Sinclair Academy - 06 - Philip M. Crane - E-Book

Sinclair Academy - 06 E-Book

Philip M. Crane

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Beschreibung

Wie aus dem Nichts tauchen unbekannte Dämonen in London auf - so bestialisch und grausam, dass selbst Staysy, Jack, Hassan und Sachiko das Blut in den Adern gefriert. Die neuen Dämonen scheinen urbanen Legenden und harmlosen Internet-Scherzen entsprungen zu sein. Aber wie konnten sie sich materialisieren und in der realen Welt Menschen töten? Während die Dämonen-Seuche weltweit um sich greift, jagen die Trainees der Sinclair Academy dem Ursprung hinterher - nicht ahnend, dass sie nicht die Einzigen im Kampf gegen die Cyber-Dämonen sind.

SINCLAIR ACADEMY - DIE NEUEN GEISTERJÄGER führt die Abenteuer von "Geisterjäger John Sinclair" in die nächste Generation fort. Wer an der SINCLAIR ACADEMY aufgenommen wird, hat bereits schmerzhafte Erfahrungen mit dem Übernatürlichen gemacht. Jack und seine Mitstreiter Staysy, Hassan und Sachiko müssen sich im Kampf gegen Geister und Dämonen als Team bewähren und die Menschheit vor dem Grauen beschützen, das im Dunkeln lauert. Denn: Das Böse ist überall.

"Erinnern Sie sich an die Spukgeschichten aus Ihrer Kindheit? Über Geister, Vampire und Dämonen? All diese Geschichten sind wahr. Es stimmt vielleicht nicht jedes Wort, aber viel mehr als die meisten Leute glauben." - John Sinclair -

Die Serie SINCLAIR ACADEMY erscheint monatlich als E-Book und als inszeniertes Hörbuch.

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Seitenzahl: 142

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Inhalt

Cover

Sinclair Academy – Die Serie

Über diese Folge

Die Trainees

Über den Autor

Rechtlicher Hinweis

Titel

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

In der nächsten Folge

Sinclair Academy – Die Serie

SINCLAIR ACADEMY – DIE NEUEN GEISTERJÄGER führt die Abenteuer von »Geisterjäger John Sinclair« in die nächste Generation fort. Wer an der SINCLAIR ACADEMY aufgenommen wird, hat bereits schmerzhafte Erfahrungen mit dem Übernatürlichen gemacht. Jack und seine Mitstreiter Staysy, Hassan und Sachiko müssen sich im Kampf gegen Geister und Dämonen als Team bewähren und die Menschheit vor dem Grauen beschützen, das im Dunkeln lauert. Denn: Das Böse ist überall.

»Erinnern Sie sich an die Spukgeschichten aus Ihrer Kindheit? Über Geister, Vampire und Dämonen? All diese Geschichten sind wahr. Es stimmt vielleicht nicht jedes Wort, aber viel mehr als die meisten Leute glauben.« – John Sinclair –

Die Serie SINCLAIR ACADEMY erscheint monatlich als eBook und als inszeniertes Hörbuch auf CD und als Download. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.

Über diese Folge

FOLGE 06: Cyber-Dämonen

Wie aus dem Nichts tauchen unbekannte Dämonen in London auf – blutrünstig und grausam, dass selbst Staysy, Jack, Hassan und Sachiko das Blut in den Adern gefriert. Die neuen Dämonen scheinen urbanen Legenden und harmlosen Internet-Scherzen entsprungen zu sein. Aber wie konnten sie sich materialisieren und in der realen Welt Menschen töten? Während die Dämonen-Seuche weltweit um sich greift, jagen die Trainees der Sinclair Academy dem Ursprung hinterher – nicht ahnend, dass sie nicht die Einzigen im Kampf gegen die Cyber-Dämonen sind.

Die Trainees

Jack Archer war Soldat bei der British Army und kommt als Underdog an die Academy. Das Mal des Iblis auf seiner linken Brust schmerzt, sobald Dämonen in der Nähe sind. Jack wurde in London geboren, seine Mutter arbeitet dort in einem kleinen Kiosk, sein Vater ist Automechaniker.

Staysy Cole wurde auf Barbados geboren als uneheliche Tochter einer haitianischen Voodoo-Priesterin und eines Plantagenbesitzers. Als ausgebildete Agentin und Kämpferin ist sie die Power-Frau in der Academy. Staysy ist keine Voodoo-Priesterin, beherrscht aber so manche nützliche Voodoo-Fähigkeiten.

Hassan Al-Baghdadi wird auch der Trickser genannt. Er wurde in Kairo geboren, ist aber in Birmingham aufgewachsen. Ein Dschinn, den Hassan selbst heraufbeschworen hat, tötete seine Familie. Hassan überlebte dank seiner besonderen Fähigkeit: Er ist für Dämonen nahezu unsichtbar.

Sachiko Mito kommt aus Kyoto in Japan und wirkt oft wie ein Püppchen, wozu auch ihre wechselnden Haarfarben beitragen. Doch wenn sie wütend wird, entwickelt Sachiko geradezu übermenschliche Kräfte und Geschwindigkeit. Außerdem ist sie eine perfekte Samurai-Schwertkämpferin.

Über den Autor

Philip M. Crane stammt aus den hessischen Wäldern und lebt in Berlin, wo er als Ghostwriter und Autor für TV, Print und Bühne arbeitet. Er liebt und sammelt Horror-, Geistergeschichten und Märchen.

Rechtlicher Hinweis

»Geisterjäger John Sinclair« und das »John Sinclair«-Logo sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG.

Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Philip M. Crane

Folge 6

Cyber-Dämonen

beBEYOND

Digitale Originalausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Lars Schiele

Lektorat/Projektmanagement: Stephan Trinius

Covergestaltung: Guter Punkt, München

Illustrationen: © Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von warrengoldswain/Thinkstock und PytyCzech/Thinkstock

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN: 978-3-7325-3293-3

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Kapitel 1

Bei ihrem ersten Kuss sah sie den Clown.

Es war auch ihr letzter Kuss. Der Clown trug einen blutbefleckten Kittel und schwang eine jaulende Kettensäge.

Es war ein tonlos kichernder Clown mit hängenden Schultern und herabhängendem Kinn. Die wenigen verfilzten roten Haare klebten an einer kalkweißen Glatze, die dicke rote Schminke lief seine feixenden Mundwinkel hinunter. Er wankte unter dem milden Laternenlicht des Hyde Parks zielstrebig auf sie zu.

Sie konnte es nicht glauben, sie konnte nicht reagieren, und ihr Hirn schnappte über. Sie war ohnehin schon aufgewühlt. Sie hatten sich zum ersten Mal geküsst, nach jahrelangem verlegenem Flirt. Er war ihr Abteilungsleiter, und sie waren beide verheiratet. Ihr erst schüchterner, dann wunderbarer, knabbernder Kuss war unwirklich gewesen und hatte ihre Knie zittern lassen. Doch dann kam der Clown. Ihr Freund glotzte den Fremden ängstlich an, stieß sie dem Scheusal entgegen und flüchtete wimmernd in die Büsche. Sie stolperte, verlor einen Schuh und glotzte den Clown flehend an. Der Clown wartete und spielte quietschvergnügt mit dem Anlasser der Kettensäge. Eigentlich wollte sie nur entsetzt auf ihr Ende warten, doch dann zwang sie sich zurückzuweichen, einen tastenden Schritt rückwärts nach dem anderen. Als die grelle Gestalt unter den Bäumen außer Sichtweite war, drehte sie sich ruckartig um und marschierte schlotternd zur U-Bahn. Sie würde sich am Montag in eine andere Abteilung versetzen lassen.

***

Den Clown spielte Jamie, und Edward bediente die Kamera.

Edward hatte die Feinheiten der Performance einfach nicht raus, er fing an zu lachen oder bedrohlich herumzubrüllen. Das war nicht unheimlich genug, zu durchschaubar, es löste nicht genug echte Angst aus. Dafür hatte er einen viel besseren Blick für Bildaufbau und interessante Details als Jamie. Das heimliche Paar war ihr fünfzigster Streich, und sie gaben sich zum Jubiläum High Five. Ihre Klickzahlen gingen trotz harter Konkurrenz stetig nach oben, und seit drei Monaten wurde ihr Videokanal von einer ziemlich großen Energy-Drink-Marke gesponsert. Ihre besondere Spezialität war das, was sie den »Moment des Entsetzens« nannten, das ungläubige panische Staunen in den Augen ihrer Opfer, die Erkenntnis, mit einem Schlag in einer verrückten, bösartigen Parallelwelt gestrandet zu sein. Edward und Jamie machten auch Nahaufnahmen von diesen Gesichtern. Deshalb waren sie auch erfolgreicher als die Horrorclowns in Osteuropa oder Lateinamerika, die viel zu viel falsches Blut und zu viele Theatereffekte benutzten. Die Kommentatoren im Netz liebten die sorgfältig gestalteten Videos von Edward und Jamie, manche schrieben sogar, sie wären »süchtig« nach ihren Streichen. Das tat gut.

Ansonsten war ihr Leben mau. Jamie war zwar noch eingeschriebener Student für vergleichende Literaturwissenschaften, aber ging so gut wie nie hin. Edward reparierte DVD-Player im Laden seines Vaters, aber seit alle Welt Filme nur noch online schaute, gab es kaum noch DVD-Player. Edward war kleiner und hatte strubbeliges strohblondes Haar. Jamie war groß, dunkelhaarig und gut aussehend, aber als Folge einer Kinderlähmung konnte er sich nur staksig bewegen, was hervorragend zu seiner Rolle passte. Sie hatten sich vor zwei Jahren in einem Onlineforum für Horrorfans kennengelernt und waren auch im richtigen Leben schnell Freunde geworden. Richtige Kumpels, genervt von der Welt und füreinander da. Mit Frauen lief es nicht so gut, obwohl sie beide mehrere Aufreiß-Bücher studiert und sich gegenseitig die besten Tipps daraus abgefragt hatten. Aber Frauen verstanden eben nicht, dass ein Horror–Marathon auf einem Streaming–Portal keine Zeitverschwendung war, dass mit Videos von Streichen langfristig Geld zu machen war und dass echte Männer keine Gedanken an die Farbe ihrer Socken verschwendeten.

»Packen wir es für heute?«, fragte Jamie und gähnte. »Die beiden waren super.«

»Irgendwo noch einen Burger?«, fragte Edward.

»Ja, aber nur Fast Food. Nicht das teure Zeug. Und ich muss morgen mal was lernen.«

»Streber«, grinste Edward und knuffte seinen Freund.

***

Es war eine herbe Herbstnacht an einem Freitag kurz vor eins, und der Hyde Park war belebt von schlaflosen Spaziergängern, wispernden Liebespärchen, Drogenverkäufern und einigen wenigen patrouillierenden Polizisten. Die Blüten der Blumen und Büsche schickten ihre letzten Düfte in die kälter werdende Luft. Durch die im leichten Wind wehenden absterbenden Blätter und Zweige der dicht stehenden Bäume waren die grellen Lichter von Reklametafeln zu sehen. Der Lärm der Stadt in Ausgehlaune drang von den benachbarten Straßen herüber. Autos hupten und bremsten quietschend. Fremde pöbelten einander an. Doch in den herrschaftlichen, hügeligen Park drang all das wie durch einen schützenden Vorhang. Die alten Bäume und der sorgsam gestutzte Rasen waren eine kleine Welt für sich. Auf dem Kiesweg knirschten hastige Schritte.

Edward legte den Finger an die Lippen.

Eine schlanke, zierliche und offenbar schlecht gelaunte junge Frau marschierte durch den Park. Ihre Haare leuchteten orange im Licht der Lampen.

»Die ist süß, die nehmen wir noch!«, zischte Edward.

»Muss ich noch mal nachschminken?«, flüsterte Jamie nervös.

»Du siehst super aus, Alter«, versicherte Edward. »Ab mit dir auf Position!«

»Geil, die ist sogar Asiatin.«

»Die wird sich in die Hosen machen. Ich wünsch dir was.« Edward schickte Jamie in die Büsche auf der einen Seite des Wegs und postierte sich mit der Kamera auf der anderen Seite im Schatten eines Baumes.

***

Sachiko ärgerte sich über ihre schlechte Laune. Sie kam von einer reizenden Ausstellungseröffnung zum Thema »Das Design der Zukunft« – mit Avocadohäppchen und guter elektronischer Musik. Sachiko hatte früher mit den Designerinnen der Zukunft studiert. Schlimm genug, dass sie niemandem hatte erzählen können, was sie jetzt beruflich machte. Schlimm genug, dass sie nicht mehr auf dem neuesten Stand war, was die aktuellen Konzepte und das aktuell angesagte Geplapper darüber anging. Nein, dass sie in dieser Welt mittlerweile eine Außenseiterin war, hatte sie beinahe erwartet. Was ihr wirklich zugesetzt hatte, war ihre Unfähigkeit, sich auch nur für eine Sekunde auf die schönen Dinge und die schönen Menschen zu konzentrieren. Selbst wenn eine gute Fee ihr den Wunsch gewährt hätte, plötzlich eine umschwärmte Star–Designerin auf der Höhe der Zeit zu sein – Sachiko hätte trotzdem nur an Dämonen und die korrekten taktischen Vorgehensweisen gegen die Unwesen gedacht. Abgesehen davon glaubte sie nicht an Feen. An Dämonen und Werwölfe. An uralte böse Gottheiten, die im Ärmelkanal residierten. Gab es alles. Aber Feen?

Sie stapfte durch den Hyde Park mit seinen ausladenden Wegen und seinen kleinen, verborgenen Winkeln und fühlte sich wie eine Verfluchte.

Du tust etwas Gutes, redete sie sich ein, du rettest diese Stadt, die Menschen, die Welt, immer wieder. Aber dieser Gedanke kam ihr beinahe vor wie einer dieser heimtückischen buddhistischen Koan. Wenn du die Welt rettest und niemand bemerkt es, bist du dann eine Heldin?

Sachiko war eine engagierte, gut ausgebildete und kompetente Geisterjägerin. Auch wenn man sie wie die anderen immer noch als Trainee bezeichnete – und auch bezahlte. Aber zumindest in dieser raunenden Herbstnacht zwischen den Bäumen und Hecken des Parks hätte sie ihren rechten Arm gegeben für ein bisschen Licht, ein bisschen Leichtigkeit, ein bisschen Luxus. Und für eine hoffnungsvolle Zukunft anstelle von Grübeleien über uralte böse Geister und Dämonen.

Plötzlich hörte sie etwas. Hinter ihr kicherte jemand kehlig und boshaft. Sie drehte sich um und bemerkte den Clown.

Er griente sie mit gesenktem Kopf an und wankte auf sie zu. In der Hand trug er etwas Großes, Schweres. Mit einem entzückten, weggetretenen Ausruf warf er die Kettensäge an, die gnadenlos ratterte. Wie ein Betrunkener schwenkte er das Ding in seinen Händen und näherte sich ihr triumphierend.

Für eine Sekunde war Sachiko schockiert. Ein unvermeidlicher Reflex. Dann fasste sie sich. Silbern glänzte das Mondlicht auf dem eingefallenen Gesicht des Clowns mit der verlaufenen blutroten Schminke. Die scharfen Zähne der Säge rasselten unaufhörlich durch die Luft. Der Clown lachte immer entrückter und war nur noch wenige Meter von ihr entfernt. Sachiko taxierte ihn kühl, wich aber keinen Millimeter von der Stelle.

»Und nun?«, fragte sie.

Der Clown war verwirrt. Er sah sie kurz an, dann schnitt er feixende Grimassen. Er krächzte sinnloses Zeug, das sich vermutlich gruselig anhören sollte. Doch das einzig Gruselige an ihm war die Kettensäge in seinen Händen, die er genauso schlecht zu beherrschen schien wie seinen mageren Körper unter dem Fetzenkostüm.

Sachiko begriff, dass der kümmerliche Witzbold sie bloß erschrecken wollte. Genau darum ging es ihm, das gab ihm irgendeinen schäbigen Kick. Und mit einem Mal wusste sie wieder, warum sie dieses Leben führte. Es war die Wut. Die Wut auf alle Kreaturen und Kräfte, die nur zum Spaß wehrlose Menschen erschreckten und quälten. Die Wut auf alle Gestalten, die sich für mächtig hielten und für ihre jämmerlichen Gelüste andere bluten ließen. Sachiko griff in ihre Plastikhandtasche, ertastete ihren zusammengeknickten Kampfstab, zückte ihn und setzte ihn in der Luft zusammen. Blitzartig stürmte sie auf den Angreifer zu.

Der Clown wich erschrocken zurück, was seine unpraktische Waffe noch gefährlicher machte. Sachiko schlug sie ihm mit einem Hieb aus der Hand, der ihm die Mittelgelenke von drei Fingern brach. Die Kettensäge sauste durch die Luft, fiel auf den Boden und rotierte dort in verrückten Pirouetten, säbelte Gras nieder und schlidderte auf Sachiko zu. Zwei krachende gezielte Schläge später war das monströse Werkzeug nur noch ein Haufen Schrott.

Sachiko jagte auf den Clown zu. Der hob wimmernd die Hände, tapste auf der Stelle herum und fiel dann schluchzend auf die Knie.

»Bitte!«, jammerte er und sah sich hilfesuchend im Gebüsch hinter Sachiko um.

Sachiko wirbelte herum und erspähte ein rotes Blinken zwischen Blättern und Zweigen.

Mit einem Satz sprang sie ins Gestrüpp und schlug wahllos in Richtung der Lampe.

»He, die Kamera war teuer!«, protestierte eine Stimme.

»Zu schade«, knurrte Sachiko und ließ ihren Stab auf das blinkende Licht krachen. Plastik splitterte, und das Licht der Kamera erlosch. Im schwachen Schein des Mondes und dem blassen Laternenlicht erkannte Sachiko einen kleinen jungen Mann, der beschwichtigend gestikulierte und nach Angstschweiß stank. Sie packte ihn am Arm und zerrte ihn aus dem Gebüsch zu seinem Kameraden, der hilflos an seiner lädierten Hand nuckelte.

»Wir könnten zusammenarbeiten«, plapperte der kleinere nervös. »Mit ein bisschen Kunstblut könntest du wirklich unheimlich aussehen. Dein Killerblick ist echt eins a.«

Sie waren allein im Park. Es war spät. Irgendwo da draußen lärmte die Stadt noch schwach durch die letzten Stunden der Nacht. Aber hier war nur das Geraschel kleiner Tiere im Unterholz zu hören. Und das hemmungslose Schluchzen eines falschen Clowns.

»Findet ihr das lustig?«, fauchte Sachiko. »Schauen wir mal, was Scotland Yard dazu meint.«

Der Clown jaulte auf.

»Nein, nein«, beschwichtigte der Kameramann schnell. »Wir wollten nur ein bisschen Kohle machen, verstehst du? Wir haben Sponsoren. Das könnte für dich auch interessant sein. Auf Eatyourfears.com lieben sie uns, willst du mal sehen?«

Sachiko blickte müde auf die kleinen Deppen vor sich. Hinter ihr rasselten Zweige und Blätter mit einem feinen, beinahe metallisch klingenden Sirren.

»Ich bin Ed«, quasselte der Kameramann bibbernd weiter und tippte frenetisch auf ein Handy ein. »Das ist Jamie. Du hast echt tolle Reflexe, hat dir das schon mal jemand gesagt?«

Sachiko ließ ihren Stab nach vorne schnellen, als würde sie einen Angriff starten. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Der Typ, der sich Ed nannte, hörte endlich auf zu plappern. Er sperrte Mund und Nase auf und starrte sie entgeistert an. Ein Zittern schüttelte ihn, bis er neben seinem Kumpel auf die Knie sank. Der sah auf, und sein verschmiertes Clownsgesicht verzog sich in panischer Furcht.

»Kriegt euch wieder ein!«, sagte Sachiko. »Okay, heute keine Polizei, aber ihr müsst mir versprechen …«

Doch die beiden gafften sie nur wie versteinert an. Nein, begriff Sachiko. Sie gafften nicht sie an, sondern etwas hinter ihr. Ein schmaler Schatten floss über die Gesichter der jungen Männer, über das Gebüsch, den Rasen und die Bäume. Eine Gänsehaut kroch über Sachikos Arme. Sie atmete tief ein und wandte sich dann langsam um.

***

Ein paar Meilen weiter nördlich brannte in einem alten, ausladenden Herrenhaus aus dunklem Backstein noch Licht. Die Sinclair–Academy lag verborgen hinter einem verwitterten schmiedeeisernen Zaun inmitten eines verwilderten Gartens. Frösche quakten, Grillen zirpten. Jack Archer fluchte.

»Warum kann sie das alles, verdammt noch mal?«, fragte er.

»Weil es die Dame ist«, erklärte Hassan geduldig. »Die springt über das Spielfeld, mäht links und rechts ihre Gegner nieder und wischt mit ihnen das Brett auf.«

»Wirklich?«

»Im Prinzip ja. Du verstehst echt nicht viel von Schach, oder?«

»Du wolltest es mir beibringen.«

»Jack, du bist viel zu müde. Leg dich schlafen.«

Sorgfältig räumte Hassan die geschnitzten Figuren vom Ebenholzbrett und verstaute beides in einem Beutel aus Seide.

Sie saßen in Jacks kargem Quartier an einem wackeligen Tisch. Auf kleinen Tellern lagen die letzten Krümel ihrer Sandwiches. Vor Jack stand eine halb volle Bierflasche, vor Hassan eine leere Teetasse. Aus Hassans Handy spielte blechern alter Jazz.

Der Mond schien silbern durch das schmale Fenster.

»Du solltest mal mit jemandem über deine Schlaflosigkeit reden«, schlug Hassan vor.

Jack lachte spöttisch auf:

»Mit einem Psychologen, meinst du? Was soll ich ihm denn sagen? Dass das Mal des Iblis in meiner Brust brennt?«

»Du könntest dir was anderes ausdenken …«

»Dafür brauche ich keinen Psychologen.«

Hassan gähnte.

»Dann lass uns ausgehen, ja? Es ist Freitagabend, Jack, Wir tanzen ein bisschen und flirten mit wunderschönen Frauen …«

Jack antwortete wieder nicht und brütete vor sich hin.

»Okay, ich verstehe schon«, seufzte Hassan. »Das Mal des Iblis lockt Dämonen an und macht dich zur Gefahr für deine Mitmenschen, Anwesende ausgenommen. Vergessen wir’s. Wie wäre es mit einem Videospiel?«

»Ich mag keinen Computerkram«, Jack sah misstrauisch auf. »Sag mal, bist du hier, um mir Händchen zu halten?«

»Nein«, log Hassan.

»Ich war im Kloster, Hassan, ich komme wunderbar alleine klar.«

Jack seufzte.

»Danke, Hassan«, sagte er leise.

Ein plötzliches Poltern im Erdgeschoss beendete das verlegene Schweigen. Jack sprang behände zu seinem Bett und zog die Beretta unter dem Kopfkissen hervor.

Hassan wollte ihn beschwichtigen, aber Jack legte den Finger an die Lippen, löschte das Licht und schlich zur Tür.