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Durchsetzungsstärke ist eine Kombination aus unterschiedlichen Kompetenzen: Persönlichkeit, Kommunikationsfähigkeit und Auftreten. In diesem TaschenGuide lernen Sie Schritt für Schritt, wie Sie zum einen konstruktive Einstellungen zu sich selbst und anderen entwickeln und Ihre Kräfte bündeln. Sie erfahren zum anderen, wie Sie souverän kommunizieren und in Gesprächen strategisch vorgehen. Und Sie üben, wie Sie sich gut verkaufen und Ihren Marktwert steigern. Zahlreiche Checklisten und Übungen unterstützen Sie dabei. Damit sind Sie auf dem besten Weg zur Durchsetzung Ihrer persönlichen Ziele. Inhalte: - Das kleine Einmaleins für Ihre Durchsetzungsfähigkeit - Wie Sie Ihre Persönlichkeit stärken - Wie Sie in der Kommunikation mit anderen überzeugen - Wie Sie Ihre Wirkungskraft verstärkenTrainingsteil: - Machen Sie sich stark! - Der Ton macht die Musik - Was tun, wenn Ihr Gegenüber nicht mitspielt - Ihr tägliches Trainingsprogramm
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Seitenzahl: 214
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Haufe Lexware GmbH & Co KG
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnd.de abrufbar.
Susanne Dölz, Carmen Kauffmann:
Sich durchsetzen
4. Auflage 2023
© 2023, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
haufe.de
Redaktion: Jürgen Fischer
Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.
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Ob in Teams und Projekten, bei Mitarbeitern und Vorgesetzten, bei Kunden und Geschäftspartnern – wer hat nicht das Bedürfnis, souverän zu agieren, angemessene Anerkennung zu bekommen und seine eigenen Interessen zu verwirklichen kurz, sich durchzusetzen? Aber wie?
Vielleicht haben Sie auch schon die Erfahrung gemacht, dass gute Ratschläge und simple Patentrezepte hier nicht greifen. Denn Durchsetzungsstärke ist eine Kombination aus vielschichtigen Kompetenzen, die Persönlichkeit, Kommunikationsfähigkeit und Auftreten gleichermaßen betreffen.
In diesem TaschenGuide lernen Sie Schritt für Schritt, wie Sie erstens konstruktive Einstellungen zu sich selbst und anderen entwickeln und Ihre Kräfte bündeln, wie Sie zweitens souverän kommunizieren und in Gesprächen strategisch vorgehen, wie Sie drittens sich gut verkaufen und Ihren Marktwert steigern. Damit sind Sie auf dem besten Weg zur Durchsetzung Ihrer persönlichen Ziele. Zahlreiche Checklisten und Übungen unterstützen Sie dabei.
Susanne Dölz
Noch ein Hinweis: Wenn von Gesprächspartnern, Mitarbeitern usw. die Rede ist, geschieht dies zugunsten der besseren Lesbarkeit und Textkürze. Selbstverständlich sind immer alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen.
Was bedeutet es, sich durchzusetzen? Etwa, die Ellenbogen zu gebrauchen? Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sind wichtig?
Im folgenden Kapitel lesen Sie,
welche Faktoren wichtig sind, um sich durchzusetzen, wie es um Ihre eigene Durchsetzungsfähigkeit steht.Sind Sie auch der Ansicht, dass fachliche Kompetenz und gute Arbeitsleistungen die Garantie für Ihren beruflichen Erfolg sind? Falsch! Denn immer mehr qualifizierte Fach- und Führungskräfte drängeln sich mit genau diesen »Zutaten« in der Arbeitswelt. Deshalb kommt es in Zukunft darauf an, sich im Gewusel der Mitbewerber durchzusetzen: durch souveränes Auftreten, gekonnte Kommunikation und gute Beziehungen zu anderen Menschen im beruflichen Umfeld. Erst dann haben Ihre fachlichen Qualitäten eine gute Chance, von anderen bemerkt und anerkannt zu werden.
Ob Sie nun als Angestellter arbeiten oder selbstständig sind: Sie sind gefordert, sich und Ihre Leistungen immer wieder in eine Gewinnerposition zu bringen – in wechselnden Teams und Projekten, bei neuen Vorgesetzten und Arbeitgebern, bei potenziellen Kunden und Geschäftspartnern.
Doch was ist dabei die beste Strategie? Immer-nett-sein bringt Sie ebenso wenig auf die Gewinnerseite wie unfaire Kampfhandlungen. Im ersten Fall nimmt man Sie und Ihre Belange nicht wirklich ernst (und Sie sich selbst auch nicht), im zweiten Fall müssen Sie mit Vergeltungsmaßnahmen der Unterlegenen rechnen.
[9]Durchsetzungsfähigkeit bedeutet, die eigenen Interessen und Ziele zu kennen und angemessen zu verwirklichen. Im Idealfall, ohne die Qualität der sozialen Beziehungen nachhaltig zu beeinträchtigen. Ein Balanceakt, den Sie zwischen Abgrenzung von anderen und Kooperation mit anderen vollbringen müssen.
Sich mit den eigenen Ideen, Talenten, Fähigkeiten und Zielen durchzusetzen, steigert nicht nur Ihre Wettbewerbsfähigkeit – es bringt Ihnen auch Spaß und Lebensfreude.
Was sind nun Erfolg versprechende Faktoren für Ihre Durchsetzungskraft? Prüfen Sie anhand der Checkliste, wo Soll und Haben bei Ihrer Durchsetzungsfähigkeit liegen.
Dieser TaschenGuide unterstützt Sie dabei, Ihre Durchsetzungsfähigkeit systematisch zu verbessern. Optimierungshilfen zu den einzelnen Faktoren erhalten Sie in dem angegebenen Oberkapitel.
Einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu mehr Durchsetzungskraft: Entwickeln Sie den Mut, sich selbst, Ihre Leistungen und Stärken sowie Ihre Wünsche und Bedürfnisse anzuerkennen und Ihre Ziele klar zu formulieren.
Im folgenden Kapitel lesen Sie,
wie Ihre Einstellung zu Ihnen selbst Ihre Durchsetzungsfähigkeit beeinflusst, warum es wichtig ist, dass Sie Ihre Wünsche und Bedürfnisse wichtig nehmen, was Ihnen eine positive Einstellung gegenüber anderen bringt, wie Sie sich durch klare Ziele motivieren und für die Veränderung entscheiden.Der Ausgangspunkt für Ihre Durchsetzungskraft ist eine gesicherte Selbstachtung – sonst stehen Sie sich durch Hemmungen und Blockaden selbst im Weg. Selbstachtung und Selbstwertgefühl zeigen sich in bestimmten Einstellungen, die sich auf Ihr Verhalten förderlich auswirken. Diese Einstellungen sind:
sich als Mensch wertvoll fühlen mit dem Recht, eigene Interessen zu verwirklichen, sich selbst vertrauen, Ziele durch die eigenen Fähigkeiten und Potenziale erreichen und Schwierigkeiten meistern zu können, Glück und Erfolg für sich in Anspruch nehmen und genießen zu dürfen.Mangelnde Selbstachtung führt zu Problemen, wenn Sie sich durchsetzen wollen. Je nach Situation entsteht eine innere Haltung der »Übersicherheit« oder »Untersicherheit«.
UntersicherheitÜbersicherheitführt zu Fluchttendenz: das Feld räumen sich selbst abwerten ängstlich sein eigene Interessen bagatellisieren eigene Interessen denen anderer unterordnen harmonisierenführt zu Aggressionstendenz: andere dominieren und nieder-walzen andere verletzen, beleidigen, abwerten egozentrisch sein überheblich sein ausschließlich eigene Interessen verfolgen[13]Mit diesen Haltungen sind Ihren Durchsetzungsbemühungen keine (dauerhaften) Erfolge beschieden! Schauen wir also, wie Sie Ihre Selbstachtung festigen und eine Haltung der konstruktiven Selbstbehauptung entwickeln können.
»Ich bin der wichtigste Mensch für mich!« Was denken und fühlen Sie, wenn Sie einen solchen Satz lesen? Die meisten reagieren verschämt, als hätte man sie bei etwas Verbotenem ertappt. Denn dieser Satz stellt alles auf den Kopf, was die meisten von uns seit ihrer Kindheit gelernt haben: Wir dürfen uns selbst nicht zu wichtig nehmen. Oder etwa doch?
Haben Sie auch schon als Kind gelernt, dass Sie die Interessen der anderen höherstellen sollten als Ihre eigenen? Das Urteil der anderen (besonders über Sie selbst) ernster nehmen als Ihr eigenes? Beliebte Aussagen: Was wird die Lehrerin/Tante Hilde sagen, was sollen die Nachbarn denken? Verbreitete Spruchweisheiten spiegeln diese Lehren aus der Kindheit wider: Eigenlob stinkt! Hochmut kommt vor dem Fall! Dummheit und Stolz wachsen auf dem gleichen Holz!
Den ersten Schritt zur Durchsetzungsfähigkeit machen Sie, wenn Sie sich und Ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Doch gerade das fällt vielen schwer. Denn schwächende Botschaften aus der Kindheit wirken oft unbewusst bis ins Erwachsenenalter. Eltern, Großeltern, [14]Lehrer und andere Bezugspersonen vermitteln sie verbal oder durch bestimmte Verhaltensweisen. Manche dieser Botschaften halten uns klein. Andere stellen unrealistisch hohe Ansprüche an uns, und wir fühlen uns wertlos, solange wir sie nicht erfüllen.
Beispiele für schwächende Botschaften, die klein machenSei nicht immer so vorlaut!Du lernst das nie und nimmer!Stell dich nicht immer so an.Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.Kinder, die was wollen, kriegen was auf die Bollen.Gib mir bloß keine Gegenworte!Sei still, wenn ein Erwachsener etwas sagt.Stell dich nicht so in den Mittelpunkt.Beispiele für schwächende Botschaften, die überfordernEin Indianer kennt keinen Schmerz.Du bist doch die Große, sei vernünftiger als dein Bruder.Sei ruhig und reiß dich zusammen, du schaffst das schon.Bist du ein Junge oder ein Angsthase?Du solltest immer besser sein als die anderen.Man muss anderen immer helfen.Übung: Was mich noch heute schwächt
Erinnern Sie sich, wie das war, wenn Sie als Kind Ihre Wünsche und Bedürfnisse durchsetzen wollten? Welche negativen Reak[15]tionen wichtiger Bezugspersonen kommen Ihnen in den Sinn? Mit welcher zentralen Botschaft verknüpfen Sie diese Reaktionen? Schreiben Sie Ihren »Niedermacher« auf. Überlegen Sie: Wie haben Sie als Kind darauf reagiert, innerlich und äußerlich? Welche Ihrer heutigen Gefühle, Gedanken, Verhaltensweisen können Sie auf diese Botschaft zurückführen? (nach Asgodom)
Kinder glauben, was die Erwachsenen sagen. Doch als Erwachsene sind Sie in der Lage, diese Botschaften als das zu enttarnen, was sie sind: destruktive Maßregeln und Vorschriften, die Ihrer Persönlichkeit, Ihren Eigenarten und Bedürfnissen nicht gerecht werden. Auch wenn manche davon sogar gut gemeint waren. Treffen Sie eine Neuentscheidung für Ihr Erwachsenenleben: Entwickeln Sie Gegenbotschaften und Erlaubnissätze, die Ihre Gefühle, Wünsche und Interessen respektieren!
Beispiele für Gegenbotschaften und ErlaubnissätzeIch bin in Ordnung, auch wenn ich Fehler mache.Ich darf sagen, was mir wichtig ist.Ich brauche nur das zu essen, was mir schmeckt.Ich darf in meinem Tempo lernen und schaffe es.Ich bin o.k., auch wenn ich mich schwach fühle.Ich gebe mein Bestes, und ich bin gut, so wie ich bin.Ich darf »nein« sagen.Ich bin o.k., auch wenn andere mich nicht nett finden.[16]Übung: Meine Gegenbotschaften
Schauen Sie sich Ihre schwächende Botschaft an. Formulieren Sie sie um in eine positive Botschaft oder Erlaubnis. Achten Sie darauf, dass Ihre Gegenbotschaft keine negativ besetzten Wörter enthält, denn sonst konzentriert sich Ihr Unterbewusstsein auf genau diesen Aspekt (Beispiel: Statt »Ich habe keine Angst« sagen Sie also besser »Ich bin mutig, zuversichtlich, sicher« o. Ä.). Vermeiden Sie aus diesem Grund auch die Worte »nicht«, »kein«, »aber«.
Nehmen Sie sich Zeit, bis Sie eine Ihnen angenehme Formulierung gefunden haben. Schreiben Sie Ihre Gegenbotschaft auf einen neuen Zettel und bewahren Sie ihn auf. Zerreißen Sie mit Entschiedenheit den Zettel mit der schwächenden Botschaft. Regisseur in Ihrem Leben sind nun Sie selbst!
Wenn Sie Ihre inneren Barrieren überwinden und sich durchsetzen wollen, müssen Sie von Ihrer eigenen Person und Ihren Qualitäten überzeugt sein. Zum einen wirkt sich diese Überzeugung auf Ihre Ausstrahlung aus, auf Ihre verbalen und körpersprachlichen Verhaltensweisen. Zum anderen fördern Sie damit Ihr Selbstwertgefühl und müssen sich nicht bereits vor sich selbst schämen, dass Sie Ihre Wünsche und Interessen für durchsetzungswert halten.
Viele Menschen haben geradezu Angst, ihre eigenen Qualitäten und Stärken zu formulieren, geschweige denn vor anderen auszusprechen. Denn sie befürchten, als überheblich und arrogant zu gelten, egozentrisch zu sein, die Zuwendung der anderen zu verlieren und als Person abgelehnt zu werden. Deshalb machen sie sich lieber selber klein.
Beispiel: Kennen Sie ähnliche Reaktionen?Sylvia Jäger, Firmenkundenbetreuerin einer Bank, hat einen neuen Großkunden an Land gezogen. Als ihr Vorgesetzter sie beim Meeting deswegen vor versammelter Runde lobt, wiegelt sie ab. »Dafür werde ich ja bezahlt, das ist doch nichts Besonderes«, meint sie bescheiden lächelnd, während sie mit ihrem Blick den vor ihr liegenden Ordner hypnotisiert. »Außerdem habe ich diesmal Glück gehabt.«Immerhin geht sie zur Feier des Tages mit ihrer Freundin Melanie schick essen. »Tolles Kostüm!«, bewundert Melanie Sylvias Outfit. »Hast du dir das von der Provision geleistet?« »Das hab ich schon länger, war gar nicht so teuer«, antwortet Sylvia.Doch die Verkleinerungstaktik rächt sich irgendwann. Kein Mensch hat wirklich Lust, sich auf Dauer als graue Maus zu verkleiden und auf den Glanz persönlicher Erfolge zu verzichten. Wenn Sie das natürliche Bedürfnis nach Anerkennung der eigenen Person, Ihrer Fähigkeiten und Leistungen nicht offen ausleben, geht es in den Untergrund. Es versucht dann, auf indirektem Weg zu ernten, was ihm zusteht. Möglicherweise werden Sie dann wirklich unausstehlich, unkollegial, intrigant. Warum sollten Sie auch anderen Sahnetorte gönnen, wenn Sie selbst auf Zwangsdiät sind?
[18]Wenn Sie sich also mit einer Haltung der konstruktiven Selbstbehauptung durchsetzen wollen, müssen Sie sich erst einmal selbst anerkennen! Nur dann können Sie Ihre schwächeren Seiten akzeptieren: »Ich bin o.k., so wie ich bin!«
Übung: Ich bin gut!
Konkretisieren Sie Ihr persönliches Stärken-Profil – denn Eigenlob stinkt nicht! Denken Sie an alle positiven Dinge, die Sie im Leben erreicht, an alle Schwierigkeiten, die Sie gemeistert haben. Welche persönlichen Qualitäten haben Ihnen dabei geholfen? Schreiben Sie eine Liste, mit der Sie sich immer wieder daran erinnern können!
Persönliche Anerkennungsliste
Positives in meinem LebenMein Beitrag dazuIch habe 3 Jahre im Schulorchester mitgespielt und viele öffentliche Auftritte absolviert.Ich bin musikalisch, kann gut mit anderen zusammenarbeiten, bin mutig beim Auftreten vor anderen.Ich habe Schule und Ausbildung mit guten Noten abgeschlossen.Ich bin zielorientiert und kann mich selber motivieren.Ich habe Freunde, die mich mögen.Ich bin ein liebenswerter Mensch, bin offen und kann gut zuhören.Ich habe ein gutes Familienleben.Ich kann Liebe geben und nehmen. Ich nehme mir Zeit für gemeinsame Aktivitäten. Wenn es Probleme gibt, habe ich ein offenes Ohr.Ich bin innerlich meistens ausgeglichen.Ich sorge dafür, dass ich selbst nicht zu kurz komme.Wenn Sie sich durchsetzen wollen, verfolgen Sie immer einen bestimmten Zweck: Es geht darum, eigene wichtige Interessen zu verwirklichen. Hinter Ihren Interessen stecken persönliche Wünsche und Bedürfnisse. Wenn Sie sich also zielgerecht und mit der angemessenen Strategie durchsetzen wollen, müssen Sie Ihre Wünsche und Bedürfnisse kennen. Banal? Keinesfalls, wie das folgende Beispiel zeigt.
Beispiel: Die selbst gemachte TretmühleChristian Bauer wird immer unzufriedener in seinem Beruf als Personalreferent. Am Ende jedes Arbeitstages fühlt er sich ausgelaugt; er hangelt sich nur noch von Wochenende zu Wochenende. Neben seinem Tagesgeschäft engagiert er sich für zwei prestigeträchtige und arbeitsintensive Projekte. Dabei muss Christian Berge von Daten erheben und auswerten. Das ödet ihn zwar ziemlich an, aber er glaubt, dass er seine Karriere gefährdet, wenn er diese Projekte nicht zur Profilierung nutzt. Im beruflichen Umfeld reagiert Christian zunehmend aggressiv. Erst kürzlich ist er in einem Meeting regelrecht ausgerastet, als ein Kollege einige Daten in Frage stellte. Sein Vorgesetzter bezweifelt langsam, ob Christians soziale Kompetenz den Anforderungen seiner Position entspricht.Ein Versager? Ein Karriere-Rambo? Nein, nur jemand, der nicht gut für sich selber sorgt, weil er den Kontakt zu seinen Bedürfnissen verloren hat. Wie viele Menschen. Entweder sind sie damit beschäftigt, die Erwartungen anderer (auch in Form schwächender Botschaften) zu erfüllen, oder sie hängen überhöhten Idealen nach, denen sie alles andere unterordnen.
[20]BeispielEigentlich hatte Christians Karriere vielversprechend angefangen. Zu Beginn seiner Tätigkeit hatte er häufig als interner Kommunikationstrainer gearbeitet, was ihm viel Spaß gemacht hat. Denn eigentlich ist er sehr kontaktfreudig und offen. Sein Interesse an psychologischen Fragen und das positive Feedback seiner Seminarteilnehmer bestärkten ihn in seinem Entschluss, sich als interner Coach zu qualifizieren. Als sein Vater davon hörte, setzte er Christian gehörig zu: »Mach lieber was Vernünftiges, nicht diesen Psychoquatsch. Das Gesülze ist was für Öko-Stricklieseln, keine Leistung.« Schließlich glaubte Christian selbst, dass er sich lieber auf Zahlen, Daten, Fakten konzentrieren sollte. Er verdrängte, dass er immer schlechter schlief und bereits morgens Magenkneifen bekam, wenn er an seine Arbeit dachte. Statt sein Gefühl ernst zu nehmen, verzichtete Christian aufs Coachen und spezialisierte sich auf Vergütungssysteme.Dauerhaft gegen die eigenen Bedürfnisse zu handeln, heißt, auf ureigenste Interessen zu verzichten. Das führt mittelfristig zu Stressreaktionen und Unzufriedenheit, langfristig zu psychischen und körperlichen Beschwerden. Verschärft wird diese Entwicklung durch vermeintliche Lösungsstrategien nach dem Muster »Mehr-vom-Selben«.
BeispielAuch im privaten Bereich läuft es nicht mehr. Christian ist meistens zu erschöpft, um abends oder am Wochenende noch viel zu unternehmen. Das Engagement in den Projekten frisst zusätzlich Freizeit. Sein Freundeskreis fragt immer seltener an, ob Christian in die Kneipe oder ins Kino mitkommt, da er doch meistens nein sagt. Christian spürt, dass andere auf Distanz gehen, und ist frustriert. »Bloß nichts anmerken lassen. Denen werde ich es noch zeigen!«, denkt er sich, klotzt im Job noch mehr ran und gibt sich im Kontakt mit anderen betont cool. Ein Teufelskreis beginnt.[21]Kommen Sie daher Ihren Bedürfnissen auf die Spur, wenn Sie sich erfolgreich durchsetzen wollen. Für viele Menschen ist es jedoch gar nicht so einfach, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu benennen. Vielleicht hilft Ihnen die Bedürfnispyramide weiter.
Unsere Bedürfnisse sind unsere Triebfeder zum Handeln. Auch wenn die Bedürfnisse jedes Menschen unterschiedlich strukturiert sind, so gilt doch ein Prinzip: Erst wenn wir auf einer unteren Stufe der Bedürfnispyramide weitgehend zufrieden sind, können wir uns der nächsten zuwenden. Wir können keine Stufe überspringen, ohne einen Mangel in diesem Lebensbereich zu spüren.
BeispielMelanie Peters könnte eigentlich zufrieden sein: Das Studium und damit die Zeiten schmaler Geldbeutel und leerer Kühlschränke sind vorbei! Sie hat eine sichere Stelle und ein regelmäßiges Einkommen. Nun will sie erst mal Karriere machen in einem Job, der ihr Spaß macht. Dafür ist sie in eine andere Stadt gezogen. Für ihre neue Wohnung hat sie sich endlich das Designersofa geleistet, von dem sie schon immer geträumt hat. Doch wenn sie jetzt nach einem anstrengenden Arbeitstag abends auf ihrem Sofa sitzt, fühlt sie sich trotz allen Erfolgs irgendwie traurig. Die vertrauten Freunde und offenen Gespräche fehlen ihr.[22]Die Bedürfnispyramide
Bedürfnisse verändern sich: Bedeutet Sicherheit in jungen Jahren, überhaupt eine Wohnung zu haben, so kann später das Bedürfnis nach einem eigenen Haus erwachsen. Auch die aktuelle Lebenssituation hat Einfluss darauf, welche Stufe gerade im Vordergrund steht.
Übung: Meine Bedürfnispyramide
Zeichnen Sie Ihre persönliche Pyramide mit leeren Feldern. Überlegen Sie, wie weit Ihre Bedürfnisse auf jeder Stufe erfüllt sind bzw. wo nicht. Füllen Sie das Feld entsprechend mit schraffierten Strichen mehr oder weniger aus (z. B. zu 10, 50, 100 %). Wie wirkt Ihre Pyramide auf Sie? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie für sich? Welche Bereiche sind für Sie befriedigend? [23]In welchen Bereichen könnten Sie mehr für Ihre Zufriedenheit tun? Auf welche Weise?
Oft führen die mehr oder weniger unbewussten Versuche, unsere Bedürfnisse zu befriedigen, genau zum Gegenteil: Der Lösungsversuch verschärft das Problem (vgl. oben »Die selbst gemachte Tretmühle«). Wenn Sie sich durchsetzen wollen, ist also bewusstes Vorgehen in folgenden Schritten gefragt:
12 Schritte zur Befriedigung von Bedürfnissen
Was sind Ihre grundlegenden Wünsche und Bedürfnisse? In welchen beruflichen und/oder privaten Lebensbereichen wollen Sie diese Bedürfnisse verwirklichen? Wie zufrieden sind Sie derzeit mit dem Erfüllungsgrad dieser Bedürfnisse? Stufen Sie Ihre Zufriedenheit für jedes Bedürfnis auf einer Skala von 1 (= katastrophal) bis 10 (= ideal) ein. Woran würden Sie erkennen (an sich selbst, an Ihrer Umwelt), dass Ihre Bedürfnisse in idealer Weise erfüllt sind? Was wäre für Sie ein Erfüllungsgrad, den Sie schon ganz in Ordnung fänden? Stufen Sie die angestrebte Zufriedenheit wieder auf einer Skala von 1–10 ein. Was davon können Sie realistisch bekommen?[24] Haben Sie dieses Ziel schon einmal erreicht, wenn vielleicht auch nur annähernd? Was haben Sie damals gemacht oder dazu beigetragen? Welche Maßnahmen wollen Sie heute dazu unternehmen? Was hindert Sie noch daran? Was brauchen Sie also noch als Unterstützung? Wie wollen Sie sich diese Unterstützung sichern? Was werden nun Ihre ersten Schritte sein?Viele Menschen versuchen sich durchzusetzen, indem sie andere klein machen und unter Druck setzen. Der Erfolg ist meist nur kurzfristiger Natur. Denn Druck erzeugt Gegendruck. Ihr eigenes Verhalten ist immer eine »Einladung« an Ihren Handlungspartner, auf eine bestimmte Weise zu reagieren. So haben Sie selbst entscheidenden Anteil daran, wie Gespräche mit großer Wahrscheinlichkeit verlaufen. Oder wie der Volksmund sagt: »Wie du kommst gegangen, so wirst du auch empfangen«.
Wenn Sie sich langfristig durchsetzen wollen, müssen Sie andere Menschen für Ihre Ziele und Belange gewinnen. Es liegt auf der Hand, dass Ihnen das kaum gelingt, wenn Sie Ihre Handlungspartner in eine 0haltung bringen. Genau das passiert aber, sobald Sie den anderen abwerten und sein Selbstwertgefühl angreifen.
[25]Beispiel: Der Kunde als Feind?Dirk Schütze hat vor drei Monaten einen Firmen-Kopier-Service eröffnet. Anfangs ist er auch kleineren Kunden auf deren Anfrage mit Preisen und Service sehr entgegengekommen. Denn er hat sich nicht getraut, auch mal »nein« zu sagen, um Kunden nicht zu verlieren. Doch nun will Dirk Schütze endlich eine Grenze setzen. Als nun wieder ein kleinerer Kunde nach Sonderkonditionen fragt, entgegnet Dirk schroff: »Bei Ihrem bisschen Umsatz?! Wenn da jeder meint, er bekommt wegen ein paar Kopien schon Rabatte und Frei-Haus-Lieferung, muss ich bald noch Geld mitbringen.« Ob der Kunde Ohren und Herz für solche Argumentation offenhält?Ihr persönliches Verhalten spiegelt, was Sie denken und fühlen. Sich erfolgreich durchsetzen heißt also, nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen zu akzeptieren und wichtig zu nehmen. Das ist eine Frage der Grundposition. Es gibt vier solcher grundlegenden Einstellungen.
Ich bin o.k., du bist nicht o.k. (+/–)
Ich bin völlig in Ordnung, aber dir ist nichts Gutes zuzutrauen. Wenn es Schwierigkeiten gibt, ist das deine Schuld. Ich werde dir schon zeigen, wo dein Platz ist und wer hier das Sagen hat. [26]Wenn du nicht wärst, hätte ich keine Probleme, und das werde ich dich deutlich spüren lassen.
Ich bin nicht o.k., du bist o.k. (–/+)
Du bist sowieso stärker als ich. Da kann ich auch sofort machen, was du willst. Meine Wünsche und Forderungen halte ich erst mal zurück. Sag du mir, wie es weitergeht. Dann brauche ich mich auch nicht mit dir und »dem Problem« auseinanderzusetzen.
Ich bin nicht o.k., du bist nicht o.k. (–/–)
Wozu soll ich überhaupt Energie in die Sache investieren, es hat doch sowieso keinen Sinn. Ich werde nie etwas erreichen, schon gar nicht mit jemandem wie Dir. Es ist mir egal, was bei unserem Kontakt herauskommt.
Ich bin o.k., du bist o.k. (+/+)
Wir sind gleichwertige Partner, und ich akzeptiere Dich, auch wenn du anderer Meinung bist. Ich setze mich für meine Ziele und Interessen ein und respektiere, dass du eigene Ziele und Interessen hast. Ich werde versuchen, mit dir gemeinsam eine Lösung zu beiderseitigem Vorteil zu finden.
(nach Eric Berne und nach Thomas A. Harris)
Ihre Grundposition beschreibt den Wert, den Sie sich und anderen beimessen. Sie wirkt sich wie ein Filter auf Ihr Denken, Fühlen und Handeln aus und beeinflusst, wie Kontakte und Beziehungen verlaufen.
Spielen Sie das Gespräch über die Arbeitsverteilung in Gedanken mit jeder Grundhaltung durch. Was vermuten Sie: Welchen [27]Verlauf wird das Gespräch mit dem Kollegen jeweils nehmen? Wenn Sie sich erfolgreich durchsetzen wollen, ohne Beziehungen nachhaltig zu beschädigen, müssen Sie die Grundposition »Ich bin o.k., du bist o.k.« leben. Das hat nichts mit naiver Sozialromantik zu tun, sondern bedeutet
sich selbst und andere mit Licht- und Schattenseiten zu akzeptieren, sich selbst zu vertrauen und sich für die eigenen Belange einzusetzen, anderen zu vertrauen, solange es keinen triftigen und gravierenden Grund dafür gibt, es nicht zu tun.Wie können Sie nun eine solche Grundeinstellung erlangen, damit Sie sich erfolgreich durchsetzen können? Die folgenden Übungen helfen Ihnen dabei. Die erste richtet sich an Leser, die bevorzugt analysierend an Themen herangehen, die zweite ist für Leser gedacht, die gerne mit bildhaften Vorstellungen arbeiten. Oder probieren Sie beide!
Übung: Meine persönliche Grundposition
(ein eher analytisch-rationales Verfahren)
Denken Sie an eine Situation, in der Sie sich durchsetzen woll(t) en und mit einer Person zu tun haben, zu der Ihr Verhältnis nicht ganz unbelastet ist. Schreiben Sie auf:
Welche Einstellung haben Sie zu dieser Person? Welche Einstellung haben Sie sich selbst gegenüber?[28] Wie zeigt sich das in Ihrem Denken, Fühlen und Verhalten? Wie wirkt sich das vermutlich auf den Erfolg Ihrer Absichten aus?