Sinclair Academy - 09 - Philip M. Crane - E-Book

Sinclair Academy - 09 E-Book

Philip M. Crane

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Beschreibung

Seltsame Dinge geschehen in Little Middleton: Die Bewohner besorgen sich magische Waffen und es kommt zu einem sprunghaften Anstieg übernatürlicher Aktivitäten. Grund genug für die Trainees der Sinclair Academy dem Dorf einen Besuch abzustatten. Dort angekommen entdecken sie die übel zugerichtete Leiche eines berühmten Fußballstars. In seinem Blut finden sich Hinweise, dass jemand Experimente an Menschen durchführt. Ihre Nachforschungen führen die Trainees bis in die angesehensten Kreise der Londoner High Society und Staycy in eine tödliche Gefahr ...

SINCLAIR ACADEMY - DIE NEUEN GEISTERJÄGER führt die Abenteuer von "Geisterjäger John Sinclair" in die nächste Generation fort. Wer an der SINCLAIR ACADEMY aufgenommen wird, hat bereits schmerzhafte Erfahrungen mit dem Übernatürlichen gemacht. Jack und seine Mitstreiter Staysy, Hassan und Sachiko müssen sich im Kampf gegen Geister und Dämonen als Team bewähren und die Menschheit vor dem Grauen beschützen, das im Dunkeln lauert. Denn: Das Böse ist überall.

"Erinnern Sie sich an die Spukgeschichten aus Ihrer Kindheit? Über Geister, Vampire und Dämonen? All diese Geschichten sind wahr. Es stimmt vielleicht nicht jedes Wort, aber viel mehr als die meisten Leute glauben." - John Sinclair -

Die Serie SINCLAIR ACADEMY erscheint monatlich als E-Book und als inszeniertes Hörbuch auf CD und als Download. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 123

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Inhalt

Cover

Sinclair Academy – Die Serie

Über diese Folge

Die Trainees

Über den Autor

Rechtlicher Hinweis

Titel

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Die nächste Folge

Sinclair Academy – Die Serie

SINCLAIR ACADEMY – DIE NEUEN GEISTERJÄGER führt die Abenteuer von »Geisterjäger John Sinclair« in die nächste Generation fort. Wer an der SINCLAIR ACADEMY aufgenommen wird, hat bereits schmerzhafte Erfahrungen mit dem Übernatürlichen gemacht. Jack und seine Mitstreiter Staysy, Hassan und Sachiko müssen sich im Kampf gegen Geister und Dämonen als Team bewähren und die Menschheit vor dem Grauen beschützen, das im Dunkeln lauert. Denn: Das Böse ist überall.

»Erinnern Sie sich an die Spukgeschichten aus Ihrer Kindheit? Über Geister, Vampire und Dämonen? All diese Geschichten sind wahr. Es stimmt vielleicht nicht jedes Wort, aber viel mehr als die meisten Leute glauben.« – John Sinclair –

Die Serie SINCLAIR ACADEMY erscheint monatlich als E-Book und als inszeniertes Hörbuch auf CD und als Download. Jede Folge ist in sich abgeschlossen.

Über diese Folge

FOLGE 09: DIE SPUR DES BERSERKERS

Seltsame Dinge geschehen in Little Middleton: Die Bewohner besorgen sich magische Waffen und es kommt zu einem sprunghaften Anstieg übernatürlicher Aktivitäten. Grund genug für die Trainees der Sinclair Academy dem Dorf einen Besuch abzustatten. Dort angekommen entdecken sie die übel zugerichtete Leiche eines berühmten Fußballstars. In seinem Blut finden sich Hinweise, dass jemand Experimente an Menschen durchführt. Ihre Nachforschungen führen die Trainees bis in die angesehensten Kreise der Londoner High Society und Staycy in eine tödliche Gefahr …

Die Trainees

Jack Archer war Soldat bei der British Army und kommt als Underdog an die Academy. Das Mal des Iblis auf seiner linken Brust schmerzt, sobald Dämonen in der Nähe sind. Jack wurde in London geboren, seine Mutter arbeitet dort in einem kleinen Kiosk, sein Vater ist Automechaniker.

Staysy Cole wurde auf Barbados geboren als uneheliche Tochter einer haitianischen Voodoo-Priesterin und eines Plantagenbesitzers. Als ausgebildete Agentin und Kämpferin ist sie die Power-Frau in der Academy. Staysy ist keine Voodoo-Priesterin, beherrscht aber so manche nützliche Voodoo-Fähigkeiten.

Hassan Al-Baghdadi wird auch der Trickser genannt. Er wurde in Kairo geboren, ist aber in Birmingham aufgewachsen. Ein Dschinn, den Hassan selbst heraufbeschworen hat, tötete seine Familie. Hassan überlebte dank seiner besonderen Fähigkeit: Er ist für Dämonen nahezu unsichtbar.

Sachiko Mito kommt aus Kyoto in Japan und wirkt oft wie ein Püppchen, wozu auch ihre wechselnden Haarfarben beitragen. Doch wenn sie wütend wird, entwickelt Sachiko geradezu übermenschliche Kräfte und Geschwindigkeit. Außerdem ist sie eine perfekte Samurai-Schwertkämpferin.

Über den Autor

Philip M. Crane stammt aus den hessischen Wäldern und lebt in Berlin, wo er als Ghostwriter und Autor für TV, Print und Bühne arbeitet. Er liebt und sammelt Horror-, Geistergeschichten und Märchen.

Rechtlicher Hinweis

»Geisterjäger John Sinclair« und das »John Sinclair«-Logo sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG.

Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Philip M. Crane

Folge 9

Die Spur des Berserkers

beBEYOND

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Lars Schiele

Lektorat/Projektmanagement: Kathrin Kummer

Covergestaltung: © Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de

unter Verwendung von Motiven © iStock.com/zeljkosantrac, iStock.com/swilmor

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-3717-4

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Kapitel 1

Die Nacht war selbst für den Februar zu kalt. Und der Taxifahrer erkannte William Irish nicht, obwohl er sich angeblich für Sport interessierte.

»Sie haben mal gespielt?«, fragte er mit höflicher Skepsis. »Mist, das sieht beinahe nach Hagel aus.«

William Irish sah gekränkt durch die nassverschmierten Fensterscheiben des kleinen schwarzen Wagens in die verregnete Dunkelheit. Hinter den kahlen Bäumen und den einsamen Stromkästen schienen geduckte Kreaturen zu kauern.

»Ich war zweimal Spieler des Jahres. Ich hatte eine eigene Fanzeitschrift und beinahe eine Wachsfigur bei Madame Tussauds.«

»Toll«, der Taxifahrer nickte mechanisch. »Klingt super.«

Irish schloss die Augen. Es war völlig gleichgültig, was dieser Fremde von ihm dachte. Irish hatte zwar schon lange weder Autogrammjäger noch Fans gesehen, und vielleicht würde er es nie wieder auf eine Titelseite schaffen, doch die harten Zeiten waren vorbei. Die wahren Siege lagen noch vor ihm. Das hatten sie ihm versprochen. Wenn nur seine Venen nicht so gebrannt hätten – als würden in Säure getränkte Ameisen durch sie hindurchkrabbeln.

Die leuchtende Innenstadt lag hinter ihnen. Träge schlugen die Scheibenwischer den pladdernden Eisregen zur Seite.

»Ich habe schon viele berühmte Leute gefahren«, spöttelte der Fahrer gut gelaunt. Es war ein Mann in den Vierzigern mit traurigem Schnauzbart. Der Ausweis neben dem Armaturenbrett wies ihn als »Niko« aus. »Gestern habe ich den wahren Komponisten der letzten Justin-Bieber–Nummern in ein Automatenkasino in Whitechapel gebracht.«

»Fahren Sie einfach!«, knurrte Irish wütend und schlug gegen die Innenseite der Tür.

Der Taxifahrer drehte sich zu ihm um und musterte ihn, anstatt sich auf die Lkws zu konzentrieren, die hier und da in der Einsamkeit über die Fahrbahn schlitterten.

»Verdammt, Sie sind der wütende Fußballer«, brummte er schließlich beinahe andächtig. »Der, der im Fernsehen seinen Manager verprügelt hat.«

Irish sagte nichts. Er rieb sich die Oberarme und versuchte es mit Akupressur. Aber das schmerzhafte Prickeln ging einfach nicht weg.

»Und Sie haben ihn beschimpft. Bei allen Wiederholungen musste da drübergebiept werden. Er hatte was mit ihrer Frau, richtig? Und er hat Sie wegen Vertragsbruchs verklagt.«

»Mein Knie war kaputt«, korrigierte Irish. »Und ich habe weitergespielt. Und dann hatte ich ein künstliches Knie. Das ist kein Vertragsbruch.«

Seit Jahren lebte er von staatlicher Unterstützung und Nudelsuppe aus der Tüte. Noch nicht einmal zu Nostalgiesendungen im Fernsehen wurde William Irish mehr eingeladen. Und ohne sein bezauberndes Siegerlächeln hatte er sogar einen Job als Verkäufer in einem Turnschuhladen verloren.

Niko pfiff durch die Zähne: »Harte Welt, was?«

Sie bogen in eine versteckte Einfahrt.

Irish antwortete nicht. Vielleicht war die Welt ja hart, aber gerecht – wie seine neuen Sponsoren. Sie schenkten ihm Mitgefühl und das Teufelszeug in seiner Blutbahn. Sie gaben ihm Kaviar und ein Trainingsprogramm, Stolz und eine Perspektive. Und sie ketteten ihn nicht einmal an.

Vor ihnen lag ein Wäldchen, eingefasst von bröckelnden Mauern und summenden Starkstromzäunen. Ein rostzerfressenes Eisentor öffnete sich automatisch, über Hügeln voll schwarzer Bäume war ein dunkles Gebäude zu erahnen.

»Das ist keine gute Gegend«, merkte der Taxifahrer an. »Man hört eine Menge.«

Er würgte den Motor ab, schaltete das Licht aus und drehte sich zu Irish um.

»Hören Sie … Ben, oder?«

»Bill.«

»Gut, Bill, hören Sie mir gut zu. Was immer Sie hier vorhaben, lassen Sie es. Im Ernst. Wenn Sie Geld brauchen, dann können Sie sich doch einen Taxischein holen.«

Irish schnallte sich ab, streckte sich, öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen.

Er erlaubte sich ein stolzes Lächeln. Das Ziehen in seinen Venen fühlte sich viel besser an. Nicht mehr wie eine Krankheit, sondern wie Kraft. Sein Herz pumpte, seine Muskeln vibrierten. Es war eine Frage der richtigen Einstellung.

»Vielen Dank, Niko, wirklich, aber Sie verstehen das nicht.«

Er gönnte sich ein Augenzwinkern: »Ich bin halt ein Berserker.«

Ehe der Fahrer einen schlauen Spruch versuchen konnte, knallte Irish die Tür zu, drehte sich um und stolperte einen schmalen, unbeleuchteten Kiesweg entlang.

Das Taxi hupte und blinkte, aber Irish achtete nicht mehr darauf. Das milchige Schimmern der Scheinwerfer verlor sich nach und nach in der vom Eisregen gesprenkelten Schwärze.

Irish tappte wie gebannt in die Dunkelheit. Er ging nicht, er wurde gegangen. Mit ohrenbetäubendem Quietschen fiel das Tor hinter ihm ins Schloss. Donnernd sprang gleißendes Licht an. Er taumelte zurück und hielt geblendet eine Hand vor die Augen. Er hörte Applaus und das Johlen aus Hunderten von Kehlen.

Mit Mühe konnte er im grellen Licht die Umrisse einer buckligen Kreatur ausmachen, die sich unerbittlich auf ihn zuschob.

Blechern gellte eine gut gelaunte Stimme aus unsichtbaren Lautsprechern:

»Ein neuer Gast, ein neuer Herausforderer! Und ein besonderer Leckerbissen: der ehemalige Profisportler William Irish!«

Irish fing sich schnell, er reckte die Hände in Siegerpose und verneigte sich schwitzend vor seinen unsichtbaren Fans.

Er atmete tief durch und listete im Geist die Moves auf, die er in der letzten Zeit gelernt hatte: Ducken, Packen, Beinschere, der Griff nach dem Genick.

Mit jedem Zentimeter, den sein Gegner näher kam, konnte Irish mehr von seinem Gesicht sehen: es war fleckig und alt, mit bösen leeren Reptilienaugen. Die Zahnreihen waren voller Lücken, die Fangzähne waren krumm und von schmutzigem Braun. Die Gestalt bewegte sich in krampfartigen Sprüngen. Irish schreckte angeekelt zurück. Dann ging er widerwillig in Position. Aber da bohrten sich die knochigen Finger des Vampirs schon unbarmherzig in seine Schulter. Irishs Haken gingen ins Leere, seine Beine zitterten.

»Schafft es Billy bis in die Arena?«, schepperte es aus den Lautsprechern. »Hat er das Zeug zum Berserker?«

Irish versuchte, an vergangene Triumphe zu denken. Und an den See im Morgennebel auf seiner Hochzeitsreise. Da senkten sich brüchige Zähne in sein Fleisch. Er bettelte nicht um Gnade, als die stinkende, schwerfällige Kreatur der Nacht ihm unter brutalem Jubel Stücke aus der Schulter und aus dem Gesicht riss.

***

Staysy Cole pumpte ihre Wut weg. Immer und immer wieder stemmte sie die 60-Kilo-Hantel in die Höhe, und je heftiger der Schmerz durch Arme und Schultern zog, umso besser fühlte sich das an. Sie trainierte nicht in der Akademie, sondern im Fitnessstudio, auch wenn sie dadurch ihre gesamte Umgebung misstrauisch im Auge behalten musste. Rings um sie herum schmiedeten sich hagere und vollschlanke, drahtige und gedrungene Menschen aller Hautfarben mit starrem Blick Muskeln zurecht, als wollten sie in einen Krieg ziehen. Ein kurzhaariges Kraftpaket nickte stumpf im Takt des schlechten Raps in seinen Kopfhörern, beäugte ähnlich misstrauisch wie Staysy die anderen Kunden und bemerkte nicht einmal, dass er sich auf seine Brotbox gesetzt hatte.

Aber in der Akademie wohnte Jack, und sie konnte den Veteranen schlechter ertragen als die Ströme von Unruhe und von chaotischer okkulter Energie, die sie Tag für Tag stärker durch die Londoner City anschwellen fühlte. Jack konnte vermutlich nichts dafür, dass er ein Trottel war. Und Staysy konnte ihm leider nicht einmal vorwerfen, dass sie zu viel an ihn dachte.

Aber die Kombination machte sie wahnsinnig vor Zorn, und außerdem konnte Jack eben doch etwas dafür. Staysy rammte schnaufend die Hantel nach oben. Seine Hundeaugen, sein Auftreten als guter Kerl, diese blödsinnige Mischung aus Schüchternheit und kernigem Gehabe. Noch dazu war er nach wie vor ein Sicherheitsrisiko für das Team, impulsiv, naiv und unheilbar anfällig für das Böse. Es war, als hätte sie sich in einen Zehnjährigen mit einer Kettensäge in der Hand verguckt, der sich, sie oder die gesamte Umgebung zerfetzen konnte.

Sie brauchte Jack Archer in ihrem Leben nicht – nur arbeitete sie dummerweise mit ihm zusammen. Er war abwechselnd charmant und pampig, unsicher und ignorant. Staysy stieß einen Schrei aus und wuchtete die Hantel zu ihren Füßen auf die Bank. Sie würde sich keinen Muskelkater wegen Jack Archer holen, dazu nahm sie ihren Job zu ernst. Einer musste es ja tun.

»Staysy?«, wisperte es samtig neben ihr. »Staysy Cole? Die ›Hütet-euch-vor-Staysy‹–Staysy?«

Staysy fuhr herum. Verschwitzt und genervt blickte sie zu einem Gesicht aus der Vergangenheit empor. Die feinen Züge von Lady Agatha Milligan lächelten auf sie hinunter. Sie trug ein weißes Kostüm und hatte wie früher zu viel Eyeliner aufgelegt. Ihre langen roten Haare waren kunstvoll zu einem Nest aus Zöpfen verknotet, und sie passte selbst in ein gehobenes Fitnessstudio so gut hinein wie eine Orchidee ins Schnapsregal.

»Agatha?«, Staysy setzte sich auf. »Du siehst keinen Tag älter aus. Welchen Teufelspakt hast du dafür geschlossen?«

»Staysy Cole!«, Agatha klatschte in die Hände, und die Haut über ihren langen Wangenknochen leuchtete rot, aber vielleicht war das Rouge. »Ich fasse es nicht. Ich dachte, ich sehe dich nie wieder.«

Agatha beugte sich hinunter und hauchte rechts und links an Staysy vorbei Küsschen in die Luft. Wie früher leuchtete ein charmantes ironisches Lächeln auf ihrem Gesicht, als würde sie sich köstlich amüsieren.

»Was tust du hier, Agatha?«, Staysy hielt sie bestimmt von sich weg. »Dieser Ort ist nicht gerade dein Niveau, oder?«

»Ach«, wehrte Agatha leichthin ab. »Meinem Vater gehört diese Kette, und ich muss den Managern hin und wieder auf die Finger gucken. Staysy, ich freu mich ja so, dich zu sehen! Es gab die wildesten Gerüchte über dich, als du die Uni geschmissen hast.«

Agatha nahm Staysy mit dem Schwung eines hundertjährigen gichtkranken Stepptänzers in die Arme. Sie war, wie früher, zu kultiviert, um echte Freude empfinden zu können, aber in ihren blassblauen Augen leuchtete tatsächlich ein enthusiastischer Funke.

»Gerüchte?«, Staysy hob eine Braue.

»Oh ja!«, plapperte Agatha kichernd. »Manche meinten, du wärst eine Voodoo-Priesterin geworden. Andere waren sich sicher, dass du zum Geheimdienst gegangen wärst.«

Beides stimmte. Staysy lachte kurz und falsch und machte eine abwehrende Handbewegung.

»Ich nehme an, du hast mittlerweile fünf Kinder«, sagte sie forsch.

Agatha lachte zu laut und zu schnell.

»Ach, du! Ich wünschte, ich hätte Zeit für so etwas.«

Staysy frage nicht nach und musterte ihre alte Freundin unauffällig und routiniert. Agatha war körperlich gesund, durchtrainiert und offensichtlich geistig auf Zack. Sie trug keine Waffe und Staysy sah kein Zeichen von Drogen– oder übermäßigem Medikamentenkonsum. Ein paar rote Äderchen neben den Pupillen und auf der hübschen Stupsnase ließen auf gewohnheitsmäßigen Alkoholkonsum schließen. Keine verdächtigen Symbole auf den schweren goldenen Ohrringen, keine Blutspuren unter den manikürten Fingernägeln. Staysy zwang sich, ihre hart antrainierte Paranoia zu unterdrücken – Agatha war sauber.

»Es ist typisch, dass ich dich hier treffe«, plapperte Agatha munter weiter. »Eine echte Cole, und sie schwitzt in irgend so einer Muckibude. Hast du nie mal den Wunsch verspürt, Lew und Michael und den Rest der alten Bande wiederzusehen?«

Staysy wischte sich mit dem Handtuch das Gesicht ab. Die Universität war eine andere Welt gewesen. Staysy hatte mit jungen Lords und Ladys über die Themen der Seminare sprechen wollen, während ihre reicheren Mitstudierenden über die apartesten Flecken auf Sardinien und Malaga diskutiert hatten. Die Männer waren kultiviert gewesen, locker und meistens betrunken.

Agatha deutete triumphierend mit dem Zeigefinger auf ihr Gesicht:

»Ha! Ich sehe es genau. Staysy Cole hat Sehnsucht nach dem dekadenten Leben von Leuten, die sich Luxus leisten können.«

Staysy protestierte schwach, da hielt sie auch schon eine türkis gravierte Visitenkarte aus Büttenpapier in der Hand.

»Morgen Abend gibt mein Vater eines seiner Gelage, Staysy. Es wäre mir eine unglaubliche Freude, wenn du dich dazu entschließen könntest, die alten Verbindungen wiederaufleben zu lassen.«

»Agatha, vielen Dank, aber mein Job lässt mir kaum Zeit …«

Agatha hob eine Braue und schüttelte dann pikiert den Kopf.

»Am Donnerstagabend?«

Staysys Arbeit nahm sie auch am Donnerstagabend in Beschlag, aber das war wohl kaum ein geeignetes Gesprächsthema für eine Lady Milligan.