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Die fünf falkengesichtigen Reiter hetzen ihre Pferde durch die raue Bergwelt Colorados, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her. Bill Robinson und seine Bande sind auf der Flucht, denn in Torton Town wartet der Henker auf sie.
Immer wieder blicken sich die Desperados um und erwarten, das Aufgebot zwischen den Hügeln zu erkennen. Man wird sie schnappen, wenn sie nicht bald eine der in den grünen Tälern Colorados gelegenen Ranches erreichen, um sich frische Pferde zu holen.
Bill Robinson, der Boss der Bande, dreht sich im Sattel um und erstarrt: Das Aufgebot jagt heran!
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Finale in der Geisterstadt
Vorschau
Impressum
Finale in der Geisterstadt
von Frank Callahan
Die fünf falkengesichtigen Reiter hetzen ihre Pferde durch die raue Bergwelt Colorados, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her. Bill Robinson und seine Bande sind auf der Flucht, denn in Torton Town wartet der Henker auf sie.
Immer wieder blicken sich die Desperados um und erwarten, das Aufgebot zwischen den Hügeln zu erkennen. Man wird sie schnappen, wenn sie nicht bald eine der in den grünen Tälern Colorados gelegenen Ranches erreichen, um sich frische Pferde zu holen.
Bill Robinson, der Boss der Bande, dreht sich im Sattel um und erstarrt: Das Aufgebot jagt heran!
»Wir müssen weiter, Jungs«, murmelt Cliff Robinson. »Das Aufgebot ist höchstens nur noch zwei Meilen entfernt. Und diese verdammten Bastarde werden nicht aufgeben. Die wollen uns alles mit Zins und Zinseszins zurückzahlen.«
»Warum machen wir uns eigentlich die Hosen voll, Amigos?«, stößt Manuel Zaccora hervor. »Lass die Muchachos doch kommen. Wir empfangen sie mit heißem Blei. Diese Bastardos werden wie die Hasen laufen. Und ich...«
Cliff Robinson schüttelt den Kopf. In seinen grünen Augen beginnt es zu funkeln. Manuel Zaccora, der Mexikaner, blickt den Boss des rauen Rudels zornig an.
»No, wir reiten weiter«, bestimmt Robinson. »Das Aufgebot besteht aus über zwanzig Männern. Und die Kerle können mit ihren Waffen gut umgehen. Das sind keine Stubenhocker, sondern harte Burschen, die der Sheriff um sich geschart hat. Wir müssen in der rauen Bergwelt Colorados untertauchen und unsere Fährten gut verwischen. Dies ist unsere einzige Chance.«
Zaccora schüttelt unwillig den Kopf, gibt jedoch nach, als er erkennt, dass er mit seinem Plan alleine dasteht.
Im Osten, dort wo die Berge der Rocky Mountains gegen den Himmel ragen, ist es noch heller geworden.
Rag Dennis, Mike Spencer und Cento, die drei restlichen Banditen, treiben ihre müden Pferde an, die sich zwar durch die kurze Ruhepause ein wenig erholt haben, jedoch einen längeren Ritt nicht mehr lange durchhalten werden.
»Irgendwo hier zwischen den Hügeln muss es Ranches und Farmen geben, Jungs!«, ruft Cliff Robinson. »Und dort holen wir uns frische Pferde und drehen dem Sheriff und seiner Posse eine lange Nase.«
Sie reiten weiter, lassen ihre Tiere traben und sehen sich immer wieder um. Und irgendwann erkennen sie das Aufgebot zwischen den sanft geschwungenen Hügeln. Wie an einer Perlenschnur reihen sich die Reiter hintereinander auf.
Zwei Stunden vergehen.
Längst ist es hell geworden und der Bodennebel wurde bereits von den sengenden Strahlen der Sonne aufgefressen.
Das Aufgebot holt auf. Es hat nun einmal die frischeren und ausgeruhteren Pferde, konnte die Tiere unterwegs wechseln und so den Banditen, die die Bank in Torton Town überfallen haben, einen Strich durch die Rechnung machen. Zwar konnten sie die Beute noch in einer Geisterstadt verstecken. Aber jetzt ist der Sheriff hinter ihnen her.
Cliff Robinson reitet als letzter des rauen Rudels. Er wendet sich immer öfter im Sattel um und erkennt, dass das Aufgebot von Minute zu Minute näherkommt.
Das Gelände um die fünf flüchtenden Banditen wird immer rauer. Colorado-Zedern und Douglas-Fichten recken sich in den strahlend blauen Himmel. Riesige Felsbrocken ragen aus dem mit Gras und Moos bewachsenen Boden hervor. Überall wachsen Büsche und Sträucher in diesem Landstrich, der wohl noch kaum von vielen Menschen betreten worden ist.
Von dem Aufgebot ist nichts zu sehen.
Cliff Robinson stößt einen heiseren Fluch aus. Er ahnt, dass ihnen in spätestens einer halben Stunde nichts anderes übrig bleiben wird, als zu kämpfen.
Und die Männer aus Torton Town werden die Outlaws nicht schonen, denn in Torton hatte es bei dem Überfall drei Tote gegeben.
Die Pferde der Desperados werden noch langsamer. Ihr Atem geht pfeifend. Eines der Pferde wieherte schrill, knickt leicht auf der Vorderhand ein, wird jedoch von seinem Reiter mit brutalem Zügelgriff erneut vorwärtsgetrieben.
In diesem Moment bricht sich die donnernde Explosion eines Gewehrschusses zwischen den Hügeln.
Manuel Zaccora wendet sich im Sattel und stößt dann einen erschrockenen Aufschrei aus.
Cliff Robinsons Sattel ist leer. Der Anführer des rauen Rudels liegt zusammengekrümmt am Boden. Seine Hände krallen sich vor heftigem Schmerz in den Boden.
Zaccora springt von seinem Pferd, das einige Schritte weitertaumelt, dann breitbeinig stehenbleibt und ein klagendes Wiehern ausstößt.
Der mexikanische Bandit beugt sich über Robinson und wälzt ihn auf den Rücken. Die Kugel des Gewehrs hat den linken Arm durchschlagen.
Cento, das Halbblut, Rag Dennis und Mike Spencer reiten heran. Aus den Sätteln blicken sie auf Zaccora und den verwundeten Cliff Robinson hernieder.
Wieder peitscht ein Schuss auf. Aber die Kugel bohrt sich in einen Fichtenstamm.
»Wir müssen verschwinden, Amigos«, sagt Zaccora. »Um Cliff können wir uns jetzt nicht kümmern. Außerdem würde er uns bei unserer Flucht nur behindern.«
Seine drei Partner nicken langsam.
Robinson wird in diesem Moment bewusstlos. Der Blutverlust hat ihn zu sehr geschwächt.
Schweigen herrscht.
Dann schütteln seine vier Gefährten wie auf ein geheimes Kommando hin die Köpfe.
Manuel Zaccora zerrt den Verwundeten zwischen die Büsche, die sich hinter ihm schließen.
»Wir hauen ab, Compadres, haben bereits zu viel Zeit verloren. Die Posse kann jeden Moment auftauchen.«
Rag Dennis, ein geiergesichtiges Kerlchen, greift nach den Zügeln von Robinsons Pferd und reitet los. Cento und Mike Spencer folgen ihm sofort.
Manuel Zaccora steht einige Sekunden unschlüssig da. Dann verwischt er so gut es geht die Blutspuren, die auf dem Boden zu sehen sind.
Er folgt seinen Gefährten, die schon einige hundert Yards zurückgelegt haben.
Noch einmal donnern Gewehrschüsse von den Hügeln her, doch wird keiner der Banditen verletzt.
Wie vom Teufel gehetzt jagen sie davon.
Cliff Robinson richtet vorsichtig seinen Oberkörper auf. Sein Arm fühlt sich taub an. Tränen des Schmerzes schießen dem Banditen in die Augen.
»Oh, ihr verdammten Hundesöhne«, flüstert Robinson. »Warum habt ihr mich verraten und einfach zurückgelassen?«
Robinson beißt sich fast die Lippen blutig, ehe es gelingt, seinen Arm oberhalb des Durchschusses abzubinden.
Es wird schwarz vor den Augen des Banditen. Eine riesige dunkle Wolke scheint sich auf ihn herniederzusenken und ihn gnadenlos zu verschlingen.
Näherkommende Hufschläge reißen Robinson aus dem Zustand zwischen Wachen und Bewusstlosigkeit.
Das Aufgebot.
Und wenn sie ihn finden, dann wartet der Strick in Torton Town auf ihn.
Angst lähmt Cliff Robinson, verdrängt sogar für einige Sekunden den lähmenden Schmerz. Er beißt die Zähne zusammen.
Seine Hand tastet zum Revolver im Holster. Das kühle Metall beruhigt ihn. Doch dann sinkt der Körper des Verwundeten zur Seite. Der Colt nützt ihm nichts. Überhaupt nichts.
Wie soll er sich mit der Waffe gegen zwanzig zu allem entschlossene Männer wehren?
Wieder stöhnt der Verwundete. Seine Wunde pocht und hämmert. Der Schmerz wütet in Arm und Schulter, als würden tausende von glühenden Nadeln dort hineingesteckt werden.
Die Hufschläge werden lauter. Robinson kann das Stampfen der Hufe und das Wiehern und Schnauben der Pferde vernehmen. Lederzeug und Sättel knarren.
Vielleicht entdecken sie mich nicht.
Dieser Gedanke beherrscht den Banditen plötzlich. Er drückt sich fest gegen den moosbewachsenen Boden. Zweige und Grashalme kitzeln sein Gesicht. Er erkennt einen schwarzen Käfer nur wenige Zoll von seiner Nase entfernt, der an einem Blütenstängel hochturnt.
Wieder schmerzt die Wunde höllisch.
Cliff Robinson möchte schreien, weiß jedoch, dass ein einziger Laut sein Versteck verraten würde.
Die Reiter sind nun nur noch wenige Pferdelängen entfernt. Ein paar Wortfetzen wehen herüber, deren Sinn der verwundete Outlaw jedoch nicht verstehen kann.
Regungslos liegt er im Dickicht, seinen schmerzenden Körper fest gegen den Boden gepresst.
Wird ihn das Aufgebot finden?
Und Cliff Robinson ahnt, dass diese Männer aus Torton Town einen fähigen Scout bei sich haben, der sich aufs Spurenlesen wie kein Zweiter versteht.
Robinsons Kehle fühlt sich plötzlich wie ausgetrocknet an. Ein dumpfes Würgen will in ihr aufsteigen. Der Bandit schließt die Augen.
Die ersten Reiter passieren die Stelle, wo hinter einigen Büschen der verwundete Bandit liegt. Ruhig traben die Pferde weiter. Sekunden vergehen, dann ist auch der letzte Reiter des Aufgebotes vorbei.
Die Erleichterung lässt Cliff Robinson aufatmen. Der Schmerz seiner Verletzung treibt ihm dann wieder große Schweißperlen auf die Stirn: Er verliert nach wie vor Blut. Er fühlt, dass sein Körper von Minute zu Minute schwächer wird.
Die Hufschläge verklingen in der Ferne. Cliff Robinson wuchtet seinen Oberkörper hoch. Schwarze Schatten gaukeln vor seinen Augen.
Erst nach langen Minuten geht es dem verwundeten Banditenboss wieder besser. Und erneut verflucht er seine vier Gefährten, die ihn gnadenlos zurückgelassen hatten, um sich auf der Flucht nicht durch ihn zu belasten.
Und Cliff Robinson schwört in diesen Augenblicken Rache, sollte er mit dem Leben davonkommen.
»Diese Myriam Sunbeam ist schon eine prächtige Frau«, sagt Doc Smoky, der Koch der Skull-Ranch, und schiebt seinen riesigen Lederhut aus der Stirn. »Ich finde es bewundernswert, wie es ihr gelungen ist, dort im Shepherd Valley eine Schafzucht aufzubauen.«
Mary-Lou, John Morgans Tochter, nickt lächelnd.
»Ich muss dir recht geben, Smoky. Sie ist wirklich eine bewundernswerte Frau. Wir von der Skull-Ranch haben jedoch der schönen Schäferin eine ganze Menge geholfen, Smoky. Vergiss das nicht. Ohne uns hätte es für Myriam Sunbeam und ihre Schafe überhaupt keinen neuen Anfang gegeben.«*
Der Oldtimer nickt.
»Gewiss, Mary-Lou, gewiss. Sie wird uns das auch niemals vergessen. Und ich finde es gut, Nachbarn zu haben, auf die man sich in der Stunde der Not verlassen kann.«
Mary-Lou und Doc Smoky befinden sich auf dem Heimritt ins Bluegrass Valley. Sie haben einen Besuch bei Myriam Sunbeam gemacht, die sich sehr darüber gefreut hatte.
Und Mary-Lou und die Schafzüchterin waren sich ein wenig nähergekommen.
Schweigend reiten der Oldtimer und John Morgans Tochter durch die raue Bergwelt Colorados. Der Weg wird manchmal so schmal, dass die Pferde hintereinander laufen müssen.
Doc Smoky reitet an der Spitze. Der Körper des Oldtimers zuckt plötzlich zusammen. Er reißt seine Parker Gun mit einem Ruck aus dem Scabbard und zügelt sein Pferd so abrupt, dass Mary-Lous Fuchsstute beinahe aufläuft.
»Was ist los?«, fragt das junge Mädchen. Mary-Lou versucht an Doc Smoky vorbei zu spähen, doch sie kann kaum etwas erblicken.
»Dort vorne liegt ein Mann quer über dem Weg, Kleines«, sagt der Oldtimer. »Er rührt sich nicht. Vielleicht ist der Bursche tot oder verletzt. Es kann sich natürlich auch um eine Falle handeln.«
Doc Smokys Stimme klingt heiser. Noch fester greift er die Schrotflinte.
»Du bleibst hier, Mary-Lou. Und sollte etwas Unvorhergesehenes geschehen, dann reitest du sofort zurück. Hast du mich genau verstanden?«
Mary-Lou nickt, flüstert dann ein leises Ja, da Doc Smoky ihr Nicken nicht sehen kann.
Der Ranchkoch schwingt sich aus dem Sattel. Keine Sekunde lässt er den regungslosen Körper aus den Augen. Geduckt huscht er auf den am Boden liegenden Mann zu, dessen Oberkörper halb aus einem Wacholderbusch hervorragt.
Zehn Schritte vor dem regungslosen Körper verhält der Koch der Skull-Ranch. Misstrauisch äugt er hinüber. Sein Blick wandert weiter, streift den grünen Busch- und Waldgürtel rechts und links des Reitweges.
Dort rührt sich nichts. Außer den Geräuschen von einigen Vögeln ist nichts Verdächtiges zu vernehmen.
Der Alte schleicht weiter. Der Lauf seiner doppelläufigen Parker Gun ist auf den wie tot daliegenden Mann gerichtet. Doc Smoky erkennt nun auch das Blut an Hemd und Jacke des Mannes.
Sein Misstrauen legt sich. Er kniet neben dem Mann nieder und zieht ihn vollends aus dem Gebüsch hervor. Der Verwundete muss es wohl aus eigener Kraft nicht mehr geschafft haben, den Reitweg zu erreichen.
Doc Smoky fühlt den Herzschlag des Mannes und atmet auf. Mary-Lou reitet langsam näher, als sie erkennt, dass keinerlei Gefahr droht.
Sie springt aus dem Sattel.
»Ist er tot?«, fragt sie mit gepresst klingender Stimme.
»Er lebt, Kleines, hat jedoch ein böses Ding abbekommen. Mit diesem Loch im Arm wäre er bald verblutet.«
Mary-Lou nimmt Verbandszeug aus ihrer Satteltasche, während Doc Smoky nach der Wunde sieht. Dann legt er dem Verwundeten einen Verband an, nachdem er die Wunde mit Wasser und anschließend Whisky gesäubert hat.
Cliff Robinson öffnet plötzlich die Augen. Er blickt geradewegs in Mary-Lous Gesicht. Der Verwundete beginnt zu zwinkern, dann schließt er mit einem tiefen Seufzer die Augen.
»Ich muss wohl im Himmel sein«, klingt seine raue und krächzende Stimme auf. »Ich sehe ein Engelsgesicht. Und dabei hätte ich geschworen, einmal in der Hölle zu landen.«
Natürlich kommen diese Worte mühsam und abgehackt zwischen den zuckenden Lippen des am Boden liegenden Mannes hervor. Nach einigen Sekunden öffnet er wieder die Augen.
Doch diesmal blickt er in das zerknitterte Piratengesicht des Oldtimers.
Cliff Robinson erschrickt.
»Ich bin nicht der Leibhaftige, mein Junge«, knarrt Doc Smokys Stimme. »Und wenn es dich beruhigt, dann sage ich dir, dass du dich noch immer auf dieser lausigen Welt befindest.«
Robinson stöhnt, obwohl er fühlt, dass der Schmerz in seiner Wunde nachgelassen hat.
Er versucht sich aufzurichten, doch die schwielige Hand des Oldtimers drückt ihn wieder zurück.
»Nur mit der Ruhe, mein Junge. Du musst liegenbleiben, sonst bricht die Wunde wieder auf.«
Cliff Robinson nickt.
Und er fühlt eine große Erleichterung in sich aufsteigen, nachdem er begriffen hat, dass diese beiden Menschen nicht zu dem Aufgebot gehören.
»Jemand knallte mich aus dem Hinterhalt ab«, flüstert er kaum hörbar. »Mehr weiß ich nicht. Ich fiel in dieses Gebüsch und kroch irgendwann hervor. Mein Pferd war verschwunden. Und ich...«
Seine Stimme klingt leise. Vibrierender Schmerz liegt in ihr. Robinsons Hände tasten hoch zum Verband. Wieder dringt ein heiseres Stöhnen aus seinem Mund.
»Was machen wir nur mit ihm, Smoky?«, fragt Mary-Lou. Fragend blickt sie den Oldtimer an, der sich übers Kinn fährt und mit den Schultern zuckt.
Dann sagt der Oldtimer: »Ein Pferd haben wir nicht für ihn. Und ich kann ihn auch nicht vor mir in den Sattel nehmen. Wir benötigen einen Wagen, um ihn nach Golden City zu Doc Finnegan zu bringen. Yeah, eine andere Möglichkeit sehe ich nicht, Kleines.«
Cliff Robinson liegt noch immer mit geschlossenen Augen da. Er stöhnt leise, obwohl er merkt, dass es ihm schon bedeutend besser geht, als vor geraumer Zeit. Und er beschließt, die Rolle des Schwerverwundeten weiterzuspielen.
Natürlich hat er kein Interesse daran, nach Golden City gebracht zu werden, denn dort gibt es bestimmt einen Marshal, der ihn festnehmen wird.
Doc Smoky reibt sich noch immer das Kinn. Nachdenklich blickt er auf das junge Mädchen.
»Okay, Kleines, ich reite nach Golden City und hole einen Buggy. In vier bis fünf Stunden kann ich wieder zurück sein. Willst du hierbleiben, oder mit mir kommen?«
»Ich bleibe natürlich hier und kümmere mich um den Verwundeten«, sagt Mary-Lou entschlossen. »Spute dich, Smoky. Vielleicht gelingt es dir sogar, Dan Finnegan gleich mit nach hier zu bringen.«
Doc Smoky reicht Mary-Lou seine Parker Gun. Sie lehnt das Schrotgewehr gegen einen Baumstamm. Und sie kann mit dem Gewehr umgehen, sollte Gefahr drohen.
Doc Smoky holt sein Pferd, klettert in den Sattel und reitet schnell davon.
»Geben Sie mir noch einen Schluck Wasser, Miss?«, fragt Cliff Robinson. Er leckt sich dabei über die aufgesprungenen Lippen. Und er mustert das hübsche Girl, erkennt, dass an ihr alles an der richtigen Stelle sitzt.
Mary-Lou tritt lächelnd näher.
»Ihnen scheint es schon besser zu gehen, nicht wahr?«, sagt sie und setzt Cliff Robinson die Wasserflasche an den Mund. Der Verwundete trinkt gurgelnd. Ein müdes Lächeln legt sich um seine Mundwinkel, ehe er nickt.
»Gewiss, Miss, es geht mir von Minute zu Minute besser. Meine Wunde ist verbunden, und die Schmerzen haben nachgelassen. Ich glaube auch nicht, dass sich die Verletzung entzünden wird, denn sonst müsste es längst geschehen sein. Ich schätze, dass ich noch mal Glück gehabt habe.«
Mary-Lou kauert vor dem Banditen. Sie hat natürlich nicht die geringste Ahnung, dass es sich um einen Desperado handelt.
Bartstoppeln bedecken Robinsons Kinn und Wangen. Der Schmerz in seinen grünen Augen hat sich gelegt.