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Sienna erlebt spannende Welten in der Ewigkeit, im Himmel. Dieses Buch ist einerseits in Romanform gehalten: 4 verschiedene Personen schildern ihre Nahtoderlebnisse (NTE) und Reisen zum Himmel. Zusätzlich finden sich im Buch Themenkapitel, welche erläutern, was die unsichtbare Welt ist oder sein könnte. Und welche Rückschlüsse wir anhand von Aussagen aus der Bibel und von christlichem Gedankengut ziehen können. Begib dich beim Lesen dieses Buches auf eine spannende Reise! www.sienna-buch.com
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Seitenzahl: 212
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Das Verlassen dieser Erde in Richtung Paradies
Unterschätze nicht den Einfluss, den du auf deine eigene Zukunft hast.
Vorwort
A Thema: Nahtod-Erfahrung
1 Engel auf meinem Balkon
2 Flug über Zürich
3 In Highspeed durchs All
4 Sienna
B Thema: Engel
C Thema: Dämonen und Geistwesen
5 Rasen im Paradies
6 Wildblumen und Riesenbäume
7 Tiere im Paradies
D Thema: Tiere im Himmel
E Thema: Natur und Landschaften
8 Das spezielle Licht
9 Jesus
F Thema: Jesus
G Thema: Jesus’ Augen
10 Ich besuche Gebäude und Menschen
11 Familie, Freunde und Ethnien
H Thema: Soziale Strukturen im Himmel
I Thema: Hallen, Gebäude und Bücher
J Thema: Tätigkeiten und Chillen im Paradies
K Thema: Zeiten und Zeitfenster
12 Die Engelsformation
13 Die ewige Stadt von außen
14 Die Tore in der Stadtmauer
15 Die Mauer der Stadt
L Thema: Die himmlische Stadt
16 Die ewige Stadt von innen
17 Timos Reise zum Thronsaal
M Thema: Der Thronsaal
N Thema: Cheruben, Serafen, Erzengel
O Thema: Gott-Vater und die Dreieinigkeit
18 Ich muss zurück und bin fremd hier
19 Mein Treffen mit Timo
20 Timo im Spital und seine Reise durch den Tunnel
21 Dunkelheit und das Welcome-Komitee
22 Timos Lebensrückblick
23 Cécile möchte schlafen
24 Azul am Verdursten
25 Azul sieht Blau
26 Galaxien
P Thema: Der Mensch auf der Erde und in der Ewigkeit
Q Thema: Wahrheit oder Wunschdenken?
Schlusswort
Meinungen zum Buch
Quellen
Die Ewigkeit – das ist ein wichtiges Thema. Was nach unserem Tod sein wird, ist von Bedeutung.
Demzufolge ergibt es Sinn, sich ab und zu mit diesem Thema zu beschäftigen.
Denn es prägt auch unser Leben im Hier und Jetzt.
Im Laufe der letzten Jahre haben sich in meinem Alltag Berichte, Erlebnisse, Erzählungen, Inputs zum Thema «Leben nach dem Tod» angesammelt und verdichtet. Die Frage, was in der – für uns jetzt noch – unsichtbaren Welt Realität ist oder sein könnte, diese Frage hat in meinem Leben an Raum gewonnen.
Es ist mir bewusst, dass es zu Nahtoderfahrungen schon einige Studien und viele Erlebnisberichte gibt, ebenso zu geistlichen Erfahrungen betreffs der Welt in jener «anderen» Dimension – vorwiegend allerdings im englischsprachigen Raum, da der Umgang mit diesem Thema dort oft unverkrampfter ist und man sich deshalb mehr damit auseinandersetzt.
Wozu nun dieses Buch?
Die Themen-Kapitel bieten Überlegungen und Bibelstudien zum Thema; sie sind sozusagen die «Theorie» zu den Erlebnisberichten – Deutung, Erklärungen, Überlegungen, Möglichkeiten. Diese Kapitel weisen seitlich eine Linie auf zur Unterscheidung vom Romantext.
Der Hauptteil des Buches ist jedoch in Romanform gehalten. Hier sind kurze Einblicke aus meiner eigenen Erfahrung eingewoben in die Erzählung aus Erlebnisberichten vieler Menschen – wie ein Destillat, das ich aus all dem gewonnen habe.
Sienna und Timo, Cécile und Azul: Die Personen, die hier ihre Erlebnisse schildern, sind keine realen Menschen. In ihre Erzählungen habe ich Berichte einfließen lassen, die mir glaubhaft vorkommen – glaubhaft, weil ich vieles davon mehrfach in ähnlicher Form gehört habe. Ich habe sie zu einem Bild (oder Puzzle) zusammengesetzt und ergänzt, damit es einen sinnvollen Handlungsstrang ergibt. Viel Spaß beim Lesen und Sinnieren!
Wenn man sich fragt, wie denn der Himmel wohl aussieht oder aussehen könnte, ist das oft ein «Tappen im Dunkeln». Aber nicht nur. Mich fasziniert die Tatsache, dass viele Nahtoderlebnisse und oft auch geistliches «Entrücktsein» sich decken mit den Erlebnissen, die einige Menschen schon vor Jahrtausenden oft recht detailliert beschrieben haben und die wir heute noch in der Bibel lesen können. Solche Texte scheinen mir nun auf einmal einen Sinn zu ergeben, gerade als hätte ich jetzt endlich das passende Puzzleteil gefunden!
Vor Todeserlebnissen hat man Angst; geistliche Einblicke in eine andere Welt können verunsichern und verwirren. Ich selbst bin aber mehr und mehr begeistert davon, was uns noch erwarten könnte auf der anderen Seite des Vorhangs.
Es gibt inzwischen zahlreiche Berichte über Nahtod-Erfahrungen oder Nahtod-Erlebnisse, ich gebrauche im Buch dafür die Abkürzung «NTE». Auf Erfahrungen in einer anderen Welt wurde und werde ich aufmerksam auf unterschiedliche Weise. Die Bibel spricht ziemlich oft von der Ewigkeit, vom Paradies, von unserem Leben nach dem Tod und von dieser anderen Realität – als Überbegriff oft «der Himmel» genannt.
Im Englischen gibt es für «Himmel» zwei Wörter: sky für den meteorologischen Himmel und heaven für den Himmel an einem anderen Ort. Sind diese Welten dort real? Ist es ein geistlicher Ort und gleichzeitig ebenso reale Materie, nur in einer anderen Form als die Materie, die wir für unser Sonnensystem kennen?
Ich sammle Berichte von Menschen, die hierzu etwas erlebt haben. Ihre Erfahrungen kann man in vier Gruppen einteilen: Entrücktsein, Sterbeprozess, Depersonalisierung, spontane Erlebnisse.
A) «Entrücktsein»: Dies ist immer eine sehr intensive geistliche Erfahrung. Einige Erzähler/-innen wissen, dass sie in ihrem Körper hier vor Ort blieben und nur ihr inneres Ich (ihre Seele?) ein intensives, reales Erlebnis machte. Einige sind felsenfest überzeugt, dass sie währenddessen ihren lebenden Körper verlassen hatten und dieser natürliche Körper hier weiterlebte – inklusive Atmung und Hirnfunktionen –, ihr «wahres Ich» aber für eine gewisse Zeit sich an einem anderen Ort befand (zum Beispiel im Himmel) und dort einiges erlebte und meist auch mit geistigen Wesen kommunizieren konnte. Es ist möglich, dass jemand ohne große Vorbereitung, unerwartet und ohne zuvor körperlichen Schaden erlebt zu haben, in eine andere Welt genommen wird, etwa in einer Zeit intensiven Fastens.
B) Klassisches NTE: Während des Sterbeprozesses verlässt der Mensch (=die Seele, die Persönlichkeit) den Körper, in den letzten Stunden pendelt er mitunter sogar mehrfach hin und her; oder der Mensch wird manchmal als «klinisch tot» deklariert oder die Person befindet sich im Koma. Man sieht sich selber dann von außerhalb des eigenen Körpers; manchmal findet anschließend ein Sich-Entfernen vom Körper statt, oft beginnt dann eine «Tunnel-Erfahrung». Mehr dazu später.
C) In einem intensiven Trauma (Krieg, Missbrauch, Schmerzen) verlässt die Person (die Seele) den Körper, man nennt das auch «Depersonalisierung»: Das «Ich» befindet sich neben dem Körper oder in dessen Nähe und verlässt manchmal sogar den Raum, in dem sich der Körper befindet. Der Betroffene erlebt meist etwas Geistiges, oft Tröstendes; das Erlebnis kann aber auch verstörend und beängstigend sein.
D) Es kommt auch vor, dass jemand hier in dieser Welt besucht wird von einem Geistwesen wie einem Engel; dies geschieht öfter bei Nacht als am Tag. In der Bibel werden viele solche Begegnungen geschildert, das bekannteste Beispiel dafür ist die Weihnachtsgeschichte mit gleich mehreren Engelsbesuchen – Engel kommen zu Zacharias, zu Maria, zu Josef, zu den Hirten.
Ich reiße meine Augen auf: Da steht ein Engel! Eigentlich war ich gerade noch im Tiefschlaf; seine Gegenwart muss mich aufgeweckt haben, aber gründlich!
Er steht da, als wäre er schon eine Weile hier – in der offenen Balkontür, zum Fußende meines Bettes schauend. Er ist um einiges größer, als ein Engel in meiner Vorstellung sein könnte. Ich schätze ihn auf zwei Meter vierzig und irgendwie fühle ich mich durch seine Gegenwart geehrt. Positiv erschrocken. Natürlich bin ich aufgewühlt und hellwach, mehr als hellstwach – um genau zu sein.
Gekleidet ist er in ein Lichtgewand, das ist eher weißlich, etwas blaulila und mit Goldstich, der sich als leichtes Schimmern zeigt, wie eingewoben in das weiße Gewand. Sein Einteiler wirkt gestrickt – irgendwie aus lebendigem Licht: als wäre das Material durchzogen von einer feinsten Weihnachtsbeleuchtung, selbstschimmernd sozusagen.
Seine Gesichtszüge sind freundlich, aber ich kann mir gut vorstellen, dass er auch Anweisungen erteilen kann; dabei hat er wohl kein Problem damit, jemandem Respekt zu erweisen. Ich empfinde ihn als eher männlich, doch hat er ebenso neutrale und weibliche Züge und das alles in einer perfekten harmonischen Ausgewogenheit.
Seine Haare sind mittellang, leicht lockig – solche Haare wollte ich schon immer haben, nur ein bisschen dunkler. Sie sind honigfarben und wie sein Gewand selbstschimmernd von hellgoldenem Licht.
Die Augen hält er zunächst leicht gesenkt – vielleicht, um mich nicht zu erschrecken? Dann wendet sich sein Blick mir zu und ich bemerke in seiner Iris einen zarten lila Schimmer.
Kurz sehe ich sein Profil und denke: «Das ist irgendwie wie mein Nasenprofil – aber einfach schön, nicht so holprig wie meines …» Seine Nase ist lang und sanft gebogen: harmonisch und trotzdem sehr interessant.
Ja, er ist groß; aber seine Größe erschreckt mich nicht wirklich. Ich bin nur überrascht, welch stattliche Figur da vor mir steht – Engel habe ich mir immer so vorgestellt, dass sie etwa gleich groß sind wie wir Menschen, die Schutzengel von Kindern wesentlich kleiner.
Ich begreife, dass hier tatsächlich ein Engel vor mir steht und dass ich das nicht träume, und mein Puls geht hoch. Solch eine innere Wachheit und Klarheit habe ich bisher nicht gekannt! Mir ist, als wäre meine Gedankenwelt fähig, auf Turbo zu schalten: Intensiv und vielschichtig nehme ich alles wahr.
Jetzt blickt der Engel mich direkt an und sagt mit hörbarer Stimme:
«Sienna, du kannst mit mir mitkommen auf eine spannende Reise!»
Ich kann mich kaum sattsehen an ihm. Intuitiv weiß ich: Er kann mir vieles zeigen, was ich nicht verstehe oder noch nicht weiß oder bisher anders eingeordnet und beurteilt habe.
Mir wird klar, dass ich ihn bereits kenne: Er muss der Schutzengel sein, der mich schon so oft in meinem Leben beschützt hat, und er war da, wenn ich mich unverstanden fühlte oder einsam war. Ich weiß auch, dass er mich auf Reisen mehrmals aus gefährlichen Situationen ’rausgeholt hat – das ist mir in diesem Moment einfach klar. Nachfragen überflüssig! Auch in Zeiten, in denen ich intensiv gebetet hatte (das geschah selten genug), war er anwesend.
Gut, dass er kein Puppenstil-Engel ist, kein Stupsnasen-Engel – er ist ein echter Charakterengel! Und etwas Kämpferisches ist an ihm auch zu erahnen. Diese Mischung aus Reinheit, Stärke und Entschlossenheit löst in mir Ehrfurcht aus …
Ich bekomme «weiche Knie», doch weiß ich aus der Bibel, dass man Engel nicht anbeten soll; und im Grunde habe ich auch nicht das Bedürfnis danach. Dank seiner himmlischen Reinheit erreicht mich eine Kraft, die mich einerseits auf den Boden zu drücken scheint, gleichzeitig aber anzieht und mich innerlich vibrieren lässt.
«Musst du manchmal kämpfen?», frage ich ihn und erschrecke über meinen Mut und darüber, dass ich, statt ihm eine Antwort zu geben, mit einer Frage kontere. Beinahe, als wollte ich Zeit gewinnen auf seine Einladung hin.
«Ja, gar nicht so selten müssen wir das.»
In diesem Moment erkenne ich, dass draußen direkt am Balkongeländer rechter Hand noch ein Engel steht; er gleicht dem ersten Engel, wie Brüder sich gleichen. Dieser zweite Engel hat etwas markantere Gesichtszüge und seine Kleidung ist mehr metallen – aber ebenso selbstleuchtend. Auf der Hüfte sitzt ihm ein breiter Gürtel, er schimmert dezent kupferfarben, scheint aber aus etwas ähnlichem wie Leder zu sein.
Noch bevor er mich anspricht, wird mir klar, dass der «erste» Engel mir nahesteht und dieser Zweitengel mich zwar auch abholen soll, aber nicht so intensiv mit mir beauftragt ist wie der erste. Für mich ist das eine Erleichterung, da der «Balkonengel» noch mehr Autorität ausstrahlt.
Die beiden bilden eine Einheit und doch sind sie eindeutig zwei eigenständige Wesen. Der «Balkonengel» ist sogar noch etwa einen halben Meter größer als mein Schutzengel «Nr. One»; er wirkt wie dessen großer Bruder oder sein ihm vorgesetzter bester Freund. Sie scheinen einen spezifischen Gedankenaustausch zu haben und erstaunlicherweise verstehe ich ihre Kommunikation teilweise: Sie wollen ein gewisses Zeitfenster nutzen und es scheint ihnen ganz selbstverständlich zu sein, dass ich hier dabei bin. Nun diskutieren sie noch die Abfolge der Stationen meiner möglichen Reise.
«Bist du bereit, Sienna? Das wird für dich ein spannender Flug, ein ganz besonderes Erlebnis: Du bekommst die Möglichkeit, in der geistlichen Welt einiges zu beobachten und sogar selber zu erleben; und wenn du dich darauf einlässt, wirst du danach vieles anders wahrnehmen.»
Ich bin etwas beunruhigt. Nein, nicht wegen der Ansage des Balkonengels; ich trage nur meinen alten Pyjama, es ist ja mitten in der Nacht – was wäre wohl das Passende für diese Gelegenheit? Im selben Moment erkenne ich, dass der kleinere Engel lächelt, ja, echt: nicht verächtlich, sondern freundlich-amüsiert. Dabei beugt er sich zu mir, als wäre ich eine Prinzessin; und sein anhaltendes Smilen fühlt sich eher an wie eine Ermunterung, in das Abenteuer einzuwilligen und mich nicht zu fürchten.
Also gut, ich setze mich auf und stelle den rechten Fuß auf den Boden – und augenblicklich habe ich etwas ganz anderes an: eine rötlich schimmernde Robe. Hmm, ganz mein Geschmack, denke ich: Warum bin ich selber noch nie darauf gekommen, mir ein so cooles Kleid zuzulegen?
«Na, also!», meint der Größere, mir ermutigend zuzwinkernd.
Ziemlich zügig verlassen wir mein Zuhause und ich erwarte, schnell von der Erde wegzudriften; doch dem ist nicht so: Wir drei fliegen Richtung Zürich. In die Stadt? Warum denn das?
Es ist unglaublich faszinierend, so dahinzuschweben. Warum nur bin ich mir dermaßen sicher, dass ich nicht träume? Warum kommt mir das so klar und als Realität vor? Und überhaupt, warum vertraue ich diesen Engeln? Was, wenn ich danach nicht mehr richtig zurückfinden kann in mein gewohntes Leben?
Kurz halten wir inne, alle drei. Der See spiegelt sich ruhig im Glanz des Mondlichts und die mir gut bekannten Lichterspiegel am Seeufer tanzen wie immer fast unmerklich auf dem Wasser hin und her.
«Möchtest du auf diese Reise mitkommen?»
Ich werde danach nicht mehr die Gleiche sein, das dämmert mir erst jetzt so richtig. Man wird mich für verrückt erklären, sollte ich es wagen, das jemandem zu erzählen! Werde ich selber mir glauben?
Ich schaue dem «kleineren» großen Engel nochmals tief in die Augen.
Er ist so rein, so klar, so heilig. Wissend auch.
Und ich fühle mich sicher bei ihm.
«Ja, ich bin bereit.»
Mein Schutzengel bemerkt es sofort und hält meine Hand. Der andere Engel hat es wohl auch bemerkt, aber es scheint nicht sein Auftrag zu sein, mich zu beruhigen oder mich jetzt zu instruieren. Doch er beobachtet genau, was im Bereich vor uns passiert.
Sie haben bemerkt, dass ich mich frage, ob ich wieder zurück in mein Zuhause gehen (fliegen!) soll – ich bin doch stärker verunsichert als auf den ersten paar Metern unserer Reise. Dann sage ich mir innerlich: »Ja, ich bin dabei, ich wage es.»
Das Fliegen ist eher eine Art Schweben, teilweise ein «Gehen im Luftraum».
Es fühlt sich recht normal an, doch mein Hirn meldet mir fast pausenlos: «Das ist nicht normal, hey, wir sind in der Luft!»
Wie wir über Zürich schweben und uns der Stadtmitte nähern, verringert sich unsere Flughöhe zusehends. Immer wieder, wie schon zuvor, kann ich Details erkennen – es ist, als würde meine Wahrnehmung, mein Blick näher heranzoomen. Mühelos kann ich durch Mauern sehen ins Innere der Räume, aber nicht immer; wahrscheinlich lässt mein Schutzengel dies manchmal zu, vermutlich, wenn er mir etwas zu zeigen hat: als wollten meine Begleiter mir Szenen eröffnen, die mich etwas lehren sollen.
Wir nähern uns einer Häuserzeile einige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Dieses Quartier kenne ich nicht besonders gut, bin nur mit der Straßenbahn durchgefahren. Nun wird mein Blickfeld wie nahgezoomt auf eine Wohnung hin und in sie hinein.
Wir schweben etwa zwanzig Meter hoch über dem Mehrfamilienhaus, doch mein Blick wendet sich superscharf in eine Wohnung im dritten Stock.
Die Stimmung dort ist unangenehm. Ich sehe drei Erwachsene: einen Mann und zwei Frauen. Sie streiten heftig, einmal spuckt der Mann auf den Tisch – auf dem stehen Essensreste, Weinflaschen, Gläser und Zigarettenschachteln wild durcheinander. Im Zimmer nebenan schläft ein Kind; es ist unruhig, beinahe wach. Das Gespräch dreht sich um finanzielle Dinge: um Unehrlichkeit, Betrug und um Geldbeträge.
Etwas fassungslos höre und schaue ich den dreien zu, da nehme ich plötzlich wahr, dass sich in dieser Wohnung noch andere Wesen aufhalten: Geistwesen – die drei Streitenden können sie nicht sehen –, Dämonen mit einer glitschigen Haut und von Charakter und Erscheinungsbild wie Reptilien. Ihnen scheint es bestens zu gefallen, dass es diesen Menschen nicht gut geht. Sie amüsieren sich und flüstern ab und zu einem der Be wohner einen Gedanken zu, dann wird der Streit noch lauter: «Sie hat dich ja schon immer betrogen … er ist so rücksichtslos … er hat seinen letzten Anteil auch nicht bezahlt … haben die ohne mich verhandelt … unfair, unfair … ich zeig’s dir schon noch …» Gedanken und ausgesprochene Vorwürfe schaukeln sich gegenseitig hoch.
Der führende Engel scheint beschlossen zu haben, dass die drei uns nicht wahrnehmen können – jedenfalls läuft das Gezänk in Endlosschlaufe. Mich fröstelt. So gerne würde ich das Kind irgendwie schützen vor diesem Umfeld!
Die Engel nehmen mich an der Hand und ziehen mich sanft weiter, neben Wohnblöcken und dunklen Geschäftshäusern segeln wir auf Höhe der Dachrinnen.
Nun erscheint in meinem Blickfeld eine schmale Seitenstraße. Zwei Prostituierte stehen im Schein einer Straßenlaterne und unterhalten sich mit drei Männern in einer älteren Limousine. Die Frauen schütteln den Kopf und verhandeln und schauen demonstrativ desinteressiert drein. «So günstig lassen wir euch dieses Mal nicht ran», meint die eine Dame schnippisch und frustriert.
Auch hier erkenne ich Geistwesen; wie hässliche Zwerge sehen sie aus, sie sind leicht gebückt und tragen blau-schwarze Kleidung. Es ist eher eine geriffelte schwarzblaue Gummihaut, wie ein Teil von ihnen selbst. Sie sind fünf, auf einem niedrigen Mäuerchen sitzen sie neben den Frauen und bilden einen undurch dringlichen Block, eine geistige Mauer: abgelöschte Blicke, abgelöschte Ausstrahlung.
In mir kommt eine Stimmung von Gefangenschaft hoch, dabei stehen die Frauen ganz normal auf dem Gehsteig einer schmalen Seitenstraße in Zürich. Aber diese Dämonen auf dem Mäuerchen scheinen harte, unentrinnbare Knechtschaft auszustrahlen: «Wir lassen euch nicht ziehen, ihr gehört uns – wagt es nicht, etwas anderes zu wollen!»
Es ist heavy. Ich will intervenieren, dabei weiß ich aber glasklar, dass in diesem Moment weder die Menschen noch die Dämonen mich wahrnehmen können. Das ist im Moment sicher besser so, aber im Herzen tut es mir weh. Eine Kälte will in meinem Körper hineinkriechen. Nein!
Ich schaue meinen Schutzengel an, der blickt immer noch zu den beiden Frauen und den drei Männern im Auto. Er scheint traurig zu sein.
«Warum schauen wir uns das an?»
«Damit du ein wenig erkennst, womit manche Menschen zu kämpfen haben, ohne dass sie selber es wahrnehmen.»
«Du meinst die Dämonen bei ihnen?»
«Ja.»
«Sind immer Dämonen im Spiel, wenn Menschen Böses tun?»
Der Engel erklärt mir mit ruhiger, beinahe leiser Stimme:
«Öfter, als sie meinen. Menschen denken sich oft gar nichts dabei, wenn sie streiten und einander verletzen. Und wenn sie dann doch mal über den Sinn des Lebens nachdenken, dann geben sie Gott die Schuld an ihrer Misere oder an allem Schlechten und Schmutzigen auf dieser Welt.»
Hm. Die fünf Menschen werden lauter. Die Männer sind nun ausgestiegen aus ihrer Karosse. Sie scheinen etwas zu verlangen, vermutlich etwas in der Handtasche einer der Frauen – jedenfalls hält sie sie mit beiden Händen zu, als hätte sie keine Zeit mehr gehabt, sie ordentlich zu schließen. Erst als ihr ein wenig Speichel aus dem Mundwinkel fließt, checke ich, dass die Frau wohl einen hohen Alkoholpegel und dazu Drogen intus hat.
«Verpisst euch!», schreit sie und die anderen lachen nur.
Ich möchte vieles noch genauer sehen und wissen; aber schon entfernen wir uns wieder – zunächst langsam, dann schneller und schneller.
«Wir zeigen dir besondere Orte, weit weg von dieser Erde!», verkünden meine beiden Begleiter.
Wir gewinnen an Höhe. Der größere Engel führt, er hat auch das Zeichen zum Wegfliegen gegeben, und wir folgen ihm fast automatisch. Im ersten Moment hat der Schutzengel mich an der Hand genommen und sachte mit sich weggezogen, um mir klarzumachen, dass wir nun etwas anderes besuchen werden.
Je höher wir, leicht aufsteigend, fliegen, desto schöner wird die Stadt. Zürich aus der Vogelperspektive – Tausende von leicht flimmernden Lichtern und dazwischen ein dunkles ruhiges Etwas: der Zürichsee. Wir gleiten höher und höher. Jetzt erst mache ich mir Gedanken über meine Atmung und den Sauerstoff.
Diese Höhe!
«Engel, weißt du nicht, dass ich bald zu wenig Sauerstoff haben werde?»
«Wir wissen, was du zum Leben brauchst. Aber jetzt unterstehst du für eine kleine Weile nicht mehr dem Naturgesetz der Erde. Du wirst atmen können ohne Mühe.»
«Ist ja crazy!»
Ich ziehe die imaginäre Luft tief ein. Tiefer. Locker wieder ausatmen – mit jedem Atemzug scheine ich lebendiger zu werden, mehr Teil dieser neuen Materie zu sein. Die Geschwindigkeit, mit der wir uns von der Erde wegbewegen, nimmt zu. Mein Erdenkörper könnte dieses Tempo nicht aushalten; er tut es aber und mir wird klar: Das geht nur, weil meine Seele, mein «wahres Ich», für eine Weile in eine andere Dimension eingetreten ist.
Meine Konzentration, meine Aufmerksamkeit gilt dem, was vor mir liegt; so bemerke ich nicht, dass die Erde verschwindet, so wie ein Astronaut dies wahrnehmen würde.
Wir bewegen uns in High-Speed. Kein Tunnel, wie so viele berichten, doch entdecke ich Myriaden von Sternen, Planeten, Galaxien. Sie fliegen an uns vorbei. Natürlich sind wir es, die fliegen – und wie schnell! –; doch mir scheint es, als wären es die unzähligen Himmelskörper, die Sterne, die an uns vorbeiflashen. Ja, mein Verstand sagt mir, dass wir vorwärtsfliegen; aber ich spüre weder Widerstand noch Wind und deshalb nehme ich nur wahr, dass diese Tausende von Himmelskörpern sich nach hinten von mir wegbewegen.
Ich bin begeistert: Dieser neue Zustand und was mir da passiert, das ist so wahnsinnig spannend!
Die Engel freut’s; offensichtlich macht es sie glücklich, dass ich mit dem Außergewöhnlichen klarkomme. Da ich mich während meines Erdenlebens immer wieder mal auch mit der Ewigkeit beschäftigt habe und dem Thema «Woher komme ich – wohin gehe ich – wer bin ich?», bringt mich diese Erfahrung nicht völlig außer Rand und Band. Doch zugegeben: zu neunzig Prozent schon.
Merkwürdig scheint mir aber, dass meine Haare und meine Haut keinem Wind ausgesetzt sind; und meine Atmung funktioniert besser denn je! Mein Verstand fühlt sich erweitert an, meine Gedankenwelt funktioniert in nie gekannter Klarheit – als könnten mein Gehirn und meine Seele mehr Dimensionen wahrnehmen als die gewohnten dreidimensionalen Vorgänge.
Bin ich nun gestorben oder was ist hier los?
Der eine Engel beruhigt mich:
«Sienna, du bist nicht tot. Du bist für eine Weile in der Realität der Ewigkeit und des Himmels.»
Die Worte hier im Buch sind geschriebene Menschenworte; was der Engel kommunizierte, war weitaus exakter. Diese Dimension wird mir später fehlen, wenn ich alles in Erdenworte fasse.
Nun sehe ich, dass wir auf ein gewaltiges Objekt zufliegen. Es ist riesig und leuchtet. Es ist anders als die Planeten, die wir traversiert und hinter uns gelassen haben.
Es ist majestätisch.
Herrlich, so viel Licht geht von dort aus!
Es verströmt Frieden, Gelassenheit, Königtum.
«Vor uns das Paradies», sagt der größere Engel mit erhabener Stimme.
«Und vor uns die ewige Stadt», fügt mein Schutzengel hinzu.
Wer ich bin, möchtest du wissen? Wie eingangs erwähnt: Im echten Leben gibt es mich nicht – sehr wohl aber in Varianten von Menschen, die Ähnliches erlebt haben wie ich. Jeder von ihnen ist einmalig.
Stell mich (Sienna) dir in etwa so vor: Ich bin eine vierundvierzigjährige Frau mit mittellangem braunem Haar und großen braunen Augen. Manchmal kämpfe ich mit ein paar Kilo zu viel auf den Hüften; durch Joggen schaffe ich es, wieder fit zu werden – aber das hält nicht sehr lange an, für eine Phase nur.
Im Großen und Ganzen sehe ich also eher unauffäl-lig-durchschnittlich aus und trotzdem finde ich, dass ich jemand Besonderes bin – weil ich mich von Gott geliebt und angenommen fühle.
Manchmal habe ich etwas Burschikoses in meinem Wesen; ich bin eher mutig, mag Business und Technik, aber auch Kunst, Literatur und Tanz. Ich neige ein wenig dazu, eine Allrounderin zu sein: in einigem begabt, in vielem eher mittelmäßig.
Das ist okay so.
Trotzdem bin ich, wenn ich neu irgendwohin komme, oft bald in Leitungsposition – warum, das ist mir ein Rätsel! Vielleicht, weil Menschen mich sehr interessieren?
Wenn mich etwas nicht wirklich in seinen Bann zieht, dann fällt es mir schwer, an dieser Sache dranzubleiben. Das könnte an meiner phlegmatischen Seite liegen: Ein Genie zu sein, das kann auf Dauer ja ganz schön anstrengend werden. Smile.
In meinen Teenager-Jahren habe ich begonnen, den Sinn des Lebens zu suchen, und mich innerlich auf den Weg gemacht in die Nähe zu Gott. Nach mehreren Jahren intensiver Meditation und Interesse an östlichen Religionen habe ich dann während einer Ferienfreizeit mit Christen einen persönlichen Zugang zu Jesus gefunden. Das hat vieles verändert in meinem Leben und mir ganz neue Sichtweisen auf geistliche Dinge gegeben.
Ich habe zwei Kinder, sie sind fast erwachsen; mein Mann ist vor drei Jahren verstorben. Trotzdem gibt es in meinem Leben viel Gutes und Spannendes.
Durch dieses einschneidende Erlebnis, den Tod meines Mannes, wollte ich mehr erfahren über die Welten jenseits des Todes.
Aber dieses Eintauchen in die Ewigkeit habe ich nicht gesucht und schon gar nicht konnte ich es selber herbeiführen; es ist mir einfach so geschehen in dieser besonderen Nacht, in der die beiden netten Engel auf meinen Balkon kamen und mich mitnahmen auf diese spannende Reise.
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