Standhaft leiten - Jonathan K. Dodson - E-Book

Standhaft leiten E-Book

Jonathan K. Dodson

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Beschreibung

Menschen zu leiten ist schwer. Seelsorge in Zeiten der Spaltung ist noch schwieriger. Wie können wir trotz Kritik gut führen? Wie können wir die Gemeinde weiterhin lieben, wenn wir von ihr verletzt werden? Wie sieht es aus, wenn man in kultureller Spaltung dem Evangelium verpflichtet bleibt? Der erfahrene Pastor Jonathan Dodson begleitet Gemeindeleiter und Älteste in ihren schwierigen Diensten, um sie in den Trost Christi zu führen. Aber er bleibt nicht dabei stehen. Dieses Buch ist voller Weisheit aus dem 2. Timotheusbrief und wird Sie dazu befähigen, die Gemeinde in Zeiten der Spaltung mit Gnade, Nächstenliebe und geistlicher Kraft zu führen. Ideal für Pastoren, Älteste und Gemeindeleiter, die Ermutigung und Einsicht brauchen oder mit ihrer Berufung ringen. Vielleicht interessiert Sie auch:

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Seitenzahl: 192

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Jonathan K. Dodson

STANDHAFT LEITEN

Mit Gnade und geistlicher Kraftdurch schwierige Zeiten führen

Jonathan K. Dodson

Standhaft leiten

Mit Gnade und geistlicher Kraft durch schwierige Zeiten führen

Best.-Nr. 275506 (E-Book)

ISBN 978-3-98963-506-7 (E-Book)

Titel des englischen Originals:

The Unwavering Pastor

© Jonathan K. Dodson 2022

Published by:

The Good Book Company

thegoodbook.com

Es wurde folgende Bibelübersetzung verwendet:

Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Witten/Holzgerlingen.

1. Auflage (E-Book)

© 2025 Christliche Verlagsgesellschaft mbH

Am Güterbahnhof 26 | 35683 Dillenburg

[email protected]

Übersetzung: Svenja Tröps

Satz und Umschlaggestaltung: Christliche Verlagsgesellschaft mbH

Wenn Sie Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler entdeckt haben, können Sie uns gern kontaktieren: [email protected]

Inhalt

Vorwort von Dane Ortlund

Einführung

1. Zeiten voller Spaltungspotenzial

2. Fragen an den christlichen Glauben

3. Erlösender Schmerz

4. Spaltung durch Worte

5. Das Zeitalter des Individualismus

6. Predige das Wort

7. Bleib fest im Glauben

8. Gnade für alle

Danksagung

Meinen Mitältesten und FreundenPeter, Matt und John

„Ein biblisch fundiertes, und sehr ansprechend geschriebenes Buch, das aufzeigt, wie es ist, Gemeindeleiter, aber auch Mensch zu sein. Dodsons Ehrlichkeit und Verletzlichkeit zeigen, dass es einen Schlüssel zum Leiten in spalterischen Zeiten gibt, nämlich: zu lernen, zu leiden, zu trauern und auf Christus zu schauen. Jeder Leiter, der dieses Buch liest, wird Prinzipien und Lektionen lernen, um durch spalterische Zeiten zu führen, aber mehr noch, er wird sich von der Art von Mensch und Leiter prägen lassen, zu der Christus uns in diesen schwierigen Tagen beruft. Ich empfehle dieses Buch von Herzen.“

Brian Croft, Executive Director, Practical Shepherding; Senior Fellow, Church Revitalization Center, Southern Baptist Theological Seminary

„Wenn Sie straucheln, wenn Sie sich überfordert fühlen, wenn Sie keine Kraft mehr haben, lesen Sie dieses Buch! Standhaft leiten wird Ihnen auf die Beine helfen und Ihnen zeigen, dass wir einen unerschütterlichen Vater haben, der sich für Sie einsetzt.“

Steve Robinson, Senior Pastor, Cornerstone Church, Liverpool (UK); Geschäftsführer von The Cornerstone Collective

„Als erschöpfter Pastor, der ständig mit anderen Menschen spricht, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, weiß ich es zu schätzen, dass dieses Buch zur richtigen Zeit kommt. Was auch immer Sie gerade für eine Herausforderung erleben, durch die Sie andere hindurchführen müssen – dieses Buch wird Ihnen sicher hilfreiche Anweisungen und lebensspendende Ermutigungen liefern.“

Tony Merida, Pastor Imago Dei Church, Raleigh, North Carolina; Autor des Buches Love Your Church

„Hier finden Sie eine Oase für angespannte Pastoren und erschöpfte Leitungsmitarbeiter. Dieses Buch liest sich wie ein Gespräch mit einem guten Freund, der Sie auf den unvermeidlichen Schmerz vorbereiten und Sie vor unnötigem Schmerz bewahren möchte. Jonathan schreibt aus Erfahrung und vermittelt praktische Weisheit, die auf biblischen Erkenntnissen beruht. Ein zeitgemäßes Buch für unsere schwierigen Zeiten!“

Adam Ramsey, Lead Pastor, Liberti Church, Goldküste, Australien; Network Director von Acts 29 in der Region Asien-Pazifik; Autor des Buches Vom Kopf ins Herz und umgekehrt

„Eine Pflichtlektüre für alle, die die Ortsgemeinde lieben, ihr dienen und sie leiten. Gott hat die Gemeinde schon früher durch Pandemien und Spaltungen geführt und dabei durch zerbrochene Männer und Frauen wie uns gearbeitet. Standhaft leiten ist eine Erinnerung an Gottes Treue, die uns zur Hoffnung führt.“

Jay Y. Kim, leitender Pastor, WestGate Church in Silicon Valley (USA), Autor des Buches Analog Church

„Dieses Buch kommt zur rechten Zeit, denn wir leben in einer der kulturell herausforderndsten Zeiten für den Leitungsdienst, wie es sie seit Generationen nicht mehr gegeben hat. Dieses Buch ist zeitlos, weil es auf dem inspirierten Rat des Paulus an Timotheus basiert, wie er in der Heiligen Schrift aufgezeichnet ist. Jonathan Dodson gibt uns Hilfe und Hoffnung, indem er uns wie der Apostel Paulus daran erinnert: ‚Das Ziel der Weisung aber ist Liebe aus reinem Herzen‘ (1. Timotheus 1,5).“

Dave Bruskas, US-amerikanischer Direktor von Acts 29

Vorwort von Dane Ortlund

Ich brauchte dieses Buch. Wenn du ebenfalls im Dienst für Gott stehst, aber im Laufe der Zeit müde geworden bist, brauchst du es auch. Wie sehr ich es brauchte, wurde mir erst klar, als ich es las.

Jonathan Dodson hat sich durch seine Bücher und seinen Dienst in der City Life Church in Austin, Texas, bereits als weiser und zuverlässiger Ratgeber für die Gemeindelandschaft von heute erwiesen.

Man muss uns nicht sagen, in welch bizarren und verwirrenden Zeiten wir leben. Das wissen wir. Wir brauchen konkrete Ratschläge, wie wir als Pastoren, Älteste und Leiter unserer Gemeinden diese Zeiten bestehen und meistern können. Und genau das versucht Jonathan Dodson in seinem Buch Standhaft leiten.

Welche Hilfsangebote brauche ich oder wünsche ich mir schon seit Langem?

Erstens jemanden, der mit Gott lebt und uns die Bedeutung dieser Gemeinschaft in Erinnerung ruft. Oder, um es mit den Worten von Francis Schaeffer auszudrücken: jemanden, der für die Gesundheit der Seele die alles bestimmende Bedeutung der „Realität mit Gott“ kennt – eine echte, ununterbrochene Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott. Bücher für christliche Führungskräfte enthalten manchmal viele präzise und wertvolle Ratschläge, vergessen aber das entscheidende Fundament der Gemeinschaft mit Gott. Ich wurde beim Lesen immer wieder an die befreiende Wahrheit erinnert, dass alle Hürden des Dienstes überwindbar sind, wenn ich sie zusammen mit Gott bewältige. Jonathan weist uns immer wieder darauf hin, dass die geistliche Gesundheit der Hirten einer Gemeinde die Grundvoraussetzung ist.

Zweitens wünsche ich mir jemanden, der biblisch lebt. Aber unter „biblisch“ verstehe ich nicht, dass jemand die Heilige Schrift in einen Topf mit konkurrierenden Einflüssen wirft – seien es kulturelle Erkenntnisse, gesunder Menschenverstand, persönliche Erfahrungen, historische Lehren oder Barna-Umfragen1. Sondern ich meine damit jemanden, für den die Bibel die alles bestimmende Schatztruhe der Wahrheit und der Weisheit ist, und der sich von ihr zeigen lässt, wie man in diesen Zeiten andere Menschen fruchtbringend führen kann. Jonathan erfüllt dieses Kriterium.

Drittens jemanden, der ehrlich ist. Im gesamten Buch reflektiert Jonathan seine eigenen Erfahrungen im Dienst mit einer erfrischenden Transparenz, mit der ich mich sofort identifizieren konnte. Diese Offenherzigkeit schafft Vertrauen beim Lesen und ist hilfreich.

Viertens jemanden, der erprobt ist. Auf diesen Seiten wird deutlich, dass Jonathan geprüft und für treu befunden worden ist. Er ist schon „durch viele Gefahren, Mühen und Fallen“2 gegangen. Und wir können von seinen Erfahrungen lernen.

Fünftens und letztens jemanden, der gut mit Worten umgehen kann. Auch das trifft auf Jonathan zu.

Die größte Versuchung, der jeder Pastor ausgesetzt ist, besteht nicht darin, das Amt niederzulegen, obwohl ich weiß, dass viele diesen Schritt in Erwägung ziehen (und in diesem Fall wird Jesus sie nicht weniger lieben). Die größte Versuchung ist viel subtiler. Sie besteht darin, weiterhin einen Gehaltsscheck zu bekommen oder weiter in der Gemeinde zu dienen, aber innerlich aufgegeben zu haben. Sie besteht darin, nach außen hin alle Aktivitäten weiterlaufen zu lassen, während wir innerlich den Dienst an den Nagel gehängt haben, weil unser Herz erkaltet ist und wir unsere Ideen und Visionen begraben haben. Das ist die Weggabelung, vor die uns die Kritik und die Widerstände stellen, über die Jonathan so ergreifend schreibt und mit denen gerade Pastoren und Älteste mehr denn je konfrontiert sind.

Jonathan versteht diese größte aller Versuchungen. Er hat mir sogar geholfen, sie noch besser zu verstehen. Und Standhaft leiten hilft uns allen in diesen stürmischen Zeiten, einen geheuchelten Dienst – äußerlich lächelnd, aber innerlich längst resigniert – abzulehnen, weil dieses Buch von einem Mann geschrieben wurde, der in Gemeinschaft mit Gott lebt und bibeltreu, ehrlich, bewährt und wortgewandt ist.

Ich übe den Dienst des Pastors erst seit ein paar Jahren aus. Deshalb brauchte ich dieses Buch mehr als die meisten anderen. Und schon in meiner kurzen Amtszeit war ich versucht zu verzagen, mich zurückzuziehen – wenn nicht beruflich, so doch zumindest emotional – und mich dem Zynismus zu ergeben. Gott hat mich bisher bewahrt, und dieses Buch ist ein Werkzeug, das mir helfen wird, weiterzumachen und die Aufgabe des Hirten fröhlich wahrzunehmen – auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als solle man fröhlich über ein Minenfeld tanzen. Wenn du dieses Buch mit offenem Herzen, in aller Ruhe und nachdenkend liest, wirst du, wie ich, am Ende dieser Lektüre gefestigt, neu gestärkt und mit weisen Ratschlägen ausgestattet sein, damit wir alle weitermachen können.

Danke, dass du uns mit diesem Wort zur rechten Zeit gesegnet hast, Jonathan.

Pastor Dane Ortlund

Im Januar 2022

1Anm. d. Übers.: Ein evangelikales Meinungsforschungsinstitut in den Vereinigten Staaten.

2Anm. d. Übers.: Vgl. dritte Strophe der dt. Übersetzung des bekannten Liedes „Amazing Grace“ – „O Gnade Gottes wunderbar“.

Einführung

Vielleicht hast du dieses Buch in die Hand genommen, weil du wissen willst, wie du angesichts komplexer kultureller Fragen und Probleme ein guter Leiter sein kannst. Dann wirst du hier auf jeden Fall ein paar Antworten finden. Vielleicht erhoffst du dir, ein offenes Ohr bei einem anderen Pastor3 zu finden, der dich versteht. Auch das kann ich dir versprechen. Vielleicht möchtest du auch einfach nur wissen, wie man einen festen Halt finden kann, während die Welt um uns herum aus den Fugen zu geraten scheint. Wenn ich dir das nicht zeigen kann, habe ich versagt.

Was du hier nicht finden wirst, ist Ein unerschütterlicher Hirte. Ich lasse mich ziemlich häufig erschüttern: Manchmal befinde ich mich in tiefen Tälern der Verzweiflung, ein anderes Mal auf dem Gipfel geistlicher Freude. Manchmal empfinde ich mich als gewohnheitsmäßigen Sünder oder als Heiligen voller Glauben; als einen das Handtuch hinwerfenden Gemeindeleiter, als sanftmütigen Hirten, als sprachlosen Pastor, als Zuversicht ausstrahlende Führungsperson. Christus hat an mir festgehalten, als meine Gefühle mich woanders hingebracht hätten. Er hat mich bewahrt, als meine Sünden mich leicht hätten hinwegfegen können.

Inwiefern können wir als Pastoren und Verantwortliche dann standhaft leiten? Wir können es so machen wie Paulus, der sagte: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe, und bin überzeugt, dass er mächtig ist, mein anvertrautes Gut bis auf jenen Tag zu bewahren“ (2Tim 1,12). Woran knüpfte Paulus sein unerschütterliches Vertrauen? An seinen Glauben? An seine Geistlichkeit? An die Existenz Gottes? Nein, er setzte sein Vertrauen nicht auf das, was er glaubte, sondern auf den, an den er glaubte. Er kannte den Gott, dem er vertraute.

Je besser wir den Charakter eines Menschen kennen, desto besser können wir einschätzen, ob er vertrauenswürdig ist. Und da Paulus wusste, dass Gott absolut vertrauenswürdig ist, hatte er ein enormes Vertrauen in Gottes Bereitschaft, die gute Nachricht zu verbreiten. Christus ist gestorben, Christus ist auferstanden, und Christus wird wiederkommen, um alles neu zu machen: auch – oder gerade – sündige Menschen. Paulus hatte einen unerschütterlichen Glauben an einen Gott, der Menschen vergibt, die sich allzu leicht erschüttern lassen. Seine Zuversicht gewann er vom Objekt seines Vertrauens – nämlich von dem Gott des Evangeliums.

Daher werden sein Wissen, sein Glaube und seine Überzeugung als Verben im griechischen Perfekt ausgedrückt, was bedeutet, dass das Wissen, der Glaube und die Zuversicht von Paulus in der Vergangenheit anfingen und bis zur Gegenwart anhalten. Warum? Weil er einem Gott begegnet war, den er nicht mehr vergessen konnte. Er wurde durch ein Evangelium erlöst, das keine „Un-erlösung“ kennt. Er kannte einen Messias, der für immer mit ihm und für ihn ist. Die Gnade hatte ihre Spuren hinterlassen.

Das Vertrauen eines standhaften Leiters entsteht nicht durch seine theologischen Kenntnisse, seine Erfahrung in der Seelsorge oder seine Treue in den geistlichen Disziplinen. Unsere Zuversicht rührt daher, dass Gott standhaft an seinem eigenen Evangelium festhält, damit wir Gottes Gnade in Christus für Sünder bewahren, schützen und fördern können, und zwar durch den Heiligen Geist. Der dreieinige Gott setzt sich unerschütterlich dafür ein, und deshalb können wir auf seine zuverlässige Gegenwart, seine unnachlässige Vergebung, seine unaufhaltsame Gnade und seine unübertroffene Erlösungskraft zählen. Wenn du das glaubst, kannst auch du ein standhafter Leiter sein.

Wie können wir dann seine Gemeinde in Gnade führen? Ich habe zwei Fäden genommen und versucht, sie in diesem Buch miteinander zu verweben. Der erste ist ein ewiger Faden – die inspirierte Weisheit des Paulus in seinem zweiten Brief an Timotheus. Im ersten und vierten Kapitel berichtet er in bemerkenswerter Offenheit von den Schwierigkeiten, mit denen er in seinem Dienst zu kämpfen hatte. Man begegnet dem geistlich reifen Paulus; er ist gebrochen, aber voller Hoffnung; schwach, aber gestärkt durch Christus höchstpersönlich. Im zweiten und dritten Kapitel liest man viele eindringliche Empfehlungen, wie man eine Gemeinde leitet, die eine Spaltung durchlebt. Man begegnet einem weisen Apostel, der einem jungen, noch wachsendem Leiter Ratschläge erteilt. Es ist ein sehr persönlicher, theologisch solider und praktischer Brief.

Der zweite rote Faden besteht aus meinen unvollkommenen, aber authentischen Überlegungen aus Sicht eines Hirten darüber, wie man die Gemeinde – in Gnade – durch eine Zeit voller Uneinigkeit führen kann. Es ist praktisch unmöglich, eine Gemeindespaltung zu überstehen, ohne zu sündigen, und Christus steht die ganze Zeit an unserer Seite, um uns davor zu bewahren. Beängstigend ist, dass man solch ein Zerwürfnis durchaus überstehen kann, aber mit einem verhärteten und verschlossenen Herzen zurückbleibt. Wenn wir jedoch in diesen Zeiten Gottes Gnade durch uns strömen lassen, werden wir sanftmütiger und aufgeschlossener gegenüber anderen Sündern. Wir befinden uns in Gottes Nähe, und folglich lieben wir sein Volk besser und inniger. Ein solcher Prozess ist zwar nicht einfach, aber er ist es allemal wert.

Dieses Buch ist gewissermaßen ein langes Gebet. Ein flammender Pfeil, der in die Dunkelheit der Anfechtung geschossen wird, in der Hoffnung, dass jeder Leiter, der es liest, und jeder Pastor, Ältester oder Leiter, der sich auf das Gelesene einlässt, das Gefühl hat, wahrgenommen und verstanden zu werden, und zwar nicht nur von mir, sondern von unserem Vater im Himmel und dem barmherzigen Heiland, der zu seiner Rechten sitzt. Ich hoffe, dass du Gottes Nähe spürst, und selbst wenn nicht, dass du daran glaubst – und an einen Gott, der immer für dich und nicht gegen dich ist, besonders wenn die Umstände düster erscheinen.

3Anm. d. dt. Hg.: Dieses Buch ist von einem erfahrenen Pastor für andere Pastoren geschrieben worden. Die in diesem Buch beschriebenen Prinzipien lassen sich jedoch auch auf andere Leiter und Verantwortliche in Gemeinden, christlichen Werken oder Diensten anwenden, wie zum Beispiel Älteste, Diakone, Gruppenleiter, Mitarbeiter etc.

Zeiten voller Spaltungspotenzial

Covid ist in vollem Gange. Die Krankenhäuser sind überlastet. Der Inzidenzwert ist in die Höhe geschnellt, und die Maßnahmen werden immer strenger – man darf das Haus nur noch für das Nötigste verlassen. Minneapolis steht in Flammen, und auf den Straßen regiert die Ungerechtigkeit.

Ich setze mich an meinen Schreibtisch, der in der Ecke unseres Schlafzimmers von dem frisch gemachten Bett eingekeilt wird, und starre die Wand an. Muss ich mich zu einem weiteren Zoom-Meeting einloggen? Ich wechsle von Meetings mit Leuten, die mich für zu leichtsinnig halten, zu welchen mit denen, die mich für zu restriktiv halten. Die Aspekte meines Versagens scheinen sich so häufig zu ändern wie eine Twitter-Timeline.

Ich fühle mich überwältigt von allem. Ich klappe meinen Laptop auf, und eine Mitteilung ploppt auf – eine weitere heftige Kritik. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Person geht. Ich versuche, mir selbst einzureden, dass die meisten Menschen dankbar für unsere Gemeinde sind, aber die Stimmen der Kritiker werden lauter und lauter.

Uneinigkeit unter Glaubensgeschwistern erschwert die sowieso schon nicht einfache Führungsverantwortung. Sie bedroht die Integrität der Sache, der du dein Leben gewidmet hast. Sie ist keine Schraube, die angezogen werden muss, oder ein Reifen, der darauf wartet, aufgepumpt zu werden. Sie ist ein wütendes Feuer, das, wenn es nicht gelöscht wird, das ganze Haus niederbrennt.

Zwar gibt es im Leben immer wieder lockere Schrauben und undichte Stellen, aber Menschen, die Spaltungen auslösen, konzentrieren sich oft so sehr auf Äußerlichkeiten, dass sie ihre eigenen Unzulänglichkeiten aus den Augen verlieren. Sie ignorieren den Telefonmast, der aus ihrem eigenen Auge herausragt, während sie sich wie besessen mit dem Staubkorn im Auge anderer beschäftigen. Wenn sich die Telefonmastträger zusammenrotten und angreifen, führen ihre Balken bei den Gemeindeverantwortlichen zu schweren Schäden. Eingekeilt zwischen den Menschen, die sich auf den gegenüberliegenden Seiten der Kontroverse verschanzt haben, nehmen die Führungspersonen mitten im Zentrum der gärenden Unruhen Schaden.

Wie können wir in Zeiten voller Spaltungspotenzial unserer Leitungsverantwortung nachkommen?

Menschen, die uns erquicken

Der Apostel Paulus war mit Spaltungen nur allzu vertraut. In seinem zweiten Brief an Timotheus werden auf jeder Seite Zwietracht säende Menschen erwähnt. Als er den Brief schrieb, saß er einem unterirdischen Verließ, mit einem einzigen Licht- und Luftloch über dem Kopf, rechtskräftig als Verräter gegen den römischen Staat verurteilt, und wartete auf seine Hinrichtung. Statt vor Gericht auszusagen und Paulus zu unterstützen, hatte Demas ihn offenbar aus Liebe zu dieser Welt im Stich gelassen. Viele in Asien wandten sich von ihm ab, darunter Phygelus und Hermogenes. Der Stachel von Alexanders Verrat tat noch weh (vgl. 2Tim 1,15; 4,10.14). Wo suchte Paulus in dieser Zeit, in der Menschen ihm den Rücken zugewandt hatten, nach Hilfe? Die Antwort mag überraschen.

Paulus richtet sich mit folgenden Worten an seinen jungen Freund: „Timotheus, meinem geliebten Kind … voller Verlangen, dich zu sehen … um mit Freude erfüllt zu werden“ (1,2.4). In erdrückender Isolation, verraten und vergessen von seinen geistlichen Mitarbeitern, sucht Paulus Hilfe in der Gemeinde. Sein Brief soll Timotheus ermutigen und leiten, bietet aber auch einen ehrlichen, persönlichen Einblick in das Innere des Paulus, der sich danach sehnt, Timotheus’ vertrautes Gesicht und seine fröhliche Gegenwart zu genießen.

In dieser Woche hielt ich eine weitere Predigt vor einer kalten, dunklen Kamera. Kein einziges Gesicht sah mich an. Am Sonntag loggte sich unsere Familie nach dem aufgezeichneten Gottesdienst aus, um Mittag zu essen. Obwohl wir das Wort gehört und Lieder für den Herrn gesungen hatten, blieb ein Gefühl der Entmutigung zurück. Ich hörte ein Hupen, ging hinaus auf den Balkon und blickte hinunter. Unten parkte ein grauer Minivan. Ein lächelndes Gesicht tauchte auf. Peter, mein Freund und Mitältester, rief mir zu: „Hey, wir wollten dich kurz besuchen und ermutigen.“ Seine Familie kletterte aus dem Wagen. Für mich war es ein emotionaler Augenblick, und mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich rief meine Familie auf den Balkon hinaus, um mit unseren Freunden unten zu sprechen.

Wenn uns die soziale Isolation etwas gelehrt hat, dann wohl die Tatsache, dass wir füreinander geschaffen sind. Als Paulus isoliert war, sehnte er sich danach, Timotheus zu sehen. In seinem kurzen zweiten Brief an Timotheus erwähnte Paulus 36-mal Menschen namentlich: die gleiche Anzahl von Namen wie im Römerbrief, der fünfmal so lang ist. Sein Alter und sein Leiden setzten Paulus eine Brille auf, die ihm eine klare Sicht davon vermittelte, wie wichtig Menschen sind: Timotheus, Lois, Eunike, Pudens, Linus, Claudia und so weiter. Männer und Frauen, Verantwortliche und Gemeindeglieder. Namen, Gesichter, Geschichten, Leben. Menschen. Einige bereiteten ihm Kummer, andere viel Freude, aber sie alle waren wichtig.

Der Apostel Paulus hatte „Verlangen“, bzw. er sehnte sich nach Menschen. Mit diesem Wort drückte er nicht nur seinen Wunsch aus, Timotheus zu sehen, sondern auch die Sehnsucht nach der Gemeinde in Rom (2Tim 1,11), nach den Thessalonichern (1Thes 3,6) und den Philippern: „Denn Gott ist mein Zeuge, wie ich mich nach euch allen sehne mit der herzlichen Liebe Christi Jesu“ (Phil 1,8). Paulus schenkte vielen Menschen seine Zuneigung, aber Sehnsucht ist etwas Tieferes. Das griechische Wort epipotheo drückt nicht nur einen Wunsch aus, sondern eine starke Sehnsucht, ein regelrechtes Verlangen.4 Paulus hatte nicht nur all die Gemeinden gegründet, er brauchte sie. Er wurde nicht nur von jeder Gemeinde unterstützt; zur Gemeinde war eine tiefe, liebevolle Verbundenheit entstanden. Er kam den Menschen nahe genug, um Freude an ihnen zu haben: „Onesiphorus … hat mich oft erquickt“ (2Tim 1,16; Hervorhebung durch die Übersetzerin). Es ist interessant, wie Menschen der Bedeutung ihres Namens gerecht werden. Der Wortstamm von Onesiphorus bedeutet „einen Nutzen von ihm haben“. Er machte seinen Namen alle Ehre und war durch die Gnade Gottes nützlich für andere.

Man kann unter anderem Kraft für den Dienst schöpfen, wenn man ein oder zwei Leute wie Onesiphorus zur Seite hat. Peter ist für mich so ein Mensch. Wir sind ziemlich unterschiedlich. Er ist ein begabter Filmemacher, und ich bin Pastor, aber wir lieben beide gute Filme. Gute Freunde haben gute Dinge gemeinsam, aber beste Freunde haben die besten Dinge gemeinsam. Wenn sich zwei Menschen an derselben Wahrheit erfreuen, schweißt sie das irgendwie zusammen. Wir denken oft gemeinsam über Gottes Wort nach und staunen darüber, wer er ist und was er in unserem Leben tut. Aber Peter „erquickt“ mich, indem er mir erlaubt, ich selbst zu sein.

Wenn ich Zeit mit ihm verbringe, bin ich nicht Pastor Jonathan. Er weiß, dass das eine Rolle ist, die ich einnehme: eine wichtige, aber nicht die einzige. Er nimmt meine Person als Ganzes wahr und fragt mich nach meinen Interessen und meiner Familie. Mit ihm kann ich frei über meine Probleme sprechen und weiß, dass sie vertraulich behandelt werden. Und wenn wir zusammen ins Kino gehen, um einen Film zu sehen, muss ich nicht „funktionieren“. Wenn du keinen Peter hast, bitte Gott um einen. So ein Peter wird dich oft ermutigen und aufrichten.

Auch durch meine Gemeinde werde ich immer wieder aufgerichtet. Während der gemeinsamen Anbetungsstunde am Sonntagmorgen durchflutet mich ein Gefühl der gewaltigen Gegenwart Gottes und seiner unerschütterlichen Zuneigung. Der Geist wirkt in mir durch die Instrumente, die Stimmen, die liturgischen Handlungen und die Gebete der Glaubensgeschwister. Dadurch wird mein menschlicher Geist emporgehoben und meine Freude gesteigert. Bei diesen Gelegenheiten ertappe ich mich dabei, wie ich zum Herrn bete: „Genau deshalb mache ich das hier, Herr. Ich danke dir. Ich will mir deiner Gegenwart mehr bewusst sein.“

Aber an anderen Tagen habe ich überhaupt keine Lust, mich mit meinen Geschwistern in der Gemeinde zu treffen. Die Ausreden springen aus mir heraus wie Tennisbälle aus einer Ballwurfmaschine, jedoch werde ich öfters gerade in diesen Zeiten am meisten von meinen Geschwistern ermutigt. Als ich in einer bestimmten Woche besonders niedergeschlagen war, überlegte ich, ob ich unser Gruppentreffen in der Innenstadt absagen sollte, aber mir fiel kein triftiger Grund ein. Als alle eintrafen, kamen sie mühelos ins Gespräch. Während unserer Gesprächsrunde erklärte ein Ehepaar, das einen schweren Verlust erlitten hatte: „Wir sind so begeistert. Gott ist am Werk! Wir können es überall um uns herum sehen.“ Ich hatte mich so sehr von meinen eigenen Gefühlen entmutigen lassen, dass ich aus den Augen verloren hatte, was Gott um mich herum tat. Manchmal müssen wir uns von den Menschen in unserem Umfeld erquicken lassen, damit unsere Augen für Gottes Wirken geöffnet werden.