Skinhead – Verloren & Gefunden - Anonymous - E-Book

Skinhead – Verloren & Gefunden E-Book

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Beschreibung

Homosexueller Roman, 

Julian, 18 Jahre alt, verliert alles, was ihm bisher Halt gab. In einer Welt zwischen Rebellion, Schmerz und Hoffnung begegnet er Marco, einem Mann mit klaren Regeln und einer eisernen Hand. Unter Marcos Führung wird Julian Teil einer harten Subkultur – gefangen zwischen Kontrolle und Verlangen, zwischen Verlust und Neuanfang.
Während er sich den Anforderungen seines neuen Lebens stellt, kämpft Julian mit seinen eigenen Gefühlen, seiner Vergangenheit und der Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Doch je tiefer er in diese Welt eintaucht, desto mehr verschwimmen Grenzen – von Macht und Freiheit, von Liebe und Loyalität.
Ein intensives Drama über Identität, Grenzen und das Finden eines neuen Ichs – ungeschönt, mitreißend und voller Spannung.
 

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Dave Miles

Skinhead – Verloren & Gefunden

Die Suche nach Identität und Zugehörigkeit

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Dieses eBook wurde mit Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Skinhead – Verloren & Gefunden

landmarks

Titelseite

Cover

Inhaltsverzeichnis

Buchanfang

Skinhead – Verloren & Gefunden

Teil 1 Die Suche nach Identität und Zugehörigkeit

Julian spürte den Druck in seinem Brustkorb, lange bevor er sein Elternhaus überhaupt betreten hatte. Die schweren, glatten Türen der Bank fielen hinter ihm ins Schloss, als er in die feuchte Abendluft trat. Die Krawatte juckte ihn am Hals, der Hemdkragen schnürte ihn ein wie ein Halsband. Die Luft roch nach nassem Laub und kaltem Metall – der Oktober hatte sich in die Straßen seiner Kleinstadt gelegt wie ein grauer Film.

Er war achtzehn, aber fühlte sich älter. Nicht weiser – nur müder.

Als Auszubildender bei der Westbank AG hatte man ihn heute wieder spüren lassen, was Erwartung bedeutete. Immer korrekt. Immer höflich. Immer „Herr von Dorn“. Seine Eltern, alteingesessen und gut situiert, hatten ihm die Lehrstelle vermittelt – ein Gefallen unter Geschäftsfreunden. Sein Vater war Bauunternehmer, seine Mutter ein Geist in weißem Kaschmir. Beide kannten kein Scheitern.

Julian tat, was man von ihm verlangte. Und er wurde darin immer besser – sich zu fügen, zu schweigen, zu nicken.

Aber manchmal, auf dem Heimweg, ging er einen Umweg. Wie heute.

Er bog in den Stadtpark ab, der sich wie ein vergessener Schlauch zwischen den Wohnvierteln erstreckte. Es war später Nachmittag, das Licht hing tief und orange zwischen den Baumkronen. Die Schatten wurden länger, flossen in die Ritzen der Wege. Ein Ort zum Verschwinden.

Er schob die Hände in die Manteltaschen, atmete langsamer. Hier musste er nicht lächeln. Nicht funktionieren.

Dann sah er sie.

Auf einer der durchwetterten Parkbänke am Rand der großen Wiese saßen drei Männer. Jung – vielleicht Mitte zwanzig. Ihre Köpfe rasiert, glänzend im schrägen Licht. Springerstiefel. Bomberjacken. Einer trug nur ein Tanktop trotz der Kälte. Tätowierungen zogen sich über seine Unterarme – Totenköpfe, Eisenkreuze, Flammen, Runen. Ihre Körper wirkten kompakt, gespannt wie Drahtseile. Muskeln unter abgetragener Haut.

Sie rauchten. Einer spuckte auf den Boden, ein anderer trank Bier aus der Flasche, obwohl kein Geschäft in Sicht war. Sie redeten nicht laut, aber ihre Präsenz war gewalttätig. Roh. Ungefiltert.

Julian blieb stehen – einen Moment zu lang. Seine Augen tasteten über die Männer, als wollten sie verstehen, warum sie ihn nicht losließen. Es war der mittlere, der ihn fesselte. Starke Kiefer, ein langer Kratzer quer über der Wange, Narben an den Fingern. Sein Blick lag wie ein Gewicht auf Julians Brust.

Und plötzlich hob der Kerl den Kopf.

Julian erstarrte.

„He!“, rief der Mann und stand auf. „Na, was glotzt’n du so? Komm mal her!“

Die Stimme war rau und schneidend. Keine Drohung – ein Befehl. Der Ruf schnitt durch den Park wie ein Messer durch Stoff.

Julian rührte sich nicht. Dann zuckte er kaum merklich, wandte den Kopf ab und tat, als würde er telefonieren. Ging weiter, schnellen Schrittes. Die feuchten Kiesel knirschten unter seinen Schuhen. Sein Atem war flach.

Er drehte sich nicht um. Aber in seinem Rücken brannte der Blick des Mannes.

Was er nicht wusste: Der Blick würde ihn nicht mehr loslassen. Etwas war in diesem Moment in Bewegung geraten. Etwas, das keine Gnade kannte.

Und der Mann mit dem Kratzer und der Stimme wie Schleifpapier hatte seinen Namen noch nicht gehört – …aber er würde ihn lernen.

Das Haus der Familie von Dorn lag in einem jener sauberen Viertel mit gepflegten Vorgärten, wo der Rasen immer auf exakt drei Zentimeter gestutzt war und niemand Mülltonnen auf der Straße stehen ließ. Eine elektrische Pforte, Kiesauffahrt, moderne Architektur in kühlem Grau und Glas – repräsentativ, aber seelenlos. Wie alles hier.

Julian öffnete mit dem Handsensor, trat ein und zog die Schuhe aus, bevor seine Mutter ihn daran erinnern konnte. Der Geruch nach frisch gewischtem Steinboden und teurem Parfüm lag in der Luft. Keine Musik. Kein Lachen. Nur leise tickende Uhren und der sanfte Schlag der Eismaschine in der Küche.

„Julian?“, kam es aus dem Esszimmer. Die Stimme seiner Mutter war hell, kontrolliert. „Komm bitte sofort her.“

Er seufzte, ließ seine Tasche im Flur stehen und ging hinüber. Sein Vater saß bereits am Tisch – Anzug, Armbanduhr, starre Miene. Die Suppe dampfte in feinem Porzellan. Nichts war angerichtet. Alles war aufgetischt.

„Setz dich“, sagte sein Vater knapp.

Julian tat es.

Kein Gespräch. Nur Besteck. Das leise Klacken von Tellern. Dann:

„Frau Hessel hat angerufen“, sagte seine Mutter, ohne aufzusehen. „Deine Noten in Rechnungswesen sind ein Problem.“
„Ein ernstes“, ergänzte sein Vater. „Die Firma hat dich aufgenommen, weil ich mich für dich verbürgt habe. Was glaubst du eigentlich, wie das wirkt, wenn du… versagst?“

Julian sagte nichts. Er kaute, obwohl er keinen Hunger hatte. Die Suppe schmeckte nach heißem Wasser und Schuld.

„Du musst dich fokussieren. Weniger Fernsehen. Weniger mit dem Handy. Mehr Leistung“, sagte seine Mutter mit ihrem üblichen Tonfall – als wäre sie eine Anwendung im Smart Home, programmiert auf Kritik mit Lächeln.

Er nickte. Automatisch. Ein Zahnrad im System.

Nach dem Essen schloss er sich in sein Zimmer im Obergeschoss ein. Hochwertige Möbel, ordentlich, alles an seinem Platz. Eine gerahmte Urkunde von der Schule. Ein sauberes, leeres Schreibtischblatt. Lehrbücher. Und sein Kopf: Voll. Laut.

Julian versuchte zu lernen, schlug Rechnungswesen auf, starrte auf Zahlen, die sich vor seinen Augen verzerrten. Doch immer wieder tauchte das Gesicht des Mannes auf – der aufgestanden war, ihn gerufen hatte. Die scharfe Stimme. Die Narben an den Händen. Das Grinsen.

Warum hatte das so gewirkt?

Er war kein Kind mehr. Keine Jungfrau in der Großstadt. Und doch hatte dieser Blick ihn getroffen wie ein Stromschlag. Er wusste nicht, ob es Angst war oder etwas anderes. Nur, dass es sich eingebrannt hatte. Es war keine klassische Bedrohung gewesen – mehr wie ein… Anspruch. Als hätte der Kerl ihn erkannt. In einem Moment, der gar keiner war.

Julian schloss das Buch. Ging zu seinem Schreibtisch, dann wieder zurück. Legte sich aufs Bett. Griff zum Tablet.

Er suchte sich eine Serie, die er kannte. Etwas Harmloses, was Schnelles, vertraut. Aber selbst beim fünften Mordfall in Folge, bei Dialogen, Explosionen und künstlichen Cliffhangern dachte er nur an eines:

Warum ich?

Warum hatte er ihn gesehen? Warum dieser Satz?

Na, was glotzt’n du so? Komm mal her.