SOS - Schwestern für alle Fälle - Band 2: Ein Oberarzt macht Zicken - Beatrix Mannel - E-Book

SOS - Schwestern für alle Fälle - Band 2: Ein Oberarzt macht Zicken E-Book

Beatrix Mannel

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Beschreibung

Die chaotischen Krankenschwestern sind zurück! Der Jugendroman „Ein Oberarzt macht Zicken“ von Beatrix Mannel jetzt als eBook bei dotbooks. Eigentlich macht Lilly die Arbeit als Schwesternschülerin wirklich Spaß – wäre da nur nicht Oberarzt Dr. Wiener. Denn der hat Lilly auf dem Kieker und denkt sich immer neue Schikanen für sie aus. Und dabei hat Lilly doch schon genug um die Ohren: Sie muss ihre liebeskranke Mitbewohnerin Mascha trösten, ihren verletzten Freund Jonas pflegen und dann steht auch noch die erste große Prüfung an. Bei der soll ausgerechnet Dr. Wiener Lillys Prüfer sein. Das kann ja heiter werden … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „S.O.S. – Schwestern für alle Fälle: Ein Oberarzt macht Zicken“. Der zweite Roman der Jugendbuchserie für Leserinnen ab 12 Jahren von Erfolgsautorin von Beatrix Mannel. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 182

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Über dieses Buch:

Eigentlich macht Lilly die Arbeit als Schwesternschülerin wirklich Spaß – wäre da nur nicht Oberarzt Dr. Wiener. Denn der hat Lilly auf dem Kieker und denkt sich immer neue Schikanen für sie aus. Und dabei hat Lilly doch schon genug um die Ohren: Sie muss ihre liebeskranke Mitbewohnerin Mascha trösten, ihren verletzten Freund Jonas pflegen und dann steht auch noch die erste große Prüfung an. Bei der soll ausgerechnet Dr. Wiener Lillys Prüfer sein. Das kann ja heiter werden …

Über die Autorin:

Beatrix Mannel studierte Theater- und Literaturwissenschaften in Erlangen, Perugia und München und arbeitete dann zehn Jahre als Redakteurin beim Fernsehen. Danach begann sie – auch unter ihrem Pseudonym Beatrix Gurian – Romane für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu schreiben, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Für ihre aufwändigen Recherchen reist sie um die ganze Welt. Außerdem gründete sie 2015 gemeinsam mit einer Kollegin die Münchner Schreibakademie.

Zur Reihe S.O.S – Schwestern für alle Fälle gehören die folgenden Bände:

Willkommen in der Chaos-KlinikEin Oberarzt macht ZickenFlinkern, Flirts und LiebesfieberRettender Engel hilflos verliebtPrinzen, Popstars, Wohnheimpartys

Mehr Informationen auch auf der Website der Autorin: www.beatrix-mannel.de

www.münchner-schreibakademie.de/

***

eBook-Neuausgabe Oktober 2016

Dieses Buch erschien bereits 2004 unter dem Titel Help! Die Krankenhausserie. Ein Oberarzt macht Zicken bei Loewe Verlag GmbH, Bindlach

Copyright © der Originalausgabe 2004 Loewe Verlag GmbH, Bindlach

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

Titelbildabbildung: ©Minerva Studio - Fotolia.com

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-554-9

***

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Beatrix Mannel

S.O.S. – Schwestern für alle FälleEin Oberarzt macht Zicken

Roman

dotbooks.

Silvester

Grüne Wolken bauschen sich zwischen rosaroten Rauchschwaden und verwandeln Mascha und Rügül in monstergrün flackernde Gespenster. Die beiden heben ihre Sektgläser, dann zählen sie rückwärts. »Fünf, vier, drei, zwei, eins! Prost Neujahr«, schreit Mascha.

Ich kann sie kaum verstehen, weil um uns herum die Kirchenglocken läuten und sich mit dem Ratatatatt der Knaller und den jaulend loszischenden Feuerwerksraketen vermischen.

Silvester. Zum ersten Mal liegt mir dabei ganz Frankfurt zu Füßen. Leider kann man das von hier oben, dem Dach unseres Schwesternwohnheims, ausgerechnet heute nicht sehen, sondern nur ahnen. Dichter Nebel wabert um uns herum und verfärbt sich mit den verglühenden Raketen zu gigantischen Wolken bunter Zuckerwatte.

»Prost, Lilly! Ein schönes neues Jahr!«, rufen meine Mitbewohnerinnen Mascha und Rügül. Dabei umarmen sie erst mich und dann sich gegenseitig so schwungvoll, dass Rügül etwas Sekt in Maschas glitzernden Ausschnitt kippt. Mascha schaut entgeistert auf die nassen Pailletten, schüttelt ihren blonden Lockenkopf und muss dann doch kichern, als Rügül und ich laut lachen.

Mascha hat darauf bestanden, dass wir uns in ein glamouröses Gala-Outfit werfen, auch wenn wir Silvester zu Hause verbringen. Da bleiben wir natürlich nur, weil wir drei morgen zum Frühdienst eingeteilt sind.

Ich fand es zwar ein bisschen übertrieben, im schwarzen bauchfreien Top und hochgeschlitzten Satinrock im Wohnheim herumzusitzen und gegenseitig unsere Kleider zu bewundern. Andererseits fühlt man sich in so einem Filmstar-Outfit natürlich schon sehr schick und nobel. Na ja, so werde ich wenigstens einmal im Jahr meinem echten Namen gerecht: Eliza-Lolita Podeschwa! Zum Glück nennen mich hier alle nur Lilly.

Mir war natürlich klar, warum Mascha so gern wollte, dass wir uns anziehen wie Filmstars. Damit wir gar nicht erst auf die Idee kommen, Trübsal zu blasen, nur weil wir daheim hocken.

Mascha ist nämlich schon traurig genug, seit sie sich von ihrem Freund Alex getrennt hat. Und allein die Tatsache, sich in ein schillerndes Paillettenkleid zu werfen, scheint Mascha schon ein wenig aufzuheitern. Bei mir ist das anders. Wenn ich Liebeskummer habe, nutzen mir schöne Kleider gar nichts. Am wohlsten fühle ich mich dann mit einem Sack über dem Kopf.

»Ist das nicht herrlich!«, ruft Rügül ungewohnt aufgekratzt und dreht sich so schwungvoll einmal um sich selbst, dass ihr rotes Kleid weit aufwirbelt.

»Hmm«, macht Mascha und zuckt mit den Schultern, so, als hätte Rügüls Sektdusche ihre Stimmung doch ein kleines bisschen abgekühlt.

»Das wird bestimmt ein tolles Jahr!«, behaupte ich. »Mit Verehrern an jeder Ecke!« Ich lege meinen Arm um Mascha – das hätte ich mir vor ein paar Wochen noch nicht träumen lassen, dass ich mit Mascha zusammen Silvester feiere. Am Anfang unserer Ausbildung mochte ich Mascha nicht besonders. Kaum zu glauben, dass das jetzt schon ein Vierteljahr her ist. Mir kommt es vor, als hätte ich erst gestern meinen Koffer in dieses reichlich heruntergekommene Schwesternwohnheim geschleppt. Habe ich ja auch, aber eben schon zum zweiten Mal.

Eine Rakete durchdringt den Nebel, explodiert direkt neben uns, dann zerfällt sie mit einem lauten Zischen in goldene Tropfen.

»Wie schön!«, rufen wir alle drei unwillkürlich.

»Jetzt dürfen wir uns etwas wünschen«, sage ich, schließe schnell meine Augen und überlege, was gerade mein größter Wunsch ist.

Vielleicht dass ich alle Prüfungen zur Krankenschwester schaffe?

Oder möchte ich doch lieber mit Rufus, dem unglaublich netten, rothaarigen Krankengymnast, auf dem Balkon der Nordendklinik stehen und mit ihm ... reden?

Mist, ich sollte mich entscheiden, sonst ist der magische Moment vorbei.

Ich linse zwischen meinen Lidern hindurch. Mascha und Rügül stehen auch mit geschlossenen Augen auf dem Dach.

Ich habe keine Ahnung, was sich Rügül wünscht, aber Mascha möchte bestimmt, dass ihr Liebeskummer verschwindet. Jedes Mal, wenn sie an ihren Exfreund denkt, kriegt sie feuchte Augen. Dabei ist Mascha schön wie ein Barockengel, sie könnte für jeden Tag der Woche einen anderen Freund haben!

Die beiden anderen schlagen gleichzeitig die Augen auf.

»Mir wird kalt!«, sagt Mascha. »Wollen wir uns nicht wieder runter in die Küche verziehen?«

Oh nein, jetzt habe ich vor lauter Rumgeschiele mal wieder den richtigen Moment verpasst.

»Ihr könnt ja schon vorgehen!«, schlage ich vor. Mir gefällt es hier oben, und ich möchte bleiben bis zur letzten Rakete. Deshalb habe ich auch eine Jacke über mein Top gezogen, bevor wir aufs Dach hochgefahren sind. Obwohl Mascha fand, dass das mein festliches Outfit total zerstört.

»Okay, dann warten wir unten in der Küche auf dich. Mach keinen Blödsinn!«, sagt Rügül zum Abschied, als wäre ich ihre kleine Schwester. Und dann balancieren die beiden in ihren Stöckelschuhen merkwürdig schwankend über die Kieselsteine, die auf dem Dach liegen, in Richtung Treppe und Aufzug.

Komisch eigentlich, dass niemand außer uns um Mitternacht hier hochgestiegen ist. Es müssen doch noch mehr Pflegeschüler am Neujahrstag Dienst haben und zu Hause geblieben sein, nicht nur wir drei. Dass die Studenten aus den zwei obersten Stockwerken nicht da sind, wundert mich allerdings nicht. Die feiern bestimmt irgendwo anders wilde Partys.

Durch den Nebel dringt langsam der Geruch von Schwefel und verkohltem Papier. Noch knattern vereinzelte Knallerschüsse, aber immer weniger Raketen rasen in den Himmel.

Schade, dass es heute Nacht so neblig ist. Ich mag die Hochhäuser von Frankfurt. Wenn ich sehe, wie der Messeturm mit seiner Spitze manchmal an tief hängenden Wolken kratzt, dann kriege ich so ein warmes Gefühl im Bauch. Ein Gefühl, das mir sagt: Hey, Lilly, du unbedeutendes 17-jähriges Nichts aus dem Odenwald, du hast es geschafft, du bist ein kleiner, aber wichtiger Teil dieser mondänen Weltstadt!

Dabei ist mein Alltag nicht gerade sehr mondän. Eher anstrengend. Wenn ich nicht wie eine Verrückte für die Schwesternschule büffele, dann arbeite ich auf der orthopädischen Station in der Nordendklinik. Und wenn ich sage, ich arbeite, dann meine ich eigentlich, dass ich auch dort lerne. Hätte ich nie gedacht, dass eine Krankenschwester so viel wissen muss.

Zum Glück wohne ich hier, in diesem Wohnheim, und nicht irgendwo ganz allein in der Stadt. Sonst wüsste ich gar nicht, dass es den anderen Pflegeschülern genauso geht wie mir. Die fünf, die zusammen mit mir im dritten Stock wohnen, jammern auch ständig über all den Stoff, den wir irgendwie in unser Gehirn bekommen müssen. Zwar kommt es mir meistens so vor, als würden die anderen sich alles viel leichter merken als ich, aber Mascha hat gesagt, das wäre bloß Einbildung.

Die anderen, das sind neben Mascha und Rügül noch Jonas, Torsten und Eva.

Eva und Torsten sind noch verreist. Jonas wollte eigentlich heute zurück sein und mit uns feiern. Bis jetzt ist er noch nicht aufgetaucht.

Aber das macht nichts, denn wahrscheinlich ist es zu dritt sogar viel lustiger. Jonas hätte uns bloß wieder Vorträge über die Schädlichkeit von fettigen Chips und Erdnussflips gehalten und uns mit seinem Lieblingsthema Radfahren zugetextet. Ich muss grinsen, wenn ich mir vorstelle, wie Mr Gesundheitsapostel uns um Mitternacht mit seinem ekligen Lieblingsgetränk, das er in einem kleinen Plastiktank in unserer Küche aus irgendwelchen Pilzen züchtet, zugeprostet hätte. Kombucha heißt die Pilzbrühe.

Langsam dringt die Kälte auch durch meine Jacke. Ich versuche noch einmal, einen Blick auf Frankfurt zu erhaschen, aber der Nebel hängt jetzt nur noch grau vor mir. Schnell laufe ich über die knirschenden Kiesel – im Gegensatz zu Mascha und Rügül muss ich nämlich nicht auf Pfennigabsätzen balancieren. Denn mit 1,79 m habe ich auch ohne hochhackige Schuhe giraffenlange Beine. Ich gehe ein paar Treppenstufen nach unten und warte im siebten Stock auf den Aufzug.

Der braucht wieder eine Ewigkeit, bis er oben ankommt. Ich habe ein bisschen Angst, nachts allein mit diesem Aufzug zu fahren. Er wirkt so altersschwach, als ob er jeden Moment stecken bleiben würde. Außerdem ist seit neuestem das Lämpchen hinter dem Notrufknopf ausgefallen. Und wer würde schon in der Silvesternacht kommen und mich befreien?

Trotzdem steige ich ein, halte mir die Nase zu, damit ich diesen Mix von frischer Landhausbrise und Hundeklo nicht riechen muss, atme durch den Mund und drücke auf den dritten Stock.

Mein neues Jahr fängt gut an: Ich habe Glück und komme ohne jede Störung in unserem Stockwerk an. Die Türen öffnen sich, und ich taste nach dem Lichtschalter. Der vertraute würstchenbeige Schlauchflur liegt vor mir.

Man hört nur das Flackern der Neonröhren. Nach dem Krach auf dem Dach ist das ein unheimlich winziges Geräusch. So als stünde der Angriff der Monsterspinnen bevor, oder als wäre das die zittrige Filmmusik, bei der an der nächsten Ecke schon der Mörder auf die unschuldige Krankenschwester lauert. Plötzlich bilde ich mir ein, dass ich auch noch ein Stöhnen höre. Leises Stöhnen und so etwas wie ein Klopfen. Ich bleibe einen Moment stehen, aber da hört das Geräusch wieder auf. Scheint, als hätte ich einfach zu viele Horrorfilme gesehen ... Trotzdem gehe ich ein bisschen schneller und wundere mich über mich selbst. Allein auf dem Dach bin ich mutig wie eine Tigerin, aber hier unten im Flur der reinste Angsthase.

Als ich Mascha und Rügül aus der Küche lachen höre, beruhigt sich mein Herzschlag wieder. Ich hole nochmal tief Luft, um nicht wie ein aufgescheuchtes Huhn zu wirken, und betrete mit einem souveränen Lächeln das Aquarium – so nennen wir unsere Wohnheimküche, weil die Wände so blau sind, dass man sich dort wie ein Fisch vorkommt.

»Na endlich! Wir warten schon seit einer Ewigkeit auf dich. Wir wollen mit dem Bleigießen anfangen!«, begrüßt mich Mascha und nippt an ihrem Sektglas. Ich gieße mir auch noch etwas ein und lasse mich auf das rote Sofa am Küchentisch fallen.

Rügül und Mascha haben schon alles vorbereitet. Eine Kerze, einen Löffel und eine Schale mit kaltem Wasser, in die man das geschmolzene Blei hineinkippt.

Natürlich glauben vernünftige Menschen überhaupt nicht an so was wie Bleigießen. Mich wundert, dass Rügül mitmacht. Rügül ist nämlich die Vernünftigste von uns allen. Sie liest keine Horoskope, spielt nie Lotto und glaubt auch nicht, dass umgeworfene Salzstreuer oder schwarze Katzen von links Unglück bringen.

Ziemlich langweilig, so vernünftig zu sein, finde ich. Im Gegenzug schüttelt sie manchmal, glaube ich, den Kopf darüber, wie chaotisch ich bin. Zumindest war das am Anfang so.

Rügül legt ein Stück Blei in Form eines Glücksschweins auf den Löffel und hält ihn in die Flamme. »Letztes Jahr habe ich das auch gemacht, und ratet mal, was ich da für eine Figur gegossen habe?«, fragt sie, während wir alle auf den kleinen Bleiklumpen starren.

So viel zu meiner Theorie über die vernünftige Rügül!

»Keine Ahnung«, sage ich und Mascha schüttelt mit einer beinahe unmerklichen Bewegung den Kopf.

Rügül grinst. Ein seltener Anblick. »Ich hatte eine Spritze gegossen. Meine Familie war in heller Aufregung. Papa hat gedacht, das bedeutet eine Drogenkarriere.«

Mascha und ich starren uns an und lachen. Rügül und Drogen, das passt so gut zusammen wie Bockwurst mit Kaviar.

»Ihr lacht, aber Papa war entsetzt. Seine einzige Tochter und Drogen! Dabei war das bestimmt der Hinweis auf meine Schwesternausbildung.«

»Wusstest du denn damals schon, dass du Krankenschwester werden willst?«, fragt Mascha.

»Klar, und ab da war ich auch sicher, dass alles gut gehen wird. Schließlich ist Krankenschwester erst der Anfang. Ich habe noch viel mehr vor!«

Während Rügül gesprochen hat, ist auch der Rüssel des Schweins eingeschmolzen.

»Ich bin echt gespannt, was heute dabei rauskommt.« Mit Schwung kippt Rügül das geschmolzene Blei ins kalte Wasser. Das Blei erstarrt sofort zu einem unförmigen Klumpen. Neugierig beugen wir uns über die Schüssel.

»Sieht aus wie ein Glubschauge«, meint Mascha.

»Blödsinn!« Rügül greift nach dem Gebilde, legt es auf ihre Handfläche und dreht es hin und her. »Ein Drache«, stellt sie fest. »Seht mal, hier ist der große Kopf und hier der gepanzerte Schwanz.«

»Das passt doch«, murmelt Mascha, greift sich ein Kleeblatt aus Blei und hält es in die Flamme.

»Was das wohl zu bedeuten hat?«, fragt Rügül uns.

»Na, dass du unser Hausdrache bist, ist doch klar!« Mascha grinst und prostet Rügül zu.

»Dem stimme ich voll und ganz zu!«, unterstütze ich Mascha.

Rügül schüttelt den Kopf. »Sehr witzig! Außerdem: So platt ist das nicht. Diese Orakel haben immer auch eine zweite Ebene.«

»Vielleicht lernst du jemanden kennen, der im chinesischen Horoskop Drache ist?«, schlage ich vor.

»Ja, das würde mir gefallen.« Rügül haucht dem Drachen ein Küsschen zu.

»Oder du bändigst einen Drachen, oder du gehst Drachen steigen lassen mit einem Kind, ja genau, du wirst schwanger!«, laufe ich zu Hochform auf, und Mascha muss kichern. Dabei fällt ihr beinahe der Bleiklumpen vom Löffel.

»Na wartet! Mal sehen, was bei euch rauskommt. Wahrscheinlich gar nichts!« Rügül verschränkt ihre Arme und fixiert die Schale.

Ich horche auf. Da war es wieder, dieses Stöhnen. Aber die anderen reagieren nicht. Vielleicht bilde ich mir das doch nur ein, oder ist es eine verspätete Rakete, die nicht richtig explodiert ist.

Mascha kippt das Blei träge in das kalte Wasser. Es bilden sich viele kleine Tropfen.

»Ha! Na, was sage ich: Nichts!«, triumphiert Rügül.

»Hey, seid mal still, ich habe was gehört«, flüstere ich den anderen zu. Da ist das Geräusch wieder. Eindeutig ein Stöhnen.

»Das ist bloß der Wind«, sagt Rügül.

»Nein, das klingt wie ein Geist!«, widerspricht Mascha.

»Es gibt keine Geister«, sagt Rügül mit fester Stimme.

»Es klang aber so ...«, beharrt Mascha. »Ich glaube, wir sind ganz allein in diesem Riesenbetonkasten, oder habt ihr irgendwelche anderen Leute gesehen?«, fragt sie und ihre Stimme ist mit jedem Wort leiser geworden.

»Na gut, Mascha«, meint Rügül trocken, »bevor du uns vor Angst in Ohnmacht fällst, würde ich vorschlagen, wir schauen einfach nach, wo dieses Geräusch herkommt.«

Mascha wird blass. »Spinnst du? Ich schleiche doch nicht mitten in der Nacht durch die leeren Gänge!«

»Ach, dann bist du also plötzlich auch der Meinung, da ist niemand, und das war bloß der Wind?«, fragt Rügül und grinst

Mascha nickt wenig überzeugend.

Mittlerweile hat das Geräusch wieder aufgehört. »Vielleicht war es doch nur der Wind«, meint Rügül.

»Prima«, sage ich. »Dann schauen wir doch mal, was Mascha Grandioses fabriziert hat.«

Wir sehen zu, wie Mascha folgsam die kleinen Bleitröpfchen herausholt. Ich merke, dass ich immer noch mit einem Ohr lausche, aber es bleibt still.

»Tränen!«, sagt Rügül und betrachtet die vielen Bleistücke auf Maschas Hand.

Das kann ich nicht so stehen lassen, schließlich hat Mascha in den letzten Tagen genug wegen diesem Alex geweint, also sage ich schnell: »Nein, das sind Goldperlen! Du wirst reich. Vielleicht gewinnst du im Lotto!«

Mascha ringt sich ein Lächeln ab. »Gib dir keine Mühe, Lilly, ich weiß, was das wirklich ist. Es sind Schweißtropfen, und das bedeutet, mir steht ein anstrengendes Jahr bevor. Und jetzt bist du endlich dran!«

Da ist es wieder, dieses Stöhnen. Ganz leise nur. Ich werfe Rügül einen fragenden Blick zu. Sie hat es offensichtlich auch gehört, aber wir sagen nichts. Schweigend sehen wir zu, wie mein Bleiklumpen zerschmilzt. Als ich die silbrige Flüssigkeit in die Glasschale werfe, greift Mascha sofort hinein.

»Das ist ja wohl eindeutig!«, prustet sie los und hat plötzlich ihre gute Laune wieder.

»Wieso?«, frage ich und schnappe Mascha den erstarrten Klumpen weg.

»Na, das erinnert mich irgendwie an ... ähh ... Männer«, sagt Mascha.

Rügül schüttelt den Kopf. »Nein, ich glaube eher, das ist ein Würstchen!«

»Ja eben«, quetscht Mascha zwischen zwei Lachern mit erstickter Stimme hervor. Jetzt grinst auch Rügül.

»Hmm«, sage ich, »ihr könntet Recht haben. Aber was das wohl zu bedeuten hat?«

»Vielleicht: Es geht um die Wurst – so sagt man doch, oder?«, schlägt Rügül vor.

»Nein, du lernst den Mann deines Lebens, das tollste Würstchen unter der Sonne, kennen!«, meint Mascha und bemüht sich um Beherrschung.

Und da klingelt es endlich. »Dr. Wiener!«, sage ich und starre auf diesen harmlosen Bleiklumpen. »Das ist ganz klar Dr. Wiener.«

Verständnislos schaut Rügül von Mascha zu mir. »Dr. Wiener? Da müsst ihr mich aufklären!«

»Dr. Wiener ist der Oberarzt auf der Orthopädie, und er hat Lilly so richtig ins Herz geschlossen«, erklärt Mascha.

Ich nicke geknickt. »Er und ich haben uns ein paarmal in die Haare gekriegt. Seitdem hat er mich auf dem Kieker. Außerdem mag er es nicht, wenn er zu Frauen hochschauen muss.«

»Scht! Seid mal ruhig, da war wieder dieses Geräusch«, unterbricht mich Rügül.

Wir halten alle die Luft an. Stöhn, stööhn, stöööhn. Und dann ein Klopfen.

»Ich glaube, es kommt doch nicht von draußen«, sagt Rügül.

»Klingt gar nicht mehr unheimlich, sondern nach einem Gespenst, das sich mit seiner Gespenstin bestens amüsiert.« Mascha tippt ihre beiden Zeigefinger gegeneinander, als wären es kleine Handpuppen, und macht Kussgeräusche dazu.

»Ich finde eher, es hört sich leidend an«, widerspreche ich ihr.

»Wieso machen wir uns nicht endlich auf die Socken und finden heraus, wo das herkommt?«, meint Rügül und steht entschlossen auf.

»Vielleicht ist es ein Trick, mit dem uns ein auf Krankenschwestern spezialisierter Serienkiller in die Falle locken will!«, gebe ich nicht ganz ernst zu bedenken.

»Blödsinn.« Rügül steht schon ungeduldig an der Küchentür und winkt uns zu sich.

Zögernd folgen ihr Mascha und ich.

Im Flur ist es dunkel. Wir horchen angestrengt in die schwarze Leere vor uns. Stöhn, stöhn.

»Ich glaube, es kommt aus dem Badezimmer«, stellt Rügül fest.

»Gibt es nicht unheimlich viele Horror-Abmurksszenen, die in Badezimmern spielen?«, fällt mir dazu ein. »Ich denke da an Psycho. Ihr wisst schon, erst sieht man das Wasser aus dem Duschkopf und dann all das Blut, das in den Abfluss gurgelt!«

»Mann, Lilly, hör auf damit. Da wird einem ja übel!«, faucht mich Maschas Schatten an.

Wir schleichen über den Flur zum Bad. »Wieso machen wir eigentlich kein Licht?«, frage ich.

»Schscht!«, zischen mich Mascha und Rügül gleichzeitig an. Da sehe ich es. Unter der Badtür schimmert ein Lichtstreifen durch.

»Auf drei!«, sagt Rügül, »dann stürmen wir das Bad!«

Sie zählt bis drei und reißt die Tür auf. Wasserdampf quillt uns entgegen.

Unwillkürlich schnappe ich nach Luft, kriege aber nur noch mehr heißen Dampf in die Lunge. Wir gehen in die Hocke, weil dort die Luft etwas besser ist.

»Da liegt jemand!«, ruft Mascha. Vorsichtig tasten wir uns dorthin.

Tatsächlich, heißes Wasser prasselt auf eine merkwürdig verdreht liegende Gestalt. Ich gehe todesmutig voran.

Diesen Po habe ich doch schon mal gesehen, und peinlicherweise durchzuckt mich sogar jetzt der Gedanke, dass er mir wirklich sehr gefällt, so rund und muskulös.

»Das ist Jonas!«, erkläre ich den anderen hinter mir.

»Jonas?«, wundern sich die beiden, und dann stürmt ein Hagel von Fragen auf ihn nieder. »Hey, Jonas was ist denn los? Warum liegst du hier? Sag was, bitte, sag doch was!«

Aber alles, was Jonas von sich gibt, ist ein Stöhnen. Er versucht, den Kopf zu heben, schafft es aber nicht. Offensichtlich ist irgendetwas mit seiner Schulter nicht in Ordnung.

»Wir müssen erst mal das Wasser abdrehen. Dann können wir Jonas hier wegschaffen!«, kommandiert Rügül. In der winzigen Duschkabine beugt sie sich über Jonas und dreht den Wasserhahn zu.

»Und wenn er schwer verletzt ist?«, wende ich ein.

»Ja«, sagt Mascha. »Wir sollten ihn nicht bewegen!« Sie geht neben Jonas in die Knie. »Alles wird gut. Bestimmt. Jonas, bitte, sag uns doch, was passiert ist!«

Jonas hebt seinen Kopf ein paar Millimeter, zuckt zusammen und bringt wieder nur eine Art Stöhnen heraus.

»Ich rufe einen Krankenwagen!«, sagt Rügül und rennt zurück, um zu telefonieren.

»Wir müssen ihn zudecken, dieser Fliesenboden ist bestimmt eiskalt«, schlägt Mascha vor. Und obwohl mir von all dem Wasserdampf die Schweißtröpfchen von der Stirn laufen, weiß ich, dass sie Recht hat.

»Wieso kann Jonas nicht reden?«, flüstert Mascha mir fragend zu.

Ich zucke mit den Schultern.

»Keine Ahnung. Oder kennst du eine Verletzung, bei der die Stimmbänder beschädigt werden?«

»Nee, ich kann mich nicht erinnern.« Mascha hat ein Handtuch geholt und deckt Jonas damit zu. Dann setzt sie sich zu ihm auf den nassen Boden und nimmt seine Hand. Typisch Mascha, keine Sekunde mehr über ihr Paillettenkleid nachzudenken, sondern sich in diesen nassen Batz aus Schaum und Wasser hinzusetzen.

Warum ist mir das nicht eingefallen? Jonas hört auf zu stöhnen. Also scheint es ihm gut zu tun, dass Mascha seine Hand genommen hat. Sie ist wirklich die geborene Krankenschwester.