Star Wars The Old Republic, Band 1: Eine unheilvolle Allianz - Sean Williams - E-Book

Star Wars The Old Republic, Band 1: Eine unheilvolle Allianz E-Book

Sean Williams

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Beschreibung

Mit Star Wars: The Old Republic präsentieren BioWare und LucasArts - Schöpfer des erfolgreichen Videospiels Star Wars: Knights of the Old Republic - ein neuartiges Multiplayer-Online-Rollenspiel, das es den Spielern ermöglicht, ihr eigenes Star Wars Abenteuer 3500 Jahre vor dem Aufstieg Darth Vaders zu erleben. New York Times Bestsellerautor Sean Williams erweckt das Spiel mit seinem neuesten Roman Star Wars: The Old Republic: Eine unheilvolle Allianz zum Leben. Tassaa Bareesh, eine Matriarchin des Hutt- Verbrecherkartells, lädt zu einer Auktion, die in der ganzen Galaxis Aufmerksamkeit erregt. Sowohl Abgesandte der Republik als auch des Sith Imperiums werden auf den Plan gerufen, um Nachforschungen anzustellen. Darunter auch ein Jedi-Padawan, der wild entschlossen ist, das Richtige zu tun, eine ehemalige Soldatin der republikanischen Eliteeinheit Blackstar, die ihren Namen reinwaschen will und ein geheimnisvoller Mandalorianer mit einer ganz persönlichen Agenda. Keiner dieser Gäste hat allerdings die Absicht an der Versteigerung teilzunehmen. Ihr Ziel liegt verborgen in einer nahezu unerreichbaren Schatzkammer. Die verkohlten Reste eines explodierten Sternkreuzers enthalten den Schlüssel zum Reichtum einer ganzen Welt. Doch der Schatz birgt tödliche Gefahren. Am Ende werden Sith und Jedi, Republik und Imperium zu einer historischen Entscheidung gezwungen. Eine Entscheidung, zu der sie kein Vermittler - egal ob helle oder dunkle Seite der Macht - jemals hätte zwingen können. Sie müssen zusammenarbeiten, um eine Bedrohung aufzuhalten, die die gesamte Galaxis zerstören könnte.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

In neuer Rechtschreibung.

Deutsche Ausgabe 2012 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Copyright © 2012 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved. Used under authorization.

Titel der amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: The Old Republic – Fatal Alliance“ by Sean Williams, A Del Rey ® Book, published by The Random House Publishing Group.

No similarity between any of the names, characters, persons and/or institutions in this publication and those of any pre-existing person or institution is intended and any similarity which may exist is purely coincidental. No portion of this publication may be reproduced, by any means, without the express written permission of the copyright holder(s).

Übersetzung: Jan Dinter

Lektorat: Carmen Jonas, Uwe Raum-Deinzer

Redaktion: Mathias Ulinski, Holger Wiest

Chefredaktion: Jo Löffler

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

US Book Design von Christopher M. Zucker

Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-8332-2491-1

Gedruckte Ausgabe:

ISBN 978-3-8332-2036-4

www.starwars.com

www.starwarstheoldrepublic.com

www.paninicomics.de

Für Kevin und Rebecca: Freunde, Lehrer, Mitentdecker.

Mit Dank an Shelly, Frank, Daniel und die beiden Robs für die Wegweisung.

HANDELNDE PERSONEN

Dao Stryver; Krieger (Mandalorianer)

Darth Chratis; Sith-Lord (Mensch, männlich)

Eldon Ax; Sith-Schülerin (Mensch, weiblich)

Jet Nebula; Captain der Auriga Fire (Mensch, männlich)

Larin Moxla; ehemalige Republic Trooper (Kiffar, weiblich)

Satele Shan; Jedi-Großmeisterin (Mensch, weiblich)

Shigar Konshi; Jedi-Padawan (Kiffar, männlich)

Ula Vii; Imperialer Agent (Epicanthix, männlich)

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

PROLOG: WILDER RAUM

DERLEICHTESTERNKREUZER wirkte trügerisch unbedeutend vor dem Hintergrund der Galaxis. Für das wachsame Auge eines Piraten wies er jedoch mehrere wünschenswerte Eigenschaften auf: nur mäßige Bewaffnung und Schilde, einen Besatzungsraum, der gerade einmal groß genug war, um ein Dutzend Leute zu fassen, keine Kennzeichen von Imperium oder Republik, keine Eskorte oder andere Begleitschiffe.

„Deine Entscheidung, Captain“, zischte eine kehlige Stimme in Jet Nebulas Ohr. „Aber überleg nicht zu lange. Unser Freund hier wird nicht ewig stillhalten.“

Der Schmuggler, der sich „Jet Nebula“ nannte, genoss es, seinen Ersten Offizier auf die Folter zu spannen.

Ebenso hegte er an und für sich keinen Groll wegen der momentanen Meuterei. Denn der Augenblick, in dem die Auriga Fire über etwas von echtem Wert stolpern würde, hatte unausweichlich zu einem Übernahmeversuch führen müssen. Nebula hatte Shinqo in genau diesem Wissen angeheuert, und es hatte ihm nicht einmal schlaflose Nächte bereitet. Der Umgang mit Abschaum gehörte zum Job.

Allerdings konnte er unnötige Gewalt nicht leiden. Und den kurzen Blasterlauf, der sich in Jets Seite bohrte, empfand er eindeutig als des Guten zu viel.

„Nun?“, forderte Shinqo auf Rodianisch, während Jet vorgab, hin und her zu überlegen.

„Halt die Füße still!“, antwortete er mit gespieltem Protest. „Wir haben sie gerade erst abgefangen. Viel zu früh, um einen weiteren Sprung einzugeben.“

„Geh nur kein Risiko ein“, warnte Shinqo und verdeutlichte seinen Standpunkt mit einem weiteren Stups seines Blasters. „Und sei froh, dass wir dein Schiff nicht auch noch wollen.“

Rechts von Jet knarrte irgendetwas Schweres. Die kastenförmige Gestalt von Clunker schwankte heran, staubig und eingedellt, aber mit hell leuchtenden Photorezeptoren. Jet schüttelte ganz leicht den Kopf, und der Droide wich wieder zurück.

„Ich will nicht zweimal fragen müssen“, drängte Shinqo.

„Also gut.“ Jet nahm im Sitz des Captains Platz und aktivierte mit einem Schlag auf die Konsole das Comm. „Wenn du so nett fragst, wollen wir doch mal sehen, wer diese Typen sind, bevor wir ihnen das Fell abziehen.“

Die Fahrtlichter des Sternkreuzers blinkten und flackerten in der Schwärze des Alls. Seine Systeme erholten sich noch von dem plötzlichen Austritt aus dem Hyperraum, aber Jet war sich sicher, dass das Comm inzwischen lief. Alle an Bord würden die Ohren spitzen, um zu hören, was das robuste Schiff, das vor ihrem Bug lag, zu sagen hatte.

Er bediente sich kurzer, einfacher Sätze, die sich in der Vergangenheit immer recht gut bewährt hatten: „Ihr sitzt fest, meine Süßen. Haltet euch bereit. Wir kommen an Bord.“

„Negativ“, lautete die sofortige Antwort. Männlich, schroff und höchstwahrscheinlich menschlich. „Wir erkennen eure Autorität nicht an.“

Das war mal neu. „Wer sollte so verrückt sein, jemandem wie uns Autorität zuzugestehen?“

„Ihr seid Freibeuter. Ihr arbeitet für die Republik.“

„Tja, das stimmt einfach nicht.“ Nicht mehr, jedenfalls, dachte Jet. „Wir sind nur einfache Gauner, die unabhängig arbeiten, und ihr seid uns über den Weg gelaufen. Ergebt euch widerstandslos, und ich werde zusehen, dass mein blutdürstiger Erster Offizier euch nicht auf der Stelle über den Haufen schießt.“

„Das wird nicht geschehen. Wir befinden uns auf diplomatischer Mission.“

„Zu wem? Von wo? Wenn ich jedes Mal, wenn mir das einer erzählt, ’nen Credit bekäme, würden wir uns jetzt nicht unterhalten.“

Es entstand eine lange Pause. „Also gut. Wie viel müssen wir bezahlen, damit ihr uns ziehen lasst?“

Jet blickte zu Shinqo, der das Sagen hatte. Shinqos wahre Auftraggeber waren die Hutts, und manchmal war Schmiergeld genauso viel wert wie ein Beutezug, nachdem das Kartell seinen Teil abgezogen hatte.

Der Rodianer schüttelte den Kopf.

„Heut’ habt ihr echt kein Glück, Kumpel“, informierte Jet die Person am anderen Ende des Comms. „Besser, ihr pumpt eure Luftschleusen voll, Schlauberger. Wir kommen rein und wollen nicht mehr von der Ware verschrammen als notwendig.“

Daraufhin erwiderte der Sternkreuzer nichts.

Shinqo blaffte in den Kommunikator während Jet die Unterlichttriebwerke anwarf. „Fekk, Gelss, macht euch bereit loszulegen.“

Die beiden Sullustaner gehörten zu Shinqos verräterischer Bande, und Jet hatte absolut nichts dagegen, wenn sie den Preis für die Voreiligkeit des Meuterers bezahlten. Jet fühlte deutlich, dass der Kreuzer nicht so leicht aufgeben würde. Seine Form war zu schlank, seine Außenhaut zu poliert. Die dicken, schwarzen, erst kürzlich angebrachten Buchstaben auf seiner Steuerbordseite – die einzige Identifizierung, die er trug – verrieten den Namen CINZIA. Ein Zeichen von Stolz.

Nein, die Eigentümer dieses Schiffes waren sich vielleicht nicht zu fein, ihren Weiterflug mit Bestechungsgeld zu erkaufen, aber sie würden nicht einfach klein beigeben. Das taten heutzutage nur die wenigsten. Solange sich Imperium und Republik gegenseitig an die Gurgel gingen und nur noch die Erklärung fehlte, um aus ihrem Gezanke einen offiziellen Krieg zu machen, nahmen die Leute das Gesetz selbst in die Hand. Überall gab es zu viel zu verlieren und zu wenig zu gewinnen.

So viel zum Vertrag von Coruscant. Und so viel zur Vermeidung unnötigen Blutvergießens, dachte er in Hinblick auf Fekk und Gelss. Ob rot oder grün, Blut war Blut. Je weniger um ihn herum floss, desto geringer das Risiko, dass es eines Tages sein eigenes sein würde.

„Was sagen wir unseren ehemaligen Bossen, wenn wir nichts an Land ziehen?“

„Das ist nicht mein Problem“, brüstete sich Shinqo. „Auf dem Flimsi bist immer noch du der Captain der Auriga Fire. Eine Ausrede zu finden, die die Republik schluckt, ist dein Job. Bis dahin bin ich längst verschwunden. Mit den Credits.“

Wie erwartet, hatte der Rodianer vor, Jet nach Strich und Faden abzukochen. Das änderte alles. Jet blickte zu Clunker, der unschuldig vor dem Eingang zum Cockpit stand. Wenn es hart auf hart kam, würde niemand an ihm vorbeikommen. Und noch wichtiger: Niemand käme hinaus …

Die Auriga Fire hatte knapp die Hälfte der Strecke zwischen den beiden Schiffen zurückgelegt, als sich Jets Befürchtungen bezüglich des Kreuzers als überaus gerechtfertigt erwiesen. Ein Wirrwarr roter Lichter tanzte über die Instrumententafel. Ein Summer plärrte los. Jet studierte für einen Sekundenbruchteil die Anzeige, um sich zu versichern, dass er auch richtiglag, bevor er alle Schilde auf volle Energie und die Unterlichttriebwerke auf Maximum stellte.

Die Auriga Fire schlingerte seitwärts auf den Kreuzer zu, und Shinqo stolperte nach hinten. Clunker fing ihn auf und drehte dem Rodianer dabei geschickt den Blaster aus der Hand. In diesem Augenblick explodierte der Kreuzer, der ihre Beute hätte sein sollen, und schickte eine Flut grell weißen Lichts durch alle Sichtfenster, Schirme und Schilde.

Jet hatte mehr getan, als nur das Schiff abzudrehen. Er hatte seine Augen abgedeckt und spähte nun vorsichtig durch seine Finger auf die Instrumente, die völlig durchdrehten. Wo sich eben noch die Cinzia befunden hatte, war so gut wie nichts mehr. Von der Außenhaut ertönte dumpfes Rumpeln und Scheppern, als Trümmer des Sternkreuzers vorbeizischten.

Shinqo blaffte wieder in seinen Kommunikator. Er war schnell von Begriff, aber nicht schnell genug. „Wer hat geschossen? Wer hat dir befohlen zu schießen?“

„Niemand“, erwiderte Jet. „Das Schiff hat sich selbst hochgejagt – und wenn ich nicht kurz davor den Neutrinoanstieg an den Antrieben bemerkt hätte, wären wir auch gebraten worden.“

Shinqo trat auf ihn zu, als hätte er das schon die ganze Zeit vorgehabt. „Ich sollte dich gleich hier erschießen.“

„Womit, Kumpel?“ Jet nickte Clunker zu, der dem Rodianer dessen eigenen Blaster auf die Brust richtete. Jet genoss die blanke Verwirrung, die sich auf dem grünen, ledrigen Gesicht seines Offiziers abzeichnete. „Gehen wir das noch mal durch, ja? Wir arbeiten jetzt für die Hutts. Das kapier ich. Ein Boss ist so gut wie jeder andere, solange man den gleichen Schnitt macht. Aber von dem Schnitt bekommen wir alle den gleichen Anteil, oder? Sonst müsste ich’s der Besatzung sagen, die wegen dem Kampf, der ihr grade entgangen ist, noch ordentlich auf Krawall gebürstet ist. Die werden sich nicht darüber freuen, dass du sie ausnehmen wolltest. Und ich müsste Clunker hier, der dringend ein Ölbad bräuchte, sagen, dass er ein bisschen fester auf den Abzug drücken soll, um dich der Besatzung von diesem Schiff hinterherzuschicken, an welchem finsteren Ort der Schöpfung sie sich auch aufhalten möge. Klar?“

Das Unbehagen in Shinqos Gesicht wich Resignation, und er streckte die Hände hoch.

„Also, Moment, Captain, hier muss ein Missverständnis vorliegen.“

„Dann möchtest du es vielleicht klären?“

„Sicher, sicher. Du bekommst deinen Anteil. Wir alle. Ich hatte nie etwas anderes vor.“

„Und die Republik?“

„Das biegen wir schon hin – zusammen, meine ich. Wäre ja nicht fair, dir das allein zu überlassen.“

„Ich bin erleichtert, das zu hören, Kumpel.“ Jet nickte Clunker zu, der den Blaster herumdrehte und ihn seinem Besitzer reichte. „Als Captain dieses Schiffes, wie es auf Flimsiplast, Barabel-Haut oder wo auch immer niedergeschrieben steht, erwarte ich ein gewisses Maß an Höflichkeit und den Blick auf ein gemeinsames Ziel. Solange ich das erkenne, werden wir bestens miteinander auskommen.“

Er schwenkte zur Instrumentenkonsole herum und baute darauf, dass Clunker weitere Widrigkeiten von ihm fernhalten würde. Außerdem vertraute er darauf, dass der Rodianer einen Kompromiss erkannte, wenn er ihm angeboten wurde. Jet war es gleichgültig, wer ihn bezahlte, genauso wie es den Hutts egal war, wer ihnen ihre Schätze brachte, solange es nur ihre waren. Für jene, die am Ende übrig blieben, würde sich alles klären.

„Wollen doch mal sehen, was von unserem unglückseligen Freund da draußen übrig ist …“

Das Trümmerfeld breitete sich rasch aus. Sensoren verfolgten die größten Brocken, von denen manche so groß wie ein Mensch, andere noch größer waren. Das überraschte ihn. Ein Antriebsdurchbruch hinterließ für gewöhnlich nur Schlacke und Staub.

„Das sieht wie ein Stück des vorderen Teils aus“, stellte Shinqo fest, während er sich über Jet beugte, um auf den Schirm zu zeigen.

„Keine Lebenszeichen.“

„Keine Zeugen“, meinte der Rodianer zufrieden.

„Das ist normalerweise unser Job“, sagte Jet, obwohl er in all seinen Jahren als Pirat noch keines der Opfer seiner Überfälle getötet hatte – jedenfalls nicht, nachdem er sie ausgeraubt hatte. Ein paar gebrochene Herzen, sicherlich, auch ein paar verbeulte Köpfe, aber nichts Schlimmeres. „Ich glaube nicht, dass die das wegen uns getan haben.“

„Aber warum dann?“

Jet zuckte mit den Schultern. „Das ist die Milliarden-Credit-Frage.“

Shinqo rieb sich mit einem trockenen Kratzen seiner Fingerspitzen das Kinn. Nun, da die Auseinandersetzung zwischen ihnen bereinigt war, verhielt er sich wieder wie ein ordentlicher Erster Offizier. Und wenn ihm die Gier dabei nicht dazwischenkam, hatte er sogar das Zeug zu einem guten Ersten Offizier, andernfalls hätte Jet ihn auch nie angeheuert. „Sie hatten irgendetwas an Bord, etwas, das wir nicht in die Finger kriegen sollten.“

„Etwas Wertvolleres als ihr eigenes Leben?“ Jet drehte sich um und blickte Shinqo in die zusammengekniffenen Augen. „Hört sich für mich ziemlich wertvoll an.“

„Vielleicht sogar in Stücken.“

„Genau mein Gedanke.“ Jet deutete auf den Copilotensitz. „Schnall dich an und übernimm den Traktorstrahl! Mal schauen, was wir finden.“

Die Auriga Fire drehte bei und begann die Überreste des Schiffes abzusuchen, dessen Reise sie unterbrochen hatte. Ein nagendes Gefühl machte Jet Nebula dabei zu schaffen. Es fühlte sich an wie Schuld, und er ermahnte sich, ihm nicht nachzugeben. Er hatte die Besatzung der Cinzia nicht getötet. Das Grab hatten sie sich selbst geschaufelt. Es war einfach nur Pech gewesen, dass sich ihre Wege gekreuzt hatten, und sein Glück, dass er danach noch atmete. Sollte sein Glück anhalten, würde er vielleicht sogar Profit aus diesem Hyperraumflug schlagen, was ihm wiederum ermöglichen würde, endlich eine etwas anständigere Sorte Abschaum anzuheuern und wieder ins Schmuggelgeschäft einzusteigen.

Manche Tage waren besser als andere. Vielleicht dieser, heute? Er redete sich das mit all der Überzeugung ein, die er aufbringen konnte, was bei einem Mann seines Handwerks eine ganze Menge war.

Was sollte schon schiefgehen?

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KAPITEL 1

SHIGARKONSHIFOLGTEdemGeräuschdesBlasterfeuersdurchCoruscantsalteBezirke.ErstolpertekeineinzigesMal,rutschtenichtaus,verlangsamteniemalsseinenSchritt,trotzderengenGassenvollerMüll,derüberdieJahrevondenoberenEbenenheruntergerieseltwar.ÜberihmschaukeltenKabelundSchilder,teilweisesotief,dasssieShigarzwangen,sichunterihnenhindurchzuducken.Derhochgewachsene,schlankeJedi-Schüler,deraufjederWangeeinentätowiertenStreifentrug,bewegtesichfürseineachtzehnJahremitüberraschenderAnmutundSicherheit.

Tief in seinem Inneren schäumte er jedoch. Meister Nikil Nobils Entscheidung hatte auch dadurch nicht an enttäuschender Wirkung verloren, dass sie als Hologramm von der anderen Seite der Galaxis übertragen worden war.

„Der Hohe Rat hält Shigar Konshi für nicht bereit für die Jedi-Prüfungen.“

Die Entscheidung hatte ihn schockiert, dennoch hütete sich Shigar, Einwände zu erheben. Dem Rat die Schande und Verbitterung, die er verspürte, zu offenbaren, war das Letzte, das er wollte …

„Erklärt ihm, weshalb“, sagte Großmeisterin Satele Shan, die mit gefalteten Händen neben ihm stand. Sie maß einen ganzen Kopf weniger als Shigar, strahlte aber ein unerschütterliches Selbstbewusstsein aus. Sogar während dieser Holoübertragung spürte Shigar, dass Meister Nobil, ein gewaltiger Thisspasianer mit vollem, förmlichem Bart, ihretwegen unwohl auf seinem schlangenartigen Unterleib herumrutschte.

„Wir – das heißt, der Rat – erachten die Ausbildung deines Padawans als unvollständig.“

Shigar errötete. „In welcher Hinsicht, Meister Nobil?“

Seine Meisterin bedeutete Shigar mit einem telepathischen Knuff zu schweigen. „Er steht kurz vor der vollständigen Meisterung“, versicherte sie dem Rat. „Ich bin sicher, es ist nur eine Frage der Zeit.“

„Ein Jedi-Ritter ist in jeder Beziehung ein Jedi-Ritter“, erwiderte der ferne Meister. „Es gibt keine Ausnahmen, auch nicht für Euch.“

MeisterinSatelebedeuteteihreZustimmungmiteinemNicken.ShigarbisssichaufdieZunge.Siesagte,sieglaubeanihn,alsoweshalbwiessiedieEntscheidungnichtzurück?SiemusstesichdemRatnichtfügen.Hättesiesichfürihneingesetzt,wennernichtihrPadawangewesenwäre?

Er konnte seine verunsicherten Gefühle schlechter verbergen, als er es sich wünschte.

„Dein Mangel an Selbstbeherrschung offenbart sich auf vielerlei Art“, erklärte ihm Meister Nobil mit strenger Stimme. „Nimm deine jüngsten Bemerkungen zu Senator Vuub bezüglich der Politik des Betriebsmittelrates. Wir alle mögen darüber übereinstimmen, dass der Umgang der Republik mit der momentanen Krise keineswegs perfekt ist. Dennoch ist alles andere als äußerste diplomatische Disziplin zurzeit unverzeihlich. Verstehst du das?“

Shigar neigte den Kopf. Er hätte wissen müssen, dass die schmierige Neimoidianerin hinter mehr her war als nur seiner Meinung, als sie sich an ihn herangemacht und ihm mit Lob geschmeichelt hatte. Nach der Invasion des Imperiums auf Coruscant hatte jenes den Planeten der Republik nur zurückgegeben, im Austausch gegen zahlreiche territoriale Konzessionen andernorts. Seitdem waren die Versorgungsrouten stark belastet. Dass Shigar recht hatte und der BMR ein hoffnungslos korrupter Haufen war, der Milliarden Leben für viel Schlimmeres als Krieg, Hunger, Seuchen, Enttäuschung aufs Spiel setzte, zählte in gewissen Kreisen einfach nicht.

Meister Nobils strenge Miene entspannte sich. „Du bist selbstverständlich enttäuscht. Das verstehe ich. Sei dir gewiss, dass sich die Großmeisterin lange Zeit zu deinen Gunsten eingesetzt hat. Wir vertrauen in jeder Beziehung, ausgenommen diese eine, auf ihr Urteil. Von unserem gemeinschaftlichen Entschluss können wir nicht abrücken, aber sie hat unsere Aufmerksamkeit geweckt. Wir werden deine Fortschritte genau beobachten. Wir hegen hohe Erwartungen.“

Damit hatte die Holokonferenz geendet, und die gleiche Leere, die er, trotz aller Widersprüche, danach verspürt hatte, empfand Shigar auch in den Tiefen Coruscants. Nicht bereit? Hohe Erwartungen? Der Rat spielte Spielchen mit ihm – zumindest fühlte es sich so an –, trieb ihn vor und zurück wie einen Felinx in einem Käfig. Würde er jemals über die Freiheit verfügen, seinen eigenen Weg zu gehen?

MeisterinSateleverstandseineGefühlebesseralserselbst.„Gehetwas spazieren“, hatte sie ihm geraten, ihm dabei beide Hände auf die Schultern gelegt und ihm so lange in die Augen geschaut, bis sie sich auch sicher war, dass er ihre Absichten verstand. Sie schickte ihn nicht fort, sondern gab ihm Gelegenheit, sich zu beruhigen. „Ich muss sowieso noch mit dem Obersten Commander Stantorrs reden. Wir treffen uns später im Verbindungskreuzgang.“

„Ja, Meisterin.“

Also wandte er sich ab und kochte vor Wut. Er wusste, dass er irgendwo in seinem Inneren die Stärke besaß, sich über diesen zeitweiligen Rückschlag zu erheben, sowie die Ruhe und Disziplin, die letzten Fäden seines Talents zu einer einheitlichen Form zu verknüpfen. Doch im Moment führten ihn seine Instinkte weg von der Stille statt ihr entgegen.

Vor ihm ertönte das Blasterfeuer immer lauter.

In einer Gasse, die nach den Hinterlassenschaften eines Woodoos stank, blieb Shigar stehen. Ein schaukelndes Licht blinkte unregelmäßig in der Ebene über ihm und brachte Müll und Unrat unschön zum Vorschein. Ein uralter Droide stierte mit blitzenden roten Augen aus einer dreckigen Nische, während seine rostigen Finger schützend Kabel und Servos zurück in seine klaffende Brustplatte schoben. Der kalte Krieg mit dem Imperium wurde weit entfernt von dieser Gasse und ihren unglückseligen Bewohnern geführt, dennoch waren dessen Auswirkungen deutlich spürbar. Wenn er zornig auf den Zustand der Republik sein wollte, hätte er sich dafür keinen besseren Ort aussuchen können.

Die Schießerei wurde heftiger. Seine Hand glitt zum Griff seines Lichtschwerts.

Es gibt keine Emotion, ermahnte er sich. Es gibt nur Frieden.

Aber wie konnte es Frieden ohne Gerechtigkeit geben? Was wusste der Jedi-Rat davon, der bequem in seinem neuen Tempel auf Tython saß?

Schreie rissen ihn aus seiner gedankenverlorenen Trance. Von einem Herzschlag zum nächsten war er auf und davon, gefolgt vom smaragdgrünen Feuer seines Lichtschwerts, dessen Leuchten im Dunkeln noch zu sehen war.

LARINMOXLAHIELT inne, um den Bauchgurt ihrer Rüstung festzuziehen. Das elende Ding lockerte sich immer wieder, und sie wollte kein Risiko eingehen. Bis die Justikare eintrafen, war sie das Einzige, das zwischen den Gangstern der Schwarzen Sonne und den relativ unschuldigen Bewohnern von Gnawer’s Roost stand. Allerdings hörte es sich jetzt schon so an, als wäre die Hälfte davon in Stücke geschossen.

Zufrieden, dass keine verwundbaren Stellen mehr frei lagen, spähte sie aus ihrer Deckung und hob ihr modifiziertes, kurzläufiges Blastergewehr. Es war nur für Elitekommandos der Spezialkräfte erlaubt. Ansonsten war es auf Coruscant illegal. Sie richtete sein starkes Scharfschützenvisier auf den Unterschlupf der Schwarzen Sonne. Der Haupteingang war verlassen, und sie entdeckte keine Anzeichen von Wachen auf dem Dach. Das kam unerwartet. Trotzdem drang weiterhin Blasterfeuer aus dem befestigten Gebäude. Sollte es irgendeine Falle sein?

MitdemWunschnachVerstärkungsenktesieihrGewehrundschobihrenbehelmtenKopfganzausderDeckung.Niemandfeuertedrauflos.Niemandbemerktesie.DieeinzigenLeute,diesiesehenkonnte,warenEinheimische,dieinDeckungrannten.AnsonstenhättedieGegendbisaufdenRadau,derausdemGebäudedrang,völligverlassenseinkönnen.

Sie beschloss, sich zu nähern. Falle hin oder her. Es klapperte leise, und sie ignorierte die Stellen, an denen ihre Gebrauchtrüstung rieb. Larin hastete rasch und geduckt von einer Deckung zur nächsten, bis sie vom Vordereingang nur noch ein paar Meter trennten. Das Waffenfeuer hämmerte mittlerweile ohrenbetäubend, und Schreie ertönten. Sie versuchte die Waffen zu identifizieren. Blasterpistolen und Gewehre unterschiedlicher Fabrikate; mindestens eine Standkanone. Zwei oder drei Vibro-Sägen und dazwischen noch ein anderes Geräusch. Ein Fauchen, als würde überhitztes Gas mit Hochdruck aus einer Düse zischen.

Ein Flammenwerfer.

Keine der Banden, von denen sie gehört hatte, benutzte Feuer. Das Risiko eines sich schnell ausbreitenden Großbrandes war zu hoch. Nur jemand von außerhalb setzte eine solche Waffe ein. Nur jemand, dem das Maß an Zerstörung, das er hinterließ, gleichgültig war.

In einem der oberen Räume explodierte etwas und schickte einen Regen aus Ziegeln und Staub auf die Straße. Larin duckte sich instinktiv, aber die Mauer hielt. Wäre sie eingestürzt, hätte sie Larin unter einem meterdicken Schutthaufen begraben.

Ihre linke Hand wollte runterzählen, und sie ließ es zu. Etwas anderes hätte sich nicht richtig angefühlt. Reingehen – in drei … zwei … eins …

Stille trat ein.

Sie erstarrte. Es wirkte, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Eben noch hatten sich neunerlei Arten des Chaos im Gebäude ausgebreitet. Plötzlich war nichts mehr zu hören.

Sie zog ihre Hand zurück, der Countdown war vergessen. Sie würde nirgends hingehen, solange sie nicht wusste, was gerade eben geschehen war und wer darin verwickelt war.

Irgendetwas stürzte im Gebäude zusammen. Larin packte ihr Gewehr fester. Schritte knirschten auf den Eingang zu. Ein Paar Füße, mehr nicht.

Sie stellte sich direkt davor, seitwärts, um eine geringere Zielfläche zu bieten, und richtete ihr Gewehr auf den verdunkelten Eingang.

Die Schritte näherten sich – gemächlich, selbstsicher, schwer. Sehr schwer.

Im gleichen Augenblick, in dem sie eine Bewegung im Eingang ausmachte, rief sie mit fester Stimme: „Genau da stehen bleiben!“

Die Schritte hielten an. Gepanzerte Schienbeine in metallenem Grau und Grün.

„Langsam vortreten ins Licht!“

Der Besitzer der Beine machte einen Schritt, dann zwei und offenbarte sich als Mandalorianer, der so groß war, dass sein behelmter Kopf den oberen Rahmen des Eingangs streifte.

„Das ist weit genug!“

„Für was?“

Obwohl es ihr schwerfiel, bewahrte Larin angesichts der harschen, unmenschlichen Stimme die Ruhe. Sie hatte bereits Mandalorianer in Aktion gesehen und wusste genau, wie jämmerlich unzureichend ausgerüstet sie war, um es momentan mit einem aufzunehmen.

„Um mir zu sagen, was Sie da drinnen gemacht haben.“

Der gepanzerte Kopf neigte sich etwas. „Ich habe Informationen gesucht.“

„Dann sind Sie also ein Kopfgeldjäger?“

„Spielt es eine Rolle, was ich bin?“

„Wenn Sie Kleinholz aus meinen Leuten machen, schon.“

„Sie sehen nicht wie ein Mitglied der Schwarzen Sonne aus.“

„Ich habe nie gesagt, ich wäre eines.“

„Aber auch nicht das Gegenteil.“ Die riesige Gestalt verlagerte leicht ihre Haltung, um das Gleichgewicht zu finden. „Ich suche Informationen über eine Frau namens Lema Xandret.“

„Nie von ihr gehört.“

„Sind Sie sich da sicher?“

„Ich dachte, ich stelle hier die Fragen.“

„Falsch gedacht.“

Der Mandalorianer hob einen Arm, um auf sie zu zeigen. An seinem Ärmel öffnete sich ein Fach und gab den Flammenwerfer frei, den sie eben noch in Aktion gehört hatte. Sie festigte den Griff um ihre Waffe und versuchte sich an die Schwachpunkte mandalorianischer Rüstungen zu erinnern – wenn es denn welche gab …

„Nicht!“, mahnte eine gebieterische Stimme zu ihrer Linken.

Larin sah automatisch hin und erblickte einen jungen Mann in einer Robe, der eine Hand zum universellen Halt-Zeichen erhoben hatte.

Sein Anblick lenkte sie einen Augenblick ab.

Eine gewaltige Feuerwelle fauchte auf sie zu. Sie duckte sich, und der Strahl brannte nur Millimeter über ihrem Kopf durch die Luft.

Sie gab eine Salve ab, die wirkungslos von dem Brustpanzer des Mandalorianers abprallte, und rollte in Deckung. Es war schwer zu sagen, was sie mehr überraschte: ein Jedi tief unten in den Eingeweiden Coruscants oder die Tatsache, dass er wie sie die Gesichtstätowierungen eines Bewohners von Kiffu trug.

SHIGARERFASSTE die Konfrontation mit einem Blick. Er hatte noch nie zuvor gegen einen Mandalorianer gekämpft, aber seine Meisterin hatte ihn sorgfältig in dieser Kunst unterrichtet. Sie waren gefährlich, sehr gefährlich! Beinahe hätte er es sich noch einmal genauer überlegt, es mit diesem hier aufzunehmen. Er schätzte, die angeschlagen wirkende Soldatin und er würden kaum ausreichen.

Dann schoss ein Flammenbogen über den Kopf der Soldatin, und seine Instinkte übernahmen die Führung. Die Soldatin ging mit bewundernswerter Geschwindigkeit in Deckung. Shigar hechtete vor, das Lichtschwert erhoben, um das Netz aufzuschlitzen, das unaufhaltsam auf ihn zukam. Das Jaulen des Jetpacks an der Rüstung des Mandalorianers übertönte das wütende Knistern von Shigars Klinge, als er sich losschnitt. Bevor sein Gegner noch einen Meter an Höhe gewonnen hatte, warf Shigar ihn mit einem Machtstoß seitwärts gegen das nächste Gebäude, wobei die Abgasöffnungen des Packs brachen.

Knurrend landete der Mandalorianer mit einem schweren Schlag auf beiden Füßen und zielte mit zwei rasch aufeinanderfolgenden Pfeilen auf Shigars Gesicht. Shigar lenkte sie ab und sprang leichtfüßig tänzelnd näher heran. Aus der Entfernung war er im Nachteil. Mit Fernwaffen waren Mandalorianer wahre Meister, und außer in einer ihrer berüchtigten Gladiatorengruben würden sie alles unternehmen, um einen Nahkampf zu vermeiden. Wenn er nahe genug für einen Hieb herankam – während die Soldatin weiter für Ablenkungsfeuer sorgte –, könnte er vielleicht Glück haben …

Eine Rakete explodierte über seinem Kopf und dann gleich noch eine. Sie waren nicht auf ihn gerichtet, sondern auf die oberen Ebenen der Stadt. Schutt regnete herab und zwang ihn, seinen Kopf zu schützen. Der Mandalorianer zog seinen Vorteil aus der kurzzeitigen Ablenkung, tauchte unter seiner Deckung hindurch und packte ihn mit aller Gewalt an der Kehle. Shigars Verwirrung war komplett – aber Mandalorianer sollten doch nicht Mann gegen Mann kämpfen! Dann flog er buchstäblich durch die Luft und wurde von der enormen Körperkraft seines Angreifers gegen eine Wand geschleudert.

Er landete leicht benommen auf den Füßen, erholte sich aber rasch und wappnete sich gegen eine weitere Attacke.

Der Mandalorianer machte drei große Schritte nach rechts, sprang eins, zwei, drei von einem Schutthaufen zum nächsten und dann auf ein Dach. Weitere Raketen schossen in die Luft und bohrten sich durch die Ferrobeton-Säulen einer Einschienenbahn. Die dünnen Metallstreben verbogen sich und hagelten wie Speere auf Shigar und die Soldatin hinunter. Es kostete Shigar all seine Machtanstrengung, die Speere in den Boden um sie herum abzulenken, in dem sie zitternd stecken blieben.

„Er haut ab!“

Dem Schrei der Soldatin folgte eine weitere Explosion. Eine dem Mandalorianer nachgeworfene Granate zerstörte einen Großteil des Daches vor ihm, und eine riesige schwarze Pilzwolke stieg in die Luft. Shigar hechtete in Erwartung eines Hinterhalts vorsichtig durch sie hindurch, fand den Bereich auf der anderen Seite jedoch verlassen vor. Er drehte sich einmal im Kreis und vertrieb mit ausgestreckter Hand den Rauch.

Der Mandalorianer blieb verschwunden. Ob nach oben, unten oder zu den Seiten, war nicht auszumachen. Shigar vertiefte sich in die Macht. Sein Herz hämmerte noch wie wild, aber sein Atem ging gleichmäßig und flach. Er spürte nichts.

Nur wenige Schritte entfernt erschien die Soldatin durch den Rauch. Sie bewegte sich vorsichtig geduckt vorwärts. Sie richtete sich breitbeinig auf. Der Lauf ihres Gewehrs zielte direkt auf ihn, und für einen Augenblick dachte Shigar, sie könnte tatsächlich feuern.

„Ich habe ihn verloren“, gestand er unglücklich sein Versagen ein.

„Nicht Ihre Schuld“, antwortete sie und senkte ihr Gewehr. „Wir haben unser Bestes gegeben.“

„Wo ist er hergekommen?“, fragte er.

„Ich dachte, es wäre der übliche Schwarze-Sonne-Krawall“, sagte sie und zeigte auf das zerstörte Gebäude. „Dann kam er raus.“

„Warum hat er Sie angegriffen?“

„Keine Ahnung. Vielleicht dachte er, ich wäre ein Justikar.“

„Sind Sie das nicht?“

„Nein. Mir gefallen deren Methoden nicht. Aber sie werden bald hier sein. Deshalb sollten Sie besser verschwinden, bevor die auf den Gedanken kommen, Sie wären für das Ganze verantwortlich.“

Er musste eingestehen, der Rat war gerechtfertigt, da die blutdürstige Miliz, die die unteren Ebenen kontrollierte, eine eigene Auffassung vom Gesetz hatte; eine, die auf Übergriffe auf ihrem Territorium nicht gerade freundlich reagierte.

„Lassen Sie uns zuerst nachsehen, was hier passiert ist“, schlug er vor und schritt mit gezücktem Lichtschwert auf den rauchgeschwärzten Eingang zu.

„Warum? Ist doch nicht Ihr Problem.“

Shigar erwiderte nichts. Ganz gleich, was hier los war: Keiner von ihnen konnte der Sache einfach den Rücken kehren. Er spürte ihre Erleichterung, das Gebäude nicht allein betreten zu müssen.

Gemeinsam untersuchten sie die rauchende Ruine. Zu gleichen Teilen lagen überall Waffen und Leichen nebeneinander. Die Bewohner hatten eindeutig die Waffen gegen den Eindringling erhoben, und dafür hatte jeder von ihnen sein Leben lassen müssen. Das war entsetzlich, aber nicht überraschend. Mandalorianer hatten nicht per se etwas gegen Illegale, aber sie nahmen es gar nicht gut auf, wenn man auf sie schoss.

In der oberen Etage blieb Shigar stehen, als er in dem Blutbad etwas Lebendiges spürte. Er hob eine Hand, um die Soldatin zur Vorsicht zu mahnen, für den Fall, dass jemand glaubte, sie wären gekommen, um den Job zu Ende zu führen. Unbeeindruckt von der Gefahr und mit ihrer Waffe im Anschlag glitt sie geschmeidig voraus. Er folgte ihr geräuschlos mit einem kribbelnden Gefühl.

Sie fanden einen einzigen Überlebenden, der hinter einer zertrümmerten Kiste kauerte. Einen Nautolaner mit zahlreichen Blasterwunden an einer Seite und dem Einschuss eines Pfeiles am Hals, der in einer Lache seines eigenen Blutes lag. Das Blut vermehrte sich zügig. Er blickte auf, als Shigar sich über ihn beugte, um nach seinen Wunden zu sehen. Was Shigar nicht abbinden konnte, ließ sich kauterisieren. Aber er musste sich beeilen, damit überhaupt eine Überlebenschance bestand.

„Dao Stryver.“ Die Stimme des Nautolaners glich einem gurgelnden Knurren, das der Wunde in seiner Kehle nicht gerade bekam.

„Der Mandalorianer?“, fragte die Soldatin. „Reden Sie von dem?“

Der Nautolaner nickte. „Dao Stryver. Wollte, was wir hatten. Wollten’s ihm nicht geben.“

Die Soldatin nahm ihren Helm ab. Sie war überraschend jung, hatte kurzes, dunkles Haar, einen ausgeprägten Kiefer und Augen so grün wie Shigars Lichtschwert. Am überraschendsten aber waren die typischen schwarzen Tätowierungen des Moxla-Clans auf ihren schmutzigen Wangen.

„Was genau hattet ihr denn?“, wollte sie von dem Nautolaner wissen.

Der Nautolaner verdrehte die Augen in den Höhlen. „Cinzia“, hustete er, und dabei spritzte Blut auf die Vorderseite ihrer Rüstung. „Cinzia.“

„Und das ist …?“, fragte sie und beugte sich nah an sein Gesicht, während sein Atem schwächer wurde. „Halt durch – Hilfe ist unterwegs –, halte einfach nur durch!“

Shigar lehnte sich zurück. Es gab nichts, das er tun konnte, nicht ohne ein ordentliches Medipack. Der Nautolaner hatte seine letzten Worte gesprochen.

„Es tut mit leid“, murmelte Shigar.

„Dafür haben Sie keinen Grund“, sagte sie und starrte auf ihre Hände. „Er war ein Mitglied der Schwarzen Sonne und wahrscheinlich selbst ein Mörder.“

„Ist er deshalb böse? Vielleicht hatte er einfach nicht genug zu essen oder keine Medizin für seine Familie. Es könnte tausend Gründe geben.“

„Schlechte Entscheidungen machen noch keine schlechte Person aus einem. Das stimmt. Aber was sonst kann uns hier unten Antrieb geben? Manchmal muss man Widerstand leisten, selbst wenn man nicht mehr sagen kann, wer die Bösen sind.“

Ein schrecklich ermüdeter Ausdruck huschte dabei über ihr Gesicht, und Shigar meinte sie ein Stück weit zu verstehen. Gerechtigkeit war wichtig, und ebenso war es die Art und Weise, auf welche die Leute sie verteidigten, auch wenn es manchmal bedeutete, alleine zu kämpfen.

„Ich heiße Shigar“, stellte er sich mit beruhigender Stimme vor.

„Nett, dich kennenzulernen, Shigar“, sagte sie, und ihr Gesicht hellte sich etwas auf. „Und danke! Du hast mir da draußen wahrscheinlich das Leben gerettet.“

„Das kann ich mir kaum als Verdienst anrechnen. Ich bin sicher, er hat in keinem von uns einen würdigen Gegner gesehen.“

„Oder er hat sich vielleicht ausgerechnet, dass wir nichts von dem wissen, was er hier in diesem Unterschlupf gesucht hat. Lema Xandret: Das war der Name, den er mir nannte. Schon mal gehört?“

„Nein. Und Cinzia ebenso wenig.“

Sie stand in einer Bewegung auf und schulterte ihr Gewehr. „Ich heiße übrigens Larin.“

Ihr Handschlag war erstaunlich fest. „Unsere Clans waren einmal Feinde“, bemerkte Shigar.

„Antike Geschichte ist das geringste unserer Probleme. Wir verschwinden besser, bevor die Justikare hier sind.“

Er ließ seinen Blick umherwandern, auf den toten Nautolaner, die anderen Leichen, das zertrümmerte Gebäude. Dao Stryver. Lema Xandret. Cinzia.

„Ich werde mit meiner Meisterin reden“, sagte er. „Sie sollte erfahren, dass sich ein Mandalorianer auf Coruscant herumtreibt und für Ärger sorgt.“

„In Ordnung“, nickte sie und hob ihren Helm auf. „Geh voraus.“

„Du kommst mit?“

„Traue nie einem Konshi! Das hat meine Mutter immer gesagt. Und wenn wir einen Krieg zwischen Dao Stryver und der Schwarzen Sonne aufhalten wollen, dann sollten wir es taktisch klug anstellen. Richtig?“

Ihm blieb kaum Gelegenheit, ihr Lächeln zu sehen, bevor es unter ihrem Helm verschwand.

„Richtig“, antwortete er.

KAPITEL 2

ELDONAXLECKTE sich den gesamten Weg nach Dromund Kaas über ihre Wunden.

Die Verletzungen an ihrem Körper waren überaus einfach zu behandeln. Viele der Schnitte und Wunden wollte sie auf natürliche Weise vernarben lassen, da sie daran glaubte, was ihr Meister sie gelehrt hatte: Eine schnell vergessene Lektion ist eine schlecht gelernte Lektion. Den Rest behandelte sie mithilfe des Medikits, das ins Cockpit ihres Abfangjägers eingebaut war, wobei sie vollständig auf Schmerz- und Betäubungsmittel verzichtete. Auch das war ihr zuträglich.

Die Heilung ihres angeschlagenen Selbstbewusstseins würde sehr viel länger dauern – von den Aussichten auf ihr Vorankommen ganz zu schweigen. Dafür würde Darth Chratis schon sorgen. Es spielte keine Rolle, dass die Bilanz ihrer Solomissionen bisher perfekt war. Ebenso spielten die hohen Auszeichnungen von der Sith-Akademie keine Rolle. Nur der Erfolg zählte.

Der Abfangjäger trat wieder in den Realraum ein, und die düstere Hauptstadt des Imperiums, Kaas City, kam in Sicht.

„Ich werde dich umbringen, Dao Stryver“, schwor Eldon Ax, „und wenn ich dabei draufgehe.“

DIENACHBESPRECHUNG verlief genau so unangenehm, wie sie befürchtet hatte.

„Erzähle mir von deiner Mission!“, wies ihr Meister sie mit einer dumpf klingenden Stimme aus seiner Meditationskammer an. Ax war es zwar gestattet worden, sich noch vor Beendigung seiner morgendlichen Rituale zu ihm zu begeben, doch sie wusste genau, wie sehr ihn dies verärgern würde.

Sie verbeugte sich und tat, wie ihr befohlen. Ihr Meister erteilte Befehle in dem unbeugsamen Verlangen, ihre Bereitwilligkeit auf die Probe zu stellen. Sie hütete sich davor, sich ihm unverhohlen zu widersetzen, allerdings gab sie ihr Bestes, um ihr Versagen vor ihm zu verbergen.

Der Mandalorianer hatte sie während ihrer Mission gefunden. Und eben diese Begegnung wollte sie, so gut es ging, vor ihrem Meister verheimlichen, sofern das überhaupt möglich war.

„Erzähle mir mehr“, forderte Darth Chratis und erhob sich langsam aus seinem Sarkophag. Um höchste Konzentration zu erreichen, verbrachte er jeden Tag mindestens eine Stunde in einem sargähnlichen Gehäuse, das weder licht- noch luftdurchlässig war, sodass er gezwungen war, sein Überleben allein mit seinen eigenen Energien zu bestreiten. „Du hast die Gründe für dein Versagen nicht ausreichend erläutert.“

Sie konnte seine Stimmung nicht deuten. Sein Gesicht glich einem Meer aus Falten und Runzeln, aus dem zwei blutrote Augen in die Welt hinausspähten. Seine Lippen, schmal wie Messerschneiden, waren zu einem ständigen Hohnlächeln verzogen. Gelegentlich trat seine blasse Zunge, die beinahe durchsichtig wirkte, hervor, um Luft zu schmecken.

„Ich werde Euch nicht belügen, Meister“, versprach sie, während sie vor ihm kniete. „Während der Infiltration einer feindlichen Zelle wurde meine Identität enthüllt, und ich war gezwungen, mich zu verteidigen.“

„Enthüllt?“ Die blutleeren Lippen zuckten. „Ich vermag den faulen Gestank der Jedi nicht an dir zu spüren.“

„Nein, Meister. Ich wurde von jemand anderem bloßgestellt – von jemandem, dessen Volk einst Bündnispartner in unserem Kampf gegen die Republik war.“

Das war der Schachzug, auf den sie gesetzt hatte: die Schuld für den Vorfall auf denjenigen zu schieben, der ihn verursacht hatte.

„So.“ Darth Chratis trat aus seinem engen Sarkophag. Das Geräusch seiner Fußsohlen auf dem Boden hörte sich an wie trockenes Laub, das zerdrückt wird. „Ein Mandalorianer.“

„Ja, Meister.“

„Du hast mit ihm gekämpft?“

„Ja, Meister.“

„Und er hat dich geschlagen.“

Seine Worte bestanden nicht aus einer Frage, dennoch verlangten sie nach einer Erwiderung. „So ist es, Meister.“

„Und doch bist du hier. Wie kommt das?“

Darth Chratis stand jetzt direkt vor ihr. Eine vertrocknete Klaue reichte herab, um ihr Kinn zu berühren. Seine Fingernägel glichen uralten Kristallen, die sich auf ihrer Haut kalt und scharf anfühlten. Er roch nach Tod.

Sie blickte auf in sein abstoßendes Gesicht und sah darin nichts als die unerbittliche Forderung nach der Wahrheit. „Er kam nicht, um gegen mich zu kämpfen“, begann sie erneut. „Dies glaube ich, obwohl es keinen Sinn ergibt. Er fragte mich nach Namen. Er wusste, was ich bin. Er stellte mir Fragen, deren Antwort ich nicht kannte.“

„Er hat dich verhört?“ Ein finsterer Blick war geweckt. „Der Imperator wird ungehalten sein, wenn du etwas von seinen Geheimnissen preisgegeben hast.“

„Lieber würde ich einen langsamen Tod durch Eure Hand sterben, Meister.“ Sie sprach die Wahrheit. Ihr ganzes Leben lang war sie eine Sith in Ausbildung gewesen. Das Imperium war ebenso ein Teil von ihr wie ihr Lichtschwert. Sie würde es nicht an eine Bande hartnäckiger Söldner verraten, die mit dem Imperium zusammenarbeiteten, wenn es ihnen behagte.

Doch wie sollte sie die Wahrheit dessen vor ihrem Meister verbergen, wenn ihre Geschichte genau an diesem entscheidenden Punkt auseinanderfiel?

„Er fragte mich nichts über das Imperium“, erklärte Ax ihrem Meister, und ihr stand die Szene in zermürbender Deutlichkeit vor Augen. Ihr Angreifer hatte sie entwaffnet und mit einem Netz festgehalten, das all ihren Versuchen widerstand, sich zu befreien. Ein Pfeil hatte sie betäubt und ihr einzig die Fähigkeit zu sprechen gelassen. „Er hat mich nicht gefoltert. Ich wurde allein in Selbstverteidigung verletzt.“

Sie streckte ihre Arme aus, um Darth Chratis die Wunden zu zeigen, die sie sich zugezogen hatte.

Er betrachtete sie ohne jegliche Anerkennung.

„Du lügst“, stellte er verächtlich fest. „Erwartest du, dass ich glaube, ein Mandalorianer hätte eine Sith-Schülerin zur Strecke gebracht, sie verhört, ohne sie über das Imperium zu befragen, und sie dann lebendig zurückgelassen?“

„Würde ich lügen, Meister, so täte ich es plausibler.“

„Dann bist du verwirrt. Wie sonst sollte ich mir das erklären?“

Ax senkte ihren Kopf. Sie hatte nichts mehr hinzuzufügen.

Darth Chratis schritt in der winkelförmigen Vorhalle, in der er seine Audienzen abhielt, auf und ab. An den Wänden zeugten Trophäen von seinen vielen Siegen. Darunter halbierte Lichtschwertgriffe und zerschlagene Jedi-Relikte. Nicht ausgestellt waren die Ehrbezeugungen an seine vielen Sith-Feinde. Obwohl Darth Chratis sich die Furcht und den Respekt unter seinesgleichen nicht lediglich dadurch verdient hatte, dass er sie übertraf, prahlte er nicht damit, manche auch gewaltsam aus seinem Weg geräumt zu haben. Sein Ruf reichte aus. Nur einer von drei Schülern, die unter ihm dienten, hatte seine Ausbildung überlebt. Eldon Ax fragte sich ruhelos, ob die Zeit gekommen war, jenen zu folgen, die versagt hatten. Ihr Leben war zu kurz gewesen – gerade einmal siebzehn Jahre! –, und doch würde sie die Hand nicht erheben, um sich zu verteidigen, falls ihr Meister in diesem Moment beschließen sollte, es zu beenden. Es hätte keinen Sinn. Er konnte sie mit der gleichen Leichtigkeit niederstrecken, mit der er ein Insekt erschlug.

Darth Chratis blieb stehen und wandte sich ihr wieder zu.

„Wenn dein Mandalorianer dir keine Fragen über das Imperium gestellt hat, was hat er dich dann gefragt?“

Zu dem Zeitpunkt hatten sie die Fragen vor ein Rätsel gestellt, und sie taten es immer noch.

„Er suchte nach einer Frau“, antwortete sie. „Er erwähnte ein Schiff. Die Namen sagten mir nichts.“

„Welche Namen genau?“

„Lema Xandret. Die Cinzia.“

Plötzlich stand ihr Meister wieder über ihr. Sie rang nach Luft. Er hatte sich völlig geräuschlos genähert. Der kalte, starke Griff der Macht hielt sie erneut bei der Kehle gepackt und zog sie unbarmherzig in die Höhe, bis sie auf Zehenspitzen stand.

„Wiederhole diese Namen!“, zischte er.

Sie konnte ihren Blick nicht von seinem lösen. „L-Lema Xandret. Die Cinzia. Wisst Ihr, was sie bedeuten, Meister?“

Er ließ sie los und drehte sich um. In zwei raschen Handbewegungen hatte er die Ruine seines Körpers von Kopf bis Fuß in einen langen, wallenden Mantel gehüllt, der so schwarz war wie seine Seele, und seine rechte Hand griff nach einem langen, scharf zugespitzten Stab.

„Keine Fragen mehr!“, befahl er. „Komm!“

Mit langen Schritten verließ er den Raum.

Schaudernd holte Eldon Ax tief Luft und eilte ihrem Meister nach.

DIEEINORDNUNGUNDLAGERUNGImperialerDatenhattesichaufDromundKaaszueinerwachsendenIndustrieentwickelt,diesorgsamvordenAugenderWeltverstecktwurde.Wieriesige,umgekehrteWolkenkratzerbohrtensichihreHallentiefindenfruchtbarenDschungelboden,umdieüberreichlichanschwellendenAufzeichnungenzufassen,dievonZehntausendenSklavengehütetwurden.WeitläufigeKomplexeerstrecktensichumdieEingänge,umfürgrößtmöglicheSicherheitzusorgen.DarthChratisführteEldonAxzueinemdieserKomplexe.

WährenddeslangenFährenflugsvonKaasCityentwichihmkeinWort derErklärung,undsieertrugseinSchweigenmiteinerArtErleichterung.Wenigstensschimpfteernichtmitihr.IhreMissionhattesichzueinemvölligenFehlschlagentwickelt.SiehattesichihrenWegzumRaumhafenundfortvomPlanetenpraktischfreisäbelnmüssen – allerdingserst,nachdemsiedieLandeprotokolledervergangenenTagedurchsuchthatte.DarinfandsieeinenHinweisaufdenMandalorianer.ErbesaßdieKühnheit,unterseinemscheinbarrichtigenNamenzureisen:DaoStryver.

Erneut schwor sie, für seine Erniedrigung zu sorgen, so wie er sie erniedrigt hatte, ganz gleich wie lange sie dafür brauchen würde. Vielleicht war der Tod noch zu gut für ihn. Ein schneller zumindest.

Darth Chratis führte mehrere Etagen unter der Planetenoberfläche eine private Kammer für den Datenzugang, ausgestattet mit einem riesigen Holoprojektor. Hier ordnete er an, dass er und Eldon Ax nicht gestört werden sollten. Ax folgte ihm mit wachsender Verwunderung. Nicht ein einziges Mal in all den Jahren ihrer Ausbildung hatte er Interesse an diesem Aspekt der Imperialen Herrschaft gezeigt. Interstellare Buchhalter lautete seine abfällige Bezeichnung für jene, die den Dienst in den Datenminen einem direkteren Streben nach Macht vorzogen. Sie wollte sich auf den Platz des Datenanforderers setzen, aber er scheuchte sie mit einer Handbewegung fort.

„Stell dich dorthin!“ Er zeigte auf eine Stelle direkt vor einem Bildschirm und setzte sich selbst auf den Platz.

Mit zügigen, aber steifen Bewegungen begann er Anfragen einzugeben. Das überzeugte sie mehr als alles andere davon, dass die Ereignisse tatsächlich eine seltsame Wendung nahmen.

Auf dem riesigen Schirm kamen und gingen Menüs und Diagramme. Ax fiel es schwer, zu folgen, aber sie spürte, dass ihr Meister sie durch das verschachtelte und unüberschaubare Gefüge der Imperialen Daten zu einem ganz bestimmten Punkt führte.

„Dies“, sagte er, als er mit einer gewissen Endgültigkeit auf die Tastatur tippte, „ist die Rekrutierungsdatenbank.“

Eine lange Liste mit Namen lief so schnell über den Schirm, dass sie nicht zu lesen war.

„Jede in die Sith-Akademie aufgenommene Person ist hier aufgelistet“, fuhr er fort. „Ihr Name, Herkunft, Blutlinie – und gegebenenfalls auch ihr Schicksal. Der Dunkle Rat verwendet diese Daten, um Verbindungen zu arrangieren und dem Potenzial für Nachwuchs vorzugreifen. Das Schicksal vieler Familien ruht in diesen Daten. Daher werden sie geschützt, Ax. Sie sind sehr sicher.“

Sie bedeutete ihm, so weit folgen zu können. „Ich stehe dort drin“, folgerte sie.

„Allerdings tust du das, und ich ebenso. Nun sieh, was geschieht, wenn ich Lema Xandret eingebe.“

Ein neues Fenster öffnete sich und zeigte das Gesicht einer Frau. Rundliche Züge, blond, stechender Blick. Es sagte Ax nichts. Der Bereich unter dem Bild wurde von eindringlich rot hervorgehobenen Worten ausgefüllt. Am Ende einer langen Liste mit Einträgen standen zwei fett geschriebene Zeilen:

Terminierung angeordnet.

Datei unvollständig: Ziel geflohen.

Ax runzelte die Stirn. „Also … war sie eine Verräterin? Eine Spionin der Republik?“

„Schlimmer noch. Wir machen weniger Aufzeichnungen über die Jedi als über Personen wie diese.“ Darth Chratis drehte sich in seinem Sitz herum, um sie anzusehen. „Sag mir, meine Schülerin, was geschieht, wenn ein Sith rekrutiert wird.“

„Das Kind wird seiner Familie entnommen und bekommt einen Platz an der Akademie. Dort beginnt sein Leben von Neuem, im Dienst des Imperators und des Dunklen Rats – so wie das meine.“

„Genau. Es ist eine große Ehre für eine Familie, wenn ihr Kind ausgewählt wird, insbesondere wenn ihre Blutlinie zuvor noch nicht geehrt wurde. Die meisten Eltern sind erfreut. So wie es sein sollte.“

„Und jene, die es nicht sind, werden exekutiert“, sagte sie. „War Lema Xandret eine von ihnen?“

Ein ausgezehrtes Lächeln belebte für einen Augenblick die welke Landschaft von Darth Chratis’ Gesicht. „Genau. Sie war eher unscheinbar – eine Droidenmacherin, glaube ich. Ja, genau das. Aus einer weit zurückreichenden Linie von Droidenmachern, ohne jede Spur von Machtsensitivität. Sie brachte ein Kind mit dem Potenzial, ein Sith zu sein, hervor, und das Kind musste gehen.“

Ax’ Meister zeigte selten Belustigung. Es beunruhigte sie mehr als sein Zorn.

„In der Datei steht ‚Ziel geflohen‘“, sagte sie.

„Zuerst versuchte sie, das Kind zu verstecken – ein spätentwickeltes, von dem sie fürchtete, es könnte die Ausbildung auf Korriban nicht überleben. Als das missglückte und ihr das Kind fortgenommen wurde, lief sie mit der Familie des Kindes davon – Onkel, Tanten, Cousins, alle, die dem Risiko von Repressalien ausgesetzt waren –, und seitdem hat man nichts mehr von ihr gehört.“

„Bis jetzt.“

„Aus dem Munde eines Mandalorianers“, ergänzte Darth Chratis, „in dein Ohr.“

„Wieso ich?“, fragte Ax, als spürte sie, dass ihr Meister sie genauestens beobachtete. „Weil auch meine Familie versucht hat, mich zu verstecken?“

„Vielleicht.“

„Was ich war, bevor ich Euch begegnete, ist unwichtig“, versicherte sie ihm. „Ich bin unbeschwert, was das Schicksal meiner Familie betrifft.“

„In der Tat. Ich habe dich gut ausgebildet.“ Wieder dieses vertrocknete Lächeln. „Vielleicht zu gut.“ Er beugte sich näher zu ihr.

„Sieh her, Ax! Sieh mir in die Augen!“

Sie tat es, und der rote Schrecken seines Blickes erfüllte sie.

„Die Blockade ist stark“, sagte er, und es war, als kämen die Worte aus dem Inneren ihres Kopfes. „Sie steht zwischen dir und der Wahrheit. Ich löse sie und erlöse dich, Ax. Du darfst die Wahrheit über deine Vergangenheit erfahren.“

Sie taumelte zurück, als wäre sie gestoßen worden, doch es hatte sie keine physische Kraft berührt. Eine stille Detonation war in ihrem Verstand explodiert, ein tief unter ihrem bewussten Selbst verborgener Sprengsatz. Etwas rührte sich dort. Etwas Seltsames und Unerwartetes.

Ax schaute zu dem Bild in dem Holoprojektor auf.

Lema Xandret starrte mit leerem Blick auf sie zurück.

„Sie war deine Mutter, Ax“, klärte ihr Meister sie auf. „Beantwortet das deine Frage?“

Benommen nahm Ax an, dass sie es tat. Aber gleichzeitig warf es viele weitere Fragen auf.

DARTHCHRATISBENUTZTE den Holoprojektor der Kammer, um eine abgesicherte Audienz mit dem Minister des Geheimdienstes abzuhalten. Ax war dem Minister weder zuvor begegnet, noch hatte sie ihn bei irgendeiner Art der Kommunikation gesehen. Doch das enorme Vertrauen, das ihr Meister an den Tag legte, indem er ihr gestattete, im Raum zu bleiben, ging völlig an ihr vorbei. Ihr Kopf dröhnte noch immer von der Befreiung durch die Behandlung ihres Meisters. Nicht wegen der Enthüllung an sich, sondern weil sie ihr so wenig bedeutete.

DerMangelanMachtsensitivitätinihrerFamiliewardasEinzige,dessensiesichüberihreGeschichtevordemLebenalsSithsicherwar.Siehatteangenommen,ihreFamiliewäregetötetworden,aberdashatteihrnieetwasausgemacht.AxhattesichniemalsdenKopfdarüberzerbrochen,undeshättesieauchjetztnichtweitergestört,wäredanichteineSachegewesen:

Die Blockade war gelöst. Eigentlich hätten nun Erinnerungen an Lema Xandret und an ihre Kindheit auf sie einstürmen müssen.

Aber nichts geschah. Blockade hin oder her, es war nichts geblieben. Lema Xandret blieb eine völlig Fremde.

Mit wachsendem Interesse begann sie die Unterhaltung ihres Meisters mit dem Minister zu verfolgen.

„Deshalb wollte der Mandalorianer das Mädchen verhören. Sie ist ein möglicher Hinweis.“

„Auf Xandret?“

„Zu welcher anderen Folgerung könnten wir kommen? Sie muss am Leben sein – im gleichen Schlupfloch, in das sie geflohen ist, um ihrer Hinrichtung zu entgehen, wie ich annehme.“

„Was könnte der Mandalorianer von ihr wollen?“

„Ich weiß es nicht, und die Tatsache, dass wir es nicht wissen, macht es unerlässlich, dass wir sie zuerst finden.“

„Aus Prinzip, Darth Chratis, oder um der Imperialen Sicherheit willen?“

„Ich denke, Sie werden feststellen, dass beides oft untrennbar ist.“

Der Mann auf dem Schirm schien sich unbehaglich zu fühlen. Er bekleidete das höchste Amt, das eine weltliche Person im Geheimdienst des Imperiums innehaben konnte, und doch wurde er von einem Sith-Lord als absolut geringwertig erachtet. Es mochte ihm zuwider sein zuzugeben, dass eine einzige verschwundene Droidenfertigerin seine Aufmerksamkeit erforderte, und sei es auch eine, die versucht hatte, ein machtsensitives Kind vor den Sith zu verstecken, aber Ungehorsam war undenkbar.

Dann kam ihm ein Gedanke, und der zerrissene Ausdruck auf seinem Gesicht löste sich.

„Ich überlege gerade“, sinnierte er und tippte sich dabei mit einem langen Zeigefinger ans Kinn. „Erst gestern traf ein Bericht von einem unserer Informanten im Senat der Republik ein. Die Hutts behaupten, sie wären im Besitz von etwas sehr Wertvollem, und sie meinen, der Senat würde gerne etwas darauf bieten. Gegen uns. Ich bin diplomatische Depeschen durchgegangen und habe festgestellt, dass wir genau das gleiche Angebot erhalten haben, natürlich zu umgekehrten Bedingungen. Normalerweise würde ich so einen Vorschlag nicht weiter beachten, aber die Tatsache, dass er von zwei völlig verschiedenen Quellen unterbreitet wurde, verleiht ihm eine gewisse Glaubwürdigkeit.“

„Ich vermag keinen Zusammenhang mit den Hutts zu erkennen. Es sind notorische Lügner.“

„Zweifellos. Aber sehen Sie, Darth Chratis, genau hier wird es interessant. Das Schiff, von dem die Hutts angeblich dieses, äh, Artefakt, Datenkompendium oder was auch immer geborgen haben – dieses Schiff heißt Cinzia. Und wie ich in der Akte sehe, die Sie aufgerufen haben, ist das der Geburtsname des Mädchens.“

Darth Chratis nickte. „Es muss eine Verbindung geben.“

„Zwischen einem Schiff, das nach Lema Xandrets Tochter benannt ist, und einem Mandalorianer, der nach den beiden fragt? Das will ich meinen.“

„Aber das hilft uns kaum, solange wir nicht wissen, was die Hutts versteigern wollen.“

Die Feststellung dämpfte die Siegesfreude im Gesichtsausdruck des Ministers. „Ich werde dieser Information sofort nachgehen, Darth Chratis.“

„Ich verlasse mich darauf, dass Sie das allein schon aus Prinzip tun werden, Minister.“

Die Langstreckenaudienz endete mit einem statischen Rauschen.

Eldon Ax brauchte eine knappe Minute, um sich dessen bewusst zu werden. Unzusammenhängende Sätze schwirrten ihr durch den Kopf wie Vögel auf der Suche nach einem Nistplatz.

… ein möglicher Hinweis …

… nach Lema Xandrets Tochter benannt …

… der Geburtsname des Mädchens …

Erst jetzt wurde ihr klar, dass der Name, den sie immer für den ihren gehalten hatte, nichts weiter als eine Lesart der Initialen ihrer Mutter war.

Was hast du in diesen vergangenen fünfzehn Jahren gemacht, Mutter?

„Sag mir, woran du dich erinnerst, Ax.“

„Ich will mich nicht erinnern, Meister.“

„Warum nicht?“

„Weil es nichts mit dem zu tun hat, der ich jetzt bin. Dann war Lema Xandret eben meine Mutter, na und? Würde ich ihr morgen begegnen, würde ich sie wahrscheinlich nicht erkennen. Ich habe sie nie gekannt, nie gebraucht.“

„Nun, du brauchst sie jetzt, Ax – oder zumindest brauchst du ihre Erinnerungen.“ Ihr Meister kam ihr so nahe, dass sie die tödliche Kälte seines Atems spürte. „Wie es scheint, ist die Kenntnis über Lema Xandret und ihre verschollenen Droidenmacher für die Mandalorianer von Wichtigkeit. Das bedeutet, es ist auch für das Imperium wichtig, denn was andere stärkt, schwächt uns. Jede kleinste Erinnerung an den Verbleib deiner Mutter könnte von entscheidender Bedeutung sein. Ich schlage daher vor, du gibst dir mehr Mühe. Zur Belohnung werde ich die Blockade hinterher wieder aufbauen, sodass die Erinnerungen verschwinden, als wären sie nie da gewesen.“

„In Ordnung, Meister“, stimmte sie zu, obwohl ihr Kopf bei dem Gedanken daran schmerzte. Was, wenn nichts dabei herauskam? Was, wenn doch? „Ich werde es versuchen.“

„Du wirst mehr tun, als es nur zu versuchen“, ordnete Darth Chratis mit erschreckender Endgültigkeit an. „Ich erwarte, dass du in zehn Standardstunden an meiner Seite vor dem Dunklen Rat stehst. Wenn du mich enttäuschst, werden wir beide leiden.“

KAPITEL 3

ANGUTENTAGEN sprach Ula Vii mit niemandem. Er hörte einfach nur zu. Darin war er gut. In seiner Freizeit saß er in seinem Quartier, spielte die Aufzeichnungen der vergangenen Woche wieder ab und untersuchte ganze Unterhaltungen nach allem, was wichtig sein könnte. Wichtige Dinge geschahen auf Coruscant natürlich andauernd, aber Einzelheiten von größter Bedeutung zu isolieren, zählte zum entscheidenden Teil seiner Arbeit, und seiner Meinung nach war er sehr gut darin, diese herauszuhören. Ula war Imperialer Informant im Senat der Republik. Diese Verantwortung trug er mit Stolz.

An schlechten Tagen wurde er aus den Schatten hinaus ins Licht gestoßen. Das Problem dabei bestand für Ula darin, eine Rolle zu spielen, die er manchmal wirklich spielen musste. Als ranghoher Assistent des Obersten Commanders Stantorrs wurde Ula oft gerufen, um Aufzeichnungen zu machen, Nachforschungen anzustellen und Rat zu geben. All dies versetzte ihn in die einzigartige Position, dem Imperium bei seiner Mission, die Galaxis zurückzuerobern zu helfen, aber andererseits war er gezwungen, zwei anstrengende Jobs gleichzeitig zu erledigen. An schlechten Tagen befielen ihn solche Kopfschmerzen, dass er glaubte, sein Schädel würde platzen und all seine Geheimnisse könnten auf den Boden klatschen.

Der Tag, an dem er von der Cinzia hörte, war ein wirklich sehr schlechter Tag.

Der Oberste Commander hatte einen sehr geschäftigen Morgen hinter sich: endlose Besuche, unzählige Bittsteller, das ewige Summen des Comlink. Ula wusste nicht, wie er das aushielt. Dann kam Großmeisterin Satele Shans Anfrage um eine Audienz, die den Terminplan des Obersten Commanders völlig durcheinanderbrachte.

„Können Sie sie nicht abwimmeln?“, fragte Stantorrs seinen Sekretär mit einem verärgerten Blick. Je länger Ula seine Rolle innehatte, desto besser gelang es ihm, die Gesichtsausdrücke anderer Spezies zu lesen, selbst die von einem nasenlosen, mondgesichtigen Duros wie diesem hier. „Sie war doch erst vor einer Stunde hier.“

„Sie sagt, es sei wichtig.“

„Na gut, na gut. Schicken Sie sie rein.“

Ula war noch nie in aller Form mit der Jedi-Großmeisterin zusammengetroffen. Er begegnete den Jedi mit Argwohn und Ablehnung, und das nicht nur, weil sie Feinde des Imperators waren.

Sie betrat das prunkvolle Büro und bedachte den Obersten Commander mit einer respektvollen Verbeugung. Die Frau mit dem fein geschnittenen Gesicht und den grauen Strähnen im Haar war nicht groß, dennoch war ihre Stellung innerhalb der Hierarchie der Republik beachtlich.

Stantorrs erhob sich und bedachte sie ebenfalls mit einem Nicken, das im Gegensatz zu ihrem wesentlich unbedeutender wirkte. Wie Ula hielt auch er nicht viel von den Jedi. Doch seine Gründe entsprangen keiner Philosophie. Viele in der Republik waren davon überzeugt, dass der Jedi-Rat die Schuld trug an der Vormachtstellung des Imperiums. Der Vertrag von Coruscant hatte die galaktische Hauptstadt wieder einmal der Kontrolle des Imperators entrissen, aber nur unter großen Einbußen und einem verheerenden Gesichtsverlust für die Republik und deren Verbündete. Der Rückzug des Rates nach Tython hatte ebenso nichts Positives bewirkt.

„Wie kann ich Ihnen helfen, Meisterin Shan?“, fragte er in schroffem Basic.

„Mein Padawan berichtete mir, dass ein etwaiger Kopfgeldjäger frei in den alten Bezirken herumläuft“, erklärte sie mit gemäßigter Stimme. „Oder vielmehr Amok läuft unter den kriminellen Gruppierungen, wie es scheint.“

„Ein geringfügiges Problem. Wieso kommen Sie damit zu mir?“

„Ihr Mandat sieht die Wiederherstellung der Sicherheit auf Coruscant vor. Darüber hinaus handelt es sich bei diesem Kopfgeldjäger um einen Mandalorianer.“

Ula musste nicht Gedanken lesen können, um zu wissen, was Stantorrs jetzt dachte. Eine mandalorianische Blockade der Hydianischen Handelsstraße während der letzten zehn Jahre des Großen Krieges hatte die Republik so gut wie lahmgelegt und beinahe zu ihrem Untergang geführt. Seit seiner Niederlage hatte Mandalore viele seiner Banditen in den Gladiatorengruben von Geonosis verloren, aber Ula war nicht der Einzige auf Coruscant, der wusste, dass die anti-republikanische Aktion von Imperialen Agenten eingefädelt worden war und dass Mandalore immer noch auf einen Kampf aus war. Falls er vorhatte, auf Coruscant selbst zuzuschlagen, musste man sich sofort damit befassen.

„Was können Sie mir über ihn sagen?“

„Sein Name ist Dao Stryver. Er sucht nach Informationen über eine gewisse Lema Xandret und etwas namens Cinzia.“

Beim zweiten Namen spitzte Ula die Ohren. Er hatte ihn erst kürzlich gehört. Wo war das noch gewesen?

Der Commander spielte die gleiche Fahndung in Gedanken durch. „Ein Bericht“, grübelte er und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. „Ich bin mir sicher, es war etwas vom SID. Fragen Sie dort nach.“

In Großmeisterin Satele Shans Stimme legte sich ein Anflug ihrer wahren Autorität. „Ich soll Tython umgehend bezüglich unserer früheren Besprechungen kontaktieren. General Garza schärfte mir ein, welche Dringlichkeit und Geheimhaltung in dieser Sache besteht. Ich kann mir keine weiteren Verzögerungen leisten.“

Stantorrs wächserne Haut nahm einen tief violetten Ton an. Es gefiel ihm gar nicht, wenn sich die Verfahrensweisen der Republik gegen ihn wandten. Ula hoffte auf einen kurzzeitigen Kontrollverlust, in dem ihm etwas über den Inhalt jener früheren Besprechungen herausrutschte. Ula war sich sicher, dass derartige Informationen für seine Meister auf Dromund Kaas von äußerster Wichtigkeit waren. Dennoch erfuhr er nichts.

Leider war Stantorrs Selbstbeherrschung seinem Temperament gewachsen.

„Ich habe nicht die Zeit, in jeder unbedeutenden Störung zu ermitteln“, schäumte der Oberste Commander. „Ula! Untersuchen Sie das!“

Ula zuckte bei der Erwähnung seines Namens zusammen. „Sir?“

„Gehen Sie diesem Vorfall für Meisterin Shan nach. Falls Sie auf etwas stoßen, erstatten Sie uns beiden Bericht. Falls Sie auf etwas stoßen.“

Letzteres richtete sich mit einem großzügigen Maß an Missmut an die Großmeisterin.

„Selbstverständlich, Sir“, sagte Ula in der Hoffnung, die Anweisung sei lediglich ein Trick von Stantorrs, um die Großmeisterin loszuwerden.

„Danke, Ula, Oberster Commander. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.“

Damit rauschte Satele Shan aus dem Zimmer, gefolgt von den verächtlichen Blicken Stantorrs und seines Stabs. Jede Abteilung in der Republik war überlastet und unterbesetzt. Das Letzte, was irgendwer brauchen konnte, waren Jedi, die ihre Nasen überall hineinsteckten, auf Fehler stießen und ihnen noch mehr Arbeit aufbrummten.

Ulas Aufgabe bestand nicht darin, Unstimmigkeit zu verbreiten, aber manchmal wünschte er sich, es wäre so. Andererseits verbreiteten sich Unstimmigkeiten praktisch von selbst. Zumindest auf dem verfluchten Coruscant, unter dessen Himmel, der stets das gleiche Grau trug, noch immer Straßengräben und Pockennarben, die vom Krieg herrührten, die künstliche Oberfläche verunstalteten. Der Oberste Commander setzte sich mit einem tiefen Seufzer. „Also gut, Ula. Sie fangen besser gleich an.“

„Aber, Sir“, widersprach Ula, „Sie wollen doch sicher nicht … ich meine, ich dachte …“

„Nein, wir tun besser genau das, was ich gesagt habe, nur für den Fall, dass es sich doch als bedeutsam herausstellt. Wenn Mandalorianer beteiligt sind, wird nichts beiseitegewischt. Falls dieses Gesindel aus Unruhestiftern dem Imperium bei einem weiteren Anschlag auf Coruscant hilft, müssen wir darüber Bescheid wissen. Und verwenden Sie nicht allzu viel Zeit darauf, ja? Der Rest der Galaxis wartet nicht.“

Ula senkte in frustriertem Gehorsam den Kopf. Ihn bestürzte, dass ihn diese unbedeutende Bitte der Großmeisterin von der Seite des Obersten Commanders riss. Wie sollte er die Informationen sammeln, die er jetzt brauchte? Diese sinnlose Suche würde ihn wertvolle Einzelheiten kosten.

Einwände zu erheben hatte keinen Sinn und vielleicht war es ja auch von Nutzen, zu gehorchen. Mandalorianer waren alles andere als Gesindel: Die große Anzahl ihrer individuellen Clans, die sich allesamt vom jeweils Höchstbietenden anheuern ließen, stellte in ihrer Summe eine mächtige Kampftruppe dar, die es zustande brachte, in einer großen Schlacht die Machtverhältnisse zu verlagern, wie die Republik bereits zu ihren Ungunsten feststellen musste. Das Imperium hatte den Mandalorianern die Mittel gegeben, wieder in der Galaxis aufzutauchen und Rache an ihren Feinden zu üben. Dennoch bestand zwischen den beiden Parteien keine Loyalität. Mit der Unterzeichnung des Vertrags von Coruscant trennten sich die Wege des Imperators und des Mandalores.

Es lohnte sich also, dieser Spur zu folgen, sagte er sich. Selbst wenn er nach ein oder zwei Stunden Nachforschungen lediglich herausfand, dass jemand einem Schatten nachjagte, und danach alles wieder zur Tagesordnung überging.