Society - Der Kreis der Zwölf - Maggie Hall - E-Book
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Society - Der Kreis der Zwölf E-Book

Maggie Hall

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Beschreibung

Ein süchtig machender Thriller voller dunkler Familiengeheimnisse und tödlicher Herausforderungen

Was wäre, wenn ein mysteriöser Fremder alles, was du über dein Leben zu wissen glaubst, über den Haufen wirft? Wenn du plötzlich eine riesige und noch dazu reiche und mächtige Familie hast? Als Avery West genau das passiert, wird ihre Welt von einem Tag auf den anderen komplett auf den Kopf gestellt: eben noch auf der Highschool findet sie sich plötzlich mitten in der Pariser High Society wieder. Umgeben vom geheimnisvollen Familienclan ihres bis dahin unbekannten Vaters. Doch hinter seinem Interesse an Avery steckt ein brandgefährliches Rätsel, dass sie allein entschlüsseln kann …
Ein rasantes Abenteuer, voller Geheimnisse, Glamour und Romantik – für alle Fans der »The Inheritance Games«-Reihe!

Die Society-Reihe:
Society – Der Kreis der Zwölf (Band 1)
Society – Die Karte des Schicksals (Band 2)
Society – Das Ende der Welt (Band 3)

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Seitenzahl: 500

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DIE AUTORIN

© Andrew Hall

Maggie Hall widmet sich ihrem Faible für ferne Länder und außergewöhnliche Abenteuer, sooft sie kann. Sie hat schon mit Tigerbabys in Thailand gespielt, in Italien gelernt, Pasta zu machen, und ist im Zug durch Indien gereist. Wenn sie nicht gerade quer durch die Welt unterwegs ist, lebt sie mit ihrem Mann und ihren Katzen in Albuquerque, schaut Football, zeichnet und schreibt in ihrem Blog über Jugendbücher.

Mehr über cbj auf Instagram unter @hey_reader

Maggie Hall

SOCIETY

Der Kreis der Zwölf

Aus dem Amerikanischen

von Doris Attwood

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Für Andrew.

Ohne dich gäbe es dieses Buch nicht.

Erstmals als cbt Taschenbuch August 2019

© 2015 Margret Hall

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »Conspiracy of Us« bei G. P. Putnam’s Sons, einem Verlag der Penguin Random House, New York

© 2019 für die deutschsprachige Ausgabe

cbj Kinder- und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Übersetzung: Doris Attwood

Lektorat: Christina Neiske

Umschlaggestaltung: Suse Kopp, Hamburg

unter Verwendung der Abbildungen von

© iStockphoto (Ostill; CaoChunhai);

© Getty Images (Ray Kachatorian);

© Plainpicture (Millennium; Gabriel Stauffer)

MP · Herstellung: eR

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN 978-3-641-17046-2V002

www.cbj-verlag.de

KAPITEL 1

DAS BLATT PAPIER hätte alles Mögliche sein können.

Der Scheinwerfer hinter mir leuchtete erst säuregrün auf, dann pink, und erlosch anschließend wieder. Das Pink brannte immer noch auf meiner Netzhaut und verlieh der zusammengefalteten Seite, die ich mit der Faust umklammerte, einen rosigen Glanz.

Ich starrte ein paar Sekunden lang darauf und faltete sie dann wieder auseinander.

Das fünfzehn mal fünfzehn Zentimeter große Blatt Papier war gerade aus Jack Bishops Tasche gefallen.

Jack Bishop war der Neue, der Anfang der Woche auf die Lakehaven High gewechselt war. Er war während der Stellprobe hier aufgetaucht, obwohl er der letzte Mensch war, den ich für einen Theaterfan gehalten hätte.

Er hatte auf sein Telefon geschaut, war über den Beleuchtersteg geeilt und lief nun über die Bühne darunter, seine Schritte hallten im ganzen Theater wider. Sein weißes T-Shirt färbte sich unter dem nächsten Scheinwerfer erst orange, dann blau – ein heller Punkt in der Dunkelheit.

Ich vergewisserte mich, dass mich niemand beobachtete, und strich das Papier wieder glatt.

Es war ein Foto. Ein Foto von einem Mädchen mit langen dunklen Haaren und ebenso dunklen Augen, die auf irgendetwas außerhalb des Bildes fokussiert waren.

Das Mädchen war ich.

KAPITEL 2

ICHSAH JACKNACH, bis er verschwand.

Auf der anderen Seite des Beleuchterstegs lehnte sich Lara Sanchez – Lichtregisseurin des Frühjahrsstücks und diejenige, die mich gezwungen hatte, heute herzukommen – über die versammelten neuen Theatertechniker, um ihnen zu demonstrieren, wie einer der anderen Scheinwerfer funktionierte. Sie brachte die komplette Konstruktion zum Wackeln.

Ich krallte mich so angestrengt an dem Maschendraht fest, dass meine Finger ganz weiß wurden, und schaute noch einmal auf das Foto. Meine Lippen waren leicht geöffnet und mein Kopf zur Seite gedreht, so, als würde ich mich mit jemandem unterhalten. Er musste es online gefunden haben. Lara postete immer tonnenweise Fotos. Dass Jack Bishop sich die Mühe gemacht hatte, nach einem von ihnen zu suchen, bedeutete … Na ja, es gibt schließlich nicht allzu viele Gründe, warum ein Typ ein Foto von einem Mädchen mit sich rumträgt.

Plötzlich fiel mir auf, wie schal die Luft hier oben war. Heiß. Stickig. Ich hielt mich zwar besser, als ich vermutet hatte, aber eine Entschuldigung, um wieder nach unten zu klettern, würde ich sicher nicht ausschlagen.

Ich rappelte mich auf. »Tut mir leid«, flüsterte ich Lara zu, während ich über Beine und Rucksäcke stieg. »Entschuldigt mich.« Ich blieb erst stehen, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Ich klopfte meine Jeans ab, steckte das Bild in meine Umhängetasche und stieß die schwere Theatertür auf.

Korridor B sah nach der neonhellen Bühne besonders grau aus, aber Jack, der die Turnhalle schon halb erreicht hatte und immer noch auf sein Telefon schaute, wirkte, als würde er von einem Spot angestrahlt.

Seit er am Montag in der Lakehaven angefangen hatte, war Jack nicht nur eingeladen worden, dem Komitee für das Schuljahrbuch beizutreten, sondern auch der Hälfte aller Sportmannschaften der Schule – und dazu, EmmaBeth Porter an die Wäsche zu gehen. Und das waren nur die Angebote, die ich zufällig mit angehört hatte.

Ich hingegen hatte die komplette Woche damit verbracht, gegen das Kribbeln in meinem Magen anzukämpfen, das angefangen hatte, als er sich im Soziologiekurs neben mich gesetzt hatte. Und das noch schlimmer geworden war, als er mich in Mathe angelächelt hatte. Und dann war er auch noch bei der Stellprobe aufgekreuzt, was bedeutete, dass ich in der letzten halben Stunde nur auf das Tattoo auf seinem Unterarm gestarrt hatte, anstatt aufzupassen.

Ich war aber nicht nur von seinen Unterarmen fasziniert und von seinen dunkelgrauen Augen, oder von dem Grübchen in seiner rechten Wange. Er war geradezu lächerlich attraktiv – nicht hübsch, aber gut aussehend auf eine beinahe gemeißelte Weise, wobei sein Kiefer eher einem Winkel glich als einer Kurve und nicht eine Strähne seines espressofarbenen Haars am falschen Platz hing – und vielen hätte das schon völlig gereicht.

Aber für mich war da noch mehr. Jack war neu in der Schule, genau wie ich. Und genau wie ich hatte er sämtliche Einladungen dankend abgelehnt. Ich hatte nie gesehen, dass er sich länger als ein paar Minuten mit jemandem unterhielt. Aber im Gegensatz zu mir schien er trotzdem sehr selbstbewusst zu sein. Es war … als interessierte ihn das alles nicht wirklich.

Ich dagegen gab nur vor, dass es mich nicht interessierte. Freunde. Jungs. Ein Leben zu haben. Manchmal glaubte ich wirklich, ich hätte den Dreh raus, aber dann schlich ich mich aus der Stellprobe, weil ein kleiner, verräterischer Teil von mir unbedingt herausfinden wollte, ob dieser Typ, den ich jetzt seit einer Woche beobachtete, mich auch beobachtet hatte.

Jack wandte sich abrupt nach rechts und ging durch den Ausgang auf den Schulhof.

Ich hätte aufhören sollen, ihm zu folgen. Was bezweckte ich überhaupt damit? Aber als ich die Stelle erreichte, an der er abgebogen war, hörte ich eine Stimme, die trotz des Prasselns der Regentropfen im ganzen Korridor widerhallte. »Warum sollte er hierherkommen?«

Ich blieb abrupt stehen, ein wenig verwirrt. Vorsichtig lugte ich durch die Tür, die einen Spalt offen stand. Vielleicht war es ja jemand anders.

War es nicht. Zwar konnte ich nicht mehr sehen als seinen linken Arm, aber es war definitiv Jack. Ich erkannte sein Kompass-Tattoo, Norden zeigte auf den Boden.

»Hast du eine Ahnung, wann?«, fragte er, und ich versuchte, mir einen Sinn zusammenzureimen. Falls mich meine Ohren nicht täuschten, sprach Jack mit britischem Akzent.

Er schaute sich um und ich zuckte zurück und drückte mich ganz flach gegen die Spinde.

»Nein, ich hab ihn noch nicht gesehen. Gibt’s nicht was Wichtigeres, worüber wir uns Sorgen machen sollten?« Er verstummte kurz. »Was wollen die Dauphins denn von ihr?«

Ihr? Meine Hand sauste auf die Außentasche meiner Umhängetasche, in die ich das Foto gesteckt hatte.

»Sir?« Jacks Stimme verwandelte sich von angespannt in verwirrt. »Selbstverständlich«, fuhr er fort. »Prioritätsstufe eins. Ich verstehe.«

Ich schüttelte den Kopf. Natürlich sprach er nicht von mir. Aber wovon sprach er dann?

»Ich erledige es gleich heute Abend«, fügte Jack nach einer Pause hinzu. »Ja, Sir.«

Er musste aufgelegt haben, denn er fluchte leise, und seine Schritte platschten auf dem regennassen Gehweg davon.

Ich ließ mich gegen die Spinde sinken. Die letzten Worte der Unterhaltung liefen noch einmal in meinem Kopf ab. Prioritätsstufe eins, Sir.

Vielleicht einer seiner alten Lehrer. Ein strenger britischer Großvater. Es ging mich zwar nichts an, aber die Unsicherheit in Jacks für gewöhnlich so ruhiger Stimme hatte mich genauso sehr verstört wie sein Akzent.

Ich steckte mir eine Strähne meines dunklen Haars hinters Ohr, holte das Foto noch einmal heraus und betrachtete mein Gesicht im trüben Neonlicht.

Moment mal.

Ich schaute genauer hin. Dieses Foto war im Garten vor meinem Haus aufgenommen worden. Ich erkannte die stachelige Kiefer wieder.

Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass Lara dort Fotos gemacht hatte, und ich postete nie Fotos im Netz.

Aber wenn das der Fall war, woher hatte Jack es dann?

KAPITEL 3

»AVERY JUNE WEST!« Ich schreckte auf. Ich hatte so lange über das Bild nachgedacht, dass ich jetzt zu spät zur nächsten Stunde kommen würde. Ich drehte mich um und sah, wie Lara durch den Flur auf meinen Spind zuhüpfte, wobei ihr Haar mit den blau gefärbten Spitzen hin und her schwang. »Mann, vielen Dank, dass du mich hast sitzen lassen. Was hast du denn für ein Problem?«

Aus irgendeinem Grund wollte ich ihr nichts von Jack erzählen. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich kein Fan von Höhen bin«, erwiderte ich stattdessen.

Ich drehte an meinem Zahlenschloss, rüttelte am Griff und schlug mit der Handfläche auf die Ecke der Tür. Sie sprang auf. Wenn man mitten im Schuljahr als Neue dazustieß, bedeutete das auch, dass man nehmen musste, was übrig war. Spinde bildeten da keine Ausnahme.

»Und wir waren uns einig, dass Beleuchterin deshalb genau das Richtige ist, schon vergessen?« Lara zog eine Packung Fruchtgummischnüre aus ihrem Rucksack und bot sie mir an. Ich schüttelte den Kopf. »Und außerdem kannst du auf die Art mit mir abhängen. Wenn du beim Bühnenbild dabei wärst, müsstest du dich für den Rest des Jahres mit Amber Leland rumschlagen – igitt!«

Ich griff nach meinem Buch über antike Zivilisationen. »Ich werde dir nicht fürs Bühnenbild den Laufpass geben.«

Auf dem Weg zum Geschichtskurs erzählte mir Lara, dass Amie Simpson suspendiert worden war, weil sie mit dem Hausmeister Zigaretten geraucht hatte, und dass ihr Date jetzt keine Begleitung für den Abschlussball mehr hatte, weshalb sie auch ihre Reservierung zum Abendessen in die Tonne treten konnten.

»Du solltest einfach mitkommen«, sagte sie und deutete mit einer langen roten Gummischnur auf den Tisch des Abschlussballkomitees. »Ich weiß, dass du gesagt hast, du willst nicht hingehen, aber du könntest Amie ersetzen.«

Ich betrachtete das Abschlussballposter. Das Motto lautete Eine Nacht in Hollywood. »Ich glaube nicht, aber trotzdem danke.«

Ich ging nicht auf Schulbälle. Genau wie Klubs – und ganz besonders wie sehr süße, sehr faszinierende Jungs – waren sie nicht Teil des PLANS. Und ich war wild entschlossen, mich hier in Lakehaven, Minnesota, an den PLAN zu halten.

»Dein Pech«, sagte Lara. »Im Olive Garden gibt’s unbegrenzt Grissini.«

Ich klinkte mich mental aus, als Molly Mattison zu uns gerannt kam und fragte, ob sie sich Laras Lieblings-Federohrringe ausleihen durfte.

War die ganze Idee mit dem PLAN ein wenig zynisch von mir? Sicher. Irgendwie armselig? Definitiv. Aber mir war schon vor Jahren, in einem Umzugswagen zwischen Portland und St. Louis, klar geworden, dass ich mich gefühlsmäßig nicht mehr so reinhängen durfte. Der PLAN hatte funktioniert, genau wie diesmal auch. Lara war nett, aber wir würden uns nie besonders nahestehen. Ich hatte heute die Beleuchterin gegeben, damit sie und meine Mom mich endlich in Ruhe ließen, aber ich hatte mir diese spezielle Aufgabe auch deshalb ausgesucht, um eine gute Entschuldigung zu haben, wenn ich scheiterte. Vielen Dank, Höhenangst.

Die Sache ist die: Einsam zu sein ist, als würde man ohne Mantel durch die Kälte spazieren. Es ist zwar ungemütlich, aber irgendwann spürt man es nicht mehr. Wenn man sich allerdings erst mal daran gewöhnt hat, nicht einsam zu sein, dann ist der Schock, wenn es wieder passiert, so groß, als würde einem um sechs Uhr früh an einem Dezembermorgen in Minnesota die Daunendecke weggerissen.

Lara verstummte und kniff die Augen zusammen.

»Was?«, fragte ich, aber dann sah ich es selbst. Jack kam den Flur herunter auf uns zu. Es war völlig unmöglich, dass er mir nach Hause gefolgt war und mich heimlich fotografiert hatte. Lara musste das Foto gemacht haben.

»Der Typ ist einfach nur lächerlich«, sagte Lara.

Im Gegensatz zu allen anderen Mädchen der Schule zeigte sie kein Interesse an Jack. Sie hielt ihn für einen Snob. »Zu sehr Marc O’Polo«, fügte sie hinzu und hatte damit nicht ganz unrecht. Er schlenderte mit den Händen in den Hosentaschen den Korridor entlang, und in seinem maßgeschneiderten Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln sah er aus, als käme er direkt von einem Fotoshooting.

»Ja«, bekräftigte ich. »Lächerlich.« Ich verdrehte die Goldkette meines Medaillons zwischen den Fingern und warf einen letzten Blick über meine Schulter, während die Schulglocke läutete und wir zum Geschichtskurs eilten. Ein paar Sekunden später blieb Jack auf der Türschwelle stehen. Seine Augen trafen meine, bevor er sich auf seinen Platz setzte. Nervös zeichnete ich die Linien in meinem Heft nach.

Jack war mit mir in diesem Kurs, in Mathe und in Soziologie, wo wir in den letzten paar Stunden zusammen für ein Projekt zu »Familien in Amerika« eingeteilt worden waren. Das bedeutete, dass er nun alles über mein Leben wusste, was es zu wissen gab, von den ständigen Umzügen wegen des Jobs meiner Mom bis hin zu meinem Dad, der uns verlassen hatte, als ich noch ganz klein gewesen war. Ich war immer noch überrascht, dass ich ihm überhaupt so viel erzählt hatte. Er war allerdings nicht annähernd so mitteilsam gewesen. Ich fand, er hätte zumindest die schnieken britischen Verwandten erwähnen können, die ihm übers Telefon mysteriöse Aufträge erteilten.

»Miss West? Avery?«

Ich schreckte auf und mein Stift kullerte klappernd vom Tisch. Ich hatte noch nicht mal mitbekommen, dass der Unterricht bereits angefangen hatte.

»Können Sie die Frage für uns beantworten?«, fragte Mrs Lindley.

»Ähm …« Ich sah Lara an. Sie zeigte auf ihre Notizen, aber ich konnte ihr rosafarbenes Gekritzel nicht lesen. In meinem eigenen Heft, in dem ich mir Notizen hätte machen sollen, prangte nur eine Skizze von Jacks Kompass-Tattoo. Ich bedeckte sie schnell mit meinem Ellenbogen.

»Die Diadochen, Miss West, aus der Lektürehausaufgabe für gestern Abend. Können Sie uns erklären, welche Rolle sie im Leben von Alexander dem Großen spielten?«

Ich hatte meine Lesehausaufgaben gemacht. Ich machte meine Lesehausaufgaben immer. Ich mochte vielleicht nicht gut im Umgang mit Menschen sein, aber ich war gut in der Schule. In diesem Moment hatte ich jedoch einen völligen Blackout.

»Alexander der Große hat einen Großteil der antiken Welt erobert. Ähm, von Griechenland bis nach Indien«, antwortete ich, um Zeit zu schinden, während ich die Seiten durchblätterte und hoffte, dass die richtigen Worte mich einfach anspringen würden.

Mrs Lindley verzog die Lippen, so, als habe sie auf etwas Saures gebissen.

»Die Diadochen waren Alexanders Nachfolger«, sagte eine tiefe Stimme drei Reihen entfernt. Ich drehte mich um. Jack starrte mich direkt an. Seine Stimme klang wieder wie immer, ohne den geringsten Anflug eines britischen Akzents.

Mrs Lindley sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.

»Alexander hatte keine blutsverwandten Nachkommen, deshalb hat er sein Reich seinen zwölf Feldherren hinterlassen«, fuhr Jack fort. Mrs Lindley seufzte und wandte ihre Aufmerksamkeit ihm zu.

»Vielen Dank, Mr Bishop, dass Sie uns gezeigt haben, was passiert, wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat. Diesmal werde ich darüber hinwegsehen, dass Sie sich nicht gemeldet haben. Können Sie uns auch sagen, in welchem Jahr Alexander der Große gestorben ist?«

Als Jack all ihre Fragen beantwortet hatte, schaute er wieder zu mir.

Ich wandte mich schnell wieder meinen Notizen zu. Ich wünschte, er hätte das nicht getan. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war noch ein Grund, ihn zu mögen. Ich riss die Zeichnung von seinem Tattoo aus meinem Heft, zerknüllte sie und steckte sie in meine Tasche.

Nach dem Unterricht wartete ich auf Lara, die ihre Bücher einpackte. Ich schaute absichtlich nicht zu Jack hinüber, aber als ich Schritte auf uns zukommen hörte, während der Rest der Klasse aus dem Zimmer strömte, wusste ich genau, wer es war.

Jacks dunkles Haar hatte sich aufgrund der Luftfeuchtigkeit ein wenig gewellt und er hatte sich seine Leinentasche lässig über die Schulter gehängt. Ich fummelte an der Spitzenborte am Saum meines Tanktops herum.

»Hey! Du hast mich bei der Stellprobe auch einfach hängen lassen«, sagte Lara und pikte Jack ihren Zeigefinger in die Brust. »Ihr seid unhöflich, alle beide.«

»Ja, tut mir leid.« Jacks Stimme klang tief und rau, so als würde sie über Kies scheuern. »Aber ich musste ans Telefon gehen. Mein Großvater ist krank.«

Oh. Die Spannung, die sich in meiner Brust gebildet hatte, ohne dass es mir wirklich bewusst gewesen war, löste sich wieder. Ich widerstand dem Drang, ihn zu fragen, wo in England sein Großvater lebte – und erinnerte mich dann selbst zum wiederholten Mal daran, dass mich das eigentlich alles gar nicht interessieren sollte. Weder Jacks Privatleben noch die Tatsache, dass er, selbst wenn er mit Lara sprach, mich anschaute.

Lara rümpfte auf eine Art die Nase, die entweder Tut mir leid oder Igitt, alte Leute bedeuten konnte. »Das ist ja echt scheiße«, sagte sie. Sie drehte sich wieder zu mir um, während ich meine Tasche auf die Schulter schob. Im nächsten Moment wandte sie sich wieder zu Jack, weil er sich immer noch nicht verzogen hatte. Dann drehte sie sich erneut zu mir. Und sah mich mit den unsubtilsten erhobenen Augenbrauen aller Zeiten an. »Oh. Okay. Mir ist gerade wieder eingefallen, dass ich losmuss. Was … erledigen. Ave, komm doch nach der Schule bei mir vorbei, wenn du Lust hast, auch wenn du nicht zum Abschlussball gehst. Wir machen uns die Nägel.«

Ich hätte sie umbringen können, aber stattdessen befreite ich nur die Haarsträhne, die unter dem Riemen meiner Tasche gefangen war, und lächelte sie mit zusammengebissenen Zähnen an.

»Ich glaube, du hast das hier verloren.« Jack reichte mir meinen Stift, als Lara sich von uns entfernte. »Er ist unter mein Pult gerollt.«

»Danke.«

Er ging neben mir aus dem Klassenzimmer und verlangsamte seine langen Schritte, um sie meinen anzupassen. Er war wahrscheinlich nur ein wenig größer als der Durchschnitt, aber ich musste trotzdem meinen Hals recken, um zu ihm hochschauen zu können. Im selben Moment sah er mich aus dem Augenwinkel an.

»Und danke auch für vorhin«, sagte ich schnell, »aber ich hab den Text gelesen. Irgendwann hätte ich mich auch wieder an die Antwort erinnert.«

»Oh.« Zwischen Jacks dunklen Augenbrauen bildeten sich tiefe Falten. Sie waren ebenso ausdrucksstark, wie der Rest von ihm unerschütterlich war. »Tut mir leid.«

»Nein, schon okay.« Ich führte wieder die einzelnen Schritte durch, die nötig waren, um meinen Spind zu öffnen. »Ich meine ja nur, dass ich nicht wirklich gerettet werden musste. Aber ich weiß es zu schätzen.«

Er lächelte mich schüchtern an, so als würde die Sonne durch einen Panzer scheinen. Ich beschäftigte mich damit, meine Bücher in meine Tasche zu packen.

»Eigentlich wollte ich mit dir reden, Avery«, sagte Jack.

Mein Mathebuch fiel das letzte Stück der Strecke in meine Tasche und landete mit einem dumpfen Plumps.

»Können wir irgendwo hingehen …?« Sein Telefon brummte und er atmete frustriert aus. »Eine Sekunde.«

Während er die Nachricht las, schloss ich den Reißverschluss meiner Tasche. Mich interessierte nicht, was er zu sagen hatte, redete ich mir selbst ein. Kein bisschen. Kein bisschen. Meine schwarzen Stiefeletten quietschten auf dem feuchten Fliesenboden, während im Korridor die letzten Planungen für den Abschlussball widerhallten und die Endgültigkeit der Spindtüren, die vor dem Wochenende noch ein letztes Mal zugeknallt wurden.

Vielleicht wollte er ja etwas wegen der Hausaufgaben fragen. Oder vielleicht würde er auch etwas furchtbar Arrogantes sagen, sodass ich Lara würde recht geben müssen und ihn endlich ein für alle Mal vergessen könnte.

Ich wagte es, den Blick zu heben, und Jacks Augenbrauen bogen sich bedrohlich nach unten, während er eine Nachricht tippte. Es war derselbe Ausdruck, den er auch gehabt hatte, als er vorhin die Stellprobe verlassen hatte.

»Geht’s deinem Großvater gut?«, erkundigte ich mich.

»Meinem …« Er kniff für eine Sekunde die Augen zusammen und nickte dann. »Ihm geht’s gut. Aber ich wollte … ähm. Heute Abend.« Er verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein. »Lara hat erwähnt, dass du nicht zum Abschlussball gehst?«

Ich krallte meine Faust um den Riemen meiner Tasche.

»Ich gehe eigentlich nicht auf Schulbälle«, erwiderte ich. Meine Stimme war eine Oktave höher als normalerweise.

»Oh.« Jack und ich waren wie Spiegelbilder, wie zwei Inseln in einem wirbelnden Fluss aus Menschen. »Das verstehe ich«, sagte er. »Du ziehst andauernd um. Wenn es sowieso nicht lange hält, ist es dann überhaupt die Mühe wert, richtig?«

Ich sah mit scharfem Blick zu ihm hinauf. Es war völlig ausgeschlossen, dass der perfekte, makellose Jack Bishop den PLAN verstand.

»Es ist nur so … ich hab mich gefragt …« Jack rieb sich mit dem Daumen seiner anderen Hand das Kompass-Tattoo an seinem Unterarm und es wirkte wie eine nervöse Angewohnheit. Dann sah er mich unter seinen langen Wimpern hervor an, und seine grauen Augen glänzten so unerträglich hoffnungsvoll, dass ich förmlich auf dem dreckigen Flurboden zerfloss. »Ich wollte nur mal hören, ob du vielleicht doch hingehen willst. Mit mir.«

Der Rest des Schuljahrs flog wie im Schnellvorlauf an mir vorbei. Wir würden zum Abschlussball gehen. Uns vielleicht sogar einen Gutenachtkuss geben. Im Unterricht nebeneinandersitzen, Hand in Hand durch die Flure gehen. Jemanden haben, der wusste, wie es war, neu zu sein, wenn alle anderen sich schon seit dem Windelalter kannten. Und schließlich, auch wenn ich noch so angestrengt versuchte, es nicht zu tun, würde ich mich ihm gegenüber völlig öffnen.

Ich spulte noch ein wenig weiter vor. Vielleicht würde es nach einem Monat passieren, vielleicht nach einem Jahr, aber letzten Endes würden wir wieder umziehen, und diesmal wäre ich nicht die Einzige, die jemanden verlor.

Ich schloss die Augen. Es wäre besser für ihn, wenn er eine andere fragen würde, ob sie mit ihm zum Abschlussball ging – eine Cheerleaderin oder ein Mädchen aus dem Schulchor, oder irgendjemanden, der nicht so verkorkst war wie ich. Und für mich wäre es besser, zu vergessen, dass er überhaupt existierte.

Meine Augen öffneten sich mit einem Flattern wieder, aber ich konnte ihn nicht ansehen. »Danke«, sagte ich zu seinen Füßen. »Aber ich glaube nicht.« Ich wandte mich ab und trottete davon, bevor er sehen konnte, wie das sorgfältig geflickte Loch in meinem Herzen wieder ganz weit aufriss.

KAPITEL 4

ICHWARSO in Gedanken versunken, dass ich in Lakehaven auf dem Weg von der Schule nach Hause beinahe über eine rote Ampel fuhr. Ich stieg aufs Bremspedal und kam vor Frannie’s Frozen Yogurt zum Stehen, wo eine Fußgängermenge über die Kreuzung strömte.

Ich ließ den Kopf gegen die Nackenstütze sinken. Es war schon okay. Alles gut.

Nein zu sagen war richtig gewesen, auch wenn mich noch nie vorher jemand gefragt hatte, ob ich mit ihm zu einem Schulball gehen wollte. Auch wenn es Jack Bishop war, der mich gefragt hatte. Aber es war schon okay.

Ich legte meine Stirn auf dem Lenkrad ab. Ich wünschte, die Ampel würde sich beeilen und endlich umspringen, damit ich nach Hause fahren und diesen Tag hinter mich bringen konnte.

Endlich leerte sich der Fußgängerüberweg, aber als ich mich seufzend aufsetzte und mit dem Fuß sachte aufs Gaspedal drückte, trat noch eine weitere Person auf die Straße.

Ich stieg wieder auf die Bremse, aber der Typ ging einfach weiter, als sei es ihm völlig egal, dass ich ihn beinahe angefahren hätte. Er war groß, hatte glattes, schmutzig blondes Haar und sein Friseurbesuch war seit ein paar Wochen überfällig. Außerdem war er so dünn, dass ich ihn als mager bezeichnet hätte, wenn unter seinem T-Shirt nicht seine strammen, muskulösen Arme hervorgelugt hätten. Er stammte nicht von hier – da war ich mir ganz sicher.

Seine graue, enge Jeans hatte er sich in die halb zugebundenen Stiefel gesteckt und die Tasche quer über die Brust gehängt – für einen Typen war es gar nicht so leicht, so rumzulaufen, ohne dass es gewollt, aber nicht gekonnt cool aussah, es sei denn, er war ein trendiger Hipster aus der Großstadt, aber von denen hatten wir in Lakehaven keine. Auch wenn ich vielleicht noch nicht jeden hier mit Namen kannte, war mir mittlerweile doch jedes Gesicht aus der Schule vertraut und ich war mir sicher, dass ich mir eins, das so aussah, auf jeden Fall gemerkt hätte.

Der Junge ließ seinen Blick unaufgeregt hin und her wandern. Er blieb kurz an drei Neuntklässlern hängen, die aus dem Frozen-Yogurt-Laden kamen, dann an einer Gruppe von Cheerleadern, die Kleidersäcke aus der Reinigung dabeihatten, an einem Fahrrad fahrenden Mädchen – und dann an mir.

Der Typ blieb stehen.

Er stand einfach da, mitten auf der Straße, mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Es war kein freundliches Lächeln. Es war das Lächeln eines hungrigen Löwen, der nach Blut dürstete und bereit war, sich auf seine Beute zu stürzen, und es kribbelte so unbehaglich in meinem Bauch, dass ich auf den Sperrknopf für die Türen drückte.

Das Auto hinter mir hupte.

Der Typ korrigierte den Sitz seiner Umhängetasche, trottete den Rest des Weges über die Straße und drehte sich um, um mir nachzusehen, als ich davonfuhr.

Zu Hause angekommen knallte ich die Eingangstür zu und schob energisch den Riegel vor. Das Geräusch hallte in dem stillen Haus wider.

Ich wünschte, ich wäre doch zu Lara gegangen. Sie hatte drei Schwestern und ihre Tante und ihr Onkel wohnten mit ihren Kindern direkt nebenan. Mit all dem Gekreische und Gekicher der kleinen Kinder und den Erwachsenen, die in der Küche Wein tranken und uns mit der Schule, Jungs und dem College aufzogen, explodierte ihr Haus förmlich vor Leben.

»Mom?«, rief ich. Die einzige Antwort waren das unregelmäßige Klappern der Waschmaschine und das leise Gemurmel von Stimmen aus dem Fernseher.

Ich warf meine Tasche auf den Küchentisch und schüttelte meine Jeansjacke ab. Die Story, über die schon gestern Abend berichtet worden war, war immer noch in den Nachrichten: Eine Autobombe in Dubai hatte neun Menschen getötet, darunter auch ein saudischer Prinz.

Ich schaltete den Fernseher aus. Die Nachrichten waren zu deprimierend. Meine Mom war besessen davon, aber mir kam es wie reine Zeitverschwendung vor, da wir ohnehin nichts tun konnten, um etwas daran zu ändern, was passierte.

Ich schlenderte durch die Küche, machte erst ein paar Schränke auf und dann den Kühlschrank und holte schließlich Pistazieneis und gefrorene Pfefferminzplätzchen aus dem Gefrierschrank.

Der Typ auf der Kreuzung konnte ein Austauschschüler sein, aber ich nahm an, dass ich dann schon von ihm gehört hätte. Vielleicht war er ja der Cousin von irgendjemandem und wohnte gar nicht in der Stadt. Oder er begleitete nur ein Mädchen zum Abschlussball.

Ich stellte die Eiscreme auf den Tisch und blätterte durch den Stapel mit Post. Als ich eine Postkarte entdeckte, ließ ich den Rest fallen. Istanbul – ein Bild von einer Moschee mit hoch aufragenden Türmen. Die war neu.

Ich drehte sie um und lächelte, als ich die vertraute, akkurate Handschrift erkannte.

Avery,

ich hoffe, Dir und Deiner Mutter geht’s gut. Istanbul ist wunderschön. Dir würden all die Farben auf den Märkten gefallen, die Stoffe und die Lichter auf dem Fluss. Erinnerst Du Dich noch an den Gyros-Stand in der Nähe vom Copley Square in Boston, den Du so gern mochtest? Hier gibt’s an jeder Straßenecke einen. Die ganze Stadt riecht einfach köstlich.

Charlie lässt Dich grüßen.

Alles Liebe,

Fitzpatrick Emerson

Mr Emerson hatte in Boston direkt neben uns gewohnt, als ich acht war. Das war gleich nach unserem ersten Umzug gewesen und wir waren seither nie länger an einem Ort geblieben. Mr Emerson hatte ganz graues Haar und eine runde Brille, ein schallendes Lachen und immer eine Schüssel mit Gummibärchen – der klassische Bilderbuch-Opa, den ich nie gehabt hatte.

Ich hatte immer geglaubt, das Leben wäre einfacher, wenn wir nur irgendeine Familie hätten. Brüder und Schwestern als angeborene Freunde, Cousins und Cousinen, denen ich E-Mails schreiben konnte, oder eine Tante, mit der wir den Sommer verbringen würden – irgendjemand außer Mom und mir. Mr Emerson war zwar nicht wirklich mit uns verwandt, aber er war das Beste, was wir in Sachen Familie vorweisen konnten.

Ich fuhr mit dem Finger über die türkische Briefmarke auf der Postkarte und las die Nachricht noch einmal. Charlie war Mr Emersons Enkel, und ich schwöre, dass Mr Emerson versucht hat, uns zu verkuppeln, seit wir Kinder waren. Ich hatte Charlie Emerson bisher nur auf Fotos gesehen, aber jedes Mal, wenn Mr Emerson mir schrieb, erzählte er mir von seinen Abenteuern – und dass er mit Charlie über mich gesprochen hatte.

Ich drehte die Postkarte wieder um und betrachtete das Foto genauer. Die Hagia Sophia. Ich erinnerte mich daran, was Mr Emerson mir darüber beigebracht hatte, als ich noch klein gewesen war. Dass man »Hagia« eigentlich »Aya« aussprach und dass der Name »Heilige Weisheit« bedeutete.

Ich freute mich, dass er nun, als pensionierter Lehrer, endlich reisen konnte. Und ich freute mich, dass ich ihm immer noch so wichtig war, dass er mir Postkarten schickte. Er war der einzige Mensch nach mehr als zwölf Umzügen, der länger als ein paar Monate den Kontakt zu uns aufrechterhalten hatte.

Die Tür zum Waschraum knarrte, und meine Mom steckte den Kopf durch den Spalt, ein Stirnrunzeln im Gesicht. »Hi, Schätzchen. Hast du meinen grünen Stift gesehen? Ich schwöre, dass ich ihn gerade noch in der Hand hatte.«

Ich zeigte auf ihren Kopf, wo der Stift in einem zerzausten Haarknoten steckte. Sie tastete danach, seufzte laut und zog ihn heraus. Ihr weiches blondes Haar fiel in Wellen auf ihre Schultern. »Man sollte meinen, dass ich das irgendwann lerne, oder?«

»Sollte man meinen.« Ich tauchte einen Keks in mein Eis und biss ab. Meine Mom war eigentlich nicht der gedankenlose, schusselige Typ. Es war eher so, dass sie genug damit zu tun hatte, unser Leben zu organisieren, und dabei unwichtige Dinge – wie etwa der Überblick über ihre Schreibgeräte – auf der Strecke blieben. »Oh, dein Mineralwasser war aus«, sagte ich. »Ich hab dir einen Kasten mitgebracht. Steht auf der Theke.«

Meine Mom kam zu mir und drückte mir einen Kuss auf den Kopf. »Was würde ich nur ohne dich machen, Tochterherz?«

»Du hättest immer Durst und könntest dir nichts mehr aufschreiben«, antwortete ich. Ich schlang die Arme ganz fest um ihre Taille.

»Hey«, sagte sie mit einem Anflug von Besorgnis in der Stimme, als ich sie nicht sofort wieder losließ. »Alles okay?«

»Ja«, versicherte ich ihr. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie dringend ich eine Umarmung gebraucht hatte. »Alles bestens.«

Ich ließ sie los, aber sie beugte die Knie und schob mich zur Seite, um sich halb zu mir auf den Stuhl setzen zu können. Sie blickte auf Mr Emersons Postkarte, griff aber nicht danach, und ich fragte mich, ob sie glaubte, dass ich deswegen bedrückt war. Nicht, dass sie mich jemals direkt danach fragen würde. Wir hatten früher viel über die Umzüge gesprochen und darüber, wie einsam ich mich fühlte, aber irgendwann hatten wir den Punkt erreicht, an dem es die ganze Sache nur noch schlimmer machte. Jetzt sprachen wir nur noch über alles andere, aber der Unterton war dabei so deutlich, dass er praktisch als Untertitel hätte durchgehen können.

»Lief die Theaterprobe heute gut?« Sie hakte sich bei mir ein. Ich dränge dich zu diesen Dingen, weil wir uns dann vielleicht beide besser fühlen, lautete in diesem Fall der Untertitel.

Ich legte den Kopf an ihre Schulter. »Es war genauso schlimm, wie ich es dir prophezeit habe. Vielleicht sogar noch schlimmer.« Ich weiß, dass du sowieso nicht geglaubt hast, dass ich die Sache durchziehe.

»Schätzchen, jeder tut sich mit neuen Sachen schwer.« Meine Mom strich eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. »Macht dir irgendwas Bestimmtes Sorgen?«

»Ähm, ja. Runterzufallen.« Ich erschauderte, als ich an den schaukelnden Beleuchtersteg dachte. »In den Tod zu stürzen.« Das entsprach sogar in gewisser Weise der Wahrheit.

»Oh, mein Liebling.« Sie setzte sich auf und nahm mein Gesicht in ihre Hände, wie sie es immer getan hatte, als ich noch klein gewesen war.

Alle behaupteten, dass wir uns ähnlich sahen. Wir hatten das gleiche dicke Haar mit den sanften Wellen – auch wenn ihres blond war –, die gleiche schmale Figur und die gleiche kleine Stupsnase. Meine Augen waren jedoch größer und dunkler – besonders mit den braunen Kontaktlinsen –, und durch meine sehr dunklen Augen in meinem sehr blassen Gesicht sah ich extrem jung aus. Ihre Augen schienen jemandem zu gehören, der älter war als der Rest von ihr, hauptsächlich wegen der tiefen Sorgenfalten dazwischen.

»Ich weiß, dass du Angst hast, zu fallen, aber manchmal muss man einfach loslassen.« Und ich spreche nicht nur von deiner Höhenangst, stand im Untertitel.

Ich weiß, aber ich will nicht darüber sprechen, dachte ich.

Meine Mom stand auf. »Tee?«

Ich nickte. Sie füllte den Teekessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Die Herdplatte klickte ein paarmal, bevor sie zum Leben erwachte.

Sie nahm zwei Teebeutel aus dem Schrank und rieb sich mit einem lauten Seufzen die Stirn, das in dem stillen Raum widerhallte.

Ich hörte auf, den Boden meiner Eisschüssel auszukratzen. »Alles in Ordnung?«

»Hast du heute den mysteriösen neuen Jungen wiedergesehen?«, fragte sie. »Jack, richtig?«

Ich zuckte zusammen. Aber sie war nicht die Einzige, die das Thema wechseln konnte. »Mr Emerson ist in Istanbul. Cool, oder?«

Meine Mutter ließ die beiden Tassen in ihrer Hand scheppernd auf die Theke sinken. »Ja«, erwiderte sie und schob sie ein Stück auseinander. »Ich hab die Postkarte gesehen. Klingt, als sei es eine faszinierende Stadt.«

»Mom, was ist los?« Irgendetwas machte ihr ganz offensichtlich Sorgen und es war nicht die Postkarte.

»Gar nichts.« Ihr falsches Lächeln kehrte zurück. »Es war nur ein langer Tag. Und … okay, Schätzchen …« Sie blickte sehnsüchtig auf den Teekessel, so als könnte er sie retten, seufzte dann noch einmal schwer und setzte sich gegenüber von mir an den Tisch. »Wir müssen uns unterhalten.«

Ich wusste schon, was sie sagen würde, bevor sie den großen braunen Briefumschlag überhaupt aus ihrer Laptoptasche gezogen hatte.

»Ein neues Mandat«, sagte ich tonlos. Ich hätte es wissen müssen.

Ich erinnerte mich noch genau daran, wie ich das Wort zum ersten Mal gehört hatte. Meine Mom war für das Militär tätig, aber nicht wirklich beim Militär. Sie trug keine Uniform oder so, aber sie arbeitete für sie und erledigte Verwaltungsaufgaben in verschiedenen Städten im ganzen Land. Manchmal musste sie sich an einem Standort nach neuen Büroräumen umsehen und der Job dauerte nur ein paar Monate, und manchmal war es eher ein Schreibtischjob, den sie von zu Hause aus erledigen konnte, dann blieben wir länger.

An jenem Tag war ich neun gewesen und wir wohnten in Arizona. Ich hatte mir in die Hand geschnitten. Als ich ins Haus ging, um mir ein Pflaster zu holen, hörte ich meine Mom am Telefon.

»Es ist nicht so, dass ich gehen will. Ich hasse es, ihr das anzutun«, sagte sie, und ich blieb stehen, um zu lauschen. »Natürlich ist es wegen des Mandats. Warum wohl sonst?«

Als sie die Tür hinter mir zuknallen hörte, legte sie den Hörer auf.

»Was ist ein Mandat?«, hatte ich sie gefragt, und sie griff in ihre Handtasche und holte einen großen Umschlag heraus, der genauso aussah wie der, den sie jetzt in der Hand hielt. Es war ihre neue Auftragsliste, die uns in eine neue Stadt, in ein neues Leben schickte. Das Wort Mandat hing seit jenem Tag ständig über unseren Köpfen.

Ich hätte erleichtert sein müssen, den Umschlag jetzt zu sehen. Vor allem in der letzten Woche war ich gefährlich nahe daran gewesen, Lakehaven tatsächlich zu mögen.

Der Teekessel sprudelte und pfiff kurz darauf und Mom schenkte Wasser in die beiden Tassen ein. Sie stellte die mit dem Eiffelturm vor mir ab, und ich schloss die Hände darum, obwohl sie eigentlich zu heiß war. »Wohin?«

»Maine. Unser neues Haus liegt direkt am Wasser und die Sommer sollen dort wunderschön sein!«, verkündete sie viel zu fröhlich.

Ich tauchte den Teebeutel ein. »Wann?«

Meine Mom lehnte sich auf die Theke. »Ich hab den Umzugswagen für Sonntag bestellt.«

»Sonntag?« Ich ließ den Beutel fallen und der Tee schwappte über den Rand der Tasse. In zwei Tagen? »Mom! Ich bin keine acht mehr. Es gibt ein paar Dinge, die ich nicht so schnell zurücklassen kann. Zum Beispiel … muss ich mir ein Zeugnis für meine Leistungskurse fürs College ausstellen lassen. Eine neue Schule wird mich am Ende des Schuljahrs ohne Unterlagen auf keinen Fall noch in einen Vorbereitungskurs fürs College lassen. Und ich muss mir die Wettervorhersage für Maine anschauen, damit ich die richtigen Sachen in die richtigen Kartons packen kann. Und …« Ich konnte einfach nicht aufhören, an das Bild in meiner Tasche zu denken. An Jack. »Andere Sachen.«

»Es tut mir leid, Schatz. Nächstes Mal versuche ich, dich früher vorzuwarnen, aber im Moment ist es eben, wie es ist.«

Ich schob meine Tasse über den Tisch. Wenn wir wirklich in zwei Tagen abreisten, vielleicht verstieß es dann ja gar nicht gegen den PLAN, wenn ich mit Jack ausging. Ein Abend bedeutete schließlich nichts Festes. Es bedeutete nur, dass ich mein Leben ein kleines bisschen genoss. »Ich glaube, dann gehe ich heute Abend zum Abschlussball.«

»Nein!«

Ich sah sie scharf an. Die einzige Situation, in der meine Mom je ihre Stimme erhob, war, wenn sie das Abendessen hatte anbrennen lassen. Nun stand sie wie erstarrt hinter der Küchentheke und starrte mich mit so weit aufgerissenen Augen an, als hätte ich ihr einen Fallschirmsprung vorgeschlagen.

»Ich muss für ein paar Tage die Stadt verlassen und schon heute Abend abreisen«, fügte sie hastig hinzu. »Es wäre mir lieber, wenn du zu Hause bleibst.«

Hin und wieder musste sie vor den Umzügen noch ein paar Dinge in der Zentrale erledigen, aber sie benahm sich deswegen sonst nie so merkwürdig. »Vor einem Monat wolltest du mich noch zwingen, mir ein Kleid zu kaufen«, erinnerte ich sie.

Sie griff nach einem Schwamm und wischte über die Theke. »Und du hast dir keins gekauft, weil du nicht hingehen wolltest, weißt du noch?«

Vor einem Monat hatte ich auch noch nicht kurz vor dem nächsten Umzug gestanden. Vor einem Monat hatte Jack noch nicht hier gewohnt. »Ich hab noch mein altes lila Spitzenkleid. Das ziehe ich an.«

Mom schürzte die Lippen. »Ich will mir keine Sorgen um dich machen müssen, solange ich nicht da bin. Auf der Straße werden lauter betrunkene Teenager unterwegs sein. Und was, wenn du dich aussperrst?«

»Ich hab mich in meinem ganzen Leben noch nie ausgesperrt.« Ich fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar. »Und der Abschlussball ist in der Schule. Ich kann in zwanzig Minuten zu Fuß dort sein, wenn du nicht willst, dass ich fahre.«

Sie warf den Schwamm ins Spülbecken. »Avery June West, versprich mir, dass du heute Abend zu Hause bleibst.«

Ich muss erschrocken ausgesehen haben, denn sie holte tief Luft und atmete dann langsam wieder aus. »Pack deine Sachen. Entspann dich. Du kannst in Maine zum Abschlussball gehen!« Meine Mom sprach nur mit Ausrufezeichen, wenn es eigentlich gar nichts Aufregendes gab. »Dann bist du in der Examensklasse. Der Abschlussball der Examensklasse ist sowieso viel lustiger!«

Ich schnappte mir meine Sachen und ignorierte ihren flehenden Blick. »Von mir aus.«

»Avery, es tut mir leid …«

»Nein, ehrlich, schon okay«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Das war genau der Grund, warum ich nie etwas zu nahe an mich heranließ. Am Ende wurde immer alles zerstört, so oder so. Ohne ein weiteres Wort schlurfte ich in mein Zimmer davon.

KAPITEL 5

ICHWARFMICH auf meine zerwühlte Bettdecke. Ich würde nicht in Maine zum Abschlussball gehen. Nächstes Frühjahr wären wir schon längst wieder woanders. Immer schon am nächsten Ort, in der Zukunft – dort würde mein Leben stattfinden. Ich kramte in meiner Tasche herum, bis ich das Bild wiederfand, und neben ihm die zerknüllte Zeichnung von Jacks Tattoo. Ich strich die Falten glatt.

Der Kompass kam mir vage bekannt vor, so als hätte ich ihn schon mal in einem Film gesehen oder so. Jetzt würde ich es nie erfahren. Ich zeichnete die Süd- und Ostspitze zu Ende und drückte so fest mit dem Stift auf, dass ich ein Loch ins Papier riss.

Mein Telefon piepste.

Falls du deine Meinung änderst, ich gehe immer noch zum Abschlussball. Hoffe, wir sehen uns da.

Jack.

Ich starrte auf die Nachricht. Er war nicht sauer. Es war ihm wichtig genug, es noch mal zu versuchen. Ein Abend. Es war nur ein einziger Abend. Warum war meine Mom bloß so übertrieben ängstlich?

Ich möchte so sehr Ja sagen, dass es wehtut, tippte ich ein und löschte es dann wieder. Ich werde versuchen, mir nicht vorzustellen, wie EmmaBeth Porters Zunge den ganzen Abend über in deinem Hals steckt, tippte ich stattdessen und rümpfte die Nase. Igitt. Bereits misslungen. Bring mich einfach gleich um, schrieb ich, warf das Telefon in Richtung Kopfteil des Bettes und sah zu, wie es zwischen zwei Kissen rutschte.

Ich ließ mich auf den Rücken fallen und blickte an die senfgelbe Decke hinauf. Bei den ersten paar Umzügen machen das neu Einrichten und Renovieren noch Spaß. Andere Farben aussuchen, seinen ganzen Schnickschnack auspacken. Beim zwölften Mal lässt man die ganzen zerbrechlichen Sachen eingepackt und die kotzbraune Farbe bleibt an den Wänden.

Wer weiß? Vielleicht war es ja ein Zeichen, dass meine Mom dagegen war, dass ich zum Abschlussball ging. Jack wirkte zwar nett, aber beinahe stalkermäßig ein Foto mit sich rumzutragen, war schon irgendwie eigenartig. Und dieses Telefonat war auch eigenartig gewesen. Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger fand ich, dass es geklungen hatte, als unterhalte er sich mit einem kranken Verwandten.

Andererseits hätte ich vielleicht besser verstanden, dass man einer praktisch Fremden nicht alles über seine Familie erzählen will, wenn ich selbst eine gehabt hätte.

Vielleicht wäre ich nicht so ein einzelgängerischer Freak, der sich selbst dazu zwingt, von allen das Schlimmste zu denken, wenn meine Mom nicht so oft umziehen müsste.

Vielleicht, vielleicht, vielleicht.

Vielleicht spielte aber auch nichts davon eine Rolle, weil wir sowieso übermorgen abreisen würden.

Ich horchte, um sicherzugehen, dass meine Mom nicht gerade den Flur entlangging, beugte mich dann über die Bettkante und zog eine Schuhschachtel unter dem Bett hervor, die ich hinter ein paar Winterklamotten versteckt hatte. Ich machte sie auf und warf erst meine Zeichnung von Jacks Tattoo und dann das Foto von mir hinein.

Ich wollte den Deckel der Schachtel gerade wieder zuklappen, hielt dann aber inne. Ich holte die obersten Erinnerungsstücke heraus: Einladungen zu Partys, auf die ich nie gegangen war, ein Bild von mir mit einer Nachbarsfamilie. Auf dem Boden der Schachtel klapperte der Ring mit dem Unendlichkeitszeichen für den kleinen Finger aus der achten Klasse, als ich den PLAN für Missy, Alina und Kathy verworfen hatte. Wir hatten uns die Fabelhaften Vier genannt und uns versprochen, uns jeden Tag SMS zu schicken, wenn ich umgezogen war. Das hatte ungefähr sechs Wochen lang angehalten.

Etwa in der Mitte des Stapels steckte ein Blatt Papier, das ich aus einem Notizblock gerissen und auf dem ich sämtliche Alexander Masons aufgeschrieben hatte, die ich bei Google gefunden hatte und die vielleicht, möglicherweise, mein Dad sein könnten.

Meine Mom und er waren im College zusammen gewesen, und als sie mit mir schwanger geworden war, war er abgehauen. Als ich noch kleiner war, hatte ich mich immer gefragt, ob ihm wohl eines Tages bewusst werden würde, dass er einen Fehler gemacht hatte. Dass er uns doch wollte und dass wir ein ganz normales Leben führen würden, voller Lachen und Feiertagsbraten und kitschig-glücklichen Familienmomenten wie aus der Handywerbung. Die Eltern meines Dads lebten nicht mehr, und er hatte sonst keine Familie, aber ich hatte mir immer vorgestellt, dass ich vielleicht Geschwister haben würde, wenn er doch wieder ein Teil unseres Lebens wurde.

Diesen Wunsch habe ich schon vor langer Zeit begraben. Ich strich mit einem Finger über mein Medaillon. Ich hatte das einzige Foto, das ich von ihm besaß, herausgenommen, und nun beschützte der verblasste goldene Filigranschmuck nur noch ein Bild von mir und meiner Mom. Das Foto von meinem Dad blickte aus der Schachtel zu mir herauf. Es war klein und verschwommen, aber man konnte trotzdem erkennen, dass ich mein dunkles Haar und meine blasse Haut von ihm hatte, und ich wusste auch, dass ich seine Augen hatte. Man hätte meine natürliche Augenfarbe beinahe als tiefblau bezeichnen können, aber das stimmte nicht ganz. Tatsächlich waren meine Augen violett.

Als ich noch kleiner war, hatten die anderen Kinder mich immer damit aufgezogen, dass ich Kontaktlinsen trug, um cool zu sein. Normalerweise wäre das keine große Sache gewesen, aber da ich sowieso schon so merkwürdig war und keine Freunde hatte, brachte es mich beinahe um. Doch es hat meine Mom und mich auch auf eine Idee gebracht. Da ich ohnehin so schlechte Augen hatte – und wahrscheinlich auch, weil sie sie an meinen Dad erinnerten, auch wenn sie das nie zugegeben hätte –, schlug sie mir farbige Kontaktlinsen vor. Und seither habe ich dunkelbraune Augen.

Ich warf alles wieder in die Schachtel und schob sie zurück unters Bett – machte sie dann aber noch einmal kurz auf, um die Kompasszeichnung wieder herauszuholen.

Selbst wenn der PLAN langfristig das Richtige war, was war schon ein einziger Abend? Ein einziger Ball? Eine einzige Verabredung mit einem einzigen Jungen? Der heutige Abend konnte eine winzige Erinnerung werden, die kein »Was wäre wenn?« war.

Ich konnte meine Mom in der Küche hören, wie sie die Schränke über dem Spülbecken öffnete. Ich wusste, wie es klang, wenn sie das Besteck zu Bündeln zusammenfasste, in Geschirrtücher wickelte und es in der Schüssel der Küchenmaschine verstaute, genau, wie sie es immer getan hatte. Als Nächstes würde sie die Backsachen und die Reinigungsmittel einpacken und ich würde mein Zimmer, das Badezimmer und den Waschraum übernehmen. Dann würden wir diese Kisten neben die anderen stellen, die wir nach dem letzten Umzug nie ausgepackt hatten.

Ich fasste einen Entschluss.

Ich angelte mein Telefon zwischen den Kissen hervor, tippte schnell eine Nachricht ein, sprang vom Bett und ging in die Küche. Ich schnappte mir ein paar der zusammengefalteten Umzugskartons, die meine Mom aus dem Keller hochgeholt hatte. »Du hast wahrscheinlich recht«, sagte ich, und ihre schmalen Schultern entspannten sich. »Ich fang mal an, meine Klamotten zusammenzulegen.«

Für den Rest des Nachmittags war ich eine richtige Bilderbuchtochter. Ich packte mein Zimmer zusammen, saugte Staub und machte sogar Tiefkühllasagne zum Abendessen warm. Dann wartete ich, bis meine Mom sicher auf dem Weg zum Flughafen war, schlüpfte in mein Kleid, steckte mein Haar mit ein paar Klammern hoch und ging zur Haustür hinaus.

KAPITEL 6

DIE TURNHALLEROCH nach billigem Aftershave und hungriger Energie: einer Mischung aus gedrängten Körpern, rückenfreien Kleidern und den euphorischen Gesichtern, die überall in der Dunkelheit aufblitzten. Die Stroboskopblitze fielen auf die Luftschlangen an den Wänden, die wie bei einem Feuerwerk in einer Explosion aus Licht erstrahlten, und trafen auch die dunkelsten Ecken des Raumes.

Der Strudel aus Körpern in Edelsteinfarben, Glitzer und perfekt gebügelten schwarzen Anzügen teilte sich und strömte an mir vorbei, als ich am Rand der Tanzfläche stand, körperlich anwesend, aber in Wahrheit von nichts ein Teil. Manchmal fragte ich mich, ob sie alle überhaupt wussten, wie gut sie es hatten: Die Mädchen, die mit ihren Freundinnen im Kreis zusammenstanden und aus vollem Hals mitsangen; die Mädchen, die ihre Arme um den Hals ihres Freundes geschlungen hatten; und diejenigen, die sich von ihrer großen Schwester die Haare hatten frisieren lassen, bevor ihr Dad ein kitschiges Abschlussballfoto von ihnen geknipst hatte.

Am anderen Ende der Turnhalle entdeckte mich Lara und sprang winkend auf und ab, die blinkenden Lichter wurden von dem glitzernden blauen Tüll ihres Kleides reflektiert. Ich winkte zurück und verspürte einen überraschend heftigen Stich bei dem Gedanken, auch sie verlassen zu müssen. Dabei hatte ich mich so sehr angestrengt, keinen von ihnen zu nahe an mich heranzulassen. Ich hielt einen Finger hoch, um ihr mitzuteilen, dass ich in einer Minute bei ihr sein würde.

Ich bahnte mir einen Weg vorbei an der Schlange beim Fotografen, der gerade die Hand eines Jungen auf der Hüfte eines Mädchens platzierte, und zog den Saum meines Kleides nach unten. Ich hatte es in der neunten Klasse für die Hochzeit eines Nachbarn bekommen. Es war schön, mit Flügelärmeln und hübscher lavendelfarbener Spitze, aber definitiv zu unauffällig für einen Abschlussball. Ich hoffte, dass Jack das egal war.

Vorausgesetzt, dass ich ihn jemals ausfindig machte. Er hatte mir nicht auf meine Nachricht geantwortet. Es wäre typisch für mein Glück, wenn er sein Telefon ausgeschaltet hätte und die SMS erst morgen fand.

Fünfzehn Minuten später hatte ich die gesamte Turnhalle einmal und ein zweites Mal umkreist. Beiläufig auf die Tanzfläche gespäht. War an den Toiletten und am Wasserspender vorbeigeschlendert. Hatte mir ein Glas Punsch am Büfett geholt, nur für den Fall, dass er dort wartete. Fünfmal mein Telefon kontrolliert. Mich mit Lara und ihrem Begleiter unterhalten. Aber immer noch kein Jack.

Ich zeichnete mit der Fingerspitze ein Muster auf das abgenutzte Leder meiner Umhängetasche. Es war schon okay. Wahrscheinlich war es so ohnehin besser.

Ich warf einen letzten Blick auf die menschengroßen Oscar-Statuen aus Pappmaché, spürte, wie der Bass der Tanznummer durch meine Füße vibrierte, und trank einen Schluck von dem viel zu süßen roten Punsch. Dann drehte ich mich Richtung Ausgang – und prallte mit einem Mädchen aus der Examensklasse in einem gelben Kleid zusammen.

»Tut mir leid …« Ich verstummte, als ich sah, dass ich mich komplett mit Punsch eingesaut hatte. Perfekt.

Aber das Mädchen blickte wie gebannt auf etwas, das ich nicht sehen konnte, und bemerkte mich gar nicht. Auch ihre Freundin, die mit ihr tanzte, starrte in dieselbe Richtung.

Ich stellte mein Glas weg, tupfte mir das Kleid mit einer Serviette ab und schlüpfte zwischen zwei Jungs hindurch, die Smokings und zu viel Parfüm trugen, um zu sehen, was los war. Ich blieb wie angewurzelt stehen.

Es ging weniger darum, was hier los war, sondern wer.

Der Typ von der Kreuzung.

Er stand gegen die Wand der Turnhalle gelehnt, einen Fuß lässig über dem anderen, während ihm sein blondes Haar über die Augen fiel. Er war einen Kopf größer als alle anderen um mich herum und musste mindestens ein oder zwei Jahre älter sein als wir alle.

Als wollte er genau das bestätigen, blies er eine Rauchwolke aus dem Mundwinkel und trat die Zigarette dann aus, direkt hier, auf dem Boden der Turnhalle. Kein Wunder, dass ihn alle anstarrten. Warum hatte ihn eigentlich noch keiner der Lehrer erwischt? Aber es schienen gar keine in der Nähe zu sein.

Der Typ ließ seinen Blick weiter durch die Menge schweifen. Bis er an mir hängen blieb. Sein Gesicht verzog sich wieder zu diesem langsamen, trägen Grinsen.

Ich hielt den Atem an, als er sich ohne Eile von der Wand abstieß, und das Stroboskoplicht schien sich viel zu schnell zu bewegen. Die Hälfte der Leute auf dem Ball beobachtete, wie er mich beobachtete. Verwechselte er mich vielleicht mit jemandem?

Ein langsamer Song begann in dem Moment, als er vor mir stehen blieb. »Avery West.«

Ich wich einen Schritt zurück. Woher kannte er meinen Namen? Er hatte einen leichten ausländischen Akzent – russisch vielleicht? Das hätte zu seinem wilden blonden Haar und den hohen, markanten Wangenknochen gepasst. Er ließ meinen Namen exotisch klingen, wie den eines Bond-Girls. Ay-veery.

»Wie schön, dich zu sehen, Süße«, fuhr er fort, nahm mir mit einem Stirnrunzeln die Serviette aus der Hand und ließ sie auf den Boden fallen. »Ein Tanz?«

Er legte seine kühle, selbstsichere Hand in meine, bevor ich überhaupt die Chance hatte, darauf zu antworten.

»Ähm«, stammelte ich. Er drückte seine andere Hand auf meinen unteren Rücken und zog mich zu sich heran. EmmaBeth Porter, die in unserer Nähe tanzte, glotzte mit einem Ausdruck zwischen ihm und mir hin und her, der irgendwo zwischen angewidert und so eifersüchtig lag, dass sie sich beinahe übergeben musste.

Ich strich mir eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus einer der Klammern gelöst hatte, und starrte zu ihm hinauf. »Tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass ich dich kenne.«

»Tust du auch nicht.« Er lächelte. »Und was noch viel interessanter ist: Ich kenne dich auch nicht. Warum erzählst du mir nicht einfach, wer du bist, damit wir diese kleine Scharade überspringen können?«

Er drückte meine Hand.

EmmaBeth und ihr Tanzpartner hatten sich Richtung Bühne bewegt, auf der sich bereits der letztjährige Abschlussballkönigshof versammelt hatte, und mich und den Typen von der Kreuzung allein am hinteren Ende der Tanzfläche zurückgelassen. Obwohl er eigentlich nur Sachen gesagt hatte, die ich nicht verstand, wollte ich mit einem Mal auf gar keinen Fall mehr allein mit ihm sein.

»Ich bin mir nicht sicher, wovon du da eigentlich sprichst«, erwiderte ich und versuchte, meine Hand zu befreien. Er drückte sie noch fester, und in meinem Kopf läuteten sämtliche Alarmglocken. »Ich gehe jetzt …«

»Stellan«, hörte ich eine leise Stimme hinter mir.

Der Typ von der Kreuzung – Stellan – verdrehte die Augen. »Oh, gut«, sagte er. »Du bist hier.«

Ich riss meine Hand aus Stellans Griff, drehte mich um und war unglaublich erleichtert, als ich Jack sah.

Er trug einen perfekt sitzenden schwarzen Anzug über einem strahlend weißen Hemd und einer schmalen Krawatte. Er erwiderte meinen Blick nur flüchtig und schaute dann an mir vorbei zu Stellan. Sein Blick verfinsterte sich. Aber sogar das brachte das tiefe Grübchen in seiner rechten Wange zum Vorschein.

»Lass sie los, Stellan«, sagte er. Sein britischer Akzent war wieder da. »Avery, komm her.«

Ich war sowieso schon halb auf dem Weg zu ihm, hielt jedoch inne, als ich seinen Befehlston hörte. Ich blickte zwischen den beiden hin und her. Im Vergleich zu Jacks schlankem, aber kräftigem Körperbau war Stellan größer, kantiger und beinahe mager, wie man es auch von diesen ätherisch-schönen Laufstegmodels kannte. Und während Jack aussah, als wollte er jemanden verprügeln, hatte Stellan nur dieses herablassende Lächeln im Gesicht, das Erwachsene gerne aufsetzten, wenn sich Kinder um ein Spielzeug stritten.

Ich schlang die Arme um meinen Körper. »Was ist hier los?«

»Also, wer ist sie?«, fragte Stellan Jack und knöpfte seine graue Anzugjacke auf. »Wenn du nicht hier wärst, würde ich annehmen, ich hätte das falsche Mädchen. Sie ist so … gewöhnlich.«

Ich schaute auf mein punschgetränktes Kleid und meine billigen Riemchensandalen hinunter.

»Nicht, dass du nicht hübsch wärst.« Stellan grinste schief auf mich herab. »Das bist du.« Er wandte sich wieder an Jack. »Wie ich sehe, ist dir das auch aufgefallen. Und so ein zartes kleines Ding. Ich könnte sie mit einem Finger in zwei Teile zerbrechen.«

Jack knurrte aus tiefster Kehle, aber Stellan lachte nur. »Du machst es mir viel zu leicht.«

»Entschuldigt bitte, aber ich stehe direkt neben euch«, mischte ich mich ein. »Und das Ganze hier ist wirklich …« Bizarr? Er musste mich doch für jemand anders halten, oder? Aber woher kannte er dann Jack? »Jack, lass uns gehen …«

Stellan stellte sich zwischen uns und lockerte seine Krawatte. Mir wurde schlagartig klar, dass er das nicht tat, weil es so bequemer war. Er machte sich für einen Kampf bereit. Stechende Alarmsignale bohrten sich durch meine Verwirrung. Vielleicht war es an der Zeit, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass Jack mein Date für den Abschlussball war.

Ich schob mich von den beiden weg.

»Was willst du denn überhaupt von ihr?«, fragte Jack. Seine Stimme klang leise und bedrohlich, und es lag nicht ein Hauch der Unsicherheit darin, die ich gehörte hatte, als ich ihn vor einer Weile beim Telefonieren belauscht hatte. »Es gibt überhaupt keinen Grund für dich, hier zu sein.«

Ich blieb stehen. Die Erinnerung an das Telefongespräch kehrte wieder zurück. Er hatte den Anrufer gefragt, was er von »ihr« wollte. Und wann »er« kommen würde. Und hatte von »heute Abend« gesprochen.

»Jetzt mal ehrlich, Jack, was ist hier los?«, fragte ich, aber meine Worte wurden vom elektronischen Kreischen eines Mikrofons übertönt.

»Und jetzt ist es an der Zeit, euch mitzuteilen, wer euer neuer Abschlussballkönigshof ist!«, verkündete eine der älteren Cheerleaderinnen. Die Mitglieder des Königshofs vom vergangenen Jahr reihten sich links und rechts mit Schärpen und Kronen in der Hand neben ihr auf.

»Als wäre das nicht offensichtlich«, antwortete Stellan, und eine Locke seines blonden Haars fiel ihm ins Gesicht. »Wir wollen sie, weil ihr sie wollt. Und wir würden gerne wissen, warum.«

Jack starrte ihn unerbittlich an. »Wie ich schon gesagt habe, geht euch das gar nichts an.«

»Oh, aber es geht uns sehr wohl etwas an, wenn Alistair Saxon einen Hüter losschickt, damit er Highschoolkurse am anderen Ende der Welt besucht, während alle anderen Familien ihre Ressourcen für wesentlichere Aufgaben einsetzen.«

Ich hatte das Gefühl, in einer fremden Sprache fernzusehen. Ich wollte Jack gerade dazu auffordern, mir alles zu erklären, als Stellan fortfuhr: »Der Grund, warum ich hier bin, ist, dass ich herausfinden will, warum dieses Mädchen für die Saxons wichtiger ist als das Mandat.«

KAPITEL 7

DASVERTRAUTE WORTtraf mich wie ein Schlag ins Gesicht. »Moment mal«, warf ich ein. »Hast du gerade Mandat gesagt?«

Jack funkelte Stellan finster an und Stellan verdrehte die Augen. »Es kann uns niemand hören. Entspann dich. Und sie muss davon wissen, deshalb spielt es sowieso keine Rolle.«

Ich wusste von dem großen braunen Umschlag auf unserem Esszimmertisch, aber ich bezweifelte ganz stark, dass die Arbeitsaufträge meiner Mutter irgendetwas mit zwei Fremden zu tun hatten, die sich beim Abschlussball der Lakehaven High um mich stritten.

»Unsere diesjährige Abschlussballkönigin«, verkündete die Cheerleaderin auf der Bühne, »ist EmmaBeth Porter!« Ihre Freundinnen, die die komplette Bühne säumten, kreischten in den höchsten Tönen. Ein lautes »Buuuuuh« ertönte vom Rand der Tribüne, auf der die Kiffer-Fraktion saß, gefolgt von einem Chor aus Gelächter.

Stellan steckte die Hände in die Hosentaschen und hätte dabei durchaus lässig gewirkt, wenn der Rest von ihm nicht ausgesehen hätte wie eine dicht gewickelte Sprungfeder. »Also, hat sie Informationen zur Suche?«

»Zu was?« Ich kam mir furchtbar klein vor, als ich zu den beiden hinaufblickte. Es half auch nicht, dass sie mich komplett ignorierten und dass ich in der Unterhaltung mindestens zwei Schritte hinterherhinkte. »Was ist das Mandat?«

»Oder ist sie eine Spionin?«, fragte Stellan. »Benutzen die Saxons jetzt schon amerikanische Teenager als Spione?«

»Eine Spionin?« Ich schaute mich um. »Ist hier irgendwo eine versteckte Kamera oder so?«

»Natürlich ist sie keine Spionin.« Gereizt presste Jack die Lippen zusammen. »Sie hat nichts mit dem Mandat zu tun. Man hat mich geschickt, um sie zu suchen, weil sie mit den Saxons verwandt ist.«

Ich atmete langsam aus. Wenigstens ergab das einen Sinn. »Okay, dann hast du tatsächlich die Falsche«, sagte ich. »Ich hab keine Verwandten.«

Jack schaute zu mir herunter. Sein finster angespannter Kiefer sah aus, als würde er jemand ganz anderem gehören als dem Typen, der meine Geschichtsnote gerettet hatte, aber dann wurde sein Blick wieder weicher. »Doch, Avery, hast du.«

»Ich glaube, das wüsste …« Aber ich unterbrach mich, als mir das winzige, medaillongroße Bild in meiner Andenkenkiste wieder einfiel. Ich spürte, wie mir die Gesichtszüge entgleisten.

Jack senkte die Stimme. »Im Unterricht hast du mir erzählt, du hättest keine Familie. Deine Mutter hat vielleicht keine, aber dein Vater schon.«

Ich musste meine Lippen befeuchten, um die Worte aussprechen zu können. »Machst du Witze?«

»Nein«, antwortete er ruhig.

Mein Blickfeld verfinsterte sich an den Rändern und mir wurde ein wenig schwindelig. Man musste mir das auch angesehen haben, denn Jack legte eine Hand um meinen Ellenbogen.

Ich blinzelte zu ihm hinauf. Konnte das wahr sein? Mein Vater suchte nach mir? Nach sechzehn Jahren interessierte sich mein Vater tatsächlich für mich?

»Wo ist er?«, fragte ich und wirbelte herum. »Ist er hier? Und wer bist du?« War Jack eine Art Privatdetektiv?

Stellan, der bis eben seine Fingernägel studiert hatte, hob den Blick und seufzte schwer. »So faszinierend das auch sein mag, es interessiert mich nicht. Ich habe den Befehl, das Mädchen zu finden und mitzunehmen, und genau das werde ich jetzt auch tun.« Er packte meinen Arm mit eisernem Griff.

»Was? Nein!« Ich versuchte, meinen Arm loszureißen.