So hat es angefangen - Karolina Haiböck - E-Book

So hat es angefangen E-Book

Karolina Haiböck

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Beschreibung

Die Autorin erzählt Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Kurze Alltags-Geschichten über ihr Leben auf dem Land, aufgewachsen auf einem Bauernhof. Wie sie die Schuleinschreibung erlebte, Butter für den Herrn Hochwürden ins Pfarrhaus brachte, sich auf Weihnachten freute ... Die Verfasserin macht dabei eine Gegenüberstellung: Sie nimmt spannende und berührende Erlebnisse aus ihrer Kindheit, als Fallbeispiele. Diese Episoden nimmt sie zum Anlass, Glaubenssätze, Dogmen und Hindernisse zu erkennen, zeigt Wege auf, das Erfahrene zu transformieren. Eine ganzheitliche und spirituelle Selbsterfahrung, um in die Selbstermächtigung, Selbstvergebung und in die Liebe zu sich selbst zu finden. Karolina Haiböck ist diplomierte Lebensberaterin und systemische Aufstellerin.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 177

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

So hat es angefangen

Familie

Süßigkeiten

Schulpflicht

Saure Suppn

Himbeeren pflücken

Die Schwächen

Erster Schultag

Schulweg

Da Oberlehrer

Unsere Tiere

Ein Schwein wird geschlachtet

Mit dem Laufwagerl unterwegs

Unser Dorf

Einkäufe

Rund ums Haus

Butter für Hochwürden

Was soll ich kochen?

Links oder doch Rechts?

Ora et labora

Taschengeld

Futter Lukn

Die Landessäure

Kirchgang

Mode in den 1960er-Jahren

Kauf einer neuen Maschine

Meine ersten Fernseherlebnisse

Bubi und Peter

Ein Engel

Die Schwalben

Schuhe nach Maß

Erstkommunion

Aus der Bahn

Weihnachten

Firmung

Unsere Spiele

Hollerröster

So war’s früher

Die Zigeuner kommen

Sonntag zu Mittag

Ein großer Schreck

Danke

Über die Autorin

So hat es angefangen

Letzten Sommer waren wir alle zur Hochzeit meiner Nichte ins schöne Tirol eingeladen. Meine Schwester und ich fuhren gemeinsam. Ich fuhr schon einen Tag früher zu meiner Schwester und am nächsten Tag machten wir uns gemütlich auf den Weg ins Tiroler Land.

Es war eine sehr schöne Hochzeit. Ich freute mich, meine Brüder, Schwägerinnen, Nichten, Neffen und alle sonstigen Verwandten wieder zu sehen, darüber hinaus lernte ich den anderen Teil der Familie kennen, die Tiroler Seite. Das Wetter erlaubte uns, die ganze Zeit im Freien zu verbringen, zu sitzen, zu essen und zu trinken, ein Sommerabend, wie er im Buche steht.

Nach einer durchtanzten Nacht trafen wir uns alle erneut am nächsten Morgen, um Abschied voneinander zu nehmen. Die meisten hatten es eilig, nach Hause zu kommen, fuhren zurück in ihre Heimat, Häuser und Wohnstätten.

Meine Schwester und ich spazierten in den Schlosspark. So saßen wir auf einer Bank und sahen den Enten zu, die - wie wir - die warme Sonne genossen.

Meine Schwester sagte: „Weißt du noch, kannst du dich erinnern, bei unserem Teich?“ Du bist am Zaun gestanden, hast dich dagegen gelehnt. Ich hab gesagt: „Lehn dich nicht so sehr dagegen, du fällst rein!“ Du hast dich nicht irritieren lassen. Du hast gesagt: „Ich fall schon nicht rein.“ Ich weiß, sie hatte sich große Sorgen um mich gemacht, denn ich konnte damals noch nicht schwimmen.

Augenblicklich waren sie wieder da, all die bunten Geschichten von früher. Lebenserinnerungen stiegen in meinem Kopf hoch, begleiteten mich auf dem Weg durch den Park, sie fielen mir unvermittelt ein. Ganz plötzlich waren sie da, mitten in Tirol. Zu Hause dachte ich nicht weiter daran. Doch zwei Wochen später verbrachte ich einen Tag mit einer Freundin in der Therme. Es hatte geregnet, abgekühlt, man spürte, der Sommer würde uns nicht mehr sehr lange erhalten bleiben, es herbstelte.

Die Idee, den Tag im Thermalbad zu verbringen, hatten viele Menschen, es war ziemlich voll in der Sauna, fast kein Platz zu finden. Nach einigen Saunagängen, sowie gemeinsam genossenem Kaffee und Kuchen entspannten wir uns auf unseren Liegen und blickten durch die Glasfront hinaus in den Park. Meine Freundin Andrea nahm ein Buch in die Hand. Ich fragte sie:

„Was liest du, ist es interessant?“ Ja, ich lese es bereits zum zweiten Mal, es sind Kurzgeschichten.

Es tauchten wieder Erfahrungen an früher auf. Auf der Fahrt nach Hause ließ mich ein bestimmter Gedanke nicht mehr los, er hatte sich in meinen Kopf geschlichen, sich dort festgesetzt. Zu Hause angekommen, setzte ich mich an meinen PC und fing an zu schreiben.

Hätte vor fünf Jahren jemand zu mir gesagt, schreib ein kleines Buch, hätte ich gesagt, du spinnst wohl. Jetzt forme ich Buchstaben zu Worte, lasse Sätze entstehen und mache daraus kleine Geschichten, die in meinem Kopf sind. Ich habe mit den Überschriften angefangen, es kamen immer wieder neue dazu.

Durch das Niederschreiben meiner Kindheitserlebnisse kamen viele vergessene Erinnerungen zurück. Es ist, als suche sich eine verstopfte Quelle ihren Weg nach draußen. In meinem Inneren entstehen Bilder, Gefühle, Gerüche und steigen Gedanken hoch, sie werden wieder lebendig, es ist eine Rückschau.

So entschloss ich mich, meine gelebte Kindheit niederzuschreiben und meine Vergangenheit zu erzählen, um so die einzelnen Räume meiner Kindheitserlebnisse aufzusuchen, mich umzuschauen, vielleicht ein wenig Ordnung zu machen, oder auch Denkweisen und Ereignisse zurechtzurücken, den Erlebnissen ihren zu Platz zu geben. Glaubenssätze zu hinterfragen, Verstrickungen zu erkennen, mit dem inneren Kind Kontakt aufzunehmen, nicht kindgerechte Erlebnisse zu heilen, gelebte Erfahrungen zu transformieren und anzunehmen.

Aus dem Raum gehen, einen kurzen Blick zurückwerfen und dann ganz leise die Türe schließen. Beim Schreiben hatte ich die Idee, meine heutige Sichtweise darzulegen und damit eine Brücke zu bauen.

Im Jahre 2020 fasste ich den Entschluss, das Buch leicht zu verändern, wobei noch ein paar kleine Geschichten Platz fanden. Meine Vorstellung für ein zufriedenes Leben und mein Weltbild dazu, wollte ich ebenso einbringen.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

An keinem wie an einer Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegen senden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

Familie

Für meine Herkunft habe ich mir Oberösterreich ausgesucht; es sollte ein Bauernhof sein, mit vielen Tieren. Ein Einzelkind – nein, unbedingt ein paar Geschwister. So sind wir sieben geworden: „die glorreichen Sieben“. Mittlerweile sind wir nur noch zu fünft, denn zwei Brüder haben sich bereits verabschiedet, sind mir vorausgegangen. Vor mir gab es vier Brüder, in jeweils sehr kurzen Abständen. Jedes Jahr ein Bub, endlich ein Mädchen, meine Schwester. Zwei Jahre nach ihrer Geburt drängte ich mich in die Familie. Ich kam als Vorletzte zur Welt, zum Schluss gesellte sich mein jüngster Bruder zu uns, er war das Nestscheißerl meiner Mutter.

Bedauerlicherweise hatte ich nur einen Onkel in der direkten Linie, der leider sehr früh ganz plötzlich verstarb. Meinen Vater hat es sehr getroffen, sein einziger Bruder, er ist viel zu jung gestorben. Gott sei Dank waren wir schon alle geboren und hatten ihn noch kennengelernt – Onkel Fritz machte für uns alle den Taufpaten.

Es war es üblich, dass die Taufe gleich am nächsten, spätestens am übernächsten Tag nach der Geburt stattfand, denn musste er sterben, dann sollte der kleine Wurm, der Säugling, in den Himmel kommen, hatte ja noch nichts angestellt, außer auf die Welt zu kommen und das ist anstrengend genug gewesen. Eine Geburt ist Schwerstarbeit für die Mutter und das Baby.

So fuhren Vater und der Taufpate jedes Mal zum Pfarrer und ließen das neugeborene Kind taufen. Die katholische Kirche vertrat die Auffassung, ein Kind kann nicht in den Himmel gelangen, sondern kommt in die Hölle oder Vorhölle, sobald es ungetauft stirbt. Mein Vater und unser Knecht führten das Pferd aus dem Stall, es wurde gestriegelt, geputzt und in eine Kutsche oder ein Laufwagerl eingespannt. Gemeinsam fuhren Onkel Fritz und mein Vater mit dem einen oder zwei Tage alten Kind zum Pfarrer. Gut angezogen, eingehüllt in eine flauschige Decke, so erlebte ich meine erste Kutschfahrt.

Herr Hochwürden taufte das Kind auf den auserwählten Namen. Es gab nicht viel Zeit zum Nachdenken, meine Geschwister bekamen Namen nach ihren Vorfahren: Vater, Mutter, Onkel, Großvater, Großmutter, Großonkel und Großtante. Eine kleine Ausnahme bin ich, obwohl das auch nicht ganz stimmt, denn mein Großvater väterlicherseits hieß Karl. Aus Karl wurde daher Karolina (bzw. Carolina, wie ich noch erklären werde). Es gibt auch eine Kurzform, und wenn ich nach Hause fahre, höre ich dann auf die Kurzfassung.

Die Geschichte, wie ich zu meinem Namen kam, hat mir einmal meine Mutter erzählt. Bei uns kam die Hebamme ins Haus, wenn eine Geburt anstand. Setzten die Wehen ein, sandte mein Vater einen Boten nach ihr, oder er nahm selbst sein Fahrrad und fuhr zu ihr in die Stadt, in der sie wohnte. Ein Telefon, was war das damals? Als ich geboren wurde, gab es in Österreich noch keine 250.000 Telefonanschlüsse, und die befanden sich vor allem in Städten. Auf dem Land gab es daher meist keine Möglichkeit zu telefonieren.

Aloisia, zu meiner Zeit ein sehr gebräuchlicher Name, und wie schon erwähnt, wurde der Name der Vorfahren gewohnheitsmäßig den Nachkommen vererbt. Meine Eltern hatten die Absicht gehabt, mir den Namen Aloisia nach meiner Großmutter väterlicherseits und meinem Großvater mütterlicherseits zu geben.

Die Hebamme meinte jedoch, es sollte ein anderer Vorname ausgesucht werden, und so kam ich zu meinem Namen. Im Taufschein wurde Carolina eingetragen, in der Geburtsurkunde ist Karolina mit K festgehalten. Meine Eltern entschieden sich nach mir für ein weiteres Kind, dieses bekam den Namen Alois. Jetzt war die Familie komplett.

Zu meiner Sippe gehörten außerdem mein einziger, zwei Jahre jüngerer Cousin und eine Menge an Großcousins, Großcousinen, Großtanten und Großonkel mütterlicherseits, denn mein Großvater mütterlicherseits hatte viele Geschwister gehabt. Meine Großeltern sind beide sehr früh verstorben. Gekannt hatte ich nur eine Oma, welche wir immer zu den Feiertagen besuchten. Mein Großvater väterlicherseits ging bereits Jahre vor meiner Geburt auf die andere Seite, genauso wie meine Großmutter mütterlicherseits.

Als mein Großvater mütterlicherseits starb, war ich zwei Jahre alt. Schemenhaft ist mir ein Begräbnis in Erinnerung, dunkel sehe ich den Tag vor meinen Augen. Angeblich haben der Nachbarsbub und ich alle von den Trauergästen mitgebrachten Süßigkeiten verspeist, das kam davon, weil ich zu Hause bleiben musste. Ich war viel zu klein, um fünf Kilometer zu Fuß dem Leichenzug zu folgen.

Eine Person möchte ich noch erwähnen, ein Bekannter oder Verwandter, der in Wien wohnte und jedes Jahr auf Sommerfrische in seine frühere Heimat kam. Es hieß dann immer: „da Bernauer kommt!“ Diesen Mann hätte ich mir als Opa gewünscht, seinerzeit schon über siebzig, weißes Haar, Brille, Kinnbart. Schon Tage zuvor bin ich am Fenster gestanden, habe aufgeregt Ausschau gehalten. Wann kommt er endlich? Kann’s nicht erklären, es war so: die erste Liebe meines Lebens, und das gerade mit sieben Jahren. Als schönsten Moment empfand ich damals, wenn er mich bei der Hand nahm und mich auf seinem Schoß sitzen ließ.

Eine verwandte Seele?

Wir alle kennen Begegnungen, bei denen wir auf Menschen treffen, zu denen wir von Anfang an eine Vertrautheit, eine Verbundenheit spüren, die wir uns nicht erklären können.

„Seelenverwandt“ - diesen Begriff hört man oft-wir sind im positiven Sinne verwandt. Wir kennen uns aus einem anderen Leben. Aus der geistigen Welt wissen wir, viele Male kommen wir in diese Welt um unsere Erfahrungen zu sammeln. Wir gehören zu einer Seelen-Familie. Wir begegnen Menschen, mit denen wir uns sehr gut verstehen. Diese Menschen denken ähnlich, wir können stundenlang zusammen reden, oft wissen wir im Voraus, was diese Person denkt, wir fühlen uns verbunden. Wir haben dieselben Interessen und Vorlieben. Mögen dieselbe Musik, Bücher, haben den gleichen Geschmack.

Gleichzeitig treffen wir auf unserem Lebensweg, Menschen, Seelen, hier reibt es ganz ordentlich und diese nerven, lösen Aggression, Wut, Zorn und Trauer aus. „Warum ist diese Person - sei es ein Verwandter, Arbeitgeber, Kollege, Partner, Nachbar usw.-„so unausstehlich?“

Ihr Auftrag ist ein anderer. Ihr Auftrag ist, mich auf meine Glaubenssätze, auf mein nicht gelebtes Leben, meine Lieblosigkeit hinzuweisen. Diese Seele zeigt mir mit jedem Treffen, wo es in meinem Leben hakt. Wo es noch Lernschritte braucht.

So geschieht es, dass wir uns Eltern aussuchen, mit Unzulänglichkeiten, Glaubenssätzen, Dogmen, welche auch in ihren Körper gespeichert sind. Diese Programme, Lehren, Gelübde übernehmen wir, um daran zu wachsen.

So geschieht es, dass das Kind sich verlassen fühlt, Scham erlebt, klein gemacht wird, Angst hat und alles dafür tut, um sich geliebt und angenommen zu fühlen.

Es nimmt in Kauf, ein Nichterwünscht und ein Nicht, geliebt werden. Denn Kinder machen alles für ihre Eltern. Eine Bindung, die ein Leben lang bleibt.

Später stellen wir fest, die Eltern haben Fehler, sie lügen, schwindeln und haben Ängste, genauso wie wir. So werden wir erwachsen, oft in Unfrieden mit dem Vater, mit der Mutter, geben ihnen die Schuld für das nicht gelebte Leben.

Ja, wenn ich einen Vater hätte, der Zeit und Liebe für mich gehabt hätte, dann könnte ich auch lieben ...

Wenn, meine Mutter mich gesehen hätte, mich unterstützt und mir all ihre Liebe geschenkt hätte, dann wäre ich erfolgreich und glücklich. Ja, wenn mein Partner mich mehr lieben würde, dann wäre ich glücklich.

„Es gibt einen Platz, den du füllen musst, den niemand sonst füllen kann und es gibt etwas für dich zu tun, das niemand sonst tun kann.“ Dieses Zitat von Platon bringt es auf den Punkt.“

Im Zuge meiner Ausbildung zur Dipl. Lebensberaterin ließ ich zur Selbsterfahrung unter anderem meine eigene Familie aufstellen. Monatelang davor hatte ich mich mit meiner Familie und meinen Ahnen beschäftigt. Bei meiner Recherche kam ich drauf, dass meine Mutter sehr viele Geschwister gehabt hatte. Sie war die Erstgeborene gewesen. Alle ihre Geschwister sind früh verstorben. Zwei ihrer Brüder wurden etwas älter, sind durch Unfälle ums Leben gekommen. Hans gerade vierundzwanzig Jahre alt, stürzte über die Kellertreppe und starb an den Verletzungen. Franz, vierzehn Jahre alt, ein Pferd hatte ausgeschlagen, ihn erwischt. Er war ähnlich seinem Bruder an seinen inneren Verletzungen verstorben.

Diese Ereignisse wurden mir erst zu diesem Zeitpunkt bewusst, denn meine Mutter starb sehr früh, sie konnte nicht mehr dazu befragt werden. So musste ich auch sehr schnell erwachsen werden und ihre Rolle einnehmen. Mein Vater hat dagegen mehr Zeit auf der Erde verbracht. Vater und Mutter teilten dasselbe Schicksal, beide auf dem Weg zur Kirche, als sie der Tod heimsuchte, nur der Zeitpunkt war unterschiedlich. Mutter wollte zur Frühmesse gehen, sie hatte Namenstag. Vater fuhr mit dem Rad zum Segen am Sonntagnachmittag.

Diese Aufstellung öffnete mir die Augen, ich sah ihren Schmerz und ihre Tränen. Sie fand stets Trost im Gebet. Ich weiß nun, was es für meine Mutter bedeutete, all ihre Geschwister sterben zu sehen. Als wir nach der Aufstellung alle an unserem Platz standen, entstand das Gefühl von Friede, Fröhlichkeit und Dankbarkeit in mir.

Seit Jahren leite ich nun selber Aufstellungen, die Teilnehmer sind immer wieder verblüfft. Sie sagen, wie kann das sein, der spricht dieselben Sätze wie mein Vater, genau wie meine Mutter! Jetzt geht es mir gut.

In Aufstellungen, dem wissenden Feld, spüren die Repräsentanten körperlich und emotional die Wirkungen ihres Platzes in der Familie, auch ohne jemals von bestimmten Personen erfahren zu haben. Dabei kommen oft unbewusste Schicksalsbindungen über mehrere Generationen ans Licht, die unglückliche Beziehungen und Verstrickungen, schwere Folgeschicksale, Krankheiten und sogar Todesbereitschaft nach sich gezogen.

Menschen, die Aufstellungsarbeit nicht kennen, haben ihre Zweifel. Sie können sich nicht vorstellen, wie es möglich sein kann auf einen Platz zu stehen und zu spüren, wie es einer anderen Person geht. Bei einer verdeckten Aufstellung haben die Repräsentanten kein Vorwissen und trotzdem spürt es die Person, die auf dem zugewiesenen Platz steht. Das Spüren steht im Vordergrund. „Es funktioniert“.

Wie läuft eine Aufstellung ab?

Bei einer Aufstellung macht der Aufstellende sein 'inneres Bild' der Ursprungs- oder Gegenwartsfamilie/Partnerschaft nach außen sichtbar. Dazu wählt man aus der Gruppe für sich und andere Familienmitglieder Stellvertreter aus und stellt sie in Beziehung zueinander.

Die Veränderung der Aufstellung zum Lösungsbild hin bedeutet, dass alle, die dazugehören, ihren guten Platz erhalten, im Familienganzen geehrt und gewürdigt sind. Dies wird vom Aufstellenden spontan als Erleichterung empfunden und hat oft langfristig positive und heilende Rückwirkung für den Aufstellenden - häufig auch für Familienmitglieder, die gar nicht selbst anwesend sind.

Durch die Aufstellung erfährt man etwas über sich, was sonst nur schwer zugänglich ist. Das gemeinsame Erleben der Lösung im Schutz der Gruppe geht weit über das Therapeutische hinaus, denn es macht auf sehr direkte Weise erfahrbar, dass alle in ihrem System verankert sind und dadurch hineingestellt in etwas Größeres, welches durch die Kräfte von Ausgleich, Liebe und Bindung am individuellen Lebensweg mitwirkt. Ein tieferes Verständnis des Mensch-seins, eine Milde gegenüber sich selbst und den anderen und ein Gefühl von Vollständigkeit sind die Folge.

In Bezug auf Aufstellungen bedeutet systemisch, dass der Gesamtkontext, also das ganze System, mit einbezogen und berücksichtigt wird. Üblicherweise ist dies in einem Familiensystem die Herkunfts- und Gegenwartsfamilie mit allen lebenden und bereits verstorbenen Familienmitgliedern. Wichtig für dieses System kann aber auch ein Heimatland, ein verlassener Hof, ein Täter oder ein unrechtmäßiges Erbe sein.

Systemische Beratung

Ich sehe meine Arbeit, im gemeinsamen Dialog herauszufinden, was die Person beschäftigt und wo eine Veränderung gewünscht ist. Zum Beispiel durch systemische Fragen:

Wie sehen es die anderen Beteiligten? Wie ist ihre Denkweise? Wie entstehen neue Gestaltungsmöglichkeiten? Wie kann ein anderes Verständnis, ein anderer Blickwinkel und ein neues Denkbild entstehen? Diese Einsicht wahrzunehmen und einzubinden in das eigene Weltbild, hier entsteht eine Erleichterung und eine neue Sichtweise. Gleichzeitig suchen wir gemeinsam nach Bedingungen, wie ihre Ressourcen aktiviert werden können, damit Selbstorganisation und Ziele erreicht werden.

Alles ist von allem abhängig, systemisch bedeutet die Eingebundenheit von Menschen in Systeme.

Süßigkeiten

Onkel Fritz, kam häufig auf Besuch, er wohnte im Nachbardorf mit seiner Frau und ihrem gemeinsamen Kind. Öfters brachte er Süßigkeiten mit. An die berühmten Seidenzuckerl, diese glänzenden, färbigen mit Schokolade oder Nüssen gefüllten - einzeln abgezählt, in einem kleinen weißen Papiersäckchen, welches oben leicht umgeschlagen war - kann ich mich gut erinnern. Er sagte: „Da habt’s a paar Zuckerl, net streiten, aufteilen!“ Es wurde ganz genau geteilt, gezählt, kein Kind bekam mehr. Das Gefühl, das Zuckerl in den zu Mund schieben, langsam zu lutschen, dann reinzubeißen, eine Erfahrung, eine Gefühl, was bleibt.

Ich weiß, welche Geschäfte sie zum Verkauf anbieten. Manchmal kaufe ich diese Leckerei heute noch, versuche sie zu essen wie früher. Doch leider beiße ich zu früh rein, denn es fällt schwer, so lange zu lutschen, oder mein Gefühl trügt mich, denn die Zutaten, die Inhaltsstoffe wurden geändert.

Die Besuche bei meiner Großmutter zu Ostern und zu Weihnachten sind Erinnerungen. Es ist ein Spüren, ein Riechen der Düfte dieses Hauses, welches vor meinem geistigen Auge entsteht. Der große Tisch, wo locker acht Person Platz fanden, die Eckbank, in einer Seite um vieles länger. Genauso wie bei uns zu Hause. Mein Vater besuchte gemeinsam mit uns Kindern unsere Tante und unsere Oma. Zu Fuß marschierten wir nachmittags ins Nachbardorf, von uns einen Kilometer entfernt in das Elternhaus meines Vaters.

Der Auftrag lautete: „Schön grüßen, ordentlich sitzen, reden nur, wenn ihr gefragt werdet.“ Auf gut Deutsch hieß es „sich gut zu benehmen und brav zu sein“. Unsere Tante, eine gute Köchin, tischte reichlich für uns auf. Es gab eine Jause, Kekse und Kuchen. Die Oma saß auf ihrem Platz auf dem Sofa oder bei Tisch und sagte: “Esst nur, lasst es euch schmecken!“

Zu Weihnachten bestaunten wir den Christbaum. Hier fehlte kein Windringerl, alle Lebkuchen befanden sich an ihrem Platz. Unzählige Christbaumkugeln hingen vom Baum, umhüllt von Engelshaar als Schutz. Es wäre sofort ersichtlich gewesen, wenn ein in Seidenpapier gehülltes Bonbon gefehlt hätte.

Bei uns hing meistens nach ein paar Tagen nicht mehr sehr viel auf dem Baum. Wir hatten zwar den strengen Befehl, den Christbaum ganz zu lassen, doch da sich alle sieben dachten, angenommen, ich nehme nur eines, dann fällt es nicht auf, schaute der Christbaum nach ein paar Tagen sehr leer aus. Dann kam mir und wahrscheinlich auch meinen Geschwistern, der Gedanke, wenn ich jetzt nicht zugreife, komme ich zu kurz. Unser Cousin wäre nie auf die Idee gekommen, vom Christbaum was zu stibitzen. Fritz, ein zartes Kind, musste zum Essen aufgefordert werden. Ich glaube, sie hätten sich gefreut, wenn er mehr gegessen hätte.

Nach dem Ableben meines Onkels sah die Situation anders aus. Nun besuchte mein Vater fast jeden Sonntag nach dem Gottesdienst oder nach dem Mittagessen seine Mutter und unterstützte seine Schwägerin.

Der Genuss

Hast du dir schon mal die Frage gestellt, was in deinem Leben kannst du genießen?

Wenn ich diese Frage stelle, kommt zur Antwort: Gutes Essen, guter Wein, eine Zigarre, Torten, Schokolade, excellence Mehlspeisen. Manchmal kommt zur Antwort: Ein gutes Buch, ein Bad, eine Massage, Innehalten, einfach faulenzen, Nichtstun. Einfach genießen.

Die Welt gehört dem, der sie genießt!

Giacomo Leopardi

Schulpflicht

„Sollen wir sie bereits in die Schule schicken“, lautete die Überlegung meiner Eltern, oder „Soll sie noch ein weiteres Jahr zu Hause bleiben?“ Wenn sie in die Schule geht, ist sie beschäftigt. Sie ist zwar dünn, aber groß. Die kann schon zur Schule gehen, auch wenn sie erst Ende Oktober sechs Jahre alt wird.