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Für Alexandra durch die Hölle
Als der Richter in Great Bend das Urteil verkündet, bricht für die schöne Alexandra Gräfin Potemkin eine Welt zusammen. Die schöne, faszinierende Frau soll am Galgen enden. Sie soll für einen Mord büßen, den sie nicht begangen hat. Und sie, die auf den Bühnen vieler Städte stürmisch umjubelt und von zahllosen Männern verehrt wurde, sieht sich plötzlich gehasst und verachtet.
In diesen Stunden der höchsten Verzweiflung denkt sie an den Mann, der ihr schon einmal das Leben gerettet hat. Dieser Mann ist John Morgan, der Boss der Skull-Ranch in Colorado. Er ist Alexandras letzte, verzweifelte Hoffnung ...
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Für Alexandra durch die Hölle
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Faba/Norma
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-8739-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Für Alexandra durch die Hölle
von Frank Callahan
Als der Richter in Great Bend das Urteil verkündet, bricht für die schöne Alexandra Gräfin Potemkin eine Welt zusammen. Die schöne, faszinierende Frau soll am Galgen enden. Sie soll für einen Mord büßen, den sie nicht begangen hat. Und sie, die auf den Bühnen vieler Städte stürmisch umjubelt und von zahllosen Männern verehrt wurde, sieht sich plötzlich gehasst und verachtet. In diesen Stunden der höchsten Verzweiflung denkt sie an den Mann, der ihr schon einmal das Leben gerettet hat. Dieser Mann ist John Morgan, der Boss der Skull-Ranch in Colorado. Er ist Alexandras letzte, verzweifelte Hoffnung …
Die langen Haare, die an poliertes Kupfer denken lassen, fächern über die nackten Schultern. Unmerklich straffen sich die festen Brüste unter dem dünnen Kleid.
Sie hat das großäugige Gesicht einer Göttin. Die Mundwinkel verziehen sich missmutig, als der dicke Howard Brown nach ihr greifen will.
Gräfin Alexandra Potemkin weicht einige Schritte zurück. Noch lächelt die schöne Frau leicht. Sie will dem Mann die Chance geben, dieses raue Spiel zu beenden.
Howard Brown kapiert dies jedoch nicht. Er drängt näher, dann schrauben sich seine Hände um die nackten Oberarme der schönen Gräfin, von der niemand weiß, ob sie wirklich eine russische Adelige ist, die es in den Westen Amerikas verschlagen hat.
»Ich muss dich haben«, stößt Brown hervor. »Ich lege dir die ganze Welt zu Füßen, Alexandra. Bitte weise mich nicht ab, sonst jage ich mir eine Kugel durch den Schädel.«
Die schöne Frau wirkt beherrscht. Nur auf ihrer Stirn bilden sich ein paar harte Linien.
»Lass mich los, Howard«, stößt sie dann hervor. »Lass mich sofort los, sonst jage ich dir eine Kugel durch den Kopf. Und dies ist kein Spaß mehr, mein Bester.«
Howard Brown lacht siegessicher. Er glaubt wohl, dass die schöne Gräfin sich einen Scherz mit ihm erlauben will. Doch dann bohrt sich der Lauf eines kleinen Derringers in seinen Bauch.
Der Mann steht plötzlich stocksteif da. Für einige Augenblicke vergisst er sogar zu atmen. Das Lächeln ist von seinen Lippen gewichen. Sein Gesicht bekommt einen leicht dümmlichen Ausdruck.
Plötzlich ahnt er, dass dies kein Scherz mehr ist. Er weiß auch, dass er bei der schönen Frau wohl zu weit gegangen ist, der die ganze Stadt Great Bend in Kansas zu Füßen liegt.
Jawohl, so ist das.
Und er hat geglaubt, diese Frau im ersten Anlauf erobern zu können, so wie es ihm schon oft bei vielen schönen Ladys gelungen ist. Doch diesmal ist es anders. Er merkt es in diesen Sekunden.
Howard Brown weicht einige Yards zurück. Fassungslos starrt er auf den Derringer, den Gräfin Alexandra Potemkin noch immer in der Hand hält.
Nun senkt sie die kleine Waffe und lässt sie in irgendeiner Falte ihres Kleides verschwinden.
»Du solltest lieber gehen, Howard«, lächelt Alexandra. »Ich bitte dich darum.«
Brown nickt.
Er weiß, dass er dieses Spiel verloren hat und wohl niemals die Liebe dieser schönen Frau erringen wird. Die Enttäuschung spiegelt sich auf seinem Gesicht.
»Gibt es wirklich keine Chance für mich?«, fragt er nochmals hoffnungsvoll und bittend zugleich.
»Ich bin nicht käuflich, mein Lieber, wenn du das meinst«, antwortet Alexandra ernst. »Glaube mir, ich kenne das Leben und habe längst meine Lektionen gelernt. Ich bin kein dummes Ding mehr, das auf ein paar schöne Worte hereinfällt und dann irgendwann mit einem dämlichen Gesicht dasteht. Nein, Howard Brown, du wirst mich nie bekommen. Du nicht und auch kein anderer in dieser Stadt, denn meine Liebe gehört einem Mann, der weit weg von hier ist. Ich kann ihn nicht vergessen, obwohl es in diesem Falle gerade umgekehrt ist. Ich konnte diesen Mann nicht bekommen.«
Alexandra Gräfin Potemkin schweigt plötzlich, so, als habe sie schon zu viel von ihrem Innersten offenbart.
Howard Brown nickt leicht und greift nach seinem Stetson, der auf der polierten Kommode liegt.
»Dies muss wohl ein ganz besonderer Mann sein, nicht wahr?«, fragt er. Seine Frage klingt jedoch bereits mehr nach einer Feststellung.
Brown mustert die schöne Frau, als sähe er sie zum ersten Mal. Und wieder spürt er ihre frauliche Ausstrahlung, die ihn verzaubert und in den Bann schlägt.
Seine Handflächen werden feucht. Große Schweißperlen glänzen auf seiner Stirn.
Alexandra nickt plötzlich.
»Ja, er ist ein besonderer Mann. Ein Mann, der zum Salz der Erde gehört und neben dem andere Männer oft wie kleine Wichte wirken. Trotz allem ist er gütig und voller Grundsätze. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck.«
Sie schweigt und denkt an John Morgan, den Boss der Skull-Ranch, mit dem sie bisher in ihrem Leben zweimal zusammengetroffen ist.1) Doch dann wischt sie diese bitteren und doch so schönen Erinnerungen zur Seite, richtet ihr volles Augenmerk auf den ungefähr fünfunddreißigjährigen Mann vor ihr, der die Bank von Great Bend leitet und über genügend Dollar verfügt, um ihr ein angenehmes und sorgenfreies Leben bieten zu können.
Sie lächelt leicht.
»Wir können Freunde bleiben, Howard«, sagt Alexandra Gräfin Potemkin und reicht Howard Brown ihre Hand. »Auch wenn wir kein Paar werden. Ist dies kein vernünftiger Vorschlag?«
Sein Gesicht wirkt noch immer finster.
Die Lippen pressen sich hart aufeinander.
»Okay, Alexandra«, nickt er dann. »Ich habe wohl keine andere Wahl. Doch solltest du deinen Entschluss ändern, dann …«
Die schöne Frau winkt ab. »Lassen wir dies, Howard.«
Der Bankdirektor geht zur Tür. Dort bleibt er stehen und wendet sich nochmals der Gräfin zu.
»Und es ist wirklich nicht Hank Baxter, der dir im Kopf herumspukt, Alexandra?«
Eine leichte Röte flutet über das ebenmäßige Gesicht der schönen Frau.
Sie zögert.
Und Howard Brown erkennt dies. Sein markantes Gesicht verzieht sich unwillig. Eine schlimme Wut beginnt in seinen leicht schrägliegenden Augen zu funkeln.
»Also doch Baxter«, schnauft er zornig. Eine kleine Ader an seiner linken Schläfe beginnt im Rhythmus des Herzschlages zu pulsieren. »Sag mir die Wahrheit, Alexandra. Ist es Baxter?«
»Er ist einer von vielen Männern, die mir hier in Great Bend den Hof machen und mir die Welt zu Füßen legen wollen, Howard. Ich verstehe deine Eifersucht nicht, denn ich habe dir niemals große Hoffnungen gemacht. Dies wirst du mir bestätigen können. Hank Baxter ist ein guter Mensch. Wir verstehen uns und haben oft stundenlang miteinander diskutiert.«
Er lächelt spöttisch.
»Diskutieren nennt man das jetzt?«
Alexandra Gräfin Potemkins Augen verengen sich leicht. Etwas Katzenhaftes geht plötzlich von ihr aus.
»Raus mit dir, Howard«, sagt Alexandra dann scharf. »Verschwinde und lass dich niemals wieder sehen. Los, mein Bester, sonst rufe ich um Hilfe. Und was dann geschehen wird, das kannst du dir leicht ausrechnen. Dann bist du erledigt im ganzen Distrikt.«
Sein Zorn kühlt plötzlich ab.
Er macht eine um Verzeihung bittende Geste, doch das rassige Gesicht der Gräfin bleibt kühl.
»Raus, Howard, ich werde mir deine infamen Beleidigungen nicht mehr länger anhören. Du scheinst immer von dir auf andere zu schließen. Und ich bin ehrlich froh, dass ich dich endlich durchschaut habe. Mit uns kann es wirklich nichts werden. So long.«
Die letzten Worte klingen kalt. Ganz so, als wäre der Entschluss der Gräfin unabänderlich.
Der Bankier senkt den Kopf.
Ohne noch etwas zu sagen, öffnet er die Tür des Hotelzimmers und geht davon.
Alexandra blickt ihm hinterher und tritt dann ans Fenster. Sie sieht Howard Brown die staubige Mainstreet überqueren und dann im Gebäude der »Great Bend Central Bank« verschwinden.
Die schöne Frau zuckt mit den Schultern. Sie ahnt plötzlich, dass sie sich einen Feind gemacht hat. Doch so ist es schon überall gewesen.
Die Männer betrachten sie irgendwie als kostbares Wild, als eine Art Jagdtrophäe, die es zu erringen gilt. Und wenn sie dieses Spiel nicht mitspielt, dann werden die Gentlemen böse.
So ist das also.
Und Alexandra Gräfin Potemkin hat sich noch niemals verkauft. Natürlich gab es einige Männer in ihrem Leben, doch meistens ging es nicht lange gut.
Und wieder denkt die schöne Frau an John Morgan, dessen Ranch sich in einem wunderbaren Blaugrastal in Colorado befindet. Sie denkt daran, dass John Morgan sie unter Einsatz seines Lebens rettete, als sie einen gefährlichen Killer auf ihrer Fährte hatte.
Sie tritt vom Fenster weg und setzt sich in den Sessel. Der nachdenkliche Blick erlischt. Das Gesicht verliert den tiefen Ernst und wirkt sogar heiter.
Alexandra weiß, dass es keinen Zweck hat, an die Vergangenheit zu denken. Nur Gegenwart und Zukunft gelten. Und John Morgan ist Vergangenheit.
Wenn auch eine sehr schöne.
»Wir werden heiraten, Vater!«
Rebecca Baxter sagt dies mit viel Entschlossenheit. In ihrem jugendlichen Gesicht zuckt es leicht.
Voller Trotz blickt sie ihren Vater an. Sie ahnt bereits, wie dessen Antwort ausfallen wird.
Hank Baxter, ein Mann in den besten Jahren, lächelt jedoch nur und fährt seiner siebzehnjährigen Tochter mit einer zärtlichen Geste durch das schulterlange blonde Haar.
Dann zupft er mehrmals an seinem Oberlippenbart, der seinem ovalen Gesicht mit den bestimmt blickenden Augen einen verwegenen Ausdruck gibt.
»So, so, heiraten willst du. Und wenn ich richtig tippe, dann ist dein Auserwählter Joel Curry, der Vormann meiner Ranch.«
Rebecca nickt zögernd.
Noch immer versteht sie die Reaktion ihres Vaters nicht, hatte angenommen, dass dieser sofort wie ein wildgewordener Toro zu wüten beginnen würde.
»Mein Kind«, sagte der Rancher und schenkt sich ein Glas mit golden schimmerndem Whisky voll. »Hast du dir dies auch alles reiflich überlegt? Du bist noch sehr jung, gerade erst den Windeln entwachsen. Möchtest du nicht lieber auf den Rat eines erfahrenen Mannes hören, auch wenn er nur dein Vater ist?«
Das junge Mädchen lächelt nun leicht. »Sicher, Dad«, sagt sie mit glockenheller Stimme. »Ich liebe Joel, und er liebt mich auch. Warum sollen wir nicht ein Paar werden? Andere Frauen in meinem Alter sind längst verheiratet und haben sogar schon Kinder.«
Hank Baxters Miene verdüstert sich.
»Du bist ja auch nicht irgendein Girl«, sagt er dann und nippt an seinem Whiskyglas. »Du bist die Tochter des angesehensten und größten Ranchers im ganzen Distrikt.«
Seine Stimme wird plötzlich schärfer. »Und ich habe mir dieses Rinderreich geschaffen, um es eines Tages einem würdigen Nachfolger zu übergeben. Leider habe ich keinen Sohn, Rebecca. Mutter starb bei deiner Geburt, wie du weißt.«
Er schweigt, dann blickt er seine Tochter prüfend an, die jedoch seinem forschenden Blick standhält.
»Und ich bin nicht sicher, dass dieser Joel Curry der richtige Mann ist, um mein Kingdom zu erhalten.«
»Er ist ein ausgezeichneter Rindermann, Dad«, sagt das junge Girl schnell. »Und dies sind deine eigenen Worte gewesen. Joel versteht eine ganze Menge von Rinderzucht, denn sonst wäre er überhaupt nicht dein Vormann geworden.«
Hank Baxter nickt.
»Da muss ich dir recht geben, Kleines«, antwortet er. »Doch da gibt, es noch ein anderes Problem, mein kleiner Liebling.«
Rebecca sieht ihren Vater prüfend an. »Ich werde wieder heiraten«, sagt der Rancher plötzlich. Das Gesicht des schönen Girls wird um einige Nuancen bleicher. »Ich denke nicht daran, dir und deinem Mann die Ranch zu überschreiben. Außerdem habe ich vor, noch zehn oder zwanzig Jahre zu leben.«
Rebecca Baxter setzt sich. Die Knie sind ihr nach dieser Eröffnung weich geworden.
»Du … du willst doch nicht … diese … diese Frau … heiraten?«
Der Großrancher nickt.
»Jawohl, mein Kind, ich werde diese Frau heiraten, wenn sie mich will. Doch da bin ich mir gar nicht so sicher, denn Alexandra hat ihren eigenen Kopf. Bisher sind meine Bemühungen gescheitert. Doch ich werde nicht aufgeben.«
Die letzten Worte haben wie ein Schwur geklungen. Verbissen wirkt das Gesicht des Ranchers.
»Sie ist viel zu jung für dich«, stößt das Mädchen hervor. »Sie würde dir kein Glück bringen. Sie wird von den Männern umschwärmt, wie das Licht von den Motten. Ihr Ruf ist sehr zweifelhaft, und von ihrer Vergangenheit weiß man sehr wenig. Dad, ich bitte dich, lass ab von dieser Frau. Ich fühle es ganz deutlich, dass sie dir nur Kummer und Sorgen bringen wird.«
Hank Baxter schüttelt den Kopf.
»Du wirst mich nicht davon abbringen können, Tochter. Mein Entschluss steht fest. Und ich bin ein Mann in den besten Jahren. Ich habe mein Leben lang nur gearbeitet und geschuftet. Warum soll ich es mir nun nicht auch ein wenig schön machen? Eigentlich passt es mir sogar, dass du heiraten willst. Joel Curry könnte sich dann noch mehr um die Ranch kümmern und mich entlasten. Ich werde mit Alexandra einige Reisen machen und mir die Welt ansehen.«
Hank Baxter blickt seine Tochter lächelnd an.
»Es fragt sich nur, ob Joel noch dein Mann werden will, wenn er erfährt, dass er die Ranch nicht bekommen wird! Sollte es zur Heirat zwischen mir und Alexandra Gräfin Potemkin kommen, dann werde ich die Ranch in meinem Testament meiner zukünftigen Frau überschreiben.«
Nun ist es heraus.
Rebecca blickt ihren Vater voller Entsetzen an. Sie kann es nicht fassen, dass ihr leiblicher Vater einer fremden Frau seinen ganzen Besitz überschreiben will.
Er winkt beruhigend ab.
»Dies sind alles doch nur Formalitäten, Kleines. Ich habe wirklich vor, sehr alt zu werden. Und deinen Pflichtteil bekommst du auf alle Fälle. Ich möchte meinem Vormann nichts unterstellen, doch wenn er dich jetzt noch immer heiraten will, dann tut er es aus Liebe und nicht, um die Ranch zu erben.«
Rebecca nickt plötzlich.
»Okay, Dad, wir haben es wirklich nicht auf deine Ranch abgesehen. Joel und ich, wir lieben uns von ganzem Herzen. Wir würden auch in einer Erdhütte glücklich werden. Ich sehe, dass dein Entschluss unabänderlich ist, Vater.«
Er erhebt sich und drückt seine Tochter zärtlich an sich. So verweilen sie einige Augenblicke.
»Ich wünsche dir alles Glück dieser Welt«, sagt Rebecca dann. »Irgendwie verstehe ich dich, doch wenn ich an diese Frau denke, die nun meine Stiefmutter werden soll, dann bekomme ich es mit der Angst zu tun. Sorry, Dad, ich kann mir dieses Gefühl nicht erklären, doch es ist wirklich so. Ich habe Angst, Angst um dich.«
Hank Baxters Gesicht wird für einen kurzen Augenblick ernst, dann lächelt er seiner Tochter zu.
»Du darfst über niemanden den Stab brechen, den du nicht richtig kennst. Alexandra ist eine prächtige Frau, mit der man Pferde stehlen kann. Sie ist weit in der Welt herumgekommen und sehr gebildet. Ich habe manchmal das Gefühl, dass du sie mit irgendeinem Flittchen vergleichst.«
Sie zuckt mit den Schultern.
»Ich weiß es nicht, Dad. Vielleicht ist es so, ich will ehrlich zu dir sein. Okay, bring sie auf die Ranch. Ich will sie kennen lernen. Vielleicht werden wir sogar gute Freundinnen, denn ich hoffe nicht, dass du von mir verlangst, dass ich sie Mutter nennen soll.«
Die letzten Worte kommen scherzhaft von ihren Lippen. Hank Baxter legt seiner Tochter einen Arm um die Schulter. Gemeinsam verlassen sie das Zimmer und treten in den Ranchhof hinaus.
»Wir werden sehen«, sagt der Rancher noch. »Die kommenden Tage und Wochen werden wohl die Entscheidung bringen.«
Die geballte Faust des Mannes zuckt nach vorn und donnert voller Wucht gegen das Kinn seines Gegners, der von diesem Schlag überrascht wird, zurücktaumelt und sich dann recht unsanft auf den Hosenboden setzt.
Verblüfft reibt sich John McDonald das Kinn, das sofort anzuschwellen beginnt. Dann blickt er seinen Freund und Gefährten kopfschüttelnd an, als habe dieser nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Er taumelt auf die Beine.
»He, Jimmy, haben sie dir etwas in den Whisky getan? Oder hast du vielleicht die Sonne draußen auf der Weide nicht vertragen? Heiliger Rauch, bei dir müssen wirklich ein paar Schrauben locker sein.«
Jimmy Twodance, ein noch junger Cowboy, steht noch immer mit geballten Fäusten und grimmigem Gesicht da. In seinen Augen funkelt ein heißer Zorn.
Die umstehenden Männer im Saloon staunen ebenfalls alle. Sie starren den jungen Cowboy an, als wären diesem plötzlich drei Köpfe gewachsen. Jimmy ist als ein friedlicher Zeitgenosse bekannt, den nur selten etwas aus der Ruhe bringen kann.
»Es muss wohl am Whisky liegen«, sagt einer der umstehenden Männer. »Solche Babys wie Jimmy vertragen nun einmal nicht so einen richtigen Stiefel voll. Die …«
»Lass ihn in Ruhe«, knurrt John McDonald und kommt langsam näher. Noch immer reibt er sich das angeschwollene Kinn.
»He, nimm nur die Fäuste weg«, sagt er zu seinem Partner. »Wenn du eine kräftige Abreibung haben willst, dann brauchst du es nur zu sagen. Ich schlage dich ungespitzt in den Boden, mein Junge.«
Und John McDonald ist ein Hüne von Gestalt, gegen den Jimmy Twodance recht unscheinbar wirkt.
Jimmy senkt die Fäuste, dann nimmt er sein Whiskyglas vom Tresen und leert es in einem Zug.
John tritt zu ihm.
»So, mein Junge, und nun sagst du mir in aller Freundschaft, was ich gemacht habe, dass du so wütend geworden bist. Ich weiß es nämlich nicht. Doch lass dir nur eine vernünftige Erklärung einfallen, sonst muss ich dir wirklich was aufs Auge geben.«
Seine Worte verklingen.
Die beiden Cowboys stehen dicht nebeneinander. Jim Twodance nickt plötzlich.
»Okay, John. Ich will dir sagen, warum ich wie eine Dynamitladung in die Luft gegangen bin.«
John McDonald grinst. »Doch nicht wegen …«