Star Wars™  - Der Preis des Siegers - Alexander Freed - E-Book

Star Wars™ - Der Preis des Siegers E-Book

Alexander Freed

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Beschreibung

Das Finale der begeisternden Trilogie »Star Wars – Das Alphabet-Geschwader«.

Der Imperator ist tot, doch seine finsteren Pläne haben noch immer Bestand. Darum setzt die Schattenflügel-Flotte die Galaxis in Brand. In der letzten Schlacht wurde das Alphabet-Geschwader der Rebellen vom Schattenflügel geschlagen. Ihre Raumschiffe sind schwer beschädigt, ihre Moral am Boden. Doch die Flieger-Asse des Alphabet-Geschwaders haben noch eine Chance, den Schattenflügel aufzuhalten. Es ist ein winziger Funken Hoffnung bei hohem Einsatz. Doch jeder der Piloten ist bereit, den Preis für den Sieg zu zahlen …


Die Trilogie »Star Wars – Das Alphabet-Geschwader«:
1. Das Alphabet-Geschwader
2. Schattenfall
3. Der Preis des Siegers

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Seitenzahl: 798

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Buch

Der Imperator ist tot, doch seine finsteren Pläne haben noch immer Bestand. Darum setzt die Schattenflügel-Flotte die Galaxis in Brand. In der letzten Schlacht wurde das Alphabet-Geschwader der Rebellen vom Schattenflügel geschlagen. Ihre Raumschiffe sind schwer beschädigt, ihre Moral am Boden. Doch die Flieger-Asse des Alphabet-Geschwaders haben noch eine Chance, den Schattenflügel aufzuhalten. Es ist ein winziger Funken Hoffnung bei hohem Einsatz. Doch jeder der Piloten ist bereit, den Preis für den Sieg zu zahlen …

Alexander Freed

Der Preis des Siegers

Deutsch von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel »Star Wars™ Victory’s Price (Alphabet Squadron 3)« bei Del Rey, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright der Originalausgabe Copyright © 2021 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2023 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Alexander Groß

Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft nach einer Originalvorlage © & TM 2021 LUCASFILMLTD

Umschlagillustration: Jeff Langevin

Umschlagdesign: Jeff Langevin and Scott Biel

HK · Herstellung: sam

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-27954-7V001

www.blanvalet.de

Für Elias J. Marsh (zumindest für einen von ihnen).

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

1. Teil

Die Lieder vergangener Zivilisationen

1. Kapitel

Flottenhymnen der Alten Republik

I.

»Dieser Krieg ist vorbei«, sagte der Admiral. »Wir wissen es, und das Imperium wird es früh genug auch noch erkennen.«

Generalin Hera Syndulla war fast versucht, ihm zu glauben, aber sie ermahnte sich: Nur Rebellionen leben von Hoffnung. Eine Republik braucht ein solideres Fundament.

Der Konferenzraum roch nach Ozon und glänzte wie das Innere eines Saphirs. Jede Facette war dabei ein flackerndes, waberndes Hologramm, als sich Übertragungen aus der gesamten Galaxis zu einem militärischen Gipfeltreffen der Neuen Republik zusammensetzten. Vor elf Monaten – nach der Schlacht von Endor, als man den Krieg zum ersten Mal für gewonnen erklärt hatte – wäre eine solche Versammlung undenkbar gewesen. In der Zwischenzeit hatten sich jedoch zwei kleine Wunder zugetragen: Sie hatten das Hyperraum-Kommnetzwerk erobert, und sie hatten Zugriff auf die leistungsstarken Empfängersysteme des ehemaligen Sternzerstörers Deliverance. Seitdem tauschten die Architekten der siegreichen Rebellion Berichte aus wie Eroberer, die die Kriegsbeute unter sich aufteilten.

»Der Großteil der feindlichen Truppen hat sich zurückgezogen«, fuhr Gial Ackbar fort, wobei er mit seiner holografischen Hand einem Assistenten außerhalb des Erfassungsbereichs zuwinkte. Eine Sternenkarte erschien in der Mitte des Amphitheaters, und all die geisterhaften Köpfe – ebenso wie die Köpfe der tatsächlich Anwesenden neben Hera – drehten sich herum. »Coruscant bleibt unter imperialer Kontrolle, aber die Armadas der Loyalisten haben den Rest ihres Territoriums aufgegeben. Somit sind die Kriegsfürsten und Opportunisten nun isoliert. Sie endgültig auszumerzen, wird natürlich Zeit brauchen, aber nur die wenigsten stellen noch eine ernsthafte Bedrohung dar. Und unsere Kampfverbände sorgen gerade dafür, dass diese verbliebenen Feindnester keine neuen Flotten aufstellen oder Versorgungswege etablieren können.«

Rote Flecken erschienen auf der Karte: die Überreste der imperialen Präsenz in der Galaxis. Blaue Pfeile, von denen jeder eine verbündete Streitmacht anzeigte, hatten diese roten Flecken umzingelt. Hera erkannte die größeren besetzten Territorien – den Anoat-Sektor, den Faultheen-Sektor, den Chrenthoanischen Abgrund. In der Mitte der Karte glühte sanft Coruscant, wo der imperiale Regent den belagerten Planeten und seine Billionen Einwohner im Würgegriff hielt. Und dann war da noch ein kleiner Punkt, wie ein Blutstropfen, der die Reste der imperialen Präsenz im Nythlide-Feld anzeigte – dort, wo die Deliverance während der letzten Wochen eine Blockade nach der anderen durchbrochen hatte.

Auf den ersten Blick schien die Karte ein eindeutiges Bild von der Übermacht der Neuen Republik zu zeichnen, doch da war auch ein Netz dünner Linien, das eine komplexere Geschichte erzählte. Von einem Dutzend unterschiedlicher Orte führten diese Linien in eine kaum kartografierte Region, wo individuelle Sterne zu einem dunstigen Nebel verschmolzen: die Westlichen Gebiete. Alles, was noch vom echten Militär des Imperiums übrig war – was der Admiral Loyalisten genannt hatte –, hatte sich dorthin, an den Rand der Unbekannten Regionen, zurückgezogen.

Hera straffte die Schultern, und als sie sprach, war ihr Tonfall weder herausfordernd noch skeptisch. Ackbar betrachtete diesen Krieg auf eine gänzlich andere Weise als sie; er konzentrierte sich auf das Auf und Ab von Flotten, auf die Gezeiten der Schlacht, nicht auf die Nöte der Lebewesen, die darin kämpften. Doch auch wenn sie seine Ansichten nicht teilte, erkannte Hera die Brillanz seiner Strategien offen an. »Wie dicht stehen wir davor, die geheime Basis des Feindes zu finden?«, fragte sie.

Der Admiral lächelte breit und neigte seinen runden Kopf. »Wir haben alle Sondendroiden im Einsatz, die Troithe und Metalorn nur produzieren können. Geheimdienstleiter Cracken wird uns über die aktuellen Hinweise informieren. Apropos: Sollen wir dann mit den Berichten der einzelnen Abteilungen beginnen …?«

Die Konferenz nahm nun eine vertraute Form an, und obwohl Hera weiterhin zuhörte – und das Gesagte in dem surrenden Teil ihres Gehirns abspeicherte, der jegliche taktischen Updates und Koordinaten auf ihre strategische Bedeutung abklopfte –, verlagerte sich ihre Aufmerksamkeit immer mehr von den Berichten auf die emotionale Stimmung im Raum. Unter Airen Crackens kühlem Äußeren war die Aufregung eines Raubtiers zu spüren, als er über die Bemühungen des Imperiums sprach, im Verborgenen zu bleiben, und über Gerüchte von unwirtlichen Welten, wo sich Legionen von Sturmtruppen gesammelt haben sollten. Generalin Ria wirkte ausgelaugt, aber ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln, als sie von ihrem Feldzug berichtete, die Koalition von Imperialen und Royalisten von Xagobah zu vertreiben. Admiral Ho’ror’tes Schniefen und Brummen war nicht ganz so leicht zu interpretieren, aber Hera glaubte, eine ausgezehrte Entschlossenheit zu hören, als er die Opfer aufzählte, welche die Unerring und ihre Begleitschiffe hingenommen hatten, um einem von Palpatines wahnsinnigen Wesiren einen Strich durch seine Verschwörungspläne zu machen.

Heras Aufmerksamkeit richtete sich gerade auf ihren Stab – eine Bewegung in der Luft hatte einen Hauch nervöser menschlicher Pheromone an ihre Nase getragen –, als Ackbar sie ansprach. »Und Ihr Kampfverband, Generalin? Ist Nythlide gesichert?«

»Es ist zumindest unter Kontrolle«, antwortete sie. »Zwei Träger unter dem Kommando von Major Jaun werden dortbleiben, um die einheimische Miliz zu unterstützen. Jetzt, da der Kampfverband die Blockade durchbrochen hat, kann sich die Deliverance wieder ihrem Primärziel widmen.«

»Zurück auf die Jagd?«, grollte Ho’ror’te, seine tiefe Stimme von statischem Rauschen unterlegt.

»Zurück auf die Jagd«, bestätigte Hera. »Wir arbeiten weiter mit dem Geheimdienst der Neuen Republik zusammen« – sie nickte in Crackens Richtung, ohne eine Reaktion zu erwarten, und sie erhielt auch keine –, »um das 204te Imperiale Jägergeschwader zu finden. Seit diese Einheit sich von Cerberon zurückgezogen hat, gab es nur eine Handvoll bestätigter Sichtungen, doch wir sind überzeugt, dass wir auf der richtigen Fährte sind. Nythlide hat uns ausgebremst, aber jetzt …«

»Ihrem letzten Bericht zufolge arbeitet das 204te – das Schattengeschwader – mit den Loyalisten zusammen.«

Hera erkannte die Stimme nicht, die sie unterbrach. Ein dunkelhaariger Mann in Zivilkleidung stand sechs Meter rechts von Ackbar, allein auf seiner Hologrammplattform. Der Text, der unter seinen Füßen vorbeilief, zeigte den Ursprungspunkt der Übertragung: Chandrila, die einstweilige Hauptwelt der Neuen Republik. Kanzlerin Mothma hatte nicht an der Konferenz teilnehmen können, aber natürlich hatte sie trotzdem eine Präsenz.

»Wir glauben, dass sie Kontakt hergestellt haben, ja«, bestätige Hera. »Wir haben dahingehende Kommsprüche abgefangen – aber darüber kann General Cracken mehr erzählen.«

»Wäre dann nicht davon auszugehen, dass das 204te sich bei den anderen Loyalistentruppen versteckt? Ihre Spur führt Sie schrecklich weit von den Westlichen Gebieten fort.«

Hera gefiel der Ton des Mannes nicht, aber es war eine verständliche Frage, also schluckte sie ihre Verärgerung hinunter. »Wir wissen nicht, was das 204te in diesem Teil der Galaxis treibt. Doch was immer es ist, das Schattengeschwader stellt nach wie vor eine ernste Gefahr dar. Seit der Schlacht von Endor haben sie uns zahlreiche militärische Niederlagen und schwere Verluste beigebracht. Ich muss wohl nicht ihre Rolle beim Genozid auf Nacronis oder den Cerberon-Unruhen erwähnen. Diese Einheit hat immer wieder bewiesen, dass sie uns hart und unerwartet treffen kann. Wir dürfen nicht daran zweifeln, dass sie es auch in Zukunft tun wird, falls wir sie lassen.«

Die Vehemenz ihrer Worte überraschte sie selbst – beinahe so sehr, wie sie Kanzlerin Mothmas Stellvertreter zu überraschen schien; der Mann hatte sich versteift und war so weit zurückgewichen, dass er kaum noch im Erfassungsbereich seiner Holokamera war.

Du bist hier unter Freunden, ermahnte sich Hera. Also benimm dich auch so. Sie lächelte versöhnlich – oder zumindest hoffte sie, dass es versöhnlich wirkte –, bevor sie fortfuhr.

»Davon abgesehen bin ich überzeugt, dass diese Operation bald vorüber sein wird. Das Schattengeschwader kann nirgends mehr hin, und auch wenn die Alphabet … auch wenn unsere Geheimdienst-Einsatzgruppe jüngst einige Verlust erlitten hat, gibt es niemanden, der besser geeignet wäre, das 204te zu finden und auszuschalten.« Wieder spürte sie diese Unruhe hinter sich. Sie glaubte inzwischen zu wissen, wo sie herrührte, aber erst wollte sie noch ein weiteres Argument anbringen. »Sollten wir die Flotte des Imperiums vor dem 204ten finden, ist die Deliverance flexibel genug, um ihre Mission zu unterbrechen und unsere Truppen zu unterstützen, wie und wo immer es nötig ist. Es geht hier nicht darum, einen Feind über den anderen zu stellen. Wir können das Schattengeschwader besiegen. Und wir können das Imperium als Ganzes besiegen.«

Mothmas Stellvertreter nickte hastig. Die militärischen Anführer wirkten weniger interessiert, aber Hera machte ihnen keinen Vorwurf; sie alle hatten sich mit ihren eigenen Sorgen und Zielen bei dieser Versammlung eingefunden, außerdem arbeiteten sie schon lange genug zusammen, um ein gewisses Maß an Vertrauen zueinander zu haben. Wenn Hera sagte, dass das Schattengeschwader eine Gefahr darstellte, dann glaubten sie ihr das; und wenn sie sagte, dass sie diese Gefahr beenden konnte, dann glaubten sie ihr das ebenfalls.

Die Konferenz wandte sich Berichten aus anderen Teilen der Galaxis zu und endete mit einigen inspirierenden Worten von Ackbar, denen Hera jedoch nur mit einem Ohr lauschte. Zu guter Letzt lösten sich die Hologramme mit einem hellen Flackern und einem leisen Knistern auf. Hera blinzelte sich Lichtpunkte aus den Augen, als einmal mehr der summende Reaktor der Deliverance ihre Ohren füllte. Die Stimmen ihres Stabs schwollen ebenfalls an, und sie gab ein paar rasche Befehle, während sie geschlossen zur Tür gingen.

Hera wies gerade Stornvein an, die Sensoreinstellungen zu ändern, als ein junger Mann versuchte, sich vom Rest der Gruppe davonzustehlen. Ohne in ihrem Befehl innezuhalten, ja, ohne auch nur den Kopf zu drehen, legte sie dem Mann die Hand auf die Schulter. Er blieb sofort stehen. Heras Fingerspitzen drückten fest genug gegen den Stoff seines Pilotenanzugs, dass sie spüren konnte, wie sich seine Muskeln verspannten.

Er hatte olivenfarbene Haut und sorgfältig frisiertes braunes Haar, das einen Kontrast zu seinen unrasierten Wangen und seinem struppigen Kinn bildete. Sein Körperbau war schlank und sehnig, wie bei einer dieser Dschungelkatzen, die viel zu zierlich für ihre Beute aussahen – bis sie sie dann doch erlegten. Nachdem Hera den letzten Befehl gegeben hatte und sie und der junge Mann allein waren, drehte sie sich zu ihm um und sagte: »Sie werden doch keine Lügnerin aus mir machen, oder?«

»Generalin?«, fragte Wyl Lark.

»Ist Ihre Einheit bereit für das 204te?« Sie hielt ihren Ton sachlich – Wyl würde sie auch so ernst genug nehmen, es gab also keinen Grund, unnötigen Druck auf ihn auszuüben. »Sind die Staffeln der Situation gewachsen?«

Sie hatte Wyl im Auge behalten, seit er das Kommando über das Sternjäger-Geschwader der Deliverance übernommen hatte. Seitdem setzte sie sich jede Woche eine Stunde mit ihm zu einer Besprechung zusammen – weniger Zeit, als sie gern investiert hätte, aber doch mehr, als ihren Beratern recht war. Außerdem verbrachte sie fast genauso viel Zeit damit, die einzelnen Staffelkommandanten über Wyls Kommando zu befragen. Daher wusste sie, dass er trotz seiner Unerfahrenheit viele gute Entscheidungen traf, was Training und Einsatzstrategien betraf.

Aber jetzt wollte sie wissen, was er wusste, also wartete sie schweigend auf eine Antwort, während er die Stirn furchte.

»Ja«, erklärte er schließlich. »Wir sind bereit. Wir brauchten die Zeit – die Staffeln neu zu organisieren, war nicht einfach, doch inzwischen arbeiten sie schon ganz gut zusammen. Die Piloten, die es noch nicht mit dem Schattengeschwader zu tun hatten, machen ihre Hausaufgaben. Und die anderen … die wollen eine Revanche und brennen darauf, endlich aus dem Hangar herauszukommen.«

»Können sie gewinnen?«, fragte Hera.

»In einem fairen Kampf?« Wyl lächelte schwach. Für sein Alter sah er schrecklich müde aus. »Vielleicht. Aber das Schattengeschwader frontal anzugreifen, hat noch nie gut für uns geendet.«

»Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um uns einen Vorteil zu verschaffen«, versprach Hera. »Aber die Umstände des Angriffs werden vielleicht trotzdem nicht ideal sein.« Sie sah den Widerwillen auf Wyls Gesicht und sprach rasch weiter. »Falls das Schattengeschwader wirklich eine der wenigen imperialen Einheiten ist, die außerhalb von Coruscant oder den Westlichen Gebieten operiert, dann macht sie das zu einer der wenigen Trumpfkarten, die die Loyalisten noch ausspielen können. Es macht sie …«

»… wertvoll.«

Du lernst dazu, dachte sie, aber da war auch ein Anflug von Bedauern. Sie bemühte sich um einen aufmunternden Ton. »Exakt. Ich will nicht, dass sie noch einsatzfähig sind, wenn wir mit der letzten Offensive beginnen.«

Sie traten gemeinsam aus dem Versammlungsraum auf die Korridore der Deliverance hinaus. Hera ignorierte die Gänsehaut, die sie selbst jetzt noch bekam, wenn sie die schwarzen Bodenplatten, die fahle Beleuchtung und die geometrischen Durchgänge sah. Die blutroten Notfallleuchten waren deaktiviert worden, aber die Neue Republik hatte es zu eilig gehabt, das Schiff wieder einsatzfähig zu machen; es fühlte sich noch immer an wie ein imperialer Sternzerstörer.

Irgendwo in einem weit entfernten Sternensystem, überlegte Hera, stand Commodore Agate gerade auf der Brücke eines brandneuen Starhawks aus den Nadiri-Werften – der Stolz der neuen republikanischen Flotte, ein Symbol alles Guten und Aufrichtigen. Diese Schiffe bestanden aus den Teilen zerlegter Sternzerstörer, aber sie waren zu etwas Neuem, Mächtigerem zusammengesetzt worden. Und wären die Dinge ein wenig anders gelaufen – wäre die Lodestar nicht über Troithe zerstört worden, sodass sie sofort einen Ersatz gebraucht hatten –, dann stünde Hera jetzt vielleicht selbst auf einem Starhawk und nicht auf dieser hastig überarbeiteten Todesmaschine.

Nicht, dass sie Agate ihr Kommando nicht gönnte; es war nur … man konnte nicht durch die Deliverance schreiten, ohne von bösen Erinnerungen heimgesucht zu werden.

Wyl passte seine Schritte den ihren an. »Die letzte Offensive«, wiederholte er. »Glauben Sie, was der Admiral gesagt hat?«

»Haben Sie etwa Zweifel?«

»Ich weiß noch, was nach Endor verkündet wurde. Seit einem Jahr ist der Sieg jetzt ›nur noch einen Schritt‹ entfernt.« Er klang nicht verbittert, während er das sagte. »Ich mache den anderen keine Vorwürfe, weil sie sich geirrt haben. Aber ich habe mehr Vertrauen in Ihr Urteil.«

Um ehrlich zu sein, war Hera ebenfalls überzeugt gewesen, dass der Krieg nach dem Tod des Imperators enden würde. Sie hätte es besser wissen sollen, und dennoch hatte sie es geglaubt – weil sie sich wünschte, zu ihrer Familie zurückzukehren. Und nun musste sie denselben Instinkt niederkämpfen, um Wyls Frage möglichst ehrlich zu beantworten.

»Ich glaube daran«, erklärte sie. »Ich denke manchmal selbst, es ist nur Optimismus, aber die Fakten zeichnen ein klares Bild. Das Imperium kann nicht mehr lange weiterkämpfen.«

Wyl lächelte schmal. Entweder gefiel ihm die Antwort nicht, oder ihn beschäftigte etwas anderes. Doch bevor Hera nachhaken konnte, sagte er: »Wir sollten bald von den anderen hören. Zuletzt hieß es: ›Irgendwann innerhalb der nächsten sechs Stunden.‹«

»Gut. Ich werde Sie informieren, sobald sich irgendetwas Neues ergibt.«

Wyl schien das als Aufforderung zum Wegtreten zu interpretieren, und Hera ließ ihn gehen, auch wenn sie sich später vermutlich dafür tadeln würde. Das wäre ihre Chance gewesen, den Piloten zu fragen, was ihn beschäftigte. Doch sie hatte Pläne auszuarbeiten und Übungen zu beaufsichtigen, und dann war da noch der Chefingenieur, der ersetzt werden musste. Es gab einfach zu viel zu tun, bis sie das Imperium endgültig in die Knie gezwungen hatten, und Wyl war nicht der Einzige, der sich mit Sorgen herumplagte. Sie alle hatten Probleme – und das größte davon war das Schattengeschwader.

Denn um die Wahrheit zu sagen, hatte Hera sich während der Besprechung zurückgehalten. Sie wusste nicht, was das 204te plante, aber es gab Gerüchte, die aus isolierten Systemen hervordrangen. Unheilvolle Gerüchte. Im Moment waren sie noch zu schrecklich, zu unwahrscheinlich und zu gegenstandslos, um sie öffentlich zu besprechen.

Aber schon sehr bald – möglicherweise »innerhalb der nächsten sechs Stunden« – würde Hera wissen, ob ihre schlimmsten Albträume Realität geworden waren.

II.

Nath Tensent schloss seine fleischige Faust um den weinroten Stoff und riss den Vorhang zur Seite, nur um die vorstehende Nase eines H’nemthe vor sich zu erblicken. Der reptilienartige Humanoid gab ein Geräusch von sich, irgendwo zwischen Zischen und Winseln, dann schob er sich mit erstaunlicher Wendigkeit unter Naths Arm hindurch. Einen Moment später hatte er sich auch an Chass na Chadic vorbeigewunden und verschwand in der Menge, welche das Zelt der Muschelverkäufer hier im Zirkus der Weltlichen Genüsse füllte.

»Du weißt wirklich, wie man sich Freunde macht«, bemerkte Chass.

Nath ließ den Vorhang nicht los, während er der Theelin einen Blick zuwarf. Ihr kompakter, muskulöser Körper war unter einer übergroßen braunen Jacke verborgen, aus der nur ihr grüner Kopf mit dem stacheligen Haar hervorragte wie ein aufsprießender Setzling. »Eines meiner größten Talente«, erwiderte er und trat in den dunklen Treppenaufgang.

Chass folgte ihm mit einem Brummen, und während sie die Stufen hochstiegen, brachte jeder Atemzug in Nath die Erinnerung an lange vergessene Gerüche zurück: tionesisches Speiseöl, gebratene Flügelmauseingeweide, der wachsähnliche Duft von Critokia-Seide. Kurz huschte das Bild von Piter durch seinen Kopf, halb nackt und eingesponnen in einen Kokon.

Die alte Mannschaft hatte hier jede Menge Spaß, dachte er mit einem Grinsen, als sie auf das nächste Zelt zugingen. Hier herrschte nicht so viel Gedränge, und es war auch ruhiger. Die meisten Besucher hielten sich an den Rändern des Zeltes, wohingegen die Mitte von dichtem gelbem Rauch erfüllt war. Auf niedrigen Altären türmten sich Datenchips und Kerzen und verfaulendes Obst, während die wenigen Händler Credits gegen billige Ketten eintauschten. Nath blieb gerade lange genug stehen, um sich zu orientieren, dann marschierte er zu einer Lücke in der gegenüberliegenden Zeltwand – aber er wurde wieder langsamer, als er bemerkte, dass Chass bei den Händlern und den Altären stehen geblieben war.

»Du hast nicht gesagt, dass das hier etwas Religiöses ist«, murmelte sie.

Nath zuckte mit den Schultern. »Das ist eine Fassade für die eigentlichen Geschäfte. Das Orakel hat Stil, doch davon abgesehen ist sie nur eine ganz normale Informationshändlerin.«

Chass ging um einen Altar herum, bevor sie wieder an Naths Seite zurückkehrte. »In Ordnung. Gib mir nur Bescheid, wenn ich anfangen soll, alles zu Klump zu schießen.«

»Falls«, korrigierte Nath, doch er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Falls du anfangen sollst, alles zu Klump zu schießen.«

»Was auch immer.«

Er lachte, aber er beobachtete Chass weiter aus dem Augenwinkel, als sie das Zelt durch die Lücke verließen. Etwas stimmte mit dem Mädchen nicht – abgesehen von all dem unterdrückten Selbsthass, dem bitteren Zorn und den selbstmörderischen Impulsen, die ihr innewohnten, seit er sie das erste Mal getroffen hatte. Nein, das hier war etwas Neues. Es war ihm nach Cerberon aufgefallen, und hätten sie eine engere Beziehung zueinander gehabt, hätte er vermutlich schon damals erkannt, dass es ein Problem werden würde. Doch so, wie die Dinge standen, war Chass unter seinen Staffelkameraden noch immer diejenige, um die er sich am wenigsten Sorgen machen musste.

»Captain Tensent«, sagte eine vertrocknet klingende Stimme, als sie eine Kammer betraten. Runde Bildschirme hingen hier an Lederkordeln von der Decke, und dazwischen ragte der einen Meter lange Hals der Frau auf, die in der Mitte des Raumes saß. Bernsteinfarbene Augen stierten aus ihrem kreidebleichen Schädel, der sich von einer Seite auf die andere neigte, so als könnte sein Gewicht den Stielhals darunter jederzeit zum Einsturz bringen. »Wie lange wart Ihr nicht mehr bei der Beichte? Drei Jahre? Vier?«

»Da fehlen ein paar Jahre, aber schon in Ordnung«, erwiderte Nath. »Manchmal fliegt die Zeit, manchmal steht sie beinahe still. Habt Ihr meine Nachricht bekommen?«

»Ja. Habt Ihr vielleicht ein paar Patrouillenrouten für mich?«

Nath stieg über eine niedrige Bank und ließ sich dann darauf nieder. Er hielt seine Miene ausdruckslos, um sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. »Ich war nicht lange beim Imperium«, erklärte er. Am liebsten hätte er hinzugefügt: Du bist vermutlich die Letzte, die davon erfährt. Das wirft kein gutes Licht auf deine Fähigkeiten als Orakel, oder? »Wie wäre es stattdessen mit ein paar Geheimnissen über die Neue Republik?«

»Die sind viel leichter aufzutreiben und deshalb nur halb so viel wert. Was könnt Ihr mir denn anbieten?«

Sein erster Instinkt war, Chass’ Reaktion abzuwarten, bevor er ein Angebot machte. Doch er zwang sich, dem Blick des Orakels standzuhalten und seine Stimme zu senken. »Truppenbewegungen im Huttenraum. Das wäre für jeden nützlich, der in dieser Region Geschäfte macht.«

Das Orakel rückte einen der herabhängenden Bildschirme zurecht. »Wohl kaum«, sagte sie.

Ah, sie weiß also immer noch, wie man feilscht.

Er beugte sich vor. »Geheimdienstcodes für Übertragungen der Vertraulichkeitsstufe drei. Sind noch eine Woche gültig – genug Zeit, um eine ganze Menge in Erfahrung zu bringen.«

»Besser, aber noch immer nicht gut genug«, erwiderte das Orakel. Ihr dünner Hals neigte sich nach hinten, ihre Bernsteinaugen rollten hin und her … dann ruckte ihr Kopf plötzlich wieder in eine aufrechte Position, und sie richtete einmal mehr den Blick auf Nath. »Ihr kennt Leute im Geheimdienst der Neuen Republik?«

»Etwas in der Art«, antwortete Nath.

Ich bin beim Geheimdienst der Republik.

Nasha Gravas, der Protegé des verstorbenen Caern Adan, war nach Cerberon zu ihm gekommen und hatte ihn gebeten, als Kontaktperson zwischen dem Geheimdienst und Syndullas Kampfverband zu fungieren. Nath hatte sich bereit erklärt, und jetzt hatte er einen Orden, Befugnisse und Zugang zu jeder Menge geheimer Informationen. Der Lohn dafür, dass er beinahe draufgegangen war, um einen Planeten mit Milliarden Einwohnern zu retten.

»Und?«, fragte das Orakel.

»Zehn Namen«, sagte Nath. »Verdeckte Agenten. Keine Garantie, dass sie etwas Nützliches wissen, aber das macht es ja erst aufregend.«

Das Orakel drehte den Kopf, als Chass schnaubte. Falls die Theelin bezweifelte, dass er die Erlaubnis für so ein Angebot hatte, lag sie goldrichtig, aber er war sich sicher, dass sie ihn nicht zurückhalten würde.

Das Orakel schloss die Augen und wischte mit ihrer Hand über die Bildschirme, sodass sie gegeneinanderstießen und immer schneller von einer Seite auf die andere schwangen. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis einer das Orakel treffen würde – doch es geschah nicht, und dann wurden sie auch schon wieder langsamer. Das Orakel klappte die Lider hoch und wartete, bis die Monitore wieder vollkommen reglos hingen, ehe sie den Mund öffnete.

»Der fleckengemusterte Lord, der Hüter der Geheimnisse, wird Euer Opfer akzeptieren«, verkündete sie.

»Das fleckengemusterte Lord ist großzügig wie immer«, erwiderte Nath. Das Orakel reichte ihm einen Datenblock, und er gab eine Reihe von Namen und Koordinaten ein; als er fertig war, ließ das Orakel das Gerät hinter den Falten eines Vorhangs verschwinden. »So«, sagte er. »Und jetzt zu der Segnung, wegen der wir gekommen sind.«

»Der Croynar-Sektor«, murmelte das Orakel.

Nath wartete.

Das Orakel schwieg.

Chass räusperte sich, und Nath hob die Hand. »Wenn Ihr es vielleicht auf ein System eingrenzen könntet?«

»Die Dinge sind in ständiger Bewegung. Der Sektor wird also reichen müssen«, entgegnete das Orakel.

»Soll ich jetzt alles zu Klump schießen?«, fragte Chass.

Nath stand auf, wobei seine Knie knacksten, dann winkte er ab. »Falls der fleckengemusterte Lord meint, der Sektor reicht, dann wird der Sektor schon reichen. Ihr wart schließlich immer ehrlich zu mir, nicht wahr, meine Liebe?«

»Ich tue, was mein Meister mir aufträgt«, erwiderte das Orakel. »Jetzt geht, Captain Tensent, Held von Troithe.«

Hat sie also doch davon gehört, dachte er.

Er legte einen Arm um Chass’ Schultern und führte sie mit sanfter Gewalt aus der Kammer – gerade sanft genug, um keine Abwehrreaktion bei ihr auszulösen. »So werden hier Geschäfte gemacht«, flüsterte er.

Sie wischte seinen Arm weg und ging zur Treppe zurück. »Warum sind wir überhaupt hier, wenn wir doch nur aufsagen, was man uns aufgetragen hat, und annehmen, was immer uns angeboten wird? Hat der Geheimdienst keine Agenten für so was?«

»Sollte man meinen, aber Spione sind dieser Tage viel beschäftigte Leute. Außerdem vertrauen sie darauf, dass ich das Schattengeschwader finden kann.«

Chass verschluckte sich beinahe an ihrem Lachen. »Sie vertrauen dir, hm?«

»Na ja, beinahe«, räumte er ein, dann führte er sie durch das Labyrinth von Zelten, Treppen und Strickleitern zurück nach unten. Der Zirkus der Weltlichen Genüsse war noch geschäftiger, als Nath ihn in Erinnerung hatte, und er war auch lauter – niemand hatte mehr Angst vor imperialen Patrouillen, und die Neue Republik löste bei den Leuten nicht dieselbe Furcht aus. Sie hatten die Landeplattformen beinahe schon erreicht und gingen gerade an den blauen Laternen vor der Kammer der Lüsternen Holos vorbei, als Nath mit einem Menschen zusammenstieß, der so breit wie groß war und einen Mantel trug, der aussah, als hätte man das Innere eines Banthas nach außen gekehrt: voll von gedärmartig verschlungenen Schläuchen und Pelzflicken.

»Captain Tensent«, sagte der Besitzer des Mantels. Seine dunklen Knopfaugen starrten auf Nath herab. »›Wie ein Blatt im Wind treibt er zu Boden; verrottet im Herbst und ruht unter winterlichem Schnee, bis aus dem Verfall neues Leben entsteht und ich ihn einmal mehr zwischen den Ästen blühen seh.‹«

Das Gesicht kam ihm vage vertraut vor und erst recht das Gedicht, trotzdem hatte Nath Mühe, dem halb vergessenen Hünen einen Namen zuzuordnen. Also beließ er es bei einem »Lange nicht gesehen, Bruder«.

Er sah, wie die Oberlippe des Mannes zuckte und seine Pranke, die auf Hüfthöhe an seiner Seite schwebte, zu zittern begann. Er brennt auf einen Kampf, aber er weiß, dass er vermutlich verlieren wird, fuhr es Nath durch den Kopf. Oder er wartet auf Verstärkung. Diese Vorstellung gefiel ihm noch weniger.

»Hargus!« Der Name blubberte aus seinem Gedächtnis hoch, und er grinste, als er sich an Dutzende Unterhaltungen aus der Zeit erinnerte, als er noch ein TIE-Pilot gewesen war und nebenbei Geld damit verdient hatte, private Frachter zu eskortieren. Hargus hatte immer pünktlich gezahlt, den Kopf unten gehalten und keine Probleme gemacht; aber das war schon lange her, und auch wenn Personen sich nicht veränderten, änderten sich die Umstände dafür umso mehr. »Mann, bist du alt geworden! Arbeitest du noch immer mit deiner Crew am äußersten Rand der Corellianischen Handelsstraße?«

»Mit ein paar Änderungen, ja. Schön, mal nicht für das Vergnügen deiner Gesellschaft zahlen zu müssen.« Hargus blickte über Naths Schulter hinweg. »Ich höre, du bist jetzt eine große Nummer. Ein richtiger Held.«

»Wie schnell sich so was doch herumspricht. Die Dame bei den Landeplattformen hat uns sogar einen Rabatt gegeben.«

Chass’ Haltung hatte sich verändert; sie war bereit, zuzuschlagen oder die Beine in die Hand zu nehmen. »Jetzt?«, fragte sie.

»Sieht ganz so aus«, murmelte Nath. Er konnte Hargus’ Verstärkung nicht sehen, solange er sich auf Hargus selbst konzentrieren musste. Er hoffte, dass Chass erkannte, was er von ihr erwartete, als er seine Faust gegen das Kinn des Hünen donnerte. Seine Knöchel knirschten schmerzhaft, und der Kopf seines Gegners ruckte nach hinten, während seine Hand gleichzeitig von seinem Blaster fortzuckte. Die Menge johlte und jubelte. Bevor Nath das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, spürte er Chass’ Hand zwischen seinen Schulterblättern, als sie ihn nach unten und vorn drückte.

»Los!«, schrie sie.

Er hörte das Zischen von Blaserstrahlen und spürte einen heißen Windhauch über seinem Kopf, also rannte er los. Chass war dicht hinter ihm – dicht genug, dass er ihren Schweiß riechen konnte. »Drei von ihnen, hinter uns«, zischte sie. »Zwei aus Fleisch und Blut, ein Droide. Eine gemeine, kleine Jägersonde.«

Die beiden stürmten durch einen weiteren Vorhang. Sie hätten sich aufteilen und versuchen können, in der Menge unterzutauchen, aber Nath schätzte, dass sie nur ein oder zwei (maximal drei) Minuten von ihrer Landeplattform entfernt waren, insofern war die beste Strategie, einfach weiterzurennen. Im nächsten Bereich des Zirkus stieß er einen Händler mit einem Bauchladen voller frittierter Käfer aus dem Weg, dann riskierte er einen Blick über die Schulter; in der dahinstapfenden Menge war ein metallisches Funkeln zu erkennen, doch da waren zu wenige Details, als dass sein Gehirn ein vollständiges Bild hätte zeichnen können. Immerhin schießen sie nicht mehr, dachte er. Die Besucher geben uns Deckung.

Während er weiterrannte, griff er nach seinem Kommlink. »Mach das Schiff startklar«, rief er. »Wir müssen schnellstens verschwinden!« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern tauschte das Komm gegen seinen Blaster aus.

Dreißig Sekunden später hatten sie das letzte der Zelte durchquert, und die Menge blieb hinter ihnen zurück, während sie über die Marmorbrücke sprinteten, die sich zwischen der Felswand und den Landeplattformen spannte. Eine Kanonade aus Blasterstrahlen jaulte hinter ihnen her, und Nath betete, dass er auf dem glatten Boden nicht das Gleichgewicht verlor. Seine Augen waren fest auf seine Füße gerichtet, aber er spürte die heiße Luft von der Plattform voraus, und er lächelte. Als er den Kopf schließlich wieder hob, schwebte der U-Flügler bereits einen Meter über dem Boden, und seine Verladeluke stand weit offen.

Chass sprang durch die Luke, dann wirbelte sie herum und half Nath mit einem angestrengten Ächzen, ebenfalls an Bord zu klettern. Die ganze Zeit über prasselten Blasterschüsse auf den Transporter ein, und Funken regneten auf Naths Nacken herab. »Feuer erwidern!«, brüllte er in Richtung des Cockpits.

Das Deck erzitterte, und die Luke glitt zu, trotzdem konnte Nath hören, wie der feindliche Beschuss noch weiter an Vehemenz zunahm. Der U-Flügler wendete auf der Stelle und stemmte sich gegen die Schwerkraft des Planeten. Nath schob sich an Chass vorbei ins Cockpit und ließ sich auf den Sessel des Co-Piloten fallen. Durch das Aussichtsfenster konnte er Hargus und seine Kumpane sehen, die am anderen Ende der Brücke stehen geblieben waren. Einer von ihnen – ein haariger Schlägertyp, der sogar noch größer als Hargus war – wuchtete etwas auf seine Schulter …

Ist das eine verfluchte Rotationskanone?

Ja, war es, und sie hatte genug Feuerkraft, um die Cockpitscheibe des U-Flüglers zu durchschlagen und Nath in kleine Fetzen zu reißen.

Er griff nach den Kontrollen und blickte zu der Frau neben sich hinüber. Sie trug einen Mantel und darunter lose graue Stoffe, die aussahen, als wären sie aus fleckigen Bettlaken zusammengenäht worden. Ihr Gesicht war ein Durcheinander chitinartiger Plättchen, manche dunkellila, andere malvenfarben und von weißen Adern durchzogen; manche gesprungen und verfärbt, andere wie poliert und glänzend. Es sah aus wie die Karte einer zersplitterten Welt, und aus ihrer Mitte spähten zwei tiefliegende Augen in den Blasterhagel vor ihnen hinaus.

»Mir fällt auf, wir schießen immer noch nicht zurück«, bemerkte Nath.

»Sie gehören nicht zum Imperium«, sagte Kairos mit einem gutturalen Wispern.

Mit einer Verwünschung lud Nath die Kanonen auf. »Aber sie sind uns trotzdem nicht freundlich gesinnt.« Er leitete Energie um und wechselte auf manuelle Zielerfassung. Aus einer Entfernung von dreißig Metern würde nichts außer Asche von Hargus und seinen Spießgesellen übrig bleiben.

Und was dann? Sie wussten, dass du ein Held der Neuen Republik bist. Willst du, dass dieser gute Ruf so schnell schon wieder den Bach runtergeht? Glaubst du, die Rangoberen werden glücklich über dein diplomatisches Fingerspitzengefühl sein?

Ach, er würde schon damit fertigwerden.

Ganz zu schweigen davon hatte Hargus einen guten Grund, wütend auf dich zu sein, wenn ich mich recht erinnere. Hat er dafür wirklich den Tod verdient?

Das klang gar nicht nach dem Nath, den er kannte.

Er konnte hören, wie Chass etwas in der Hauptkabine festschnallte. Hargus’ Kumpan hatte die Rotationskanone inzwischen auf den U-Flügler ausgerichtet … Nath fluchte, zielte mit den Bordkanonen und drückte den Feuerknopf.

Die Geschütze des U-Flüglers blitzten, und die Marmorbrücke zerbarst. Wolken aus Marmorsplittern stürzten in die Tiefe hinab. Hargus und sein Trupp waren in dem aufgewirbelten Staub kaum noch zu erkennen, aber er sah, dass die Salve aus der Rotationskanone den U-Flügler um gut zehn Meter verfehlte. Das Schiff stieg weiter in die Höhe, und Nath konzentrierte sich wieder auf die Konsole; die Sensoren erfassten keine näher kommenden Schiffe, keine Energieimpulse, keine Raketen, deren Zielsysteme sie ins Visier nahmen.

Im Stillen dachte er: Du wirst weich. Hargus dachte zweifellos dasselbe. Und Chass möglicherweise auch.

»Nächstes Mal«, wandte er sich an Kairos, »schießt du zurück, wenn jemand auf uns schießt.«

Die Frau blieb stumm und korrigierte die Energieverteilung des U-Flüglers, als hätte sie nichts gehört.

Das überraschte Nath nicht – sie hatte kaum ein Wort gesagt, seit sie aus ihrem Heilschlaf im Cerberon-System erwacht war. Er hatte keine Ahnung, was er davon halten sollte; hatte sie sich wirklich von der maskierten Killerin, die er kennengelernt hatte, weiterentwickelt, oder waren das Gesicht und die Stimme nur neue Facetten desselben Raubtiers?

Früher oder später würde jemand sie fragen müssen, was zur Hölle mit ihr los war. Vorzugsweise jemand, der auch eine Antwort bekommen würde.

»Wir sind schon eine tolle Truppe«, murmelte Nath, während er das Headset von der Konsole nahm. Er musste die Informationen des Orakels an die Deliverance übermitteln. Und danach lag eine lange Reise vor ihnen, ehe sie herausfinden würden, wie viel tatsächlich an diesen Informationen dran war.

III.

Der Hyperraum brodelte um den A-Flügler herum, und seine kosmischen Energien wirbelten vor dem Cockpit des Abfangjägers vorbei wie gischtgekrönte Wellen. Wyl Larks Atem war in perfektem Einklang mit dem Pulsieren des Antriebs, und bei jeder seiner Bewegungen knirschte und knackte sein abgewetzter Sitz. Früher waren ihm diese Reisen mit Lichtgeschwindigkeit wundersam und unheimlich vorgekommen. Inzwischen hatten sie etwas geradezu Meditatives – ein Moment der Stille vor dem nächsten Donnerschlag.

Wie viel öfter würde er wohl noch durch den Hyperraum rasen? Wie viele Sprünge noch, bis sein Versprechen an seine Heimat und die Neue Republik erfüllt wäre?

Ein Piepsen, und er verscheuchte den Gedanken, während er instinktiv die Konsole streichelte und dann das Signal deaktivierte. Es war der Zeitmesser, der anzeigte, dass er in weniger als einer Minute aus dem Hyperraum zurückfallen würde. »An alle Schiffe«, rief er, den Finger auf dem Kommknopf. »Bereit machen für die Ankunft in Midgor.«

Es gab drei Sternensysteme im trostlosen Croynar-Sektor, die möglicherweise einen strategischen Wert hatten – mit anderen Worten: Es gab dort existierende Siedlungen, abbaubare Rohstoffe oder Lebensformen. Sofern die Informationen stimmten, die Nath an die Deliverance geschickt hatte, dann standen die Chancen eins zu drei, dass Wyl im fahlgrünen Licht der midgorischen Sonne auf das Schattengeschwader stoßen würde. Das Sternsystem hatte nicht viel zu bieten, aber es gab eine alte elektromagnetische Filteranlage, die ein potenzielles Ziel sein könnte, falls das Schattengeschwader verzweifelt nach Technologie oder Ersatzteilen suchte.

Mehrere Stimmen antworteten ihm. »Hagelstaffel bereit.« »Feuerstaffel bereit.« »Sturmstaffel bereit.«

Insgesamt waren es mehr als dreißig Sternjäger, alle kampfbereit, aber die Alphabet-Staffel gehörte nicht dazu. Nath und die anderen waren noch immer unterwegs, und die Deliverance hielt sich zurück für den Fall, dass es ein Hinterhalt war. Was durchaus sein könnte. Generalin Syndulla hatte die Mission als »zupackende Aufklärung« beschrieben.

Wyl sog den Atem ein und sagte: »Haltet Kontakt und ladet eure Waffen auf, aber feuert erst, wenn ich den Befehl gebe.« Er konnte seine eigene Nervosität hören, versuchte jedoch nicht, sie zu unterdrücken. Es war nicht seine Aufgabe, furchtlos zu sein, nur, das Beste aus seinen Piloten herauszuholen. »Falls sie da draußen sind, werden sie genauso angespannt sein wie wir. Sie mögen gute Piloten sein, aber sie sind keine Götter. Sie bestehen auch nur aus Fleisch und Blut.«

»Und obendrein menschliches Blut«, meldete sich der trillernde Sopran von Essovin – Feuer Eins. »Dieses wässrige Zeug … nichts für ungut, Commander.«

Es ertönte unbehagliches Lachen, vor allem aus den Reihen der Feuerstaffel. »Schon gut«, sagte Wyl.

Die X-Flügler-Piloten der Feuerstaffel hatten dem Schattengeschwader noch nie gegenübergestanden; sie waren Neulinge, die Generalin Syndulla gerufen hatte, um die Vanguard-Staffel zu ersetzen. Wyl nahm es Essovin deshalb nicht übel, dass sie die emotionale Stimmung des Moments falsch interpretierte, aber die Hagelstaffel hatte bei Cerberon den Großteil ihrer Y-Flügler verloren, und auch mehrere Mitglieder der Sturmstaffel waren vom Schattengeschwader getötet worden. Diese Staffel hatte als zusammengewürfelter Haufen von Himmelshüpfern und Wolkenwagen begonnen, den Wyl auf Troithe in den Kampf geführt hatte. Nach jener verlustreichen Schlacht hatte man daraus eine richtige Staffel gemacht, ein Auffangbecken für Piloten und Sternjäger, die sonst nirgendwo hineinpassten. Beide Staffeln wussten nur zu gut, was für eine Bedrohung das Schattengeschwader darstellte – wie die Alphabet-Staffel hatten sie die langsamen Zermürbungstaktiken und die schnellen, brutalen Massaker dieses Feindes erlebt, und sie brauchten mehr als überheblichen Humor. Sie wollten, dass ihr Trauma anerkannt wurde.

»Wir haben hierfür trainiert«, fuhr er fort. »Diese Kerle haben keine Ahnung, wie wir uns weiterentwickelt haben.«

Wyl betete, dass er sie nicht alle in den Tod führte. Er schämte sich für seine Erleichterung, weil Nath, Chass und Kairos nicht hier waren; als wäre ihr Leben wertvoller als das dieser Piloten, nur weil er sie besser kannte (auch wenn er sie in letzter Zeit nicht oft gesehen hatte; nicht mal Nath – ihre Freundschaft hatte nach Cerberon spürbar gelitten).

Das Pulsieren des Hyperraums löste sich auf, und Wyls Sicherheitsgurte schnitten in seine Brust, als der Ruck des Abbremsmanövers ihn nach vorn drückte. Die Sterne zogen sich zu Stecknadelköpfen zusammen, und das jadefarbene Licht von Midgor füllte die Dunkelheit. Während sich in seinem Kopf noch alles drehte, blickte Wyl auf seine Konsole hinab, wo sich die Instrumente automatisch an die neuen Bedingungen anpassten.

»Ich habe etwas auf dem Scanner!« Das kam von Vitale, knapp und professionell. Wyl hatte erst mit der Frau geflirtet und sich dann beinahe mit ihr angefreundet, bevor er auf Troithe zu ihrem Vorgesetzten geworden war. »Drei, vielleicht vier Schiffe.«

»Verstanden, Sturm Zwei«, bestätigte Wyl. Er stellte den Sensor neu ein, wobei er das beruhigende Klicken des Reglers unter seinen behandschuhten Fingern spürte, und die Anzeige bestätigte Vitales Einschätzung. Der Kommscanner flackerte, was auf verschlüsselte imperiale Funksprüche innerhalb des Systems schließen ließ.

»Sturm und Hagel, Position halten«, sagte er. »Feuer, ihr kommt mit mir. Sehen wir uns die Sache mal genauer an.«

Die Staffeln bestätigten den Befehl, und Wyl neigte seine Maschine so, dass die hellen Punkte auf dem Scanner direkt voraus lagen. Sobald er auf diesem Kurs war, schien das Universum stillzustehen, fast, als würden seine Antriebe ihn überhaupt nicht vorwärtstragen – in der Weite des Normalraums verrieten nur zwei Dinge, dass er in Bewegung war: seine Anzeigen und die Lichter der anderen Sternjäger, die hinter ihm zusammenschmolzen.

Es dauerte fast eine Minute, ehe er vor sich kleine Punkte in der Schwärze erkennen konnte. Seine Sensoren berechneten Geschwindigkeit, Entfernung und Masse dieser neuen Schiffe. Sie waren zu groß, um Kampfmaschinen zu sein, aber zu klein für Fregatten – vielleicht Kanonenboote, doch Wyl wollte keine verfrühten Spekulationen anstellen. Dafür fehlte ihm das enzyklopädische Schiffswissen, das Yrica Quell besessen hatte.

Quell.

Wyl hatte in diesem Krieg viele Freunde sterben sehen, aber der Verlust von Quell war etwas ganz anderes als der Verlust von Sonogari oder Sata Neek.

»Kann irgendjemand eines dieser Schiffe identifizieren?«, fragte er.

»Das da ganz hinten sieht aus wie ein imperialer Frachtschlepper«, erklärte Ghordansk. Er schien auf alles eine Antwort zu haben, und in fünfzig Prozent der Fälle lag er sogar richtig. »Aber er scheint heiß zu laufen … vielleicht ein Strahlungsleck.«

Wyl änderte seinen Anflugvektor. Die Lichtpunkte der imperialen Schiffe schienen an den Rändern zu flackern, so als würden ihre Schilde auf voller Energie laufen, oder …

Er betrachtete noch einmal den Sensorschirm, wobei er besonders auf die Hitzesignaturen achtete.

»Bleibt auf Abstand«, befahl er. »Ich mache einen Vorbeiflug.«

Er jagte Energie in seine Schubdüsen, dann stellte er das Komm neu ein, und das zerhäckselte Rauschen verschlüsselten Funkverkehrs hallte durch sein Cockpit, während er auf die feindliche Formation zuflog. Wyl kniff die Augen zusammen und beugte sich vor, bis die Punkte genauere Kontur gewannen; es waren klobige schwarze Umrisse, ganz offensichtlich imperialer Herkunft, aber sie wiesen nicht die scharfen, raubtierhaften Kanten auf, die einen Sternzerstörer kennzeichneten. Flammen und elektrische Blitze züngelten von ihren Seiten ins Vakuum des Alls hinaus.

»Hier spricht Sternjägerkommandant Wyl Lark. An die imperialen Schiffe: Bitte melden Sie Ihren Status.«

Es könnte natürlich eine Falle sein – ein Köder, den das Schattengeschwader ausgelegt hatte, um Schiffe der Neuen Republik anzulocken. Vielleicht waren die imperialen Frachtschiffe mit Sprengstoff vollgestopft, vielleicht lauerte irgendwo in der Nähe eine Einheit TIE-Jäger …

Eine Antwort ertönte, aber sie war zu verzerrt, um Sinn zu ergeben.

»Hier spricht Wyl Lark. Wiederholen Sie das bitte.«

»Hier ist Captain Oultovar Misk vom Frachter Diamantklippe. Wir brauchen dringend Hilfe und sind bereit, uns zu ergeben. Ich wiederhole: Wir sind bereit, uns zu ergeben.«

Wyl war inzwischen in Feuerreichweite. Ein Lichtblitz erregte seine Aufmerksamkeit, und er riss den Kopf herum, voller Furcht, es könnte eine Lasersalve sein. Doch was er stattdessen sah, war eine Explosion aus Feuer und geschmolzenem Metall, die aus der Backbordseite eines Frachtschiffes hervorbarst.

Es war keine Falle. Zumindest glaubte er nicht, dass es eine war.

»Captain Misk?«, fragte er. »Was ist mit Ihrem Konvoi geschehen?«

Die Stimme antwortete nach einem hörbaren Zögern. Sie wurde immer wieder von statischem Rauschen und mechanischem Kreischen unterbrochen. »Wir wurden angegriffen. Von TIE-Jägern. Sie dezimierten unsere Eskorte innerhalb von Minuten, dann zogen sie weiter.«

»Warum?«, fragte Wyl. »Warum sollten TIE-Jäger so etwas tun?«

»Ich weiß es nicht. Wir waren … wir standen unter dem Schutz des Yomo-Rates. Es muss einen Disput mit einer der anderen Fraktionen gegeben haben. Einen anderen Grund kann ich mir nicht vorstellen, warum sie uns …«

Die Stimme brach ab. Zunächst glaubte Wyl, dass die Übertragung gestört war, aber dann hörte er schweres Atmen am anderen Ende und etwas, das wie ein Schluchzen klang.

»Imperiale gegen Imperiale«, sagte die Stimme. »So weit ist es in diesem Krieg gekommen. Brüder gegen Brüder. Alle Eide haben ihre Bedeutung verloren. Wie kann es … Werden Sie uns helfen?«

Wyl zuckte zusammen, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. »Natürlich. Natürlich werden wir helfen. Bleiben Sie, wo Sie sind. Weitere Schiffe sind unterwegs.«

Er gab der Deliverance das Signal, dass die Luft rein war, dann befahl er seine Staffeln in Reichweite, damit sie bei der Evakuierung und der Schadensbegrenzung helfen konnten, ohne dass sie dabei selbst schutzlos waren. Denn nur, weil die Diamantklippe nicht wissentlich Teil einer Falle war, hieß das nicht, dass keine Gefahr mehr bestand.

Während Wyl beschäftigt war, musste er an die Worte von Captain Misk denken; daran, wozu das Schattengeschwader imstande war; und an all die imperialen Gräueltaten, die sich nach der Schlacht von Endor zugetragen hatten. Er hatte keine davon persönlich miterlebt, aber er hatte über Operation Asche gelesen – über den Mord an ganzen Welten, die keinerlei Bedrohung für das Imperium dargestellt hatten. Welten wie Nacronis.

Wyl fragte sich, zu welchen Extremen das Imperium wohl jetzt greifen würde, da es wirklich verzweifelt war.

2. Kapitel

»Seeschlick-Requiem« (Nacronische Totenklage)

I.

Der Planet unter dem Großfrachter war ein braun-grüner Klecks, belebt allein durch die drei rosafarbenen Monde, deren Bewegung man sogar mit bloßem Auge erkennen konnte, wenn man genau genug hinsah. Es war ein wenig, als würde man Wolken beobachten; ein kurzer Blick, und es schien, als würden sie stillstehen, aber bei genauerer Betrachtung erkannte man das fließende Dahingleiten. Der Hauptschirm des Frachters unterlegte dieses Schauspiel mit einem steten Strom an vorbeiscrollenden Daten; so wurden zum Beispiel die Abdrift der Trümmer auf der Backbordseite des Schiffes angezeigt und die Energiesignaturen auf der Oberfläche des Planeten, bei denen es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um behelfsmäßige Deflektorschilde handelte. Doch Sorans Aufmerksamkeit galt einzig und allein dem Inneren der Monde. Er hoffte, dass er so einen Eindruck größter Konzentration erweckte.

»Hier spricht Colonel Soran Keize vom 204ten imperialen Jägergeschwader und dem Träger Yadeez. Der Yomo-Rat hat sich des Hochverrats schuldig gemacht: Er hat sich geweigert, dem Befehl von Großadmiralin Sloane nachzukommen und Truppen und Gerät in den D’Aelgoth-Sektor zu schicken. Er hat sich geweigert, den rechtmäßigen Regenten des Imperiums auf Coruscant anzuerkennen. Und er ist eine Allianz mit dem Shiortuun-Syndikat eingegangen, um nur einige Punkte zu nennen. Deshalb wurden wir hierhergeschickt, um an Ihrer Welt Vergeltung zu üben.«

Die Ansprache bedurfte keiner großen Konzentration, aber Soran war es seiner Mannschaft – und den Opfern – schuldig, der Situation mit dem entsprechenden Ernst zu begegnen. Er atmete tief durch die Nase ein, roch den starken Kupfergeruch von vergangenen Erztransporten und fuhr fort:

»Nach Ablauf der nächsten vierundzwanzig Stunden wird der Planet Fedovoi End unbewohnbar sein. Der Yomo-Rat wird gemeinsam mit dem Territorium untergehen, das er an sich gerissen hat. Gouverneur Brashan, General Tuluh und ihre kriminellen Spießgesellen werden aus der galaktischen Geschichte ausgelöscht. Daran ist nichts mehr zu ändern; wir akzeptieren keine Kapitulation. Jeder Verräter muss bestraft werden.«

Das ist Operation Asche, dachte er, auch wenn er es nicht laut sagte. Er hatte mehrere Tage an der Ansprache gefeilt, und er fand, dass sie ohne dieses Detail auskam.

Sein Blick wanderte von dem rosaroten Mond zu seiner Brückenmannschaft. Kadettin Coora – nein, Fähnrich Coora, korrigierte er sich; immerhin hatte er selbst ihre Beförderung bewilligt – saß ein wenig zu tief über ihre Taktikkonsole gebeugt, ein offensichtlicher Versuch, ihre Nervosität zu verbergen. Lieutenant Heirorius spähte immer wieder zu Captain Nenvez, welcher unentwegt mit seinem Stock auf die uralten Deckplatten klopfte. Und hinter sich hörte Soran den gedämpften Atem seiner eigenen Adjutantin.

Alles war genauso, wie er es erwartet hatte. Gut. Er wandte sich wieder dem Hauptschirm zu.

»Doch dem Rest der Bevölkerung biete ich eine Wahl. Einst wart ihr Imperiale, und das nicht nur dem Namen nach, sondern auch im Herzen und in der Hierarchie. Ihr könnt wieder Imperiale sein, aber nur, wenn ihr den Untergang eurer treulosen Anführer und des von ihnen besetzten Planeten akzeptiert. Beweist eure Treue dem wahren Imperium gegenüber. Kehrt Fedovoi End den Rücken. Kommt zu uns in den Orbit, und ihr könnt dem 204ten bei seiner Mission helfen …«

Die Mission lautet, jede Welt zu säubern, wo unwürdige Imperiale es wagen, den Schatten des Imperators abzustreifen.

»… und falls ihr nicht für diese Aufgabe qualifiziert seid, wird man euch zur imperialen Flotte eskortieren. So oder so, Fedovoi End muss untergehen. Verweigert euch dem Imperium, und ihr werdet gemeinsam mit ihm untergehen.«

Es war eine faire Wahl … zumindest für diejenigen, die Schiffe hatten und nicht mit vorgehaltenem Blaster von den Schergen des Yomo-Rates in Reih und Glied gehalten wurden. Doch selbst unter denjenigen, die sich dem Schattengeschwader anschließen konnten, würden viele den Tod als Alternative vorziehen, daran hatte Soran keinen Zweifel. Sie würden dem Yomo-Rat aus ideologischen oder pragmatischen Gründen die Treue halten, sei es nun, weil sie sich ihrer Heimat verbunden fühlten und für ihren Planeten kämpfen wollten, oder weil sie glaubten, dass Sorans Drohung nur ein Bluff war, dass sie seine Truppen besiegen konnten … oder dass die Überreste des sogenannten wahren Imperiums so erbärmlich waren, dass sie ihres Treueschwurs nicht würdig wären.

Soran hatte noch genug Mitgefühl in sich, um ihren unausweichlichen Tod zu bedauern, aber das hieß nicht, dass er seine Pflicht ignorieren würde. Er hatte das 204te nur aus einem Grund unter das Kommando von Großadmiralin Sloane gestellt, und dieser Grund hatte nichts mit Fantasien von einer imperialen Wiederauferstehung zu tun. Nein, die Geschehnisse im Cerberon-System hatten seine Vermutung bestätigt, dass das Schattengeschwader ein Ziel brauchte, um zu überleben – und er hatte dort auch die nötigen Lektionen gelernt, um über seine eigene Einheit hinauszublicken und Verantwortung für alle imperialen Soldaten zu übernehmen, die ihren Weg kreuzten. Seit sie damit begonnen hatten, eine Welt nach der anderen zu säubern, gingen seine Leute ihren Pflichten mit neuem Eifer nach. Wenn sie neue Soldaten in ihre Reihen aufnahmen, feierten sie. Wenn sie TIE-Jäger abschossen und Städte niederbrannten, hielten sie sich für Patrioten. In ihren Augen bestraften sie Verräter, ohne die sie nach dem Tod des Imperators einen schnellen Sieg über die Rebellen erlangt hätten.

Natürlich war die Aufgabe, die Admiralin Sloane ihnen gegeben hatte, nicht die Aufgabe, die Soran von sich aus gewählt hätte. Doch er konnte sich damit arrangieren, solange das wahre Imperium seinen Leuten einen Lebensinhalt gab.

»Irgendeine Reaktion von der Oberfläche?«, fragte er.

Heirorius drehte sich von der Kommstation weg. »Keine Antwort, Colonel. Ich messe aber Energiespitzen auf dem Planeten. Vermutlich laden sie ihre Ionenkanonen auf.«

Heirorius hatte sich dem Schattengeschwader bei Dybbron III angeschlossen, kurz bevor diese Welt im Zuge der zweiten Operation Asche eingeebnet worden war. Sicher musste der Mann gerade daran denken, was dort geschehen war, aber nach über zwanzig Dienstjahren war er zu professionell, um es sich äußerlich anmerken zu lassen.

»Nun gut. Geben Sie den Befehl zum Vorrücken. Die Begleitschiffe sollen nahe den Monden in Position gehen, während Commander Broosh die TIEs in die Atmosphäre führt.«

Bis gerade eben hatte Stille auf der Brücke geherrscht, unterbrochen nur vom Summen der Maschinen und dem Piepsen von Konsolen. Jetzt griff geschäftige Aktivität um sich, als die Offiziere Befehle weiterleiteten und Anfragen beantworteten. Die Daten, die am unteren Rand des Hauptschirms vorbeiliefen, änderten ihre Farbe, als die TIE-Staffeln Kurs auf den Planeten nahmen und die größeren Begleitschiffe der Yadeez in Position gingen, um ihnen Feuerunterstützung zu geben. Zu diesen Schiffen gehörten zwei modifizierte und dauerhaft unterbesetzte Korvetten der Raub-Klasse, ein Piraten-Kanonenboot, das der Sicherheitsdienst von Dybbron einst beschlagnahmt hatte, und ein Überwachungsschiff, das sie vollkommen ausgeschlachtet und dann für Kampfeinsätze umgebaut hatten. Im Vergleich dazu wirkten die TIE-Staffeln wie imperialer Standard, auch wenn sie ebenfalls mit allerhand technologischen Modifikationen ausgestattet waren. Zudem waren die Staffeln nicht länger einheitlich aufgestellt; stattdessen waren sie eine bunte Mischung aus Abfangjägern, Bombern, Angriffsmaschinen und einigen exotischen Bautypen, welche das 204te von seinen Opfern erbeutet hatte.

Kein Schiff besaß genug zerstörerische Feuerkraft, um Fedovoi End in eine leblose Einöde zu verwandeln. Aber seit der Schlacht von Endor hatten sie gelernt zu improvisieren, und seit der ersten Operation Asche wussten sie, dass jeder Planet einen Schwachpunkt hatte.

»Wir schicken die TIEs direkt in die Hauptstadt?«, fragte Sorans Adjutantin, die rechts hinter ihm stand.

»Es ist einfacher, die planetaren Verteidigungssysteme zu zerstören, bevor wir mit der eigentlichen Arbeit beginnen«, antwortete er.

»Einfacher vielleicht. Aber was ist mit dem Vorteil, den wir durch eine weitflächige Panik erlangen?«

Soran drehte sich mit hochgezogener Augenbraue zu ihr herum. Lieutenant Yrica Quell hatte die Arme vor der Brust verschränkt, gekleidet in eine weite dunkle Bluse, die nicht verbergen konnte, wie dünn sie geworden war. Als Soran die Frau das erste Mal getroffen hatte, hatte sie einen schlanken, aber kräftigen Eindruck auf ihn gemacht, so wie ein Stahlträger; jetzt war der Stahl fortgebrannt, und alles, was übrig war, war ein Strang aus Stacheldraht.

»Ich höre«, sagte Soran im knappen Befehlston eines Ausbilders, der mit einem Schüler sprach.

»Sie haben all ihre schweren Geschütze bereits gegen uns eingesetzt. Jetzt stellen sie nur noch auf kurze Distanz eine Gefahr dar. Wenn wir zuerst die Polarregionen angreifen, werden sie schnell erkennen, was wir vorhaben, aber sie werden nicht in der Lage sein, uns aufzuhalten. Je länger wir weitermachen, desto größer wird ihre Panik. Und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Fehler machen.«

»Aber dann hätten sie Zeit, sich vorzubereiten«, entgegnete Soran. »Sagen wir, unsere Einschätzung ihrer Defensivkapazitäten ist falsch. Wie viele TIEs würden wir dann verlieren, wenn wir schließlich die Hauptstadt angreifen? Und wie viele Piloten?«

Quell blinzelte. Ihre blutunterlaufenen Augen waren fast völlig unter ihrem Haar verborgen. »Oder der Yomo-Rat ist dann bereits entmachtet. Der Planet kann unmöglich stabil sein. Wenn verängstigte Zivilisten und Loyalisten zusammenarbeiten und wir ihnen die nötige Zeit verschaffen …«

Soran dachte über dieses Argument nach. Es entbehrte nicht einer gewissen Logik, aber auch nicht eines gewissen Risikos. Was Quell vorschlug, war, neue Variablen in eine Gleichung einzufügen, die eigentlich schon gelöst war. Dennoch …

»Also gut«, sagte Soran. Während der letzten Wochen hatte er gelernt, Quells Instinkte zu bewundern – auch wenn er ihnen nicht immer traute.

Er wandte sich ab, bevor er Quells Reaktion sehen konnte, aber er vermutete, dass ihre Miene genauso emotionslos blieb, wie sie es schon die ganze Zeit seit ihrer Ankunft auf der Yadeez gewesen war. Nachdem er Heirorius die neuen Befehle zugerufen hatte, änderte sich der Tonfall der Stimmen auf der Brücke unmerklich, während die Meldungen auf dem Hauptschirm weiter vor sich hin scrollten. Er wartete eine Minute, dann noch eine und suchte das Schlachtfeld nach Auffälligkeiten ab – eine zweite Streitmacht, die sich auf einem der Monde verborgen hatte, ein bis dato unbemerktes planetares Verteidigungsnetzwerk, das mehr zu bieten hatte als nur Ionenkanonen –, aber er konnte nichts Beunruhigendes erkennen.

Die ersten TIE-Bomber näherten sich der nördlichen Eiskappe. Soran ließ ihren Kommkanal auf die Lautsprecher legen und lauschte Commander Broosh, als er Befehl gab, die Bomben über dem Zielgebiet abzuwerfen. Die Bilder von den Bordkameras der TIEs zeigten, wie ein gewaltiger Bereich des Eises zersplitterte, um anschließend binnen weniger Sekunden zu verdampfen. Größere Eisplatten am Rande des Bombenkraters stürzten in das Loch hinab, aus dem dichter Nebel emporstieg – all die Gase, die seit Jahrtausenden unter der Oberfläche eingeschlossen waren.

Soran drehte sich von dem Hauptschirm weg und winkte Nenvez zu. »Rufen Sie mich, falls etwas Außerplanmäßiges passiert«, sagte er und marschierte zu der Luke, die von der Brücke auf den zentralen Korridor des Schiffes führte. Er hörte Schritte, die ihm folgten, aber er blickte nicht zurück.

Erst als sie sechs Meter den Gang hinabgegangen waren, sicher außer Hörweite der Brückenmannschaft, hörte er Quells Stimme hinter sich. »Wollen Sie den Einsatz nicht überwachen?«

Er ging weiter. »Nein.«

»Es ist ein Kampfeinsatz.«

»Bis der Gegenangriff beginnt, ist es eine geologische Umformung.«

Da war ein harter Unterton in ihrer Stimme. »Sie sind ihr Kommandant …«

»Und sie haben ihre Befehle. Ich habe vollstes Vertrauen, dass sie sie auch ohne meine Aufsicht ausführen können – und ich habe noch andere Pflichten, um die ich mich kümmern muss.«

Ein Völkermord war eine langwierige Aufgabe, wenn man keinen Sternzerstörer hatte, um sie zu beschleunigen. Bei der ersten Operation Asche waren Wetterkontrollsatelliten zum Einsatz gekommen, es hatte Erdbeben und Tsunamis gegeben. Fedovoi End hingegen würde langsam ersticken, während die TIEs mehr und mehr Gasvorkommen freisetzten und die Atmosphäre dadurch immer weiter vergifteten. Die Militärbasen des Planeten würden natürlich gegen chemische Angriffe geschützt sein, aber aufgrund der geringen Bevölkerung gab es nur eine Handvoll solcher Stützpunkte, und das Schattengeschwader würde sie auf die traditionelle Weise ausschalten.

Soran fragte sich, ob die psychologische Belastung einer solchen Operation größer war als der Stress, welcher auf den Kanonieren des Todessterns gelastet hatte, bevor sie mit einem Knopfdruck Milliarden Alderaaner ausgelöscht hatten. Doch er verscheuchte den Gedanken, bevor er weitere unangenehme Fragen aufwerfen konnte. Er wollte sich nicht mit ihnen auseinandersetzen, jetzt, da er ohnehin keine andere Wahl mehr hatte, als die Mission zu Ende zu bringen.

Er ging weiter. Die Schritte folgten ihm nicht länger, also hob er den Arm. »Sie können mitkommen, wenn Sie möchten, Lieutenant. Ich würde gerne Ihre Meinung hören.«

»Natürlich.« Quell klang nachdenklich, aber sie war trotzdem so professionell wie eh und je.

Sie bahnten sich einen Weg durch das Schiff, wobei sie sich durch zu kleine Luken und unter zu tief herabhängenden Röhren und Leitungen hindurchducken mussten. Der Geruch alten Metalls machte erst dem Aroma gekochten Gemüses und zerstampften Getreides Platz, dann dem Gestank von Schweiß und schließlich dem Geruch von Öl, als sie erst die Bordküche, dann die Mannschaftsquartiere und schließlich den Maschinenraum passierten. Die Sauerstoffsysteme eines Sternzerstörers waren so konzipiert, dass sie alle Gerüche neutralisierten; ein jahrhundertealter Großfrachter bot leider keinen solchen Luxus. Zu guter Letzt erreichte Soran seine Kabine, wo er den Zugangscode dreimal eingeben musste, ehe der Verriegelungsmechanismus piepste und die Tür aufglitt – wenn auch nur ein paar Zentimeter. Anschließend musste er sie von Hand aufdrücken.

Im Inneren musste er nur einen Schritt machen, um seinen Schreibtisch zu erreichen. Während er sein Terminal aktivierte und die Daten auf dem Schirm überflog, bedeutete er Quell, sich auf seine Koje zu setzen.

»Sie wollten reden?«, fragte sie.

»Ich möchte noch einmal über dieses Lager sprechen, in das man Sie gebracht hat«, erklärte er, und zum ersten Mal, seit sie die Brücke verlassen hatten, blickte er sie direkt an. »Traitor’s Remorse.«

»Wozu?«

Sie versuchte erfolglos, ihre Unruhe zu verbergen; zweifelsohne glaubte sie, dass dies ein Test war. Vielleicht war es sogar wirklich einer – immerhin war Yrica Quell für ihn noch immer ein Rätsel –, aber seine bewussten Gründe für diese Unterhaltung hatten nichts mit Doppelzüngigkeit oder Täuschung zu tun. »Sie sagten, dass andere wie Sie – Imperiale, die zur Neuen Republik übergelaufen waren, denen man jedoch nicht ganz traute – in diesen Lagern blieben und dort mehr oder weniger in Vergessenheit gerieten.«

»Das ist richtig.«

»Nun, Sie waren vor vielen Monaten dort. Was, glauben Sie, ist aus den anderen geworden?«

»Sie meinen, ob sie immer noch dort sind?« Quell wartete, und erst als Soran nickte, fuhr sie fort: »Vielleicht nicht in Traitor’s Remorse. Ich bezweifle, dass die Neue Republik so lange nach Endor noch viele Überläufer aufnimmt … insofern hat man dieses Lager vermutlich bereits geschlossen und die Überbleibsel dauerhaft in irgendeine Einrichtung gebracht, wo man ihnen den Prozess machen und sie bestrafen kann.«

»Glauben Sie, dass man nach Ihrer Flucht die Sicherheitsmaßnahmen verschärft hat?«

»Möglich. Ich bezweifle jedoch, dass ihnen die Lager wichtig genug waren, um noch mehr Ressourcen hineinzupumpen.«

Soran nickte erneut, die Augen fest auf Quell gerichtet, während er seinen Gedanken nachhing. Wenn sie über Traitor’s Remorse redete, sprach sie mit der Distanziertheit einer Analytikerin, nicht mit der Leidenschaft einer Insassin, die die Demütigungen des Lebens dort am eigenen Leib erfahren hatte. Das war nicht überraschend – Quell würde vor einem Vorgesetzten niemals die Beherrschung verlieren, sondern immer verbissen an ihrer stoischen Würde festhalten –, aber es erzeugte eine Mauer zwischen ihnen, die Soran nicht durchbrechen konnte.

Er war derjenige gewesen, wegen dem Quell überhaupt erst in Traitor’s Remorse gelandet war. Er hatte ihr gesagt, dass der Krieg verloren war, dass sie sich selbst zerstören würde, wenn sie nach der ersten Operation Asche beim 204ten blieb, und letztlich hatte er sie dazu überredet, Fahnenflucht zu begehen. Er hatte anschließend dasselbe getan, in einem fehlgeleiteten Versuch, dem Rest seiner Piloten ein Beispiel zu geben. Quell war eingesperrt worden, und während sie auf ihr Urteil wartete und ihre kooperationsbereiteren Kollegen von den Rebellen rekrutiert wurden, war Soran zum umherziehenden Nomaden Devon geworden.

Während ihrer Zeit außerhalb des Schattengeschwaders hatten Devon und Quell beide gelernt, dass die Neue Republik nicht viel von Vergebung hielt. Devon war zum 204ten zurückgekehrt, nachdem er von der Tragödie bei Pandem Nai erfahren hatte – der dortige Angriff der Neuen Republik hatte Colonel Shakara Nuress das Leben gekostet und beinahe einen ganzen Planeten zerstört. Quell hingegen hatte in dem Auffanglager vor sich hin vegetiert, bis sie alle Hoffnung aufgegeben und unter Kanzlerin Mothmas Regime ein neues Leben begonnen hatte. Doch letztlich war sie entkommen, hatte sie Soran erzählt, und dann hatte sie im Cerberon-System einen Weg zurück zum Schattengeschwader gefunden.

Und seitdem? Er hatte ihre Geschichte überprüft, soweit es ihm möglich war, und sie hatte sich als plausibel erwiesen. Es gab natürlich Lücken – bewusste Auslassungen und vage Andeutungen, die auf eine deutlich kompliziertere Wahrheit schließen ließen –, aber er konnte spüren, dass sie es ehrlich meinte, und nun unterstand sie seiner Verantwortung.

Er hatte ihr die Position als seine Adjutantin angeboten. Im Herzen war sie zwar eine Pilotin, doch sie hatten keine überzähligen TIEs, und selbst als sie drei beschädigte Sternjäger geborgen und dem Geschwader einverleibt hatten, hatte Quell darauf bestanden, dass es andere Piloten gäbe, die dringender eine Maschine brauchten. Sie war augenscheinlich traumatisiert und wollte weitere Kampfeinsätze vermeiden. Soran nahm ihr das nicht übel, aber es zeigte ihm, wie sehr sie sich verändert hatte, und angesichts seines eigenen Gesinnungswandels wusste er nicht, was das für ihre Beziehung als Mentor und Schülerin bedeutete.