So weißverliebt - Sophie Carlsen - E-Book

So weißverliebt E-Book

Sophie Carlsen

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Beschreibung

Viele Mädchen malen sich schon in ihrer frühen Jugend aus, wie ihr Hochzeitskleid aussehen soll, und träumen dabei vom Märchenprinzen an ihrer Seite. Sara geht es genauso. Sie hat allerdings nicht bloß ihr Hochzeitskleid im Kopf, sondern einfach jedes kleinste Detail. Und jetzt hat sie endlich auch den passenden Mann gefunden - Ben, ihren Nachbarn. Dass Ben ihren Hochzeitsplänen etwas zurückhaltend gegenübersteht, kann Sara dabei nicht im Geringsten erschüttern. Nach einem Streit entscheidet sich Sara für ein gefährliches Spiel: Sie will eine Affäre vortäuschen, um Ben eifersüchtig zu machen. In der Disco trifft sie einen flüchtigen Verehrer wieder, Niklas. Sara entdeckt zu ihrer Verblüffung, dass Ben und Niklas sich kennen und eine Rechnung miteinander offen haben. Als Saras Plan endlich aufgeht und Ben ihr einen Heiratsantrag macht, gibt es doch noch ein paar Überraschungen auf ihrer perfekt geplanten Traumhochzeit.

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Sophie Carlsen

So weißverliebt

Roman

INHALT

Prolog

Abschied am Deich

Ich ziehe tief die eiskalte, metallische Luft in meine Lunge und atme sie in dicken, trägen Wolken wieder aus. Mein Blick geht nach oben, obwohl ich weiß, wie fantastisch der Reif auf der Weide um mich herum aussieht. Der erste Frost. Wie kleine Diamanten glitzert der gefrorene Tau auf dem weißen Rasen. Nichts bewegt sich, so steif gefroren sind die Gräser. Am Horizont erhebt sich arrogant der Deich. Obwohl er in ziemlich weiter Ferne liegt, haften Salz und der seltsame Geschmack von rohem, frischem Fisch auf meiner Zunge.

Es gibt nichts Schöneres als den Winter in Ostfriesland. Es schneit sehr selten; dafür ist der Himmel klar und azurblau. Im Hintergrund rauschen und brodeln die wütenden Wellen der Nordsee und preschen kleine, feine Tröpfchen in die Luft, die selbst aus dieser Entfernung hinter der Deicherhebung aufblitzen. Ich sehe in den glasklaren Himmel, weil es manchmal besser ist, in den Himmel zu schauen, als den Boden zu betrachten.

Wie philosophisch.

Ich verstehe nicht, warum die Touristen immer den Sommer wählen, um hier Urlaub zu machen und in die Nordsee zu springen. Im Sommer sind die Strände überfüllt, überall herrschen Lärm und Chaos. Der Himmel ist meist graugrün bewölkt und die Luft windet sich wie dicke, salzige Suppe in deine Kehle.

Jetzt ist es so kalt, dass meine Finger knallrot sind und schmerzen. Auch die Haut in meinem Gesicht spannt, obwohl es nur knapp unter null Grad ist. Hier herrscht eine trockene Kälte. Eine Kälte, die dazu einlädt, einen Spaziergang zu machen und sich danach am Kamin mit einer heißen Schokolade aufzuwärmen. Mit Rum.

Ich ziehe die Ärmel meiner Jacke über meine dunkelroten Fingerspitzen und lächle in den Himmel. Ich liebe es, wie die schneidende Luft in meiner Lunge brennt und prickelt, wenn ich tief die Luft einatme. Die Touristen sollten so einen Tag erleben. Sie würden nie wieder heimfahren. Oder sich wundern, was man als Landkind so macht, wenn man nicht ein Wellnesscenter oder ein Kino direkt um die Ecke hat. Sie würden verstehen, wie wundervoll Ruhe ist. Sie würden sehen, wie wenig Abwechslung der Mensch braucht, um glücklich zu sein.

»Wirst du es vermissen?«, fragt mich Edda. Sie sitzt auf der Motorhaube ihres Autos und hat eine Flasche roten Faber-Sekt in der Hand, aus der sie einen großen Schluck trinkt. Den Kragen ihrer Regenjacke hat sie bis zu ihren Lippen hochgezogen. Sie ist der einzige Mensch, den ich kennengelernt habe, der sich auf ein Auto setzt. In Amerika scheint das ja gang und gäbe zu sein, aber hier in Deutschland ist das alles andere als normal. Jedes Mal, wenn ich meinen Vater um sein Auto bitte, betont er, dass Edda sich auch ja nicht daraufsetzen soll. »Nur hinein. Drinnen, okay, Sara? Drinnen! Der Lack … Du weißt …«

Ich atme nochmals tief ein. Werde ich Ostfriesland vermissen?

Es war wundervoll, hier aufzuwachsen. Im Land von Otto, dem Komiker, aber das Land prägt einen auch. Ich weiß nicht, ob es ein anderes Fleckchen auf der Erde gibt, das so mit Vorurteilen behaftet ist. Wenn man als Ostfriesin jemanden kennenlernt, kommt meistens irgendwann der Spruch: »Ach, du bist aus Ostfriesland? – Kennst du den …?« Und schon werden hunderte Blondinenwitze auf Ostfriesen umgedichtet und breitgetreten. Ja, ich bin ein geschlagenes Kind, ich kenne alle Pointen dieser Witze.

Und warum gibt es diese ganzen Klischees? Weil sie größtenteils zutreffend sind. Wir sind die nordischsten Nordlichter; wir sind kalt, in uns gekehrt und schweigsam – jedenfalls die ältere Generation.

Und wir stehen auf Touristenverarschen. Ja, manchmal sind wir gemein, aber mal ehrlich, wenn man an einem Freitagabend in einer Kneipe sitzt, sich ungefragt eine Touristengruppe neben einen setzt und sich ununterbrochen über Ostfriesland beschwert – »nichts zu tun«, »langweilig«, »dämlich«, »zurückgeblieben« –, na dann bildet man eben auch seine Vorurteile. Und wenn sie dann auch noch mit ihrem »Moin, Moin« anfangen und einen bitten, etwas auf »Ostfriesisch« zu sagen … dann wird man rachsüchtig. Man sagt bei uns nur einmal »Moin«. Das reicht. Das andere machen die Hamburger – die sind nicht so geizig mit ihren Worten. Und unsere Sprache, wenn man es denn so nennen darf, heißt Plattdeutsch. Wagt man es allerdings, diese Touristen zu korrigieren, halten die einen nur für noch bekloppter – als würde man dummes Zeug reden, wenn man »Plattdeutsch« statt »Ostfriesisch« sagt.

Ich will nicht behaupten, dass alle Touristen so sind – Himmel, bestimmt nicht. Wenn jemand vorsichtig mit Vorurteilen sein muss, dann ja wohl wir. Aber manchmal, wenn es echt zu bunt wird, können wir auch anders. Ich habe schon Leute, als ich einen schlechten Tag hatte, auf der Suche nach der Bushaltestelle tief ins Gewerbegebiet geschickt. Oder ich habe ihnen erklärt, dass Absinth bei uns viel weniger Alkohol enthält – weil wir ja mit allem sparsam sind und so. Oder ich erzählte einem, dass Ontjeflott, also die Brühe auf der Oberfläche der Entwässerungsgräben, die die Enten immer fressen, als Delikatesse gilt. Zuzusehen, wie sich jugendliche Touristen an Absinth betrinken und danach Ontjeflott kotzen, ist wirklich eine süße Rache.

Eines sind die Menschen hier ganz bestimmt nicht, nämlich verklemmt. Seltsamerweise. Wir reden wahrscheinlich doppelt so früh und doppelt so ehrlich über unser Sexualverhalten – zumindest wir Mädchen –, weil wir schlicht und einfach sonst nichts zu tun haben. Bei uns sind zwischenmenschliche Beziehungen eben das einzige Thema, das nie komplett ausgelutscht ist. Man kann es ausschlachten und wahnsinnig viel erfahren. Es ist mit allen Freundschaften und Beziehungen so. Wenn man die Menschen seit ihrer Geburt kennt, ist es schwierig, sie kennenzulernen – denn man kennt sie ja schon. Also ist das Sexualverhalten das einzige große Geheimnis in unserer kleinen, abgeschlossenen Welt.

Und in dieser Welt ist Edda immer meine beste Freundin gewesen – einfach, weil sie ein Mensch ist, der mich sprechen lässt. Bei ihr kann ich ununterbrochen reden, ohne sie zu nerven. Doch ich weiß nicht, ob ich sie vermissen werde. Sie ist eine so unkomplizierte Person. Ich habe sie lieb und gern und schätze sie sehr, aber heute ist auch das erste Mal seit ihrem Geburtstag vor acht Monaten, dass wir etwas gemeinsam unternehmen. Sie macht hier eine Ausbildung, ich ziehe weg, um zu studieren. Der Riss zwischen uns hat sich schleppend gebildet und ist doch unaufhaltsam. Wie bei meinem Exfreund. Irgendwann ist es einfach so weit.

Vor ein paar Monaten hatte ich meine Abschlussprüfungen und ich könnte mich immer noch in den Arsch treten, dass ich tatsächlich Mathe und Latein als Kurs auf erhöhtem Niveau genommen habe. Ich war den ganzen Tag am Lernen. Manchmal ist das Leben echt scheiße. Besonders, wenn das Hirn nicht so tickt, wie man es gerne hätte. Ich glaube, ich werde mit meinen neunzehn Jahren schon vergesslich. Werde ich das alles vermissen? Werde ich es wirklich vermissen?

Die Leute, die alles über einen wissen, von der Unterwäschemarke bis hin zur Englischnote; Edda, die sich immer weiter von mir entfernt; meine Freunde, die entweder Party machen oder lernen wollen; die ruhige, in sich gekehrte Mentalität; den Blick auf die brausende Nordsee; die klaren Strukturen, die reine Luft, meine Eltern, mein Zimmer …?

Ich drehe mich zu Edda um und nehme ihr die Flasche ab. »Keinen winzigen Augenblick«, sage ich grinsend und trinke einen tiefen, eiskalten, süßen Schluck. Ich bin frei und werde mein Leben jetzt selbst in die Hand nehmen – ich bin so verdammt cool und erwachsen. Schon fast eine Großstädterin.

Yeah.

Das Landei und die kleine Stadtwelt

Bin ich eigentlich die einzige Person auf der Welt, die sich keine Namen merken kann?

Wie oft ist mir das schon passiert, dass ich beim Einkaufen jemanden treffe, der mit einem »Hi, Sara! Wie geht es dir? Mensch! Schön dich zu sehen!« auf mich zukommt. Jedes Mal stehe ich völlig überfordert da und nicke und lächle höflich, während ich meinem Hirn befehle, endlich einen Namen auszuspucken. Oder wenigstens ein Gesicht in einem Kontext.

Ich bin die Art von Mensch, die dann dasteht und lächelnd sagt: »Hi! Echt schön, dich auch mal wieder zu sehen. Ist schon eine Ewigkeit her, dass wir uns getroffen haben, oder?«

Meistens funktioniert es und die Person sagt dann: »Naja, so lange ist es ja nicht her. Letztes Wochenende haben wir uns schließlich erst kennengelernt.«

Und dann bin ich fein raus. Natürlich ist es immer ganz schlecht, wenn man auf einer Party eine Nummer ins Handy eingeben soll und keine Ahnung hat, wie der Mensch, der einem gegenübersteht, eigentlich heißt. Aber dafür habe ich auch einen Trick: Ich tippe brav die Nummer ein und wenn dann nach dem »Namen« gefragt wird, frage ich einfach: »Wie wird dein Name geschrieben? Bei mir gibt es nämlich kein »H« am Ende. Hast du auch so eine Besonderheit?«

Entweder sie sagen »Ja, Marco mit C« oder »Nein, Hans, ganz normal«.

Als Genie würde ich mich auf gar keinen Fall bezeichnen, aber ich komme trotz meines Gehirns ganz gut durchs Leben. Mein Hirn ist nämlich ein Arschloch. Allgemein haben ich und mein Gehirn eine etwas komplizierte Beziehung. Um genau zu sein, mag ich es nicht sonderlich gern. Manchmal schaltet es mein Sprach- oder Bewegungszentrum ein, ohne dass ich es will. Und das ist ganz schlecht, wenn man mal etwas nicht sagen oder tun sollte. Viele Leute halten mich aus diesem Grund für dumm. Aber ich bin’s nicht. Ich habe gerade mein Abitur bestanden. Verrückt, dass der ganze Mist endlich von einem abfällt. Ab und zu wache ich morgens noch auf und denke: Scheiße, du hast die Hausaufgaben für Deutsch vergessen!

Aber das liegt hinter mir. Mir wird das bewusst, wenn ich am Frühstückstisch sitze und meinen Kaffee aus meiner wundervollen, wunderhübschen, erstklassigen Kaffeemaschine trinke, die mir meine Patentante samt Pads geschenkt hat. Das ist wirklich absurd. Ich wandle morgens mit einem schlechten Gewissen durch meine neue Wohnung und koche wundervollen Senseo-Kaffee, aber mir fällt erst auf, dass ich von zuhause weg bin, wenn ich den ersten Schluck trinke. Wenn sich dann die ganze Deutsch-Hausaufgaben-Anspannung in Luft aufgelöst hat, bin ich so glücklich wie ein Lotto-Gewinner – nur eben ohne Kohle.

Ich habe mich übrigens für eine Kleinstadt entschieden. Eine Studentenstadt mitten in einer Aue, umgeben von vielen Bergen, mit einem schlechten Verkehrsnetz und fast ausschließlich Studenten als Einwohnern – wahrscheinlich wurde dort der Name »Studentenstadt« erfunden. Ich konnte ziemlich frei wählen, denn mein Hirn hat sich barmherzig gezeigt und freundlicherweise mein Abitur für mich ganz prima geregelt. Zuerst wollte ich ja unbedingt nach Berlin oder München. Dann bin ich aber in Panik verfallen – schließlich laufen da doch eine Million Kriminelle und so rum, nicht wahr? Ich habe einen Fernseher und dort werden in den Großstädten entweder seltsame Katastrophenteenies gezeigt oder eben Kriminelle. Da gehe ich lieber in eine kleinere Stadt. Die haben hier sogar Restaurants. Nicht, dass es in Ostfriesland keine Restaurants gäbe. Aber bei uns ist es eben so, dass es in einem Dönerladen auch Hamburger und Pfannkuchen gibt. Wir sind ganz große Sparfüchse. Wir sparen sogar Restaurants und Platz. Niemand soll die schönen Kuhweiden zustellen. Aber riesige Umfahrungsstraßen – oder wie man das nennt, ich kenne nur den plattdeutschen Begriff – werden gebaut, damit die Touristen schneller nach Norddeich kommen. Ach, ich will nicht schon wieder lästern …

Seit einer Woche studiere ich übrigens Medienwissenschaften. Mein Hirn funktioniert zwar nicht, wie ich es möchte, aber es hat mir dieses geile Studienfach beschert. Manchmal ist mein Hirn ganz in Ordnung.

Trotzdem kann ich mir einfach keine Namen merken. Selbst meine Eltern nenne ich Pa-Mama und Ma-Papa, weil mir erst mittendrin auffällt, dass das der falsche Name ist. Ich komme einfach nicht drauf. Es ist wie ein Naturgesetz. Sara und ihr verkorkstes Hirn, das sich keine Namen merken kann.

Es kommt wahrscheinlich daher, dass man, wie ich schon mal sagte, jeden Menschen seit seiner Geburt kennt, wenn man auf dem ländlichsten Land aufgewachsen ist: Wenn man nichts Neues lernt, verkümmert das Gehirn. Synapsen werden nicht gebildet oder so. Was weiß ich, wie das funktioniert. Ich sehe Galileo eher ungern. Da hätte ich das lernen können. Das und wie groß die größte Pizza der Welt ist. Da verzichte ich lieber auf diese Synapsendinger, wenn mir dadurch Jumbo, der XXL-Mann, erspart bleibt.

Aber wie komme ich überhaupt zu diesen Gedankensprüngen?

Ach ja, richtig. Mir fällt der Name meiner neuen Freundin nicht ein. Diesen Montag habe ich sie kennengelernt. Sie und die andere … die hübsche Elfe … ach, verdammt. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir ein besseres Namensgedächtnis wünschen.

Naja, dann versuche ich es einfach mit einem Kosenamen. Das ist doch nett, oder?

»Hey, Süße! Bringst du mir einen Wodka Lemon mit?«, brülle ich ihr entgegen, obwohl sie keinen halben Meter von mir entfernt an der Bar steht.

»Ja, warte. Ich hab schon bestellt. Ich gebe es durch, wenn der Barmann wiederkommt«, ruft sie durch den Discolärm zurück und lächelt mich an. Sie ist die Art von Frau, die man einfach bemerken muss. Knallrote Haare und einen knallroten Mund, dazu die Art von Körper, die eine wie mich vor Neid erblassen lässt. Wie soll es auch anders sein? Ich, das Bauern-Schrägstrich-Landtrampel-Kind, lerne zwei Mädchen kennen, die das Großstadtflair in dicken, vollen Strömen ausstoßen und einen einnebeln. Vielleicht werde ich durch sie auch weltfräulicher und hübscher. Vielleicht ist ihre Art von Schönheit ja übertragbar. Falls das der Fall ist, wünsche ich mir die Taille von der Elfenfreundin und den roten Schmollmund von der anderen. Das Mädel an der Bar ist in dunkle Farben gehüllt und mit ihrer Milchhaut sieht sie im richtigen Licht wie ein verdammt sexy Vampir aus. Ständig werde ich von vorbeigehenden Männern angestoßen, die den Blick nicht von ihr abwenden können und mich dabei völlig übersehen. Ist das nicht nett?

Sie hat mich nach einem Feuerzeug gefragt, als wir in großen Gruppen und völlig überfordert vor der Uni standen und unsere Einführungshelfer mit panischen Augen ansahen. Die hatten uns alles gezeigt: Bibliothek, Mensa, Seminarräume, den kompletten Laden, und während des gesamten Tages waren diese Vampir-Frau und ich unzertrennlich gewesen. Es war richtig mystisch; als hätten wir uns unter all den Möglichkeiten gesucht und auch gefunden. Seelenverwandtschaft würde ich es nicht gerade nennen, aber … irgend so ein Wort müsste es schon sein.

Am Ende der Einführung haben wir in kleineren Gruppen Spielchen gespielt. Zum Beispiel sollten wir unsere Stirn auf einen Besenstielkopf legen und uns drehen, bis uns schlecht war, und danach mussten wir ganz schnell zu einem Tisch rennen beziehungsweise torkeln und dort einen halben Liter Bier ex trinken. Wer behauptet eigentlich, Studieren wäre ein Kinderspiel?

Am Ende hat meine neue Freundin mit den Flammenhaaren meine Haare gehalten, als ich die Kloschüssel küssen musste. Ja, es ist peinlich, das zuzugeben, aber ich – eine Ostfriesin durch und durch – vertrage kein Bier. Mit Schnäpsen trinke ich jeden Mann unter den Tisch, aber beim Biertrinken kann ich mir kaum eine Flasche hinter die Binde kippen, ohne dass das unangenehme Konsequenzen hat. Was ich ja sehr unfair finde, denn ich liebe Bier!

Das andere Mädel, das ich kennengelernt habe, die Elfe, studiert Geschichte und Niederländisch auf Lehramt. Finde ich klasse. Wir bilden eine wundervolle, mystische, seelenverwandte-oder-so Gruppe: zwei Mädchen in einer kleinen Universitätsstadt, die eines schönen Tages keinen Beruf finden werden, weil die eine, also ich, Medienwissenschaften studiert und die andere »Frauen und Geschlechterstudien« und Kulturwissenschaften; und ein Mädchen, das uns aushalten wird. Denn mal ehrlich, mein Studiengang schreit förmlich nach Hartz IV. Oder Hartz VIII. Schließlich weiß ich noch nicht, was die Reformen in drei bis fünf Jahren für mich bereithalten. Ich bin da nicht so pessimistisch, wie das jetzt klingt. Aber leider haben mir meine Lehrer seit meiner ersten Schulstunde eingetrichtert, dass nur Ingenieurswissenschaften zu einem Beruf führen. Geisteswissenschaften sind »überlaufen« und lenken einen »unumgänglich« in die Arbeitslosigkeit. Ja, mein Hirn hat mir ein Einserabitur verschafft, aber diese Prägung durch meine Lehrer hat es nicht verdrängen können. Naja, was soll’s. Arbeitslosigkeit ist nicht das Schlimmste, habe ich mir sagen lassen.

Verona! Richtig. Die Freundin an der Bar heißt Verona. Vielleicht sollte ich meinem Hirn doch noch eine Chance einräumen und es nicht gleich amputieren. Dadurch wäre ich dann auch in der Lage, mein Leben noch ein bisschen zu genießen. Aber sobald ich ohne das Geschleuder leben kann, heißt es für mich: Hasta la vista, Baby!

Verona reicht mir mit einem breiten Grinsen meinen Drink und dreht mir dann wieder den Rücken zu, um noch ein bisschen mit dem vielbeschäftigten Barkeeper zu flirten. Obwohl genau neben ihr eine Gruppe von jungen Männern rumschreit und mit Geldbündeln winkt, lässt der Typ seinen Job links liegen, um Verona nach ihrer Augenfarbe zu fragen.

Ihre Wirkung auf Männer ist erstaunlich, aber das kommt auch nicht von ungefähr. Sie ist so … flammend irgendwie. So signalfarben. Sie ist der Sexvamp unserer Gruppe und das beweist sie nicht nur mit ihrem Auftreten. Sie ist auf eine sehr feine Art sexy und das sehe selbst ich mit meinen Heteroaugen. Sie ist eine, die man fragen würde, ob sie einem »den Schwanz lutscht«, und trotzdem würde man sie heiraten. Sie ist einfach nicht vulgär. Ich muss mir ihre Art auf jeden Fall abkucken.

Ich nippe an meinem Wodka Lemon und verziehe den Mund. Der nette Herr Barkeeper hat es sehr nett mit dem Wodka gemeint. Aber selbst, wenn er das nicht getan hätte, würde mir dieses Zeug überhaupt nicht schmecken. Am liebsten hätte ich jetzt ein Bier. Bier mag ich. Ich wiederhole mich gerade, aber … Bier … ein wunderbares, tolles, goldenes Getränk. Leicht bitter und herrlich herb. Stattdessen trinke ich einen süßen Mädchendrink, weil ich nicht so bauernmäßig aussehen will und ich Bier ja bekanntlich nicht vertrage …

Ich sehe mich in dem winzigen, lichtdurchfluteten Discoraum um. Er sieht wie eine normale Kneipe aus, nur gibt es eben eine Tanzfläche zwischen den drei schiefergrauen Tresen, die die Wände belagern. Es ist erstaunlich, dass hier – in einer Stadt – die Disco kleiner ist als bei uns auf dem Land. Aber wenigstens sind die Gäste alle über achtzehn. Bei mir zuhause besteht die Hälfte der Discobesucher aus sechzehnjährigen Jungs und Mädels, die sich auf der Tanzfläche wie coole Callboys und kleine Nutten aufführen. Die können besser den Geschlechtsakt nachtanzen, als so manche Pornodarstellerin diesen durchführt. Obwohl ich nicht mal sagen kann, dass ich es anders gemacht habe oder mache. Ich tanze auch meine Pornotänze und fühle mich total sexy dabei. In solchen Momenten liebe ich mein Hirn. Das gaukelt mir so schön vor, dass ich eine begnadete Tänzerin bin.

Mein Blick wandert über die Köpfe der Leute hinweg, auf der Suche nach einem netten Typen. Schließlich bin ich nicht nur hier, um mein neues Studentenleben zu feiern, sondern ich habe eine Mission. Däm. Dääm. Däm. Däm. Dim-Dim. Däm. Dääm. Däm. Däm. Dum-Dum. Das muss man sich jetzt natürlich mit der entsprechenden Mission Impossible-Musik vorstellen. Ja, auch ich habe eine Mission: Ich bin auf der Suche nach einem One-Night-Stand.

Wenn man aus dem Dorf der Dörfer, dem kleinstmöglichen Kaff am Arsch der Welt, wo sich Fuchs und Igel »Gute Nacht« sagen und der Pfeffer wächst, kommt … wenn der direkte Nachbar ein Pastor ist und jeder im wahrsten Sinne des Wortes jeden kennt, dann ist es ziemlich schwer, einen normalen Einstieg ins praktizierte Sexualleben zu finden. Um es gleich offen und ehrlich zu sagen: Ich hatte noch nie einen Orgasmus. Zumindest keinen richtig guten, wie aus den Büchern und Filmen, wenn man schreit und brüllt und sowieso total durchdreht …

Aber jetzt bin ich weit weg von daheim, so weit weg, wie man sein kann. Ich habe eine eigene, zugegebenermaßen winzig kleine Wohnung und niemanden interessiert es, ob ich denn auch vorhabe, meinen One-Night-Stand zu ehelichen. Jetzt ist meine Zeit gekommen. Meine Zeit mit hemmungslosem Sex und ganz ohne Kirchenglockenläuten. Ich bin frei. Frei und wild und willig.

Ich erschaudere, als mir das richtig klar wird. Ich könnte einfach so, jetzt, hier, einen Typen mit nach Hause nehmen, ohne am nächsten Tag meinem Nachbarpastor erklären zu müssen, dass Sex nicht zwangsläufig zur Ehe führen muss …

Ich kann mich austoben! Yeah.

Ich betrachte die Männer in meiner Umgebung mit neugierigen Blicken und schenke jedem, der mir nicht ausweicht, ein Lächeln. Einige lächeln zurück und heben grüßend ihr Glas.

Auf der Tanzfläche entdecke ich meine zweite Freundin. Sie wird gerade wie der Belag auf einem Sandwich totgedrückt. Dabei bilden zwei Jungs die Brotscheiben und machen affige Bewegungen mit den Armen. Alle zwei Takte klatschen sie und rufen ein lautes »Yeah! Geil!« aus.

Ich sehe in dem Elfengesicht meiner Freundin, dass sie eigentlich nur weg will, doch zu höflich ist, etwas zu sagen. Aber sie macht nicht das verabredete Zeichen mit der Hand, sodass ich ihr nicht zu Hilfe eile. Sie ist die zierliche, eisblonde Elfe, die ich immer sein wollte, als ich klein war. Hübsch wie eine Puppe, die man in die Ecke legt und ansieht. Sie würde man niemals nach einem Blowjob fragen oder nur daran denken. Man würde sie wahrscheinlich dabei zerbrechen. Wie glitzerndes Glas sieht sie aus.

Bei ihr war ich es, die sie angesprochen und gefragt hat, ob sie Feuer habe, als Verona gerade mit einem Typen gequatscht hat. Gut geklaut, finde ich. Ich rauche zwar nicht, aber ich kann ja mal so tun als ob. Sie hat mich angestrahlt wie ein Diamant und auf die niedlichste und wunderbarste Art gesagt: »Nein, tut mir leid, ein Feuerzeug habe ich nicht. Aber ich könnte mir eins kaufen, wenn du mir dafür Gesellschaft leistest. Ich kenne hier nämlich niemanden. Das ist sehr frustrierend.« An dieser Stelle hat sie den süßesten Mund gezogen, den man in einem Porzellangesicht jemals gesehen hat. Man sollte diesen Mund auf jeden Fall eines Tages fotografieren und einem Porzellanpuppenhersteller schicken. Sie heißt … heißt … Lina! Genau! Lina Kaufmann. Muss ich mir unbedingt merken.

Ich grinse und untersuche weiter den Raum nach dem passenden ersten One-Night-Stand für mich. Er muss gut aussehen und … nein, das reicht schon. Ich will wirklich nur einmal in meinem Leben Sex ohne Verpflichtungen. Er muss nicht einmal wissen, dass es etwas gibt, das sich Schwerkraft nennt. Dumm fickt gut, habe ich mir mal sagen lassen. Also das spricht schon mal für einen Dummen. Dies ist mein Abend! Ich vögele heute mit einem heißen, dummen Fremden.

Im hinteren Bereich der Disco befinden sich kleine Sitznischen. Mit einem schnellen Blick begutachte ich die männlichen Gäste, die dort sitzen. Einige der Typen sind sehr hübsch, andere niedlich, einer ist … nicht so heiß. Ich betrachte die Mädels daneben, um entscheiden zu können, welcher von denen noch Single ist.

Die Sandwichtänzer schieben sich mit meiner Freundin Lina aus meinem Blickwinkel und meine Augen treffen auf männliche Augen. Ich zucke überrascht zusammen, als wäre ich bei etwas Unanständigem erwischt worden, und trinke schnell einen Schluck Zucker-Alkohol-Wasser, während ich meine Schnürsenkel betrachte. Als ich wieder aufschaue, begegnen mir die stechenden Augen des Kerls noch einmal.

Ich runzele die Stirn, als ich ihn jetzt bewusst mustere. Er ist ein blonder Adonis. Groß und … golden. Wie ein Engel. Naja, ein gefallener Engel, denn seine blauen Augen sehen nicht sonderlich nett aus. Eher bedrohlich. Auch seine Größe finde ich erschreckend. Irgendwie ein richtiges Klischee, dieser Typ: golden, ein Macho … Wahrscheinlich am Ende dann doch ein total sensibler Mann. Nee, da steh ich nicht so drauf für meinen ersten One-Night-Stand.

Sehnsüchtig betrachte ich die Bierflasche in seiner Hand, die er lässig an seine Lippen hebt. Nach einem kräftigen Schluck saugt er ein paar Tropfen von seiner Oberlippe. Neben ihm steht ein Mädchen, das sich an seinen Arm gehängt hat und wild auf ihn einredet. Obwohl sein Blick eindeutig auf mir liegt, scheint das Mädchen dem Mangel an Aufmerksamkeit von ihm keine Bedeutung beizumessen. Mein Blick wandert müßig durch den Raum, bevor ich erneut den Adonis fixiere. Er sieht mich immer noch an. Seine Augen kleben förmlich an mir. Aber nicht schleimig, sondern eher wie ein süßer Tropfen Honig an genau der richtigen Stelle.

Er hebt leicht seine Flasche und prostet mir zu. Ich lächle zurück und hebe ebenfalls mein Glas, das nunmehr leer ist. Also nicht, dass ich Signale geben will, aber ich bin eben höflich. Während er das Mädchen von seinem Arm schüttelt, drehe ich mich zur Bar um und bemerke, dass Verona immer noch mit dem Barkeeper flirtet. Ich stelle mein Glas neben ihren Ellbogen und tippe sie an, um auf mein leeres Glas hinzuweisen. Sie bemerkt mich nicht.

Ich weiß, dass der Adonis näherkommt, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich keine Lust auf ihn. Klar, der Typ ist heißer als die Hölle, aber heute Nacht soll es um mich gehen. Ich kenne mich: Wenn der Typ zu gut aussieht, will ich ihn im Bett beeindrucken. So war es nämlich bei meinem Ex: ein Schönling und eine Arroganzmaschine unter den Laken. Doch statt den Mut zu haben und zu sagen, was ich will und was nicht, habe ich einfach nett ausgesehen und mich mit seiner Schönheit zufrieden gegeben. Doch heute Nacht will ich einen Orgasmus. Ich muss ihn haben. Einmal in meinem Leben einen Orgasmus. Ich finde, es ist fair, dass man sich in der Jugend mal richtig austobt und egoistischen Sex hat.

Mein Ex war eigentlich nicht schlecht im Bett, aber eben nicht gut genug. Oder es lag einfach an mir, weil ich mein Hirn, das Arschloch, nicht ausschalten konnte. Und bei diesem Adonis wird es genauso ablaufen. Er ist zu schön, um sich Gedanken darüber machen zu müssen, ob er seine Bettgefährtin auch befriedigt. Er sieht schließlich gut aus. Wofür anstrengen?

Ich suche gerade unauffällig nach einem Grund, mich einfach zu verkrümeln, als ich auch schon eine heiße Hand auf meiner Schulter spüre. »Hi?«, sagt er und mir wird plötzlich ziemlich warm. Sicher ist die Heizung kaputt.

Seine Stimme ist wie dunkle, flüssige Schokolade – tief und rauchig. Unwillkürlich wende ich mich ihm zu und muss ihn sofort anhimmeln: »Hi«, hauche ich wie eine Grenzdebile und starre zu ihm hoch. Ja, ich weiß, ich habe keinerlei Interesse an ihm, aber ich darf meinen Augen auch mal was Gutes gönnen, oder nicht? Ich kucke nur, wie bei dem Schaufenster dieses Pralinenladens vor meiner Wohnung: Man kuckt, aber man weiß, dass Naschen eindeutig zu teuer ist.

Er sieht mit seinen blauen Augen zu mir runter. »Wie heißt du?«

Ich lächle aus irgendeinem seltsamen Grund. Dann schüttele ich den Kopf, um wieder klar denken zu können. »Tut mir leid, aber das geht nicht.«

»Was geht nicht?«, fragt er verwirrt und runzelt seine goldene Stirn. Selbst die ist perfekt. Das finde ich persönlich ja total unfair: wenn Menschen, insbesondere Männer, so eine herrliche Gesichtshaut haben, ohne etwas dafür tun zu müssen. Ich denke, ich sollte mir mal Rasierschaum ins Gesicht schmieren. Wahrscheinlich funktioniert das besser als Clearasil. Auch wenn ich dann nach Männerparfüm rieche.

Ich bekämpfe den Wunsch, den Goldstaub von seiner Stirn zu lecken, und schüttele stattdessen wieder meinen Kopf, um mein Hirn zum Arbeiten zu bewegen. Er hat links von seinem Kinn einen dunkleren, goldenen Bartschatten als rechts, notiert mein Hirn, ohne dass ich es will. Ich bin völlig abgelenkt von seiner Schönheit. Wird Zeit, dass ich ihn loswerde. »Ich kann nicht mit dir schlafen.«

»Ach, was.« Er grinst mich an, seine goldenen Mundwinkel ziehen sich leicht nach oben und geben den Blick auf eine starke Reihe weißer Zähne frei.

Dann wird mir klar, was ich gerade gesagt habe. Röte schießt mir ins Gesicht und mir wird noch heißer. Irgendwas stimmt auch nicht mit meinem Unterbauch. Da prickelt es ganz komisch. Warum muss ich bloß so einen peinlichen Unsinn reden? Man versteht vielleicht jetzt, warum ich und mein Hirn regelmäßig Streit haben, nicht wahr? Das sagt immer, was es denkt. Ich habe gar nichts damit zu tun. Ich bin eigentlich eine total zurückhaltende, schüchterne Person. Nur mein Hirn eben nicht.

»Ach nichts«, versuche ich abzuwiegeln und sehe mich nach Rettung um. Bitte, ich muss hier weg! Weit weg und dann noch ein Stückchen weiter, bis ich irgendwann diesen Fauxpas vergessen habe. Wenn man schnell genug rennt, fliegt so eine Begebenheit doch von einem ab, oder? Wie ein Schuh oder ein Oberteil. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit streift man das einfach ab, wie Superman – nur eben durch Schnelligkeit und nicht in einer Telefonzelle. Aber was verstehe ich schon von Physik? Ich weiß, wer Einstein ist, und Newton mag Äpfel – soweit ich mich erinnere, aber das war’s schon. Vielleicht sollte ich das mal versuchen. So schnell rennen, bis man sich nicht mehr an etwas Peinliches erinnert. Das Hirn durchpusten mit Gegenwind, bis alles raus ist, was man an Erinnerungen nicht mag. Oh, da fällt mir noch eine ganze Menge anderes Zeug ein, das ich lieber vergessen möchte …

»Du kannst nicht mit mir schlafen, oder du willst es nicht?«, fragt er, während dieses zauberhafte Lächeln langsam seine blauen Augen erreicht. Er reißt mich dadurch nicht aus meinen Gedanken, denn die schwirren irgendwo in den Weiten meiner Gehirnwindungen immer noch um ihn und diese herrlichen Augen. Und diesen halben Bartschatten, der bestimmt nach Lakritz schmeckt. Und um die Frage, ob er vielleicht doch ganz gut im Bett sein könnte. Diese Mutmaßung verbiete ich meinem Hirn strikt und drohe mit einem Alkoholexzess, der Milliarden an Hirnzellen zerstören würde.

»Ich will nicht und ich kann nicht. Du bist zu schön.« Ich hasse mein Hirn. Es findet immer einen Ausweg. Warum musste ich das als Grund angeben?

»Wirklich?«, sagt er lachend und trinkt einen tiefen Schluck. »Willst du etwas trinken? Wir können ja bei einem netten Getränk darüber diskutieren, was an mir zu schön ist.«

»Nein, danke. Ich bin auf der Suche nach etwas anderem«, erkläre ich und klimpere mit meinen Wimpern, um einen unschuldigen Engel zu imitieren.

»Ah, nach Sex mit einem nicht so schönen Mann«, vermutet er lächelnd.

»Nein«, lüge ich und weiß, dass man mir die Lüge ansieht. Natürlich schaltet mein Hirn auf die Funktion »Wangenröten«. Es ist unfair, wenn dein größter Feind alles an dir kontrollieren kann. Wie soll es auch anders sein? Es ist ein gegenseitiger Hass zwischen mir und meinem Hirn. Ich mag es nicht, es mag mich nicht, aber wir sitzen zusammen in einem Boot. Übrigens ist es ziemlich erschreckend, dass der Kerl mich so leicht durchschaut. Kann man einem ansehen, wenn frau auf der Suche nach unverbindlichem Sex ist? Obwohl das in meiner Situation gar nicht so schlimm wäre. Dann könnte ich mich zurücklehnen und auf meinen One-Night-Stand warten, bis der auf mich zukommt. Ich runzele die Stirn und versuche eindeutige Signale zu senden, um die Männer auf meine Sexwilligkeit aufmerksam zu machen. Ein Kerl an der Theke sieht mich an und rutscht dann unauffällig von seinem Stuhl, um das Weite zu suchen.

Ich seufze. Zurück zu Plan A: Lächeln und den richtigen Kerl suchen, um ihn anzusprechen.

Der Kerl neben mir grinst und seine schneeweißen Zähne blitzen auf. Außerdem zeigt er, als er den letzten Rest von seinem herrlichen Bier trinkt, die beeindruckenden Muskeln an seiner Kehle. Och Mensch, hätten nicht wenigstens die hässlich sein können? Ich komme mir plötzlich vor wie ein Vampir, weil ich den Drang bekämpfen muss, ihm in den Hals zu beißen und einen dicken, blauen Knutschfleck zu hinterlassen. Lächerlich. Ich benehme mich wie ein Teenager! Dabei bin ich das fast gar nicht mehr. Nur noch wenige Monate und ich bin ein Twen.

»Was willst du trinken?«, fragt er und wendet sich dem Barkeeper zu, der immer noch mit Verona, der eigentlichen Vampirin unsere Gruppe, quatscht.

»Nichts von dir. Geh weg! Ich werde eh nicht mit dir schlafen«, erkläre ich steif und richte mich zu meiner vollen Größe auf, um ihn einzuschüchtern. Bei Männern funktioniert das doch, warum nicht bei mir? Ich werde jetzt mein Territorium markieren und ihn in die Schranken weisen. Jawohl! Er ignoriert mich ärgerlicherweise, als sei mein Bemühen lächerlich, und versucht stattdessen, Blickkontakt mit dem Barmann aufzunehmen, der – Wunder über Wunder – im selben Moment aufsieht. Keine zwei Minuten später habe ich ein Bier in der Hand und stoße mit dem Kerl an, obwohl ich das gar nicht will. Aber … Bier!

»Ich werde nicht mit dir schlafen. Warum gibst du nicht einfach auf und ich mache mich auf die Suche nach einem anderen?« Ich versuche, ihn böse und ganz und gar unattraktiv anzustarren, weiß aber selbst, dass es mir nicht gelingt. Meine Augen strahlen wie Wunderkerzen, wenn ich ein Bier habe. Es ist schwierig, dann angemessen sauer auszusehen.

»Weil ich mich mit dir unterhalten möchte«, erklärt er.

Langsam werde ich wirklich sauer. »Ich mich aber nicht mit dir. Ich bin wahnsinnig langweilig, weißt du? Ich kann stundenlang über meine neuen Schuhe reden, ohne mich zu wiederholen. Ich weiß einfach zu viele Synonyme für göttlich. Und ich werde wahnsinnig zickig sein, wenn du nicht gehst.« Ha! Ich danke stumm meinem Gehirn, dass es so wunderbare Eigenschaften weiß, die Männer abschrecken!

»Warum gehst du dann nicht?«, fragt er und zieht seine helle Augenbraue hoch. Von hinten kommt in diesem Moment das Licht eines roten Scheinwerfers und gibt seinem blonden Haarschopf einen teuflischen Glanz. Wie ein böser Engel sieht er aus. Arrogant und golden und zuschön!

Ich atme tief durch, um meine Wut runterzukochen. Hinter seiner breiten Schulter habe ich gerade einen vielversprechenden Typen gesehen, der sich aber schnell wieder verzieht, als er den Adonis bemerkt. Der Kerl wagt es, meine Orgasmus-Chancen zu drücken, so ein Halunke! »Geht nicht. Ich bin dazu gezwungen, dich anzuhimmeln.« Ich rolle bewusst mit den Augen, damit er sieht, dass ich es sarkastisch meine. Auch wenn es eigentlich nicht so ist. Er ist wie für eine Leinwand gemacht, die seine Schönheit und sein schelmisches Grinsen einfängt. So ein perfektes Gesicht und das goldig schimmernde dichte Haar. Ein Filmstar. Ich könnte mir vorstellen, ihn auf einem Cover von GQ zu sehen. Lässig an sein Motorrad gelehnt. »Und ich muss auf meine Freundin aufpassen«, fahre ich fort, meine schlagenden Argumente aufzuzählen, als ich endlich in der Lage bin, meinen Blick von seinem herrlichen Hals zu lenken. »Sie neigt dazu, mit den falschen Männern rumzuknutschen.«

»So wie das Mädchen da? Die knutscht mit dem Barkeeper.« Er weist mit seiner Bierflasche auf Verona.

»Oh, Mann!« Ich drehe mich wieder zur Theke und starre sie an. Das ist wirklich wildes Geknutsche! Ohne Theke zwischen den beiden würden die sich wahrscheinlich auffressen.

Einige Augenblicke beobachten wir in stiller, friedlicher Übereinkunft das schamlose Treiben, bis er seinen Arm um meine Schultern legt und ich erstarre. Entweder sein Arm ist so heiß, dass er mich bis in meine Organe hinein wärmt, oder ich bekomme Magenfieber – falls es so etwas gibt. Ich winde mich aus seinem Affenarm und funkle ihn böse an. »Geh endlich weg! Du vertreibst meine möglichen Sexualpartner für heute Nacht.«

»Das ist auch mein Ziel.« Er grinst nur und streicht sich kurz durch sein Haar. »Alle Kerle sollen verschwinden, damit dir am Ende keine andere Möglichkeit bleibt, als mit mir zu schlafen.« Er sieht mir tief in die Augen und sieht unfassbar arrogant und sexy aus. »Ach, und fürs Protokoll: Ich bin Niklas.«

Niklas. Mhm. Fast wie Nikolaus. Und der Nikolaus bringt Schokolade. Leckere halbflüssige Schokolade, die ich von seinem Unterbauch lecke, um dann langsam meine Lippen um seinen steifen Schaft zu schließen, während die Vibrationen seines Stöhnens das Feuer in mir noch weiter entfachen …

Oh, Mann. Ich denke gerade nicht an Sex mit ihm. Nein, mache ich nicht! Ich will nicht mit ihm schlafen. Will nicht … will nicht … Wie ein Mantra murmele ich es vor mich hin, bis es auch meine Libido vernommen hat. Blöde Libido.

»Lass mich in Ruhe«, knurre ich böse. Ich bin wirklich mittlerweile nicht mehr nur maulig, sondern ernsthaft wütend. So ein Mistkerl! Was bildet der sich eigentlich ein? Ich entscheide über mein Leben. Nur ich!

»Lieber schlafe ich mit niemandem als mit dir.« Wenn das mal nicht ein guter Konter war!

»Danke.« Er lächelt, als hätte ich ein Kompliment gemacht. »Und wie heißt du?«, geht er einfach über meine Beleidigung hinweg. Ein dunkelhaariger Kerl steuert auf mich zu und ich strahle ihn einladend an. Meine Rettung! Leider bemerkt er plötzlich Niklas’ Arm hinter meinem Rücken und dreht ab.

Wütend schüttele ich ihn ab. »Okay, okay. Du willst es nicht verstehen, oder? Ich muss wohl schwerere Geschütze auffahren? Ich warne dich, ich kann auf Kommando weinen.« Das ist eine dreiste Lüge und aus irgendeinem Grund werde ich nicht rot. Wahrscheinlich will mein Hirn ein Friedensangebot machen. Ich ziehe einen Schmollmund und lasse meine Unterlippe zittern, während ich meine Augen aufreiße, um den Eindruck zu erwecken, dass ich jeden Augenblick in Tränen ausbreche. Unter meinen Lidern brennen plötzlich tatsächlich Tränen, aber aus purer Wut und Machtlosigkeit!

Er zieht sich leicht zurück. »Fein, eins zu null für dich. Aber es wird noch andere Momente geben. Und dann werde ich nicht nachgeben«, prophezeit er wie der beste Bösewicht aus einem James-Bond-Film.

»Viel Glück«, wünsche ich ihm und sehe ihm einen letzten Augenblick halb hasserfüllt, halb sehnsüchtig nach. Wäre er nicht so schön, könnte sich möglicherweise ein interessanter Kerl hinter der arroganten Fassade verbergen, auch wenn er mich stinkwütend macht. Dann wende ich mich entschlossen ab und sehe mich nach einem geeigneten One-Night-Stand um. Leider entdecke ich dabei nur meine Elfenfreundin Lina, die wild unser Zeichen in meine Richtung macht. Fein, verschiebe ich die Suche eben auf später und gehe jetzt auf Rettungsmission.

*

Ich hebe langsam den Kopf und versuche, mir eine Million Gründe auszudenken, warum ich gerade diesen verräterischen Laut vernommen habe. Vielleicht ist das sein Stöhnen, vielleicht ist es das auch nicht, sondern ein … eine Art Räuspern. Vielleicht hat er sich auch einfach verschluckt. Oh bitte, lass ihn sich verschluckt haben. Bitte!

Ich atme zittrig ein und lasse langsam seinen Schwanz aus meinem Mund gleiten; dann hebe ich vorsichtig den Kopf. Mein Mund schmeckt nach Kondom mit Kirsche. Widerlich. Mein ganzer Körper kribbelt und mein Unterleib juckt, als hätten sich Tausende kleine Schmetterlinge darauf abgesetzt und streichelten mich mit ihren sanften Flügeln. Oh, bitte … lass es nicht das sein, was ich befürchte …

Mein Blick gleitet seinen Bodybuilderkörper hinauf, über die brettharten Muskeln seines Bauches, die sich trotz Entspannung unter seiner straffen Haut wie Wellen abzeichnen, über seine Brustmuskeln, die mit feinem Flaum bedeckt sind, über seinen Stiernacken bis hin zu seinem Gesicht. Ich starre auf seine geschlossenen Lider und bekämpfe den Wunsch, ihn zu hauen.

Ich schnaube unterdrückt und verschränke die Arme unter meinem nackten Busen. Das darf einfach nicht wahr sein! Ich starre ihn an und versuche, ihn mit bohrendem Blick zu zwingen, seine Augen zu öffnen. Er schläft seelenruhig weiter. Und schnarcht.

Arrrrgh! Das gibt es doch gar nicht. Ich drehe durch! Dieser blöde … blöde … Dingsda!

Er schnarcht leise und ich merke, wie sich Tränen in meinen Augen sammeln. Es ist zu bitter, er schläft! Der blöde … Dingsda ist eingeschlafen, während ich seinen Schwanz im Mund hatte. Oh Mann, ich will sterben. Das ist wohl das Peinlichste, Schlimmste und Demütigendste, was mir jemals passiert ist. Das ist sogar noch schlimmer als damals in der sechsten Klasse, als mich die Jungs nur »Tittenmonster« gerufen haben und mein Klassenlehrer zusammen mit einer Kollegin ein Gespräch mit mir geführt hat, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass es vielleicht eine gute Idee wäre, wenn ich mir einen BH zulegen würde …

Ich habe meine Brüste schon mit dreizehn bekommen, quasi über Nacht. Ein volles, großes, festes D-Körbchen mit so kleinen rosa Nippelchen und einer netten Form. Ja, der Größe entsprechend liegen sie leicht auf meinem Brustkorb auf, aber sie sind dennoch rund. Ich mag meine Brüste meistens. Während ich den Rest an mir für annehmbar bis durchschnittlich halte, stechen meine Brüste wirklich heraus. Schade nur, dass ich so wenig Spaß an den Dingern habe. Sie sind eben da, die BHs sind schweineteuer und kneifen grundsätzlich und alle erzählen einem ständig, dass sie auch solche Brüste haben wollen. Also ich würde sie gerne gegen kleinere eintauschen, die wenigstens empfindlich sind. Meine sind wie … Kleidung. Man trägt sie mit sich rum, bemerkt sie beim Anziehen und irgendwie fühlt man sich mit ihnen sexy, aber eigentlich sind sie unangenehm. Zu schwer und womöglich führen sie irgendwann zu Rückenproblemen.

Auch kann man nicht gemütlich auf dem Bauch schlafen und durch die Größe sehe ich fetter aus, als ich bin. Und sowieso ist der Kleidungskauf eine Katastrophe. Ich kann meine Brüste nicht in Kleidung quetschen, die zum Rest meines Körpers passt. Ich muss also immer zu große Kleidung kaufen und sie für meinen Bauch enger nähen oder eben aufs Atmen verzichten.

Wahrscheinlich ist das mit mir und meinen Brüsten so eine typische »Der Rasen meines Nachbarn ist grüner als meiner«-Angelegenheit. Man will immer das, was man nicht hat. Und wenn man es sich leisten kann, hat man eben ein paar OPs und behauptet am Ende, das sei alles Natur. Falls ich eines Tages sehr bekannt bin und Geld habe, werde ich auf jeden Fall sagen, dass ich nicht operiert bin, bis mir niemand mehr glaubt. Mit meinem Studium kann ich ja nicht viel reißen, aber dann werde ich eben Chef. Chef kann jeder werden. Das habe ich auch aus den Hollywoodfilmen. Da sind die Chefs immer Idioten, die den schlauen Leuten keine Chance geben. Das würde ich anders machen. Ich lerne viel, während ich Filme sehe, und ich sehe so gerne Filme. Da ist mein Studium einfach perfekt. Hier kann ich mit meinem Wissen richtig gute Noten schreiben. Neulich hat mein Professor zu mir gesagt hat, dass ich Humor hätte. Ich bin mir nicht sicher, was das bedeuten soll … ich glaube, es sollte ein Kompliment sein. Humor ist doch eine gute Eigenschaft?

Ich habe also große Brüste und Humor. Ich denke, das reicht, um Chef zu werden. Da finde ich meine Brüste gleich viel besser! Aber im Alter von dreizehn Jahren waren sie mir einfach nur peinlich – besonders nach dieser Geschichte mit meinem rotwangigen Klassenlehrer und seiner BH-Empfehlung. Nur durch die andere Lehrerin, die dabei war, hat er es überhaupt auf die Reihe gekriegt, mir zu sagen, dass die Jungs der Klasse dem Stoff sehr wenig Aufmerksamkeit schenken würden. »Wenn du verstehst, was ich meine …« Ich hab es natürlich nicht verstanden. Was habe ich mit den Jungs zu tun, die sind doch voll doof! Und dann hat er mir geraten, dass ich vielleicht etwas kaufen könnte, was … das kaschieren würde. Dabei hat er an die Decke gestarrt. Ich habe auch an die Decke gestarrt auf der Suche nach etwas, das man kaschieren müsste. Aber da waren nur die alten Deckenplatten. Und dann ist er so rot angelaufen, dass ich dachte, er würde platzen, und er sagte nur »Deine Brüste!«, bevor er das Klassenzimmer verließ. Er hat mich nicht mehr oft drangenommen, aber es gab einen Tag, an dem er dieselbe rotlila Gesichtsfarbe bekam: als er uns erklären musste, wie man ein Kondom benutzt. Der Mann hat nicht durch Zufall acht Kinder! Für ihn ist die richtige Handhabung eines Kondoms wahrscheinlich genauso ein Mysterium wie für mich die Welt der Physik.

Aber diese Geschichte war nur halb so schlimm, nein, ein Viertel so schlimm wie die Situation mit meinem eingeschlafenen One-Night-Stand jetzt in diesem Augenblick. Ich will doch nur einen Orgasmus! So einen richtigen Orgasmus, von dem die Frauenzeitschriften immer schreiben und für den die Sexshops Spielzeug verkaufen. So eine »Explosion«, von der alle Welt spricht. Wofür Frauen ihre Familien verlassen und Männer Affären beginnen. Wofür Prostituierte richtig Geld bekommen. Einmal nur. Das würde mir schon reichen, bevor ich mich auf die Suche nach meinem Richtigen begebe.

Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass man drei Sexualpartner haben müsse, um den Richtigen zu entdecken: Mit dem einen wäre es so … lala, mit einem ganz schlimm und mit einem die perfekte Erfüllung. Also werde ich als Nächstes auf eine Granate im Bett treffen – oder aber ich werde niemals einen Orgasmus kennenlernen. Mich für etwas, ohne das ich mein Leben bis jetzt ganz gut auf die Reihe gekriegt habe, durch die Gegend zu vögeln, halte ich für unnötig, verschwenderisch. Außerdem bin ich da einfach nicht wie … meine rothaarige Freundin Verona. Ich bin nämlich gehemmt, glaube ich. So ein bisschen zumindest. Gehemmt und vielleicht unsexy. Schließlich ist mein One-Night-Stand gerade eingeschlafen. Da kann man ja depressiv werden! Und das will ich nicht. Ich bin kein depressiver Mensch. Das habe ich mal beschlossen, als ich betrunken war und mich gerade frisch von meinem Freund getrennt hatte: Ich musste weinen und fand mich selbst lächerlich. Da habe ich es einfach sein lassen mit der Traurigkeit, für immer.

In solchen Momenten ist es, glaube ich, ganz gut, mein Gehirn zu besitzen. Wenn ich etwas beschließe, passiert es meist auch. Mir fällt gerade auf, dass es wirklich viele Situationen gibt, in denen ich mich mit meinem Hirn gut verstanden habe. Aber es ist schwierig, es langfristig zu mögen; wenn es zum Beispiel beschließt, dass der Typ, der jetzt neben mir schnarcht, so aussieht, als sei er gut im Bett.

Ich gähne herzhaft und betrachte den Muskelprotz. Schon traurig, dass ich seinen Namen nicht kenne. Aber bei aller Liebe: Ich bin bereit, mich nicht mehr an seinen Namen zu erinnern, wenn mein Hirn so gnädig ist, mich die Namen meiner Freundinnen nicht vergessen zu lassen. Dabei kann man sie sich ganz leicht merken: Verona Kraus, ihr Name passt zu ihr mit ihren kurzen roten Locken. Und Lina Kaufmann klingt irgendwie schon nach Elfe. Ich denke, das kriege ich auf die Reihe.

Ich lasse mich theatralisch auf mein Bett fallen und atme langsam und tief ein und aus, bis sich mein Puls wieder beruhigt hat. Mein erster glorreicher One-Night-Stand endet, bevor es eigentlich zur Sache geht. Und ich habe es nicht einmal gemerkt, dass er eingeschlafen ist, bis ich sein Schnarchen gehört habe.