Sport und Männlichkeit. Die Konstruktion von Männlichkeit im Fußball - Bianca Monetta - E-Book

Sport und Männlichkeit. Die Konstruktion von Männlichkeit im Fußball E-Book

Bianca Monetta

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Beschreibung

Fußball ist mehr als nur ein Spiel. Millionen Menschen fiebern mit, wenn der Ball rollt. Er verbindet Nationen auf der ganzen Welt und ist auf der anderen Seite eines der wichtigsten Sprachrohre von regionalen Rivalitäten. Er lässt Fanherzen höher schlagen, bringt Menschen zum Jubeln und treibt anderen im selben Moment Tränen in die Augen. In seinem Ursprung und in seiner populären Grundeinstellung ist Fußball ein Männersport. Denn trotz aller Freude und geschlechterübergreifender Begeisterung ist mit dem Fußball unvermeidlich ein Männlichkeitsbegriff verknüpft. Der Ball, der Platz, der Kicker: Fußball und die Fußballfankultur sind wichtige Orte gesellschaftlich wirksamer Konstruktionen von Männlichkeiten. Doch wie findet die Konstruktion von Männlichkeit im Fußball statt und wieso kann sich gerade auch in der modernen Auslegung des Fußballspiels das traditionelle hegemoniale Männlichkeitsbild immer noch halten? - Hegemoniale Männlichkeit; - Soziale Geschlechtskonstruktion; - Männlichkeit im Stadion; - Homosexualität; - Krise der Männlichkeit

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Nennung des Themas

2. Theoretische Konzepte zur Konstruktion von Männlichkeit

2.1 Das Konzept der hegemonialen Männlichkeit

2.2 Ernste Spiele des Wettbewerbs

2.3 Die Negation zum Weiblichen

2.4 Prekarisierte Männlichkeit

2.5 Soziale Konstruktion von Geschlecht im Sport

3. Fußball als männliche Weltsicht

3.1 Die Geschichte des Fußballs als eine männliche Sportart

3.2 Fußball – ein ernste(n)s Spiel(e) des Wettbewerbs um Männlichkeit

3.3 Der Erhalt der traditionellen Strukturen

3.3.1 durch Ausschluss des Weiblichen

3.3.2 durch Ausschluss von marginalisierten Männlichkeiten

3.4 Männlichkeit im Stadion und in der Kabine

3.4.1 Die maskuline Sprache des Fußballs

3.4.2 Männlichkeit der Fankultur

3.4.3 Frauen im Stadion

3.4.4 Männlichkeit in der Kabine

3.5 Homosexualität im deutschen Profifußball

3.5.1 Die Konstruktion des Begriffs Homosexualität

3.5.2 Der schwule Fußballer Marcus Urban

3.5.3 Thomas Hitzlsperger: Outing eines Fußball-Profis

3.5.4 Homophobie im Fußball

3.6 Fußball und die Krise der Männlichkeit

3.6.1 Wandel der Stadien- und Zuschauerkultur

3.6.2 Der Einfluss der Homosexuellen im Fußball

3.6.3 Der Einfluss der Frauen

4. Fazit der Ergebnisse im Rahmen der Wissenschaftlichen Hausarbeit

Literaturverzeichnis

Beiträge aus Büchern:

Beiträge aus Herausgeberwerken:

Beiträge aus Zeitschriften:

Statistiken & Umfragen aus der Literatur:

Zeitungsartikel von Online-Datenbanken und Zeitungswebseiten:

Beiträge aus dem World Wide Web:

Statistiken aus dem World Wide Web:

1. Einleitung und Nennung des Themas

„Das Fußballspiel ist rituelle Jagd, stilisierter Kampf und symbolisches Geschehen.“ (Morris, 2016)

„Fußball ist einfaches Spiel mit einfachen Regeln. Und sein Sinn liegt ausschließlich in ihm selbst. Was zählt, ist das Team. Und das besteht keinesfalls nur aus elf Spielern, sondern aus uns allen - ein Paradies für Emotionen, weil wir alle natürlich Sieger sein wollen“. (Morris, 2016)

Millionen Menschen fiebern mit, wenn der Ball rollt. Er verbindet Nationen auf der ganzen Welt, vereint die Menschen eines Landes unter einer Flagge und ist auf der anderen Seite eines der wichtigsten Sprachrohre von regionalen Rivalitäten. Er lässt Fanherzen höher schlagen, bringt Menschen zum Jubeln und treibt anderen im selben Moment Tränen in die Augen: Kein Sport ist in Deutschland so beliebt wie der Fußball. Gerade erst zeigte die WM 2014 in Brasilien, welche Stimmungskraft und Euphorie ein Sport unter den Menschen auslösen kann. Neue Zuschauerrekorde an den TV-Bildschirmen, Tausende feierten friedlich auf den bundesweiten Public Viewing Events den Gewinn des Weltmeistertitels der Nationalmannschaft.

Der Fußball ist in seinem Ursprung und in seiner populären Grundeinstellung vor allem ein Männersport. Denn bei aller Freude und meist einem aktuellen Anlass geschuldeter, geschlechterübergreifender Begeisterung, ist mit dem Fußball unvermeidlich ein Männlichkeitsbegriff verknüpft. Der Ball, der Platz, der Kicker. Männer dominieren den aktuellen Leistungssport im Fußball, hauptsächlich männliche Fans unterstützen diesen Sport als leidenschaftliche Fans von der Seitenlinie und trotz aller gesamtdeutschen Euphorie wird dieser Sport unvermeidlich mit einem männlichen Stereotypen verbunden. In seiner langen Geschichte durchlebte der Fußball die unterschiedlichsten Imagephasen, was aber blieb, war die stetige, zwangsläufige männliche Kodierung, zumindest in jenen Ländern, in denen er zur Riege der nationalen Kernsportarten zählt. So lässt sich diese These ungehindert auch für Deutschland festhalten: In seinem grundsätzlichen Verständnis ist Fußball ein Sport von Männern und für Männer.

So gilt Fußball auch als Inbegriff des Männlichen und zeichnet sich durch seine soziale Aufladung aus. Er ist ein Ort des Wettbewerbs zwischen Männern und eignet sich deshalb besonders für die Konstruktion von Männlichkeiten. So können hegemoniale Männlichkeiten durch den Fußball also auf traditionelle Männlichkeitsvorstellungen zurückgreifen und sich dadurch „männlich machen“ (Sülzle, 2005b).

Fußball und die Fußballfankultur sind wichtige Orte gesellschaftlich wirksamer Konstruktionen von Männlichkeiten. Fußball ist Männersport und Fußballfans sind normalerweise männlich. Mit Fußballfans wird Grölen und Saufen, Kameradschaft und Gewalt assoziiert. Zumindest für manche Fans ist das Fußballstadion der letzte Ort, an dem sie echte Männlichkeit leben können. Kurz: Fußball ist eine Männerwelt.

Doch wie findet die Konstruktion von Männlichkeit im Fußball statt und wieso kann sich an diesem Ort das traditionelle hegemoniale Männlichkeitsbild vor der Modernisierung der Geschlechterverhältnisse schützen?

2. Theoretische Konzepte zur Konstruktion von Männlichkeit

„Wann ist ein Mann ein Mann?“, diese Frage stellt Herbert Grönemeyer (1984) in seinem Lied „Mann“ und beantwortet die Frage mit „ … Männer geben Geborgenheit … Männer stehn‘ ständig unter Strom, Männer baggern wie blöde, Männer lügen am Telefon, Männer sind allzeit bereit, Männer bestechen durch ihr Geld und ihre Lässigkeit … außen hart und innen ganz weich, werden als Kind schon auf Mann geeicht … “ (Grönemeyer, 1984).

Männlichkeit ist keine naturgegebene Tatsache, sondern das Produkt einer kontinuierlichen Konstruktionsleistung. Männer müssen genauso wie Frauen tagtäglich Geschlecht in Interaktionsprozessen (re)produzieren und darstellen, so schreibt Simone de Beauvoirs „man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es“ (Beauvoir, 2000, S. 334).

Candace West und Don H. Zimmerman (1987) entwickelten das Konzept des „doing gender“, einen Ansatz, welcher den permanent ablaufenden Prozess der Geschlechtsherstellung zu erklären versucht. Dieser aktionsorientierter Analyseansatz begreift Geschlecht als das Produkt von performativen Tätigkeiten. West und Zimmerman nehmen an, dass man im Alltag permanent das sozial erlernte und erwartete Geschlecht herstellt, was letztendlich in einer Stabilisierung der bestehenden Geschlechterverhältnisse resultiert. Demnach ist Geschlecht nicht als feste Eigenschaft zu verstehen, sondern vielmehr als das Ergebnis von sozialen Prozessen, in denen Geschlecht als folgenreiche Unterscheidung hergestellt und verfestigt wird (Gildemeister, 2004, S. 137). Das Geschlecht wird als soziale Konstruktion begriffen, denn ein „Geschlecht hat man nicht einfach, man muss es „tun“, um es zu haben“ (Behnke & Meuser, 1999, S. 41).

Die dreistufige Neufassung der „sex-gender“ Differenzierung bildet einen zentralen Baustein des „doing gender“-Ansatzes. Dabei unterscheiden West und Zimmerman bei ihrem Konzept zwischen den Begriffen „sex“, „sex-category“ und „gender“. Der Begriff „sex“ bezeichnet die Geburtsklassifikation des Geschlechtes auf der Grundlage von gesellschaftlich vereinbarten biologischen Kriterien, „sex-category“ die Zuordnung zu einem Geschlecht auf Basis der gesellschaftlich zu erwartenden Darstellung einer identifizierbaren Zugehörigkeit, die jedoch nicht zwangsläufig mit der Geburtsklassifikation identisch sein muss. Mit dem Begriff „gender“ beschreiben West und Zimmerman schließlich die intersubjektive Validierung von Geschlecht. Dazu müssen sich bestimmte Handlungen und Verhaltensweisen an normativen Vorgaben orientieren, um in Interaktionsprozessen angemessen interpretiert zu werden (Gildemeister, 2004, S. 138).

Paula-Irene Villa (2006) teilt den Prozess des „doing gender“ in verschiedene Kategorien auf um an ihnen zu klären, wie der Vorgang in der Praxis abläuft. Im Anschluss an Hirschauer (1989) beschreibt sie die Geschlechtskonstruktion als ein Zusammenspiel von Geschlechtsdarstellung und -attribution.

Die Geschlechtsdarstellung geschieht, indem jedes Individuum dafür sorgen muss, dass es als Mann oder Frau erkannt wird, indem man sich hinsichtlich bestimmter Eigenschaften, wie Kleidung, Stimme, Gestik, Mimik sowie einem „angemessenen“ Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht an normativen Vorgaben orientiert.

Bestimmte Eigenschaften und Wertungen, welche einem Geschlecht zugeschrieben werden, beschreibt die Geschlechtsattribution. Erst durch die Geschlechtsattribution kommt es in der sozialen Interaktion dazu, dass man von anderen Individuen als Mann oder Frau betrachtet wird. Anhand des Zusammenspieles von Geschlechtsdarstellung und Geschlechtsattribution lässt sich schließlich die Geschlechtszugehörigkeit zweifelsfrei festlegen (Villa, 2006, S. 91f). Durch die alltägliche kontinuierliche (Re-)Produktion von geschlechtlich konnotierten Praktiken erfolgt die Herstellung von Geschlecht, da es durch die permanente Ausübung von bestimmten Handlungen, Sprechweisen oder auch der Kleidungswahl zur unmittelbaren Einverleibung der sozial konstruierten Geschlechtsnormen kommt. „Doing gender“ ist demnach sowohl „das Ergebnis, wie auch die Rechtfertigung verschiedener sozialer Arrangements, sowie ein Mittel, eine der grundlegenden Trennungen der Gesellschaft zu legitimieren“ (Gildemeister, 2004, S. 132). Damit meint Gildemeister, dass es erst durch die alltägliche (Re)Produktion der binären Geschlechterteilung dazu kommt, dass die Differenz jener Geschlechter als „natürlich“ und „angeboren“ erscheint.

Ein Individuum wird erst zum Mann oder Frau, wenn es im Diskurs dazu gemacht wird, dies ist eine zentrale Rolle bei der (Re)Produktion der binären Geschlechtereinteilung. Villa versteht darunter „Systeme des Denkens und Sprechens, die das, was wir von der Welt wahrnehmen, konstituieren, indem sie die Art und Weise der Wahrnehmung prägen“ (Villa 2012, S. 20). Für Villa sind performative Sprechakte ein elementarer Bestandteil der sozialen Praxis. Für sie sind performative Äußerungen somit „Formen der Rede, die das, was sie besagen, dadurch, dass etwas gesagt wird, produzieren“ (Villa, 2012, S. 26). Dies bedeutet, dass performative Äußerungen das ausführen, was gesagt wird, indem es gesagt wird. Es muss jedoch an dieser Stelle erwähnt werden, dass performative Äußerungen stets von der sozialen Position des Sprechers abhängig sind. Schließlich steht nicht jedem Individuum dasselbe Maß an Macht und Autorität zu.

Michael Meuser schließt an das Konzept des „doing gender“ an, indem er mit dem Begriff des „doing masculinity“ all jene Praktiken umschreibt, die für die Konstruktion und Darstellung von Männlichkeit verantwortlich sind. Eine elementare Form der Männlichkeitskonstruktion erfolgt dabei durch die bewusste Negation zur Weiblichkeit. Den Bezugspunkt für das „doing masculinity“ sieht Meuser in homosozialen Cliquen verankert, indem sich Männer untereinander beweisen müssen. Dies geschieht insbesondere durch körperliche Auseinandersetzungen, Mutproben, Wortgefechte oder sonstige Duellsituationen. Meuser beschreibt den Nutzen und die Auswirkungen von derartigen Praktiken wie folgt:

"Die jungen Männer sind einerseits ständig gefordert, ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen - insofern ist ihre Männlichkeit fragil -, sie wissen aber andererseits und werden darin durch die Gruppe bestärkt, was sie tun müssen, um sich als Mann zu beweisen - insofern gibt es eine habituelle Sicherheit. Es sind die ernsten Spiele des Wettbewerbs, in denen Männlichkeit sich formt, und die homosoziale Gemeinschaft sorgt dafür, dass die Spielregeln in das inkorporierte Geschlechtswissen der männlichen Akteure eingehen" (Meuser, 2008a, S. 38).

Die Adoleszenz betrachtet Meuser somit als essentiell wichtige Phase für die Stabilisierung und Inkorporierung von „männlichen“ Wert- und Normvorstellungen. Neben dem Wettbewerb zeigt sich der Prozess des „doing masculinity“ häufig auch in Form von Gewaltakten, dem fahrlässigen Umgang mit der eigenen Gesundheit oder einer generellen Abneigung gegenüber Gefühlen und Emotionen. All jene Praktiken sind es, die im Zusammenspiel dafür sorgen, dass ein Mann als „männlich“ wahrgenommen wird und trägt zur hegemonialen Männlichkeit bei.

2.1 Das Konzept der hegemonialen Männlichkeit

Die industriekapitalistisch getragene männliche Herrschaft wird laut Connell (1999, 1998), durch Macht, Sexualität und Arbeit im modernen Geschlechterverhältnis strukturiert und reproduziert. Er begreift Männlichkeit als „historisch bewegliche Relation“ (1999, S. 102), sowohl zwischen Männern und Frauen, als auch in der Gruppe unter Männern, die an aktuelle sozialstrukturelle Verhältnisse rückgebunden ist.

Das Konzept der hegemonialen Männlichkeit als gesellschaftliche und kollektive Konstruktion von Männlichkeit, stellt Connell (1999, S. 97) wie folgt dar: „Hegemoniale Männlichkeit ist … jene Form von Männlichkeit, die in einer gegebenen Struktur des Geschlechterverhältnisses die bestimmende Position einnimmt, eine Position allerdings, die jederzeit infrage gestellt werden kann.“. Dieses Konzept inkorporiert einerseits die männliche Dominanz und weibliche Unterordnung, geht aber andererseits davon aus, dass es zudem untereinander konkurrierende Männlichkeiten gibt, die einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen.

Männlichkeit ist demnach die Dominanz und Unterordnung gegenüber Frauen und marginalisierten Männern und ein wichtiges Ausdrucksmittel der hegemonialen Männlichkeit. Connell schreibt dazu: „Am wichtigsten in der heutigen westlichen Gesellschaft ist die Dominanz heterosexueller Männer und die Unterordnung homosexueller Männer“ (Connell, 2000, S. 99). Michael Meuser beschreibt dieses von Connell entworfene theoretische Konstrukt im Zusammenhang von Dominanz und Unterordnung im Geschlechterverhältnis als „doppelte Dominanz- und Distinktionsstruktur“ (Meuser, 2000, S. 7). Also sowohl heterosozial, d.h. Männer gegenüber Frauen als auch homosozial d.h. unter Männern:

„Geschlecht ist eine relationale Kategorie, nicht nur in dem Sinne, dass Männlichkeit allein in Relation zur Weiblichkeit bestimmt werden kann und vice versa, sondern zudem in der Hinsicht, dass der gesellschaftliche Status eines Individuums auch in den Beziehungen zu den Mitgliedern der eigenen Genus-Gruppe bestimmt wird“ (Meuser, 2000, S. 7).