Star Trek - Typhon Pact 2: Feuer - Michael A. Martin - E-Book

Star Trek - Typhon Pact 2: Feuer E-Book

Michael A. Martin

4,6

Beschreibung

Die Gorn-Hegemonie ereilt eine ökologische Katastrophe, die die Brutwelt ihrer äußerst wichtigen Kriegerkaste zerstört. Glücklicherweise waren die Gorn bereits Spuren einer uralten, doch leistungsfähigen "Schnell-Terraforming"-Technologie nachgegangen, die von einer schon lange verschwundenen Zivilisation zurückgelassen wurde. Diese Technologie, sollte sie sich als kontrollierbar herausstellen, verspricht ihren heiklen biologischen und sozialen Status quo wiederherzustellen. Doch als ein Gorn-Soldat darauf hinarbeitet, mithilfe dieser Technologie den bewohnten Planeten Hranrar in neue Laichgründe für die Kriegerkaste umzugestalten, zieht er unbeabsichtigt die Aufmerksamkeit eines wahnsinnigen Gorn-Kämpfers auf sich, der entschlossen ist, der Militär-Kaste zur Vorherrschaft zu verhelfen. In der Zwischenzeit beginnt die U.S.S. Titan, nach dieser mächtigen Technologie zu suchen, in der Hoffnung mit ihr die Wunden zu heilen, die die Föderation während der jüngsten Borg-Krise erlitten hatte. Commander Tuvok ist der Einzige an Bord, der begreift, wie gefährlich eine solche Planeten verändernde Technologie sein kann, auch wenn sie mit den besten Absichten verwendet wird.

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STAR TREK™

TYPHON PACT

FEUER

MICHAEL A. MARTIN

Based uponStar Trek and Star Trek: The Next Generationcreated by Gene Roddenberry

Ins Deutsche übertragen vonSabine Elbers und Andrea Bottlinger

Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – TYPHON PACT: FEUER wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Sabine Elbers und Andrea Bottlinger; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Andrea Bottlinger, Sabine Elbers und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Martin Frei; Print-Ausgabe gedruckt von CPI Morvia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the Czech Republic.

Titel der Originalausgabe:STAR TREK – TYPHON PACT: SEIZE THE FIRE

German translation copyright © 2013 by Amigo Grafik GbR.

Original English language edition copyright © 2010 by CBS Studios Inc. All rights reserved.

™ & © 2013 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are marks of CBS Studios Inc. All rights reserved.

This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.

Print ISBN 978-3-86425-281-5 (Juli 2013) · E-Book ISBN 978-3-86425-316-4 (Juli 2013)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE · WWW.STARTREK.COM

Für Marco Palmieri,der mir damals die Schlüssel zur Titan überreichte,und für Margaret Clark,die mich für die aktuelle Missionzurück an Bord geholt hat.

HISTORISCHE ANMERKUNG

Die Erzählung beginnt Anfang des Jahres 2381 während der heftigen Angriffe der Borg, von denen in der DESTINY-Trilogie berichtet wird, und endet mehr als ein Jahr darauf im späten August des Jahres 2382 (überschneidet sich grob mit dem Zeitrahmen von STAR TREK – TYPHON PACT»Nullsummenspiel«).

Nur die hoffnungslosen Fälle sind es wert, für sie zu kämpfen.

– Clarence Darrow

In welch’ Himmeln ungeheuerBrannte deiner Augen Feuer?Wessen Flügel, wessen HandWagte sich an diesen Brand?

– William Blake, »Der Tiger«,Songs of Experience

PROLOG

BRUTSTÄTTE DER KRIEGERKASTE, KRIPPE P152,SAZSSGRERRN, GORN-HEGEMONIE

Der Erste Myrmidon Gog’resssh stand auf der Brücke, von der aus man die riesige Inkubationskammer überblicken konnte. Seine Klauen umfassten die Reling, und Gog’resssh erinnerte sich an das erste Mal, als sein Blick von dieser hohen stabilen Plattform aus über den Raum gewandert war. Der Anblick war nahezu überwältigend gewesen. Abgesehen von der Grenzenlosigkeit der sternklaren Nächte, die er während seiner achtundzwanzig Zyklen der Gorn-Sonne auf den drei Welten der Gorn erlebt hatte, war ihm niemals zuvor solch schiere Größe begegnet. Das riesige transparente Dach, das sich über ihm wölbte, hatte ihn dazu verleitet, seinen Kopf in alle Richtungen zu drehen. Anschließend hatte sein stämmiger Nacken geschmerzt.

Weit unterhalb des Kuppeldachs, das nur ausgewählte Lichtfrequenzen des weißgelben Sterns von Sazssgrerrn durchließ, standen Legionen von Eiern – lederne Hüllen, die die Nachkommen der Kriegerkaste der Gorn-Hegemonie enthielten. Reihe um Reihe eiförmiger Umrisse, jede in etwa so groß wie der Kopf eines ausgewachsenen Kriegers, ruhten in verschiedenen Wärmekammern. In den abgerundeten Wänden des Raums spiegelten sie sich bis zur Unendlichkeit. Gog’resssh genoss die feuchtschwüle Luft, die in der Kammer unter ihm die ordentlichen grün-weißen Reihen der Eier umgab und zur Brücke hinaufwaberte. Diese Reihen aus in Schalen gehüllten Jünglingen repräsentierten die Zukunft – eine Zukunft, die Gog’resssh um jeden Preis vor Schaden bewahren musste, bis zu dem Tag, an dem die Jünglinge lernten, sich selbst zu verteidigen.

Gog’resssh schwelgte in der erwartungsvollen Stille der Eier, die er mit seinem nun fast einen Sonnenzyklus währenden Wachdienst verband. Er empfand ihre schier endlose Anzahl als positives Omen – ein Ausblick auf die disziplinierten Gorn-Truppen, zu denen sie eines Tages werden würden. Ihr erster Einsatz würde, nur wenige Tageszyklen nachdem die Föten sich durch die schützende Membran gearbeitet hatten, beginnen. Sobald sie das Licht der Welt erblickten, erwartete sie strenges Training und ein Leben voller Kampf, ihr Geburtsrecht als Angehörige der elitären Kriegerkaste.

Doch heute, knapp zwei lokale Sonnenzyklen nach Antritt seines Krippenwachdienstes, betrachtete Gog’resssh die Anordnung unter sich mit anderen Augen als bei seinem ersten denkwürdigen Dienst hier auf Sazssgrerrn. Was er einst als beeindruckend empfunden hatte, erschien ihm mittlerweile schon fast alltäglich und rief in ihm eher ein Gefühl der Ungeduld und Langeweile hervor als Erstaunen und Erfüllung.

Natürlich achtete Gog’resssh darauf, solche Gedanken niemals laut auszusprechen, besonders nicht in der Nähe von Angehörigen der Technologie- und Kunstkasten, die zweifelsohne nicht zögern würden, ein paar unfreundliche Berichte an seine Vorgesetzten zu senden. Glücklicherweise war es heute in den angrenzenden Umweltkontrollstationen, Büros und Labors sehr still, als hätten die Angestellten beschlossen, den Vormittag freizunehmen.

Es war schon seltsam, doch gleichzeitig auch eine Erleichterung, das Nervenzentrum der Krippe an einem typischen Arbeitstag vollkommen leer vorzufinden. Obwohl er dazu verpflichtet war, auch die Verwaltungsangehörigen der Krippe zu beschützen, gingen Gog’resssh ihre relativ große Anzahl, die Nähe und ihre Omnipräsenz auf die Nerven.

Gog’resssh verkrampfte sich, als er plötzlich eine bekannte durchdringende Stimme hinter sich vernahm. »Wie ich sehe, sind Sie noch immer aufgewühlt, Erster Myrmidon Gog’resssh. Waren Ihre Vorgesetzten nicht in der Lage, Sie zu beruhigen?«

Der Krieger verfluchte sich leise dafür, dass er es nicht bemerkt hatte, wie der Eigentümer der Stimme so nahe an ihn herangetreten war. Er drehte sich schnell zu dem Sprecher um, einem älteren Angehörigen der Technologiekaste, und vermied es sorgsam, dessen Blick länger als einen kurzen Moment zu begegnen. Obwohl ihn der Wissenschaftler in typischer Gorn-Manier aus zwei goldenen Augen unter ausgeprägten Wülsten auf beiden Seiten des Kopfes ansah, fehlten ihnen die vielen Facetten, aus denen die auf Bewegungen spezialisierten Augen eines Kriegers bestanden. Stattdessen war in jedem Auge eine einzelne, auf schaurige Weise säugetierartige vertikale Pupille sichtbar.

Gog’resssh ließ seine Stimme so grollend und tonlos wie möglich klingen, als er sagte: »Warum denken Sie, dass ich aufgewühlt bin, Doktor Rreszsesrr?«

»Ihre gekrümmte Haltung lässt vermuten, dass Sie die Last mehrerer Welten auf Ihren Schultern tragen«, sagte der Ältere. Es klang, als beschreibe er einen indiskutablen Fakt, wie das Verhalten eines Objekts, das in ein Gravitationsfeld fällt.

Während er sich aufrichtete, warf Gog’resssh Rreszsesrr einen finsteren Blick zu, bevor er wieder zu den endlosen Reihen aus Eiern hinuntersah, die sich in alle Richtungen unterhalb der stählernen Fußbrücke erstreckten.

»Sie irren sich, Doktor. Ich stehe nicht anders da als sonst.«

»Dann hat Sie die Zeit, die Sie unter uns Wissenschaftlern verbracht haben, wohl mehr beeinflusst, als Sie glauben«, sagte Rreszsesrr. »Beispielsweise haben Sie augenscheinlich gelernt, sehr überzeugend zu lügen.«

Gog’resssh spürte, wie sich die Schuppen auf seinen Schädelwülsten zusammenzogen. Er musste sich zusammenreißen, damit sie sich nicht offen aggressiv aufrichteten. Seine Wut über die durchaus korrekte Beobachtung des Älteren machte dies nur noch schwieriger.

»Ich habe niemanden belogen, Doktor«, sagte der Krieger. »Ich habe keinen Eid gebrochen, und ich werde meine Pflicht gegenüber der Hegemonie erfüllen, so wie es meine Vorgesetzten befohlen haben.«

»Doch ich spüre, dass Sie dies nur unter Protest tun.«

»Worüber soll ich mich denn beschweren, Doktor? Die nächste Generation zu bewachen ist eine der ehrenvollsten Aufgaben. Und es ist eine Aufgabe, die nur von den Angehörigen der stärksten Kaste im Volk der Gorn ausgeführt werden kann.« Gog’resssh deutete mit seiner fünfgliedrigen klauenbewehrten Hand auf die unzähligen Eier unter ihnen. »So versicherte es mir das Oberkommando der Hegemonie.«

Rreszsesrr streckte seine komplex gestalteten Vordergliedmaßen aus, die kurzen Krallen an den dreifingrigen Händen bildeten einen auffälligen Kontrast zu Gog’ressshs längeren, deutlich sichtbaren und sehr viel tödlicher wirkenden Klauen. »Ihre Zweifel sind durchaus nachvollziehbar, Erster Myrmidon. Selbst für ein Mitglied der Technologiekaste.«

»Ich tue das Werk der Großen Ei-Bringerin S’Yahazah auf dieser Krippenwelt, Doktor. Ich hege keinerlei Zweifel an meinem Dienst an diesem Ort.«

Rreszsesrr bedachte ihn mit einem Blick, den der Krieger als leicht amüsiert interpretierte. »Ist das so? Während wir hier reden, kämpfen Ihre Kampfgefährten und vergießen ihr Blut weit außerhalb der Grenzen unserer Hegemonie. Ich weiß, dass sie in diesem Moment versuchen, eine Invasionsflotte abzuwehren, die mit erschreckender Leichtigkeit die Reihen von Freund und Feind gleichermaßen durchbrochen hat.«

»Die Maschinen-Säugetiere und ihre kubischen Schiffe.« Gog’resssh tat sein Bestes, die Verbitterung aus seiner Stimme herauszuhalten. Er konnte die essenzielle Wahrheit in den Worten des Älteren nicht länger verleugnen. Ich sollte auch da draußen in den großen blauen Sternenkrippen sein, Seite an Seite mit meinen Kampfgefährten und ihren neuen Verbündeten aus einer anderen Welt, dachte er, um diese unnatürlichen Kreaturen in die verfluchte Säugetier-Hölle zurückzuschicken, die sie hervorgebracht hat.

Rreszsesrr nickte zustimmend. »Ja. Die B’orrg. Der Feind, dem Sie und jeder andere Krieger, der auf dieser Welt stationiert ist, sich nur zu gern entgegenstellen würde. Das wäre doch weitaus besser, oder nicht? Jedenfalls besser als hier Wache zu stehen, auf einer Welt, die die meisten für einen bloßen hinterwäldlerischen Brutplaneten halten.«

Lassen Sie’s gut sein, Doktor, dachte Gog’resssh und verbarg mühsam seine Emotionen. Er wollte die Theorie des Wissenschaftlers um keinen Preis bestätigen. Einen Moment lang dachte er daran, eine Erklärung für das Wissen des Älteren über vertrauliche Militärangelegenheiten der Gorn zu verlangen, doch er hielt sich zurück. Rreszsesrr war ein hoch angesehenes Mitglied der Technologiekaste, daher war es nicht weiter verwunderlich, dass er über Geheiminformationen Bescheid wusste.

»Wie ich bereits sagte, werde ich meine Pflicht gegenüber der Hegemonie ohne jegliche Einschränkung erfüllen«, sagte Gog’resssh schließlich.

»Daran habe ich keinerlei Zweifel«, bestätigte Rreszsesrr, obwohl seine gespaltene Zunge bei diesen Worten zweimal zwischen seinen Lippen hervorschnellte, was seine offensichtliche Skepsis unterstrich. Für jemanden, der Zugang zu so vielen sensiblen technologischen Geheimnissen hatte, fiel es dem alten Wissenschaftler schwer, unausgesprochene Wahrheiten unter Verschluss zu halten. Gog’resssh fand ihn leicht zu durchschauen, sogar für einen Angehörigen der Technologiekaste.

»Doch es ist kein Zeichen mangelnder Disziplin, wenn man Fragen stellt, Gog’resssh. Wenn sich doch nur mehr Ihrer Kameraden dazu durchringen könnten, hin und wieder ein paar harmlose Fragen zu stellen, dann wäre der Rest Ihrer Garnison vermutlich weniger unruhig und wütend.«

Gog’resssh versuchte, freundlich zu wirken. »Worüber reden Sie eigentlich, Doktor?«

»Ich bin der Meinung, zu vielen der Krippenwächter ist gar nicht klar, von welch großer Bedeutung eben dieser Brutplanet für den Fortbestand der gesamten Gorn-Hegemonie ist.«

»Selbstverständlich ist diese Welt von Bedeutung. Alle Brutplaneten sind von Bedeutung.« Logischerweise fand Gog’resssh es fragwürdig, ob der Schutz dieses einen Brutplaneten über der dringenden Notwendigkeit stand, jeden verfügbaren Gorn-Krieger gegen die marodierenden Maschinen-Säugetiere ins Feld zu schicken. »Ob es nun von essenzieller Bedeutung ist oder nicht: Wenn mir das Oberkommando der Hegemonie befiehlt, einen Ort wie diesen hier zu bewachen, werde ich diesem Befehl Folge leisten.« Egal, wie viele Welten der Gorn deshalb dem Angriff der Maschinen-Säugetiere zum Opfer fallen.

»Auch an dieser Aussage hege ich keinerlei Zweifel, Erster Myrmidon. Die Angehörigen der Kriegerkaste sind für ihr herausragendes Pflichtgefühl bekannt, und die Politikkaste bemüht sich in besonderem Maße, sich diesen Umstand zunutze zu machen. Ich frage mich nur, ob Ihre Vorgesetzten Ihnen jemals erklärt haben, aus welchem Grund eben diese Welt von solch großer Bedeutung für uns als Spezies ist.«

Gog’resssh bleckte einen großen Teil seiner rasiermesserscharfen Zähne. »Das Oberkommando der Gorn-Hegemonie ist nicht dazu verpflichtet, seine Befehle den Untergebenen gegenüber zu erklären oder zu begründen.«

Der Ältere schnaubte verächtlich, vermutlich wollte er damit seine Ungeduld gegenüber der Sichtweise des Militärs zum Ausdruck bringen. Gog’resssh bemühte sich sichtlich, diese Geste nicht als Beleidigung aufzufassen. Er machte sich klar, dass der Wissenschaftler das Produkt einer nichtmilitärischen Kaste war, was per Definition für seinen Mangel an Disziplin verantwortlich gemacht werden musste.

»So ist es«, sagte Rreszsesrr. »Doch Erklärungen sind mein Spezialgebiet, und dies gilt auch für den Großteil meiner Brutkrippengeschwister. Und eine Erklärung ist hier in jedem Fall angebracht, ganz egal, was Ihre Vorgesetzten Ihnen mitgeteilt haben – oder wohl eher nicht mitgeteilt haben.«

Gog’ressshs Nasenflügel bebten, und er entblößte weitere spitze Zähne. »Sie wagen es tatsächlich, die Entscheidungen der ranghöchsten Angehörigen der Kriegerkaste infrage zu stellen?«

»Ich bin keinem Angehörigen der Kriegerkaste Gehorsam schuldig, mein junger Freund.« Rreszsesrr ließ sich von Gog’ressshs zunehmender Verärgerung augenscheinlich nicht beeindrucken. »Und meiner Meinung nach müssen Sie verstehen, warum diese Welt von solch enormer Bedeutung ist – insbesondere für Ihre Kaste, wenn auch nur indirekt für meine. Verstehen Sie doch, dieser Ort benötigt den Schutz der Kriegerkaste mehr als jeder andere Brutplanet der Gorn. Ohne diesen Planeten wäre die gesamte Hegemonie in kürzester Zeit wehrlos.«

Mehr und mehr Aufregung schwang in den Worten des Älteren mit. »Worüber reden Sie eigentlich?« Gog’resssh sprach nun mit mehr Nachdruck.

»Alle Kasten bis auf Ihre haben ihre jeweiligen Brutstätten auf mehrere Welten im gesamten Gebiet der Hegemonie verteilt«, erklärte Rreszsesrr. »Doch die Eier, die die Angehörigen Ihrer Kaste nähren und beschützen, gedeihen nur hier auf Sazssgrerrn. Nirgendwo sonst.«

Diese Information traf Gog’resssh vollkommen unerwartet. »Warum sollte das Oberkommando solch eine große Abhängigkeit tolerieren?«

»Leider ist es nicht so, als hätten Ihre Vorgesetzten eine Wahl gehabt, Erster Myrmidon. Die Umweltbedingungen für den Fortbestand Ihrer Kaste sind recht einzigartig und weitaus schwieriger zu gewährleisten als bei jeder anderen Kaste. Welten, die über die einzigartigen Brutbedingungen für die Kriegerkaste verfügen, sind schon immer selten gewesen. Selbst die Welt, auf der unsere Spezies der Legende nach ihren Anfang nahm, erfüllt nicht länger die erforderlichen klimatischen Voraussetzungen, um der Kriegerkaste als Brutplanet zu dienen.«

Obwohl Gog’resssh die Geschichte des älteren Wissenschaftlers kaum glauben konnte, breitete sich in seinem Innern ein Gefühl des Unbehagens aus. Was, wenn das Gerede dieses wirren Alten stimmte?

»Warum sollte das Oberkommando solch eine offensichtliche Schwäche vor den Soldaten der Kriegerkaste geheim halten?«

»Wer weiß das schon, Erster Myrmidon? Vielleicht dachten sie sich, dass eine Schwäche, von der kein Krieger weiß, eine Schwäche ist, die nicht versehentlich dem Feind enthüllt werden kann.«

Gog’resssh war der Meinung, dass dies in gewisser Weise Sinn ergab. Doch er konnte sich keinesfalls vorstellen, dass ein Gorn-Krieger, der diese Bezeichnung verdiente, jemals einem Feind ein militärisches Geheimnis verraten würde, sei es nun versehentlich oder unter Folter.

Und Rreszsesrrs Ausführung ließen eine weitere entscheidende Frage offen.

»Warum erzählen Sie mir das?«, fragte Gog’resssh, und die Schuppen auf seinen Schädelwülsten stellten sich wie in Erwartung eines bevorstehenden Kampfes auf.

Es frustrierte ihn, dass Rreszsesrr noch immer unbeeindruckt wirkte. »Weil ich trotz der Entscheidungen Ihrer Vorgesetzten denke, dass Sie … es wissen sollten.«

»In Ordnung«, meinte der Krieger. »Aber warum muss ich es ausgerechnet jetzt erfahren? Warum haben Sie mir diese Geschichte – falls es tatsächlich mehr sein sollte als eine einfache Geschichte – nicht schon vor zwei lokalen Sonnenumläufen erzählt, als mein Dienst hier begann?«

Obwohl der Wissenschaftler den Eindruck erwecken wollte, gern Informationen preiszugeben, war sich Gog’resssh sicher, dass Rreszsesrr etwas zurückhielt, etwas Entscheidendes. Auf seine eigene Art versorgte auch der Ältere ihn nur mit Informationen, die Gog’resssh seiner Meinung nach wissen sollte, genau wie es das Oberkommando der Hegemonie tat, das Rreszsesrr so gern kritisierte.

»Mit Sazssgrerrns Primärstern gehen Veränderungen vor«, sagte der Wissenschaftler nach einer kurzen Pause.

Primärstern. Gog’resssh brauchte einen Moment, um zu verstehen, was gemeint war. »Sie sprechen von der Sonne, die dieser Planet umkreist.« Warum konnten sich Wissenschaftler nicht klar und verständlich ausdrücken?

»Genau. Ich habe Ihnen von den längerfristig variablen Eigenschaften dieses Sterns berichtet, nicht wahr?«

»Das haben Sie. Zwar konnte ich nicht all Ihren Ausführungen folgen, doch ich habe verstanden, dass sich die Strahlungsintensität des Sterns über einen Zeitraum von vielen Millionen Umläufen stark verändern kann.«

»So ist es, Erster Myrmidon. Und nun scheint es, als befänden wir uns kurz vor dem Eintritt einer solchen Veränderung.«

Wieder durchfuhr Gog’resssh ein Schauer, der langsam seine Wirbelsäule emporstieg. »Ich hielt eine solche Veränderung für sehr unwahrscheinlich.«

»Das ist sie auch. Bisher standen die Chancen stets gut für die Generationen von Gorn, die in den äonenlangen Perioden der Stabilität von Sazssgrerrns Primärstern das Licht der Welt erblickten. Doch meine Messungen sind eindeutig: Sie und ich haben das Pech, hier zu sein, während eine der kritischen Veränderungen des Sterns kurz bevorsteht.«

»Es scheint, als stünden wir vor einem unlösbaren Problem, Doktor. Was sollte ich Ihrer Meinung nach dagegen unternehmen? Erwarten Sie etwa, dass die Kriegerkaste dem Stern Manieren beibringt?«

»Selbstverständlich nicht, Erster Myrmidon.« Der Ältere klang nun doch etwas verärgert. Es war sehr befriedigend, seine scheinbar unerschütterliche Gelassenheit zu durchbrechen. »Doch ich erwarte von Ihnen, dass Sie den Rest Ihrer Garnison darüber informieren. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, und es müssen Vorkehrungen getroffen werden. Sie und der zweite Myrmidon Zegrroz’rh müssen die Umlagerung der Eier in die Wege leiten. In den unteren Etagen ist der Schutz gegen die Strahlung am höchsten …«

Gog’resssh brachte den Älteren mit einer Bewegung seiner klauenbewehrten Hand zum Schweigen. »Die Eier sind äußerst empfindlich, selbst die der Kriegerkaste. Sie sollten von uns allen hier am besten über das Risiko Bescheid wissen, das mit dem Abtransport der Eier aus der Inkubationskammer einhergeht, Doktor.«

Die seltsamen säugetierähnlichen Pupillen des Älteren verengten sich und verliehen seinen Augen ein noch befremdlicheres Aussehen. »Mir ist diese Bitte keineswegs leichtgefallen, Erster Myrmidon.«

»Warum haben Sie so lange gewartet, mich darüber zu informieren? Warum hat keiner Ihrer Kollegen dieses Phänomen je erwähnt? Warum haben Sie noch nicht damit begonnen, die Eier umzulagern?« Könnte es sein, dachte er, dass keiner von ihnen Ihre Messungen für so »eindeutig« hält wie Sie?

Die Brücke unter ihren Füßen erzitterte für einen kurzen Moment. Die Eier, die unter der Brücke aufgereiht waren, schienen nicht davon betroffen zu sein.

»Bitte«, sagte Rreszsesrr, und in seiner Stimme schwang ein flehender Unterton mit. »Ich brauche jetzt Ihre Hilfe.«

»Ich dachte, Sie würden sich zunächst an Ihre eigenen Leute wenden, Doktor. Wo sind sie?«

»Meine Kollegen haben sich allesamt in die Sternenwarten zurückgezogen. Sie überprüfen den letzten Beweis, den ich gefunden habe, und vergleichen diesen gerade mit ihren eigenen Beobachtungen.«

»Was für einen Beweis?«, grummelte Gog’resssh. »Den Beweis für ein Phänomen, das die meisten von uns zu lange ignoriert haben.«

»Gehen Sie davon aus, dass Ihre Kollegen diesen … letzten Beweis überzeugend finden werden?«

»Mit Sicherheit. Doch vielleicht nicht rechtzeitig, um zu tun, was getan werden muss.«

Gog’resssh erinnerte sich an einen uralten taktischen Grundsatz, der vielleicht schon so alt war wie die Hegemonie selbst: Eine herannahende Schwertspitze ist für einen Gorn-Krieger Beweis genug, dass ein Feind ihm Böses will. Doch wenn er auf einen solchen Beweis wartet, dann hat er zu lange gezögert.

Die Brücke erzitterte erneut, diesmal deutlich stärker. Sie klapperte laut, als wäre sie von einem unsichtbaren Hammer getroffen worden.

Gog’resssh legte eine seiner schweren Klauenhände auf die Komm-Einheit am Kragen seiner Uniform und aktivierte den Notfallkanal. »Zweiter Myrmidon Zegrroz’rh«, grollte er mit militärischer Dringlichkeit. »Geben Sie augenblicklich eine Meldung an das zentrale Krippen…«

Ein blendendes weißes Licht verwandelte die Kuppel über ihm in Feuer und zerstörte in nur wenigen Augenblicken jegliches Geräusch, jegliche Sicht und jeden Gedanken.

»Wo bin ich?«, fragte Gog’resssh, kurz nachdem er das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Seine eigene Stimme klang fremd in seinen Ohren, irgendwie verzerrt. Obwohl er wusste, dass er wach war, schien er in einem lichtlosen Raum zu schweben. Gog’resssh fühlte sich orientierungsloser als ein Jüngling während seiner ersten Kampfstunde.

Aus der Dunkelheit sprach eine Stimme zu ihm. Auch sie klang leicht verzerrt, als müsse sie durch eine dickflüssige Masse zu ihm dringen. Trotz allem klang sie beruhigend. Zischend. Weiblich.

»Sie befinden sich an Bord der S’alath«, sagte die Stimme.

Die S’alath. Trotz Gog’ressshs Orientierungslosigkeit, hatte er keinerlei Schwierigkeiten, sich an diesen Namen zu erinnern. S’alath war der Captain gewesen, dessen Heldenmut den niederträchtigen Humanoiden K’irrk und dessen Föderassh’n vor mehr als einhundert Sonnenzyklen vom Planeten Innerer Eliar, einer der weit entfernten Randwelten, vertrieben hatte. Zwar hatte die Politikkaste der Gorn schließlich zugestimmt, den Planeten mit den Primaten zu teilen, die diesen unter dem humanoiden Namen Cestus III in ihre Föderassh’n eingliederten, doch diese unerfreuliche Entwicklung war nicht die Schuld S’alaths. Das war nur geschehen, weil den Politikern die Willenskraft fehlte, sich dem Diktat der Met’rr’onen zu widersetzen.

»Das Kriegsschiff S’alath«, sagte Gog’resssh, erleichtert darüber, dass er sich in den Klauen seiner Kastenmitglieder befand, jedenfalls im übertragenden Sinne. »Und wer … wer sind Sie?«

»Ich bin Z’shezhira.«

»Technologiekaste?«, wollte Gog’resssh wissen.

»Ja. Kommunikationsspezialistin.«

»Kommunikation. Er scheint, als hätten Sie sich weit von Ihrem Spezialgebiet entfernt.«

»Der Kampf gegen die Maschinen-Säugetiere hat an Bord der S’alath viele Leben gekostet. Zwar ist die Gefahr nun vorüber, doch viele Stationen bleiben unterbesetzt. Ich wurde auch medizinisch ausgebildet, also hat mein Captain mich hierher beordert.«

Gog’resssh nahm den offensichtlichen Sieg über die Maschinen-Säugetiere kommentarlos zur Kenntnis. Er freute sich schon darauf, die offiziellen Berichte seiner Kaste dazu zu lesen. Da er sich nicht weiter der Enttäuschung hingeben wollte, die er empfand, weil er die Gelegenheit verpasst hatte, die Hegemonie zu beschützen, entschied er, das Thema komplett zu vermeiden.

»Sie haben mein Leben gerettet?«, fragte er.

»Ich habe dabei geholfen, Erster Myrmidon«, antwortete Z’shezhira. Trotz der Verzerrung konnte er die Bescheidenheit in ihrer Stimme erkennen. »Das medizinische Notfallteam hätte Sie beinahe verloren.«

Gog’resssh empfand ihr gegenüber Dankbarkeit für sein Überleben. Dann senkte sich Verzweiflung über ihn, schwarz wie das All. »Ich kann nichts sehen. Ein blinder Krieger ist nichts weiter als eine Bürde. Sie müssen mir Sterbehilfe leisten.«

»Aber nein, Erster Myrmidon. Ihr Kopf ist bandagiert, aber wir gehen davon aus, dass Ihre Sehkraft schon bald zurückkehren wird.«

Dies war definitiv eine gute Nachricht, doch noch keine Rechtfertigung dafür, als Schwächling weiterzuleben, der auf die Hilfe anderer angewiesen war. Und dies war genau das, was er befürchtete. »Warum kann ich meinen Körper nicht spüren?«

»Sie befinden sich in einem Regenerationstank, Erster Myrmidon. Das Sie umgebende Gel betäubt Ihre Nervenenden, während Ihre Verletzungen geheilt werden.«

Ein Geltank. Das erklärte Z’shezhiras verzerrte Stimme. Plötzlich bemerkte er in seinem Kieferbereich einen seltsamen Druck. Dabei handelte es sich zweifelsohne um einen Atemschlauch, der vermutlich mit einem wasserdichten Mikrophon verbunden war.

»Von welcher Art von Verletzungen werde ich geheilt?«, fragte er.

»Sie haben während des Vorfalls auf Sazssgrerrn schwere radioaktive Verbrennungen erlitten.«

»Vorfall?« Wieso konnte er sich an nichts mehr erinnern?

»Mir wurde berichtet, dass der Planet von einer enormen Sonneneruption erfasst wurde, Erster Myrmidon. Dies geschieht, wenn sich das Kräfteverhältnis innerhalb der Photosphäre eines Sterns …«

»Das ist mir bekannt, Z’shezhira.« Gog’resssh hatte noch nie Geduld für die Erläuterungen der Technologiekaste aufbringen können. »Was genau ist das Resultat dieses ›Vorfalls‹?«

Schweigen war die Folge, was Gog’resssh nur noch mehr irritierte.

»Ich bedaure sehr, Ihnen mitteilen zu müssen«, begann Z’shezhira, »dass der Brutplanet der Kriegerkaste Krippe P152 zerstört wurde.«

»Meine Soldaten?«

»Wir haben neunzehn Überlebende der Kriegerkaste sowie zweiundzwanzig Überlebende der Technologie- und Handwerkerkaste an Bord genommen. Alle Überlebenden wurden sofort behandelt. Einige sind seither gestorben. Für die restlichen stehen die Chancen gut, sofern sie unter Beobachtung bleiben. Doch die neurologischen Schäden waren trotz …«

Das war im Moment zu viel für seinen angeschlagenen Verstand. »Was ist mit den Eiern?«, unterbrach er sie.

»Zerstört.«

»Alle?«

»Ich befürchte ja. Sazssgrerrn ist nun unbewohnbar.«

Meine Mission war es, die Eier zu beschützen. Und wenn man Dr. Rreszsesrr – dem alten Wissenschaftler, der während des »Vorfalls« auf Sazssgrerrn vermutlich zu einer Handvoll Asche verbrannt war – glauben konnte, hatten diese Eier die gesamte Hoffnung für die Zukunft seiner Kaste repräsentiert. Nicht zu vergessen die Zukunft der Gorn-Hegemonie. Nur Momente zuvor hatte er es noch vermieden, in den schwarzen Abgrund der Verzweiflung zu taumeln, der sich vor ihm auftat.

Nun stürzte er sich kopfüber hinein.

Zeitweise durchdrangen Stimmen das durch Betäubungsmittel verursachte Nichts, in dem Gog’resssh schwebte. Es waren Angehörige der Technologiekaste, die sich in ihrem unverkennbaren unverständlichen Jargon unterhielten.

Er hörte etwas über starke radioaktive Verstrahlung. Und Verbrennungen. Und »radiogene Schäden« an jemandes Genen. Sprachen sie über seine Offiziere und Soldaten? Oder sprachen sie nur über Gog’resssh selbst? Er entschied, dass es vermutlich keine Rolle spielte.

Dann hörte er einen der Ärzte sagen: »Untersuchen Sie alle, und dann töten Sie alle.« Als Nächstes erklärte der Arzt jemandem – Z’shezhira, vielleicht? –, dass man es genetisch geschädigten Gorn-Soldaten keinesfalls erlauben dürfe, den Genpool der wenigen verbliebenen Mitglieder der Kriegerkaste zu verunreinigen.

»Schließlich«, fuhr die Stimme fort, »können wir bei der Gesundheit und Sicherheit der Gorn-Hegemonie kein Risiko eingehen.«

Beim nächsten Mal kam er schneller zu sich, und das Mal darauf sogar noch schneller. Gog’resssh war froh, nicht länger im Tank zu schweben, obwohl er auf den Schmerz, der mit dem Ende seines Aufenthalts im süßen Nichts gekommen war, gut hätte verzichten können. Nur langsam gewöhnte er sich an die Standard-Gravitation an Bord des Gorn-Schiffs. Sein Zustand verbesserte sich im Verlauf der nächsten Tageszyklen zusehends, wenn man von der schrecklichen Gewissheit absah, die wie ein massiver Fels aus Granit auf ihm lastete.

Die kommende Generation meiner Kaste ist zu Asche verbrannt, das Gleiche gilt für jegliche Hoffnung, sie ersetzen zu können. Und diese Wissenschaftler der Technologiekaste werden uns vermutlich ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden umbringen, sobald sie die benötigten Daten gesammelt haben, die sich aus unserem Leiden ergeben.

Obwohl Gog’resssh es tunlichst vermied, solche Gedanken laut auszusprechen – besonders dann, wenn er unter Aufsicht den zweiten Myrmidon Zegrroz’rh oder einen der anderen siebzehn Offiziere und Soldaten besuchte, die den »Zwischenfall« auf Sazssgrerrn überlebt hatten – wusste er doch, dass er diese Selbstzweifel niemals würde ablegen können.

Nicht, bis er einen Weg hier raus fand, bestenfalls sowohl für sich selbst als auch für seine Truppen, und nach einer neuen sicheren Krippenwelt für seine Kaste suchen konnte.

Erst im Verlauf des sechsten Tageszyklus an Bord der S’alath, während eines Krankenbesuchs von Z’shezhira, keimte in Gog’resssh die Hoffnung auf, dass sein Traum wahr werden könnte.

»Sie sagten, dass die Suche nach einem neuen Brutplaneten für die Kriegerkaste zu den Aufgaben dieses Schiffs gehört, nicht wahr?«, sagte er, nachdem Z’shezhira das Thema beiläufig angeschnitten hatte, während sie einen Scanner über die verheilenden Narben auf seinem Rücken und den Schultern bewegte.

»Es ist eine von vielen, ja«, bestätigte sie. Ihre vertikalen Pupillen waren auf die Scanergebnisse fixiert. »Doch das ist sie schon seit vielen Sonnenzyklen von Gornar. Seit den Ereignissen auf Sazssgrerrn sehen es die Politik-, Technologie- und Arbeiterkaste jedoch als höchste Priorität an.«

Natürlich tun sie das, dachte Gog’resssh verbittert. Nun da es zu spät ist, um noch irgendetwas aus der Brutkrippe auf Sazssgrerrn zu retten. Nun da es zu spät ist, mich von meiner Scham über mein Versagen zu befreien.

»Bedeutet das, dass Sie bereits Ersatz für Sazssgrerrn gefunden haben?«, fragte er.

Die schuppenbewehrten, schweren Wülste über ihren Augen hoben sich und ließen sie nachdenklich wirken. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«

Gog’resssh bleckte die Zähne, um seine Unzufriedenheit mit ihrer Antwort zum Ausdruck zu bringen. »Das verstehe ich nicht.«

»Es ist schwierig zu erklären.«

»Ihr Wissenschaftler liebt es doch, Dinge zu erklären. Bitte, erweisen Sie mir das Vergnügen.«

Sie antwortete mit einem gutmütigen Schnauben. »Wie Sie wollen, Erster Myrmidon. Doch zunächst eine Frage: Ist Ihnen bewusst, dass nur wenige Planeten geeignet sind, um eine große Brutstätte der Kriegerkaste anzulegen?«

»Dieser Umstand ist mir bekannt, doch nicht die Gründe dafür.« Solche Themen waren nie Bestandteil von Gog’ressshs Ausbildung gewesen. Alles, was man ihm beigebracht hatte, war das streng strukturierte Leben eines Soldaten, die kompromisslose Disziplin und das erbarmungslose Chaos des Krieges sowie das intensive, nie enden wollende Training, das für solch ein kämpferisches Dasein notwendig war.

»Dann haben wir in diesem Punkt etwas gemeinsam, Erster Myrmidon. Trotz der intensiven Forschungsarbeit meiner Kaste zu diesem Thema können wir noch immer nicht vollständig erklären, wieso bisher einzig Sazssgrerrn von allen Welten der Gorn-Hegemonie als Brutstätte für die Kriegerkaste geeignet war.«

»Das ist interessant, nehme ich an. Doch das beantwortet meine Frage nicht: Haben Sie andere Welten entdeckt, die als Ersatz für Sazssgrerrn dienen können?«

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wir müssen erst einige Versuche durchführen, bevor wir diese Frage definitiv beantworten können.«

»Was für Versuche?«

Z’shezhira wich seinem Blick aus und schaute auf die metallenen Gitter unter ihren nackten Füßen. »Vielleicht habe ich schon zu viel gesagt.«

»Blödsinn. Sie schenken einem sich erholenden Patienten lediglich ein wenig Hoffnung. Bitte, erzählen Sie mir von diesen Versuchen.«

Z’shezhira nickte zustimmend. »Also gut. Bevor wir durch die Krise mit den Maschinen-Säugetieren abgelenkt wurden, entdeckte die Besatzung der S’alath eine Reihe uralter technologischer Artefakte. Gegenstände, die vielleicht der Schlüssel zu einer technischen Lösung für das Sazssgrerrn-Dilemma sein könnten.«

»Was für eine technische Lösung?«

»Biosphärenumwandlung. Die Veränderung eines vorhandenen Ökosystems. Praktisch die totale Umstrukturierung einer planetaren Biosphäre. Der Plan lautet, die Welt zu finden, die Sazssgrerrn am ähnlichsten ist, und dann diese Technik zum Einsatz zu bringen.«

»Das hört sich fast so an, als verfügten Sie über dieselbe Macht wie die Große Ei-Bringerin S’Yahazah«, grollte Gog’resssh ehrfurchtsvoll.

Die Schuppen von Z’shezhiras Schnauze bis hin zu den Wülsten zwischen ihren goldenen, weit auseinander stehenden Augen erröteten, als wäre ihr der Vergleich unangenehm. »So weit würde ich nicht gehen, Erster Myrmidon. Doch die Technologie sieht vielversprechend aus. Die Technologie- und die Politikkaste setzen große Hoffnungen darauf.«

Die Politikkaste, dachte Gog’resssh verächtlich, während sie einige technische Feinheiten erklärte, die für seinen Geschmack zu sehr in die Tiefe gingen. Politik. Diese blutleeren Schwächlinge zeichnen sich dafür verantwortlich, die Brutplaneten aller Kasten im Raum zu verteilen, bis auf die der einen, die für die Sicherheit der Hegemonie unabdingbar ist. Bei S’Yahazah, selbst die einfache Arbeiterkaste hat Brutstätten auf mindestens einem halben Dutzend Planeten.

Ganz offensichtlich fürchtete die Politikkaste die Kriegerkaste. Dies war so, seit die Krieger der Schwarzkämme vor beinahe acht Sonnenzyklen versucht hatten, die Macht in der Hegemonie an sich zu reißen – und gescheitert waren. Diese Möchtegern-Aufständischen hatten versagt, und nun erntete die Politikkaste endlich die Früchte ihrer geduldigen Rachekampagne, bei der sie die ganze Existenz der Kriegerkaste von einem einzigen Naturereignis katastrophalen Ausmaßes abhängig gemacht hatte. Gog’ressshs Gedanken kehrten zu seinem ersten und einzigen Treffen mit dem legendären Captain S’alath zurück, dem Namensgeber dieses Schiffes. S’alath hatte ihm von einem Sprichwort der Menschen erzählt, das er aufgeschnappt hatte, während er die ersten Verhandlungen zwischen Gorn und Menschen bewachte, die nach seinem Zusammentreffen mit K’irrk einberufen worden waren: »Lege niemals all deine Eier in einen einzigen Korb.«

Die Politikkaste hatte jedoch zugelassen, dass alle Eier der Kriegerkaste in nur einem einzigen Korb blieben. Das Resultat war katastrophal.

Er versuchte, diese Gedanken zu verdrängen, damit Z’shezhira ihm nicht seinen Ärger ansah und die Krankenstation verließ. Stattdessen konzentrierte sich Gog’resssh auf das, was sie ihm auf die für ihre Kaste so typische Art zu erklären versuchte. Laut ihren Ausführungen war das Schicksal der Kriegerkaste nicht ganz so aussichtslos, wie er befürchtet hatte. In seinem Inneren breitete sich Hoffnung aus. Es war das erste Mal seit seinem entsetzlichen Versagen auf Sazssgrerrn, dass er so empfand.

»Ihr Captain muss das Schiff sofort zu Ihrem besten Kandidaten fliegen«, sagte Gog’resssh. »Er muss diese neue Technologie dort so schnell wie möglich anwenden. Er muss sie einsetzen, um meine Kaste vor der drohenden Auslöschung zu bewahren.«

Z’shezhira hob abwehrend eine Hand, die drei feingliedrigen jedoch scharfen Klauen warnend ausgestreckt. »Vorher müssen noch einige Tests durchgeführt werden. Es gibt zu wenige Welten, die Sazssgrerrn ähneln und somit gute Kandidaten für die Biosphärenumwandlung sind. Wir können nicht riskieren, diese zu zerstören. Wir müssen zunächst eine ganze Reihe von Simulationen durchgehen, bevor wir die Technologie sicher anwenden können.«

Der kleine Funken Hoffnung entbrannte zu weiß glühender Ungeduld. »Über welche Zeitspanne reden wir hier?«

Sie machte eine unverbindliche Geste mit beiden Händen. »Sorgfältige Tests könnten mehrere Sonnenzyklen in Anspruch nehmen. Besonders falls es Rückschläge im Verlauf der Simulationen gibt.«

»Die Hegemonie wird sich nicht mehr lange verteidigen können, wenn der Nachschub an neuen Gorn-Kriegern für mehrere Sonnenzyklen unterbrochen ist.« Nicht, dass Sie davon ausgehen, dass ich oder meine Krieger noch lange genug am Leben sind, um diese besorgniserregende Entwicklung mitzuerleben.

»Mir sind sowohl die Kehrseiten des Zögerns als auch die des vorschnellen Handelns bekannt. Doch es spielt überhaupt keine Rolle, was ich denke. Solche Entscheidungen fallen in die Verantwortung der Politikkaste.«

Vielleicht. Aber vielleicht auch nicht.

Z’shezhira legte den Scanner auf ein Tablett zu einer Anzahl von anderen, seltsam aussehenden medizinischen Instrumenten. Offenbar war sie mit dem Fortschritt seiner Genesung zufrieden, und so verabschiedete sie sich.

Als sie die Tür erreichte, rief er ihr nach und sie blieb stehen. »Darf ich mit dem zweiten Myrmidon Zegrroz’rh sprechen?«, fragte er.

Sie hielt kurz inne und warf einen Blick in die angrenzende Abteilung der Krankenstation. Dann wandte sie sich wieder Gog’resssh zu und nickte zustimmend. »Er ist bei Bewusstsein, doch er wird noch längere Zeit brauchen, um wieder zu Kräften zu kommen. Bitte machen Sie es kurz.«

»Ich verstehe«, sagte er.

Nachdem Z’shezhira gegangen war, erhob sich Gog’resssh von seiner Krankenliege und ging durch die Krankenstation in die angrenzende Abteilung hinüber. Da sich die übrigen Offiziere und Soldaten anderswo erholten, waren er und sein Stellvertreter die einzigen Patienten in diesem Bereich.

»Erster Myrmidon«, sagte Zegrroz’rh, während er aufzustehen versuchte, was ihm sichtlich Schmerzen bereitete. Gog’resssh brauchte keine medizinische Expertise, um zu erkennen, dass sein Stellvertreter schwerere Verbrennungen erlitten hatte als er selbst.

Gog’resssh signalisierte Zegrroz’rh, liegen zu bleiben, und der verletzte Gorn sackte erleichtert zurück in sein Krankenbett. »Die Wissenschaftler der Technologiekaste an Bord des Schiffes planen, uns alle umzubringen«, sagte Gog’resssh ohne Umschweife.

Zegrroz’rhs Brauen zogen sich zusammen. Er wirkte verwirrt. »Wieso haben sie es nicht schon früher getan, als wir noch hilfloser waren als jetzt? Warum die Verzögerung?«

Aus Gog’ressshs Kehle stieg ein tiefes Grollen auf, das seinen Unmut über die Fragen zum Ausdruck brachte. »Wieso unternehmen die überhaupt irgendwas? Vermutlich wollen sie noch mehr Erkenntnisse über die von uns erlittenen Strahlungsschäden sammeln, bevor sie entscheiden, dass sie mit uns fertig sind.«

»Falls Sie recht haben, müssen wir sie aufhalten«, sagte Zegrroz’rh, und stellte damit wie üblich das Offensichtliche fest.

»Selbstverständlich habe ich recht. Und wir werden sie aufhalten. Darüber hinaus werden wir wieder in Ordnung bringen, was uns die Politiker auf Sazssgrerrn angetan haben. Außerdem begeben wir uns auf die Suche nach einem neuen Brutplaneten für unsere Kaste, und zwar ohne auf die ›Hilfe‹ der Politiker zu warten.«

Zegrroz’rh wirkte verblüfft. Oder vielleicht hatte er schlimmere Strahlenschäden erlitten, als Gog’resssh zunächst angenommen hatte. »Erster Myrmidon?«

Gog’resssh beugte sich zu dem anderen Krieger hinunter und zischte direkt über dem durch die Strahlung beschädigten Jochbein in dessen Ohrloch: »Hören Sie genau zu, Zegrroz’rh. Zuerst werden wir das Kommando über das Schiff übernehmen …«

1

U.S.S. Titan, TIEF IN DER VELA-OB2-ASSOZIATION, BETA-QUADRANT

Die aquamarinfarbene Welt, die sich gleichmäßig auf dem Hauptschirm drehte, war ihm recht einladend erschienen, als Captain William Riker einen ersten Blick aus dem Orbit darauf geworfen hatte. Und sie hatte auch noch so gewirkt, als er zum ersten Mal den Fuß auf einen der kleinen steinigen Kontinente gesetzt hatte, die sich hier und da aus dem den gesamten Planeten umspannenden, extrem salzhaltigen Ozean erhoben. Abgesehen von den starken Winden und den Wolken aus Sand und Staub, die diese aufwirbelten, war dieser Ort den Mitgliedern verschiedener Außenteams der Titan durchaus angenehm vorgekommen – man konnte die Luft atmen, es herrschten angenehm warme Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit lag ebenfalls im akzeptablen Bereich.

Doch eine Gegebenheit, die nahezu ständig auf solchen von Menschen bewohnbaren Welten vorherrschte – ein oftmals für selbstverständlich gehaltenes kleines Merkmal, besser bekannt als Leben – war auf unerklärliche Weise an diesem Ort nicht gegeben, von Pol zu Pol und von Meridian zu Meridian.

William Riker lehnte sich in seinem Kommandosessel nach vorn und stützte das Kinn auf seine Faust, während er die tote Welt betrachtete. Noch immer konnten die Planetologie-Spezialisten der Titan nicht nachvollziehen, wieso dem so war.

»Deanna, was hältst du davon, den Planeten ›Dodo‹ zu taufen?« Er drehte sich nur so weit nach links, um das amüsierte Lächeln zu erkennen, das um den Mund seiner Frau spielte.

»›Dodo‹«, wiederholte Commander Deanna Troi, diplomatischer Offizier, Chefcounselor, Leiterin der Abteilung für Sozialwissenschaften – und geliebte Imzadi des Captains. Sie senkte die Stimme, sodass diese nur von Riker vernommen werden konnte. »Das ist eine ziemlich seltsame Wahl, Will.«

Er reagierte mit Interesse auf Deannas Grinsen. Nachdem er die vergangenen sechs Stunden in der steinigen Einöde des Planeten verbracht hatte, war er erleichtert darüber, zurück an Bord der Titan und in ihrer Gegenwart zu sein. »›Dodo‹«, sagte er in ebenfalls gedämpftem Tonfall. »Wie in: ›Tot wie ein …‹«

Sie zuckte die Schultern. »Ich verstehe den Zusammenhang durchaus, Will. Schließlich stammt mein Vater von der Erde.«

»Aber er gefällt dir nicht wirklich.«

»Nein, der Name ist eine gute Wahl.« Ein kaum wahrnehmbares Kräuseln der Nase strafte ihre Behauptung Lügen. »Außerdem gehört das Benennen neu entdeckter Planeten zu deinem Vorrecht als Captain.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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