Spätholz - Walther Kauer - E-Book

Spätholz E-Book

Walther Kauer

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Beschreibung

Zu allem entschlossen, wartet der siebzigjährige Tessiner Bauer Rocco Canonica in der Küche seines Bergbauernhofs auf die Gemeindearbeiter. Um sieben Uhr werden sie kommen und das Gerichtsurteil vollstrecken: Der große alte Nussbaum vor dem Haus - Roccos Lebensbaum - soll gefällt werden, da er einem reichen zugezogenen Villenbesitzer den Blick auf den See versperrt. Während Rocco sein Gewehr reinigt, erinnert er sich an Stationen seines Lebens: an die harte Arbeit auf dem kleinen Bauernhof seiner Kindheit, den Waldbrand, dem seine Eltern zum Opfer fielen, die Jahre mit seiner Frau Teresa, den Wegzug seiner beiden Söhne, die verheerenden Veränderungen im Tal, die die alten Strukturen zerstörten.

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Seitenzahl: 267

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Der Autor

Walther Kauer (1935–1987) wuchs in Bern auf. Ausbildung zum Heilpädagogen in Aberdeen und Berlin. Kauer übte verschiedenste Tätigkeiten aus. Neben journalistischen Arbeiten veröffentlichte er Romane, Erzählungen, Hörspiele und Dramen. Mit den Romanen Schachteltraum und Spätholz gelang ihm der Durchbruch. Für sein literarisches Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet.

E-Book-Ausgabe 2014

Copyright © by Patrick Kauer

Alle Rechte vorbehalten

Erstmals erschienen 1976

Cover: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

Coverfoto: Roland Gerth

www.lenos.ch

ISBN EPUB-E-Book 978 3 85787 589 2

Für Sisa

Spätholz

In Gegenden mit periodisch wechselndem Klima entstehen beim Dickenwachstum der Bäume Zuwachsringe aus Früh- und Spätholz. Diese Zuwachsringe werden auch Jahrringe genannt.

1

Um sieben Uhr würden sie kommen.

Sie kommen immer am frühen Morgen, wenn sie etwas Ungutes vorhaben. Im Morgengrauen werden Verurteilte abgeholt. Rocco wusste nicht, wo er das gehört oder gelesen hatte. Ihm war nur, als ob er es wüsste: In der ersten Morgendämmerung finden jene, die Ungutes vorhaben, den geringsten Widerstand vor.

Rocco war nur ein alter Bauer. Viele Bücher hatte er nie gelesen. Da war einmal die harte Arbeit an den Terrassenäckern seines Hofes hoch über der wilden Terza und weitab vom Dorf Terzone, das auf der anderen Talseite lag. Und dann war es so, dass sich die Familie abends um die einzige Petrollampe in der Küche scharen musste. Das Licht dieser Petrollampe hätte nicht ausgereicht, um Bücher zu lesen. Ausserdem wurde am Petroleum gespart, weil man es kaufen musste, drüben im Dorf, beim Krämer. Das war in der Familie Canonica schon immer so gewesen, seit Rocco sich erinnern konnte. Man hatte sich die Lokalzeitung gehalten, den «Corriere»– der Marktberichte und der schwarz umrandeten Traueranzeigen wegen. Aus den Marktberichten wusste Rocco um Kauf und Lauf und um das Leben in seinem Tal Terzone. Aus den Todesanzeigen ersah er die Frist, die jedem gesetzt ist. Seiner Alterskameraden wurden immer weniger.

Damals als er, eine halbe Ewigkeit war es her, drüben im Dorf auf der andern Talseite seine sechs Schuljahre in der einklassigen Gemeindeschule beim Lehrer Casanova abgesessen, da zwängten sich in der Schulstube im ersten Stock des Gemeindehauses noch über fünfzig Kinder, Buben und Mädchen, in die Schulbänke. Jetzt lebten im ganzen Dorf keine fünfzig Menschen mehr, wenn man von den Feriengästen absah, die den Sommer über in den alten Häusern wohnten, und von den paar Fremden, die im Terzone ihre Villen gebaut hatten. Die Mehrzahl der Terzoner Häuser stand leer.

Die meisten seiner Klassenkameraden lagen auf dem Friedhof neben der granitenen Kirche von Terzone, bewacht vom Campanile mit dem Glockenspiel. Rocco dachte sich weiter nichts dabei. Daran misst sich eben das Alter, wenn der Klassenkameraden immer weniger werden. Man wird alt. Man stirbt. Ein Bauer hat sein ganzes Leben lang Gelegenheit, sich an den Tod zu gewöhnen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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