹ stellen.«

»Keine ›große‹ Frage.« Er schüttelt den Kopf. »Eine Frage.«

»Ich habe ›große Frage‹ verstanden.«

Drückendes Schweigen macht sich breit. Die Wolke des Glücks ist verweht. Keine rosarote Brille mehr, keine schwelgenden Geigen. Taktvoll legt der Sommelier eine Weinkarte auf die Ecke unseres Tisches und zieht sich eilig zurück.

»Worum geht es denn dann?«, frage ich schließlich. »Bei dieser ach so wichtigen, mittelgroßen Frage?«

Richard sieht aus, als säße er in der Falle. »Ist nicht wichtig. Vergiss es.«

»Komm schon, sag es mir!«

»Na gut, okay«, sagt er schließlich. »Ich wollte dich fragen, was ich mit meinen Flugmeilen machen soll. Ich dachte, wir könnten vielleicht eine Reise planen.«

»Flugmeilen?«, entfährt es mir unwillkürlich. »Du hast extra einen Tisch reserviert und Champagner bestellt, um mit mir über Flugmeilen zu sprechen?«

»Nein! Ich meine …« Richard verzieht das Gesicht. »Lottie, es ist mir schrecklich peinlich. Ich hatte nicht die geringste Ahnung …«

»Aber es ging doch eben die ganze Zeit darum, dass wir uns verloben wollten!« Ich merke, wie mir schon wieder die Tränen kommen. »Ich habe deine Hand gestreichelt und gesagt, wie glücklich ich bin und dass ich schon seit Ewigkeiten von diesem Augenblick geträumt habe. Und du hast mir zugestimmt! Was dachtest du denn, wovon ich spreche?«

Richard verdreht die Augen, als suchte er nach einem Ausweg. »Ich dachte, du … na, du weißt schon. Redest eben irgendwas.«

»›Redest eben irgendwas‹?« Ich starre ihn an. »Was soll das heißen: ›irgendwas‹?«

Richard sieht immer verzweifelter aus.

»Ehrlich gesagt, weiß ich nicht immer, was du so redest«, sagt er in einem plötzlichen Anflug von Aufrichtigkeit. »Und manchmal … nicke ich eben nur.«

Er nickt nur?

Sprachlos starre ich ihn an. Ich dachte, zwischen uns bestünde ein stilles Einverständnis, das keiner Worte bedarf. Ich dachte, wir hätten einen Geheimcode. Und dabei hat er die ganze Zeit einfach nur vor sich hin genickt.

Zwei Kellner stellen unsere Salate vor uns ab und verziehen sich schnell wieder, als spürten sie, dass wir nicht eben gesprächig sind. Ich nehme meine Gabel und lege sie wieder weg. Richard scheint seinen Teller noch gar nicht bemerkt zu haben.

»Ich habe dir einen Verlobungsring gekauft«, sage ich, um das Schweigen zu brechen.

»Oh Gott.« Er schlägt die Hände vors Gesicht.

»Macht nichts. Ich bringe ihn zurück.«

»Lottie.« Er wirkt gequält. »Müssen wir denn … Ich fliege morgen weg. Könnten wir das ganze Thema nicht verschieben?«

»Willst du denn eigentlich überhaupt jemals heiraten?« Als ich ihm die Frage stelle, spüre ich den tiefen Schmerz in mir. Vor einer Minute dachte ich noch, ich sei verlobt. Ich lief den Marathon. Ich war am Ziel, riss die Arme vor Begeisterung in die Luft … Jetzt stehe ich wieder an der Startlinie, binde meine Schuhe zu und frage mich, ob das Rennen eigentlich überhaupt stattfindet.

»Ich … Oh Gott, Lottie. Ich weiß nicht.« Er klingt, als stünde er enorm unter Druck. »Ich meine, ja. Ich glaube schon.« Sein Blick wird immer unruhiger. »Vielleicht. Du weißt schon. Irgendwann.«

Tja. Ein deutlicheres Signal kann man wohl nicht bekommen. Vielleicht will er eines Tages eine andere heiraten. Aber nicht mich.

Und plötzlich packt mich die nackte Verzweiflung. Von ganzem Herzen habe ich geglaubt, er sei der Richtige. Wie konnte ich ihn nur so falsch verstehen? Es kommt mir vor, als könnte ich mir selbst nicht mehr vertrauen.

»Verstehe.« Eine Weile starre ich meinen Salat an, lasse meinen Blick über Blätter und Avocado-Scheibchen und Granatapfelkerne schweifen und versuche, meine Gedanken zu sortieren. »Weißt du, Richard, die Sache ist, dass ich gern heiraten möchte. Ich möchte verheiratet sein, Kinder haben, ein Haus … das volle Programm. Und ich wollte das alles mit dir. Aber eine Ehe beruht irgendwie auf Gegenseitigkeit.« Ich mache eine Pause, atme schwer, bin aber wild entschlossen, meine Haltung zu wahren. »Insofern ist es ganz gut, dass ich die Wahrheit jetzt und nicht erst später erfahre. Vielen Dank dafür.«

»Lottie!«, sagt Richard alarmiert. »Warte! Das ändert doch nichts …«

»Es ändert alles. Ich bin zu alt, um auf einer Warteliste zu stehen. Wenn es mit uns nichts wird, dann möchte ich es lieber jetzt erfahren und mir was anderes suchen. Verstehst du?« Ich versuche zu lächeln, doch meine Glücksmuskeln funktionieren nicht mehr. »Viel Spaß in San Francisco. Ich glaube, ich sollte besser gehen.« Tränen schleichen sich an meinen Wimpern vorbei. Ich muss hier weg, und zwar schnell. Ich werde wieder an die Arbeit gehen und mir meine Präsentation für morgen noch mal ansehen. Ich hatte mir den Nachmittag freigenommen, aber wozu? Schließlich muss ich jetzt nicht mehr alle meine Freundinnen anrufen, um ihnen die freudige Nachricht zu überbringen.

Auf dem Weg zur Tür spüre ich eine Hand, die nach meinem Arm greift. Erschrocken drehe ich mich um und sehe das blonde Mädchen mit dem Perlenstirnband.

»Was ist passiert?«, fragt sie aufgeregt. »Hat er dir einen Ring geschenkt?«

Ihre Frage sticht mir ins Herz wie ein Dolch. Er hat mir keinen Ring geschenkt. Er ist nicht einmal mehr mein Freund. Aber ich möchte lieber sterben, als das zuzugeben.

»Ehrlich gesagt …« Stolz hebe ich mein Kinn. »Ehrlich gesagt, hat er mich gefragt, aber ich habe ›Nein‹ gesagt.«

»Oh.« Ihre Hand zuckt zum Mund.

»Allerdings.« Ich fange den Blick des langhaarigen Mädchens auf, das uns von einem der Nachbartische unverhohlen belauscht. »Ich habe ›Nein‹ gesagt.«

»Du hast ›Nein‹ gesagt?« Sie sieht mich derart fassungslos an, dass ich fast ärgerlich werde.

»Jawohl!« Trotzig starre ich sie an. »Ich habe ›Nein‹ gesagt. Wir sind nicht füreinander bestimmt, also habe ich beschlossen, das Ganze zu beenden. Obwohl er mich heiraten und Kinder und einen Hund und alles haben wollte.«

Ich spüre neugierige Blicke in meinem Rücken, drehe mich um und sehe noch mehr Leute, die mit offenen Mündern dasitzen und mir zuhören. Weiß denn inzwischen das ganze gottverdammte Restaurant Bescheid?

»Ich habe ›Nein‹ gesagt!« Vor Anspannung wird meine Stimme immer lauter. »Ich habe ›Nein‹ gesagt. ›Nein!‹«, rufe ich Richard zu, der immer noch am Tisch sitzt und einen bestürzten Eindruck macht. »Tut mir leid, Richard. Ich weiß, du liebst mich, und ich weiß, dass ich dir das Herz breche. Aber meine Antwort ist ›Nein‹!«

Als ich das Restaurant verlasse, fühle ich mich ein kleines bisschen besser.

Als ich wieder zur Arbeit komme, ist mein Schreibtisch von Post-its übersät. Das Telefon muss wohl durchgehend geklingelt haben, als ich weg war. Ich setze mich an meinen Platz und gebe einen langen, bebenden Seufzer von mir. Dann höre ich ein Husten. Kayla, meine Assistentin, steht in der Tür meines winzigen Büros. Kayla steht viel in meiner Tür herum. Sie ist die eifrigste Assistentin, die ich je erlebt habe. Sie hat mir eine doppelseitige Weihnachtskarte geschickt und mir geschrieben, wie inspirierend ich als Vorbild für sie sei und dass sie niemals als Assistentin zu Blay Pharmaceuticals gegangen wäre, wenn ich damals nicht diesen Vortrag an der Bristol University gehalten hätte. (Es war wirklich ein ziemlich guter Vortrag, wie ich zugeben muss. Zumindest so gut wie Vorträge einer Pharma-Personalreferentin sein können.)

»Wie war Ihr Mittagessen?« Ihre Augen glitzern.

Mein Herz setzt für einen Schlag aus. Warum nur habe ich ihr erzählt, dass Richard mir einen Antrag machen wollte? Ich war mir meiner Sache so sicher. Es hat mir einen Kick gegeben, sie so aufgeregt zu sehen. Ich kam mir vor wie ein echtes Superweib.

»Es war nett. Nett. Hübsches Restaurant.« Ich fange an, in den Papieren auf meinem Schreibtisch herumzuwühlen, als suchte ich nach einer wichtigen Info.

»Und sind Sie jetzt verlobt?«

Ihre Worte sind wie Zitronensaft auf wunder Haut. Hat sie denn kein Feingefühl? Man fragt seine Chefin doch nicht unverblümt: »Sind Sie verlobt?« Besonders wenn sie keinen dicken, neuen Ring trägt, was bei mir ja wohl der Fall ist. Vielleicht sollte ich bei ihrem Arbeitszeugnis darauf eingehen. Kayla fällt es schwer, eine angemessene Distanz zu wahren.

»Also …« Ich streiche meine Jacke glatt, schinde Zeit und schlucke den Kloß in meinem Hals herunter. »Eher nicht. Ich habe mich dagegen entschieden.«

»Ach, so?« Sie klingt verdutzt.

»Ja.« Ich nicke mehrmals. »Absolut. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben, in meiner Karriere, kein kluger Schachzug wäre.«

Kayla sieht aus, als hätte sie einen Knüppel an den Kopf bekommen. »Aber … Sie beide haben sich doch so gut verstanden.«

»Tja, manches ist nicht so einfach, wie es scheint, Kayla.« Ich raffe die Papiere eiliger zusammen.

»Bestimmt war er am Boden zerstört.«

»Ziemlich«, sage ich nach einer Weile. »Jep. Ziemlich am Ende. Er hat sogar … geweint.«

Ich kann sagen, was ich will. Sie wird Richard nie wiedersehen. Ich werde ihn vermutlich nie wiedersehen. Die Ungeheuerlichkeit dieser Erkenntnis schlägt mir wie eine Faust in den Magen. Es ist alles aus. Vorbei. Das war’s. Ich werde nie wieder Sex mit ihm haben. Ich werde nie wieder neben ihm aufwachen. Ich werde ihn nie wieder umarmen. Nie wieder. Ich könnte schreien.

»Oh Gott, Lottie, Sie sind so inspirierend.« Kaylas Augen leuchten. »Wenn man erkennt, dass etwas der Karriere schadet, und dann den Mut aufbringt, Nein zu sagen: ›Nein! Ich werde nicht das tun, was alle von mir erwarten‹.«

»Genau.« Ich nicke verzweifelt. »Ich habe mich stark gemacht für alle Frauen dieser Welt.«

Mein Unterkiefer bebt. Ich muss dieses Gespräch sofort zu Ende bringen, bevor hier irgendwas schiefgeht und ich vor meiner Assistentin in Tränen ausbreche.

»Also, irgendwas Wichtiges?« Ich betrachte die Post-its, ohne sie wirklich zu sehen.

»Steve hat angerufen wegen der Präsentation morgen, und dann war da ein gewisser Ben.«

»Ben wer?«

»Einfach nur Ben. Er meinte, Sie wüssten Bescheid.«

Niemand nennt sich »einfach nur Ben«. Bestimmt ist es ein vorwitziger Student, den ich bei einem meiner Vorträge kennengelernt habe und der jetzt einen Fuß in die Tür bekommen möchte. Dazu bin ich jetzt wirklich nicht in der richtigen Stimmung.

»Okay. Nun. Ich werde meine Präsentation noch mal durchgehen.« Hektisch und wahllos klicke ich an meiner Maus herum, bis Kayla geht. Zähne zusammenbeißen. Weitermachen. Weiter, weiter, weitermachen.

Das Telefon klingelt, und ich nehme es mit großer Geste.

»Charlotte Graveney.«

»Lottie! Ich bin’s!«

Ich ringe den Drang nieder, sofort wieder aufzulegen.

»Oh, hi, Fliss.« Ich schlucke. »Hi.«

»Und wie geht es dir?«

Ich kann den frotzelnden Unterton in ihrer Stimme hören und verfluche mich bitterlich. Ich hätte ihr nie im Leben vom Restaurant aus eine Nachricht schicken sollen.

Es macht nur Druck. Schrecklichen Druck. Warum musste ich meiner Schwester je mein Liebesleben anvertrauen? Warum habe ich überhaupt jemals erzählt, dass ich mit Richard zusammen war? Ganz zu schweigen davon, die beiden einander vorzustellen. Oder dass ich irgendetwas von einer Hochzeit angedeutet habe.

Sollte ich jemals wieder einen Mann kennenlernen, verrate ich niemandem irgendwas davon. Nix. Nada. Erst wenn wir zehn Jahre glücklich verheiratet sind und drei Kinder in die Welt gesetzt und unseren Treueschwur erneuert haben. Dann, und erst dann werde ich Fliss eine Nachricht schicken mit den Worten: »Soll ich dir was erzählen? Ich habe jemanden kennengelernt! Er scheint ganz nett zu sein!«

»Oh, mir geht es gut.« Ich bringe einen fröhlichen, sachlichen Ton zustande. »Und dir?«

»Bei mir ist alles prima. Also …?«

Sie lässt die Frage in der Luft hängen. Ich weiß genau, was sie meint. Sie meint: Also, trägst du nun einen fetten Diamantring und trinkst Bollinger auf dein Wohl, während Richard in einer traumhaften Hotelsuite an deinen Zehen nuckelt?

Wieder spüre ich einen scharfen Stich. Ich ertrage es nicht, darüber zu sprechen. Ich halte ihr Mitgefühl nicht aus. Such ein anderes Thema! Irgendeins. Schnell!

»Also. Jedenfalls …« Ich versuche, unbeschwert zu klingen. »Jedenfalls. Mh. Ich habe gerade mal so überlegt. Vielleicht sollte ich diesen Magister in Wirtschaftswissenschaft doch noch machen. Du weißt ja, dass ich das schon immer wollte. Ich meine, worauf warte ich eigentlich? Ich könnte mich an der Birkbeck bewerben und meinen Abschluss in meiner freien Zeit machen. Was meinst du?«

2

Fliss

Oh Gott. Ich könnte heulen. Ich weiß nicht wieso, aber es ist schiefgegangen.

Immer wenn eine von Lotties Beziehungen zu Ende geht, fängt sie sofort davon an, dass sie studieren will. Es ist wie ein Pawlowscher Reflex.

»Vielleicht könnte ich sogar meinen Doktor machen, weißt du?«, sagt sie mit dem Hauch eines Bebens in der Stimme. »Vielleicht zu Recherchen ins Ausland.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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