Star Wars™ - Das Alphabet-Geschwader - Alexander Freed - E-Book
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Star Wars™ - Das Alphabet-Geschwader E-Book

Alexander Freed

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Beschreibung

Sie verrieten das Imperium und wurden zu Rebellen – nun müssen sie sich beweisen: die Piloten des Alphabet-Geschwaders.

Der Imperator ist tot, der Todesstern zerstört, die Armeen des Imperiums fallen auseinander. Auch Yrica Quell ist zu den Rebellen übergelaufen, doch so richtig glaubt sie nicht an deren großartige Neue Republik. Da wird sie ausgewählt, dem Alphabet-Geschwader beizutreten: fünf großartige Piloten mit fünf unterschiedlichen Raumjägern. Yrica Quell fällt es schwer, sich ins Team einzufinden. Da startet das Alphabet-Geschwader zu seinem ersten Einsatz, und die fünf müssen endlich zu einer Einheit verschmelzen – oder sterben!

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Buch

Der Imperator ist tot, der Todesstern zerstört, die Armeen des Imperiums fallen auseinander. Auch Yrica Quell ist zu den Rebellen übergelaufen, doch so richtig glaubt sie nicht an deren großartige Neue Republik. Da wird sie ausgewählt, dem Alphabet-Geschwader beizutreten: fünf großartige Piloten mit fünf unterschiedlichen Raumjägern. Yrica Quell fällt es schwer, sich ins Team einzufinden. Da startet das Alphabet-Geschwader zu seinem ersten Einsatz, und die fünf müssen endlich zu einer Einheit verschmelzen – oder sterben!!

Alexander Freed

DAS ALPHABET-GESCHWADER

Deutsch von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Star Wars™ Alphabet Squadron« bei Del Rey, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe Copyright © 2019 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated. All rights reserved. Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2020 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Rainer Michael Rahn Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft nach einer Originalvorlage © & TM 2019 LUCASFILM LTD Umschlagillustration: Jeff Langevin Umschlagdesign: Jeff Langevin and Scott Biel HK · Herstellung: sam

Für Renée, die mir den Rücken gestärkt hat

Es war einmal vor langer Zeit

in einer weit, weit entfernten Galaxis …

1. TEIL

ELEMENTE EINER VERNICHTUNGSMASCHINE

1

SITUATIONSBEWUSSTSEIN

»Ich war achtzehn Kilometer über dem Meeresspiegel, als sie mich erwischten«, sagte sie.

Der Droide überprüfte ihren Puls von der anderen Seite des Raums (zweiundsechzig Schläge pro Minute, sieben über ihrem Durchschnitt) und speicherte ihr Stimmmuster zur späteren Analyse. Gleichzeitig führte er einen oberflächlichen optischen Scan aus und machte diverse Vermerke: über die Kratzer an ihren Lippen und ihrer Stirn; über die Schlinge um ihren rechten Arm. Sie hatte bereits wieder begonnen, Muskelmasse aufzubauen, aber sie war noch immer – der Droide gestattete sich eine poetische Ausschmückung – zerbrechlich.

»Sie erinnern sich an die genaue Flughöhe?«, fragte die Einheit. Sie hatte eine männliche Stimme für diese Interaktion gewählt, und die Worte klangen tief und hohl, als sie aus dem Lautsprecher an der Unterseite ihres runden, schwarzen Chassis drangen.

»Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis.«

Der Droide drehte die rote Linse seines Fotorezeptors, als würde er sie anstarren. »Ich ebenfalls.«

Die Frau begegnete seinem Blick, und der Droide adjustierte die Linse neu.

Dies war die Geschichte, die sie erzählte.

Achtzehn Kilometer über der Oberfläche des Planeten Nacronis kämpfte Yrica Quell um ihr Leben.

Rings um ihren Sternjäger tobte der Sturm, blauer und gelber Schlamm spritzte gegen die facettierte Cockpitscheibe. Beinahe überschlug sich die Maschine, als eine Windböe den Steuerbordflügel anhob. Quell konnte die Repulsoren gerade noch mit ihrer behandschuhten Linken justieren, während sie mit der rechten Hand einen klappernden Regler in die richtige Position drückte. Das Schiff richtete sich wieder auf, und das beruhigende Heulen seiner Zwillings-Ionentriebwerke verwandelte sich in ein schrilles Jaulen, als sechs Millionen Gesteinskörnchen in die Ansaugöffnung gewirbelt wurden. Quell verzog das Gesicht, während sie in ihrem Sicherheitsgurt hin und her geschüttelt wurde und den Klagelauten ihres Schiffes lauschte.

Da zuckte smaragdgrünes Licht am Cockpitfenster vorbei und brannte eine Schneise durch den kilometerweit in die Höhe gewirbelten Schlamm. Quell ignorierte das Heulen der Triebwerke, gab stattdessen noch mehr Schub und raste tiefer in den Sturm hinein.

Der Scanner zeigte drei Kontakte, die sich rasch von hinten näherten – zwei weniger, als sie erwartet hatte. Sie griff nach dem Komm, wechselte den Kanal und rief zwei Namen: »Tonas? Barath?« Als niemand antwortete, rekalibrierte sie die Frequenz und versuchte es erneut. »Hier ist TIE-Pilotin Yrica Quell! Ich rufe die Bodenkontrolle von Nacronis!« Aber Tonas und Barath waren vermutlich tot, und die Komms der lokalen Behörden waren entweder gestört, außer Reichweite, oder sie ignorierten Quell absichtlich.

Eine weitere Salve grüner Lichtblitze zischte an ihrem Schiff vorbei, aber sie behielt ihren Flugvektor bei. Sie war eine Expertin, was Defensivmanöver anging, aber im Moment konnte sie nur der Sturm am Leben erhalten – sie musste darauf hoffen, dass die Windböen und der Schlamm die Schießkünste ihrer Feinde beeinflussten.

Endlich knackte ihr Komm. »Leutnant Quell?«

Sie beugte sich gegen die Sicherheitsgurte vor. Ihre Zähne klackten zusammen, und ihre Hüften wurden gegen den Sitz gedrückt, als sie versuchte, durch den Sturm hindurch etwas zu erkennen. Die Schlieren blauen Schlamms auf der Cockpitscheibe verschoben sich, und kurz konnte sie ein Aufflackern weißen Lichts sehen, auf ungefähr zwanzig Grad backbord.

»Leutnant Quell? Bitte, melden Sie sich?«

Sie überdachte ihre Optionen. Sie könnte auf die Blitze zufliegen – auf das Herz des Sturms, wo die Winde am heftigsten tobten. Vielleicht könnte sie einen Aufwind erwischen. Dann müsste sie nur Schub wegnehmen, die Repulsoren deaktivieren und sich von den Böen in die Höhe tragen lassen, während ihre Verfolger unter ihr hindurchflogen. Falls sie nicht die Orientierung verlor oder ohnmächtig wurde, könnte sie anschließend wieder nach unten stoßen und sich hinter ihre Gegner setzen. Vielleicht würde sie einen oder sogar zwei erwischen, bevor sie bemerkten, was los war.

»Bremsen Sie ab und lassen Sie sich in Gewahrsam nehmen, das ist ein Befehl. Alles Weitere wird ein Kriegsgericht klären.«

Natürlich würde man sie abschießen, falls sie bremste. Major Soran Keize war ein guter Mann, ein bewundernswerter Mann, aber sie wusste, dass es keine Gerichtsverhandlung geben würde.

Also nahm sie Kurs auf die Blitze und neigte ihr Schiff Stück für Stück weiter nach unten. Dem Boden entgegen, wie sie sich ins Gedächtnis rufen musste. Der Boden war normalerweise nichts, weswegen sie sich Sorgen machen musste, genauso wenig wie Atmosphäre oder Schwerkraft. Ein weiteres smaragdgrünes Flackern zeigte an, dass ihre Feinde näher kamen. Vermutlich wollten sie sie ins Kreuzfeuer nehmen.

Quell ließ sich vom Wind leiten. Sie konnte Major Keize nicht ausmanövrieren, aber sie war mindestens so gut wie die anderen Piloten seiner Staffel; mit Shana war sie bereits geflogen, sie hatte Tongs Flugdaten gesehen, und falls sie mit diesen beiden nicht mithalten konnte, dann hatte sie es verdient, abgeschossen zu werden. Sie sauste durch eine Böe voll gelben Schlamms hindurch, die ihr einen Moment lang die Sicht raubte, dann fuhr sie die Repulsorleistung herunter, bis die Aerodynamik des TIE-Jägers zum Tragen kam und die Maschine in einem scharfen Winkel von ihrem bisherigen Vektor ausscherte. Das Fliegen innerhalb der Atmosphäre war eine Herausforderung für Quell, aber sie wusste, für ihre Verfolger würde es noch viel frustrierender sein, wenn ihr Ziel von besagter Atmosphäre hin und her gewirbelt wurde. Und tatsächlich: Die nächste Salve von Partikelstrahlen war kaum mehr als ein Schimmer in ihren Augenwinkeln.

Doch natürlich war das nur ein kurzer Aufschub. Ein Donnerknall, laut genug, um ihre Knochen vibrieren zu lassen, verriet Quell, dass sie sich dem Zentrum des Sturms näherte. Zu ihrer eigenen Überraschung überlegte sie kurz, ob sie dem Major noch etwas sagen sollte – eine letzte Bitte oder eine Respektsbekundung, nachdem sie drei Jahre zusammen geflogen waren –, aber dann verscheuchte sie den Gedanken. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen.

Quell spähte durch die verschmierte Cockpitscheibe auf den wirbelnden Mahlstrom von Farben hinaus und beschleunigte, so schnell der TIE es zuließ. Sie ignorierte den Schmerz in ihrem Schädel, ignorierte die bunten Flecken, die vor ihren Augen tanzten, konzentrierte sich voll auf die Instrumente, während sie bis fünf zählte, und dann … neigte sie den Sternjäger um weitere fünfzig Grad nach unten.

Einen Moment später geschahen zwei Dinge gleichzeitig, aber irgendwie nahm Quell sie trotzdem beide war.

Während ihr Jäger der Oberfläche von Nacronis entgegenraste, flogen ihre drei Verfolger – die bereits beschleunigt hatten, um mit Quell mitzuhalten – weiter direkt auf das Zentrum des Sturms zu. Laut ihren Scannern versuchten zwei der feindlichen TIEs, noch abzudrehen, aber dann erfasste sie eine Böe, und während sie abbremsten, wurden sie aufeinander zu gewirbelt. Die Kollision zerstörte beide Maschinen innerhalb eines Wimpernschlags.

Der dritte Pilot versuchte, sich zwischen den zuckenden Blitzen hindurchzuschlängeln. Zunächst hatte er Erfolg, leider konnte seine Maschine nicht mit seinen Fähigkeiten mithalten. Irgendetwas ging schief – Quell vermutete, dass Schlammpartikel durch die Panzerplatten des TIEs gedrungen waren, oder vielleicht hatte ein Blitz die Systeme des Jägers überlastet –, und dann verschwand auch Major Soran Keize von ihrem Sensorschirm. Der beste Pilot des 204. Imperialen Jägergeschwaders war tot.

Im selben Moment, als ihre Verfolger starben, versuchte Quell, wieder aus ihrem Sturzflug aufzusteigen. Von der Welt unterhalb ihres Cockpits war nichts zu erkennen; sie musste sich ganz auf die Instrumente verlassen. Ihr Körper fühlte sich bleischwer an, während sie die Kontrollen des TIEs bediente, und sie hatte es gerade so geschafft, den Jäger aufzurichten … als ein ohrenbetäubender Knall ertönte und ihr Sitz unter ihr erzitterte. Es dauerte eine halbe Sekunde, bis ihr klar wurde, dass die untere Kante des Steuerbordflügels den Sumpfboden von Nacronis gestreift hatte und über den Schlamm schlitterte. Eine weitere halbe Sekunde später verlor sie völlig die Kontrolle über ihr Schiff, und sie machte den Fehler, mit der rechten Hand nach dem Aktivator des Schleudersitzes zu greifen.

Der TIE-Jäger kam abrupt zum Stillstand, und sie wurde nach vorne gegen die Cockpitscheibe geschleudert. Die Sicherheitsgurte schnitten tief in ihren Körper, ihr ausgestreckter rechter Arm wurde verdreht, und sie spürte, wie der Knochen brach. Einen Moment später knallte ihr Gesicht gegen die Innenseite ihres Pilotenhelms. Schmerz und Übelkeit überwältigten sie, und alles, was sie hören konnte, war ein nicht identifizierbares, dumpfes Dröhnen. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen, aber sie kam sofort wieder zu sich – schnell genug, um den noch ganz frischen Schmerz voll auszukosten.

Quell hatte ein extrem gutes Gedächtnis, aber sie konnte sich später nicht mehr daran erinnern, wie sie sich aus ihren Gurten losgeschnitten hatte oder wie sie aus dem Cockpit geklettert war. Auch wusste sie nicht mehr, ob sie sich übergeben hatte, nachdem es ihr gelungen war, den Helm abzunehmen. Sie erinnerte sich vage an den Geruch verbrannter Elektronik und ihres eigenen Schweißes – aber das war alles. Die nächste klare Erinnerung war, dass sie inmitten einer farbenfrohen Marschlandschaft unter ihrem zerstörten Jäger kauerte und zum Himmel hochblickte.

Sie konnte nicht sagen, ob es Tag oder Nacht war. Der brodelnde, feucht glänzende Sturm über ihr sah aus wie ein Wirbel in einem öligen Wasserbecken, und Sonne, Sterne oder beides blieben dahinter verborgen. Die Sturmfront wuchs von Sekunde zu Sekunde sichtbar weiter, und jenseits der weißen Blitze war schwach das orangefarbene Flackern atmosphärischer Explosionen zu sehen: die Waffen der anderen TIE-Jäger.

Quell wusste, die Explosionen würden den Sturm nur weiter nähren, ihm weitere Kraft geben, während er über Nacronis hinwegfegte. Die Böen würden die Türme und Zitadellen der Städte bis auf ihre stählernen Knochen abnagen. Kinder würden an dem Schlamm ersticken, der durch die Straßen blies. Und alles nur, weil ein Befehl gegeben worden war. Ein Befehl, dem sich Quell und Tonas und Barath widersetzt hatten.

Sie sah jetzt, was in den Tagen seit Endor aus ihrem Imperium geworden war. Aber leider kam diese Erkenntnis zu spät, um Nacronis zu retten.

»Sie können von Glück sagen, dass Sie überlebt haben«, sagte der Droide, als Yrica Quell ihre Geschichte beendet hatte.

»Der TIE bot mir ein wenig Schutz. Außerdem wurde das offene Marschland nicht so schwer getroffen wie die besiedelten Gebiete.«

»Das ändert nichts an meiner Einschätzung. Haben Sie denn das Gefühl, dass Sie Glück hatten, Leutnant Quell?«

Sie zog die Nase kraus, und ihr Blick huschte von dem runden Droiden zu den gewellten Metallwänden des umgewandelten Frachtcontainers, in dem ihr Gespräch stattfand.

»Warum nicht?«, fragte sie. »Ich lebe noch. Und man hat mir einen schrecklich charmanten Therapeuten zugewiesen.«

Der Droide zögerte, während er diese Antwort durch mehrere Analysesysteme laufen ließ. Das freudige Ergebnis: Die Feindseligkeit seiner Patientin war kontraproduktiv und unerträglich, aber nicht gegen den Droiden im Speziellen gerichtet. Es war also noch möglich, einen Rapport aufzubauen. Und genau das war die Hauptaufgabe des Droiden. Oder zumindest eine seiner Hauptaufgaben.

»Wir machen morgen weiter«, sagte er. »Dann können wir über die Ereignisse zwischen Ihrem Absturz und Ihrer Rettung durch die Notfallhelfer reden.«

Quell schnaubte, anschließend stand sie auf, zog die Kapuze des Ponchos über ihren Kopf und griff nach der Tür des umgebauten Frachtcontainers. Doch dann hielt sie inne und blickte vom Fotorezeptoren des Droiden zu der Injektionsnadel an einem seiner Werkzeugarme.

»Wirst du manchmal angegriffen?«, fragte sie. »Wenn Leute hier reingeführt werden und sehen, dass ein imperialer Folterdroide auf sie wartet?«

Diesmal ließ ihr Stimmmuster auf eine Mischung aus Feindseligkeit und Neugier schließen.

»Ich habe nicht viele Patienten«, antwortete der Droide. Diese Aussage beinhaltete Informationen, die man als vertraulich betrachten könnte, aber soweit es den Droiden anging, war das Risiko angesichts des potenziellen Vertrauensgewinns akzeptabel.

Quell brummte nur leise und verließ den Raum.

Der Droide ließ die Aufzeichnung ihrer Unterhaltung siebzehn Mal ablaufen, wobei er sich auf die Biowerte der Frau konzentrierte, aber auch die konventionellere Analyse ihrer Stimmdaten nicht vernachlässigte. Im Großen und Ganzen war Quells Geschichte genau das, was man von der Zeugenaussage eines traumatisierten imperialen Deserteurs erwarten würde.

Trotzdem war der Droide sicher, dass sie log.

Traitor’s Remorse* war die schneegepeitschte Barackenversion eines Außenpostens. Auf einer ursprünglich namenlosen Rebellenbasis, in der eine Handvoll verzweifelter Aufständischer untertauchen konnte, war nun zwischen den Schutzzäunen und Durakret-Bunkern ein weitschweifiger Irrgarten improvisierter Unterkünfte entstanden. Zwölftausend Deserteure hatten hier Zuflucht vor dem Zorn des zerbröckelnden Galaktischen Imperiums gefunden. Unter dem aschefarbenen Himmel mussten ehemalige imperiale Soldaten und Techniker Befragungen und medizinische Untersuchungen über sich ergehen lassen, während die frischgebackene Rebellenregierung – die sogenannte Neue Republik – entschied, wie weiter mit ihnen verfahren werden sollte.

* Reue des Verräters; Anm. d. Red.

Die meisten Deserteure waren nur kurz hier. Das waren die Infanteristen und Ingenieure, die Komm-Offiziere und Adjutanten. Sie stellten kein großes Risiko dar und hatten einen potenziellen Nutzen, also bot man ihnen eine Begnadigung an und ließ sie binnen einer Woche wieder frei, damit sie unter dem Kommando republikanischer Offiziere eroberte Sternzerstörer bemannten oder orbitale Minenräummannschaften unterstützten. Wer weniger Glück hatte – die Deserteure, denen nach ihrer Befragung ein hohes Gefahrenpotenzial oder ein geringer Nutzen attestiert wurde –, der saß hier fest, während er versuchte, seine Verlässlichkeit, Loyalität und Moral zu beweisen … und bei all der eintönigen Langeweile nicht den Verstand zu verlieren.

Yrica Quell fiel in letztere Kategorie. Sie fand den Namen Traitor’s Remorse nicht sehr witzig, aber nachdem sie einen Monat hier gewesen war, könnte ihr kein passenderer einfallen, um diesen Ort zu beschreiben.

Eines nebligen Nachmittags joggte sie gerade den Kiespfad von ihrer Barackeneinheit zu den Landefeldern hinauf. Sie musste ihr Tempo drosseln, damit die pochenden Schmerzen in ihrer Schulter nicht zu stark wurden und die Schlinge um ihren Arm nicht verrutschte. Erst war ihr kalt, dann heiß und dann wieder kalt, als der Schweiß abkühlte. Eigentlich sollte sie in ihrem Zustand überhaupt nicht rennen (sie hatte seit ihrem zwölften Lebensjahr keinen gebrochenen Knochen mehr natürlich auskurieren müssen, aber leider wollte niemand hier medizinisches Bacta an ehemalige Imperiale verschwenden), aber sie tat es trotzdem. Allein diese Routine verhinderte nämlich, dass sie vollkommen wahnsinnig wurde.

Früher hatte sie ihren Kopf während des Fliegens freibekommen. Auch das war jetzt keine Option mehr.

Und ihr Therapeut machte die Sache nicht wirklich besser. Anstatt ihr bei der Eingewöhnung in diese neue Umgebung zu helfen, schien der umprogrammierte IT-O-Folterdroide mehr daran interessiert, sie wieder und wieder über ihren letzten Flug zu befragen. Die Bilder von Nacronis, die er dabei aus ihrem Gedächtnis hervorzerrte, waren weder für die Neue Republik noch für sie hilfreich – der Schlammsturm, der durch Siedlungen pflügte, Explosionen am Himmel. Und doch sah es aus, als würde sie diese Erinnerungen erst hinter sich lassen können, wenn der Droide zufriedengestellt war.

Sie näherte sich dem Kontrollpunkt, verließ den Pfad zehn Meter vor dem Eingang zur Landezone und joggte an dem Zaun entlang weiter, der rings um die Asphaltfläche verlief. Türkisfarbenes Gras knirschte, als sie es unter ihren Stiefeln platt drückte – eine kleine Befriedigung. Eine der Wachen winkte ihr zu, und sie nickte knapp. Auch das war Teil ihrer Routine.

Quell rannte weiter, vorbei an der Abfalldeponie und dem Kommunikationsturm. Nach zweihundert Metern am Zaun entlang blieb sie stehen, um die Schlinge zurechtzurücken und ihr schweißnasses Haar zurückzustreichen – die blonden Locken waren länger und ungepflegter als üblich, und sie kitzelten an ihrem Hals. Da ertönte am Himmel über ihr ein lautes Heulen, vermischt mit einem hohen Wimmern. Quell legte den Kopf in den Nacken, die Augen gegen das graue Licht zusammengekniffen, und suchte den dunklen Fleck über dem Horizont.

Auf die Minute genau. Trotz des Chaos des Bürgerkriegs – und der Tatsache, dass sie sich hier in einem entlegenen Winkel der Galaxis befanden – schafften es die Rebellen irgendwie, den Terminplan für ihre täglichen Transporte einzuhalten. Vielleicht hatte die Neue Republik ja tatsächlich eine Zukunft.

Der GR-75 war ein Dinosaurier von einem Raumschiff, träge und klobig selbst für seine Klasse, trotzdem spürte Quell einen leichten Stich, als der zum Bug hin spitz zulaufende Transporter vom Himmel herabsank und ihr Abgase und Abwärme entgegenblies. Irgendwo an Bord berechnete der Pilot gerade die Landevektoren und passte die Instrumente an den atmosphärischen Druck an. Ein Pilot, der das Schiff sicher über die empfohlene Maximalleistung hinaus beschleunigte, wenn er keine Passagiere und keine Fracht an Bord hatte. Quells Finger huschten kurz über unsichtbare Kontrollen, dann ballte sie hastig die Hände zu Fäusten.

Gebt mir einen Shuttle, dachte sie. Einen Speeder. Oder wenigstens einen Simulator.

Der GR-75 setzte so hart auf dem Landefeld auf, dass der Boden erzitterte. Quell beobachtete durch den Zaun, wie einer der Wachtposten eine oberflächliche Überprüfung der Schiffshülle vornahm und dann Richtung Cockpit gestikulierte, man solle die Rampe herunterlassen. Ein Offizier der Neuen Republik mit mehreren Tentakelarmen war der erste Passagier, der von Bord stieg. Er reichte der Wache ein Datenpad, und dann begann der Marsch der Neuankömmlinge.

Abgesehen von dem Offizier waren sie alle Menschen. Das war der offensichtlichste Hinweis auf ihre Herkunft – gemäß der imperialen Propaganda bildete die Menschheit der Galaxis die Basis des Imperiums. Größtenteils waren die Passagiere jung, aber es gab Ausnahmen. Außerdem hatten die meisten einen militärisch kurzen Haarschnitt, nur ein paar sahen etwas schlampiger aus. Nervös blickten sie sich auf dem Landefeld um – diejenigen, die noch ihre imperiale Uniform trugen, waren aller Insignien oder Rangabzeichen verlustig gegangen. Quell vermutete, dass ein paar ihre alten Abzeichen irgendwo versteckt am Körper trugen, in geheimen Taschen oder in ihren Ärmeln.

Die früheren Sturmtruppen waren an ihren Stiefeln zu erkennen – sie waren zu robust und passten zu gut, als dass sie sie hätten wegwerfen wollen, aber ihr weißes Synthleder hatte sich zum Gelb eines fauligen Zahns verfärbt, wo es nicht unter mehreren Schichten Schmutz verborgen lag. Quell musterte die Sturmtruppen kurz, dann strich sie sie von ihrer mentalen Liste. Die Offiziere verrieten sich durch ihre Haltung, und ihre Gesichter studierte Quell genauer, aber es war keiner dabei, den sie kannte. (Sie hatte dem Droiden gesagt: Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis, und das war nicht gelogen.) Kurz empfand sie Befriedigung, als sie eine Feldärztin anhand ihres Akademieringes identifizierte, aber davon abgesehen stach ihr nichts ins Auge.

All diese Leute waren Bastarde, das wusste sie. Die Neuankömmlinge wurden mit jedem Tag schlimmer.

Als sie vor einem Monat hier angekommen war, hatte es in Traitor’s Remorse bereits vor Deserteuren gewimmelt, die ihren Posten nach der Schlacht von Endor verlassen hatten. Einige waren voller Mut hergekommen, andere aus Feigheit, aber Quell respektierte ihren Weitblick: Der Imperator, der diese interstellare Zivilisation aufgebaut und zwei Jahrzehnte lang beherrscht hatte, war tot, und diese Leute hatten erkannt, dass das Imperium ohne ihn nicht überleben würde. Ohne einen klaren Thronerben würden die Sünden des Imperiums (und davon gab es viele, das konnte nicht einmal der dienstbeflissenste Loyalitätsoffizier bestreiten) alles zerfressen und zerstören, was noch übrig war. Sie hatten erkannt, dass sie den unmöglichen Sieg der Rebellenallianz – die Eliminierung des Imperators an Bord seiner eigenen, gewaltigen Kampfstation – anerkennen mussten.

Quell war nicht Teil dieser ersten Welle von Deserteuren gewesen; sie war mit der zweiten Welle hergekommen.

Die Tage nach dem Tod des Imperators waren chaotisch gewesen. Der entschlossene Aufstand von Tausenden Planeten hatte nicht nur bewiesen, dass die Rebellen recht gehabt hatten, was die öffentliche Meinung über das Imperium betraf. Er hatte auch klargemacht, dass es keine Rückkehr zu den alten Strukturen geben würde, keine schnelle Wiederherstellung der alten Herrschaftsform. Doch in den Überresten des imperialen Militärs war schon bald eine neue Strategie herangereift. Flotten überall im bekannten Raum hatten sich an der Operation Asche beteiligt: der Auslöschung von Zivilisationen auf Nacronis und Vardos, auf Candovant und Commenor und vielen weiteren Planeten … solchen, die loyal zum Imperium standen ebenso wie solchen, die offen rebellierten. Solchen, die reich an Rohstoffen waren ebenso wie solchen, die nichts außer Erinnerungen an bessere Zeiten zu bieten hatten. Sie wurden von Bränden verschlungen, mit Giftgas erstickt oder unter Fluten begraben, als das Imperium ihre eigenen Wettersysteme und die Beschaffenheit des Geländes gegen sie einsetzte. Nacronis war von Schlammstürmen verwüstet worden; auf Senthrodys hatten tektonische Sprengungen die Planetenkruste zerfetzt.

Das Imperium hatte versucht, sie alle zu zerstören. Nicht etwa damit die Neue Republik von ihren Ressourcen abgeschnitten war. Nicht, weil es Teil eines weitreichenden Plans zum Schutz des Imperiums war. Natürlich hatten die verbliebenen Admiräle behauptet, dass sie aus diesen Gründen handelten, aber das erklärte längst nicht alles. Zugegeben, vielleicht hatten sie Operation Asche für unabdingbar gehalten, aber es war offensichtlich – mehr als offensichtlich –, dass diese Aktionen aus Zorn und Hass geboren waren, und dass sie den Zerfall des Imperiums höchstens verlangsamen konnten.

Operation Asche war ein Wendepunkt gewesen. Loyale Soldaten, die auf Befehl des Imperators ganze Planeten entvölkert hatten, sahen, wie Milliarden Leben ohne jeglichen strategischen Sinn ausgemerzt wurden, und sie erkannten, dass der moralische Gradmesser des Imperiums neu ausgerichtet worden war. Kriegshelden, die das Gemetzel nicht mitansehen konnten, stellten sich gegen ihre Vorgesetzten. Imperiale Sondereinsatzkommandos verhinderten die Zerstörung von Naboo, indem sie für die Bevölkerung kämpften. Sie alle waren zu derselben Einsicht gelangt: Es war eine Sache, einen hoffnungslosen Krieg zu führen, aber den Preis dieses Krieges zu ignorieren, war etwas vollkommen anderes.

Das war die zweite Welle der Deserteure gewesen.

Was bedeutete: Alle, die noch länger beim Imperium geblieben waren, hatten die bewusste Entscheidung getroffen, besagten Preis zu ignorieren. Zu ignorieren, dass das Imperium nicht mehr zu retten war, und trotzdem weiterzukämpfen, ganz gleich, welche Konsequenzen das auch für den Rest der Galaxis hatte.

An jedem Tag nach Operation Asche war die Sinnlosigkeit der Verwüstung deutlicher geworden. Jeden Tag war die Ethik der verbliebenen Imperialen erneut auf die Probe gestellt worden. Soweit es Quell anging, hatten die Männer und Frauen an Bord dieses GR-75-Transporters zu viele Gelegenheiten verstreichen lassen, um jetzt noch Mitgefühl zu verdienen. Und die, die man morgen herbrachte, würden noch schlimmer sein.

Eine Stimme stach durch ihre Gedanken wie eine Nadel. »Und, ist jemand dabei, der Ihnen gefällt?«

Ein Mann in einem zerknitterten Mantel trat auf Quell zu, wobei er immer wieder auf das Gras hinabblickte, als hätte er Angst, er könnte auf eine Mine oder einen Glassplitter treten. Man hätte ihn für einen Menschen halten können – einen drahtigen, schwarzhaarigen Menschen mit brauner Haut, ein paar Schattierungen dunkler als Quells eigene rötlich braune Haut, dessen schlaksiger Körperbau unter seiner Kleidung verborgen war –, wären da nicht die beiden wurmartigen Auswüchse gewesen, die oben aus seinem Schädel ragten. Sie kannte diese Spezies: ein Balosar.

»Wohl kaum«, antwortete Quell. Sie hatte ihn nie zuvor gesehen; er war nicht mit einem der Transporter hier angekommen, und er hatte auch nie in der Schlange an der Essensausgabe gestanden. Obwohl er keine Uniform trug, war er offensichtlich kein Deserteur. »Aber es ist nicht verboten, auf dieser Seite des Zauns zu stehen«, fügte sie hinzu.

»Sie können stehen, wo Sie wollen«, erwiderte der Mann, der nun selbst stehen geblieben war, drei Schritte von Quell entfernt. Er blinzelte in Richtung Transporter, wo immer noch Neuankömmlinge von Bord stiegen – jeder wechselte ein paar Worte mit der Wache und ging dann weiter, um sich abfertigen zu lassen. »Nach wem suchen Sie denn? Sie kommen jeden Tag her. Erwarten Sie Freunde? Einen Liebhaber? Jemanden, der Sie hier rausholt?«

»Ich dachte, es steht uns frei zu gehen, falls wir wollen. Wieso sollte ich da einen Retter brauchen?«

Das stimmte nur zur Hälfte, aber Quell war neugierig auf die Reaktion des Balosar. Offiziell konnten die Bewohner von Traitor’s Remorse jederzeit ihre Sachen packen und gehen. Aber das würde ihnen natürlich den Zorn der Neuen Republik einbringen, und wer konnte schon sagen, wie nachtragend die Rebellenregierung wirklich war? Wer das Lager ohne Begnadigung verließ, riskierte eine gefährliche Zukunft.

Der Mann zuckte nur mit den Schultern. »Freut mich, dass Sie das sagen. Es gibt leider viele, die sehen die Sache anders.« Sein Ton wurde kälter. »Bitte, beantworten Sie meine Frage? Auf wen warten Sie?«

Quell hörte Ungeduld in seiner Stimme. Der Mann war daran gewöhnt, dass man seinen Anweisungen nachkam. Oder zumindest wollte er diesen Eindruck vermitteln. Sie blickte ihn nicht an, denn in der Reihe der Deserteure war gerade die Antwort auf seine Frage aufgetaucht. »Sehen Sie den Kerl mit den Narben?« Sie deutete unauffällig mit dem Finger auf einen stämmigen Mann in einer Lederweste. Rote Linien verliefen von seinem Hals bis zur Unterseite seiner Ohren.

»Ja«, sagte der Balosar, aber seine Aufmerksamkeit war weiterhin ganz auf Quell gerichtet.

»Ich habe solche Narben schon mal gesehen. Das sind chirurgische Erweiterungen. Ich vermute, er war ein Kandidat für eine der Elite-Sturmtruppendivisionen – vielleicht die Todestruppen –, aber sein Körper hat die Modifikationen nicht verkraftet.«

»Falls das stimmt, steht es sicherlich in seiner Akte. Wieso beobachten Sie ihn?«

Quell drehte sich zu dem Balosar herum und schluckte ihre Frustration hinunter, bevor sie sprach. Falls er zur Neuen Republik gehörte, brauchte sie ihn. »Ein Mann mit seiner Vergangenheit, der so lange beim Imperium geblieben ist … Glauben Sie, so jemand kann ein guter Rekrut werden? Möchten Sie, dass er hier frei und unbehelligt durch den Außenposten spazieren kann?«

Die Lippen des Balosar zuckten, als er begriff, und er lächelte. »Sie wollen uns vor schwarzen Schafen schützen. Sehr großzügig. Aber wir haben den Krieg gewonnen; wir können auf uns selbst aufpassen.« Er streckte die Hand aus. »Caern Adan. Geheimdienst der Allianz … Verzeihung, der Neuen Republik.«

Quell schüttelte seine Hand. Während all der Befragungen seit ihrer Ankunft war sie nie einem Agenten der Neuen Republik begegnet. Mitarbeiter des imperialen Sicherheitsbüros hatten sie stets mit Grauen erfüllt, aber noch war sie nicht bereit, Angst vor Adan zu haben.

Sein Handschlag war sanft, bis sie selbst zudrückte. Dann wurde er ebenfalls fester. »Yrica Quell. Vormals Leutnant des 204. Jägergeschwaders. Jetzt der Gnade der Neuen Republik ausgeliefert.«

»Gnade? Ich dachte, das wäre für das 204. immer ein Fremdwort.« Er sah aus, als würde er gleich loslachen, aber er tat es nicht. »›Schattengeschwader‹, so nannte man es doch. Ein guter Name, fast so gut wie Todesstern. Vor Endor war es überall im Einsatz, bei Blackstar Cyst, bei Mennar-Daye, überall, wo Rebellen abgeschlachtet und Hyperraumrouten geschützt werden mussten … waren Sie zufällig bei dem Einsatz über Mimban beteiligt?«

Die Aufzählung der Namen traf Quell wie eine Ohrfeige, aber sie zeigte keine Reaktion. Ihr Treffen war kein Zufall, und er hatte seine Hausaufgaben gemacht. »Das war vor meiner Zeit«, sagte sie.

»Schade. Die Geschichte hätte ich wirklich gerne gehört. Einige meiner Kameraden wussten nicht mal von Ihrer Existenz – nun, zumindest bis Nacronis –, aber wir beide wissen, dass Sie bereits seit Jahren erfolgreiche Einsätze geflogen sind. Hätte Großgeneral Loring Ihre Fähigkeiten mehr zu schätzen gewusst, oder hätte Darth Vader dem Sternjägerkorps mehr Beachtung geschenkt, wären Sie vermutlich selbst bei Endor dabei gewesen. Wer weiß, vielleicht hätten Sie den armen Imperator sogar schützen können.«

»Wer weiß.«

Adan wartete auf weitere Worte. Sein Lächeln verblasste, ohne aber ganz zu verschwinden. Als sie nichts sagte, fuhr er schließlich fort: »Nun, das liegt jetzt in der Vergangenheit. Seit Operation Asche tritt das Schattengeschwader immer offensichtlicher in Erscheinung. Neun Sichtungen in gerade mal zwei Wochen. Sie zerstören Konvois, bombardieren Außenposten … sogar einen unserer Sternkreuzer haben sie ausgeschaltet.«

Ein weiterer verbaler Reaktionstest, sorgfältiger geplant als der letzte. Vielleicht log er, aber es klang plausibel. Doch obwohl ihre Verletzungen im Rhythmus ihres beschleunigten Pulses pochten, blieb Quell weiter ungerührt stehen.

»Neun Sichtungen in zwei Wochen«, wiederholte sie. »Aber seit Nacronis sind vier Wochen vergangen.«

Adan nickte schroff, dann blickte er zu Boden, als suchte er nach einem Platz, an den er sich setzen könnte. Letztlich begnügte er sich damit, das Gewicht von einem Fuß auf den anderen zu verlagern. »Genau deswegen bin ich hier. Dutzende der besten imperialen Piloten sind verschwunden, und das zu einem so kritischen Zeitpunkt. Sie verstecken sich nicht irgendwo, während sie auf Befehle warten. Nein, sie sind untergetaucht.«

Sie betrachtete nicht länger die Reihe von Deserteuren, die auf das Landefeld trat. Sie sah nicht mal Adan an. Ihre ganze Konzentration galt den Worten, die in ihrem Kopf kreisten. »Haben Sie eine Theorie?«, wollte sie wissen.

»Ich habe einen Plan«, erwiderte Adan. »Ich stelle eine Gruppe zusammen, um die Situation zu analysieren. Experten, die die Daten interpretieren und den nächsten Zug des Feindes voraussehen können. Und nebenbei vielleicht ein paar eigene Nachforschungen anstellen.«

Quell schluckte bei diesen Worten. Ich stelle eine Gruppe zusammen.

Sie schnitt den Trotz aus ihrer Stimme, als wäre es ein Tumor, und sagte vorsichtig: »Ich hatte auf eine militärische Position gehofft. Als Pilotin.«

Adans Lächeln wurde wieder breiter. »Da bin ich sicher, aber wir haben Ihre Akte gesehen. Die Schattengeschwader-Pilotin, die Nacronis nicht retten konnte. Sie hatten keine hohe Sicherheitsfreigabe, keinen Zugang zu vertraulichen Informationen, keine besondere Ausbildung – Ihr einziges Talent war, Rebellen abzuschießen. Da ist es nur verständlich, dass niemand Sie rekrutieren will.«

Aber Sie können für den Geheimdienst der Neuen Republik arbeiten, das war, was Adan wirklich sagte. Sie sitzen an einer Konsole und helfen dabei, Jagd auf Ihre alten Freunde zu machen. Und falls Sie brav sind, springt vielleicht eine Begnadigung dabei heraus.

Laut sagte der Balosar: »Denken Sie drüber nach. Sollte ich entscheiden, dass ich Sie dabeihaben will, komme ich wieder. Und dann haben Sie besser eine Antwort für mich.«

Einen Monat hatte Yrica Quell auf eine Gelegenheit gewartet, sich zu beweisen. Eine Gelegenheit zu zeigen, dass sie das 204. Jägergeschwader aus gutem Grund hinter sich gelassen hatte. Dass sie der Neuen Republik Talente bieten konnte, die dort gebraucht wurden. Dass sie das Sternjägerkorps mit imperialer Disziplin und Strenge bereichern könnte.

Sie hatte darauf gewartet, am letzten Akt des Krieges teilzunehmen, wieder zu fliegen. Etwas Anständiges zu tun, wie sie es so lange nicht hatte tun können.

Sie war nicht sicher, ob Caern Adans Angebot das war, was sie wollte. Vielleicht hatte sie es sich noch nicht verdient.

Nachts wurde es kalt in Traitor’s Remorse. Die leicht betäubende Kühle des Tages wich einem frostigen Wind, der den Poncho um Quells Hüften aufblähte und sie zwang, mit ihrer heilen Hand die Kapuze festzuhalten. Sie stemmte sich gegen die Böen, während sie zwischen umgebauten Frachtcontainern und unter baumelnden Stromkabeln hindurchstapfte, dem Schutz eines Bunkers entgegen, den man in die Flanke eines niedrigen Hügels gegraben hatte.

Das Tosen des Windes blieb hinter ihr zurück, und an seine Stelle traten Lachen und Unterhaltungen. Als ihre Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, sah Quell zwei Dutzend Gestalten, die auf Kisten oder dem nackten Boden saßen, Karten und Würfel spielten, alte Geschichten austauschten und Narben verglichen. Nur miteinander trinken konnten sie nicht, denn es gab nichts in Traitor’s Remorse, was es wert gewesen wäre, damit anzustoßen. (Es gab einen Schwarzmarkt für härtere Genussmittel wie Ryll oder Todesstäbchen, aber niemand war dumm genug, sie so öffentlich zu konsumieren.)

Quell war hierhergekommen – in den »Bau«, wie sie es nannten –, um zu handeln. Sie hatte keine Freunde in Traitor’s Remorse, nur flüchtige Bekanntschaften, einen alten Mann, mit dem sie ihre Rationen teilte, aber keine Freunde, doch sie war länger hier als die meisten, und Wissen war eine mächtige Währung. Sie wusste, welche Offiziere der Neuen Republik gerne mal ein Auge zudrückten, und welche besonders »nachtragend« waren. Sie wusste, wo man eine zusätzliche Ration kaufen konnte und welche Wachen bereit waren, Nachrichten aus dem Lager zu schmuggeln. Sie kannte alle Gerüchte, und jeder, der Caern Adan kannte, würde ihr nun mit besonderem Respekt begegnen.

Quell ging tiefer in den Bunker hinein, einen Korridor hinab und an einem jungen Logistikberater vorbei, der den Inhalt imperialer Verlustlisten zum Kauf anbot. Sie nickte einem Ingenieur zu, der ihr geholfen hatte, ein defektes Heizgerät zu reparieren, doch der Mann war ganz auf ein Diagramm konzentriert, das er mit dem Finger auf den Boden gemalt hatte. Aber die Gesichter, nach denen sie suchte, entdeckte sie nicht, und sie war schon im Begriff, wieder zu gehen, als sie den Sturmtruppler bemerkte.

Die Narben an seinem Hals schienen im flackernden, elektrischen Licht rot zu brennen. Er drehte einen Hydrospanner in seiner Hand hin und her, als wäre es eine Waffe – und falls ihre Vermutung stimmte und er sich bei den Todestruppen beworben hatte, dann hatte er das Werkzeug vielleicht auch schon als Waffe benutzt.

Quell war keine aggressive Person. An der Akademie hatte sie sich nie zu einer sinnlosen Schlägerei provozieren lassen; das einzige Mal, als sie sich mit jemandem geprügelt hatte, war sie noch ein Kind gewesen. Sie war beim Militär, sicher, aber sie war eine Pilotin – das Fliegen kam zuerst, das Zerstören von Zielen folgte erst später. Trotzdem näherte sie sich dem Mann ohne jede Furcht vor den Konsequenzen. Sie wollte ihn fragen: Also, warum hast du beschlossen, das sinkende Schiff zu verlassen?

Und falls er ihr die falsche Antwort gab? Falls er handgreiflich wurde? Nun, nachdem sie sich den ganzen Tag so klein und hilflos gefühlt hatte, war ein Kampf vielleicht genau das Richtige für sie.

Sie bekam keine Gelegenheit, ihre Frage zu stellen.

Zuerst war da eine Vibration. Der Boden erzitterte, und sie schluckte eine Lungevoll Staub, bevor sie den Knall hörte. Die darauf folgenden Schreie klangen seltsam gedämpft, und Quell erkannte, dass sie taub war. Und blind, aber das lag am Staub – eine fahlweiße Wolke, die in ihre Nase stach und die schwache Beleuchtung absorbierte.

Ich bin getroffen, dachte sie kurz, aber das war nur eine Instinktreaktion. Ihr war nichts passiert. Nur, was den Rest des Baus anging, da war sie sich nicht so sicher.

Ein Teil ihres Gehirns rekonstruierte ruhig, was geschehen war, während sie durch die Düsternis stolperte. Eine Bombe – nichts Großes, vielleicht eine umgebaute Plasmagranate. Jemand hatte sie im vorderen Raum platziert und dann gezündet. Sicher einer der neuen Deserteure, die mit dem GR-75 angekommen waren. Er hatte ein Exempel an den Verrätern des Imperiums statuieren wollen. Die Teile des Puzzles setzten sich ganz leicht zusammen, denn dasselbe war bereits zweimal zuvor passiert. Aber noch nie war sie der Explosion so nahe gewesen.

Ihr Fuß trat auf etwas Weiches – einen blutüberströmten Arm und Lederfetzen. Quell beugte sich vor und stellte zu ihrer großen Erleichterung fest, dass der Arm noch an einem Körper hing. Es war der Sturmtruppler. Der Todestruppen-Kandidat. Sie kniete sich neben ihn, legte ihren heilen Arm um seine breite Schulter und half ihm, sich auf die Beine hochzustemmen.

Er war ein Bastard, sagte eine Stimme in ihrem Kopf, während sie ihn auf dem Weg zum Ausgang stützte. Aber wer in Traitor’s Remorse war das nicht?

Sie stolperten bei jedem zweiten Schritt, und sie husteten Staub, während sie sich an den gedämpften Rufen orientierten. Schließlich verschwand das Gewicht von Quells Schulter, und sie erkannte, dass ihr jemand den Sturmtruppler abgenommen hatte. Sie konnte inzwischen fast wieder hören. Jemand – vielleicht dieselbe Person, die sich des Sturmtrupplers angenommen hatte – fragte sie, ob es ihr gut ging. Sie würgte eine Antwort hervor und taumelte aus dem Bau in das künstliche Glühen der Barackenstadt hinaus.

Niemand hielt sie auf, als sie sich durch den Kreis aus vormals imperialen Schaulustigen und nervösen Wachleuten der Neuen Republik drängte. Niemand beachtete sie auch nur. Kurz erwog sie zurückzugehen, aber sie war benommen und halb taub, und mit jedem Atemzug atmete sie eine Staubwolke ein. In diesem Zustand würde sie den Rettungskräften nur im Weg herumstehen.

Aber während sie dastand und spuckte und hustete, wurde ihr noch etwas anderes klar.

Sie wusste nicht, ob Caern Adan ihr je eine Gelegenheit geben würde zu fliegen, oder sich zu beweisen, oder irgendetwas Anständiges zu tun. Aber der Bombenanschlag hatte sie daran erinnert, dass all diese Dinge ein Luxus waren.

Sie musste fort aus Traitor’s Remorse. Das war jedes Risiko wert.

Caern Adan streckte das Gummiband zwischen Daumen und Zeigefinger, dann ließ er los und beobachtete, wie es quer durch die Abstellkammer flog, die ihm als Büro diente. Das Band verformte sich im Flug, verfehlte IT-O um ungefähr zehn Zentimeter und segelte durch die azurblau gefärbten Partikel des Hologramms. Einen Moment später verblasste das pixelige, flackernde Abbild der humanoiden Gestalt, das der Droide in den Raum projiziert hatte.

»Sie sind aufgebracht«, stellte IT-O fest. Nicht sehr hilfreich.

»Ich brauche etwas Handfestes«, erwiderte Caern.

»Das ist Ihre Aufgabe, nicht meine.«

IT-O adjustierte seinen Holoprojektor – eine Erweiterung, die Caern dem Droiden vor mehreren Monaten eingebaut hatte –, und die Gestalt erschien von Neuem, diesmal um das Zwölffache vergrößert. Yrica Quell starrte aus faltenlosen, blutunterlaufenen Augen über ihre markante Nase hinweg. Da war etwas Zerbrechliches an ihr, das weit über die gut sichtbaren Schnitte an Mund und Stirn hinausging – eine Art gläserne Schärfe; etwas, was verletzen oder auseinanderbrechen konnte. Imperiale Arroganz, zersplittert und zu Staub zermahlen.

Caern studierte ihr Gesicht, dann seufzte er. »Vermutlich hast du recht«, sagte er. »Sie lügt. Aber worüber genau lügt sie? Oder …« Der Droide setzte zu einer Antwort an, aber er brachte ihn mit einer Handbewegung zum Verstummen. »Wie wäre es damit: Welchen Teil ihrer Aussage hältst du für wahr?«

IT-O schwebte auf und ab wie ein Spielzeugschiff in einer leichten Strömung. »Sie hat Traumata erlitten«, erklärte er.

Caern widerstand dem Drang einzuwerfen: Haben wir das nicht alle?

»Körperlich, versteht sich«, fuhr der Droide fort. »Aber sie hat auch Probleme, vergangene Ereignisse zu verarbeiten. Sie ist isoliert. Gleichzeitig hyperwachsam und geistesabwesend.«

»Ziemlich vage«, brummte Caern. »Du solltest Wahrsager werden.«

»Ein Vertrauensverhältnis aufzubauen braucht Zeit. Ohne einen solchen Rapport kann ich weder meiner Patientin helfen noch Ihnen.«

Das war ein altes Argument, mit dem Caern sich nicht aufhalten wollte. »Ihre Hintergrundgeschichte stimmt, soweit wir wissen. Die Missionsdetails können wir natürlich nicht überprüfen, aber sie war definitiv beim Schattengeschwader.« Er stand auf und streckte die Hand nach dem Türöffner aus. »Gibt es irgendeinen Grund zu der Annahme, dass sie eine Spionin sein könnte? Dass diese ganze Deserteur-Geschichte nur eine Fassade ist?«

»Falls sie eine Spionin ist, dann keine sonderlich gute.«

»Wieso?«

»Nun, wir verdächtigen sie doch, oder etwa nicht?«

»Vielleicht sind dem Imperium die kompetenten Spione ausgegangen.« Caern drückte auf das Kontrollfeld und trat in den Gang hinaus. »Komm. Wir brauchen frische Luft.«

Sie schritten durch die Gänge des Bunkers, vorbei an behelfsmäßigen Computerstationen und Kommunikationsterminals. Einer der Vernehmungsoffiziere murmelte einen Gruß, und Caern murmelte zurück. Was IT-O anging – eine Hälfte der Leute warf ihm finstere Blicke zu, die andere ignorierte ihn; selbst an guten Tagen war der Folterdroide eine polarisierende Erscheinung.

Draußen angelangt, schlang Caern seinen Mantel enger um sich. Er spürte eine ferne Vibration – eine Art Bohrer, der sich durch den Fels grub – und zog die Fühler in den Schädel ein, um die unangenehme Empfindung abzuschwächen. Die Quelle des Grollens schien einen Hügel weiter in einem umzäunten Teil des Außenpostens zu liegen. Er winkte IT-O zu, ihm zu folgen, dann marschierte er durch Gras und Schlamm los, bis er die Ruinen des qualmenden Bunkers sehen konnte. Ein Dutzend Techniker der Neuen Republik waren am Eingang versammelt und trug Ausrüstung, Gesteinsbrocken und Leichen ins morgendliche Licht hinaus.

»Weißt du, was das ist?«, fragte er IT-O mit einem Nicken in Richtung der Trümmer.

»Ein Symbol für irgendein Argument, das Sie machen wollen?«

Caern verzog das Gesicht und wischte sich mit dem Ärmel über die Oberlippe; seine Nase lief wegen der Kälte. »Ein Informationsversagen. Ja, es ist symbolisch. Aber es war auch vorhersehbar und vermeidbar. Das ist der vierte Bombenanschlag in diesem Lager.«

»Es war vorhersehbar, in dem Punkt sind wir uns einig«, räumte IT-O ein.

»Aber niemand sonst will es sehen. Wir haben hier einen Außenposten voll übergelaufener Frontschweine und Piloten. Die imperiale Definition von Sicherheit ist, jeden zu erschießen, der geheime Informationen besitzt. Dass diese Informationen nicht mehr geheim sind, interessiert niemanden, und wir haben zu viele Probleme, um nach Selbstmordattentätern zu suchen.«

Die Wahrheit sah sogar noch grimmiger aus. Das Problem lag bei der Führung. Die Neue Republik war eine militärische Organisation – ganz gleich, was Kanzlerin Mon Mothma auch sagte, ihre Wurzeln in der aufständischen Rebellenallianz hatten bleibende Spuren hinterlassen –, und sie kannte nur militärische Lösungen. Aber daran musste er IT-O nicht erinnern, also sagte er stattdessen: »Der Geheimdienst muss die Neue Republik zusammenhalten, falls sie eine Zukunft haben soll. Nur scheint niemand da oben das zu erkennen. Oder sich darum zu kümmern, ganz gleich, wie viele Bomben auch hochgehen.«

»Diese Opfer sind nicht allen in der Regierung egal, und das wissen Sie.«

»Die Opfer vielleicht nicht – aber weswegen sie sterben, schon.«

»Wir reden hier über eine Regierung, die kaum Zeit hatte, sich richtig zu formieren«, erwiderte IT-O. »Zu erwarten, dass die Neue Republik in so kurzer Zeit eine Philosophie nationaler Sicherheit entwickelt hat, wäre unlogisch.«

»Vielleicht«, brummte Caern. Er warf dem Droiden einen Blick zu und fragte sich (wie so oft), ob die Einheit versuchte, ihn zu manipulieren; ihn zu einer Schlussfolgerung zu führen, die er sonst nicht gezogen hätte. Aber der karmesinrote Fotorezeptor des Droiden war ein Buch mit sieben Siegeln. »Trotzdem ist der Geheimdienst der Neuen Republik unterfinanziert und unterbesetzt. Aber falls jemand zur Abwechslung mal etwas richtig machen würde …«

»Sie glauben, eine Geheimdienstoperation zur Zerstörung des 204. Jägergeschwaders würde die Führung der Neuen Republik zwingen, ihre Prioritäten zu überdenken.«

»Wieso nicht?« Caern blickte wieder zu dem Rauch und der Zerstörung hinüber. »Das Schattengeschwader war uns schon vor Endor ein Dorn im Auge, nur hatten wir damals mehr Angst vor einer neuen Kampfstation als vor imperialen TIE-Piloten. Jetzt haben wir die Huntsman und die Kalpana einschließlich beider Mannschaften verloren. Außerdem bin ich sicher, dass das 204. an dem Überfall auf Beauchen beteiligt war. Selbst, wenn man den Völkermord von Operation Asche ausklammert, sind sie noch immer für Tausende Tode verantwortlich.« Er deutete auf die Ruinen des Bunkers. »So sieht das Imperium heute aus: weniger planetenzerstörende Superwaffen, aber umso mehr kaltblütige Fanatiker.«

»Und Terrorbekämpfung ist eine Spezialität des Geheimdienstes.«

»Genau!« Caern klatschte in die Hände. »Wenn ein Geheimdiensttrupp das Schattengeschwader ausschaltet, dann müssten sie eingestehen, dass ich recht habe. Was die Bedrohung angeht – und die Lösung.«

»Sie wollen die Neue Republik überzeugen, dass Geheimdienstoperationen das beste Mittel gegen imperiale Splittergruppen sind. Aber bedenken Sie, wie viele Ressourcen aus anderen Bereichen abgezogen werden müssen, um mit einer solchen Gruppe Jagd auf das Schattengeschwader zu machen.«

Caern zuckte mit den Schultern. »Na und? Es wäre für alle das Beste.«

Die Repulsoren des Droiden surrten, als sein runder Körper an Adan vorbeischwebte und in Richtung des zerstörten Bunkers den Hügel hinabglitt. »Geht es Ihnen darum, einen Feind der Neuen Republik zu besiegen? Oder darum, sich in einer Zeit politischer Instabilität möglichst viel Macht zu sichern?«

»Das eine schließt das andere nicht aus.« Caern konnte seine Verärgerung nicht ganz verbergen. Es wäre für alle das Beste, wollte er wiederholen. Und es stimmte: Die Bedrohung durch das Schattengeschwader war real und unmittelbar, und solange er dafür sorgte, dass es weniger Anschläge und weniger Operationen wie »Asche« gab, sollte es doch egal sein, ob er sich mehr Ressourcen und mehr persönlichen Einfluss sicherte. Eine Regierung zu führen und die Bevölkerung zu schützen war eine Sache; einen Imperator zu töten eine völlig andere. Je früher die Neue Republik das lernte, umso besser.

Er zwang sich, ruhig zu atmen. »Die eigentliche Frage«, sagte er, während er IT-O folgte, »lautet: Ist Yrica Quell die Person, die ich brauche?«

Der Droide verharrte. Caern konnte die tiefe Konzentration der Maschine spüren, als sie Dutzende von Szenarien durchspielte und Tausende medizinische Texte nach einer Antwort durchforstete. Die Stille beruhigte Adan. Ganz gleich, wie irritierend IT-O auch sein konnte, seine Bereitschaft zu arbeiten – Fakten zu analysieren, damit er die bestmögliche Entscheidung treffen konnte –, verdiente Respekt.

»Nein«, antwortete der Droide schließlich. »Das glaube ich nicht.«

Frustration loderte in Caerns Brust auf. Er richtete seinen Blick wieder auf die Säule aus Rauch, die sich wabernd über den Trümmern erhob. Sie war hier gewesen, das wusste er – den Berichten zufolge hatte sie sogar jemandem aus dem Bunker geholfen –, und er versuchte, sie sich vorzustellen: verwundet, zerbrechlich, über und über bedeckt mit Staub und Blut.

Sie war eine Lügnerin. Während ihrer Zeit beim 204. hatte sie weiß der Mynock wie viele Verbrechen begangen. Dann war ihr bewusst geworden, dass das Imperium auseinanderbrach, und nun behauptete sie, ein Gewissen zu haben. Personen dieser Couleur hatte Caern schon oft getroffen. Früher oder später verfielen sie alle wieder in ihre alten Muster.

Aber damit würde er schon fertigwerden.

Denn ganz gleich, was IT-O sagte, er brauchte Quell.

»Gib unserer Freundin Bescheid«, befahl Caern. »Unsere Einsatzgruppe kommt morgen zusammen.«

2

ANGRIFFSWINKEL

Sie waren keine Helden, aber sie feierten, als wären sie welche. Sie marschierten Arm in Arm durch die Stadt und jagten Feuerwerk zum Grinsenden Mond von Jiruus hoch. Sie sangen imperiale Hymnen, unterbrochen von vulgären Scherzen anstelle von Lobpreisungen. Sie tanzten zur Musik, die aus den Türen der Bars und den Fenstern der Wohngebäude hallte – oder zum Takt ihres eigenen Klatschens, wenn sie unter den missbilligenden Blicken verunstalteter Statuen Plätze und Parks durchquerten. Und da sie so feierten wie Helden, wurden sie auch von anderen wie solche begrüßt. Die Bürger von Jiruus fragten nach ihren Namen, boten ihnen zu essen und zu trinken an oder stimmten kurzerhand selbst in die Festlichkeiten ein, die schon einen Monat andauerten und vermutlich nie enden würden. Sie tanzten mit den Leuten von Jiruus, bis ihnen schwindelig wurde und ihre Pilotenanzüge schweißgetränkt waren, und sie hielten nur inne, um aus ihren Feldflaschen oder den Brunnen der Stadt zu trinken.

Sie waren Kameraden, Veteranen eines Krieges, der erst vor Kurzem gewonnen wurde. Und in der Stunde nach Mitternacht, in einem Garten voll schillernder Farben, verabschiedeten sie sich schließlich von einem der ihren.

»Wyl Lark, du zu groß geratener Bauernjunge – wir werden dich vermissen, ganz egal, was die anderen auch sagen!« Sata Neek krächzte und ließ den Schnabel unter seinen vorstehenden Stielaugen klacken, dass es aussah, als würde er ein kleines Tier verschlingen. Er stand gegen Wyl gelehnt und würde vermutlich umkippen, falls sein Freund ihn nicht mehr stützte. Wyl hatte gelernt, dass dieses Anlehnen bei Sata Neeks Volk als Zeichen der Freundschaft galt (und nicht der Trunkenheit, wie die meisten vermuteten).

»Ihr wart immer gut zu mir«, sagte Wyl. »Ich werde euch …«

Eine weitere Serie von Klack- und Krächzlauten unterbrach ihn. »Aber Sonogari? Er würde nie zugeben, dass er dich vermisst. Und Nasi wird auf jedes Laken spucken, auf dem du je geschlafen hast. Und Rep Boy? Vergiss es! Nein, nein, aus der gesamten Chaos-Staffel wird dich nur Sata Neek wirklich vermissen!«

Sata Neek plapperte weiter vor sich hin. Wyl grinste und drehte sich herum – zu Sonogari, der ihm einen Kuss auf die Stirn drückte und dann in einen Teich voll blühender Lilien hineinwatete; und zu Nasi, die die Augen verdrehte. Rununja, eine schmalgesichtige Duros, deren stahlblaue Haut fast denselben Farbton hatte wie das Moos in dem Garten, übertönte Sata Neeks Gebrabbel mit ihrer autoritären Stimme. »Dann bist du also sicher? Morgen?«

»Es sei denn, ihr braucht mich«, erwiderte Wyl. »Ansonsten werde ich tun, was ich gesagt habe. Ich werde meinen Scanner eingeschaltet lassen und mein Schiff abgeben, sobald ich ankomme.«

»Wir werden immer Piloten brauchen. Und wir brauchen dich.« Rununja löste mit sanfter Gewalt Sata Neeks Klauen von Wyls Schulter, während sie sprach. »Die Hellion’s Dare hat Befehl, ihre Position über Jiruus zu halten, bis der letzte der Späher seinen Bericht abgegeben hat. Danach könnte die Chaos-Staffel schon wieder in den Kampf zurückkehren – auch wenn der Krieg nicht mehr das ist, was er mal war.«

Wyl nickte. Die Wochen seit Endor waren die ruhigsten gewesen, an die er sich erinnern konnte. Natürlich hatte es Kämpfe gegeben – verbissene Schlachten mit verstreuten imperialen Truppen –, aber die primäre Aufgabe der Hellion’s Dare und seiner Sternjägerstaffeln lag nun in der Aufklärung. Der Sturz des Imperiums hatte überall in der Galaxis die Kommunikation zusammenbrechen lassen, und die Neue Republik musste nun herausfinden, welche Systeme lediglich ihre Hyperwellen-Relaisstation verloren haben, und welche von imperialen Überbleibseln belagert wurden. Bislang war überall Ersteres der Fall gewesen.

Jiruus war nicht die erste Welt, die sie besuchten, auf der die Bevölkerung das Imperium hasste und sich an seiner Niederlage erfreute. Wyl war nicht sicher, wieso sie so empfanden, aber er wusste auch nicht, wie alt diese Plätze und Gärten waren, oder welche Gräueltaten die imperialen Garnisonen und ihr Kommandant hier verübt hatten. Der Großteil der Jiruusi sprach nur ein paar Brocken galaktisches Basic. Insofern war Wyl dankbar, dass sie den Planeten in einer Zeit der Freude und der Feierlichkeiten besuchten.

Aber für ihn war es Zeit, nach Hause zu gehen.

Rununja übernahm wieder die Führung. Wyl und Sata Neek und ein Dutzend anderer schlenderten hinter ihr her durch den Garten, unter Palmen, deren farbenfrohe Wedel das Geräusch ihrer Stimmen dämpften. Sie kamen an mehreren engumschlungenen Jiruusi-Pärchen vorbei und betraten dann einen Markt, erhellt von Laternen und erfüllt vom Geruch nach corellianischem Zimt. Sie aßen Süßigkeiten und begannen, Geschichten aus ihrer gemeinsamen Zeit Revue passieren zu lassen. Einige Geschichten handelten von Schlachten (bei Mygeeto, wo die Chaos-Staffel sich ihren Namen verdient hatte; bei der Daumenbrecher-Brücke, wo Piraten um ein Haar geschafft hätten, was nicht einmal das Imperium fertiggebracht hätte: die Chaos-Staffel in die Knie zu zwingen), aber größtenteils ging es um Streiche oder kindische Scherze, die sie einander gespielt hatten, und um die leichtsinnigen Fehler und Träume toter Kameraden. Schließlich richtete sich der Fokus wieder auf Wyl und seine Jahre bei der Staffel, und zu seiner Überraschung rief plötzlich eine Stimme: »Du bist ein verkriffter Feigling!«

Der Zwischenruf stammte von der Spitze eines mehrstufigen Brunnens, welcher den Markt dominierte. Oder genauer von einer kleinen, muskulösen Frau mit bronzefarbener Haut und kurzgeschorenem lindgrünem Haar, aus deren Schläfen kleine, fleischige Hörner hervorstachen – typische Merkmale eines Theelin (auch wenn Wyl nicht sicher war, ob sie sich wirklich als Mitglied dieser Spezies identifizierte; die Geschichte der Theelin war eine lange und äußerst sensible Angelegenheit). Stirnrunzelnd blickte er zu ihr hoch, mehr verwirrt als empört.

Während Nasi eine Schimpftirade auf die Frau abfeuerte, drückte Sata Neek mit einer Klaue Wyls Schulter. »Denk dir nichts dabei. Chass ist immer so, wenn es keinen Feind zu bekämpfen gibt.«

Wyl nickte. Er war lange genug bei den Rebellen gewesen, um dieses Verhalten zu verstehen. »Gehört sie zur Hound-Staffel?«

»Das würde einiges erklären, oder?«, sagte Sata Neek.

Einer nach dem anderen zogen sich die Piloten zurück – je nach Dienstplan und Vorlieben zu ihren Sternjägern, zu ihren Hotels oder zur Hellion’s Dare – wobei die Hound-Staffel und die Mannschaft der Hellion’s Dare ganz bewusst in unterschiedliche Richtungen davongingen. Schließlich waren nur noch Wyl und Sata Neek übrig. Nebeneinander stapften sie durch eines der Wohngebiete. »Wenn du willst, begleite ich dich zur Hellion’s Dare«, schlug Sata Neek vor. »Wir wollen doch nicht, dass dir an deinem letzten Abend etwas passiert …«

»Ich habe eine Jiruusi getroffen«, erklärte Wyl. »Sie hat mir ihren Schlüssel gegeben und gemeint, ich könnte jederzeit vorbeikommen.«

Sata Neek brach in gackerndes Gelächter aus und riss die Arme in die Höhe. »Wyl Lark, der Frauenschwarm! Ein Geschenk an die galaktische Weiblichkeit!« Jemand krakeelte ihnen einen Gruß entgegen, und Sata Neek lachte nur umso lauter. Dann fügte er etwas leiser hinzu: »Du bist der beste Pilot, mit dem ich je geflogen bin.«

»Wir haben gemeinsam die Galaxis gerettet.«

»Und wir hatten einen Heidenspaß dabei«, nickte Sata Neek.

Wyl verbrachte die Nacht auf einem Berg aus Kissen – er konnte sich nicht erinnern, je weicher gelegen zu haben –, ohne seine Gastgeberin auch nur zu wecken. Seine letzten Gedanken, bevor er einschlief, galten seinen Kameraden – seinen Brüdern und Schwestern – und seinen herrlich entspannten, letzten Tagen bei der Chaos-Staffel.

Sirenen weckten ihn.

Ihr Geheul hallte durch die ganze Stadt, und auch wenn Wyl der Rhythmus und die Tonhöhe des Alarms fremd war, gab es doch keinen Zweifel an seiner Bedeutung. Er zog sich hastig an, schob die Vorhänge zur Seite und suchte durch die gläsernen Wände der Wohnung den Himmel ab. Das graue Licht der frühen Morgendämmerung enthüllte Linien dunkler Punkte, die wie nachtaktive Insekten auf Beutesuche durch die Wolken stießen. Und obwohl die Sirenen Wyls Ohren füllten, konnte er förmlich das Heulen der Ionentriebwerke hören.

TIE-Jäger, dachte er. Das Imperium ist hier.

Er zog den Reißverschluss seiner Fliegercombi hoch und sprintete die Straße hinab zu der Plattform, auf der sie ihre Sternjäger gelandet hatten. Über sich konnte er helle Lichtblitze ausmachen, als die dunklen Flecken am Himmel um einen etwas größeren, helleren Punkt zu kreisen begannen: die Hellion’s Dare.

Als sein RZ-1-Abfangjäger in Sicht kam, verspürte er eine unerwartete Woge der Erleichterung. Unterbewusst musste er wohl befürchtet haben, dass eine feindliche Vorhut seinen A-Flügler in Schlacke verwandelt hätte. Aber das Schiff war noch intakt, und er rammte die Stiefelspitzen in die Einbuchtungen des dreieckigen Rumpfes, während er sich halb kletternd, halb springend zum Cockpit hochstemmte. Er wusste genau, woher jeder Brandfleck und jede Delle in der bernsteinfarbenen Lackierung stammte, aber er zwang sich, nicht daran zu denken, während er die Cockpithaube aufklappte und sich in den Pilotensitz zwängte.

»Helfen wir unseren Freunden«, murmelte er, nachdem er mehrere Hebel und Schalter umgelegt hatte; der Fusionsreaktor war nun hochgefahren, die Bildschirme aktiviert, und Energie wurde an alle anderen Systeme weitergeleitet. Dieses Ritual war ihm ebenso vertraut wie die Narben seines Schiffes. Seine Selbstgespräche dienten nur dazu, ruhig zu bleiben, und das leise Summen des Triebwerks schien ihm zu antworten, als er sagte: »Los geht’s. Eine allerletzte Mission.«

Es gab etliche manuelle Systemtests und Diagnoseprogramme, die man vor einem Start durchführen sollte, vor allem wenn man nicht auf eine Bodenmannschaft zurückgreifen konnte. A-Flügler waren temperamentvolle Maschinen, die zu Düsen-Fehlstellungen, isolierten Energieausfällen und Kurzschlüssen in wichtigen Systemen neigten. Eigentlich kein Wunder, wenn man bedachte, wie umfassend sie modifiziert worden waren; außer den Waffensystemen hatte die Rebellenallianz praktisch alles ausgebaut, was die Jäger nicht schützte oder schneller machte, und das spürte man in jeder Minute, wenn man am Steuer saß. Wyl konnte nur hoffen, dass sein überhasteter Start ihn nicht teuer zu stehen kommen würde.

Der A-Flügler hob mit wimmernden Repulsoren von der Plattform ab, und die vertraute Vibration wanderte durch Wyls Sitz, als er die Landefüße einfuhr. Er musste lächeln. »Jetzt darfst du aufdrehen.« Und schon rasten sie mit grollenden Düsen zwischen den Gebäuden hindurch, dem offenen Himmel entgegen. Schwerkraft und Beschleunigung pressten Wyl in seinen Sitz, und er hatte Mühe, die schwarzen Punkte über ihm nicht aus den Augen zu verlieren.

Sekunden später war er bereits mitten in der Schlacht. Die Chaos-Staffel hatte sich den Imperialen entgegengestellt, und Paare von A-Flüglern störten den Spiralflug der TIEs, um sie auseinanderzutreiben, bevor sie ihre Angriffsflüge starten konnten. Die Hellion’s Dare, die dicht über dem hellen Dunst von Jiruus’ Atmosphäre schwebte, versuchte mit ihren Turbolasern ebenfalls, die Gegner auf Distanz zu halten. Aber die TIEs rasten aus einem Dutzend verschiedener Winkel heran, und die Schilde der Fregatte schimmerten, als sie Salve um Salve von Partikelstrahlen absorbierten. Da zogen sich die kreuzförmigen Umrisse mehrerer B-Flügler – die Hound-Staffel – dichter um die Hellion’s Dare zusammen, und sie entfesselten ihre zerstörerische Feuerkraft auf jeden TIE, der in Reichweite ihrer Waffen kam.

Wyl aktivierte sein Komm. »Chaos Drei hier. Wie ist die Lage?«

Rununja – Chaos Eins – war die Erste, die ihm antwortete. »Ich zähle dreißig TIEs in enger Formation. Sie ignorieren uns, außer wir stören ihr Angriffsmuster. Offenbar haben sie es auf die Hellion’s Dare abgesehen.«

»Bomber?«, fragte Wyl.

»Negativ.« Das war Nasis Stimme, klar und scharf. Chaos Acht.

»Zumindest haben wir noch keine gesehen«, korrigierte Sata Neek. Chaos Fünf. »Aber wir könnten uns irren.«

Das Kommgeplapper setzte sich fort, als sie die Vektoren der TIEs durchgaben. Wyl hörte zu, aber seine Aufmerksamkeit galt etwas anderem. Die Scanner-Daten waren kaum zu entziffern – dreißig TIEs und zwei Staffeln der Neuen Republik auf so engem Raum, das waren mehr als fünfzig Signale auf dem Schirm, und die meisten von ihnen waren so schnell, dass sie in Sekundenschnelle über das gesamte Schlachtfeld rasten. Folglich musste er sich mindestens ebenso auf seine Augen und Instinkte verlassen wie auf seine Sensoren. Falls er hier starb, würde er vermutlich nicht mal wissen, woher der Schuss gekommen war, der seinen Jäger zerfetzte.

Er schloss sich Chaos Vier und Chaos Acht an, als sie den Feind ansteuerten. Nasi skizzierte mit knappen Worten und einstudierten Abkürzungen, wie sie den Spiralflug der TIEs im rechten Winkel stören wollte, um anschließend nach einer engen Kehre das Feuer zu eröffnen. Falls sie Glück hatten und gut zielten, könnten sie mit diesem Manöver mehrere Imperiale ausschalten. Falls sie Pech hatten, würden weitere TIEs die Verfolgung aufnehmen, sobald sie abdrehten, und die wären dann in perfekter Position, um die A-Flügler vom Himmel zu holen. Doch selbst in dem Fall hätten sie die Spiralformation weiter aufgebrochen; das Manöver war das Risiko also wert.

Sie beschleunigten alle drei auf dieselbe Geschwindigkeit. Innerhalb der Atmosphäre wären sie ein rasender Blitz gewesen; in der Weite des Alls hingegen waren Tempo und Distanz relativ, messbar allein im Verhältnis zu anderen Objekten. Für Wyl zählte nur eines: Je schneller er flog, desto näher kam der Feind. Die Schwärze gähnte rings um sein Cockpit und verweigerte ihm jegliche Orientierung, als er seinen Jäger in die Spitzkehre lenkte.

Der Zielcomputer blinkte, als sie durch die Formation der TIEs stießen, und er drückte den Feuerknopf an seinem Steuerknüppel. Er konnte das Brummen seiner Kanonen hören, und rote Lichtblitze neben ihm verrieten, dass Chaos Vier und Acht ebenfalls das Feuer eröffnet hatten.

Die TIEs tanzten umher wie trockenes Laub in einer Brise, und die Salven der A-Flügler zuckten harmlos durch die Lücken zwischen ihnen hindurch, um sich irgendwo in der Dunkelheit zu zerstreuen. Den drei A-Flüglern blieb nur, wieder Schub zu geben und von der Spirale fortzurasen. Niemand verfolgte sie.

Chaos Acht stieß einen Fluch aus. »Sie haben uns kommen sehen. Unser Manöver war zu durchschaubar, und sie waren darauf vorbereitet, wie man es kontert.«

»Diese Spiralformation ist neu«, sagte Chaos Vier. »Hat irgendjemand eine andere Idee?«

»Wir könnten es noch mal versuchen«, schlug Wyl vor. »Solange sie uns genug Raum geben, können wir ebenso gut …«

»Nein.« Chaos Eins, ruhig wie eh und je. »Die Hellion’s Dare verliert gerade einen Deflektor. Zieht euch zur Fregatte zurück und macht euch bereit für den Sprung in den Hyperraum. Die Koordinaten werden auf eure Navcomputer überspielt.«

Chaos Acht fluchte ein zweites Mal. Wyl reckte den Hals und versuchte, die Fregatte zu entdecken, bevor er seinen Kurs korrigierte. Bei seiner gegenwärtigen Geschwindigkeit würde er einen weiten Bogen fliegen müssen, um zur Hellion’s Dare zurückzukehren – falls er es mit einer engeren Wende versuchte, könnte er seine Trägheitskompensatoren überlasten.

Also neigte er seine Maschine auf die Seite, während er den Kommsprüchen lauschte und die Schlacht auf seinem Scanner verfolgte. Er hörte Sata Neeks kratziges Lachen, als sein Freund dicht genug an einem TIE-Jäger vorbeiflog, um dessen Sensoren mit seinen Ionenemissionen zu blenden. Er sah einen weiteren TIE, der fünfzehn Sekunden lang vor einer Erschütterungsrakete davonflog und es dann doch irgendwie schaffte, sie abzuschütteln. Und er sah, wie die Hellion’s Dare sich aus dem Orbit von Jiruus löste, entschlossen, dem Gravitationsfeld des Planeten zu entfliehen.

Sein Navcomputer meldete den Eingang der Hyperraumkoordinaten im selben Moment, als die Schilde der Fregatte unter einer weiteren Kanonade aufglühten und zusammenbrachen. Mehrere Stimmen schrien Meldungen in den Äther, während sich die TIEs wie ein Schwarm Insekten auf das Schiff stürzten und die A- und B-Flügler der Neuen Republik am Rumpf der Hellion’s Dare festnagelten. Dann ertönte der letzte Befehl.

»Macht den Sprung! Jetzt sofort!«