Spiegelwelten - Stefan Gabel - E-Book

Spiegelwelten E-Book

Stefan Gabel

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Beschreibung

Der Flammenmond ist vergangen, die Prophezeiung erfüllt – und dennoch beginnt das Abenteuer von Neuem. Ulli, der Lichtbringer, hat die Welt vor dem Untergang bewahrt. Doch mit den Ovarien der Corryx erwachen Kräfte, die weit über das hinausreichen, was bisher bekannt war. Gemeinsam mit Königen Borus und Bartus, den Brüdern Thramis und Thox sowie der geheimnisvollen Cyra begibt er sich auf eine gefährliche Reise. Trollreiche, Zeitspiegel und die rätselhaften Spiegelwelten fordern Mut und Vertrauen, während Freundschaft und Erinnerung selbst auf die Probe gestellt werden. "Spiegelwelten" ist der zweite Band der Trilogie Die Magie der Corryx – ein episches Fantasy-Abenteuer voller Magie, uralter Rätsel und der Suche nach der Wahrheit jenseits der Spiegel.

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Seitenzahl: 453

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die Magie der Corryx

Spiegelwelten

„Die Wirklichkeit ist nur eine Illusion,

wenn auch eine sehr hartnäckige.“

Albert Einstein

Die Magie der Corryx

Spiegelwelten

Die Magie der Corryx

Band 2: Spiegelwelten

1. Edition: 01.09.2025

Autor: Stefan Gabel

[email protected]

2. Band der Trilogie: Die Magie der Corryx

Wichtige Charaktere

Cyra

Eine geheimnisvolle Frau, die im Dorf Wallrupp auftaucht. Niemand kennt ihre Herkunft – doch ihre Kräfte und ihre Ver-bindung zu den alten Mächten verändern das Schicksal aller.

Thramis und Thox Zwillingsbrüder am Hof von Cantherstein. Sie sind ehrgeizig und unzertrennlich, zugleich aber Werkzeuge ihres Onkels Borus.

Borus, König von Cantherstein

Ein Herrscher voller Zorn, Machtgier und Geheimnisse – sein Wille überschattet das Schicksal aller anderen.

Bartus, König der Zwerge unter dem Berg Thunn

Ein stolzer Zwerg, der dem Erbe seines Volkes verpflichtet ist. Seine Suche führt ihn immer tiefer in die Geheimnisse der Ova-rien und der alten Prophezeiungen.

Brook, Sohn von Bartus

Er ringt mit seiner Herkunft und den Erwartungen seines Va-ters, während er seinen eigenen Weg finden muss.

Ulli

Ein Waldbauernbub, als Lichtbringer den Flammenmond be-siegte. Er trägt die göttliche Kraft Lumex in sich.

Weitere Beschreibungen sind im Anhang 1 ersichtlich.Inhalt

Die Magie der Corryx ............................................................. 1

Wichtige Charaktere ............................................................... 5

Prolog ..................................................................................... 9

Stunde 1 ................................................................................ 18

1.Cerbia - Auferstanden ................................................ 18

2.Bartus - Der Muttertroll .............................................. 27

Stunde 2 ................................................................................ 37

3.Cerbia - Vermisst ....................................................... 37

4.Bartus - Kontakt ......................................................... 52

5.Boranja - Rote Wolke ................................................. 72

Stunde 3 ................................................................................ 84

6.Bartus - Die Entdeckung ............................................ 84

7.Boranja - Der Plan ...................................................... 93

8. Cyra – Ovar Rubis .................................................... 100

9.Bartus - Trolli ........................................................... 110

10.Cyra - Flirren ......................................................... 122

11.Bartus - Der Königsweg ........................................ 129

Stunde 4 .............................................................................. 138

12.Thox - Byllnar ....................................................... 138

13.Bartus - Spiegelwelten ........................................... 149

14.Boranja - Symbiont ................................................ 167

15. Thox – Erste Hilfe ................................................. 176

16. Bartus – Chronos ................................................... 188

17. Boranja – Nexus .................................................... 195

Stunde 5 .............................................................................. 208

18. Thox – Küchenchef ............................................... 208

19. Bartus – Flaschen ................................................... 218

20. Boranja – Porta Rubix ........................................... 231

21. Thorex – Noctum ................................................... 241

22. Thox – Zeitmauer .................................................. 251

Stunde 6 .............................................................................. 260

23. Bartus – Zeitspiegel ............................................... 260

24.Boranja - Ohnmacht ............................................... 271

25. Thox – Aurelia Porta ............................................. 283

26. Bartus – Warten ..................................................... 296

27. Boranja – Tempus Tempers ................................... 302

28.Thox - Album ........................................................ 313

Stunde 7 .............................................................................. 322

29.Bartus - Geschwister .............................................. 322

30. Brook – Fergo ........................................................ 334

31. Boranja – Durchgang ............................................. 345

32.Brook - Wassta ...................................................... 354

33. Boranja – Avatare .................................................. 364

34. Bartus – Zeitschleife .............................................. 377

Stunde 8 .............................................................................. 392

35.Boranja - Trollkreis ............................................... 392

36.Wassta - Treue ....................................................... 405

37. Ulli – Ein ganz normaler Junge ............................. 417

Epilog ................................................................................. 429

Anhang 1: Charaktere ......................................................... 431

Anhang 2: Stammbaum ...................................................... 436

Zusammenfassung der Stunden .......................................... 437

Prolog

Die Prophezeiung:

Wenn der Berg erwacht und der Himmel brennt,

wenn der eine Freund den andern nicht kennt,

wenn die Aura wird leuchten und der Kranich wird fliegen,

die Planeten am Himmel übereinander liegen,

wenn der Mond steht in Flammen und die Sonne nicht scheint,

wird ein schwarzes Loch mit der Erde vereint.

Am Abgrund sind die Avatare und warten auf das Wunderbare,

vereinen sich mit Ring und Schwert, ins Gegenteil der Sturz verkehrt.

Wenn einer kommt und bringt das Licht erleuchtet wird die Nacht.

Ins schwarze Loch stürzt Erde nicht, das Leben wird entfacht.

Doch nur wenn Mensch und Zwerg zugleich, die Avatare reiten,

erneuert sich das Erdenreich, erneuern sich die Zeiten.

Aufgrund dieser Zeilen wurden die Zwillinge Thramis und Thox mit dem Hohen Magier Thuy und dem Alchimist Thorex auf die Suche nach den Ovarien der Corryx geschickt, denn ihre Cousine Cyra wollte zwei davon zu ihrer Mutter bringen, um sie zu heilen. Allerdings tat sie das ohne die Erlaubnis ihres Va-ters König Borus von Cantherstein.

Die Ovarien tragen die Macht der Corryx in Form von Kreatu-ren, den sogenannten Avataren in sich, die die vier Elemente Feuer, Wasser, Himmel und Erde verkörpern, und mussten am Tag des Flammenmondes beisammen sein, um die Welt zu er-neuern und nicht zu zerstören. Zudem galt es eine auserwählte Person zu finden, die die Magie der Corryx entfachen konnte.

Sie durchsuchten fünf Tage lang ganz Feryland und kämpften in ihrer mittelalterlichen Welt voller Magie gegen Trolle, trafen auf den Zwergenkönig Bartus und mussten viele Abenteuer auf ihrem Weg bestehen. Auf der Suche trafen sie auch auf Ulli, ein einfacher 12jähriger Junge aus Wallrupp. Er entwickelte unge-ahnte Fähigkeiten und wurde gemeinsam durch den Zwergen-könig Bartus Thunn und dem König der Menschen Borus Can-ther geadelt und trotz seines jugendlichen Alters zum königli-chen Berater ernannt.

Doch jetzt war es soweit. Der Flammenmond erschien am Him-mel…

*

„Da!“, rief General Hok: „Es geht los.“

„Wirklich“, sagte Bartus: „Wenn die Planeten übereinanderlie-gen, ist es so weit. Schaut doch, der Mond schiebt sich vor die Sonne. Wahnsinn. “

Langsam, aber sicher schob sich der rubinrote Mond vor die Sonne und verdunkelte die Umgebung. Es wurde still. Es wurde sogar sehr still.

Kein Vogelgezwitscher, kein Insektengebrumm, kein Lüftchen regte die Blätter in den Bäumen. Es war richtig unheimlich. Der Rubinmond hatte nun die Hälfte der Sonne bedeckt. Es wurde dunkler. Aber es war eine andere Dunkelheit als bei einer Däm-merung. Es war nicht hell, aber auch nicht Nacht. Je mehr der Rubinmond die Sonne bedeckte, desto roter wurde das Licht.

Gebannt schauten alle durch ihre schwarzen Opale, die zum Schutz der Augen dienten, in den Himmel. Der kleine Ulli sagte: „Wir sollten uns jetzt aufstellen. Es dauert nicht mehr lange. “ Borus trat zu Ulli und überreichte ihm das Schwert Noc-tum und den Siegelring Album. Ulli steckte sich den Ring an den Finger, doch er war ihm zunächst viel zu groß. Doch es dauerte nicht lange und der Ring Album passte sich von selbst seinem Finger an. Ulli war überrascht, und hob unvermittelt seine Hand in die Höhe, ohne dass er es wollte. Es ging irgend-wie von selbst und alle konnten sehen, dass der Ring passte. Seine andere Hand hob das Schwert Noctum in die Höhe und ein bunter Plasmabogen leuchtete fahl zwischen Ring und Schwert.

Es wurde zunehmend dunkler und der Rubinmond stand nun kurz vor der totalen Überlagerung. Das rote Licht tauchte die ganze Welt in falsche Farben. Was rot war erschien hell, als ob es weiß wäre. Was grün war wurde schwarz. Zunächst um-rahmte ein Lichtkranz Sonne und Mond und der letzte Licht-strahl der Sonne funkelte wie ein Diamant am Himmel. Alle schauten nach oben: „Der Diamantring! Das ist der Diamant-ring “, rief Ulli. Dann leuchtete eine Korona auf und der ganze Rubinmond stand in Flammen. Die Mondscheibe verdeckte nun komplett die Sonne und der Flammenmond stand am Himmel! Er strahlte heller als der Tag und tauchte kurzzeitig alles in oranges Feuer. Orange-gelbe Flammen umringten den leuch-tend roten Mond. Der Lichtkranz waberte und der Flammen-mond zeigte sich in voller gefährlicher Schönheit. Orange, Rot, Gelb, Orange, Rot, Gelb, wechselten sich ab und umzüngelten ihn. Es sah aus, als würde der Mond und der ganze Himmel brennen.

Alle staunten und man hörte nur noch „Oooh!“ und „Aaah!“ Selbst die Schwarztrolle, die sich vor der Sonne versteckten, konnten nicht umhin und schauten dem Himmelsspektakel zu. Aus der Hundertschaft der Soldaten hörte man Gejubel und an-erkennende Pfiffe. So etwas Schönes hatte noch keiner jemals gesehen.

Fasziniert von der Schönheit am Himmel hätte Ulli fast verges-sen, weswegen er hier war. Thorex rief ihm zu: „Los jetzt, komm, sonst ist es zu spät.“

Als Alchimist und Sternenkundler wusste er nur zu gut, dass nach einigen Minuten der Mond an der Sonne vorbeigezogen sein würde.

Ulli riss seinen Blick vom Flammenmond los und stellte sich mit gezogenem Schwert mitten auf den Weg. Er zeigte mit Noc-tum auf den Mond und rief: „Votum Aurelia – Corryx No-vum.“ Sofort bildete sich seine Regenbogen-Aurelia und wei-tete sich aus. Sie umfasste bald mindestens 100 Schritte im Durchmesser und alle schauten ihm gebannt zu, wie er in krei-senden Bewegungen Noctum über seinem Kopf schwang.

„Votum Aurelia – Corryx Novum“, rief er wieder doch seine Stimme war verändert. Es hörte sich an, als ob das zwei oder drei Personen oder eine ganze Gruppe sagen würde. Ullis Stimme war zwar noch eindeutig zu erkennen, aber viele Stim-men redeten mit.

„Schaut doch, Ulli“ rief Ella und deutete auf ihn: „Er verändert sich. “

Und tatsächlich. Ulli wurde größer und größer seine Stimme wurde tiefer und tiefer. Er wuchs und wuchs und war schon so groß wie eine ausgewachsene Tanne.

„Votum Aurelia – Corryx Novum“, donnerten die Stimmen und die Luft schien zu beben. Zwischen dem Ring und dem Schwert Album wurde der bunte Plasmabogen hell und er leuchtete stärker als die Sonne bei Tag.

„Der Lichtbringer“, raunte Bartus zu Borus. Der riesige Ulli spreizte seine Beine und stand nun gegrätscht da. Er schaute an sich herunter und unter ihm bildete sich ein schwarzes Loch.

„Kommt, meine Avatare“, sagte Ulli mit der unheimlichen tie-

fen Stimme: „Kommt zu Corryx.“

Thorex, Thuy, Thramis und Thox stellten sich im Kreis um das schwarze Loch und vereinigten sich mit ihren Avataren Rubis, Baleum, Flavis und Iridia.

Thramis blickte hinein, doch er konnte nichts erkennen. Es war als wäre er Blind. Es sah schwarz aus, war aber irgendwie an-ders. Es fühlte sich nicht schwarz an, sondern eher wie nichts. Wie Leere oder wie sich Blindheit anfühlen musste.

Corryx alias Ulli rief mit seiner vielfachen Stimme: „Avatare, ihr habt mir den Lichtbringer gebracht! Ihr seid gekommen, um die Weltordnung zu erneuern. Gebt Corryx, was Corryx ge-hört. “

Thox spürte, dass er sich übergeben musste und spuckte Lava in das schwarze Loch. Es tat weh. Er spuckte und spauzte. Er bekam kaum noch Luft. Mit letzter Kraft rief er: „Votum Au-relia Corryx Novum! –“

Es donnerte und krachte. Die Erde bebte und der Flammen-mond erzitterte.

Thuy rief ebenfalls: „Votum Aurelia – Corryx Novum!“ und spie eine immens große Menge Wasser in einem großen Schwall hinterher. Es zischte und knarzte und die Lava er-starrte.

Thorex tat es den beiden gleich und rief: „Votum Aurelia – Corryx Novum!“ Er spuckte sein Feuer ins schwarze Loch und die erstarrte Lava zerplatzte in fürchterlichem Getöse.

Zuletzt schickte Thramis mit „Votum Aurelia – Corryx No-vum!“, seine grellen Lichtblitze hinein und es krachte und bebte. Die Luft erzitterte, war elektrisch geladen und es knister-ten die Funken.

„Votum Aurelia – Corryx Novum“, rief Corryx und er blähte sich auf wie ein Ballon, bis er letztendlich zerbarst.

Die Druckwelle sprengte die Avatare auseinander und es war auf der Stelle dunkel. Ulli wusste nicht mehr, wo er war. Es war stockdunkel. Er sah nichts mehr. Rein gar nichts konnte er se-hen. Es war alles schwarz.

„Bin ich tot?“

„Nein, ich bin nicht tot, sonst würde ich ja nicht denken kön-nen.“

„Thramis?“, rief er in die Nacht.

„Ich bin hier“, hörte er.

„Ich auch“, riefen die anderen.

„Wo sind wir? Sind wir jetzt doch im schwarzen Loch?“

„Ich weiß es nicht“, kam die Antwort einer Frau. Es war aber nicht Ella und nicht Cyra. Aber die Stimme kannte er: „Mama?“, rief er in die Nacht.

„Alles wird gut“, sagte eine Männerstimme: „Papa?“, rief Ulli erneut. In einiger Entfernung sah er ein kleines Licht.

Das Licht wurde größer und es wurde heller. Er hörte Vogelge-zwitscher.

„Ist es vorbei?“, fragte er in die Dunkelheit.

„Alles wird gut“, hörte er wieder die Stimme seiner Mutter, die sich von ihm entfernte.

Das Licht wurde heller und er erkannte nach und nach den Bo-den, die grünen Bäume, die Berge, den Himmel, die Wolken, den Mond, die Sonne.

„Die Sonne!“

Er schaute sich um. Es war ein wunderschöner Tag. Die Sonne wärmte sein Gesicht und Menschen und Zwerge standen um ihn herum.

Ella war die Erste, die zu ihm eilte: „Ulli, du hast es geschafft“, herzte sie ihn. Gonner kam sofort dazu und hob ihn hoch: „Das ist mein Sohn“, rief er stolz.

In Windeseile kamen alle herbei. Selbst die Soldaten aus der Hundertschaft hielten sich nicht mehr zurück und kamen und wollten den Retter der Welt sehen und berühren. Ulli wurde hochgehoben und von einem zum anderen gereicht. Er kam sich vor, wie wenn er über der Menge schwebte.

„Lasst mich runter“, rief er und fing an zu zappeln: „Lasst mich runter“, rief er erneut.

General Hok half ihm auf den Boden.

„Kleiner Mann, du warst ganz groß“, und er verneigte sich wie-der vor ihm, wie im Officium.

Bartus und Borus ließen es sich nicht nehmen und nahmen dem Protokoll zum Trotz Ulli in die Arme.

Nach einigen Minuten rief Bartus zu Ruhe auf: „Ruhe! - Wo sind die Avatare?“, fragte er. Im ganzen Jubel wurde völlig ver-gessen, dass die Avatare nicht mehr unter ihnen weilten.

„Dort!“, rief Cyra: „Da kommen sie.“

Thorex, Thuy, Thramis und Thox kamen aus dem Wald auf sie zu. Sie trugen etwas bei sich. Als sie näher kamen erkannten sie, was es war. Jeder von ihnen hatte ein Ei in den Händen.

„Was habt ihr da?“, fragte Ulli auf seine kindliche naive Art und Weise.

„Wir sind keine Avatare mehr“, antwortete Thramis: „Die Druckwelle hat uns auseinander gerissen. Mir wurde schwarz vor Augen, und als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Rü-cken und dieses Ei auf meiner Brust. Es ist das gelbe Ovar Fla-vis“, und er hielt es hoch, so dass es jeder sehen konnte. Den anderen erging es genauso. Sie zeigten ebenfalls die Ovarien der Corryx und wieder mal ging ein Raunen durch die Menge.

Borus stutzte: „Wenn das so ist, dann ist ja nichts passiert“, und er grinste.

Cyra fiel Thramis um den Hals und küsste ihn vor allen anderen auf den Mund. Ella konnte sich auch nicht zurückhalten und tat es ihr gleich, indem sie ihren „Frosch“ an sich zog und ihn eben-falls leidenschaftlich küsste. Thox japste nach Luft und nach kurzer Zeit jubelten er und Thramis mit den anderen mit. Nur Thorex und Thuy blieben ruhig und blieben lieber gefasst.

„Jetzt wird gefeiert“, sagte Bartus, wies den Hofzwerg an ein Festbankett im Koven und für die Soldaten vor dem Berg Thunn herrichten zu lassen. Der Jubel hielt noch einige Zeit an, dann meinte Bartus: „Gut, dann lasst uns rein gehen“, und ging voraus. Doch der Eingang war von einer Person versperrt, denn Wassta stand in der Tür: „Hab´ ich was verpasst?“

Stunde 1

1.Cerbia - Auferstanden

Vor Berg Thunn…

Die Sonne hing jetzt schon tief über den zerklüfteten Gipfeln, als Ulli den Namen rief. „Wassta!“

Ulli rannte. Seine Füße schlugen dumpf auf den Boden. Er war voll Freude und Angst zugleich. Als er ihn erreichte, warf er sich in seine Arme. Wassta, der Mann mit den eisblauen Augen und dem wilden Haar. Sein Körper war hart und kalt, aber er spürte das Leben in ihm. Er grub sein Gesicht tief in Wasstas Brust, als wollte er sich in ihm verbergen.

„Wassta, Wassta, da wird Tante Lydda aber froh sein!“

Doch Wassta schob ihn irritiert und schnorrig von sich weg. Seine Augen waren leer, und sein Blick traf Ulli wie ein eisiger Sturm. „Warum? Was ist mit Lydda?“, fragte er. Seine Stimme klang fremd, als hätte er die Worte nie zuvor ausgesprochen.

Ulli schluckte. „Tante Lydda wird froh sein“, flüsterte er. „Du lebst, Wassta. Du bist zurück.“ Er hielt Ulli von sich weg, doch Ulli wollte nicht loslassen und schaute von unten hoch in Wasstas Gesicht.

„Du weinst ja“, stellte Wassta fest. „Gar nicht!“, trotzte Ulli und ging jetzt einen Schritt zurück: „Ich bin nur froh, dass du wieder lebst.“

„Was ist passiert?“, fragte er. „Ich war doch eben noch auf dem Weg zurück? “

Gorrit, Gonner und Ella kamen herbei, ihre Gesichter strahlten. Sie begrüßten Wassta überschwänglich und freudig mit Schul-terklopfen und Umarmungen. Als hätten sie einen verlorenen Sohn wiedergefunden.

Doch Wassta entwand sich ihren Händen. „Lasst das!“, rief er. „Was soll das?“ Er schüttelte das Begrüßungskomittee ab, als wären sie lästige Fliegen.

Gorrit trat an seine Seite. „Komm mit rein“, sagte er. „Es ist viel passiert, seit du weg warst.“

„Wo war ich denn?“, fragte Wassta. „Ich verstehe rein gar nichts. “

„Du bist auferstanden. Du warst tot“, preschte Ulli hervor.

Ella schubste Ulli in die Seite: „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du nicht so vorlaut sein sollst? “

Gonner verteidigte seinen Sohn: „Er ist alt genug und jetzt lass´ ihn in Ruhe. Er hat immerhin die Welt und auch dein Leben gerettet.“

Gorrit nahm Wassta beiseite und erklärte ihm, was in der Zwi-schenzeit passiert war.

Wassta starrte ihn an. „War ich wirklich tot?“

Cyra trat neben ihn. „Ja“, sagte sie. „Ich und der Medicus konn-ten nichts mehr für dich tun.“

„Unglaublich“, flüsterte Wassta. „Ich kann mich an nichts erin-nern.“ Er ballte die Fäuste. „Das habe ich diesen verdammten Zwergen zu verdanken! “

Gorrit schüttelte den Kopf. „Beherrsche dich“, sagte er. „Die Zwerge hatten damit nichts zu tun. Es war einfach nur Pech. “ „Ja ja, Pech. Ich wäre besser bei Lydda geblieben. Ich wollte nie hierher. Nur wegen den Zwergen ist mein Onkel…“

Gorrit brauste auf: „Wassta! Halt jetzt die Klappe. Das ist Schnee von gestern.“

Wassta erschrak und war auf der Stelle still. Gorrit war der Dorfälteste von Wallrupp. Er war ein gerechter Mann und wusste eigentlich immer was zu tun war: „Tut mir leid“, raunte er leicht verlegen in seinen Bart und scharrte mit seinen Füßen im Sand.

König Bartus ignorierte die Szene und schob sich an ihnen vor-bei in den Berg Thunn: „Macht Platz!“, raunte er: „Wir sam-meln uns alle im Officium bis die Tafel hergerichtet ist.“

„Wir müssen den Trollkönig informieren“, sagte Borus zu Bar-tus: „Ja, du hast recht, Thramis kann das machen.“

„Ruhe!“, gebot Bartus im Officium: „Sind alle da?“

Ruhe kehrte ein. Man schaute sich um und viele setzten sich hin.

„Brook fehlt noch“, antwortete Cyra, doch da kam er auch schon mit Fergo durch die Tür.

„Ah, Fergo!“, raunte Bartus: „Was machen wir mit ihm?“, schaute er Borus fragend an.

„Das ist deine Entscheidung“, antwortete Borus. Ich würde ihn erst mal in Gewahrsam nehmen.

„Ja“, sagte Bartus: „General Hok! Nehmt Fergo fest und bringt ihn zur Wache. Sie sollen ihn einsperren. Ich kümmere mich morgen um ihn.“

„Jawohl, mein König“, salutierte Hok zackig wie immer und übernahm Fergo von Brook.

„Ich wollte das nicht“, jammerte Fergo: „Es stand mir doch zu! Du hast es mir versprochen!“ und er wollte sich dem Zugriff durch Hok entwinden. Doch der General hatte einen festen Griff und Fergo musste folgen: „Hinaus mit dir“, und er schubste ihn aus dem Officium. „Wer war das?“, wollte Cerbia wissen: „Ein fieser Typ“, antwortete ihre Halbschwester Cyra: „Der ist eigentlich ein Händler. Er wollte erst eine Belohnung haben und hat dann Brook niedergeschlagen und ist mit Gold abgehauen.“ „Belohnung? Wofür?“, fragte Cerbia nach: „Er-zähle ich dir später. “

Borus stand auf: „Wir müssen den Trollkönig informieren“, sagte er wieder zu Bartus: „Ja stimmt, erwiderte Bartus und richtete sein Wort an Thramis: „Thramis, nimm Kontakt mit dem Trollkönig auf und berichte ihm was geschehen ist.“

„Das würde ich gerne tun, aber ich wüsste nicht, was ich ihm sagen soll. Ich kann mich kaum erinnern. “

„Wieso das? Du hast doch alles miterlebt und selbst dein Licht dazu gegeben.“

„Ich? – Welches Licht? Ich kann mich nur an einen fürchterli-chen Knall erinnern. Und das Nächste, was ich weiß ist, dass ich rücklings auf dem Boden lag mit diesem gelben Ei auf mir.“

Thramis schaute sich irritiert im Officium um: „Irgendwie ist alles wie in einem Schleier. Wie geht es euch?“ Dabei schaute er nacheinander Thox, Thorex und Thuy an.

Alle vier konnten sich an nichts erinnern, aber bestätigten die Erlebnisse von Thramis. Auch sie wachten rücklings am Boden liegend mit einem Ei auf.

Das Letzte, an das sich alle erinnern konnten, war der Kampf gegen die Brauntrolle. Aber an den Flammenmond konnte sich keiner erinnern.

Bartus und Borus schauten sich gegenseitig fragend an: „Was hat das zu bedeuten?“, fragte König Borus: „Ulli, kannst du da-mit etwas anfangen? Kannst du dich erinnern?“

„Mhm? – Es ist irgendwie komisch. Ich habe das Gefühl, als ob ich mich erinnern kann, aber irgendwie doch nicht. Es fühlt sich an wie… wie… wie ein Traum vielleicht? Ja, so wie ein Traum, an den man sich nicht richtig erinnern kann, aber man weiß, dass es schön oder schlecht war.“

Thorex räusperte sich und bat um Gehör: „Meine Könige! Ihr wisst, dass ich der Alchimist auf Schloss Cantherstein bin. In meiner Bibliothek habe ich unzählige Bücher und auch einige die sich mit Träumen und deren Bedeutung beschäftigen. Es gibt Methoden, wie man Träume wieder ins Bewusstsein brin-gen kann. Hypnose nennt man das. “

Thuy bestätigte Thorex und sagte, dass er schon als Hoher Ma-gier mit diesem Phänomen experimentiert hat. Aber nur mit mä-ßigem Erfolg.

„Also gut“, sagte Bartus, „wir haben also sechs rätselhafte Er-lebnisse hier im Raum und keiner weiß so recht was und wa-rum. Aber ich weiß eins: Wir sind am Leben und das haben wir nur Ulli und den Avataren zu verdanken. Und das ist das, was zählt. Also Thramis, nimm Kontakt zum Trollkönig auf und Borus und ich werden dir einsagen, was du übermitteln sollst.“ Thramis konzentrierte sich: „Irgendwas stimmt nicht!“ Er schloss seine Augen und versuchte sich zu entspannen, aber er konnte keinen Kontakt herstellen. Er versuchte es nochmal und es wollte wieder nicht funktionieren.

„Was ist?“ fragte Thox, sein Zwillingsbruder.

„Es klappt nicht.“

„Versuche es nach der Anleitung aus dem Buch Telepathius.“

Aber Thox, das mache ich doch. Außerdem hat das immer funk-tioniert, ich musste mich nicht einmal anstrengen.

„Schicke mir mal eine Botschaft, das hat immer funktioniert.“

Nichts!

Ratlos blickten sie in die Runde und zuckten beide gleichzeitig mit den Schultern.

Thuy meinte trocken: „Das Zwillingsphänomen ist wohl nur noch das gemeinsame Schulterzucken.“ Thorex warf seinem Bruder einen bösen Blick zu: „Lass das. Die geben ihr Bestes. Vergiss nicht, die haben heute schon sehr viel geleistet.“

König Bartus dauerte das zu lange: „Also wenn das so nicht geht, dann gehen wir halt selbst in die alten Minen und reden mit ihm. Borus, was meinst du?“

„Ja, aber wir brauchen dazu nicht alle. Ich schlage vor, dass nur wir zwei gehen, und Ulli und Thramis mitkommen. Die anderen können dann so langsam rüber in den Koven gehen. Die Tafel sollte schon so weit hergerichtet sein“, Und an Thuy gewandt: „Würdest du wieder deine Fähigkeiten einsetzen?“

„Aber gerne Majestät“, verbeugte sich Thuy mit einem leichten Grinsen, der mit seinem Bruder Thorex seine Kindheit mit Borus verbracht hatte. Sie waren Cousins, denn ihre Mütter wa-ren Schwestern. Thuy hatte schon so manches magische Wun-der vollbracht und zuletzt aus kargem Essen eine wundervolle Mahlzeit gezaubert.

Bartus bat seine Frau Boranja die Gruppe in den Koven zu füh-ren, welche das gern übernahm. Sie tippte ihrer Ex-Schwägerin Bara auf die Schulter und bat sie recht kühl: „Kannst du dich um die beiden Alten kümmern? “ Damit meinte sie die Fellhänd-ler Brohm und Brata, die vor ein paar Tagen Bartus aus einer misslichen Lage befreit hatten und mit ihm in den Berg gekom-men waren.

„Was machen wir mit den Eiern?“, rief Ulli dazwischen.

Ella wollte schon wieder maßregeln, doch Borus war schneller: „Ulli, wenn wir dich nicht hätten!“, lachte er: „Du bist und bleibst unser bester königlicher Berater.“

„Ja, die können wir doch nicht einfach so herumliegen lassen“, gab der vorwitzige Ulli zurück.

„Sie liegen ja nicht herum“, antwortete Thramis: „Wir tragen sie ja bei uns. Aber du hast recht, wir sollten sie wieder gemein-sam in einer geschützten Truhe oder so lagern.“

Cyra erinnerte Thramis an ihre Kommode, die sie in ihrem Al-koven hatte: „Dort können wir sie in Decken eingewickelt in eine Schublade legen, bis wir einen besseren Platz für sie ge-funden haben: „Gute Idee“, antwortete er und übergab Ovar Flavis an Cyra.

„Ich komme mit“, sagte Thuy: „Ich werde die Schublade ma-gisch versiegeln.“

„Ich auch“ stimmte Thorex zu.

Gemeinsam mit Ella und Thox gingen sie in Cyras Alkoven, ihr Schlafgemach.

„Hier diese Decke ist gut geeignet.“ Cyra räumte die oberste Schublade aus und machte mit der Decke 4 Nester für die vier Ovarien.

Sie legte das gelbe Ovar Flavis wie in einer vorbestimmten Ze-remonie in die linke Kuhle, so dass der darauf abgebildete Kra-nich gut zu sehen war: „Er verkörpert den Himmel“, sagte sie.

Thox nahm sein grünes Ovar Iridia und legte es direkt ebenso theatralisch daneben: „Und das ist die Erde“, sagte er und rückte das Bildnis des Chamäleons oben.

„Hier das Feuer“, sagte Thorex und legte sein rotes Ovar Rubis mit dem Schmetterling vorsichtig dazu.

„Und hier das Ovar des Wassers“, und Thuy legte behutsam sein blaues Ovar Baleum mit dem Pfau in die letzte Vertiefung.

„Das wars“, sagte Cyra und wollte die Schublade schließen, da-mit Thuy sie magisch versiegeln kann.

„Warte!“, rief Thorex plötzlich: „Was ist mit Noctum und Al-bum?“

Daran hatte keiner gedacht. Die Insignien der Macht waren ver-schwunden und keiner hatte es gemerkt. Das Schwert Noctum und der Siegelring Album hatte keiner mehr seit dem Flammen-mond gesehen.

„Das hatte doch Ulli“, meinte Ella.

„Ja stimmt, und er hatte damit die Regenbogen-Aurelia be-schworen “, sagte Cyra: „Hat er?“, fragte Thox verwundert. „Ja, hat er!“, bestätigte Ella: „Er wurde riesengroß. Größer als die Bäume.“

„Unglaublich“, meinte Thuy: „Und ich dachte immer Thramis sei der Lichtbringer.“

„Das ist jetzt egal“, erwiderte Thorex: „Versiegele jetzt die Schublade. Dann gehen wir zu den Königen und fragen nach Noctum und Album. Vielleicht haben wir sie nur nicht gese-hen.“

Cyra schloss die Schublade und Thuy murmelte: „Solus Rex aperre podesta.“ Sogleich umhüllte ein blauer Schimmer die Schublade.

„Was hast du da gesagt?“, fragte Ella.

„Ich habe sie versiegelt und nur ich, oder ein König kann die Schublade wieder öffnen.“

Ella trat zur Kommode und versuchte die Lade zu öffnen, doch ein kleiner Stich durchzuckte ihren Arm. Der Schutzzauber wirkte: „Versuche du es mal“, sagte sie zu Thox.

„Nee, nee ich verzichte“, lachte er.

„Mein Frosch“, erwiderte Ella. So nannte sie ihn manchmal seit sie ihn mit seiner grünen Haut in Form des Avatars von Iridia gesehen hatte. „Sei kein Frosch“, frotzelte sie. Thox fasste et-was Mut und zog an der Lade. Aber auch er konnte sie nicht herausziehen. Von dem Stich ließ er sich aber nichts anmerken.

„Gut, dann kommt jetzt mit rüber zum Koven“, sagte Thorex, ich habe Hunger.

2.Bartus - Der Muttertroll

Auf dem Weg zu den alten Minen… Bartus und Borus machten sich mit Thramis und Ulli auf den Weg zu den alten Minen. Diese waren schon seit Jahren stillge-legt, doch die verzweigten Gänge im Berg Thunn waren noch da. An vielen Stellen mussten Borus und Thramis sich ducken, da die Gänge eher für Zwerge und nicht für Menschen ausgelegt waren. Aber es ging. Ulli und Bartus waren kleiner und konnten aufrecht hindurch gehen. Normalerweise waren die Eingänge verschlossen, doch als die totgeglaubten Trolle erschienen und insbesondere der Muttertroll sich auf den Weg zu den Zwergen machte, wurden die Eingänge wieder geöffnet.

Der Muttertroll bezeichnete sich selbst als einen König, ist aber weder männlich noch weiblich, denn Trolle vermehren sich nicht wie Menschen oder Zwerge. Wenn die Zeit gekommen ist, teilt sich der Muttertroll in einen Haupt- und viele Klein-trolle. Der Haupttroll entwickelt sich dann wieder zum Mutter-troll, und die Kleintrolle zu eigenen Individuen.

Auf dem Weg zu den alten Minen sagte Borus zu Bartus: „Hast Du gesehen wie blutverschmiert dieser Fergo war? “, sagte Borus zu Bartus auf dem Weg zu den alten Minen.

„Ja, das geschieht ihm ganz recht. Außerdem ist er ein schmie-riger Typ und da passt das ganz gut.“

Thramis und Ulli schauten sich an. Ulli flüsterte: „War das lus-tig?“ Thramis zuckte mit den Schultern. Sie verstanden den Witz nicht.

Borus überging den Scherz und fragte: „Gibt es hier viele Wölfe? Bei uns auf Schloss Cantherstein wurden schon lange keine mehr gesehen. “

Bartus verneinte: „Bei uns auch nicht. Vielleicht hat er die Schwarztrolle mit Wölfen verwechselt. Ich habe keine Ah-nung.“

Borus runzelte die Stirn: „Aber so verkratzt wie der ist, könnte das eher ein Wolf gewesen sein.“

„Mag sein. Ich werde General Hok anweisen einen Erkun-dungstrupp loszuschicken, wenn wir zurück sind. “

Ulli mischte sich ein: „Vielleicht sind es ja Werwölfe gewe-sen.“

„Werwölfe?“, fragte Bartus: „Sowas gibt es nicht.“

„Aber es ist doch Vollmond“, trotzte Ulli, „und dann kommen die raus.“

„Flammenmond meinst du wohl“, warf Borus ein.

„Nein ich meine Vollmond. Der Flammenmond war doch nur kurz am Himmel, aber davor und danach ist wieder Vollmond, oder nicht?“

„Ja, schon, aber ich glaube nicht, dass es damit etwas zu tun hat.“

Borus stutzte: „Wenn das so wäre, dann ist das eine Gefahr für alle Menschen und Zwerge. Vielleicht sogar auch für die Trolle.

Thramis hörte interessiert zu. Ihm kam es vor, als hätte er dieses Gespräch schon einmal gehört. Er dachte nach: „Werwölfe? War da nicht mal was? Ich muss Thorex fragen. Der weiß das bestimmt. “ Dann sagte er: „Da vorne geht es rechts in die große Höhle. Da müsste der Muttertroll sein.“

Bartus erwiderte: „Wir sollten ihn besser Trollkönig nennen. Ich denke das gehört sich so.“

Borus meinte: „Ich glaube nicht, dass er gekrönt wurde. Der Muttertroll sieht aus wie eine riesige Walze aus Fleisch und Fels, so als würde sie zerfließen, und wenn er zur Ruhe kommt, wie erstarrte Lava. Man kann nicht erkennen wo vorne oder hin-ten ist, er hat ja nicht wirklich einen Kopf. Aber das ist auch egal. Er ist auf jeden Fall das Oberhaupt der Trolle, und somit vergleichbar zu uns.“

Sie bogen in die große Höhle ein. Die Höhle war leer.

„Wo ist er?“, fragte Ulli überrascht: „Er sollte doch eigentlich in der Mitte der Höhle sein.“

Dort war er, als sie ihn zuletzt gesehen hatten.

Am großen Ausgang der Höhle, gegenüber, wo sie gerade her-eingekommen waren, standen links und rechts ein Troll, wie die Wachsoldaten am Tor der Burg Cantherstein, oder hier am Ein-gang zum Berg Thunn. Dort brannten auch jeweils eine Fackel, aber ihr Licht reichte kaum bis herüber.

Thramis überblickte den Raum und bemerkte, dass am Boden viele kleine bis Mittelgroße Kugeln oder Steine herumlagen. So genau konnte er das im dämmrigen Licht nicht erkennen. Je-denfalls stieg ihm der modrige Geruch der Trolle in die Nase und das mochte er gar nicht.

„Hier stinkt es!“, sagte er lauter als er eigentlich wollte.

„Thramis! Halte dich zurück!“, konterte Borus in einem Be-fehlston.

Die beiden Trolle gegenüber begannen zu grunzen, blieben aber wo sie waren.

Thramis wurde leiser: „Entschuldigung. Ich wollte das gar nicht sagen. Und schon gar nicht so laut. Aber schaut mal dort “, und er zeigte auf den Boden der Höhle: „Diese Kugeln waren vorher nicht da, oder?“

„Mhm?“, erwiderte Bartus: „Die sind mir vorher auch nicht auf-gefallen.“

„Das sind keine Kugeln“, ergänzte Ulli, „die bewegen sich.“

„Tatsächlich“, sagte Borus.

„Und jetzt?“, fragte Thramis.

„Sind das jetzt die neuen Trollkinder?“, fragte Ulli ganz unbe-darft. Alle drehten sich zu Ulli und waren über diese Aussage überrascht. Ulli bückte sich und griff nach einer der Kugeln. Als er sie berührte, sah es so aus, als würde er innehalten. Doch er stöhnte kurz darauf auf, und brach zusammen. Reglos lag er nun da.

Innerlich durchfuhr ihn ein Blitz in allen Farben und ihm wurde heiß. Gleißendes Licht erleuchtete die Höhle und es wurde tag-hell um ihn herum. Die Kugeln leuchteten in allen Farben auf. Die Fackeln gegenüber hatten einen regenbogenartigen Licht-kranz und die Trolle am Höhlenausgang schillerten in unwirk-lichem Glanz.

Jetzt sah er, dass sie nicht alleine waren. Die Trolle, die vor dem Flammenmond um den Muttertroll standen, hatten sich rings um an den Höhlenwänden aufgestellt und waren eben noch im Dunkeln nicht zu erkennen. Aber jetzt schon. Auch sie schiller-ten in allen Farben. Es war irgendwie surreal. Die ganze Höhle erleuchtete in buntem grellem Licht. Es wurde immer wärmer.

Plötzlich zogen sich die Kugeln wie im Zeitraffer zurück in die Mitte des Raumes und manifestierten sich zum Muttertroll. Die Zeit schien in schnellem Tempo rückwärtszulaufen. Es blitzte mehrmals und wurde dann stockdunkel. Aus der Mitte des Rau-mes kam ein tiefes Grollen und es wurde wieder gleißend hell. Jetzt ging alles irgendwie ganz langsam. Der Muttertroll schien durchsichtig zu werden. Man konnte zwar noch ihre Umrisse erkennen, aber sein Körper war durchwirkt mit vielen Linien und Kurven, die kreuz und quer darüber und durch sie hindurch verliefen. Er sah ihr Herz, wie es pochte und sich wie in Zeit-lupe aufzuteilen schien.

„Er schaut jetzt aus wie eine riesengroße, bunt schillernde Sei-fenblase“, dachte er sich.

Die Seifenblase teilte sich auf in eine größere und viele kleinere Blasen und sie waberten wie der Schaum oder die Gischt der Menn, wenn im Frühjahr der Blütenstaub das Wasser des Flus-ses geschmeidig machte, und sich an den Stromschnellen auf-wühlte und Schaumkronen bildete.

Das pochende Herz brach auseinander, doch die kleinen Bruch-stücke pochten weiter und suchten sich den Weg in die kleine-ren „Seifenblasen.“ Diese flossen anschließend auseinander und verteilten sich am Boden.

Die kleine Blase, die Ulli berührt hatte lag nun wieder vor ihm. Ulli streckte seine Hand nach ihr aus und sie begann zu wabern und zu zittern. Ihre Oberfläche schillerte ihn allen Regenbogen-farben und ringförmige Wellen bildeten sich aus als Ulli sie be-rührte.

Doch sie zerplatzte nicht, so wie es Seifenblasen eigentlich tun. Sie drang weiter vor und umschloss bald Ullis Hand.

Es kribbelte.

Das Kribbeln zog seinen Arm entlang zum Ellenbogen und hoch zur Schulter. Es war ein angenehmes Kribbeln. Warm und sanft zugleich.

Gleichzeitig hörte Ulli ein Knarzen und Knurren, neben den vielen anderen, eher melodischen Geräuschen, die wohl durch das zerfließen entstanden. Bizarre Wohlklänge, wie zarte Glo-ckenschläge in tiefen, aber verschiedenen Tonhöhen, die lang-sam verhallten.

„Du bist da, da, da, da.“

Es hallte in seinem Kopf nach wie ein Echo.

„Was war das? – Waren das Stimmen?“, fragte er sich und rief „Hallo?“

Außer den melodischen Klängen war nichts mehr zu hören.

„Habe ich mir das eingebildet?“

Er rief nochmal: „Hallo? Muttertroll?“ Doch wieder keine Antwort. Die Seifenblasen waberten überall am Boden herum und seine zog sich von seiner Hand zurück, und das Kribbeln verebbte.

Er bekam keine Antwort auf sein rufen. Nur die faszinierende Musik erfüllte den Raum.

Ulli schaute lange zu und genoss die angenehme Musik. Nach ungefähr einer halben Stunde kamen die Fließbewegungen zum Stillstand. Die Helligkeit lies nach und die Geräusche ebenso.

In der Mitte, wo eigentlich der Muttertroll sein sollte, war nur noch ein großer rot schimmernder Kristall zu sehen. Der Mut-tertroll war verschwunden.

Es wurde dunkel. Ulli spürte, wie es kalt wurde und die Welt fing an sich zu drehen. Es rüttelte und schüttelte an ihm. Es dau-erte etwas, bis er erkannte, dass Thramis an ihm rüttelte.

„Ulli! Was ist mit dir? – Ulli?“

Thramis kniete sich neben Ulli auf den Boden und hob seinen Kopf an. Er tätschelte Ullis Wangen: „Ulli?“

Thramis schaute hoch zu Borus und Bartus: „Wir brauchen Cyra! Sie muss ihm helfen.“

So langsam kam Ulli wieder zu sich: „W… Was? Was ist pas-siert?“

Thramis stützte ihn: „Du bist ohnmächtig geworden und hinge-fallen, als du den Stein angefasst hast. Ich bin ganz schön er-schrocken! Geht´s wieder?“

Ulli rappelte sich auf: „Ja, danke. Es war toll!“

Bartus fragte nach: „Was meinst du?“

„Na die Geburt der Trolle“, antwortete Ulli.

„Geburt?“, fragte Borus: „Welche Geburt?“

Ulli erzählte von seinem Erlebnis.

„Du warst doch höchstens zwei oder drei Sekunden ohnmäch-tig“, sagte Thramis. In dieser kurzen Zeit kannst du unmöglich das alles gesehen und erlebt haben.

„Doch, es war aber so! Und diese Kugeln waren die Seifenbla-sen. Das sind keine Kugeln, das sind Trollkinder. Und da hin-ten“, er deutete in die Dunkelheit der Höhle, „ist der neue Mut-tertroll. “ „Das kann nicht sein“, antwortete Bartus: „Das sind nur Steine “, und wollte einen davon wegtreten.

„Hör auf damit!“, schimpfte Borus: „Ulli hatte bisher immer recht!“

Bartus zog im letzten Moment seinen Stiefel zurück.

Ulli zeigte in die Mitte der Höhle und sagte: „Dort müsste der rote Kristall zu finden sein.“

Vorsichtig, um nicht die herumliegenden Kugeln zu berühren, gingen die Vier zu der gezeigten Stelle und tatsächlich, dort war der rote Kristall.

„So wie der aussieht, ist das ein Rubin“, sagte Bartus: „Das würde zu deiner Geschichte passen. “

„Ein Herzstein?“, fragte Borus: „Der ist fast so groß wie der Rubin von der Insel Rubina, der bei mir auf Schloss Canther-stein ist.“

Bartus ging vorsichtig um den Kristall herum: „Der steckt im Boden. Wer weiß wie tief der noch runter geht. Mein Zwergen-meister soll sich das mal ansehen. Aber jetzt sollten wir erst mal weiter hinter zum neuen Trollkönig, oder Muttertroll oder wie auch immer man das Ding nennen soll, gehen. “

„Gut“, meinte Borus, „aber seid vorsichtig mit euren Füßen. Wer weiß wie empfindlich diese neuen Kreaturen sind. Ulli, geht´s wieder? Kannst du voraus gehen? “

„Ja, ich denke schon“, und er ging voraus. Aber je weiter sie vordrangen, desto dunkler wurde es in der Höhle.

König Borus blieb plötzlich stehen: „Wartet!“, gab er an: „Es ist zu dunkel. Ich kann mittlerweile kaum noch etwas sehen.. “

„Es kann nicht mehr weit sein“, antwortete Ulli: „Eigentlich müssten wir schon da sein.“ Er überlegte nicht lange und rief so laut er konnte: „Hallo! Muttertroll?“

Die anderen erschraken, zuckten zusammen und blieben stehen.

Thramis fasste sich am schnellsten wieder und schimpfte: „Ulli, was soll das?“

Doch Ulli beeindruckte das nicht, und er rief nochmal: „Hallo?“ Doch es kam keine Antwort.

„Lasst uns zurück gehen“, meinte Borus: „Wir brauchen Fa-ckeln. So wird das nichts. Außerdem warten die anderen auf uns. Wir wollten doch feiern. Und Hunger habe ich auch. “

Bartus stimmte zu: „Vielleicht noch ein letzter Versuch: Thra-mis, kannst du nochmal versuchen telepathisch Kontakt aufzu-nehmen? “

Thramis konzentrierte sich, doch es wollte wieder nicht funkti-onieren: „Es geht nicht“, sagte er wieder.

„Also zurück!“, erwiderte Bartus.

„Ja, ist wohl besser“, bestätigte Borus.

„Warum denn zurück? Ihr habt doch eure Auren.“, sagte Ulli. Thramis konzentrierte sich und seine Aura erleuchtete in strah-lendem Gelb, und sagte: „Ja stimmt. – Mensch Ulli! – Manch-mal kommt man nicht auf die einfachsten Dinge.“

Die Kugeln reagierten sofort auf die Helligkeit und zogen sich blitzartig mit einem schmatzenden Geräusch zurück. Sie ver-formten sich dabei wie Teigkugeln und begannen zu wabern, und aus dem Schmatzen wurde ein Summen. Dabei berührten sie sich untereinander, und schoben weitere Kugeln weg. Wie in einer Kettenreaktion ging der Impuls durch die Menge. Das Schmatzen und Summen wurde lauter und wurde durch die Felswände zurückgeworfen und verstärkt. Es wurde lauter und aus dem Summen wurde ein Grollen und bald ein Donnern.

„Haltet euch die Ohren zu“, rief Borus entsetzt. Instinktiv stell-ten sie sich Rücken an Rücken.

Im gegenüberliegenden Höhlenausgang erschienen grunzend ausgewachsene Trolle mit Fackeln und Keulen. Als sie die Höhle betraten reagierten die Kugeln wieder, rollten aus dem Weg und machten eine Gasse frei. Die Trolle kamen auf sie zu, und nach kurzer Zeit umstellten sie die vier Eindringlinge.

Stunde 2

3.Cerbia - Vermisst

Im Koven…

Im Koven war die Tafel gedeckt. Alle setzten sich wieder auf fast dieselben Plätze wie am Abend zuvor. Links saßen Boranja, Brook, Cerbia, Cyra, Ella und Thox und gegenüber auf der rechten Seite Bara, Gorrit, Gonner, Wassta, Thorex und Thuy. Am unteren Ende der Tafel nahmen wieder Brohm und Brata Platz.

Die Könige Bartus und Borus hatten ihre Stühle am Kopfende, doch diese waren leer. Auch die Stühle von Thramis und Ulli blieben unbesetzt, denn sie waren ja noch beim Muttertroll.

Der Hofzwerg hatte mit Gerrander, dem Chef der Küchen-zwerge seine Probleme, denn sie hatten nicht mehr genug Spei-sen im Vorrat. So fiel das Essen eher karg aus.

Boranja erhob als Königin der Zwerge und Hausherrin ihre Stimme und sagte: „Es tut mir leid für die geringe Auswahl der Speisen, doch wie ihr wisst, waren wir für ein Fest nicht vorbe-reitet. Doch wir haben ja den hohen Magier von Schloss Can-therstein Thuy Bragga unter uns.“ Sie richtete ihre Worte wie-der an ihn und fragte: „Thuy, würdest du wieder?“

Thuy stand auf und verbeugte sich leicht mit einem Lächeln in Richtung Boranja: „Aber gerne“, antwortete er und zauberte wieder wie gestern ein Festmahl. Er breitete seine Arme aus und ließ seine Magie wirken.

Die Speisen auf dem Tisch fingen an zu vibrieren. Das Omelett ploppte auf und wurde zu einem gebratenen Huhn. Die Wurst ploppte ebenfalls und wurde zu einem am Spieß gegrillten Spanferkel. Und so ging es weiter. Aus dem altbackenen Brot wurde frisches, krosses und duftendes Brot. Die Schüsseln füll-ten sich mit Fisch, Fleisch, Wurst, Käse, Reis, Kartoffeln und allerlei Leckereien. In der Mitte entstand aus dem Nichts eine Terrine mit heißer Suppe und vor jedem Gast standen plötzlich kleine Schüsselchen mit Süßspeisen. Ebenso erschienen Krüge mit rotem und weißem Wein und auch Limonade und Bier fehl-ten nicht.

Wieder ging ein Raunen durch den Koven, denn solch ein Wun-der sieht man selten. Boranja applaudierte Thuy und bedankte sich im Namen von König Bartus und sagte: „Greift zu, wir sollten nicht warten bis Bartus und die anderen zurück sind.“ Noch beseelt von den Erlebnissen der vergangenen Tage er-zählte man sich die Geschichten. Gorrit erzählte von der Er-scheinung an der Eiche, als Cyra im Regen lag, von dem Wi-derstand in Wallrupp, von den Heilungen in Gronin und dem Angriff von Darryn. Wassta ergänzte wie sie Cyra zuerst für eine Hexe hielten und auch vom verunglückten Brook und der Rettungsmission. Thox berichtete über die Entdeckung der Te-lepathie und seiner Rettung aus der Trollhöhle als Thramis sich zum ersten Mal mit Flavis verband. Die Stimmung stieg und der Wein tat sein Übriges dazu.

Cerbia konnte das alles gar nicht glauben. Aus ihrer Sicht war das ganz anders. Sie hatte gehört, dass ihre Mutter Boranja im Sterben lag und sie wollte sie nochmal besuchen, bevor es zu spät war. Sie lebte eigentlich in der Hafenstadt Krana im Nor-den und war von dort am Morgen losgeritten. Ihre Ziege war nicht die schnellste, aber es reichte ihr aus.

Die Anreise begann bei sonnigem Morgenlicht und sie genoss die Wärme. Da war sie doch etwas anders als ihr Bruder Brook.

Gegen Mittag wurde es zunehmend dunkler und plötzlich war es Nacht. Doch kurz darauf wurde es wieder hell und sie be-merkte den Vollmond am Himmel. Sie wunderte sich noch, und fragte sich, ob es schon Abend sei. Doch da sah sie schon die jubelnden Menschen vor dem Eingang zum Berg Thunn.

„Dann war ich wohl im Schwarzen Loch“, bemerkte sie zu ihrer Halbschwester Cyra: „Aber ich kann mich an rein gar nichts erinnern. Das letzte, was ich weiß ist, dass es dunkler wurde. “

Cyra lächelte sie an: „Ja. Wir können froh sein, dass wir alle noch, oder wieder am Leben sind.“ Dabei nickte sie rüber in Richtung Wassta.

„Und das hat alles dieser kleine Junge gemacht?“, fragte Cerbia nach.

„Ja, er ist der Lichtbringer. Das hatte keiner geahnt. Wir dach-ten, dass Thramis der Lichtbringer sei. Doch es kam anders.“

Cerbia stutzte: „Aber wie kann das sein? Ulli ist doch ein Sohn der Waldmenschen. Er hat doch keine Aura“:

„Oh, das weißt du noch gar nicht. Er wurde gemeinsam von un-seren Vätern geadelt. Borus und Bartus schlugen ihn zum Ritter der Menschen und Zwerge und kurz darauf erschien seine Aura.“

„Welche Farbe?“, fragte Cerbia nach.

„Alle!“, antwortete Cyra: „Er hat eine Regenbogenaura.“

„Regenbogenaura?“, wiederholte Cerbia fragend.

„Ja, er wurde damit zu Corryx und konnte uns alle retten.“

„Bei Hammer und Axt!“, staunte Cerbia nachdenkend: „Er ist unglaublich!. “

„Ja, das ist er“, bestätigte Cyra: „In Gronin konnte er mich bei den Heilungen unterstützen. Er hatte meine Aura verstärkt, ohne zu wissen was er da tat. Ohne ihn wäre Mutter gestorben, noch bevor der Flammenmond am Himmel stand.“

„Bei Hammer und Axt!“, murmelte Cerbia wieder: „Wie sah denn der Flammenmond aus?“

„Das kann ich gar nicht so richtig beschreiben. Es war seltsam. Es war zuerst ein roter Vollmond. Ich glaube, die alten sagen Rubinmond dazu. Er stand gleichzeitig mit der Sonne am Him-mel. Dann wanderte der Mond über die Sonne und dann er-schienen die Flammen. Alles wurde rot und man hörte keine Vögel mehr.“

„Und dann?“, fragte Cerbia ungeduldig weiter.

„Dann wurde Ulli riesig und er und die Avatare machten irgend-was. Danach wurde es dunkel und gleich wieder hell und du standest neben mir.“

„Bei Hammer und Axt!“, kam es Cerbia wieder über die Lip-pen.

„Und wo sind die jetzt?“, dabei zeigte Cerbia auf die leeren Stühle.

„Ja, die sind schon ziemlich lange weg“, wunderte sich Cyra nun auch: „Sie wollten zum Muttertroll und ihr von dem Erfolg berichten. “

Cyra wurde es plötzlich heiß und kalt zugleich und sie stand auf und rief in die Runde: „Ruhe bitte!“ Doch die aufgeheizte Stim-mung ließ die anderen sie nicht beachten.

Ihre Schwester Cerbia pfiff daraufhin laut durch ihre Finger und rief ebenfalls: „Bei Hammer und Axt! - Ruhe! - Hört doch mal zu! “ und drehte sich zu Cyra.

Cyra fragte in die Runde: „Cerbia hat mich eben gefragt wo die anderen sind. Sie sind jetzt schon zwei Stunden da drin und ich frage mich auch, was da so lange dauert.“

„Ja, das kommt mir auch komisch vor“, sagte Gorrit der Dorf-älteste aus Wallrupp. Alle anderen schauten mehr oder weniger ratlos drein.

Thorex schubste seinem Bruder Thuy in die Seite und mur-melte: „Meinst du da ist etwas passiert?“

„Ich weiß nicht. Mir dauert das aber auch zu lange“, erwiderte Thuy.

Boranja wurde nun auch unruhig, schaute Bara, ihrer Erzrivalin, in die Augen und fragte: „Wir sollten sie suchen. Was meinst du?“

Bara antwortete kalt und etwas schnippisch: „Du bist die Köni-gin der Zwerge. Es ist dein Heim. Du hast hier das Sagen.“

Seit der Schlacht im Fery-Wald 1388 war das Verhältnis zwi-schen ihr und Boranja mehr als angespannt. Boranja nahm ihr den Mann Bartus, den Vater ihrer Söhne Thox und Thramis. Das war ihre Sichtweise, auch wenn es die anderen anders sa-hen. Und daran gab es nichts zu rütteln.

Thorex mischte sich ein: „Bevor wir etwas falsches unterneh-men, sollten wir versuchen sie telepathisch zu erreichen.“

„Ich bin der Thronfolger, und wenn Vater nicht da ist, habe ich das Sagen! Und ich sage wir suchen sie!“, blaffte Brook Thorex an.

Thorex zuckte zurück: „Brook, wir dürfen keinen Fehler ma-chen. Wir kennen die Trolle noch nicht genug. Thox kann das! Wir sollten das erst mal so versuchen. Außerdem ist das der schnellste Weg.“

Boranja fasste Brook an die Schulter: „Brook, er hat recht. Lass ihn machen. Er weiß, was er tut “, und sie rief über den Tisch: „Thox, würdest du das tun?“

Alle Augen wanderten nun zu Thox.

Doch der frisch verliebte Thox reagierte nicht. Er hatte nur Ella im Kopf. Er berührte unter dem Tisch mit seinem Knie ihren Schenkel und sie erwiderte diese Berührung.

„Thox!“, rief Thuy sein Lehrmeister: „Thox!“, rief er nochmal etwas lauter.

Thox hörte plötzlich seinen Namen und schaute auf: „Ja?“, fragte er irritiert.

„Hast du gehört was Königin Boranja gesagt hat?“

„Äh? Nein“, antwortete er.

„Wir müssen sie suchen!“

„Äh? - Was? - Wen?“

„Na die Könige, und deinen Bruder und Ulli!“ „Thramis?“, fragte Thox und schaute über die Tafel: „Wo ist er?“

Thorex wurde das zu viel und er polterte los: „Sag mal, bist du blind? Die sind doch schon zwei Stunden weg!“

„Zwei Stunden?“, fragte Thox verwundert: „Schon zwei Stun-den?“

„Hast du denn nicht zugehört?“

„Äh? Nein“, gab Thox verlegen zu.

„Ja!“, übernahm nun wieder Boranja das Wort, „und wir sollten sie suchen.“

Thuy ergänzte: „Aber bevor wir das tun, könntest du mit Thra-mis eine telepathische Verbindung aufbauen und fragen was los ist. “

Thox atmete tief durch, schüttelte sich etwas und meinte: „Das wird wieder nicht funktionieren, aber ich kanns versuchen.“

„Versuchen reicht nicht“, sagte Thuy: „Denke daran was ich dir beigebracht habe. Du musst dich entspannen und konzentrie-ren. “

Thox besann sich auf die Anleitung im Buch Telepathius, dass er von Thorex bekommen hatte:

Entspanne deinen Körper und deinen Geist, visualisiere den Empfänger, als würde er direkt vor dir stehen, und dann konzentriere dich darauf, ihm mit Kraft deiner Ge-danken die Botschaft zukommen zu lassen.

1. Blende deine körperlichen Sinne aus 2. Entspanne deine Muskeln 3. Beruhige deinen Geist

4. Visualisiere die Person, die deine Nachricht empfan-

gen soll

5. Stelle dir vor, wie es sich anfühlt mit der Person zu

reden

6. Übermittle deine Botschaft

Thox schloss seine Augen und sendete in seinen Gedanken: „Thramis, wo bist du?“

Es kam keine Antwort. Er versuchte es noch mal: „Thramis? Wo bist du? Kannst du mich hören? “ Alle warteten gespannt auf die Antwort. Thox öffnete seine Au-gen und schüttelte seinen Kopf: „Nichts!“

„Versuche es nochmal“, sagte Ella.

Thorex zeigte auf die Bank an der Wand: „Lege dich hier hin und entspanne deinen Geist.“

Thox ging rüber und legte sich auf den Rücken.

„Warte!“, rief Ella und folgte ihm. Sie setzte sich auf die Bank und Thox legte seinen Kopf auf ihren Schoß. Ella massierte leicht seine Schläfen und Thox schloss wieder seine Augen.

Er sagte dann: „Bitte jetzt absolute Ruhe.“ Alle waren still und schauten gespannt zu.

Thox versank in eine leichte Trance: „Thramis? Melde dich!.“ Thox öffnete nach einer gefühlten Ewigkeit wieder seine Au-gen: „Nichts!“

„Hast du Serum Visum dabei?“, fragte Thuy seinen Bruder.

Thorex, der eigentlich der Alchimist auf Schloss Cantherstein war, kramte in seiner Umhängetasche: „Ja, hier, 5 Tropfen soll-ten genügen.

Der bittere Geschmack ließ Thox erschaudern, aber es öffnete seinen Geist. Er konzentrierte sich wieder und es erschien vor seinen geschlossenen Augen die große Höhle hinter den alten Minen. Dort war es ziemlich dunkel und er konnte kaum etwas erkennen. Er sendete wieder die Gedankenbotschaft: „Thramis? Hörst du mich? Wo bist du?“

Nichts!

Er konzentrierte sich stärker und verfiel wieder in einen trance-artigen Zustand: „Thramis? Melde dich!“ Thox wurde unruhig und sein Körper begann leicht zu beben. Ella stützte ihn so gut sie konnte und küsste ihn auf die Stirn: „Mein Frosch“, sagte sie leise, „komm jetzt.“

„Ich sehe etwas“, sagte er plötzlich. In seinem Geist explodierte der Raum und es wurde hell um ihn: „Ein roter Kristall! Ich sehe einen riesigen roten Kristall mitten in der Höhle.“

„Wo sind die anderen?“, wollte Thorex wissen.

„Ich sehe sie nicht. Die Höhle ist leer. Nur der Kristall.“

„Und der Muttertroll?“

„Weg! Da ist nichts.“

In Gedanken rief er wieder nach Thramis. Doch er konnte ihn wieder nicht erreichen. Gonner fragte nach seinem Sohn Ulli, aber auch ihn konnte Thox nicht spüren.

„Versuche es nochmal mein Schatz“, drängte Ella.

Aber es war zwecklos. Thox konnte nichts weiter tun als sich aus der Trance zurückzuziehen. Er setzte sich resigniert auf und stammelte: „Und jetzt?“

Thorex meinte nur trocken: „Ovare!.“

„Was meinst du?“, fragte Thuy nach.

„Wir müssen eine Aurelia machen.“

„Warte noch“, meinte Thuy: „Ich versuche es erst Mal mit Ma-gie.“

Thuy stellte sich aufrecht in den Raum und streckte seinen rech-ten Arm aus und begann sich auf der Stelle zu drehen. Dabei leuchtete seine blaue Aura auf.

„Was macht der da?“, fragte Wassta zu Gonner.

„Weiß ich nicht. Zaubern?“ Thorex erklärte den anderen den Suchzauber, den Thuy gerade praktizierte: „Seine Aura wird stärker, je näher er der Richtung kommt, wo die zu suchende Person ist.“

Thuy drehte sich hin und her, doch seine Aura blieb wie sie war.

„Das gibt´s doch nicht!“, sagte er nach kurzer Zeit: „Sie können doch nicht vom Erdboden verschluckt worden sein.“

„Mhm?“, mischte sich nun Brook ein: „Holt doch endlich die Ovarien und macht die Aurelia. Wir sollten keine Zeit mehr ver-lieren. Wer weiß was denen zugestoßen ist.“

Thox schaute Thuy an: „Vielleicht sind sie in der Spiegelwelt?“ Jetzt machte sich auch Angst bei den anderen breit.

Brata und Brohm verstanden nicht was da vor sich ging. Die Fellhändler waren nur hier, weil sie die Belohnung für ihre Hilfe bekommen sollten: „Wir wären doch besser heim nach Flowa gefahren“, raunte Brata ihrem Mann zu.

„Ach was“, antwortete Brohm: „Du bist immer nur am jam-mern. Du wirst die Nacht noch überstehen. Sei froh, dass wir noch leben und es bis hier hin geschafft haben. Morgen reiten wir zurück.“

„Aber wir haben doch die Belohnung noch nicht, und der König ist verschwunden.“

„Der wird schon noch zurückkommen. Die regen sich umsonst auf. Wirst schon sehen. Jetzt essen wir erst mal fertig. So gutes Essen kriegen wir nicht so schnell wieder. “

„Soll das heißen, dass ich nicht kochen kann, oder schmeckt dir mein Essen nicht mehr?“, frotzelte Brata mit einem Schmun-zeln.

„Du wieder!“, grinste Brohm, nahm seinen Becher und prostete Brata zu: „Könnte besser sein“, zwinkerte er ihr zu.

„Du frecher Kerl, so alt und immer noch so vorwitzig wie ein Kind“, und sie schubste ihn leicht mit ihrem Ellenbogen in die Seite: „Ich bin satt. Wollen wir nicht lieber in den Alkoven ge-hen? Morgen müssen wir für die Heimreise ausgeruht sein.“

„Ja du hast recht. Morgen wird König Bartus auch wieder da sein, da bin ich sicher.“

Brata stand auf: „Dann lass uns gehen.“

Thuy und Thorex gingen mit Cyra in ihren Alkoven zur Kom-mode: „Excedere Podesta“, murmelte Thuy und der blaue Schutzzauber löste sich auf: „Ich hoffe, das klappt“, sagte er zu den anderen als er das Ovar Rubis heraus nahm. Er schloss die Schublade wieder und versiegelte sie. Dann gingen sie zurück in den Koven zu den anderen.

Thorex öffnete dann die Aurelia indem er sprach: „Votum Au-relia - zeige mir König Borus.“ Vor ihren Augen vereinigte sich die rote Aura von Thorex mit der des Ovar Rubis und bil-dete ein ringförmiges, von roten Flämmchen umzüngeltes Por-tal.

Cerbia hatte so etwas noch nie gesehen und flüsterte zu Cyra: „Bei Hammer und Axt - Was macht er da?“

Cyra gab ihr mit der Hand ein Zeichen still zu sein und zuzu-schauen.

In der Aurelia wurde es dunkel doch so langsam konnte man Borus, Bartus, Thramis und Ulli erkennen.

„Sind die von Trollen umstellt?“, fragte Thuy.

„Scheint so“, antwortete Thorex.

„Aber wieso? Der Muttertroll war doch sehr umgänglich“, meinte Thox.

„Ich sag´s ja immer wieder!“, brauste Brook auf: „Die sind nicht friedlich. Merkt ihr es endlich?“, und er drehte sich zu Gonner: „Sag doch auch mal was. Du warst mit mir in der Troll-höhle gefangen. Und Thox, du hast doch auch schlechte Erfah-rungen gemacht.“

Gonner war überrascht, denn er hielt sich eigentlich lieber zu-rück. Er war ja nur ein Dorfbewohner des Örtchens Wallrupp im Fery-Wald. Gut, er war der Vater von Ulli, der die Welt ge-rettet hatte. Das war´s aber auch schon.

„Ähm, naja, die Trolle die uns gefangen hatten, waren doch Ab-trünnige. Die hatten doch keinen Kontakt zum Muttertroll, oder?“, meinte Gonner.